T-833/19 – Grammer/ EUIPO (Représentation d’une figure géométrique)

T-833/19 – Grammer/ EUIPO (Représentation d’une figure géométrique)

CURIA – Documents

Language of document : ECLI:EU:T:2020:509

BESCHLUSS DES GERICHTS (Sechste Kammer)

22. Oktober 2020(*)

„Nichtigkeitsklage – Unionsmarke – Anmeldung einer Unionsbildmarke, die eine geometrische Figur darstellt – Absolutes Eintragungshindernis – Fehlende Unterscheidungskraft – Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EU) 2017/1001 – Klage, der offensichtlich jede rechtliche Grundlage fehlt“

In der Rechtssache T‑833/19,

Grammer AG mit Sitz in Ursensollen (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte J. Bühling und D. Graetsch,

Klägerin,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch M. Fischer als Bevollmächtigten,

Beklagter,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Zweiten Beschwerdekammer des EUIPO vom 19. September 2019 (Sache R 1478/2019-2) über die Anmeldung eines Bildzeichens, das eine geometrische Figur darstellt, als Unionsmarke

erlässt

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin A. Marcoulli (Berichterstatterin) sowie der Richter C. Iliopoulos und R. Norkus,

Kanzler: E. Coulon,

aufgrund der am 6. Dezember 2019 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 12. Februar 2020 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung

folgenden

Beschluss

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 2. Mai 2016 meldete die Klägerin, die Grammer AG, nach der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke (ABl. 2009, L 78, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EU] 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke [ABl. 2017, L 154, S. 1]) beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) eine Unionsmarke an.

2        Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um das folgende Bildzeichen:

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3        Die Marke wurde für folgende Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 12, 41 und 42 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

–        Klasse 9: „Wissenschaftliche, Schifffahrts‑, Vermessungs‑, fotografische, Film‑, optische, Wäge‑, Mess‑, Signal‑, Kontroll‑, Rettungs- und Unterrichtsapparate und ‑instrumente; Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Datenträger, insbesondere zur Speicherung von Filmen; Magnetaufzeichnungsträger, Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Solarzellen und Solarkollektoren zur Stromerzeugung; Messgeräte, insbesondere Schwingungsmessgeräte; Filme; Software; Displays, elektrische und elektronische Bedienungselemente, Joysticks, Sensoren; Kamerasysteme zur Überwachung von Kraftfahrzeugen“;

–        Klasse 12: „Sitze für Land‑, Wasser- und Luftfahrzeuge; Sicherheitsgurte für Sitze von Land‑, Wasser- und Luftfahrzeugen; Innenausstattungen für Land‑, Wasser- und Luftfahrzeuge, insbesondere Kopfstützen, Armlehnen, Türverkleidungen, Konsolen für Fahrzeuginnenräume, Seitenverkleidungen, Radhauspolster, Dachhimmel, Armaturentafeln, Getränkehalter, Innenraumtaschen; Laderaumabdeckungen, Ski-Durchladesäcke, Gepäcknetze für Fahrzeuge; Lüftungsgitter für Fahrzeuge; Zierleisten für Fahrzeuginnenräume; lackierte Produkte als Teile von Fahrzeuginnenräumen; Lautsprechergitter für Fahrzeuge; Luftausströmer für Fahrzeuge; Kindersitze für Land‑, Luft- und Wasserfahrzeuge; Fahrzeugkabinen, insbesondere Nutzfahrzeugkabinen, und deren konstruktionsgebundene Innenausstattungsteile sowie Einrichtungen zur Federung von Fahrzeugkabinen; Gehäuse für Teile von Kraftfahrzeugen (ausgenommen für Motoren); Fahrzeugfenster; Front- und Heckschürzen für Automobile; Frontspoiler und Heckspoiler für Automobile; Gehäusedeckel für Landfahrzeugmotoren; Blenden für Fahrzeuge und Fahrzeugteile; Streckmetall für Abdeckungen von Fahrzeugteilen; Abdeckungen für Fahrzeuge; Abdeckungen für Fahrzeugteile; Lüftungsgitter für Fahrzeuge; Metall-Kunststoff[‑]Verbindungen für Fahrzeuge; Schlossträger für Fahrzeuge; Einstiegsleisten für Fahrzeuge; Fahrzeugteile, soweit in Klasse 12 enthalten“;

–        Klasse 41: „Organisation, Veranstaltung und Durchführung von Seminaren, Schulungen und Kongressen“;

–        Klasse 42: „Wissenschaftliche Forschung, insbesondere Durchführung von Versuchen und Messungen an Fahrzeugen; Erstellen von Computerprogrammen und technischen Dokumentationen dafür; Entwicklung von Computerhardware; Entwicklung und Realisierung von Projekten auf dem Gebiet der Elektrik und Elektronik im Bereich Bergbau, Chemie, Baumaschinen, Landmaschinen und Werkzeuge; industrielle Systementwicklung“.

4        Des Weiteren meldete die Klägerin am selben Tag beim EUIPO für dieselben oben in Rn. 3 genannten Waren und Dienstleistungen beim EUIPO das nachstehend abgebildete Bildzeichen als Unionsmarke an, das am 7. September 2016 vom EUIPO unter der Nr. 15391881 eingetragen wurde.

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5        Mit Entscheidung vom 10. November 2016 wies die Prüferin die Anmeldung der oben in Rn. 2 genannten Marke gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001) zurück.

6        Am 2. Dezember 2016 legte die Klägerin gegen die Entscheidung der Prüferin beim EUIPO Beschwerde nach den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 66 bis 71 der Verordnung 2017/1001) ein.

7        Mit Entscheidung vom 6. September 2017 (im Folgenden: Entscheidung von 2017) wies die Vierte Beschwerdekammer des EUIPO die Beschwerde gegen die Entscheidung der Prüferin zurück.

8        Mit Klageschrift, die am 21. November 2017 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob die Klägerin gegen die Entscheidung von 2017 eine Klage, die unter dem Aktenzeichen T‑762/17 in das Rechtssachenregister eingetragen wurde.

9        Mit Urteil vom 20. März 2019, Grammer/EUIPO (Darstellung einer Form) (T‑762/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:171), gab das Gericht der Klage gegen die Entscheidung von 2017 wegen eines Begründungsmangels statt und hob diese Entscheidung auf.

10      Vor dem EUIPO wurde die Beschwerde der Klägerin gegen die Entscheidung der Prüferin vom 10. November 2016 der Zweiten Beschwerdekammer neu zugeteilt und erhielt das Aktenzeichen R 1478/2019-2.

11      Mit Entscheidung vom 19. September 2019 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Zweite Beschwerdekammer des EUIPO die Beschwerde zurück. Die Beschwerdekammer vertrat insbesondere die Auffassung, der angemeldeten Marke fehle die Unterscheidungskraft.

 Anträge der Parteien

12      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        dem EUIPO die Kosten einschließlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.

13      Das EUIPO beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

14      Nach Art. 126 seiner Verfahrensordnung kann das Gericht, wenn eine Klage offensichtlich unzulässig ist oder ihr offensichtlich jede rechtliche Grundlage fehlt, auf Vorschlag des Berichterstatters jederzeit die Entscheidung treffen, durch mit Gründen versehenen Beschluss zu entscheiden, ohne das Verfahren fortzusetzen.

15      Im vorliegenden Fall hält sich das Gericht auf der Grundlage des Akteninhalts für ausreichend unterrichtet, um in Anwendung von Art. 126 der Verfahrensordnung ohne Fortsetzung des Verfahrens zu entscheiden, auch wenn eine Partei – hier die Klägerin – die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Juni 2018, Apcoa Parking Holdings/EUIPO, C‑32/17 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2018:396, Rn. 22 bis 24, und Beschluss vom 3. Mai 2018, Siberian Vodka/EUIPO – Schwarze und Schlichte [DIAMOND ICE], T‑234/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:259, Rn. 14).

16      Die Klägerin macht einen einzigen Klagegrund geltend, der aus drei Teilen besteht und mit dem sie einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 rügt. Erstens sei die Beschwerdekammer unzutreffend davon ausgegangen, dass die angemeldete Marke nicht als betrieblicher Herkunftshinweis angesehen werden könne, zweitens habe die Beschwerdekammer an das Vorliegen der Unterscheidungskraft zu hohe Anforderungen gestellt, und drittens habe die Beschwerdekammer nicht die Unionsmarke berücksichtigt, die am selben Tag angemeldet und unter der Nr. 15391881 eingetragen worden sei, obgleich eine unterschiedliche Beurteilung nicht gerechtfertigt sei.

17      Gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 sind Marken, die keine Unterscheidungskraft haben, von der Eintragung ausgeschlossen.

18      Unterscheidungskraft einer Marke im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 bedeutet, dass diese Marke geeignet ist, die Ware, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Ware somit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. Urteil vom 21. Januar 2010, Audi/HABM, C‑398/08 P, EU:C:2010:29, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

19      Die Unterscheidungskraft einer Marke im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 ist zum einen im Hinblick auf die Waren oder Dienstleistungen, für die sie angemeldet worden ist, und zum anderen im Hinblick auf die Anschauung der maßgeblichen Verkehrskreise zu beurteilen (vgl. Urteil vom 29. April 2004, Henkel/HABM, C‑456/01 P und C‑457/01 P, EU:C:2004:258, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

 Zum ersten Teil betreffend die Eignung der angemeldeten Marke, auf eine betriebliche Herkunft hinzuweisen

20      Im Rahmen des ersten Teils macht die Klägerin geltend, die angemeldete Marke sei geeignet, ihre Waren und Dienstleistungen von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Sie stützt sich insoweit auf drei Rügen betreffend die maßgeblichen Verkehrskreise, die Gestaltung des Zeichens und die von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen.

 Zu den maßgeblichen Verkehrskreisen

21      Die Beschwerdekammer hat in der angefochtenen Entscheidung die Auffassung vertreten, dass die maßgeblichen Verkehrskreise zum Teil aus der breiten Öffentlichkeit und zum Teil aus einem spezialisierten Fachpublikum bestünden und dass diese Verkehrskreise je nach den betroffenen Waren und Dienstleistungen einen Aufmerksamkeitsgrad aufwiesen, der von normal bis überdurchschnittlich reiche (Rn. 15 der angefochtenen Entscheidung).

22      Die Klägerin weist darauf hin, dass die Abnehmer ihrer Erzeugnisse „regelmäßig nicht private Endverbraucher [sind], sondern gewerbliche Abnehmer“, so dass die Unterscheidung zwischen breiter Öffentlichkeit und Fachpublikum allenfalls für Waren der Klasse 9 gelte, nicht aber für Waren der Klasse 12 und Dienstleistungen der Klassen 21 und 22, die sich nur an ein Fachpublikum richteten. Auch diese Gesichtspunkte seien bei der Beurteilung der Eignung des Zeichens als Hinweis auf eine betriebliche Herkunft zu berücksichtigen. Dies bedeute des Weiteren, dass die maßgeblichen Verkehrskreise einen hohen Grad an Aufmerksamkeit aufwiesen und über ein vertieftes Verständnis über die Marktverhältnisse verfügten, wobei außerdem zu berücksichtigen sei, dass die Kunden die Zulieferer kennen würden und sie seit Jahrzehnten in diesem Markt etabliert sei und über einen außergewöhnlich hohen Bekanntheitsgrad verfüge.

23      Das EUIPO tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

24      Was zunächst die Art der maßgeblichen Verkehrskreise anbelangt, hat die Beschwerdekammer, wie das EUIPO zutreffend ausgeführt hat, in Rn. 15 der angefochtenen Entscheidung eine Beurteilung in Bezug auf alle von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen vorgenommen und sich dabei beispielhaft auf einige der von der Anmeldemarke erfassten Waren der Klasse 9 gestützt.

25      Zum einen räumt die Klägerin aber selbst ein, dass die von der Anmeldemarke erfassten Waren der Klasse 9 sowohl Waren für die breite Öffentlichkeit als auch Waren für ein Fachpublikum umfassten. Zum anderen umfassen die von der angemeldeten Marke erfassten Waren und Dienstleistungen der Klassen 12, 21 und 22 entgegen dem Vorbringen der Klägerin auch Waren und Dienstleistungen, die nicht nur für ein Fachpublikum, sondern auch für die breite Öffentlichkeit bestimmt sein können, wie z. B. Ski-Durchladesäcke, Gepäcknetze für Fahrzeuge, Kindersitze, Blenden für Fahrzeuge oder Abdeckungen für Fahrzeuge, die in Klasse 12 fallen, die Veranstaltung von Schulungen, die in Klasse 21 fällt, sowie die Durchführung von Versuchen und Messungen an Fahrzeugen oder die Realisierung von Projekten auf dem Gebiet der Elektrik, die in Klasse 22 fallen. Folglich hat die Beschwerdekammer keinen Beurteilungsfehler begangen, indem sie die Auffassung vertreten hat, dass die maßgeblichen Verkehrskreise sowohl aus der breiten Öffentlichkeit als auch aus dem Fachpublikum bestünden. Darüber hinaus trägt die Klägerin selbst vor, dass ihre Kunden regelmäßig nicht private Endverbraucher seien, was nicht ausschließt, dass einige ihrer Kunden auch der breiten Öffentlichkeit zugehörige private Endverbraucher sind.

26      Was sodann den Grad der Aufmerksamkeit der maßgeblichen Verkehrskreise anbelangt, war die Beschwerdekammer, wie aus der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, der Ansicht, dass die maßgeblichen Verkehrskreise einen Aufmerksamkeitsgrad aufwiesen, der von normal bis überdurchschnittlich reiche (Rn. 15 der angefochtenen Entscheidung), und hat im Rahmen der Beurteilung der Unterscheidungskraft des Zeichens den Umstand berücksichtigt, dass der Grad der Aufmerksamkeit eines Teils dieser Verkehrskreise erhöht sei (Rn. 22 der angefochtenen Entscheidung). Entgegen dem Vorbringen der Klägerin hat es die Beschwerdekammer daher keineswegs versäumt, den Grad der Aufmerksamkeit des Fachpublikums zu berücksichtigen.

27      Des Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass der Umstand, dass die maßgeblichen Verkehrskreise fachlich spezialisiert sind, keine entscheidenden Auswirkungen auf die rechtlichen Kriterien für die Beurteilung der Unterscheidungskraft eines Zeichens haben kann (Urteil vom 12. Juli 2012, Smart Technologies/HABM, C‑311/11 P, EU:C:2012:460, Rn. 48). Denn es trifft zwar zu, dass der Aufmerksamkeitsgrad der maßgeblichen Fachverkehrskreise naturgemäß höher ist als der des Durchschnittsverbrauchers, doch folgt hieraus nicht zwangsläufig, dass eine geringere Unterscheidungskraft des Zeichens ausreicht, wenn die maßgeblichen Verkehrskreise fachlich spezialisiert sind (vgl. Urteil vom 4. April 2019, Stada Arzneimittel/EUIPO [Darstellung von zwei sich gegenüberliegenden Bögen], T‑804/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:218, Rn. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung).

28      Der Umstand, dass die maßgeblichen Verkehrskreise einen erhöhten Aufmerksamkeitsgrad haben, verleiht einer Marke daher nicht automatisch eine hinreichende Unterscheidungskraft (vgl. Urteil vom 31. Januar 2017, Coesia/EUIPO [Darstellung von zwei schrägen roten Kurven], T‑130/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:44, Rn. 22). Andererseits muss ein solcher Grad an Aufmerksamkeit bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft einer Marke berücksichtigt werden. Wie bereits oben in Rn. 26 festgestellt, hat die Beschwerdekammer aber sehr wohl berücksichtigt, dass der im Fachpublikum bestehende Teil der maßgeblichen Verkehrskreise einen erhöhten Aufmerksamkeitsgrad aufweise.

29      Schließlich ist die Behauptung, die Klägerin sei bei ihren Kunden bekannt und verfüge über einen außergewöhnlichen Bekanntheitsgrad, für die Bestimmung der maßgeblichen Verkehrskreise oder von deren Aufmerksamkeitsgrad, die in Bezug auf die von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen und nicht in Bezug auf die angebliche Bekanntheit der Klägerin selbst erfolgt, unerheblich. Außerdem hat die Klägerin vor den Dienststellen des EUIPO in keiner Weise geltend gemacht, dass die angemeldete Marke durch Benutzung Unterscheidungskraft erlangt hätte.

30      Somit ist die die maßgeblichen Verkehrskreise betreffende Rüge der Klägerin zurückzuweisen.

 Zur Gestaltung des Zeichens

31      Die Beschwerdekammer hat in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass die angemeldete Marke aus einer geschlossenen Linie bestehe, die eine zweidimensionale geometrische Figur darstelle, und dass diese Figur insbesondere aus zwei parallelen horizontalen Linien unterschiedlicher Länge bestehe, die durch zwei verschiedene gekrümmte Linien verbunden seien, die eine geschlossene Figur bildeten. Die Beschwerdekammer war der Ansicht, dass es sich um eine sehr einfache zweidimensionale geometrische Figur handele, die zwar keine geometrische Grundfigur sei, in ihrer Einfachheit aber mit einer geometrischen Grundfigur vergleichbar sei und keine Komplexität oder Auffälligkeiten aufweise, die sie einprägsam machten. Insbesondere ändere das Vorhandensein zweier gekrümmter Linien, die die beiden geraden Linien verbänden, nichts an der Banalität des Zeichens, da keinerlei Anhaltspunkte dafür vorhanden seien, dass die diese Krümmungen bildenden Winkel und Radien von den Verbrauchern als charakteristisch, einprägsam oder ins Auge springend wahrgenommen würden. So gelangte die Beschwerdekammer zu dem Ergebnis, dass die Form, aus der die angemeldete Marke bestehe, mangels einprägsamer Bild- oder Wortelemente in ihrer Gesamtheit nicht dazu fähig sei, irgendeine Aussage zu vermitteln, die dem Publikum im Gedächtnis haften bliebe, so dass sie vom relevanten Publikum ohne vorherige Gewöhnung nicht als betrieblicher Herkunftshinweis angesehen werde.

32      Die Klägerin macht geltend, dass die Beurteilung der Beschwerdekammer, die angemeldete Marke sei banal, nicht untermauert sei. Die Beschwerdekammer habe das dargestellte Zeichen willkürlich in zwei gerade Linien und zwei gekrümmte Linien zerlegt, obgleich nur sein Gesamteindruck maßgeblich sei. Die von der Beschwerdekammer vorgenommene wörtliche Beschreibung sei grob vereinfachend und könne nicht als Grundlage für die Beurteilung der Unterscheidungskraft dienen. Das angemeldete Zeichen sei keine mit einer geometrischen Grundfigur vergleichbare zweidimensionale Figur. Es kombiniere verschiedene Elemente unterschiedlicher Grundformen miteinander zu einer eigenständigen Form. Der Gesamteindruck des Zeichens lasse eher an eine Silhouette wie die eines Flugzeugrumpfs, eines modernen Eisenbahnzugs oder einer Autoscheibe denken, wobei seine geschwungenen Konturen ihm eine besondere Dynamik verliehen. Die Klägerin gelangt zu dem Schluss, dass für die maßgeblichen Verkehrskreise die Bedeutung des Zeichens über die einer zweidimensionalen Figur hinausgehe und dass die Beurteilung der Beschwerdekammer, wonach das Zeichen banal sei, neben der Sache liege, wobei die angefochtene Entscheidung bloße Behauptungen und keine nachvollziehbaren Begründungen enthalte. Eine nicht komplexe grafische Gestaltung könne einen Herkunftshinweis darstellen, da die Form des angemeldeten Zeichens bereits für sich genüge, ohne dass einprägsame Elemente hinzugefügt werden müssten.

33      Das EUIPO tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

34      Die Eintragung eines Zeichens als Unionsmarke hängt nicht von der Feststellung eines bestimmten Niveaus der sprachlichen oder künstlerischen Kreativität oder Einbildungskraft des Markeninhabers ab. Es genügt, dass die Marke es den maßgeblichen Verkehrskreisen ermöglicht, die Herkunft der durch diese Marke geschützten Waren oder Dienstleistungen zu erkennen und diese von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. Urteil vom 16. September 2004, SAT.1/HABM, C‑329/02 P, EU:C:2004:532, Rn. 41).

35      Ein Zeichen, das äußerst einfach ist und aus einer geometrischen Grundfigur wie einem Kreis, einer Linie, einem Rechteck oder einem üblichen Fünfeck besteht, ist als solches nicht geeignet, eine Aussage zu vermitteln, an die sich die Verbraucher erinnern könnten, so dass sie es nicht als eine Marke ansehen werden, sofern es nicht durch Benutzung Unterscheidungskraft erlangt hat (vgl. Urteil vom 29. September 2009, The Smiley Company/HABM [Darstellung eines halben Smileys], T‑139/08, EU:T:2009:364, Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).

36      Der Umstand, dass ein Zeichen keine geometrische Grundfigur darstellt, reicht für sich genommen nicht aus, um festzustellen, dass das Zeichen über das für die Eintragung als Unionsmarke erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft verfügt. Das Zeichen muss darüber hinaus für die maßgeblichen Verkehrskreise leicht und unmittelbar einprägsame Merkmale aufweisen, die es ihnen erlauben, es unmittelbar als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der betreffenden Waren aufzufassen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Juni 2019, Ortlieb Sportartikel/EUIPO [Darstellung eines achteckigen Polygons], T‑449/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:386, Rn. 28).

37      Im vorliegenden Fall ist zum einen festzustellen, dass die Beurteilung der Beschwerdekammer entgegen dem Vorbringen der Klägerin durch sämtliche in den Rn. 16 bis 20 der angefochtenen Entscheidung genannten und oben in Rn. 31 angeführten Aspekte untermauert und begründet wird, die es der Klägerin ermöglichen, die Erwägungen der Beschwerdekammer nachzuvollziehen, und dem Gericht, seine Kontrolle auszuüben. Soweit das Vorbringen der Klägerin dahin zu verstehen ist, dass damit eine fehlende oder unzureichende Begründung der angefochtenen Entscheidung eingewandt wird, ist es daher zurückzuweisen.

38      Zum anderen hat die Beschwerdekammer, was die Begründetheit anbelangt, zu Recht die Auffassung vertreten, dass die angemeldete Marke eine sehr einfache zweidimensionale geometrische Figur darstelle. Sie besteht nämlich aus einer dünnen schwarzen Linie, die auf weißem Grund den Umriss einer geschlossenen Form mit zwei geraden und parallelen Seiten und zwei gekrümmten Seiten zeichnet, ohne dass irgendein Teil dieser Form, einschließlich ihrer abgerundeten Teile, ins Auge spränge oder einprägsam wäre.

39      Die in der angemeldeten Marke dargestellte Form ist zwar keine geometrische Grundfigur. Jedoch ist die große Einfachheit eines Zeichens nicht auf diese Fälle beschränkt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. April 2019, Darstellung von zwei sich gegenüberliegenden Bögen, T‑804/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:218, Rn. 23). Im vorliegenden Fall hat die genannte Form nichts an sich, was optisch auffiele oder den maßgeblichen Verkehrskreisen im Gedächtnis haften bleiben könnte. Insbesondere ist, soweit sich die Klägerin auf die gekrümmten Teile dieser Form bezieht, die dieser eine besondere Dynamik verleihen würden, darauf hinzuweisen, dass das Vorhandensein bestimmter abgerundeter Seiten oder Winkel kein ungewöhnliches, ins Auge springendes oder einprägsames Element darstellt. Mit anderen Worten konnte die Beschwerdekammer, ohne einen Beurteilungsfehler zu begehen, feststellen, dass die Einfachheit der angemeldeten Marke mit der einer geometrischen Grundfigur vergleichbar sei (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. März 2019, Coesia/EUIPO [Darstellung einer aus zwei roten Schräglinien gebildeten runden Form], T‑829/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:199, Rn. 54), da sie keine leicht und unmittelbar einprägsamen Merkmale besitze, die geeignet wären, die Aufmerksamkeit der maßgeblichen Verkehrskreise auf sich zu ziehen und sie als Marke zu erkennen.

40      In diesem Zusammenhang ist das Vorbringen der Klägerin, wonach die Beschwerdekammer die angemeldete Marke künstlich zerlegt habe, ohne ihren Gesamteindruck zu berücksichtigen, zurückzuweisen, da die Beschwerdekammer, wie aus der angefochtenen Entscheidung ausdrücklich hervorgeht, diesen Gesamteindruck sehr wohl berücksichtigt hat.

41      Des Weiteren hat die Beschwerdekammer entgegen dem Vorbringen der Klägerin keine grob vereinfachende Beschreibung der angemeldeten Marke vorgenommen, sondern deren Merkmale ordnungsgemäß berücksichtigt, um festzustellen, ob sie als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen wahrgenommen werden kann.

42      Wie aus der Rechtsprechung hervorgeht, kann die Komplexität der Form eines Zeichens nämlich nicht von der Anzahl der Wörter abhängen, die zur Beschreibung des Zeichens erforderlich sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. April 2011, Air France/HABM [Form eines Parallelogramms], T‑159/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:176, Rn. 23). Für die Beurteilung der Unterscheidungskraft eines Zeichens ist die spontane Reaktion der maßgeblichen Verkehrskreise ausschlaggebend, die das Zeichen betrachten, ohne zuvor einen Hinweis darauf erhalten zu haben, wie es zu prüfen ist oder welches Bild es darstellen soll (Urteil vom 3. Dezember 2015, Omega International/HABM [Darstellung eines weißen Kreises und eines weißen Rechtecks in einem schwarzen Rechteck], T‑695/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:928, Rn. 46). Folglich ist der Umstand, dass die Klägerin die angemeldete Marke dahin beschreibt, dass sie die Silhouette eines Flugzeugrumpfs, eines modernen Eisenbahnzugs oder einer Autoscheibe darstelle, als solcher für die Beurteilung ihrer Unterscheidungskraft unerheblich.

43      Folglich hat die Beschwerdekammer die einschlägige Rechtsprechung und die relevanten Kriterien zur Beurteilung der Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke, wie sie oben in den Rn. 34 bis 36 dargelegt worden sind, korrekt auf den vorliegenden Fall angewandt.

44      Demnach ist die Rüge der Klägerin betreffend die Gestaltung des Zeichens zurückgewiesen.

 Zu den von der angemeldeten Marke erfassten Waren und Dienstleistungen

45      Die Beschwerdekammer hat in der angefochtenen Entscheidung die Auffassung vertreten, dass die Beurteilung, wonach die angemeldete Marke keinen Rückschluss auf die betriebliche Herkunft zulasse, für alle in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen gelte. Diese Waren und Dienstleistungen hätten, obgleich sie sehr unterschiedlich seien, alle ein Merkmal gemein, nämlich im Wesentlichen das, dass eine einfache Form wie die angemeldete Marke nicht als Hinweis auf eine betriebliche Herkunft verstanden werde, so dass sie zu einer einzigen homogenen Gruppe zusammengefasst werden könnten.

46      Die Klägerin macht geltend, dass die Beschwerdekammer nicht zwischen den verschiedenen Waren und Dienstleistungen unterschieden habe, sondern die für die Waren der Klasse 9 vorgenommene Beurteilung auf alle Waren und Dienstleistungen übertragen habe. Dies sei fehlerhaft, da das Zeichen eine Gestaltung als Herkunftshinweis für alle beanspruchten Waren und Dienstleistungen darstelle.

47      Das EUIPO tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

48      Es ist festzustellen, dass die dritte Rüge mit nichts untermauert ist, da die Klägerin keinen Gesichtspunkt vorbringt, der es ermöglichen würde, nachzuvollziehen, inwieweit die Beurteilung der Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke in Bezug auf die verschiedenen von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen variieren könnte.

49      Im Übrigen hat die Beschwerdekammer entgegen dem Vorbringen der Klägerin ihre Analyse keineswegs auf die Waren der Klasse 9 beschränkt und diese Analyse auf die übrigen Waren und Dienstleistungen übertragen, sondern die in der angemeldeten Marke dargestellte Form in Bezug auf alle von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen und auf ihre Wahrnehmung durch die maßgeblichen Verkehrskreise geprüft.

50      Insbesondere hat die Beschwerdekammer zu Recht festgestellt, dass die angemeldete Marke aus einer einfachen zweidimensionalen Form bestehe, deren Einfachheit der einer geometrischen Grundfigur entspreche und die nicht als Hinweis auf die betriebliche Herkunft einer der von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen verstanden werden könne, da sie keine leicht und unmittelbar einprägsamen Merkmale aufweise. Somit war die Begründung der Beschwerdekammer unterschiedslos auf alle von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen übertragbar (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. November 2018, Bopp/EUIPO [Darstellung eines gleichwinkeligen Achtecks], T‑460/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:816, Rn. 57).

51      Die Rüge der Klägerin betreffend die von der angemeldeten Marke erfassten Waren und Dienstleistungen ist daher zurückzuweisen.

52      Die Beschwerdekammer ist daher gemäß den Grundsätzen, die sich aus der oben in den Rn. 18 und 19 angeführten Rechtsprechung ergeben, zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass die angemeldete Marke von den maßgeblichen Verkehrskreisen nicht als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen angesehen werden könne.

53      Folglich ist der erste Teil des einzigen Klagegrundes als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.

 Zum zweiten Teil betreffend die Anforderungen an die Unterscheidungskraft

54      Im Rahmen des zweiten Teils macht die Klägerin geltend, die Beschwerdekammer habe zwar darauf hingewiesen, dass das Eintragungshindernis schon bei einem Mindestmaß an Unterscheidungskraft nicht mehr greife, aber aus der Anwendung dieses Grundsatzes fehlerhafte Schlussfolgerungen gezogen. Insbesondere entscheide die Beschwerdekammer ausgehend von der irrigen Annahme, dass es sich bei dem Zeichen um eine banale Gestaltung handele, nicht über die Frage, ob das Mindestmaß an Unterscheidungskraft im vorliegenden Fall erreicht worden sei, und verkenne den Umstand, dass die angemeldete Marke dieses Mindestmaß erreiche, selbst wenn man ihm keine gesteigerte Unterscheidungskraft beimesse. Die Beschwerdekammer habe jegliche Unterscheidungskraft verneint, obgleich ein sehr einfaches Zeichen, wie im vorliegenden Fall, Unterscheidungskraft besitzen könne.

55      Das EUIPO tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

56      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass das absolute Eintragungshindernis nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 schon bei einem Mindestmaß an Unterscheidungskraft nicht greift (vgl. Urteil vom 5. April 2017, Anta [China]/EUIPO [Darstellung zweier Linien, die einen spitzen Winkel bilden], T‑291/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:253, Rn. 17).

57      Insoweit ist jedoch festzustellen, dass die Beschwerdekammer zum einen ausdrücklich auf diesen Grundsatz hingewiesen hat und es zum anderen entgegen dem Vorbringen der Klägerin keineswegs versäumt hat, zu prüfen, ob die angemeldete Marke ein Mindestmaß an Unterscheidungskraft besitzt, sondern im Gegenteil klar darauf hingewiesen hat, dass die angemeldete Marke dieses Mindestmaß nicht besitze. Im Übrigen beschränkt sich das Argument der Klägerin auf eine allgemeine Beanstandung. In der angefochtenen Entscheidung gibt es keinen Hinweis darauf, dass die Beschwerdekammer dem angemeldeten Zeichen ein Mindestmaß an Unterscheidungskraft zuerkannt hätte.

58      Des Weiteren hat die Beschwerdekammer nicht verneint, dass ein einfaches oder gar sehr einfaches Zeichen ein Mindestmaß an Unterscheidungskraft besitzen kann, sondern zutreffend festgestellt, dass die angemeldete Marke kein Element aufweise, das den maßgeblichen Verkehrskreisen im Gedächtnis haften bleiben könnte und aufgrund dessen sie für die maßgeblichen Verkehrskreise als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen dienen könnte.

59      Die Beschwerdekammer konnte daher ohne Beurteilungsfehler feststellen, dass der angemeldeten Marke das absolute Eintragungshindernis des Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 entgegenstehe.

60      Folglich ist der zweite Teil des einzigen Klagegrundes als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.

 Zum dritten Teil betreffend die früheren Eintragungen

61      Im Rahmen des dritten Teils macht die Klägerin zum einen geltend, dass die Begründung der Beschwerdekammer in Bezug auf die oben in Rn. 4 angeführte frühere Eintragung Nr. 15391881 unzutreffend sei. Die vom EUIPO behaupteten deutlichen Unterschiede zwischen der eingetragenen Marke und der angemeldeten Marke bestünden nicht; allein die Verdoppelung der Kontur sei kein Grund dafür, beide Anmeldungen unterschiedlich zu behandeln, Die Klägerin könne darauf vertrauen, dass ihre Anmeldungen gleich behandelt würden, da es keine sachlichen Unterschiede gebe, die eine unterschiedliche Behandlung dieser Anmeldungen rechtfertigen würden, und das EUIPO vermöge auch nicht, derartige Unterschiede aufzuzeigen. Zum anderen weist die Klägerin darauf hin, dass das EUIPO die im Beschwerdeverfahren angeführten Entscheidungen über die Eintragung einfacher Zeichen nicht berücksichtigt habe.

62      Das EUIPO tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

63      Die vom EUIPO gemäß der Verordnung 2017/1001 zu treffenden Entscheidungen über die Eintragung eines Zeichens als Unionsmarke sind gebundene Entscheidungen und keine Ermessensentscheidungen. Die Rechtmäßigkeit der Entscheidungen der Beschwerdekammern ist daher allein auf der Grundlage dieser Verordnung in ihrer Auslegung durch den Unionsrichter und nicht auf der Grundlage einer diesen Entscheidungen vorausgehenden Verwaltungspraxis zu beurteilen (Urteil vom 26. April 2007, Alcon/HABM, C‑412/05 P, EU:C:2007:252, Rn. 65).

64      Folglich kann sich der Anmelder eines Zeichens als Unionsmarke nicht auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen, um eine identische Entscheidung zu erlangen. Im Übrigen muss aus Gründen der Rechtssicherheit und gerade auch der ordnungsgemäßen Verwaltung die Prüfung jeder Anmeldung streng und umfassend sein, um eine ungerechtfertigte Eintragung von Marken zu verhindern. Diese Prüfung muss in jedem Einzelfall erfolgen. Die Eintragung eines Zeichens als Unionsmarke hängt nämlich von besonderen, im Rahmen der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls anwendbaren Kriterien ab, anhand deren ermittelt werden soll, ob das fragliche Zeichen nicht unter ein Eintragungshindernis fällt (vgl. Urteil vom 10. März 2011, Agencja Wydawnicza Technopol/HABM, C‑51/10 P, EU:C:2011:139, Rn. 76 und 77).

65      Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdekammer, wie aus obiger Rn. 59 hervorgeht, zu Recht festgestellt, dass der angemeldeten Marke das Eintragungshindernis des Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 entgegenstehe, so dass sich die Klägerin nicht mit Erfolg auf frühere Entscheidungen des EUIPO, einschließlich einer Entscheidung über eine andere von ihr selbst eingereichte Anmeldung, berufen kann, um diese Feststellung zu entkräften.

66      Wenn sich die Dienststellen des EUIPO für eine andere Beurteilung als die in ihren früheren Entscheidungen vorgenommene entscheiden, obliegt es ihnen unter Berücksichtigung des Kontexts, in dem sie ihre neue Entscheidung erlassen, wobei die Geltendmachung solch früherer Entscheidungen in diesen Kontext fällt, diese Abweichung von diesen Entscheidungen ausdrücklich zu begründen (Urteil vom 28. Juni 2018, EUIPO/Puma, C‑564/16 P, EU:C:2018:509, Rn. 66).

67      Im vorliegenden Fall ist jedoch, worauf die Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung hingewiesen hat, festzustellen, dass zum einen die oben in Rn. 4 angeführte Marke vom Prüfer eingetragen wurde, ohne dass die Beschwerdekammer insoweit eine Entscheidung getroffen hätte, und zum anderen diese Marke Unterschiede zu der angemeldeten Marke aufweist. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin ist nämlich offensichtlich, dass diese Marke eine aus einer Doppellinie gebildete Kontur hat, während die angemeldete Marke nur eine aus einer einfachen Linie gebildete Kontur hat. Insbesondere besteht die erstgenannte Marke nicht nur aus einer geschlossenen Linie entsprechend derjenigen, die die angemeldete Marke bildet, sondern auch aus einer zweiten geschlossenen Linie, die kleiner ist als die erste und innerhalb der von dieser gezeichneten Kontur liegt. Somit weist die oben in Rn. 4 angeführte Marke unabhängig von der Frage, ob der Prüfer sie zu Recht eingetragen hat, was nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist, Unterschiede zur angemeldeten Marke auf.

68      Zudem ist, soweit die Klägerin frühere Eintragungen einfacher Zeichen geltend macht, die sie im Beschwerdeverfahren angeführt habe, darauf hinzuweisen, dass sie sich in der Klageschrift gerade nicht auf ein anderes Zeichen oder eine andere Entscheidung bezieht, so dass ein solch vages Argument die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht in Frage stellen kann.

69      Im Übrigen ist bereits entschieden worden, dass die bloße Tatsache, dass anderen, auch einfachen Marken die Eignung zuerkannt wurde, von den maßgeblichen Verkehrskreisen als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der betreffenden Waren ohne die Möglichkeit der Verwechslung mit Waren anderer Herkunft aufgefasst zu werden, und dass diesen Marken damit nicht jede Unterscheidungskraft abgesprochen wurde, nicht zwingend bedeutet, dass die Anmeldemarke ebenfalls das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft aufwiese, um als Unionsmarke eingetragen werden zu können (Urteil vom 29. September 2009, Darstellung eines halben Smileys, T‑139/08, EU:T:2009:364, Rn. 34, und vom 5. April 2017, Darstellung zweier Linien, die einen spitzen Winkel bilden, T‑291/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:253, Rn. 52).

70      Die Beschwerdekammer hat daher zu Recht festgestellt, dass die von der Klägerin geltend gemachten früheren Eintragungen keine andere Schlussfolgerung hinsichtlich der fehlenden Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke zuließen.

71      Folglich ist der dritte Teil des einzigen Klagegrundes als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.

72      Nach alledem ist der einzige Klagegrund der Klägerin zurückzuweisen und mithin die Klage insgesamt als offensichtlich jeder rechtlichen Grundlage entbehrend abzuweisen.

 Kosten

73      Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

74      Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des EUIPO die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

beschlossen:

1.      Die Klage wird als offensichtlich jeder rechtlichen Grundlage entbehrend abgewiesen.

2.      Die Grammer AG trägt die Kosten.

Luxemburg, den 22. Oktober 2020

Der Kanzler

 

Die Präsidentin

E. Coulon

 

A. Marcoulli



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