C-764/18 – Orange España

C-764/18 – Orange España

CURIA – Documents

Language of document : ECLI:EU:C:2020:593

Vorläufige Fassung

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

EVGENI TANCHEV

vom 16. Juli 2020(1)

Rechtssache C764/18

Ayuntamiento de Pamplona

gegen

Orange España SAU

(Vorabentscheidungsersuchen des Tribunal Supremo [Oberster Gerichtshof, Spanien])

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Richtlinie 2002/20/EG – Geltungsbereich – Begriff des elektronischen Kommunikationsdienstes – Art. 12 und 13 – Entgelt für das Recht auf Installation von Einrichtungen auf, über oder unter öffentlichem oder privatem Grundbesitz“

1.        Das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Richtlinie 2002/20/EG(2) (im Folgenden: Genehmigungsrichtlinie), die nach ihrem Art. 1 Abs. 1 Genehmigungsvorschriften und ‑bedingungen harmonisieren und vereinfachen soll, um die Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze und ‑dienste in der Europäischen Union zu erleichtern. Es konzentriert sich auf die Auslegung der Art. 12 und 13 dieser Richtlinie, die es den Mitgliedstaaten erlauben, von Unternehmen Abgaben zu verlangen, die die Kosten für die Verwaltung von Allgemeingenehmigungen decken, bzw. bei Nutzungsrechten für Funkfrequenzen oder Nummern oder bei Rechten für die Installation von Einrichtungen auf, über oder unter öffentlichem oder privatem Grundbesitz Entgelte zu erheben.

2.        Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Orange España SAU, einem Anbieter von Festnetztelefonie- und Internetzugangsdiensten, und dem Ayuntamiento de Pamplona (Stadt Pamplona) betreffend eine Abgabe für die Nutzung des in öffentlichem Eigentum stehenden kommunalen Grundbesitzes, um Infrastrukturen einzurichten, die die Erbringung elektronischer Kommunikationsdienste ermöglichen.

3.        Das vorlegende Gericht, das Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof, Spanien), möchte wissen, ob eine solche Abgabe in den Anwendungsbereich der Genehmigungsrichtlinie fällt und, wenn ja, ob die Methode, diese Abgabe ausschließlich anhand der von einem Unternehmen mit der Erbringung bestimmter elektronischer Kommunikationsdienste erzielten jährlichen Bruttoumsätze zu berechnen, mit den Art. 12 und 13 der Genehmigungsrichtlinie vereinbar ist. Es ist darauf hinzuweisen, dass diese Fragen vor dem Hintergrund des Urteils vom 12. Juli 2012, Vodafone España und France Telecom España (C‑55/11, C‑57/11 und C‑58/11, EU:C:2012:446) (im Folgenden: Urteil Vodafone España und France Telecom España), aufgeworfen werden, in dem der Gerichtshof entschieden hat, dass ein Entgelt, das für eine ähnliche Nutzung öffentlichen Grundbesitzes erhoben wurde, nicht in den Anwendungsbereich von Art. 13 der Genehmigungsrichtlinie fiel, da es für Betreiber galt, die die auf diesem Grundbesitz installierten Einrichtungen für die Erbringung von Mobilfunkdiensten nutzten, ohne ihre Eigentümer zu sein, und in dem der Gerichtshof daher nicht in der Sache entschieden hat, d. h. darüber, ob die Methode zur Berechnung des Entgelts mit dieser Bestimmung im Einklang steht.

I.      Rechtlicher Rahmen

A.      Unionsrecht

4.        Art. 12 („Verwaltungsabgaben“) der Genehmigungsrichtlinie bestimmt:

„(1)      Verwaltungsabgaben, die von Unternehmen verlangt werden, die aufgrund einer Allgemeingenehmigung einen Dienst oder ein Netz bereitstellen oder denen ein Nutzungsrecht gewährt wurde,

a)      dienen insgesamt lediglich zur Deckung der administrativen Kosten für die Verwaltung, Kontrolle und Durchsetzung von Allgemeingenehmigungen und Nutzungsrechten sowie der in Artikel 6 Absatz 2 genannten besonderen Verpflichtungen, die die Kosten für internationale Zusammenarbeit, Harmonisierung und Normung, Marktanalyse, Überwachung der Einhaltung und andere Marktkontrollmechanismen sowie für Regulierungstätigkeiten zur Ausarbeitung und Durchsetzung des abgeleiteten Rechts und von Verwaltungsbeschlüssen, beispielsweise von Beschlüssen über den Zugang und die Zusammenschaltung, einschließen können, und

b)      werden den einzelnen Unternehmen in einer objektiven, verhältnismäßigen und transparenten Weise auferlegt, bei der die zusätzlichen Verwaltungskosten und zugehörigen Aufwendungen auf ein Mindestmaß reduziert werden.

(2)      Erheben die nationalen Regulierungsbehörden Verwaltungsabgaben, so veröffentlichen sie einen jährlichen Überblick über ihre Verwaltungskosten und die insgesamt eingenommenen Abgaben. Entsprechend der Differenz der Gesamtsumme der Abgaben und der Verwaltungskosten werden entsprechende Berichtigungen vorgenommen.“

5.        Art. 13 („Entgelte für Nutzungsrechte und für Rechte für die Installation von Einrichtungen“) der Genehmigungsrichtlinie sieht vor:

„Die Mitgliedstaaten können der zuständigen Behörde gestatten, bei Nutzungsrechten für Funkfrequenzen oder Nummern oder bei Rechten für die Installation von Einrichtungen auf, über oder unter öffentlichem oder privatem Grundbesitz Entgelte zu erheben, die eine optimale Nutzung dieser Ressourcen sicherstellen sollen. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Entgelte objektiv gerechtfertigt, transparent, nichtdiskriminierend und ihrem Zweck angemessen sind, und tragen den in Artikel 8 der Richtlinie 2002/21/EG (Rahmenrichtlinie) genannten Zielen Rechnung.“

B.      Spanisches Recht

6.        In Art. 2 Abs. 1 der Ordenanza fiscal n.º 22/2014(3) heißt es:

„Der Abgabentatbestand besteht in der ausschließlichen Nutzung oder Sondernutzung des in öffentlichem Eigentum stehenden kommunalen Straßenuntergrunds und Straßenraums durch Leitungen, Rohre und Schächte zur Aufnahme von Leitungen für … Festnetztelefonie, Mobilfunk und andere elektronische Kommunikationsdienste, insbesondere Leitungsmasten, Kabel, Haltevorrichtungen, Anschluss‑, Verteiler- oder Aufzeichnungskästen, Transformatoren, Schienen, Verteiler, Antennen, Verkaufsautomaten sowie andere ähnliche, mit dem Dienst im Zusammenhang stehende Apparate.“

7.        Art. 4 Abs. 3 der Abgabensatzung Nr. 22/2014 lautet:

„Mobilfunkbetreiber, die nicht Eigentümer des Netzes sind, über das dieser Dienst erbracht wird, sind auch dann nicht zur Zahlung der Abgabe verpflichtet, wenn sie Inhaber von Nutzungsrechten, Zugangsrechten oder Zusammenschaltungsrechten an diesen Netzen sind.

In den übrigen Fällen der Erbringung von Versorgungsdiensten sind sowohl die Eigentümer der genutzten Netze oder Infrastrukturen als auch die Inhaber von Nutzungsrechten, Zugangsrechten oder Zusammenschaltungsrechten an diesen Netzen oder Infrastrukturen Abgabenpflichtige.“

8.        Art. 5 der Abgabensatzung Nr. 22/2014 sieht vor:

„(1)      Die Bemessungsgrundlage, auf die der Abgabensatz zur Ermittlung der Abgabenschuld anzuwenden ist, bestimmt sich nach den jährlichen fakturierten Bruttoumsätzen der Abgabenpflichtigen im städtischen Gebiet. Die Kriterien für die Bestimmung der Bemessungsgrundlage sind nicht auf Mobilfunkbetreiber anzuwenden.

(2)      Als fakturierter Bruttoumsatz gilt derjenige Betrag, den das jeweilige Unternehmen als Gegenleistung für die in diesem städtischen Gebiet im Rahmen seiner gewöhnlichen Tätigkeit erbrachten Dienste erzielt hat. Ausgeschlossen sind nur Einkünfte aus außergewöhnlichen Ereignissen oder Tätigkeiten.

(3)      Hat der Abgabenpflichtige die Netze anderer Personen zu Sonderzwecken genutzt, so ist die Bemessungsgrundlage der im städtischen Gebiet erzielte jährliche Bruttoumsatz, abzüglich der Beträge, die dem Eigentümer des Netzes für den Zugang oder die Zusammenschaltung mit seinem Netz zu zahlen sind. Die letztgenannten Beträge werden von den Eigentümern solcher Netze in ihre jährlichen Bruttoumsätze einbezogen.

…“

9.        Gemäß Art. 6 der Abgabensatzung Nr. 22/2014 wird die Höhe der Abgabe durch Anwendung eines Satzes von 1,5 % auf die in Art. 5 dieser Satzung definierte Bemessungsgrundlage berechnet.

II.    Sachverhalt, nationales Verfahren und Vorlagefragen

10.      Orange España, die, wie oben in Nr. 2 ausgeführt, in Pamplona (Spanien) Festnetztelefonie- und Internetzugangsdienste erbringt, reichte wegen dieser Leistungen beim Ayuntamiento de Pamplona eine Selbstveranlagung zu der in der Abgabensatzung Nr. 22/2014 vorgesehenen Abgabe wegen Sondernutzung des in öffentlichem Eigentum stehenden kommunalen Straßenuntergrunds und Straßenraums (im Folgenden: in der Abgabensatzung Nr. 22/2014 vorgesehene Abgabe) für das zweite Quartal 2014 ein (im Folgenden: Selbstveranlagung). Im Rahmen der Selbstveranlagung wurde der in Art. 6 der Abgabensatzung Nr. 22/2014 festgelegte Abgabensatz (1,5 %) auf Bruttoumsätze von 1 188 269,59 Euro angewandt, woraus sich eine Abgabenschuld von Orange España gegenüber dem Ayuntamiento de Pamplona von 7 928,71 Euro ergab.

11.      Orange España wandte dagegen ein, dass sie erstens nicht Eigentümerin des Netzes sei, über das sie in Pamplona Dienste erbringe, und deshalb keine Abgabenpflichtige im Sinne der Abgabensatzung Nr. 22/2014 sei und zweitens die Art. 12 und 13 der Genehmigungsrichtlinie die Erhebung einer Abgabe ausschlössen, die ausschließlich anhand eines festen Prozentsatzes der Bruttoumsätze eines Unternehmens berechnet werde. Sie beantragte daher beim Ayuntamiento de Pamplona, ihre Selbstveranlagung zu berichtigen und ihr dementsprechend den rechtsgrundlos einbezahlten Betrag zu erstatten (im Folgenden: Berichtigungsantrag).

12.      Mit Bescheid der Directora de Hacienda del Ayuntamiento de Pamplona (im Folgenden: Finanzdirektorin der Stadt Pamplona) vom 18. September 2014 wurde der Berichtigungsantrag mit der Begründung zurückgewiesen, die Selbstveranlagung weise weder sachliche noch rechtliche Fehler auf und entspreche der Abgabensatzung Nr. 22/2014, da diese Satzung „lediglich bestimmt, dass Mobilfunkbetreiber, die nicht Inhaber der Infrastruktur sind, aber über Rechte auf Nutzung, Zugang oder Zusammenschaltung an fremden Netzen verfügen, vom persönlichen Anwendungsbereich der Abgabe auszunehmen sind“.

13.      Mit Urteil vom 4. Dezember 2015 wies der Juez de lo Contencioso-Administrativo n.º 1 de Pamplona (Verwaltungsgericht Nr. 1 von Pamplona, Spanien) die gegen den Bescheid der Finanzdirektorin der Stadt Pamplona erhobene Klage ab. Zur Begründung führte er aus, erstens sei Orange España Eigentümerin des Netzes, über das sie die Dienste erbringe, und könne daher nicht von der Zahlung der in der Abgabensatzung Nr. 22/2014 vorgesehenen Abgabe befreit werden, und zweitens entspreche die Methode zur Berechnung der Abgabe Art. 105 Abs. 1 Unterabs. 3 der Ley Foral 2/1995, de 10 de marzo, de Haciendas Locales de Navarra (Regionalgesetz 2/1995 vom 10. März 1995 über das kommunale Finanzwesen von Navarra).

14.      Die dagegen eingelegte Berufung erklärte das Tribunal Superior de Justicia de Navarra (Oberster Gerichtshof von Navarra, Spanien) mit Urteil vom 15. November 2016 für teilweise begründet. Festnetztelefonie- und Internetzugangsdienste fielen in den Anwendungsbereich der Genehmigungsrichtlinie, da sie als elektronische Kommunikationsdienste anzusehen seien. Ferner schlössen die Art. 12 und 13 dieser Richtlinie die Erhebung einer Abgabe von den Eigentümern von Netzen, die für die Erbringung von Festnetztelefonie‑, Mobilfunk- und Internetzugangsdiensten genutzt würden, zwar nicht aus, doch dürfe sich die Höhe einer solchen Abgabe nicht nach den Bruttoumsätzen eines Unternehmens oder nach dessen Gesamtumsatz richten, da diese Berechnungsmethode weder objektiv noch verhältnismäßig sei. Daher erklärte das Tribunal Superior de Justicia de Navarra (Oberster Gerichtshof von Navarra) die Bezugnahme auf den Begriff „Mobil“ in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 der Abgabensatzung Nr. 22/2014 (in dem es heißt: „Die Kriterien für die Bestimmung der Bemessungsgrundlage sind nicht auf Mobilfunkbetreiber anzuwenden“) für rechtswidrig und nichtig. Folglich erkannte es Orange España das Recht auf Berichtigung ihrer Selbstveranlagung zu.

15.      Das Ayuntamiento de Pamplona hat gegen das Urteil des Tribunal Superior de Justicia de Navarra (Oberster Gerichtshof von Navarra) Kassationsbeschwerde beim Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) eingelegt.

16.      Das Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) vertritt die Auffassung, dass das Urteil Vodafone España und France Telecom España zwar, wie hier, ein Entgelt für die Sondernutzung öffentlichen Grundbesitzes betroffen habe, das Entgelt in diesem Urteil aber von den Anbietern von Mobilfunkdiensten gefordert worden sei, während es im vorliegenden Fall von Orange España als Anbieter von Festnetztelefonie- und Internetzugangsdiensten verlangt werde. Ferner habe der Gerichtshof noch nicht darüber entschieden, ob es mit den Art. 12 und 13 der Genehmigungsrichtlinie vereinbar sei, eine Abgabe oder ein Entgelt in der Weise zu berechnen, dass ein Prozentsatz auf die Bruttoumsätze angewandt werde, die der Betreiber mit der Erbringung von elektronischen Kommunikationsdiensten in einem bestimmten Gebiet erziele.

17.      Daher hat das Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.      Sind die Genehmigungsrichtlinie, wie sie vom Gerichtshof in Bezug auf Unternehmen, die im Sektor der Mobilfunktelekommunikation tätig sind, ausgelegt worden ist, und speziell die in ihren Art. 12 und 13 festgelegten Einschränkungen der Ausübung des Rechts der Mitgliedstaaten, Abgaben zu erheben, auch auf Unternehmen anwendbar, die Festnetztelefonie- und Internetdienste erbringen?

2.      Sollte die vorstehende Frage bejaht werden (und festgestellt werden, dass die genannte Richtlinie auf die Erbringer von Festnetztelefonie- und Internetdiensten anzuwenden ist), gestatten dann die Art. 12 und 13 der Genehmigungsrichtlinie den Mitgliedstaaten, eine Abgabe oder ein Entgelt zu erheben, die bzw. das ausschließlich anhand der von dem Unternehmen – das Eigentümer der installierten Einrichtungen ist – mit der Erbringung von Festnetztelefonie- und Internetdiensten im entsprechenden Gebiet erzielten jährlichen Bruttoumsätze berechnet wird?

18.      Das Ayuntamiento de Pamplona, Orange España, die spanische Regierung und die Europäische Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht. Diese Parteien haben in der Sitzung vom 18. Dezember 2019 mündlich verhandelt.

III. Würdigung

A.      Zur ersten Frage

19.      Mit der ersten Frage möchte das vorlegende Gericht vom Gerichtshof im Wesentlichen wissen, ob Festnetztelefonie- und Internetzugangsdienste als elektronische Kommunikationsdienste im Sinne der Genehmigungsrichtlinie und insbesondere deren Art. 12 und 13 anzusehen sind.

20.      Das Ayuntamiento de Pamplona, Orange España und die Kommission sind der Ansicht, dass die Erbringung von Festnetztelefonie- und Internetzugangsdiensten unter die Genehmigungsrichtlinie falle. Die spanische Regierung schließt sich dieser Ansicht an(4).

21.      Aus den im Folgenden dargelegten Gründen habe ich keinen Zweifel daran, dass Festnetztelefonie- und Internetzugangsdienste als elektronische Kommunikationsdienste im Sinne der Genehmigungsrichtlinie, einschließlich ihrer Art. 12 und 13, anzusehen sind.

22.      Gemäß ihrem Art. 1 Abs. 2 gilt die Genehmigungsrichtlinie „für Genehmigungen, die für die Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze und ‑dienste erteilt werden“.

23.      Nach Art. 2 Abs. 1 der Genehmigungsrichtlinie gelten die Begriffsbestimmungen in Art. 2 der Richtlinie 2002/21/EG(5) (im Folgenden: Rahmenrichtlinie).

24.      Art. 2 Buchst. c der Rahmenrichtlinie definiert „elektronische Kommunikationsdienste“ als „gewöhnlich gegen Entgelt erbrachte Dienste, die ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über elektronische Kommunikationsnetze bestehen, einschließlich Telekommunikations- und Übertragungsdienste in Rundfunknetzen“.

25.      Gemäß Art. 2 Buchst. a der Rahmenrichtlinie sind „elektronische… Kommunikationsnetz[e]“: Übertragungssysteme und Einrichtungen, „die die Übertragung von Signalen über Kabel, Funk, optische oder andere elektromagnetische Einrichtungen ermöglichen, einschließlich Satellitennetze, feste (leitungs- und paketvermittelte, einschließlich Internet) und mobile terrestrische Netze, Stromleitungssysteme“.

26.      Was erstens die Festnetztelefoniedienste betrifft, so bestehen diese meines Erachtens in der Übertragung von Signalen auf die in Art. 2 Buchst. a der Rahmenrichtlinie genannte Weise(6). Insoweit weise ich darauf hin, dass der zehnte Erwägungsgrund dieser Richtlinie, in dem es heißt, dass „Sprachtelefoniedienste“ von dieser Richtlinie erfasst werden, nicht zwischen Festnetztelefonie und Mobilfunk unterscheidet. Ich möchte auch darauf hinweisen, dass, wie im fünften Erwägungsgrund der Rahmenrichtlinie und im zweiten Erwägungsgrund der Genehmigungsrichtlinie festgestellt wird, die Verschmelzung der verschiedenen elektronischen Kommunikationsnetze und ‑dienste und ihrer Technologien es erforderlich macht, dass sie den gleichen Regeln unterliegen. Daraus folgt, dass sowohl Festnetz- als auch Mobilfunkdienste als elektronische Kommunikationsdienste im Sinne der Rahmenrichtlinie und damit der Genehmigungsrichtlinie zu betrachten sind.

27.      Was zweitens die Internetzugangsdienste betrifft, so sind diese ebenfalls als elektronische Kommunikationsdienste im Sinne von Art. 2 Buchst. c der Rahmenrichtlinie anzusehen. Denn nach Art. 2 Buchst. a derselben Richtlinie sind feste terrestrische Netze, die die Übertragung von Signalen ermöglichen, „einschließlich Internet“, für die Zwecke dieser Richtlinie als elektronische Kommunikationsnetze anzusehen. Ferner ist nach dem letzten Satz des zehnten Erwägungsgrundes der Rahmenrichtlinie der „Zugang zum Internet“ ein elektronischer Kommunikationsdienst. Darüber hinaus wird der Begriff „Internetzugangsdienst“ in Art. 2 Abs. 2 Nr. 2 der Verordnung (EU) 2015/2120(7) definiert als „ein öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienst, der … Zugang zum Internet … bietet“(8), wobei die in Art. 2 Buchst. c der Rahmenrichtlinie vorgesehene Definition des Begriffs der elektronischen Kommunikationsdienste für die Zwecke der Verordnung 2015/2120 gilt(9). Schließlich stellt die Richtlinie (EU) 2018/1972(10), die u. a. die Rahmenrichtlinie und die Genehmigungsrichtlinie aufgehoben und ersetzt hat, klar, dass elektronische Kommunikationsdienste insbesondere „‚Internetzugangsdienste‘ im Sinne der Begriffsbestimmung des Artikels 2 Absatz 2 Nummer 2 der [Verordnung 2015/2120] [umfassen]“.

28.      Daher ist auf die erste Frage zu antworten, dass Festnetztelefonie- und Internetzugangsdienste als elektronische Kommunikationsdienste im Sinne von Art. 2 Buchst. c der Rahmenrichtlinie und als solche als elektronische Kommunikationsdienste im Sinne der Genehmigungsrichtlinie, einschließlich ihrer Art. 12 und 13, anzusehen sind.

B.      Zur zweiten Frage

29.      Mit der zweiten Frage, die nur dann zu beantworten ist, wenn der Gerichtshof feststellt, dass die Genehmigungsrichtlinie für die Erbringer von Festnetztelefonie- und Internetzugangsdiensten gilt, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Art. 12 und 13 dieser Richtlinie es den Mitgliedstaaten gestatten, eine Abgabe oder ein Entgelt zu erheben, die bzw. das ausschließlich anhand der von einem Unternehmen mit der Erbringung dieser Dienste in einem bestimmten Gebiet erzielten jährlichen Bruttoumsätze berechnet wird.

30.      Im Folgenden werde ich zunächst prüfen, ob eine Abgabe oder ein Entgelt wie die in der Abgabensatzung Nr. 22/2014 vorgesehene Abgabe in den Anwendungsbereich der Art. 12 oder 13 der Genehmigungsrichtlinie fällt, und sodann – sollte eine dieser beiden Bestimmungen Anwendung finden – ob sie ausschließt, dass diese Abgabe oder dieses Entgelt ausschließlich anhand der von einem Unternehmen mit der Erbringung von Festnetztelefonie- und Internetzugangsdiensten in einem bestimmten Gebiet erzielten jährlichen Bruttoumsätze berechnet wird.

1.      Anwendbarkeit von Art. 12 oder 13 der Genehmigungsrichtlinie

31.      In der mündlichen Verhandlung hat das Ayuntamiento de Pamplona geltend gemacht, dass die in der Abgabensatzung Nr. 22/2014 vorgesehene Abgabe nicht in den Anwendungsbereich der Genehmigungsrichtlinie falle, da diese Abgabe nicht nur von den Betreibern elektronischer Kommunikationsdienste, sondern von allen Netzbetreibern verlangt werde, die im Allgemeininteresse liegende Dienste erbrächten(11).

32.      Die spanische Regierung schließt sich der Auffassung des Ayuntamiento de Pamplona an, dass die Genehmigungsrichtlinie nicht auf die in der Abgabensatzung Nr. 22/2014 vorgesehene Abgabe anwendbar sei. Sie betont, dass diese Richtlinie nicht auf eine Steuerharmonisierung abziele. Folglich sind die vorgelegten Fragen nach Ansicht der spanischen Regierung nicht zu beantworten.

33.      Orange España und die Kommission vertreten den Standpunkt, dass die in der Abgabensatzung Nr. 22/2014 vorgesehene Abgabe in den Anwendungsbereich von Art. 13 der Genehmigungsrichtlinie falle.

34.      Bevor ich prüfe, ob eine Abgabe wie die in der Abgabensatzung Nr. 22/2014 vorgesehene in den Anwendungsbereich von Art. 12 oder von Art. 13 der Genehmigungsrichtlinie fällt, werde ich im Folgenden prüfen, ob diese Richtlinie es den Mitgliedstaaten verwehrt, für die Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze und ‑dienste andere als die in den Art. 12 und 13 der Richtlinie vorgesehenen Abgaben oder Entgelte zu erheben.

a)      Verwehrt die Genehmigungsrichtlinie es den Mitgliedstaaten, andere als die in ihren Art. 12 und 13 vorgesehenen Abgaben oder Entgelte zu erheben?

35.      Meiner Meinung nach schließt die Genehmigungsrichtlinie nicht aus, dass für die Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze und ‑dienste andere als die in ihren Art. 12 und 13 vorgesehenen Abgaben oder Entgelte erhoben werden, vorausgesetzt jedoch, dass diese Abgaben oder Entgelte die Wirksamkeit dieser Richtlinie nicht beeinträchtigen.

36.      Zwar hat der Gerichtshof im Urteil vom 18. September 2003, Albacom und Infostrada (C‑292/01 und C‑293/01, EU:C:2003:480) (im Folgenden: Urteil Albacom), befunden, dass es den Mitgliedstaaten verwehrt ist, „den Unternehmen, die Inhaber von Einzelgenehmigungen im Telekommunikationssektor sind, nur aufgrund dieser Inhaberschaft“ Abgaben oder Entgelte aufzuerlegen, die sich von den Fällen „unterscheiden und zu diesen hinzukommen“(12), die ausdrücklich in den Art. 6 und 11 der Richtlinie 97/13/EG(13) aufgeführt sind. Nach Auffassung des Gerichtshofs wäre das Ziel der Richtlinie 97/13, nämlich die Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes, gefährdet, wenn es den Mitgliedstaaten freistünde, die finanziellen Belastungen festzusetzen, die die in diesem Sektor tätigen Unternehmen zu tragen haben, und dadurch Hindernisse für die Dienstleistungsfreiheit in der Telekommunikation zu schaffen(14). Wie Generalanwalt Léger ausgeführt hat, folgt aus dem Urteil Albacom, dass „die Liste der finanziellen Belastungen, die die Mitgliedstaaten den Telekommunikationsunternehmen im Rahmen der Genehmigungsverfahren oder der Genehmigungen selbst auferlegen dürfen, abschließend ist: Fällt die betreffende Belastung nicht in eine der in der Richtlinie 97/13 vorgesehenen Kategorien, so ist sie verboten.“(15)

37.      Einen ähnlichen Standpunkt vertrat der Gerichtshof im Urteil Vodafone España und France Telecom España in Bezug auf ein Entgelt für die Nutzung von öffentlichem Eigentum, das nach spanischem Recht den Anbietern von Mobilfunkdiensten auferlegt wird. In diesem Urteil hat der Gerichtshof zum einen entschieden, dass dieses Entgelt nicht unter Art. 13 der Genehmigungsrichtlinie fällt, da es von Betreibern erhoben wird, die diese auf kommunalem öffentlichem Grundbesitz installierten Einrichtungen für die Erbringung von Mobilfunkdiensten nutzen, ohne ihre Eigentümer zu sein, und zum anderen, dass diese Vorschrift der Erhebung eines Entgelts von diesen Betreibern entgegensteht(16). Die Begründung für die Feststellung des Gerichtshofs, dass Art. 13 der Genehmigungsrichtlinie ein solches Entgelt ausschließt, findet sich in Rn. 28 dieses Urteils, wo er entschieden hat, dass „die Mitgliedstaaten im Rahmen der Genehmigungsrichtlinie keine anderen Abgaben oder Entgelte für die Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze und ‑dienste als die in der Richtlinie vorgesehenen erheben dürfen“.

38.      In den Urteilen, die nach dem Urteil Albacom und dem Urteil Vodafone España und France Telecom España ergangen sind, hat der Gerichtshof, nachdem er befunden hatte, dass die zu prüfende Abgabe bzw. das zu prüfende Entgelt nicht in den Anwendungsbereich von Art. 12 oder 13 der Genehmigungsrichtlinie fällt, jedoch gleichwohl entschieden, dass diese Bestimmungen der Erhebung einer solchen Abgabe bzw. eines solchen Entgelts nicht entgegenstehen(17). In diesen Urteilen hat der Gerichtshof nicht den Zweck oder den Rahmen der Genehmigungsrichtlinie berücksichtigt, auf die er sich in den Urteilen Albacom sowie Vodafone España und France Telecom España gestützt hatte, um zu entscheiden, dass diese Richtlinie es den Mitgliedstaaten verwehrt, in Bezug auf die Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze und ‑dienste Abgaben oder Entgelte zu erheben, die nicht unter Art. 12 oder 13 dieser Richtlinie fallen. Aus diesen Urteilen geht hervor, dass, wie Generalanwalt Wahl festgestellt hat, „Art. 13 der Genehmigungsrichtlinie keine abschließende Darstellung sämtlicher Abgaben und Entgelte [enthält], mit denen die Betreiber elektronischer Kommunikationsdienste und ‑netze belegt werden dürfen“(18).

39.      Zwar ließe sich argumentieren, dass die Urteile Albacom sowie Vodafone España und France Telecom España mit den in Fn. 17 angeführten Urteilen in Einklang gebracht werden könnten, wenn man davon ausginge, dass die Mitgliedstaaten nur „im Rahmen der Genehmigungsrichtlinie“(19) keine anderen als die in ihren Art. 12 und 13 vorgesehenen Abgaben oder Entgelte erheben dürfen. Folgte man diesem Ansatz, wäre die Genehmigungsrichtlinie dahin auszulegen, dass sie der Erhebung anderer als der in ihren Art. 12 und 13 vorgesehenen Abgaben oder Entgelten entgegensteht, wenn solche Abgaben oder Entgelte an die Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze oder dienste geknüpft sind(20), und umgekehrt, dass sie der Erhebung solcher Abgaben oder Entgelte nicht entgegensteht, wenn diese nicht an die Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze oder ‑dienste geknüpft sind(21).

40.      Meines Erachtens stünde der in der vorstehenden Nummer beschriebene Ansatz jedoch nicht mit der Feststellung des Gerichtshofs in den Urteilen vom 6. Oktober 2015, Base Company (C‑346/13, EU:C:2015:649) (im Folgenden: Urteil Base Company), und vom 17. Dezember 2015, Proximus (C‑517/13, EU:C:2015) (im Folgenden: Urteil Proximus), im Einklang, dass die Genehmigungsrichtlinie nicht ausschließt, dass die Eigentümer von Sendetürmen und ‑masten für den Mobilfunk mit einer Abgabe belegt werden(22) bzw. eine Abgabe bei natürlichen oder juristischen Personen, die einen Mast und/oder eine Sende- und Empfangseinrichtung des Mobilfunknetzes betreiben, erhoben wird(23), obwohl keine dieser Abgaben in den Anwendungsbereich von Art. 13 der Genehmigungsrichtlinie fiel. Angesichts der Tatsache, dass die Masten und/oder Sende- und Empfangseinrichtungen des Mobilfunknetzes die Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze und ‑dienste ermöglichen, können die in diesen beiden Urteilen geprüften Abgaben meines Erachtens nur als mit der Bereitstellung solcher Netze und Dienste verbunden und daher als „im Rahmen der Genehmigungsrichtlinie“ auferlegt angesehen werden. Würde dem in der vorstehenden Nummer beschriebenen Ansatz gefolgt, wären diese Abgaben durch diese Richtlinie folglich ausgeschlossen. Der Gerichtshof entschied jedoch, dass dies nicht der Fall war.

41.      Daraus folgt meines Erachtens, dass die Feststellung des Gerichtshofs in den oben in Fn. 17 angeführten Urteilen, wonach die Genehmigungsrichtlinie der Erhebung anderer Abgaben oder Entgelte als den in ihren Art. 12 und 13 vorgesehenen nicht entgegensteht, als Umkehrung der früheren Rechtsprechung und insbesondere des Urteils Vodafone España und France Telecom España zu betrachten ist(24). Ich stelle in diesem Zusammenhang fest, dass der Gerichtshof in seinem Beschluss vom 30. Januar 2014 in der Rechtssache France Telecom España (C‑25/13, nicht veröffentlicht, EU:C:2014:58) (im Folgenden: Beschluss in der Rechtssache France Telecom España), der eine Abgabe „gleicher Art“ wie die im Urteil in den Rechtssachen Vodafone España und France Telecom España(25) geprüfte betraf, einen etwas anderen Ansatz gewählt hat als den in diesem Urteil verfolgten. Sowohl in diesem Urteil als auch in diesem Beschluss hat der Gerichtshof festgestellt, dass Art. 13 der Genehmigungsrichtlinie der Erhebung dieser Abgabe entgegensteht. Allerdings wurde in diesem Urteil davon ausgegangen, dass die Abgabe nicht in den Anwendungsbereich von Art. 13 dieser Richtlinie fällt, während die Abgabe in diesem Beschluss als in den Anwendungsbereich dieser Bestimmung fallend angesehen wurde(26). Ferner ist anzumerken, dass die Feststellung im Urteil Base  Company und im Urteil Proximus, dass „diese Bestimmung nicht alle Entgelte erfasst, die für Infrastrukturen erhoben werden, die die Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze und ‑dienste ermöglichen“(27), den Gerichtshof bewogen hat, zu entscheiden, dass die Mitgliedstaaten nicht daran gehindert sind, Entgelte auf Infrastrukturen zu erheben, die die Bereitstellung solcher Netze und Dienste ermöglichen, selbst wenn solche Entgelte nicht in den Anwendungsbereich von Art. 13 der Genehmigungsrichtlinie fallen(28).

42.      Folglich schließt die Genehmigungsrichtlinie meines Erachtens nicht aus, dass für die Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze und ‑dienste andere als die in ihren Art. 12 und 13 vorgesehenen Abgaben oder Entgelte erhoben werden, vorausgesetzt allerdings, dass solche Abgaben oder Entgelte die Wirksamkeit dieser Richtlinie nicht beeinträchtigen, d. h., dass sie keine Hindernisse für die freie Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze und ‑dienste oder die Förderung des Wettbewerbs auf dem Gebiet der Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze und ‑dienste schaffen(29).

43.      Ich werde nun prüfen, ob eine Abgabe wie die in der Abgabensatzung Nr. 22/2014 vorgesehene in den Anwendungsbereich von Art. 12 oder Art. 13 der Genehmigungsrichtlinie fällt.

b)      Fällt eine Abgabe wie die in der Abgabensatzung Nr. 22/2014 vorgesehene in den Anwendungsbereich von Art. 12 oder Art. 13 der Genehmigungsrichtlinie?

44.      Erstens besteht kein Zweifel, dass eine solche Abgabe nicht in den Anwendungsbereich von Art. 12 der Genehmigungsrichtlinie fällt.

45.      Nach der Rechtsprechung dürfen die Verwaltungsabgaben, die die Mitgliedstaaten gemäß Art. 12 der Genehmigungsrichtlinie von Unternehmen, die aufgrund einer Allgemeingenehmigung elektronische Kommunikationsnetze oder ‑dienste bereitstellen oder denen ein Nutzungsrecht gewährt wurde, erheben können, um die Tätigkeiten der nationalen Regulierungsbehörde zu finanzieren, insgesamt lediglich der Deckung der administrativen Kosten für die in Art. 12 Abs. 1 Buchst. a dieser Richtlinie genannten Tätigkeiten dienen(30). Aus den Akten ergeben sich jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass die in der Abgabensatzung Nr. 22/2014 vorgesehene Abgabe dazu bestimmt ist, insgesamt der Deckung der administrativen Kosten für eine oder mehrere dieser Tätigkeiten zu dienen. Es wird auch nicht behauptet, dass dies der Fall sei, da sich auf eine entsprechende Frage des Gerichtshofs hin alle Parteien darüber einig waren, dass diese Abgabe nicht in den Anwendungsbereich von Art. 12 der Genehmigungsrichtlinie fällt.

46.      Zweitens bin ich der Auffassung, dass eine Abgabe wie die in der Abgabensatzung Nr. 22/2014 vorgesehene auch nicht in den Anwendungsbereich von Art. 13 der Genehmigungsrichtlinie fällt.

47.      Wie oben in Nr. 41 dargelegt, erfasst Art. 13 der Genehmigungsrichtlinie nicht alle Entgelte, die für Infrastrukturen erhoben werden, die die Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze und ‑dienste ermöglichen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs fällt eine Abgabe, deren Entstehungstatbestand an die Gewährung von Rechten für die Installation von Einrichtungen auf, über oder unter öffentlichem oder privatem Grundbesitz geknüpft ist, in den Anwendungsbereich von Art. 13 der Genehmigungsrichtlinie(31).

48.      Im Beschluss in der Rechtssache France Telecom España ist zwar festgestellt worden, dass eine Abgabe, deren Entstehungstatbestand nicht an die Gewährung von Rechten zur Installation von Einrichtungen auf, über oder unter öffentlichem Grund anknüpft, sondern an die Gewährung von Rechten zur Nutzung solcher Einrichtungen, in den Anwendungsbereich von Art. 13 der Genehmigungsrichtlinie fällt. Dieses Kriterium – das der Gerichtshof meines Wissens in anderen Urteilen oder Beschlüssen nicht angewandt hat – steht jedoch nicht im Einklang mit dem Wortlaut von Art. 13 der Genehmigungsrichtlinie, der sich ausdrücklich auf Entgelte bezieht, die für die Rechte auf „Installation“ von Einrichtungen auf, über oder unter öffentlichem oder privatem Grundbesitz erhoben werden.

49.      Was die Bedeutung der in Art. 13 der Genehmigungsrichtlinie verwendeten Begriffe „Einrichtungen“ und „installieren“ betrifft, so verweisen sie jeweils auf physische Infrastrukturen, die die Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze und ‑dienste ermöglichen, bzw. auf deren physische Schaffung auf dem betreffenden öffentlichen oder privaten Grundbesitz(32).

50.      Im vorliegenden Fall sieht Art. 2 Abs. 1 der Abgabensatzung Nr. 22/2014 vor, dass „der Abgabentatbestand in der ausschließlichen Nutzung oder Sondernutzung des in öffentlichem Eigentum stehenden kommunalen Straßenuntergrunds und Straßenraums durch Leitungen, Rohre und Schächte zur Aufnahme von Leitungen für … Festnetztelefonie, Mobilfunk und andere elektronische Kommunikationsdienste … [besteht]“(33). Zudem sind nach Art. 4 Abs. 3 dieser Abgabensatzung im Hinblick auf andere elektronische Kommunikationsdienste als Mobilfunkdienste sowohl die Eigentümer der Infrastrukturen, die die Bereitstellung solcher Dienste ermöglichen, als auch die Inhaber von Rechten auf Nutzung oder Zugang zu diesen Infrastrukturen Abgabenpflichtige.

51.      Folglich ist der Entstehungstatbestand für die in der Abgabensatzung Nr. 22/2014 vorgesehene Abgabe an die Gewährung von Rechten auf Nutzung von Einrichtungen auf, unter oder über kommunalem öffentlichem Grundbesitz geknüpft – und somit des kommunalen öffentlichen Grundbesitzes – und nicht an die Gewährung von Rechten auf Installation solcher Einrichtungen.

52.      Daher ähnelt diese Abgabe nicht der Gebühr im Urteil vom 30. Januar 2018, X und Visser (C‑360/15 und C‑31/16, EU:C:2018:44, Rn. 69 und 70), die den Anbietern elektronischer Kommunikationsnetze als Gegenleistung für das Recht zur Verlegung von Kabeln in und auf öffentlichen Grundstücken für ein öffentliches elektronisches Kommunikationsnetz auferlegt wurde und die, wie festgestellt worden ist, in den Anwendungsbereich von Art. 13 der Genehmigungsrichtlinie fällt.

53.      Daraus folgt, dass die in der Abgabensatzung Nr. 22/2014 vorgesehene Abgabe nicht in den Anwendungsbereich von Art. 13 der Genehmigungsrichtlinie fällt.

54.      Wie oben in Nr. 42 ausgeführt, schließt die Genehmigungsrichtlinie nicht aus, dass für die Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze und ‑dienste andere als die in ihren Art. 12 und 13 vorgesehenen Abgaben oder Entgelte erhoben werden, vorausgesetzt jedoch, dass solche Abgaben oder Entgelte die Wirksamkeit dieser Richtlinie nicht beeinträchtigen. Nach meiner Auffassung gibt es im vorliegenden Fall – wie unten in den Nrn. 76 bis 79 dargelegt werden wird und vorbehaltlich der Überprüfung durch das vorlegende Gericht – keinen Grund, anzunehmen, dass die in der Abgabensatzung Nr. 22/2014 vorgesehene Abgabe ein Hindernis für die Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze und ‑dienste oder für die Förderung des Wettbewerbs bei der Bereitstellung solcher Netze und Dienste schafft.

55.      Daraus folgt, dass die Art. 12 und 13 der Genehmigungsrichtlinie der Erhebung einer Abgabe wie der in der Abgabensatzung Nr. 22/2014 vorgesehenen nicht entgegenstehen.

56.      Daher ist meines Erachtens nicht zu prüfen, ob die Methode zur Berechnung einer Abgabe ausschließlich anhand der von einem Unternehmen mit der Erbringung von Festnetztelefonie- und Internetzugangsdiensten erzielten jährlichen Bruttoumsätze mit Art. 13 der Genehmigungsrichtlinie vereinbar ist. Für den Fall jedoch, dass der Gerichtshof der Ansicht ist, dass eine Abgabe wie die in der Abgabensatzung Nr. 22/2014 vorgesehene in den Anwendungsbereich dieser Bestimmung fällt, werde ich diese Frage im Folgenden untersuchen.

2.      Anwendbarkeit von Art. 13 der Genehmigungsrichtlinie

57.      Die in der Abgabensatzung Nr. 22/2014 vorgesehene Abgabe wird gemäß ihren Art. 5 und 6 durch Anwendung eines Satzes von 1,5 % auf die jährlichen Bruttoumsätze berechnet, die ein Unternehmen (in diesem Fall) mit der Bereitstellung von Festnetztelefonie- und Internetzugangsdiensten in der betreffenden Gemeinde erzielt. In dem im Ausgangsverfahren angefochtenen Urteil hat das Tribunal Superior de Justicia de Navarra (Oberster Gerichtshof von Navarra) entschieden, dass die Art. 12 und 13 der Genehmigungsrichtlinie einer solchen Methode zur Berechnung einer Abgabe entgegenstünden, weil sie weder objektiv sei, da ihr die Bruttoumsätze eines Unternehmens zugrunde gelegt würden, noch verhältnismäßig, da zur Berechnung Parameter verwendet würden, die einen höheren als den für die Sicherstellung der optimalen Nutzung knapper Ressourcen erforderlichen Betrag ergäben(34). Das vorlegende Gericht möchte daher im Wesentlichen wissen, ob diese Auslegung der Art. 12 und 13 der Genehmigungsrichtlinie richtig ist.

58.      Nach Ansicht des Ayuntamiento de Pamplona schließt Art. 13 der Genehmigungsrichtlinie es nicht aus, die Abgabe ausschließlich anhand der Bruttoumsätze eines Unternehmens zu berechnen. Hierfür führt es insbesondere folgende Gründe an: i) Der Gerichtshof habe im Urteil Vodafone España und France Telecom España nicht über die Vereinbarkeit der Methode zur Berechnung des Entgelts mit Art. 13 der Genehmigungsrichtlinie entschieden; ii) diese Bestimmung enthalte keine Aussage dazu, wie das Entgelt zu berechnen sei; iii) die Berechnung des Entgelts anhand der Bruttoumsätze eines Unternehmens sei eine objektive und nicht diskriminierende Methode, durch die vermieden werde, den Wert der Nutzung öffentlichen Grundbesitzes schätzen zu müssen, und iv) ein Teil dieser Umsätze entspreche dem Marktwert der Nutzung öffentlichen Grundbesitzes. Die spanische Regierung schließt sich der Auffassung des Ayuntamiento de Pamplona an.

59.      Orange España macht geltend, dass Art. 13 der Genehmigungsrichtlinie einer Methode, nach der das Entgelt ausschließlich anhand der Bruttoumsätze eines Unternehmens berechnet werde, entgegenstehe. Orange España stützt sich insbesondere auf die Schlussanträge der Generalanwältin Sharpston in den verbundenen Rechtssachen Vodafone España und France Telecom España (C‑55/11, C‑57/11 und C‑58/11, EU:C:2012:162, Nr. 77), wonach das Entgelt auf der Grundlage von Kriterien festgesetzt werden müsse, die eine optimale Nutzung von Wegerechten sicherstellen sollten, wie etwa Intensität, Dauer und Wert der Nutzung des fraglichen Eigentums durch das Unternehmen, sowie auf die Urteile vom 10. März 2011, Telefónica Móviles España (C‑85/10, EU:C:2011:141, Rn. 28), und vom 21. März 2013, Belgacom u. a. (C‑375/11, EU:C:2013:185, Rn. 51), wonach das Entgelt in angemessener Höhe festgesetzt werden müsse, um u. a. den Wert der knappen Ressourcen, die den Betreibern zugänglich seien, widerzuspiegeln. Die Kommission unterstützt den Standpunkt von Orange España.

60.      Aus den im Folgenden dargelegten Gründen bin ich der Ansicht, dass Art. 13 der Genehmigungsrichtlinie(35) einer Berechnungsmethode entgegensteht, nach der das Entgelt ausschließlich anhand der Bruttoumsätze berechnet wird, die ein Unternehmen mit der Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze oder ‑dienste in einem bestimmten Gebiet erzielt.

61.      Erstens trifft es zwar zu, dass Art. 13 der Genehmigungsrichtlinie keinen bestimmten Modus zur Bestimmung der Höhe eines Entgelts für das Recht, Einrichtungen auf, über oder unter öffentlichem oder privatem Grundbesitz zu installieren, festlegt(36).

62.      Gemäß Art. 13 der Genehmigungsrichtlinie müssen die Mitgliedstaaten jedoch zum einen dafür sorgen, dass Entgelte für Rechte für die Installation von Einrichtungen auf, über oder unter öffentlichem oder privatem Grundbesitz dazu dienen, die optimale Nutzung dieses Grundbesitzes sicherzustellen, und zum anderen dafür, dass „die Entgelte objektiv gerechtfertigt, transparent, nichtdiskriminierend und ihrem Zweck angemessen sind, und … den in Artikel 8 der [Rahmenrichtlinie] genannten Zielen Rechnung [tragen]“. Es handelt sich dabei um Voraussetzungen, die kumulativ erfüllt sein müssen(37).

63.      Daher unterliegt das den Mitgliedstaaten eingeräumte Ermessen zur Festsetzung der Methode zur Berechnung der Höhe eines Entgelts für das Recht, Einrichtungen auf, über oder unter öffentlichem oder privatem Grundbesitz zu installieren, den im vorstehenden Punkt aufgeführten Bedingungen, die im Folgenden zu untersuchen sind.

64.      Zweitens kann eine Verwaltungsabgabe, die in den Anwendungsbereich von Art. 12 der Genehmigungsrichtlinie fällt, zwar anhand des Gesamtumsatzes oder der Bruttoumsätze eines Unternehmens berechnet werden. Daraus folgt aber nicht, dass dies auch für eine Abgabe gilt, die in den Anwendungsbereich von Art. 13 dieser Richtlinie fällt.

65.      Denn während im 31. Erwägungsgrund der Genehmigungsrichtlinie ausdrücklich festgestellt wird, dass „ein am Umsatz orientierter Verteilungsschlüssel“ eine „faire, einfache und transparente“ Methode zur Berechnung einer Verwaltungsabgabe ist(38), gibt es in Bezug auf Entgelte im Sinne von Art. 13 dieser Richtlinie keine entsprechende Aussage.

66.      Drittens ist es meines Erachtens zweifelhaft, dass eine Methode, nach der das Entgelt ausschließlich anhand der Bruttoeinnahmen, die ein Unternehmen mit der Bereitstellung elektronischer Kommunikationsdienste erzielt, berechnet wird, die optimale Nutzung der Einrichtungen, die die Bereitstellung dieser Dienste ermöglichen – und damit des öffentlichen Grundbesitzes, auf, über oder unter dem sie errichtet sind –, sicherstellt.

67.      Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs setzt das Ziel, sicherzustellen, dass die Betreiber die ihnen zugänglichen knappen Ressourcen optimal nutzen, voraus, dass das betreffende Entgelt in angemessener Höhe festgesetzt wird, also u. a. den Wert der Nutzung dieser Ressourcen widerspiegelt, was eine Berücksichtigung der wirtschaftlichen und technologischen Situation auf dem relevanten Markt erfordert(39). Wie Generalanwältin Sharpston ausführt, muss die Höhe des Entgelts „an die Intensität der Nutzung der ‚knappen‘ Ressource und den aktuellen und zukünftigen Wert dieser Nutzung anknüpf[en]“(40).

68.      Meines Erachtens knüpft ein Entgelt, das sich nach den Bruttoumsätzen eines Unternehmens richtet, die es mit der Bereitstellung elektronischer Kommunikationsdienste erzielt, nur mittelbar an den Wert der Nutzung des öffentlichen Grundbesitzes – auf, über oder unter dem die Infrastrukturen errichtet sind, welche die Bereitstellung solcher Dienste ermöglichen – an, und daher ist es zweifelhaft, dass ein auf diese Weise berechnetes Entgelt die optimale Nutzung dieses öffentlichen Grundbesitzes sicherstellen kann. Wie Generalanwältin Sharpston ausgeführt hat, „[dürften] Entgelte, die sich nach den Bruttoeinkünften eines Unternehmens richten, … wohl in erster Linie der Erzielung von Haushaltseinnahmen dienen“(41) und stehen daher im Widerspruch zu Art. 13 der Genehmigungsrichtlinie.

69.      Hierzu macht die spanische Regierung geltend, es sei schwierig, den Wert der Nutzung von öffentlichem Grundbesitz zu bestimmen, da es per definitionem keinen Markt für diesen Grundbesitz oder dessen Nutzung gebe. Eine Methode, nach der ein Entgelt anhand der Bruttoumsätze berechnet werde, die ein Unternehmen mit der Erbringung elektronischer Kommunikationsdienste erziele, ermögliche es, den Wert der Nutzung des öffentlichen Grundbesitzes zu schätzen, da dieser Umsatz durch die Nutzung dieses Grundbesitzes generiert werde. Auch das Ayuntamiento de Pamplona macht geltend, dass ein Teil der Bruttoumsätze, die ein Unternehmen mit der Bereitstellung elektronischer Kommunikationsdienste erziele, dem Wert der Nutzung des öffentlichen Grundbesitzes entspreche, auf, über oder unter dem die Einrichtungen errichtet seien, die die Bereitstellung dieser Dienste ermöglichten.

70.      Meiner Ansicht nach kann dieses Argument keinen Erfolg haben, da die Bruttoumsätze aus der Erbringung solcher Dienste und der Wert der Nutzung des öffentlichen Grundbesitzes nur mittelbar miteinander verknüpft sind. Die Höhe der Bruttoumsätze eines Unternehmens hängt nämlich nicht nur von der Intensität der Nutzung der auf öffentlichem Grundbesitz installierten Einrichtungen ab, sondern auch von einer Reihe anderer Faktoren, wie etwa der Preisgestaltung des Unternehmens. Darüber hinaus können die Bruttoumsätze eines Unternehmens nur ein Anhaltspunkt für den Wert der Nutzung des öffentlichen Grundbesitzes durch dieses Unternehmen sein. Wie die Kommission argumentiert, sind sie kein Anhaltspunkt für den Wert einer effizienten oder „optimalen“ Nutzung dieses öffentlichen Grundbesitzes, wie von Art. 13 der Genehmigungsrichtlinie verlangt.

71.      Viertens läge eine gegen Art. 13 der Genehmigungsrichtlinie verstoßende diskriminierende Behandlung vor, wenn die Abgabe für die Nutzung der auf, über oder unter öffentlichem Grundbesitz installierten Einrichtungen für Betreiber festnetzgebundener Telefoniedienste nach einer anderen Methode berechnet würde als für Mobilfunkbetreiber oder für Eigentümer anders als für Nutzer dieser Einrichtungen, ohne dass sich diese Unternehmen in einer unterschiedlichen Situation befinden.

72.      In dieser Hinsicht ist anzumerken, dass nach Art. 5 Abs. 1 der Abgabensatzung Nr. 22/2014 die in dieser Satzung vorgesehene Abgabe in Bezug auf Betreiber festnetzgebundener Telefoniedienste anhand der Bruttoumsätze des Unternehmens berechnet wird, nicht aber in Bezug auf Mobilfunkbetreiber(42).

73.      Dies stellt nach Ansicht des Ayuntamiento de Pamplona keine diskriminierende Behandlung dar. Während bei der Bereitstellung von Festnetztelefonie- und Internetzugangsdiensten die Kabel unter öffentlichem Grundbesitz installiert werden müssten, erfordere die Erbringung von Mobilfunkdiensten (in den meisten Fällen) keine Erdkabel, so dass die Anbieter der erstgenannten Dienste hinsichtlich der Abgabe, die für die Nutzung von unter öffentlichem Grundbesitz installierten Kabeln erhoben werde, anders behandelt werden dürften als die Anbieter der letztgenannten Dienste.

74.      Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob sich Anbieter von Festnetztelefonie- und Internetzugangsdiensten aufgrund der Tatsache, dass sie die unter öffentlichem Grundbesitz installierten Einrichtungen intensiver nutzen als die Anbieter von Mobilfunkdiensten, in einer anderen Situation befinden. Sollte dies der Fall sein, kann dies eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen, beispielsweise eine andere Art der Berechnung der Abgabe für die Nutzung dieser Einrichtungen. Sollte dies jedoch nicht der Fall sein, wäre eine solche unterschiedliche Behandlung nicht gerechtfertigt, insbesondere im Hinblick auf die im zweiten Erwägungsgrund der Genehmigungsrichtlinie festgelegte Verpflichtung, die Diskriminierung des Einsatzes einer bestimmten Technologie zu vermeiden(43).

75.      Jedenfalls weise ich darauf hin, dass für den Fall, dass das vorlegende Gericht feststellen sollte, dass die in der Abgabensatzung Nr. 22/2014 vorgesehene Abgabe nicht diskriminierend ist, die in Art. 13 der Genehmigungsrichtlinie genannten Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein müssen(44). Für die Unvereinbarkeit dieser Abgabe mit der letztgenannten Bestimmung genügt es daher, dass sie, wie oben in den Nrn. 66 bis 70 dargelegt, nicht darauf abzielt, die optimale Nutzung der auf öffentlichem Grundbesitz installierten Einrichtungen sicherzustellen, ohne dass festgestellt werden müsste, dass diese Abgabe zudem diskriminierend ist.

76.      Fünftens wäre die Abgabe für die Nutzung von Einrichtungen, die auf, über oder unter öffentlichem Grundbesitz installiert sind, mit Art. 13 der Genehmigungsrichtlinie unvereinbar, wenn sie den Zielen von Art. 8 der Rahmenrichtlinie, insbesondere der Förderung des Wettbewerbs bei der Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze und ‑dienste sowie der Entwicklung des Binnenmarkts für diese Netze und Dienste, nicht Rechnung trüge.

77.      Nach der Rechtsprechung impliziert die Vorgabe, dass diesen Zielen Rechnung getragen wird, dass die Abgabe nicht so hoch sein darf, dass sie neue Betreiber am Markteintritt hindert oder die Innovationsfähigkeit der Betreiber von Telekommunikationsdiensten mindert. Ferner impliziert sie, dass der Wettbewerb nicht verfälscht werden darf, was nur gewährleistet werden kann, wenn die Chancengleichheit der einzelnen Wirtschaftsteilnehmer sichergestellt ist(45).

78.      Vorliegend bestimmt Art. 5 Abs. 3 der Abgabensatzung Nr. 22/2014, dass, wenn ein Betreiber ein Netz nutzt, das einem anderen Unternehmen gehört, die Abgabenbemessungsgrundlage für die von diesem Betreiber zu zahlende Abgabe aus den erzielten Bruttoumsätzen besteht, abzüglich der Beträge, die an den Eigentümer des Netzes für die Nutzung dieses Netzes zu zahlen sind (die letztgenannten Beträge sind in den Bruttoumsätzen des Eigentümers des Netzes enthalten).

79.      Daher kann vorbehaltlich einer Überprüfung durch das vorlegende Gericht nicht argumentiert werden, dass die Chancengleichheit zwischen einerseits Betreibern, die Inhaber von für die Bereitstellung von elektronischen Kommunikationsnetzen und ‑diensten genutzten Einrichtungen sind, und andererseits Betreibern, die solche Einrichtungen nutzen, nicht sichergestellt ist. Denn Letztere können die für die Nutzung der Einrichtungen gezahlten Beträge von der Bemessungsgrundlage für die in der Abgabensatzung Nr. 22/2014 vorgesehene Abgabe abziehen und werden daher finanziell nicht doppelt belastet(46).

80.      Sollte das vorlegende Gericht zu dem Ergebnis kommen, dass die Chancengleichheit tatsächlich sichergestellt ist, kann daraus jedoch nicht gefolgert werden, dass eine Abgabe wie die in der Abgabensatzung Nr. 22/2014 vorgesehene mit Art. 13 der Genehmigungsrichtlinie vereinbar ist, da, wie oben in Nr. 62 ausgeführt, die in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen kumulativ vorliegen müssen.

81.      Sollte der Gerichtshof der Ansicht sein, dass eine Abgabe wie die in der Abgabensatzung Nr. 22/2014 vorgesehene, deren Entstehungstatbestand nicht an die Installation, sondern an die Nutzung der auf, über oder unter öffentlichem Grundbesitz installierten Einrichtungen anknüpft, in den Anwendungsbereich von Art. 13 der Genehmigungsrichtlinie fällt, komme ich zu dem Ergebnis, dass diese Bestimmung dahin auszulegen ist, dass sie einer Methode entgegensteht, nach der diese Abgabe ausschließlich anhand des Bruttoumsatzes berechnet wird, den ein Unternehmen mit der Erbringung von Festnetztelefonie- und Internetzugangsdiensten in der betreffenden Gemeinde erzielt.

IV.    Ergebnis

82.      Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, die vom Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof, Spanien) vorgelegten Fragen wie folgt zu beantworten:

1.      Festnetztelefonie- und Internetzugangsdienste sind als elektronische Kommunikationsdienste im Sinne von Art. 2 Buchst. c der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und ‑dienste (Rahmenrichtlinie) anzusehen und als solche als elektronische Kommunikationsdienste im Sinne der Richtlinie 2002/20/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über die Genehmigung elektronischer Kommunikationsnetze und ‑dienste (Genehmigungsrichtlinie), einschließlich ihrer Art. 12 und 13.

2.      Die Art. 12 und 13 der Richtlinie 2002/20 sind dahin auszulegen, dass sie der Erhebung einer Abgabe wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nicht entgegenstehen, deren Entstehungstatbestand an die ausschließliche Nutzung oder Sondernutzung des in öffentlichem Eigentum stehenden Straßenuntergrunds und Straßenraums für Infrastrukturen, die die Erbringung von Festnetztelefonie- und Internetzugangsdiensten ermöglichen, anknüpft.
















































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