C-453/19 – Deutsche Lufthansa/ Kommission

C-453/19 – Deutsche Lufthansa/ Kommission

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Language of document : ECLI:EU:C:2020:862

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

MACIEJ SZPUNAR

vom 27. Oktober 2020(1)

Rechtssache C453/19 P

Deutsche Lufthansa AG

gegen

Europäische Kommission

„Rechtsmittel – Staatliche Beihilfen – Einzelbeihilfen – Beschluss, mit dem die Maßnahmen zugunsten des Flughafens Frankfurt-Hahn als mit dem Binnenmarkt vereinbare staatliche Beihilfen eingestuft werden und festgestellt wird, dass keine staatliche Beihilfe zugunsten der Luftverkehrsgesellschaften, die diesen Flughafen nutzen, vorliegt – Unzulässigkeit einer Nichtigkeitsklage – Unmittelbare Betroffenheit – Wirksamer gerichtlicher Rechtsschutz“

I.      Einleitung

1.        Die Zulässigkeit von Nichtigkeitsklagen eines Wettbewerbers des Begünstigten einer staatlichen Beihilfe gegen einen diese Beihilfe betreffenden Beschluss der Europäischen Kommission ist Gegenstand einer umfangreichen Rechtsprechung. Dies zeigt auch, soweit es dessen noch bedarf, das vorliegende Rechtsmittel.

2.        Die Rechtsmittelführerin, die Deutsche Lufthansa AG, beantragt beim Gerichtshof, das Urteil des Gerichts der Europäischen Union vom 12. April 2019, Deutsche Lufthansa/Kommission (T‑492/15, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2019:252), aufzuheben, mit dem das Gericht ihre Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses (EU) 2016/789 der Kommission vom 1. Oktober 2014 über die staatliche Beihilfe SA.21121 (C 29/08) (ex NN 54/07) Deutschlands über die Finanzierung des Flughafens Frankfurt-Hahn und die finanziellen Beziehungen zwischen dem Flughafen und Ryanair (ABl. 2016, L 134, S. 46) (im Folgenden: streitiger Beschluss) als unzulässig abgewiesen hat.

3.        Dem Wunsch des Gerichtshofs entsprechend werden sich die vorliegenden Schlussanträge auf die Untersuchung des vierten, des fünften und des sechsten Teils des ersten Rechtsmittelgrundes beschränken, die sich auf die Beurteilung der individuellen Betroffenheit der Rechtsmittelführerin im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV beziehen.

II.    Vorgeschichte des Rechtsstreits und streitiger Beschluss

4.        Die Vorgeschichte des Rechtsstreits ist im angefochtenen Urteil eingehend dargestellt worden, auf das insoweit verwiesen wird(2). Die wesentlichen und für das Verständnis der vorliegenden Schlussanträge erforderlichen Elemente lassen sich wie folgt zusammenfassen.

5.        Die Rechtsmittelführerin ist eine Fluggesellschaft mit Sitz in Deutschland, deren Haupttätigkeit in der Beförderung von Fluggästen besteht.

6.        Der Flughafen Frankfurt-Hahn (Deutschland) liegt im Land Rheinland-Pfalz (im Folgenden: Land), ungefähr 115 km vom Flughafen Frankfurt am Main (Deutschland) entfernt. Seit dem 1. April 1995 steht er im Eigentum der Holding Unternehmen Hahn GmbH & Co. KG, einer öffentlich-privaten Partnerschaft, an der das Land beteiligt war, und wird von der Flughafen Hahn GmbH & Co. KG Lautzenhausen (im Folgenden: Flughafen Hahn) betrieben. Flughafen Hahn steht seit dem 1. Januar 1998 mehrheitlich im Eigentum der Flughafen Frankfurt/Main GmbH (im Folgenden: Fraport), die den Flughafen Frankfurt am Main betreibt und verwaltet.

7.        Im Lauf des Jahres 1999 schloss Flughafen-Hahn mit der Ryanair Ltd (jetzt Ryanair DAC, im Folgenden: Ryanair) einen Vertrag mit einer Laufzeit von fünf Jahren über die von Ryanair zu entrichtenden Flughafenentgelte. Dieser Vertrag trat am 1. April 1999 in Kraft (im Folgenden: Vertrag mit Ryanair von 1999).

8.        In demselben Jahr schlossen das Land und Fraport einen Gewinnabführungs- und Verlustübernahmevertrag, mit dem sich Fraport verpflichtete, die Verluste von Flughafen Hahn gegen einen Alleinanspruch auf die von dieser erwirtschafteten Gewinne zu übernehmen. Der Gewinnabführungs- und Verlustübernahmevertrag trat am 1. Januar 2001 in Kraft.

9.        Anschließend fusionierten Holding Unternehmen Hahn und Flughafen Hahn zur Flughafen Hahn GmbH, die später in Flughafen Frankfurt-Hahn GmbH (im Folgenden: FFHG) umbenannt wurde. An dieser waren das Land zu 26,93 % und Fraport zu 73,07 % beteiligt.

10.      Am 11. Juni 2001 ging Fraport an die Börse, woraufhin 29,71 % ihrer Anteile an private Anteilseigner verkauft wurden, während die übrigen Anteile bei öffentlichen Anteilseignern verblieben.

11.      Zwischen Dezember 2001 und Januar 2002 beschlossen Fraport und das Land eine Erhöhung des Kapitals von FFHG (im Folgenden: Kapitalerhöhung von 2001) mit einem Volumen von 27 Mio. Euro, zu der Fraport und das Land einen Beitrag in Höhe von 19,7 bzw. 7,3 Mio. Euro leisteten. Mit dieser Kapitalerhöhung sollte der dringendste Teil eines Programms zur Verbesserung der Flughafeninfrastruktur finanziert werden.

12.      Am 14. Februar 2002 trat an die Stelle des Vertrags mit Ryanair von 1999 ein neuer Vertrag (im Folgenden: Vertrag mit Ryanair von 2002).

13.      In demselben Jahr vereinbarten Fraport, das Land, FFHG und das Land Hessen (Deutschland), dass das Land Hessen im Fall einer weiteren Kapitalerhöhung der dritte Gesellschafter von FFHG werden sollte.

14.      Im Verlauf des Jahres 2005 wurde eine entsprechende Anteilseignervereinbarung zwischen Fraport, dem Land und dem Land Hessen über eine Erhöhung des Kapitals von FFHG um 19,5 Mio. Euro unterzeichnet. Zwischen 2004 und 2009 leisteten Fraport, das Land und das Land Hessen 10,21 Mio. Euro, 540 000 Euro bzw. 8,75 Mio. Euro an FFHG. Zusätzlich verpflichteten sich das Land und das Land Hessen zur Zuführung von jeweils weiteren 11,25 Mio. Euro als Kapitalrücklage.

15.      Nach dieser Kapitalerhöhung (im Folgenden: Kapitalerhöhung von 2004) hielt Fraport 65 % der Anteile von FFHG, während das Land und das Land Hessen jeweils 17,5 % hielten.

16.      Die Anteilseignervereinbarung sah ferner vor, dass jede weitere Neuverschuldung von FFHG durch Fraport, das Land und das Land Hessen im Verhältnis zu ihrer Kapitalbeteiligung an FFHG abzusichern und ein neuer Gewinnabführungs- und Verlustübernahmevertrag mit einer Laufzeit bis 2014 abzuschließen sei (im Folgenden: Gewinnabführungs- und Verlustübernahmevertrag von 2004). Dieser Vertrag wurde am 5. April 2004 geschlossen und trat am 2. Juni 2004 in Kraft.

17.      Von 1997 bis 2004 zahlte das Land direkte Zuschüsse an Flughafen Hahn und sodann an FFHG.

18.      Das Land richtete zudem zugunsten von FFHG einen Ausgleichsmechanismus für die Sicherheitskontrollen ein, für die das Land eine Flughafensicherheitsgebühr für alle vom Flughafen Frankfurt-Hahn abfliegenden Fluggäste erhebt. Die Durchführung der Sicherheitskontrollen übertrug das Land an den Flughafen und führte den gesamten Ertrag aus der Sicherheitsgebühr an diesen ab.

19.      Am 4. November 2005 wurde der Vertrag mit Ryanair von 2002 durch einen Zusatzvertrag ergänzt.

20.      Zwischen 2003 und 2006 gingen bei der Kommission mehrere Beschwerden über mutmaßliche staatliche Beihilfen ein, die Fraport, das Land und das Land Hessen Ryanair und FFHG gewährt hätten.

21.      Nach einem Schriftwechsel mit der Bundesrepublik Deutschland eröffnete die Kommission am 17. Juni 2008 hinsichtlich der staatlichen Beihilfen in Bezug auf die Finanzierung des Flughafens Frankfurt-Hahn und dessen Beziehungen zu Ryanair das förmliche Prüfverfahren nach Art. 88 Abs. 2 EG-Vertrag (jetzt Art. 108 Abs. 2 AEUV).

22.      Am 31. Dezember 2008 verkaufte Fraport dem Land die Gesamtheit ihrer Anteile an FFHG, wonach das Land eine Mehrheitsbeteiligung von 82,5 % an FFHG hielt, während die übrigen 17,5 % beim Land Hessen verblieben; der Gewinnabführungs- und Verlustübernahmevertrag von 2004 wurde aufgelöst.

23.      Am 13. Juli 2011 eröffnete die Kommission ein zweites förmliches Prüfverfahren in Bezug auf zwischen 2009 und 2011 getroffene Maßnahmen zur Finanzierung von FFHG. Damit liefen zwei Verfahren nebeneinander.

24.      Am 1. Oktober 2014 erließ die Kommission den streitigen Beschluss. Mit diesem befand sie, dass die staatlichen Beihilfen, die Deutschland in Form einer von Fraport und dem Land zwischen Dezember 2001 und Januar 2002 geleisteten Erhöhung des Kapitals von FFHG, in Form der Kapitalerhöhung von 2004 und in Form der von dem Land zwischen 1997 und 2004 an Flughafen Hahn und sodann an FFHG gezahlten direkten Zuschüsse gewährt habe, mit dem Binnenmarkt vereinbar seien. Des Weiteren stellten die Kapitalerhöhung von 2004 durch Fraport und der Gewinnabführungs- und Verlustübernahmevertrag von 2004 keine Beihilfen im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV dar. Schließlich stellten der Vertrag mit Ryanair von 1999, der Vertrag mit Ryanair von 2002 und die am 4. November 2005 vereinbarte Änderung des Vertrags mit Ryanair von 2002 keine staatlichen Beihilfen im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV dar.

III. Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

25.      Mit Klageschrift, die am 26. August 2015 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob die Rechtsmittelführerin eine Klage auf Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses, die sie auf sieben Klagegründe stützte, von denen der erste einen Verfahrensfehler, der zweite und der dritte fehlerhafte Tatsachenwürdigungen, der vierte offenkundige Widersprüche im streitigen Beschluss und der fünfte, sechste und siebte Verstöße gegen Art. 107 AEUV betrafen.

26.      Mit dem angefochtenen Urteil wies das Gericht die Klage als unzulässig ab, soweit sie gegen die Einzelbeihilfen zugunsten des Flughafens Frankfurt-Hahn und von Ryanair gerichtet war, auf die allein sich die vorliegenden Schlussanträge beziehen.

IV.    Anträge der Parteien und Verfahren vor dem Gerichtshof

27.      Mit Rechtsmittelschrift, die am 13. Juni 2019 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen ist, beantragt die Rechtsmittelführerin,

–        das angefochtene Urteil aufzuheben;

–        festzustellen, dass die Klage zulässig und begründet war;

–        dem im ersten Rechtszug gestellten Antrag stattzugeben und den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären;

–        hilfsweise, die Rechtssache zur Entscheidung an das Gericht zurückzuverweisen und

–        der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

28.      Die Kommission und das Land beantragen,

–        das Rechtsmittel zurückzuweisen und

–        der Rechtsmittelführerin die Kosten aufzuerlegen.

29.      Ryanair beantragt,

–        das Rechtsmittel zurückzuweisen;

–        hilfsweise, die Rechtssache an das Gericht zurückzuverweisen und

–        der Rechtsmittelführerin die Kosten aufzuerlegen.

30.      Eine mündliche Verhandlung hat nicht stattgefunden.

V.      Würdigung

31.      Mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund macht die Rechtsmittelführerin geltend, mit der Abweisung der Klage als unzulässig, soweit sie gegen den Teil des angefochtenen Beschlusses gerichtet gewesen sei, der die Einzelbeihilfen zugunsten von FFHG und von Ryanair betreffe, habe das Gericht Art. 263 Abs. 4 AEUV und Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) verletzt.

32.      Im Einzelnen beanstandet die Rechtsmittelführerin mit dem vierten, dem fünften und dem sechsten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes, die sie hilfsweise geltend macht, die Ausführungen des Gerichts und dessen Schlussfolgerung, dass sie ihre individuelle Betroffenheit im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV nicht rechtlich hinreichend nachgewiesen habe.

33.      Ich werde zunächst einige Ausführungen zu den Regeln machen, die für die Zulässigkeit von Nichtigkeitsklagen von Wettbewerbern gegen Beschlüsse zu staatlichen Beihilfen gelten, die die Kommission zum Abschluss des förmlichen Prüfverfahrens nach Art. 108 Abs. 2 AEUV erlässt. Im Licht dieser Ausführungen werde ich sodann das Vorbringen der Rechtsmittelführerin zum vierten, fünften und sechsten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes untersuchen.

A.      Die für die Zulässigkeit von Nichtigkeitsklagen von Wettbewerbern im Bereich der staatlichen Beihilfen geltenden Regeln

34.      Seit Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon erkennt Art. 263 Abs. 4 AEUV natürlichen oder juristischen Personen die Befugnis zur Erhebung einer Klage gegen eine nicht an sie gerichtete Handlung der Union in zwei Fällen zu: wenn diese Handlung sie unmittelbar und individuell betrifft und wenn es sich um einen Rechtsakt mit Verordnungscharakter, der keine Durchführungsmaßnahmen nach sich zieht, handelt, sofern er sie unmittelbar betrifft(3).

35.      Der Gerichtshof hat zwar kürzlich entschieden, dass ein Beschluss der Kommission zu einer Beihilferegelung in Bezug auf einen Wettbewerber des oder der durch diese Regelung Begünstigten als Rechtsakt mit Verordnungscharakter, der keine Durchführungsmaßnahmen nach sich zieht, angesehen werden konnte(4), und hat damit die Erhebung einer Nichtigkeitsklage gegen einen derartigen Beschluss erleichtert, doch lässt sich dies auf Beschlüsse der Kommission zu Einzelmaßnahmen nicht übertragen(5).

36.      Unter diesen Umständen können Dritte, schematisch gesagt, zwar vorbehaltlich des Nachweises ihrer unmittelbaren Betroffenheit Klage gegen einen Beschluss der Kommission zu einer allgemeinen Regelung erheben, sie müssen aber auch ihre individuelle Betroffenheit nachweisen, wenn der angefochtene Beschluss eine Einzelmaßnahme betrifft.

37.      Nach ständiger Rechtsprechung können andere Personen als die Adressaten eines Beschlusses nur dann individuell betroffen sein, wenn dieser Beschluss sie wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände berührt und sie dadurch in ähnlicher Weise individualisiert wie den Adressaten eines solchen Beschlusses(6).

38.      Ficht ein Kläger im Bereich der staatlichen Beihilfen einen Beschluss der Kommission, nicht das förmliche Prüfverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV zu eröffnen, zur Wahrung der ihm nach dieser Bestimmung zustehenden Verfahrensrechte an, so genügt allein seine Stellung als Beteiligter im Sinne von Art. 108 Abs. 2 AEUV und Art. 1 Buchst. h der Verordnung (EG) Nr. 659/1999(7), um ihn in ähnlicher Weise zu individualisieren wie den Adressaten des angefochtenen Beschlusses(8).

39.      Dagegen ist das nicht der Fall, wenn mit der Klage die Begründetheit eines Beschlusses der Kommission zu staatlichen Beihilfen in Frage gestellt wird: Die bloße Stellung als Beteiligter – und somit als Wettbewerber – genügt nicht zum Nachweis der individuellen Betroffenheit. Der Kläger muss demnach dartun, dass er einen besonderen Status im Sinne der in Nr. 37 der vorliegenden Schlussanträge angeführten Rechtsprechung hat, gleichviel, ob der in Rede stehende Beschluss nach der Vorprüfungsphase gemäß Art. 108 Abs. 3 AEUV oder zum Abschluss des förmlichen Prüfverfahrens nach Art. 108 Abs. 2 AEUV erlassen wurde.

40.      Im Urteil Cofaz u. a./Kommission(9) wurde erstmals erläutert, was dieses Erfordernis für Klagen von Wettbewerbern im Bereich der staatlichen Beihilfen bedeutet. Der Gerichtshof hat in diesem Urteil entschieden, dass die Beteiligung der Klägerin am Verwaltungsverfahren vor der Kommission bei der Prüfung ihrer individuellen Betroffenheit zu berücksichtigen sei, „sofern ihre Marktstellung durch die Beihilfe, die Gegenstand der angefochtenen Entscheidung ist, spürbar beeinträchtigt wird“(10).

41.      Anders gesagt, die individuelle Betroffenheit des Wettbewerbers, der die Begründetheit eines Beihilfebeschlusses der Kommission mit einer Klage in Frage stellt, hängt von dem Nachweis ab, dass seine Marktstellung spürbar beeinträchtigt wird. Der Gerichtshof hat später bestätigt, dass dies die wesentliche Voraussetzung für den Nachweis der individuellen Betroffenheit ist, während die Beteiligung des Klägers am Verwaltungsverfahren keine notwendige Voraussetzung für diesen Nachweis ist(11), sondern insoweit einen „erheblichen Gesichtspunkt“ darstellt(12).

42.      Demgemäß prüfen Gericht und Gerichtshof im Rahmen der Zulässigkeit der Klage systematisch, ob der Kläger, der mit seiner Klage die Begründetheit eines Beihilfebeschlusses der Kommission in Frage stellt, in seiner Marktstellung spürbar beeinträchtigt wird.

43.      Auch wenn die Rechtsprechung in diesem Punkt inzwischen ständig so verfährt, fehlt es ihr doch an Klarheit bei der Auslegung der Voraussetzung der spürbaren Beeinträchtigung der Wettbewerbsstellung des Klägers, insbesondere hinsichtlich der Art und Weise, wie diese nachzuweisen ist und welcher Beweismaßstab insoweit gilt.

44.      Während nämlich der Gerichtshof und das Gericht zunächst eine eher flexible Haltung in der Beurteilung dieser Voraussetzung eingenommen haben, gibt es neben dieser Rechtsprechungstendenz nunmehr eine neue, restriktivere Tendenz in der Rechtsprechung des Gerichts, die bewirkt, dass die meisten Klagen von Wettbewerbern des durch eine Maßnahme Begünstigten wegen Fehlens einer spürbaren Beeinträchtigung ihrer Wettbewerbsstellung als unzulässig abgewiesen werden.

1.      Eine ursprünglich flexible Beurteilung der Voraussetzung der spürbaren Beeinträchtigung der Marktstellung des Klägers

45.      Als Erstes hat der Gerichtshof im Urteil Cofaz u. a./Kommission(13) klargestellt, dass der Nachweis der spürbaren Beeinträchtigung der Marktstellung des Klägers nicht bedeutet, dass der Gerichtshof endgültig zum Wettbewerbsverhältnis zwischen dem Kläger und den begünstigten Unternehmen Stellung nimmt, sondern vom Kläger nur verlangt, dass er „in stichhaltiger Weise [darlegt], aus welchen Gründen die Entscheidung der Kommission möglicherweise – im Wesentlichen durch die Auswirkung auf [seine] Stellung … auf dem betreffenden Markt – [seine] berechtigten Interessen verletzt“(14).

46.      Auf dieser Grundlage erleichterte es die Rechtsprechungspraxis seit dem Urteil Cofaz u. a./Kommission(15) dem Kläger, die Voraussetzung der spürbaren Beeinträchtigung seiner Marktstellung zu erfüllen. So haben der Gerichtshof und das Gericht diese spürbare Beeinträchtigung oft festgestellt, wenn der Kläger unmittelbarer Wettbewerber des durch die Beihilfe begünstigten Unternehmens auf einem Markt mit wenigen Marktteilnehmern war(16), wobei im Fall des Nachweises einer solchen Beeinträchtigung der Umstand, dass eine unbestimmte Zahl weiterer Wettbewerber eine vergleichbare Beeinträchtigung geltend machen kann, nicht an der Feststellung der individuellen Betroffenheit des Klägers hindert(17).

47.      Die spürbare Beeinträchtigung der Wettbewerbsstellung des Klägers ergibt sich somit nicht aus einer eingehenden Prüfung der verschiedenen Wettbewerbsbeziehungen auf dem in Rede stehenden Markt und der daraus folgenden Bestimmung des genauen Ausmaßes der Beeinträchtigung seiner Wettbewerbsstellung, sondern grundsätzlich aus einer Feststellung prima facie, dass die Durchführung der vom Beschluss der Kommission erfassten Maßnahme zu einer spürbaren Beeinträchtigung dieser Wettbewerbsstellung führt.

48.      Der Gerichtshof hat demgemäß entschieden, dass die Voraussetzung der spürbaren Beeinträchtigung der Wettbewerbsstellung des Klägers auf dem Markt erfüllt sein kann, wenn dieser mit seinem Vorbringen dartut, dass die fragliche Maßnahme seine Marktstellung spürbar beeinträchtigen kann(18).

49.      Als Zweites belegen auch die Gesichtspunkte, die von der Rechtsprechung für den Nachweis einer solchen spürbaren Beeinträchtigung zugelassen wurden, die ursprünglich flexible Beurteilung dieser Voraussetzung.

50.      So ist diese spürbare Beeinträchtigung nach der Rechtsprechung nicht zwangsläufig aus Indizien wie einer bedeutenden Umsatzeinbuße, nicht unerheblichen finanziellen Verlusten oder einer signifikanten Verringerung der Marktanteile infolge der Gewährung der fraglichen Beihilfe abzuleiten. Die spürbare Beeinträchtigung der Marktstellung des Klägers kann auch dargetan werden durch den Nachweis u. a. von durch die fragliche Maßnahme verursachten Einnahmeausfällen oder einer weniger günstigen Entwicklung, als sie ohne eine solche Beihilfe zu verzeichnen gewesen wäre. Ferner kann die Intensität dieser Beeinträchtigung entsprechend der großen Zahl von Faktoren wie u. a. der Struktur des betreffenden Marktes oder der Art der fraglichen Beihilfe unterschiedlich sein. Der Nachweis einer spürbaren Beeinträchtigung der Stellung eines Wettbewerbers auf dem Markt kann daher nicht auf das Vorliegen bestimmter Anhaltspunkte für eine Verschlechterung seiner kommerziellen oder finanziellen Leistungen beschränkt werden.(19)

51.      Trotz dieser in ständiger Rechtsprechung bekräftigten Grundsätze werden heute die weitaus meisten Klagen, mit denen Wettbewerber des Beihilfeempfängers die Begründetheit eines Beschlusses der Kommission in Frage stellen, mit der Begründung als unzulässig abgewiesen, dass die Kläger nicht dargetan hätten, dass ihre Marktstellung spürbar beeinträchtigt sei(20). Damit hat sich in jüngerer Zeit insbesondere in der Rechtsprechung des Gerichts eine striktere Beurteilung der Voraussetzung der spürbaren Beeinträchtigung der Stellung des Klägers herausgebildet.

2.      Die Entwicklung zu einer restriktiven Beurteilung der Voraussetzung der spürbaren Beeinträchtigung der Marktstellung des Wettbewerbers

52.      Nach dieser Tendenz in der Rechtsprechung kann die spürbare Beeinträchtigung der Marktstellung des Wettbewerbers des durch die Maßnahme Begünstigten nur festgestellt werden, wenn dieser die „Besonderheit“ seiner Wettbewerbsstellung dartut, d. h., dass er stärker von dieser Maßnahme betroffen ist als die anderen Wettbewerber des Beihilfeempfängers(21). Anders gesagt, die Frage der spürbaren Beeinträchtigung der Wettbewerbsstellung des Klägers wird nicht lediglich anhand der Auswirkung beurteilt, die die untersuchte Maßnahme auf die Stellung allein des Klägers auf einem bestimmten Markt haben kann, sondern aufgrund eines Vergleichs mit der Beeinträchtigung der Wettbewerbsstellung der übrigen Wettbewerber des Beihilfeempfängers.

53.      Unter diesen Bedingungen genügt der Umstand, dass die Wettbewerbsstellung eines anderen Wettbewerbers möglicherweise ebenso stark beeinträchtigt sein kann wie die des Klägers, um auszuschließen, dass Letzterer als von dem zu dieser Maßnahme ergangenen Beschluss der Kommission individuell betroffen angesehen werden kann.

54.      Daraus ergibt sich, dass das Gericht nunmehr einen besonders strengen Beweismaßstab an das Vorliegen einer spürbaren Beeinträchtigung der Wettbewerbsstellung auf dem Markt anlegt. So hat das Gericht entschieden, dass die Voraussetzung der spürbaren Beeinträchtigung der Stellung einer Klägerin nicht erfüllt gewesen sei, da diese nicht nachgewiesen habe, dass sie eher als der Durchschnitt ihrer Konkurrenten in der Lage gewesen wäre, die Nachfrage, die durch das Verschwinden des durch die Maßnahme begünstigten Unternehmens frei geworden sei, auf sich zu lenken, so dass die Klägerin nicht dargetan habe, dass sie einen im Vergleich zu den anderen Wettbewerbern erheblichen Gewinnausfall erlitten habe(22).

55.      Das Gericht hat auch befunden, dass, selbst wenn die in Rede stehende Maßnahme eine Einschränkung der Tätigkeit des Klägers auf dem Markt nach sich ziehen könne, die Beeinträchtigung seiner Marktstellung nicht als „spürbar“ eingestuft werden könne, sofern nicht nachgewiesen sei, dass sich seine Situation von der der anderen Wettbewerber unterscheide(23).

56.      Zudem ist es für einen Kläger ersichtlich schwerer, darzutun, dass seine Wettbewerbsstellung stärker beeinträchtigt ist als die der anderen Wettbewerber, da er, sollte ein solches Kriterium gelten, über wenig Anhaltspunkte hinsichtlich der genauen Stellung seiner Wettbewerber auf dem betreffenden Markt verfügt.

57.      Meines Erachtens ist eine derartige Rechtsprechungslinie folglich übermäßig restriktiv und steht nicht im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs(24). Dies gilt umso mehr, als meiner Ansicht nach mit der Forderung an einen Kläger, anhand eines Vergleichs seiner Lage mit der der anderen Wettbewerber auf dem Markt darzutun, dass seine Stellung durch eine Maßnahme am stärksten beeinträchtigt wird, das Kriterium der spürbaren Beeinträchtigung verändert wird. Auf die Spitze getrieben bedeutet dieser Gedankengang, dass die Voraussetzung der spürbaren Beeinträchtigung ihrer Marktstellung nicht erfüllt werden kann, wenn zwei Wirtschaftsteilnehmer von einer Maßnahme betroffen sind, selbst wenn diese Maßnahme jeden von ihnen individuell betrachtet spürbar beeinträchtigt.

58.      Das Fehlen einer spürbaren Beeinträchtigung der Marktstellung der anderen Wettbewerber kann meines Erachtens nicht das Kriterium für den Nachweis sein, dass der Kläger spürbar beeinträchtigt ist(25). Es geht nicht darum, die Lage sämtlicher auf dem betreffenden Markt tätigen Wettbewerber zu vergleichen. Die spürbare Beeinträchtigung der Wettbewerbsstellung des Klägers ist ein nur ihn betreffender Gesichtspunkt, der allein anhand seiner Marktstellung zu beurteilen ist, wie sie vor der Durchführung der Maßnahme, die Gegenstand des angefochtenen Beschlusses ist, bestand oder ohne sie bestehen würde.

3.      Der Nachweis der spürbaren Beeinträchtigung der Marktstellung des Wettbewerbers

59.      In praktischer Hinsicht obliegt es zur Erfüllung dieser Voraussetzung meines Erachtens zunächst dem Kläger, darzutun, dass seine Marktstellung durch bestimmte, je nach Fall unterschiedliche Faktoren spürbar beeinträchtigt wird, gleichviel, ob es sich um eine Verschlechterung seiner Leistungen oder um Einnahmeausfälle handelt(26).

60.      Sodann muss der Kläger, um eine spürbare Beeinträchtigung darzutun, den Markt bezeichnen, auf dem er zum einen in einem Wettbewerbsverhältnis zu dem durch die Maßnahme Begünstigten steht und zum anderen seine Wettbewerbsstellung beeinträchtigt sieht. In dieser Hinsicht sind Einzelheiten zur Struktur des Marktes ganz sicher relevant für den Nachweis, in welchem Ausmaß die Lage des Klägers beeinträchtigt wird, da dies je nach Größe des Marktes unterschiedlich sein kann(27).

61.      Ich weise darauf hin, dass aus dem Fehlen genauer Angaben zur Struktur des Marktes, zur Zahl der Wettbewerber auf diesem Markt und zu ihren jeweiligen Marktanteilen dagegen nicht ohne Weiteres folgt, dass der Kläger eine spürbare Beeinträchtigung seiner Stellung auf diesem Markt nicht dargetan hat. Eine solche Beeinträchtigung kann sich nämlich auch aus anderen Umständen als der bloßen Entwicklung der Marktanteile der einzelnen Wettbewerber ergeben(28).

62.      Schließlich muss der Kläger nachweisen, dass die vom angefochtenen Beschluss der Kommission erfasste Maßnahme eine der Ursachen der Beeinträchtigung seiner Wettbewerbsstellung ist. Hierbei ist zu beachten, dass das Erfordernis, diesen Kausalzusammenhang nachzuweisen, um die spürbare Beeinträchtigung der Marktstellung des Klägers durch die betreffende Maßnahme darzutun, nicht bedeutet, dass die Beeinträchtigung seiner Wettbewerbsstellung ausschließlich durch diese Maßnahme verursacht sein muss(29).

63.      Da es nämlich nur um die Feststellung der Zulässigkeit der Klage geht und nicht – beispielsweise – darum, ob der Kläger Ersatz eines Schadens erlangen kann, den er möglicherweise durch die Auszahlung der fraglichen Beihilfe erlitten hat, ist die Frage, ob zwischen der Beihilfemaßnahme und der Beeinträchtigung der Wettbewerbsstellung des Klägers ein Kausalzusammenhang besteht, flexibel zu beurteilen. Anders gesagt halte ich es für ausreichend, dass diese Maßnahme eine Ursache der Beeinträchtigung der Wettbewerbsstellung des Klägers ist. Der Umstand allein, dass andere Faktoren dazu beigetragen haben können, die Wettbewerbsstellung des Klägers auf dem relevanten Markt spürbar zu beeinträchtigen, schließt nicht aus, dass die Voraussetzung der individuellen Betroffenheit erfüllt sein kann.

64.      Im Licht dieser Ausführungen werde ich nun den vierten, den fünften und den sechsten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes prüfen.

B.      Zum vierten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes

65.      Mit dem vierten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes macht die Rechtsmittelführerin geltend, das Gericht habe rechtsfehlerhaft entschieden, dass es, da die Rechtsmittelführerin nicht präzisiert habe, in welcher Höhe sie in ihrer Eigenschaft als Gesellschafterin und Kundin von Fraport zu dieser Finanzierung beigetragen habe, nicht möglich sei, den Grad der Beeinträchtigung zu bestimmen, die ihre Wettbewerbsstellung infolgedessen erlitten habe.

66.      Nach Ansicht der Rechtsmittelführerin genügt bereits der Umstand, dass sie einen Teil der von der Kommission geprüften Maßnahmen mitfinanziert habe, um sie in ähnlicher Weise wie den Beihilfeempfänger zu individualisieren, so dass das Gericht nicht von ihr habe verlangen können, darüber hinaus eine spürbare Beeinträchtigung ihrer Marktstellung durch ihre Beteiligung an den Maßnahmen darzutun.

67.      Die Rechtsmittelführerin beruft sich somit nicht auf ihre Eigenschaft als Wettbewerber des durch die Beihilfe begünstigten Unternehmens, sondern auf ihre Stellung als Unternehmen, das zur Finanzierung bestimmter vom Beschluss der Kommission erfasster Maßnahmen beigetragen hat. Unter diesen Umständen macht sie zu Recht geltend, dass das Gericht dieses Vorbringen nicht allein anhand des Kriteriums der spürbaren Beeinträchtigung ihrer Wettbewerbsstellung auf dem Markt habe prüfen können.

68.      Dieses Kriterium ist nämlich zwar relevant für die Bestimmung der individuellen Betroffenheit der Wettbewerber des durch eine Maßnahme Begünstigten, doch kann bei Einheiten, die sich an der Finanzierung dieser Maßnahme beteiligt haben, die Erfüllung der Voraussetzung der individuellen Betroffenheit im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV nicht von der Erfüllung dieses Kriteriums abhängig gemacht werden(30).

69.      Indes weise ich darauf hin, dass das Gericht die Zurückweisung des Vorbringens der Rechtsmittelführerin im Wesentlichen damit begründet hat, dass diese nicht präzisiert habe, in welcher Höhe sie in ihrer Eigenschaft als Gesellschafterin von Fraport zu dieser Finanzierung beigetragen habe.

70.      Diese Angabe war aber unerlässlich für den Nachweis der individuellen Betroffenheit der Rechtsmittelführerin.

71.      Die Rechtsmittelführerin hat sich nämlich nur sehr indirekt an der Finanzierung der Maßnahmen beteiligt, zum einen aufgrund der im Rahmen ihrer Tätigkeit an Fraport abgeführten Flughafenentgelte. Zum anderen beruft sie sich auf ihre Eigenschaft als Minderheitsgesellschafter von Fraport, selbst Gesellschafter der Betreibergesellschaft des Flughafens Frankfurt-Hahn, der die Durchführung der vom Beschluss der Kommission erfassten Maßnahmen ermöglicht habe.

72.      Unter diesen Umständen musste die Rechtsmittelführerin das Ausmaß ihrer Beteiligung für den Nachweis darlegen, dass sie von den in Rede stehenden Maßnahmen tatsächlich individuell betroffen war, sollen nicht potenziell unbegrenzt viele Einheiten – nämlich alle Fluggesellschaften, die den Flughafen Frankfurt am Main nutzen und Flughafenentgelte an Fraport entrichten, sowie alle Anteilseigner von Fraport und sogar deren Anteilseigner – geltend machen können, sie alle hätten sich an der Finanzierung der vom Beschluss der Kommission erfassten Maßnahme beteiligt und seien daher automatisch individuell von diesem Beschluss betroffen.

73.      Mithin ist nicht zu beanstanden, dass das Gericht diese Prüfung vorgenommen und daraus auf das Fehlen individueller Betroffenheit geschlossen hat, so dass der vierte Teil des ersten Rechtsmittelgrundes zurückzuweisen ist.

C.      Zum fünften Teil des ersten Rechtsmittelgrundes

74.      Mit dem fünften Teil ihres ersten Rechtsmittelgrundes rügt die Rechtsmittelführerin, das Gericht habe ihr rechtsfehlerhaft keine Beweislasterleichterung hinsichtlich der spürbaren Beeinträchtigung ihrer Marktstellung gewährt. Für dieses Vorbringen stützt sie sich auf drei Argumente.

75.      Erstens macht sie geltend, die Voraussetzung der spürbaren Beeinträchtigung ihrer Marktstellung gelte nur, wenn die vom Beschluss der Kommission erfassten Maßnahmen tatsächlich als Beihilfen im Sinne von Art. 107 AEUV eingestuft würden.

76.      Wie die Kommission ausführt, entbehrt dieses Argument jeder Grundlage und ist zurückzuweisen. Zum einen wäre es durch nichts gerechtfertigt, die Zuständigkeitsregeln davon abhängig zu machen, ob mit dem Beschluss der Kommission das Vorliegen einer Beihilfe bejaht oder verneint wird. Zum anderen wird die Voraussetzung der spürbaren Beeinträchtigung der Wettbewerbsstellung des Klägers in der Rechtsprechung des Gerichtshofs unabhängig davon geprüft, ob die von dem angefochtenen Beschluss erfasste Maßnahme als Beihilfe eingestuft wird oder nicht(31).

77.      Zweitens macht die Rechtsmittelführerin geltend, die Kommission habe eine unvollständige Prüfung der fraglichen Maßnahmen vorgenommen, sie habe diese nicht genau beziffert und sie habe das nationale Recht fehlerhaft ausgelegt. Daraus ergebe sich ein Informationsgefälle zu ihren Lasten, das eine Beweislasterleichterung rechtfertige.

78.      Auch dieses Argument kann keinen Erfolg haben. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern eine unvollständige Prüfung und eine fehlerhafte Auslegung des nationalen Rechts zu einem Informationsgefälle zulasten der Rechtsmittelführerin geführt haben sollen.

79.      Jedenfalls ist in Anbetracht der in den Nrn. 57 bis 62 der vorliegenden Schlussanträge genannten Grundsätze und wie die Kommission geltend macht, darauf hinzuweisen, dass sich alle notwendigen Informationen für den Nachweis der spürbaren Beeinträchtigung der Wettbewerbsstellung der Rechtsmittelführerin auf dem Markt in deren eigener Machtsphäre befinden. Die Rechtsmittelführerin ist damit am besten in der Lage, diese Beeinträchtigung zu bemessen. Da sie nur gehalten ist, die Entwicklung ihrer eigenen Lage auf dem Markt nach Auszahlung der Beihilfe darzutun und einen – und sei es auch nur wahrscheinlichen und nicht ausschließlichen – Zusammenhang zwischen der Beeinträchtigung ihrer Wettbewerbsstellung und der Auszahlung der Beihilfe nachzuweisen, kann kein Informationsgefälle eine Beweislasterleichterung rechtfertigen.

80.      Drittens trägt die Rechtsmittelführerin vor, da ihr eine Beweislasterleichterung zustehe, habe sie ihre spürbare Beeinträchtigung wirksam nachgewiesen, indem sie die Vergünstigungen aufgeführt habe, die Ryanair erhalten habe und aus denen sich „zwangsläufig“ eine spürbare Beeinträchtigung ergebe.

81.      Da jedoch nichts eine Beweislasterleichterung zugunsten der Rechtsmittelführerin rechtfertigt, kann dieses Argument keinen Erfolg haben. Denn die Rechtsmittelführerin kann sich nicht mit der Behauptung begnügen, dass sich aus den in Rede stehenden Maßnahmen „zwangsläufig“ eine spürbare Beeinträchtigung ihrer Wettbewerbsstellung ergebe, ohne dieses Vorbringen zu untermauern.

82.      Daher ist der fünfte Teil des ersten Rechtsmittelgrundes zurückzuweisen.

D.      Zum sechsten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes

83.      Mit dem sechsten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes rügt die Rechtsmittelführerin, das Gericht habe Rechtsfehler bei der Beurteilung der spürbaren Beeinträchtigung ihrer Wettbewerbsstellung begangen, insbesondere indem es befunden habe, dass es ihr oblegen habe, den relevanten Markt zu beschreiben, auf dem ihre Stellung beeinträchtigt werde, und einen Kausalzusammenhang zwischen der in Rede stehenden Maßnahme und ihrer Beeinträchtigung darzutun. Sie stützt diesen Teil auf verschiedene Argumente.

84.      Als Erstes weise ich darauf hin, dass mehrere dieser Argumente als ins Leere gehend zurückzuweisen sind.

85.      Zum einen rügt die Rechtsmittelführerin, dass das Gericht von ihr verlangt habe, den gegenständlich und räumlich relevanten Markt anhand der im Fusionskontrollrecht geltenden Grundsätze zu bestimmen, und es damit abgelehnt habe, den Markt zu berücksichtigen, den sie als relevant angesehen habe, nämlich den europäischen Luftverkehrsmarkt. Das Gericht habe auch rechtsfehlerhaft die Berücksichtigung bestimmter Elemente des Wachstums von Ryanair auf dem europäischen Luftverkehrsmarkt abgelehnt, indem es u. a. auf die Entwicklung der Marktanteile an diesem Markt hingewiesen habe.

86.      Zum anderen rügt die Rechtsmittelführerin die Entscheidung des Gerichts, dass sie keinen Beweis für die Überschneidung der von ihr bedienten Strecken mit den von Ryanair bedienten erbracht habe.

87.      Das Gericht hat zwar in den Rn. 150, 154 und 156 des angefochtenen Urteils entschieden, dass die Rechtsmittelführerin keine Angaben zu den Märkten, auf denen ihre Wettbewerbsstellung beeinträchtigt gewesen sein soll, gemacht und keine Informationen zu deren Struktur und zu den auf diesen Märkten tätigen Wettbewerbern vorgelegt habe. Diese Randnummern legen zudem nahe, dass die Angaben zur Struktur des Marktes aus der Sicht des Gerichts erforderlich sind, um die spürbare Beeinträchtigung der Wettbewerbsstellung der Rechtsmittelführerin darzutun. Wie ich in Nr. 60 der vorliegenden Schlussanträge ausgeführt habe, geht dieses Erfordernis über das hinaus, was von den Wettbewerbern für den Nachweis der spürbaren Beeinträchtigung ihrer Wettbewerbsstellung verlangt wird. Aus dem Fehlen genauer Angaben zur Struktur des Marktes allein folgt nicht ohne Weiteres, dass der Nachweis der spürbaren Beeinträchtigung nicht erbracht ist.

88.      Ferner hat das Gericht in Nr. 153 des angefochtenen Urteils in der Tat entschieden, dass die Rechtsmittelführerin keinerlei Beweis für das Vorliegen der betreffenden Überschneidungen angeführt habe.

89.      Das Gericht hat sich jedoch für den Befund, dass die Rechtsmittelführerin die spürbare Beeinträchtigung ihrer Wettbewerbsstellung nicht dargetan habe, nicht nur auf diese Gesichtspunkte gestützt.

90.      Es hat vielmehr auch das Vorbringen der Rechtsmittelführerin geprüft, mit dem diese die spürbare Beeinträchtigung ihrer Wettbewerbsstellung auf verschiedenen Märkten – denen der sowohl von ihr als auch von Ryanair bedienten Fluglinien – sowie auf dem größeren Markt des Passagierluftverkehrs dartun wollte. Damit hat das Gericht seine Begründung ergänzt, indem es das Bestehen zum einen der Märkte, auf denen die Rechtsmittelführerin ihre Stellung spürbar beeinträchtigt sah, und zum anderen der von dieser geltend gemachten Überschneidungen der Flugverbindungen anerkannt hat, und ist nach dieser Prüfung zu dem Ergebnis gelangt, dass die spürbare Beeinträchtigung der Wettbewerbsstellung der Rechtsmittelführerin nicht dargetan sei.

91.      Unter diesen Umständen kann dem Gericht nicht vorgeworfen werden, es habe rechtsfehlerhaft befunden, dass die Rechtsmittelführerin keine Angaben zur Struktur der betroffenen Märkte und zu den auf diesen tätigen Wettbewerbern gemacht und das Vorliegen der von ihr geltend gemachten Überschneidungen nicht nachgewiesen habe.

92.      Als Zweites wirft die Rechtsmittelführerin dem Gericht Rechtsfehler bei der Prüfung der spürbaren Beeinträchtigung ihrer Wettbewerbsstellung auf dem Markt vor, insbesondere bei der Prüfung des Kausalzusammenhangs zwischen den in Rede stehenden Maßnahmen und den von ihr zum Nachweis der Beeinträchtigung ihrer Marktstellung angeführten Faktoren.

93.      So habe das Gericht rechtsfehlerhaft befunden, die Rechtsmittelführerin habe dartun müssen, dass die Einführung ihres Restrukturierungsprogramms Score allein auf die Maßnahmen zugunsten von Ryanair zurückgehe. Ihre Restrukturierung sei nämlich eine „Gegenmaßnahme“, die selbständig eine Beeinträchtigung ihrer Marktstellung dokumentiere, so dass hierzu kein Kausalitätsnachweis zu führen sei.

94.      Wie die Rechtsmittelführerin vorträgt, kann zwar nach der Rechtsprechung der Wettbewerber eines Beihilfeempfängers zu bestimmten Maßnahmen, etwa einem Restrukturierungsprogramm, greifen, um die Auswirkungen der Gewährung einer Beihilfe zugunsten ihres Empfängers zu begrenzen(32).

95.      Diese Rechtsprechung ist jedoch nur dahin zu verstehen, dass sie bei fehlender Verschlechterung der finanziellen und wirtschaftlichen Lage eines Wettbewerbers die Feststellung einer spürbaren Beeinträchtigung zulässt, wenn dieses Fehlen einer Verschlechterung durch die vorgenommenen Restrukturierungen erklärt werden kann.

96.      Auch wenn das Ergreifen von Palliativmaßnahmen durch einen Wettbewerber ein Indiz für eine Beeinträchtigung seiner Marktstellung sein kann, muss er doch zum einen nachweisen, dass dies der Fall war, und zum anderen, dass diese Beeinträchtigung auf die Durchführung der Beihilfemaßnahmen zugunsten eines seiner Konkurrenten zurückgeht.

97.      Das Gericht konnte somit rechtsfehlerfrei feststellen, dass es der Rechtsmittelführerin oblag, das Bestehen eines Kausalzusammenhangs zwischen dem Restrukturierungsprogramm und den in Rede stehenden Maßnahmen darzutun.

98.      In den Rn. 166, 167 und 168 des angefochtenen Urteils hat das Gericht aber ausgeführt, dass die Rechtsmittelführerin keinerlei Unterlagen zu dem Restrukturierungsprogramm Score, nicht einmal eine Zusammenfassung seines Inhalts, vorgelegt habe, so dass es nicht prüfen könne, ob im vorliegenden Fall ein Kausalzusammenhang zwischen den fraglichen Maßnahmen und dem Restrukturierungsprogramm bestehe.

99.      Auf diese Begründung gestützt hat das Gericht zu Recht entschieden, dass die Rechtsmittelführerin nicht dargetan habe, dass das Restrukturierungsprogramm wegen der Beihilfen für Ryanair und den Flughafen Frankfurt-Hahn notwendig geworden sei.

100. Als Drittes rügt die Rechtsmittelführerin die Entscheidung des Gerichts, dass sie keinen Kausalzusammenhang zwischen den in Rede stehenden Maßnahmen und der Verlagerung der Aktivitäten von Ryanair auf den Flughafen Frankfurt am Main dargetan habe. Damit habe das Gericht einen Rechtsfehler begangen, da diese Verlagerung die Beeinträchtigung ihrer Wettbewerbsstellung belegt habe.

101. Hierzu weist die Rechtsmittelführerin darauf hin, dass sie im Verfahren vor dem Gericht geltend gemacht habe, dass das Vorgehen von Ryanair im Rahmen von deren Gesamtstrategie zu sehen sei, zunächst Regionalflughäfen anzufliegen, um dort Subventionen zu erhalten, und sodann ihre Aktivitäten an andere Flughäfen zu verlagern. Im Rahmen ihres Rechtsmittels trage sie weitere Gesichtspunkte vor, mit denen diese Strategie bestätigt und der Kausalzusammenhang zwischen den fraglichen Maßnahmen und der Verlagerung der Aktivitäten von Ryanair nachgewiesen werde.

102. Damit beschränkt sich die Rechtsmittelführerin jedoch auf eine Wiederholung ihrer bereits vor dem Gericht vorgetragenen Argumente, um eine erneute Tatsachenwürdigung zu erlangen, für die der Gerichtshof nicht zuständig ist(33).

103. Selbst wenn zudem ein Kausalzusammenhang zwischen der Verlagerung der Aktivitäten von Ryanair und den ihr zugutegekommenen Maßnahmen nachgewiesen werden könnte, müsste die Rechtsmittelführerin zuvor noch immer dartun, dass eine solche Verlagerung ihre Wettbewerbsstellung spürbar beeinträchtigt hat. Sie begnügt sich aber mit dem Vorbringen, durch die Verlagerung der Aktivitäten von Ryanair werde ihre Wettbewerbsstellung „naturgemäß“ beeinträchtigt, ohne weitere Angaben zur Stützung ihrer Behauptung zu machen, wie das Gericht in Rn. 154 des angefochtenen Urteils zutreffend ausführt.

104. Als Viertes macht die Rechtsmittelführerin geltend, das Gericht habe rechtsfehlerhaft entschieden, dass die geografische Nähe des Flughafens Frankfurt-Hahn zum Flughafen Frankfurt am Main allenfalls ein Wettbewerbsverhältnis zwischen diesen Flughäfen indiziere. Diese geografische Nähe belege jedoch auch einen Wettbewerb zwischen den verschiedenen von beiden Flughäfen bedienten Strecken. In Verbindung mit der Höhe der Beihilfen folge daraus zwangsläufig eine spürbare Beeinträchtigung ihrer Wettbewerbsstellung.

105. In den Rn. 159 und 161 des angefochtenen Urteils hat das Gericht entschieden, selbst wenn die geografische Nähe als Indiz für das Bestehen eines Wettbewerbsverhältnisses zwischen Ryanair und der Rechtsmittelführerin sollte angesehen werden können, genüge deren Eigenschaft als Wettbewerberin des begünstigten Unternehmens in Verbindung mit der behaupteten Höhe der betreffenden Beihilfe nicht für den Nachweis der spürbaren Beeinträchtigung ihrer Wettbewerbsstellung.

106. Somit begnügt sich die Rechtsmittelführerin erneut mit einer Wiederholung ihrer bereits vor dem Gericht vorgetragenen Argumente, um eine erneute Tatsachenwürdigung zu erlangen, und strebt eine erneute Prüfung dieser Argumente an, was nicht in die Zuständigkeit des Gerichtshofs fällt. Dieses Argument ist daher als unzulässig zurückzuweisen.

107. Als Fünftes beanstandet die Rechtsmittelführerin auch die Schlussfolgerung des Gerichts hinsichtlich des Bestehens eines Kausalzusammenhangs zwischen den in Rede stehenden Maßnahmen und ihren behaupteten Auswirkungen als fehlerhaft. Diese Voraussetzung sei erfüllt, denn die von ihr dargetane spürbare Beeinträchtigung ihrer Wettbewerbsstellung folge hinreichend unmittelbar aus diesen Maßnahmen.

108. Jedoch begnügt sich die Rechtsmittelführerin wiederum mit einer kurzen Aufzählung der Auswirkungen der Maßnahmen auf die Stellung von Ryanair und macht geltend, daraus folge eine spürbare Beeinträchtigung ihrer Marktstellung. Damit beschränkt sie sich auf eine Neuformulierung ihrer schon vor dem Gericht vorgetragenen Argumente, um den Gerichtshof zu veranlassen, diese erneut zu prüfen, was, wie bereits dargelegt, nicht in seine Zuständigkeit fällt.

109. Als Sechstes schließlich rügt die Rechtsmittelführerin eine Verletzung von Art. 47 der Charta durch das Gericht, da die im angefochtenen Urteil gestellten Anforderungen, wie sie mit ihrem Vorbringen dargetan habe, über die Rechtsprechung des Gerichtshofs hinausgingen.

110. Indes stelle ich fest, dass die Rechtsmittelführerin dieses Vorbringen in keiner Weise untermauert und nicht erläutert, welches diese Anforderungen sein sollen.

111. Jedenfalls kann, da in Anbetracht der vorstehenden Ausführungen das Gericht im Rahmen seiner Beurteilung der spürbaren Beeinträchtigung der Stellung der Rechtsmittelführerin auf den verschiedenen Märkten keinen Rechtsfehler begangen hat, die Rüge einer Verletzung von Art. 47 der Charta ebenfalls keinen Erfolg haben.

112. Daher ist der sechste Teil des ersten Rechtsmittelgrundes insgesamt zurückzuweisen.

VI.    Ergebnis

113. Nach alledem sind meines Erachtens der vierte, der fünfte und der sechste Teil des ersten Rechtsmittelgrundes zurückzuweisen, ohne dass dies der Frage der Begründetheit der übrigen Rechtsmittelgründe vorgreift.



































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