C-251/22 P – Scania u.a./ Kommission

C-251/22 P – Scania u.a./ Kommission

CURIA – Documents

Language of document : ECLI:EU:C:2024:103

Vorläufige Fassung

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zehnte Kammer)

1. Februar 2024(*)

„Rechtsmittel – Wettbewerb – Kartelle – Lkw-Markt – Beschluss, mit dem eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) festgestellt wird – Vereinbarungen und abgestimmte Verhaltensweisen in Bezug auf die Verkaufspreise von Lkw, den Zeitplan für die Einführung der aufgrund der Euro-3- bis Euro-6-Normen vorgeschriebenen Abgastechnologien und die Weitergabe der mit diesen Technologien verbundenen Kosten an die Kunden – Einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung – Geografischer Umfang der Zuwiderhandlung – ‚Hybrides Verfahren‘, das nacheinander zum Erlass eines Vergleichsbeschlusses und eines Beschlusses nach Abschluss eines ordentlichen Verfahrens geführt hat – Art. 41 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union – Recht auf eine gute Verwaltung – Unparteilichkeit der Europäischen Kommission – Beurteilung des geografischen Umfangs einer abgestimmten Verhaltensweise – Relevante Gesichtspunkte – Einstufung einer Gesamtheit von Verhaltensweisen als ‚einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung‘ – Verordnung (EG) Nr. 1/2003 – Art. 25 – Befugnis der Kommission zur Verhängung einer Geldbuße – Verjährung“

In der Rechtssache C‑251/22 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 8. April 2022,

Scania AB mit Sitz in Södertälje (Schweden),

Scania CV AB mit Sitz in Södertälje,

Scania Deutschland GmbH mit Sitz in Koblenz (Deutschland),

vertreten durch D. Arts, N. De Backer und C. E. Schillemans, Advocaten, S. Falkner, P. Hammarskiöld, C. Langenius und L. Ulrichs, Advokater, sowie F. Miotto, Avocate,

Rechtsmittelführerinnen,

andere Verfahrensbeteiligte:

Europäische Kommission, vertreten durch M. Domecq, M. Farley und L. Wildpanner als Bevollmächtigte,

Beklagte im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zehnte Kammer)

unter Mitwirkung des Richters M. Ilešič in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Zehnten Kammer sowie der Richter I. Jarukaitis (Berichterstatter) und D. Gratsias,

Generalanwalt: A. M. Collins,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1        Mit ihrem Rechtsmittel begehren die Scania AB, die Scania CV AB und die Scania Deutschland GmbH (im Folgenden: Scania DE), drei dem Unternehmen Scania angehörende juristische Personen (im Folgenden zusammen: Scania), die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 2. Februar 2022, Scania u. a./Kommission (T‑799/17, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2022:48), mit dem das Gericht ihre Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses C(2017) 6467 final der Kommission vom 27. September 2017 in einem Verfahren nach Artikel 101 [AEUV] und Artikel 53 des EWR-Abkommens (Sache AT.39824 – Lkw) (im Folgenden: streitiger Beschluss), hilfsweise auf Herabsetzung der mit diesem Beschluss gegen sie verhängten Geldbußen, abgewiesen hat.

 Rechtlicher Rahmen

2        Art. 23 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln [101] und [102 AEUV] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) betrifft die Befugnis der Europäischen Kommission zur Festsetzung von Geldbußen. Art. 25 („Verfolgungsverjährung“) der Verordnung Nr. 1/2003 bestimmt:

„(1)      Die Befugnis der Kommission nach [Artikel] 23 … verjährt

a)      in drei Jahren bei Zuwiderhandlungen gegen Vorschriften über die Einholung von Auskünften oder die Vornahme von Nachprüfungen,

b)      in fünf Jahren bei den übrigen Zuwiderhandlungen.

(2)      Die Verjährungsfrist beginnt mit dem Tag, an dem die Zuwiderhandlung begangen worden ist. Bei dauernden oder fortgesetzten Zuwiderhandlungen beginnt die Verjährung jedoch erst mit dem Tag, an dem die Zuwiderhandlung beendet ist.

(3)      Die Verjährung der Befugnis zur Festsetzung von Geldbußen … wird durch jede auf Ermittlung oder Verfolgung der Zuwiderhandlung gerichtete Handlung der Kommission oder der Wettbewerbsbehörde eines Mitgliedstaats unterbrochen. Die Unterbrechung tritt mit dem Tag ein, an dem die Handlung mindestens einem an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen oder einer beteiligten Unternehmensvereinigung bekannt gegeben wird. …

(4)      Die Unterbrechung wirkt gegenüber allen an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen und Unternehmensvereinigungen.

…“

3        Art. 31 („Nachprüfung durch den Gerichtshof“) der Verordnung Nr. 1/2003 lautet:

„Bei Klagen gegen Entscheidungen, mit denen die Kommission eine Geldbuße oder ein Zwangsgeld festgesetzt hat, hat der Gerichtshof die Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung der Entscheidung. Er kann die festgesetzte Geldbuße oder das festgesetzte Zwangsgeld aufheben, herabsetzen oder erhöhen.“

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

4        Die Vorgeschichte des Rechtsstreits und der streitige Beschluss, die in den Rn. 1 bis 61 des angefochtenen Urteils dargestellt werden, können wie folgt zusammengefasst werden.

5        In Art. 1 des streitigen Beschlusses stellte die Kommission fest, dass die Rechtsmittelführerinnen gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 2. Mai 1992 (ABl. 1994, L 1, S. 3, im Folgenden: EWR-Abkommen) verstoßen hätten, indem sie sich vom 17. Januar 1997 bis 18. Januar 2011 mit juristischen Personen der Unternehmen [vertraulich](1), [vertraulich], [vertraulich], [vertraulich] und [vertraulich] an Absprachen über Preise, Erhöhungen der Bruttopreise für mittlere und schwere Lkw im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) sowie den Zeitplan für die Einführung der aufgrund der Euro-3- bis Euro-6-Normen vorgeschriebenen Abgastechnologien für mittlere und schwere Lkw sowie die Weitergabe der damit verbundenen Kosten beteiligt hätten. In Art. 2 des streitigen Beschlusses verhängte die Kommission gegen die Scania AB und die Scania CV AB als Gesamtschuldnerinnen eine Geldbuße in Höhe von 880 523 000 Euro, für die Scania DE in Höhe von 440 003 282 Euro gesamtschuldnerisch haftet.

 Verwaltungsverfahren

6        Am 20. September 2010 stellte [vertraulich] einen Antrag auf Erlass der Geldbuße nach Rn. 14 der Mitteilung der Kommission über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 2006, C 298, S. 17). Am 17. Dezember 2010 gewährte die Kommission [vertraulich] einen bedingten Erlass der Geldbuße.

7        Vom 18. bis 21. Januar 2011 führte die Kommission in den Geschäftsräumen u. a. der Rechtsmittelführerinnen Nachprüfungen durch.

8        Am 28. Januar 2011 beantragte [vertraulich] den Erlass der Geldbuße nach Rn. 14 der oben in Rn. 6 erwähnten Mitteilung, hilfsweise eine Ermäßigung der Geldbuße nach Rn. 27 dieser Mitteilung. Dieses Vorgehen wählten in der Folge auch [vertraulich] und [vertraulich].

9        Im Laufe der Untersuchung richtete die Kommission u. a. an die Rechtsmittelführerinnen mehrere Auskunftsverlangen nach Art. 18 der Verordnung Nr. 1/2003.

10      Am 20. November 2014 leitete die Kommission das in Art. 11 Abs. 6 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehene Verfahren gegen die Rechtsmittelführerinnen sowie gegen juristische Personen der oben in Rn. 5 genannten Unternehmen ein und erließ eine Mitteilung der Beschwerdepunkte, die sie allen diesen Personen einschließlich der Rechtsmittelführerinnen zustellte.

11      Nach der Zustellung der Mitteilung der Beschwerdepunkte erhielten ihre Adressaten Einsicht in die Untersuchungsakten der Kommission.

12      Im [vertraulich] nahmen die Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte informell Kontakt mit der Kommission auf und ersuchten sie, die Sache im Rahmen des Vergleichsverfahrens nach Art. 10a der Verordnung (EG) Nr. 773/2004 der Kommission vom 7. April 2004 über die Durchführung von Verfahren auf der Grundlage der Artikel [101] und [102 AEUV] durch die Kommission (ABl. 2004, L 123, S. 18) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 622/2008 der Kommission vom 30. Juni 2008 (ABl. 2008, L 171, S. 3) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 773/2004) weiterzuverfolgen. Die Kommission beschloss, ein Vergleichsverfahren einzuleiten, nachdem jeder Adressat der Mitteilung der Beschwerdepunkte seine Bereitschaft zur Teilnahme an Vergleichsgesprächen bestätigt hatte.

13      Von [vertraulich] bis [vertraulich] fanden Vergleichsgespräche zwischen den Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte und der Kommission statt. Im Anschluss an diese Gespräche stellten einige Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte bei der Kommission förmliche Anträge auf einen Vergleich nach Art. 10a Abs. 2 der Verordnung Nr. 773/2004 (im Folgenden: Vergleichsparteien). Die Rechtsmittelführerinnen stellten keinen solchen Antrag.

14      Am 19. Juli 2016 erließ die Kommission auf der Grundlage von Art. 7 und Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 den Beschluss C(2016) 4673 final in einem Verfahren nach Artikel 101 [AEUV] und Artikel 53 des EWR-Abkommens (Sache AT.39824 – Lkw), der an die Vergleichsparteien gerichtet war (im Folgenden: Vergleichsbeschluss).

15      Da die Rechtsmittelführerinnen beschlossen hatten, keinen förmlichen Vergleichsantrag zu stellen, setzte die Kommission die gegen sie gerichtete Untersuchung im Rahmen des normalen, nicht auf einen Vergleich gerichteten Verfahrens fort.

16      Am 23. September 2016 legten die Rechtsmittelführerinnen, nachdem ihnen Akteneinsicht gewährt worden war, ihre schriftliche Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte vor.

17      Am 18. Oktober 2016 nahmen die Rechtsmittelführerinnen an einer Anhörung teil.

18      Am 7. April 2017 übermittelte die Kommission der Scania AB ein Tatbestandsschreiben nach Rn. 111 ihrer Bekanntmachung über bewährte Vorgehensweisen in Verfahren nach Artikel 101 und 102 [AEUV] (ABl. 2011, C 308, S. 6). Am 23. Juni 2017 übermittelte die Kommission dieses Tatbestandsschreiben auch der Scania CV AB und Scania DE.

19      Am 12. Mai 2017 übermittelte die Scania AB der Kommission ihre schriftliche Stellungnahme zu den Beweisen im Anhang des Tatbestandsschreibens, die auch den Standpunkt der Scania CV AB und von Scania DE widerspiegelte.

20      Am 27. September 2017 erließ die Kommission den streitigen Beschluss.

 Streitiger Beschluss

 Struktur des Lkw-Markts und Preisfestsetzungsmechanismus in der LkwIndustrie sowie bei Scania

21      Zur Struktur des Lkw-Markts führte die Kommission aus, er sei durch ein hohes Maß an Transparenz und Konzentration gekennzeichnet, wobei die Parteien mehrmals im Jahr Gelegenheit hätten, zusammenzukommen und die Marktlage zu erörtern. Durch den gesamten Austausch hätten sich die Parteien ein klares Bild von ihrer jeweiligen Wettbewerbssituation machen können.

22      Die Kommission wies ferner darauf hin, dass die Parteien, einschließlich Scania, auf den wichtigen nationalen Märkten über Tochtergesellschaften verfügten, die ihre Waren vertrieben. Diese nationalen Vertriebe hätten ihr eigenes Netz von Vertragshändlern. Scania verkaufe ihre Lkw über nationale Vertriebe, die in allen EWR-Staaten mit Ausnahme von [vertraulich] hundertprozentige Tochtergesellschaften von Scania seien. Die nationalen Vertriebe von Scania verkauften die vom Unternehmenssitz erworbenen Lkw an Händler, die entweder hundertprozentige Tochtergesellschaften oder unabhängige Unternehmen seien. In Deutschland verfüge Scania über [vertraulich] Händler, die hundertprozentige Tochtergesellschaften seien.

23      Zum Preisfestsetzungsmechanismus stellte die Kommission fest, dass dieser bei allen Parteien die gleichen Stufen umfasse und im Allgemeinen auf einer ersten Stufe mit der Erstellung einer ersten Bruttopreisliste durch den Unternehmenssitz beginne. Zudem würden auf einer zweiten Stufe für den Verkauf der Lkw auf den verschiedenen nationalen Märkten Verrechnungspreise zwischen dem Unternehmenssitz der Hersteller und den nationalen Vertreibern, die unabhängige Unternehmen oder hundertprozentige Tochterunternehmen des Unternehmenssitzes seien, festgesetzt. Darüber hinaus würden auf einer dritten Stufe die von den Händlern an die Vertreiber gezahlten Preise und auf einer vierten Stufe der von den Verbrauchern gezahlte Nettoendpreis festgesetzt, der von den Händlern ausgehandelt werde oder von den Herstellern selbst, wenn sie unmittelbar an Händler oder wichtige Kunden verkauften.

24      Die Kommission stellte fest, dass zwar der von den Verbrauchern gezahlte Nettoendpreis variieren könne, beispielsweise aufgrund der Anwendung unterschiedlicher Rabatte auf verschiedenen Ebenen der Vertriebskette, dass sich jedoch auf allen Stufen der Vertriebskette alle anwendbaren Preise unmittelbar (im Fall von Verrechnungspreisen zwischen dem Unternehmenssitz und dem Vertreiber) oder mittelbar (im Fall des vom Händler an den Vertreiber gezahlten Preises oder im Fall des vom Endkunden gezahlten Preises) aus dem ersten Bruttopreis ergäben. Somit zeige sich, dass die vom Unternehmenssitz erstellten ersten Bruttopreislisten einen gemeinsamen und grundlegenden Bestandteil der Preisberechnungen darstellten, die auf jeder Stufe der nationalen Vertriebsketten in ganz Europa anwendbar seien. Alle Parteien mit Ausnahme von [vertraulich] hätten vom Jahr 2000 bis zum Jahr 2006 Bruttopreislisten mit harmonisierten Bruttopreisen für den gesamten EWR erstellt.

25      Was konkret den Preisfestsetzungsmechanismus bei Scania und die an der Festsetzung beteiligten Akteure betreffe, erstelle der Unternehmenssitz von Scania die Liste der Bruttopreise ab Fabrik (Factory Gross Price List, im Folgenden: FGPL) für alle verfügbaren Komponenten eines Lkw.

26      Jeder nationale Vertreiber von Scania, beispielsweise Scania DE, handele mit dem Unternehmenssitz von Scania auf der Grundlage der ihm zur Verfügung gestellten FGPL einen „Nettopreis für den Vertreiber“, d. h. den Preis, den der Vertreiber für jede Komponente an den Unternehmenssitz zahle, aus. Der Nettopreis für den Vertreiber sei in einem Dokument mit der Bezeichnung „RPU“ (beruhend auf dem schwedischen Begriff „Representantuppgift“) aufgeführt, das die Differenz zwischen dem FGPL und dem Nettopreis für den Vertreiber im Hinblick auf Rabatte ausweise. Die dem Vertreiber gewährten Rabatte würden von [vertraulich] am Unternehmenssitz von Scania festgesetzt, jedoch auch im Preisausschuss diskutiert. Die endgültige Entscheidung über den Nettopreis für den Vertreiber von Scania treffe [vertraulich].

27      Zudem übermittle der nationale Vertreiber von Scania den Scania-Händlern in seinem Gebiet seine eigenen Bruttopreislisten (bestehend aus dem Nettopreis für den Vertreiber zuzüglich Gewinnspanne) für die verschiedenen verfügbaren Komponenten eines Lkw.

28      In der Folge handele der Scania-Händler mit dem Vertreiber einen „Nettopreis für den Händler“ aus, der auf der Bruttopreisliste des Vertreibers abzüglich eines erheblichen Preisnachlasses für den Händler beruhe.

29      Die Kunden, die die Lkw bei den Scania-Händlern kauften, zahlten den „Kundenpreis“. Der „Kundenpreis“ bestehe aus dem Nettopreis für den Händler zuzüglich der Gewinnspanne des Händlers und möglicher Kosten aufgrund einer Individualisierung des Lkw und abzüglich der dem Kunden angebotenen Rabatte und Sonderaktionen. Die Änderung des Preises auf irgendeiner Stufe der Vertriebskette habe begrenzten Einfluss oder gar keine Auswirkungen auf den vom Verbraucher gezahlten Endpreis.

30      Die FGPL hätten weltweite Geltung, während der Nettopreis für den Vertreiber und der Bruttolistenpreis des Vertreibers auf das Gebiet anwendbar seien, in dem der Vertreiber tätig sei. Ebenso gelte der vom Händler ausgehandelte Preis in dem Gebiet, in dem der Händler tätig sei.

31      Zu den Auswirkungen von Preiserhöhungen auf europäischer Ebene auf die Preise auf nationaler Ebene sei festzustellen, dass die nationalen Vertreiber der Hersteller, wie Scania DE, bei der Festlegung der Bruttopreise und der Erstellung der Bruttopreislisten nicht unabhängig seien und dass alle auf jeder Stufe der Vertriebskette bis zum Endverbraucher angewandten Preise auf den gesamteuropäischen Bruttopreislisten beruhten, die auf der Ebene des Unternehmenssitzes festgelegt würden.

32      Daraus folge, dass eine auf der Ebene des Unternehmenssitzes beschlossene Erhöhung der Preise auf der gesamteuropäischen Bruttopreisliste die Entwicklung des „Nettopreises für den Vertreiber“, d. h. des Preises, den der Vertreiber an den Unternehmenssitz für den Kauf eines Lkw zahle, bestimme. Folglich beeinflusse die Erhöhung der genannten Bruttopreise durch den Unternehmenssitz auch das Bruttopreisniveau des Vertreibers, nämlich den Preis, den der Händler an den Vertreiber zahle, auch wenn der Endkundenpreis nicht notwendigerweise im gleichen Verhältnis oder gar nicht geändert werde.

 Kollusive Kontakte zwischen Scania und den Vergleichsparteien

33      Im streitigen Beschluss stellte die Kommission fest, dass Scania an kollusiven Treffen und Kontakten mit den Vergleichsparteien in verschiedenen Foren und auf verschiedenen Ebenen teilgenommen habe, die sich im Laufe der Zeit entwickelt hätten, während die teilnehmenden Unternehmen, die Ziele und die betroffenen Waren gleich geblieben seien.

34      Von der Kommission wurden drei Ebenen von kollusiven Kontakten ermittelt.

35      Erstens stellte sie fest, dass in den ersten Jahren der Zuwiderhandlung die Führungskräfte der Kartellteilnehmer ihre Preisabsichten, zukünftige Bruttopreiserhöhungen, manchmal auch die Entwicklung der Nettoverbraucherpreise diskutiert hätten und sich manchmal auf die Erhöhung ihrer Bruttopreise verständigt hätten. Im streitigen Beschluss bezeichnete die Kommission diese Ebene der kollusiven Kontakte als „Führungsebene“ (Top-Management). Sie fügte hinzu, bei Treffen auf Führungsebene hätten sich die Kartellteilnehmer außerdem über den Zeitplan und die Weitergabe der Kosten für die Einführung mit den Euro-3- bis Euro-5-Normen konformer Lkw-Modelle geeinigt, und bei einigen Gelegenheiten sei vereinbart worden, die betreffenden Technologien nicht vor einem bestimmten Zeitpunkt einzuführen. Die Treffen auf Führungsebene hätten zwischen 1997 und 2004 stattgefunden.

36      Zweitens stellte sie fest, dass während eines begrenzten Zeitraums und parallel zu den Treffen auf Führungsebene mittlere Führungskräfte in den Unternehmenssitzen der Kartellteilnehmer Gespräche geführt hätten, die neben dem Austausch technischer Informationen einen Austausch über Preise und Bruttopreiserhöhungen umfasst hätten. Im streitigen Beschluss bezeichnete die Kommission diese Ebene der kollusiven Kontakte als „untere Ebene des Unternehmenssitzes“ (lower headquarters level). Die Treffen auf unterer Ebene des Unternehmenssitzes hätten von 2000 bis 2008 stattgefunden.

37      Drittens stellte sie fest, dass die Kartellteilnehmer nach der Einführung des Euro und von Bruttolistenpreisen auf europäischer Ebene durch gleichsam alle Lkw-Hersteller die systematische Koordinierung ihrer künftigen Preisabsichten über ihre deutschen Tochtergesellschaften fortgesetzt hätten. Im streitigen Beschluss bezeichnete die Kommission diese Ebene der kollusiven Kontakte als „deutsche Ebene“ (German level meetings). Sie führte zudem aus, die Vertreter der deutschen Tochtergesellschaften hätten in gleicher Weise wie die Kontakte in den ersten Jahren des Kartells künftige Erhöhungen der Bruttopreise sowie den Zeitplan und die Weitergabe der Kosten für die Einführung der aufgrund der Euro-5- und Euro-6-Normen vorgeschriebenen Abgastechnologien für mittlere und schwere Lkw besprochen. Sie hätten auch andere sensible wirtschaftliche Informationen ausgetauscht. Die Treffen auf deutscher Ebene hätten ab dem Jahr 2004 stattgefunden.

 Anwendung von Art. 101 AEUV und von Art. 53 des EWR-Abkommens

38      Nach Ansicht der Kommission belegten die schriftlichen Beweise in den Akten, dass es bei den genannten Kontakten um Folgendes gegangen sei:

–        um die von den Kartellbeteiligten geplanten Änderungen der Bruttopreise, der Bruttopreislisten, des Zeitplans für diese Änderungen sowie gelegentlich um einen Austausch über geplante Änderungen der Nettopreise oder über Änderungen der Kundenrabatte,

–        um den Zeitpunkt der Einführung von Abgastechnologien für mittlere und schwere Lkw, die aufgrund der Euro-3- bis Euro-6-Normen vorgeschrieben gewesen seien, sowie die Weitergabe der Kosten für die Einführung dieser Technologien und

–        um den Austausch sonstiger wettbewerbsrelevanter Informationen, wie Informationen über Zielmarktanteile, aktuelle Nettopreise und Rabatte, Bruttopreislisten (auch vor deren Inkrafttreten), Lkw-Konfiguratoren, Bestellungen und Lagerbestände.

39      Die Parteien hätten multilaterale Kontakte auf verschiedenen Ebenen und bisweilen gemeinsame Kontakte und Treffen auf verschiedenen Ebenen gehabt. Diese Kontakte seien durch ihren Inhalt, ihren Zeitpunkt, offene Bezugnahmen aufeinander und die gegenseitige Übermittlung der erhaltenen Informationen miteinander verknüpft gewesen.

40      Diese Tätigkeiten hätten eine Form der Koordinierung und Zusammenarbeit dargestellt, mit der die Parteien bewusst eine praktische Zusammenarbeit an die Stelle des mit Risiken verbundenen Wettbewerbs hätten treten lassen. Das in Rede stehende Verhalten sei in Form einer abgestimmten Verhaltensweise oder einer Vereinbarung erfolgt, bei der die konkurrierenden Unternehmen die Geschäftspolitik, die sie auf dem Markt zu betreiben beabsichtigt hätten, nicht eigenständig bestimmt hätten, sondern stattdessen ihr Preisverhalten durch unmittelbare Kontakte koordiniert und die Einführung der Technologien koordiniert verzögert hätten. Zudem habe die systematische Beteiligung an kollusiven Kontakten ein Klima gegenseitiger Verständigung über die Preispolitik der Parteien geschaffen.

41      Scania sei während der gesamten Dauer der Zuwiderhandlung regelmäßig an den verschiedenen Formen der Absprachen beteiligt gewesen, so dass die Zuwiderhandlung, an der Scania beteiligt gewesen sei, die Form einer Vereinbarung und/oder abgestimmten Verhaltensweise im Sinne von Art. 101 AEUV und von Art. 53 des EWR-Abkommens gehabt habe.

42      Zur Wettbewerbsbeschränkung stellte die Kommission fest, dass Scania an den oben in Rn. 38 beschriebenen kollusiven Kontakten beteiligt gewesen sei und dass sämtliche Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen, an denen sie beteiligt gewesen sei, eine Beschränkung des Wettbewerbs im Sinne von Art. 101 AEUV bezweckt hätten.

43      Die Vereinbarungen und/oder aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen zwischen Scania und den Vergleichsparteien hätten eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV sowie gegen Art. 53 des EWR-Abkommens im Zeitraum vom 17. Januar 1997 bis zum 18. Januar 2011 dargestellt. Die Zuwiderhandlung habe in einer Kollusion hinsichtlich der Preise und Bruttopreiserhöhungen im EWR für mittlere und schwere Lkw sowie hinsichtlich des Zeitplans und der Weitergabe der Kosten für die Einführung der aufgrund der Euro-3- bis Euro-6-Normen vorgeschriebenen Abgastechnologien für diese Lkw bestanden.

44      Im Einzelnen hätten die Parteien mit ihren wettbewerbswidrigen Kontakten einen gemeinsamen Plan mit einem einheitlichen wettbewerbswidrigen Ziel verfolgt, und Scania habe von der allgemeinen Reichweite und den wesentlichen Merkmalen des Netzes kollusiver Kontakte Kenntnis gehabt oder hätte sie haben müssen und habe die Absicht gehabt, durch ihre Handlungen zu dem fraglichen Kartell beizutragen.

45      Das einheitliche wettbewerbswidrige Ziel habe in der Beschränkung des Wettbewerbs auf dem Markt für mittlere und schwere Lkw im EWR bestanden. Dieses Ziel sei durch Praktiken zur Verringerung der strategischen Ungewissheit zwischen den Parteien hinsichtlich der künftigen Preise und Bruttopreiserhöhungen sowie des Zeitplans und der Weitergabe der Kosten für die Einführung den Umweltnormen entsprechender Lkw erreicht worden.

 Adressaten des streitigen Beschlusses

46      Die Kommission richtete den streitigen Beschluss erstens an die Scania CV AB und an Scania DE, die sie in den folgenden Zeiträumen als unmittelbar für die Zuwiderhandlung verantwortlich erachtete:

–        die Scania CV AB im Zeitraum vom 17. Januar 1997 bis zum 27. Februar 2009 und

–        Scania DE im Zeitraum vom 20. Januar 2004 bis zum 18. Januar 2011.

47      Zweitens stellte die Kommission fest, dass die Scania AB im Zeitraum vom 17. Januar 1997 bis zum 18. Januar 2011 unmittelbar oder mittelbar sämtliche Anteile an der Scania CV AB gehalten habe, die ihrerseits unmittelbar oder mittelbar sämtliche Anteile an Scania DE gehalten habe. Infolgedessen habe sie den angefochtenen Beschluss auch an folgende juristische Personen gerichtet, die als Muttergesellschaften gesamtschuldnerisch hafteten:

–        an die Scania AB, die zum einen im Zeitraum vom 17. Januar 1997 bis zum 27. Februar 2009 für das Verhalten der Scania CV AB und zum anderen im Zeitraum vom 20. Januar 2004 bis zum 18. Januar 2011 für das Verhalten von Scania DE hafte, und

–        an die Scania CV AB als Verantwortliche für das Verhalten von Scania DE im Zeitraum vom 20. Januar 2004 bis zum 18. Januar 2011.

 Höhe der Geldbuße

48      Die Kommission setzte die Geldbuße auf 880 523 000 Euro fest.

 Klage vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

49      Mit Klageschrift, die am 11. Dezember 2017 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhoben die Rechtsmittelführerinnen Klage auf Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses, hilfsweise auf teilweise Nichtigerklärung dieses Beschlusses und Herabsetzung der gegen sie verhängten Geldbußen sowie jedenfalls auf Herabsetzung der Geldbußen gemäß Art. 261 AEUV und Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003.

50      Mit Schreiben vom 5. Juni 2020 beantragten die Rechtsmittelführerinnen, der Öffentlichkeit bestimmte im Sitzungsbericht enthaltene Angaben nicht zugänglich zu machen. Mit Schreiben vom selben Tag beantragte auch die Kommission, bestimmte insbesondere im Sitzungsbericht und im angefochtenen Urteil enthaltene Angaben der Öffentlichkeit nicht zugänglich zu machen.

51      Auf den letztgenannten Antrag hin hat das Gericht im angefochtenen Urteil entschieden, in dessen nicht vertraulicher Fassung die Namen der natürlichen Personen zu anonymisieren und die Bezeichnungen anderer juristischer Personen als der Klägerinnen unkenntlich zu machen. Es hat ferner entschieden, bestimmte, insbesondere den Preisfestsetzungsmechanismus bei Scania und die Berechnung der gegen sie verhängten Geldbuße betreffende Angaben unkenntlich zu machen, soweit dies das Verständnis der nicht vertraulichen Fassung des Urteils nicht berührt.

52      Zur Stützung ihrer Klage machten die Rechtsmittelführerinnen neun Klagegründe geltend.

53      Der erste Klagegrund wurde auf eine Verletzung der Verteidigungsrechte, des Grundsatzes der ordnungsgemäßen Verwaltung und der Unschuldsvermutung gestützt. Mit dem zweiten Klagegrund wurde ein Verstoß gegen Art. 48 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) sowie gegen Art. 27 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 1/2003 gerügt.

54      Die Klagegründe drei bis sieben betrafen im Wesentlichen die Feststellung der Kommission, dass eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung vorliege, die Scania zuzurechnen sei. Im Einzelnen machten die Rechtsmittelführerinnen mit ihrem dritten Klagegrund eine fehlerhafte Anwendung von Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens geltend, soweit der Informationsaustausch auf der unteren Ebene des Unternehmenssitzes als Zuwiderhandlung gegen diese Artikel angesehen worden sei. Mit ihrem vierten Klagegrund rügten sie einen Verstoß gegen die Begründungspflicht und eine fehlerhafte Anwendung der genannten Artikel, soweit die Kommission davon ausgegangen sei, dass sie eine Vereinbarung über den Zeitplan für die Markteinführung von Abgastechnologien geschlossen oder ihre Verhaltensweise aufeinander abgestimmt hätten. Ihr fünfter Klagegrund betraf eine fehlerhafte Anwendung der fraglichen Artikel, soweit die Kommission den Informationsaustausch auf deutscher Ebene als „bezweckte“ Zuwiderhandlung eingestuft habe. Mit ihrem sechsten Klagegrund machten sie eine fehlerhafte Anwendung von Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens geltend, soweit die Kommission davon ausgegangen sei, dass sich der geografische Umfang der Zuwiderhandlung auf deutscher Ebene auf das gesamte Gebiet des EWR erstreckt habe Mit ihrem siebten Klagegrund rügten sie eine fehlerhafte Anwendung dieser Artikel, soweit die Kommission die Ansicht vertreten habe, dass das festgestellte Verhalten eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung darstelle und die Rechtsmittelführerinnen hierfür haftbar seien.

55      Mit dem achten Klagegrund beanstandeten sie eine fehlerhafte Anwendung der genannten Artikel sowie von Art. 25 der Verordnung Nr. 1/2003, soweit die Kommission eine Geldbuße wegen eines verjährten Verhaltens verhängt und jedenfalls nicht berücksichtigt habe, dass dieses Verhalten nicht fortgesetzt worden sei. Mit ihrem neunten und letzten Klagegrund machten sie geltend, es liege ein Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und den Grundsatz der Gleichbehandlung hinsichtlich der Höhe der Geldbuße vor, und die Geldbuße müsse jedenfalls nach Art. 261 AEUV und Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003 herabgesetzt werden.

56      Im angefochtenen Urteil hat das Gericht alle Klagegründe als unbegründet zurückgewiesen. Zum Antrag auf Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung hat es ausgeführt, dass nichts in den Rügen, Argumenten und rechtlichen sowie tatsächlichen Umständen, die von den Rechtsmittelführerinnen im Rahmen aller geprüften Klagegründe vorgetragen worden seien, den Schluss zulasse, dass die Höhe der durch den streitigen Beschluss verhängten Geldbußen abzuändern sei. Es hat daher die Klage in vollem Umfang abgewiesen und den Rechtsmittelführerinnen die Kosten auferlegt.

 Verfahren vor dem Gerichtshof und Anträge der Parteien

57      Mit Rechtsmittelschrift, die am 8. April 2022 eingegangen ist, haben die Rechtsmittelführerinnen das vorliegende Rechtsmittel eingelegt. Am selben Tag haben sie ferner beantragt, die oben in Rn. 51 genannten Angaben gegenüber der Öffentlichkeit in gleicher Weise wie vor dem Gericht vertraulich zu behandeln.

58      Mit Schriftsatz vom 29. April 2022 hat die Kommission ebenfalls beantragt, bestimmte Daten gegenüber der Öffentlichkeit vertraulich zu behandeln.

59      Mit Beschluss vom 12. Juli 2022 hat der Präsident des Gerichtshofs diesen Anträgen auf vertrauliche Behandlung stattgegeben.

60      Mit ihrem Rechtsmittel beantragen die Rechtsmittelführerinnen,

–        das angefochtene Urteil ganz oder teilweise aufzuheben,

–        den streitigen Beschluss ganz oder teilweise für nichtig zu erklären und/oder die gegen sie verhängten Geldbußen zu streichen oder herabzusetzen,

–        hilfsweise, die Rechtssache an das Gericht zurückzuverweisen, und

–        der Kommission die Kosten einschließlich der im Rechtsmittelverfahren entstandenen Kosten aufzuerlegen.

61      Die Kommission beantragt,

–        das Rechtsmittel zurückzuweisen und

–        den Rechtsmittelführerinnen die Kosten aufzuerlegen.

 Zum Rechtsmittel

62      Die Rechtsmittelführerinnen stützen ihr Rechtsmittel auf vier Gründe. Der erste Rechtsmittelgrund betrifft im Wesentlichen einen Verstoß gegen das in Art. 41 Abs. 1 der Charta verankerte Recht auf eine gute Verwaltung. Mit dem zweiten Rechtsmittelgrund machen sie eine Verletzung von Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens geltend, da das Gericht den geografischen Umfang des Verhaltens auf deutscher Ebene auf das gesamte Gebiet des EWR erstreckt habe. Mit ihrem dritten Rechtsmittelgrund rügen sie im Wesentlichen eine Verletzung der beiden letztgenannten Artikel durch das Gericht, da es eine Reihe von Handlungen mit Kontakten auf drei verschiedenen Ebenen als einheitliche Zuwiderhandlung eingestuft habe. Der vierte Rechtsmittelgrund betrifft ebenfalls eine Verletzung dieser Artikel sowie von Art. 25 der Verordnung Nr. 1/2003 und wird darauf gestützt, dass das Gericht eine Geldbuße wegen eines verjährten Verhaltens aufrechterhalten habe.

 Zum ersten Rechtsmittelgrund

 Vorbringen der Parteien

63      Mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund machen die Rechtsmittelführerinnen geltend, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, indem es ihr Vorbringen zurückgewiesen habe, wonach die Kommission dadurch gegen Art. 41 Abs. 1 der Charta verstoßen habe, dass sie den Vergleichsbeschluss erlassen und ihre Untersuchung gegen die Rechtsmittelführerinnen fortgesetzt habe, ohne damit ein anderes Team als das zu betrauen, das in der zu diesem Beschluss führenden Sache tätig geworden sei.

64      Erstens habe das Gericht nicht geprüft, ob das nach dem Erlass des Vergleichsbeschlusses wiederaufgenommene Verwaltungsverfahren gegen Scania mit dem Grundsatz der objektiven Unparteilichkeit vereinbar sei. Zu verweisen sei dabei insbesondere auf die Erwägungen in den Rn. 129, 147 und 151 des angefochtenen Urteils zur Beachtung des Grundsatzes der Unparteilichkeit im Kontext eines zeitlich gestaffelten „hybriden“ Verfahrens wie des hier in Rede stehenden. Aufgrund des Erlasses des Vergleichsbeschlusses habe die Kommission ein zusätzliches Erfordernis erfüllen müssen, denn sie habe dafür sorgen müssen, dass nicht nur der sogenannte „Tabula-rasa-Grundsatz“ gewahrt werde, sondern auch der Eindruck ihrer Unparteilichkeit. Obwohl das Gericht in Rn. 151 im Wesentlichen anerkannt habe, dass es unter solchen Umständen gerechtfertigt sein könnte, die Akten zwei verschiedenen Teams zuzuweisen, habe es daraus nicht die richtige rechtliche Schlussfolgerung gezogen und die Frage der Unparteilichkeit nur unter dem Aspekt der subjektiven Unparteilichkeit behandelt.

65      Insbesondere habe das Gericht in Rn. 151 des angefochtenen Urteils ausgeführt, Scania habe nicht dargelegt, inwiefern der Umstand, dass dieselben Dienststellen der Kommission am Erlass sowohl des Vergleichsbeschlusses als auch des streitigen Beschlusses beteiligt gewesen seien, „für sich genommen“ als Beweis geeignet sein solle, dass keine unparteiische Prüfung der Sache in Bezug auf sie stattgefunden habe. Anschließend habe es in Rn. 152 festgestellt, dass Scania nicht dargelegt habe, dass die Kommission „unter Verstoß gegen den Grundsatz der subjektiven Unparteilichkeit … eine persönliche Voreingenommenheit oder Vorurteile gegenüber Scania geäußert hätte“. Dadurch habe das Gericht einen Rechtsfehler begangen, indem es seine Beurteilung auf die „subjektive“ Unparteilichkeit beschränkt habe, ohne den rechtlich getrennten Grundsatz der „objektiven“ Unparteilichkeit zu prüfen.

66      Zweitens sei, selbst wenn der Gerichtshof der Auffassung sein sollte, dass das Gericht den Grundsatz der objektiven Unparteilichkeit geprüft habe, seine Beurteilung dieses Grundsatzes jedenfalls rechtsfehlerhaft. Das angefochtene Urteil enthalte nichts, das den Schluss zuließe, dass die Kommission den Grundsatz der objektiven Unparteilichkeit trotz des Umstands beachtet habe, dass dieselben Dienststellen der Kommission am Erlass des Vergleichsbeschlusses und des streitigen Beschlusses beteiligt gewesen seien, zumal das Gericht in Rn. 151 des Urteils ausdrücklich anerkannt habe, dass dieser Umstand es „erschwert …, zu gewährleisten, dass die Prüfung der ein Unternehmen betreffenden Tatsachen und Beweise nach Erlass des Vergleichsbeschlusses nach dem … ‚Tabula-rasa‘-Grundsatz erfolgt“.

67      Dies wecke Zweifel an der Unparteilichkeit der Kommission. In Rn. 151 des angefochtenen Urteils gebe das Gericht auch an, wie die Kommission hätte vorgehen können, um solche Zweifel auszuräumen, und zwar hätte sie „die Akten zwei verschiedenen Teams [zuweisen]“ sollen, d. h., sie hätte mit dem ordentlichen Verfahren, das zum Erlass des streitigen Beschlusses geführt habe, ein anderes Team betrauen sollen als das, das am Vergleichsverfahren mitgewirkt habe. Somit ergebe sich schon aus den vom Gericht selbst in seinem Urteil angestellten Erwägungen, dass die Kommission dadurch gegen Art. 41 Abs. 1 der Charta verstoßen habe, dass dieselben Dienststellen den Vergleichsbeschluss erlassen und die Untersuchung gegen Scania fortgesetzt hätten. Das Gericht habe jedoch verkannt, dass die Kommission keine hinreichenden Garantien geboten habe, um jeden berechtigten Zweifel an ihrer objektiven Unparteilichkeit bei der Durchführung dieses ordentlichen Verfahrens auszuräumen, und damit einen Rechtsfehler begangen.

68      Die Kommission hält dieses Vorbringen für nicht stichhaltig.

 Würdigung durch den Gerichtshof

69      Erstens ist zum Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen, mit dem sie dem Gericht vorwerfen, nicht geprüft zu haben, ob die Wiederaufnahme des Verwaltungsverfahrens gegen Scania nach dem Erlass des Vergleichsbeschlusses mit dem Grundsatz der objektiven Unparteilichkeit im Einklang stehe, darauf hinzuweisen, dass die Kommission nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs im Verwaltungsverfahren die Grundrechte der betroffenen Unternehmen zu beachten hat. Dabei ist der Grundsatz der Unparteilichkeit, der zum Recht auf eine gute Verwaltung gehört, von der Unschuldsvermutung zu unterscheiden (Urteil vom 12. Januar 2023, HSBC Holdings u. a./Kommission, C‑883/19 P, EU:C:2023:11, Rn. 76 und die dort angeführte Rechtsprechung).

70      Das in Art. 41 der Charta verankerte Recht auf eine gute Verwaltung beinhaltet, dass jede Person u. a. ein Recht darauf hat, dass ihre Angelegenheiten von den Organen der Europäischen Union unparteiisch behandelt werden. Dieses Unparteilichkeitsgebot umfasst zum einen die subjektive Unparteilichkeit in dem Sinne, dass kein Mitglied des betroffenen Organs, das mit der Sache befasst ist, Voreingenommenheit oder persönliche Vorurteile an den Tag legen darf, und zum anderen die objektive Unparteilichkeit in dem Sinne, dass das Organ hinreichende Garantien bieten muss, um jeden berechtigten Zweifel in dieser Hinsicht auszuschließen (Urteil vom 12. Januar 2023, HSBC Holdings u. a./Kommission, C‑883/19 P, EU:C:2023:11, Rn. 77 und die dort angeführte Rechtsprechung).

71      Im vorliegenden Fall hat das Gericht in den Rn. 144 und 145 des angefochtenen Urteils darauf hingewiesen, was das Recht auf eine gute Verwaltung nach der in den beiden vorstehenden Randnummern angeführten Rechtsprechung impliziert.

72      Sodann hat es in Rn. 147 des angefochtenen Urteils das Vorbringen der Kommission zurückgewiesen, wonach unter Umständen wie denen des vorliegenden Falles ein Verstoß gegen den Grundsatz der Unparteilichkeit nur als mögliche Folge eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Unschuldsvermutung beim Erlass des Vergleichsbeschlusses zu beurteilen sei, und ausgeführt, dass sich ein solcher Verstoß auch aus anderen Versäumnissen der Kommission ergeben könne, hinreichende Garantien zu bieten, um jeden berechtigten Zweifel im Sinne der Rechtsprechung an ihrer Unparteilichkeit bei der Durchführung des ordentlichen Verwaltungsverfahrens auszuschließen.

73      In Rn. 148 des angefochtenen Urteils hat das Gericht jedoch festgestellt, dass keines der von den Rechtsmittelführerinnen vorgebrachten Argumente den Schluss zulasse, dass die Kommission im vorliegenden Fall bei diesem Verfahren nicht alle Garantien geboten hätte, um jeden berechtigten Zweifel an ihrer Unparteilichkeit bei der Prüfung der Sache in Bezug auf Scania auszuschließen. Es hat diese Feststellung in den Rn. 149 bis 164 des angefochtenen Urteils durch eine Analyse der vorgebrachten Argumente untermauert.

74      Insbesondere hat es in Rn. 151 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass die Beteiligung derselben Dienststellen am Erlass sowohl des Vergleichsbeschlusses als auch des streitigen Beschlusses es erschwere, zu gewährleisten, dass die Prüfung der ein Unternehmen betreffenden Tatsachen und Beweise nach Erlass des Vergleichsbeschlusses „nach dem … ‚Tabula-rasa‘-Grundsatz“ erfolge, was es rechtfertigen könnte, die Akten zwei verschiedenen Teams zuzuweisen, um die insoweit bestehenden Zweifel auszuräumen. In Rn. 152 des Urteils hat es allerdings hinzugefügt, die Rechtsmittelführerinnen hätten nicht dargetan, dass ein am Erlass des streitigen Beschlusses beteiligtes Mitglied der Kommission oder eine daran beteiligte Dienststelle „unter Verstoß gegen den Grundsatz der subjektiven Unparteilichkeit“ und insbesondere aufgrund einer Beteiligung am Erlass des Vergleichsbeschlusses eine persönliche Voreingenommenheit oder ein Vorurteil gegenüber Scania geäußert hätte.

75      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei dem Vergleichsverfahren um ein Verwaltungsverfahren handelt, das alternativ zum ordentlichen Verfahren durchgeführt wird, sich von diesem unterscheidet und einige Besonderheiten aufweist. Überdies finden, wenn das betreffende Unternehmen keine Vergleichsausführungen unterbreitet, auf das zur endgültigen Entscheidung führende Verfahren anstelle der für das Vergleichsverfahren geltenden Bestimmungen die allgemeinen Bestimmungen der Verordnung Nr. 773/2004 Anwendung. Schließlich ist die Kommission im ordentlichen Verfahren, in dem die Verantwortlichkeiten noch nachgewiesen werden müssen, nur an die Mitteilung der Beschwerdepunkte gebunden und verpflichtet, die von ihr in diesem Verfahren gewonnenen neuen Erkenntnisse zu berücksichtigen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Januar 2017, Timab Industries und CFPR/Kommission, C‑411/15 P, EU:C:2017:11, Rn. 136).

76      Somit bringt der vom Gericht in Rn. 129 des angefochtenen Urteils, in der im Wesentlichen die in der vorstehenden Randnummer wiedergegebenen Erwägungen aufgegriffen werden, erwähnte „Tabula-rasa-Grundsatz“ lediglich die Feststellung zum Ausdruck, dass die Unschuldsvermutung bei dem oder den Unternehmen, die beschließen, das Vergleichsverfahren mit der Kommission nicht fortzusetzen, beachtet werden muss.

77      Daraus folgt zum einen, dass der „Tabula-rasa-Grundsatz“ für die vom Gericht in der Rechtssache, mit der es befasst war, vorzunehmende Prüfung, ob die Kommission den Grundsatz der Unparteilichkeit beachtet hatte, keine Rolle spielte, und zum anderen, dass jedenfalls entgegen den Ausführungen des Gerichts die Beteiligung derselben Dienststellen am Erlass sowohl des Vergleichsbeschlusses als auch des streitigen Beschlusses keine Schwierigkeit in Bezug auf die Einhaltung des „Tabula-rasa-Grundsatzes“ mit sich brachte. Ein Wechsel des bei der Kommission für eine Akte zuständigen Teams liefe vielmehr den Grundsätzen der ordnungsgemäßen Verwaltung und der zügigen Durchführung des Verwaltungsverfahrens zuwider.

78      Das Gericht hat jedoch aus der im zweiten Satz von Rn. 151 des angefochtenen Urteils enthaltenen, oben in Rn. 74 wiedergegebenen fehlerhaften Erwägung keine Schlüsse gezogen, so dass die dagegen gerichtete Kritik der Rechtsmittelführerinnen ins Leere geht.

79      Sollte das Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen dahin zu verstehen sein, dass sie geltend machen, das Gericht hätte davon ausgehen müssen, dass die Zuständigkeit desselben Teams für die Sache während des gesamten in Rede stehenden zeitlich gestaffelten „hybriden“ Verfahrens zwangsläufig einen Verstoß der Kommission gegen ihre Pflicht zu objektiver Unparteilichkeit darstelle, ist darauf hinzuweisen, dass der bloße Umstand, dass für die verschiedenen aufeinanderfolgenden Phasen der Untersuchung, die zum Erlass des Vergleichsbeschlusses und sodann des streitigen Beschlusses führte, dasselbe Team der Kommission zuständig war, für sich genommen, ohne jeden sonstigen objektiven Anhaltspunkt, keinen Zweifel an der Unparteilichkeit dieses Organs wecken kann (vgl. entsprechend Urteil vom 1. Juli 2008, Chronopost und La Poste/UFEX u. a., C‑341/06 P und C‑342/06 P, EU:C:2008:375, Rn. 56).

80      Die Rechtsmittelführerinnen haben aber nicht dargetan, dass sie vor dem Gericht solche objektiven Anhaltspunkte geltend gemacht hatten. Außerdem enthält das Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen keinen Beleg dafür, dass das Gericht es versäumt hat, zu prüfen, ob sich die Kommission im vorliegenden Fall so verhalten hatte, wie der Grundsatz der objektiven Unparteilichkeit es gebot.

81      In Rn. 152 des angefochtenen Urteils hat das Gericht nämlich ausgeführt, die Rechtsmittelführerinnen hätten nicht dargelegt, dass das mit der Sache befasste Team oder ein Mitglied dieses Teams im ordentlichen Verfahren ein Vorurteil gegenüber Scania geäußert hätte; anders als die Rechtsmittelführerinnen im Wesentlichen geltend machen, ist Rn. 152 weder der einzige Grund, auf dem die Feststellung des Gerichts beruht, dass die Kommission im vorliegenden Fall nicht gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung verstoßen habe, noch lässt er den Schluss zu, dass das Gericht es in diesem Rahmen versäumt hätte, die Vereinbarkeit des Verhaltens der Kommission mit dem Grundsatz der objektiven Unparteilichkeit zu prüfen.

82      So ergibt sich aus einer Gesamtbetrachtung der Rn. 100 bis 104 und 148 bis 164 des angefochtenen Urteils, dass das Gericht anhand des ihm hierzu von den Rechtsmittelführerinnen unterbreiteten Vorbringens nicht nur auf den „subjektiven“, sondern auch auf den „objektiven“ Aspekt des Grundsatzes der Unparteilichkeit eingegangen ist.

83      Insbesondere hat das Gericht zur objektiven Unparteilichkeit zunächst in den Rn. 100 und 101 des angefochtenen Urteils auf die Rechtsprechungsgrundsätze hingewiesen, die gelten, wenn die Kommission auf ein sogenanntes „hybrides“ Verfahren zurückgreift, und daraus in Rn. 104 des Urteils geschlossen, dass entgegen dem wesentlichen Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen der Rückgriff auf „hybride“ Verfahren, in denen der Erlass des Vergleichsbeschlusses und des Beschlusses im Anschluss an das ordentliche Verfahren zeitlich gestaffelt sind, im Rahmen der Anwendung von Art. 101 AEUV für sich genommen nicht unter allen Umständen einen Verstoß u. a. gegen die Pflicht zur Unparteilichkeit darstelle. Es hat daraus in Rn. 105 des Urteils gefolgert, dass die Kommission berechtigt gewesen sei, auf ein solches hybrides Verfahren zurückzugreifen, sofern sie u. a. dieser Pflicht nachgekommen sei; dies hat es sodann in den Rn. 143 ff. des Urteils geprüft.

84      Insoweit hat es insbesondere in Rn. 145 des angefochtenen Urteils auf die oben in Rn. 70 angeführten Rechtsprechungsgrundsätze hingewiesen und in dessen Rn. 148 bis 164 das Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen geprüft, wonach die Kommission ihnen im vorliegenden Fall nicht alle Garantien geboten habe, um jeden berechtigten Zweifel an ihrer Unparteilichkeit bei der Prüfung der sie betreffenden Sache auszuschließen.

85      Das Gericht hat im Wesentlichen zunächst in Rn. 104 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass der Rückgriff der Kommission auf ein hybrides Verfahren für sich genommen nicht den Schluss zulasse, dass sie gegen ihre Pflicht zur Unparteilichkeit verstoßen habe, sodann in Rn. 149 des Urteils, dass die Kommission, wenn sie im Rahmen des ordentlichen Verfahrens die von den Parteien, die sich entschlossen hätten, nicht am Vergleichsverfahren teilzunehmen, vorgelegten Beweise prüfe, in keiner Weise an die Tatsachenfeststellungen und rechtlichen Bewertungen gebunden sei, die sie im Vergleichsbeschluss gegenüber den Parteien getroffen habe, die sich für einen Vergleich entschieden hätten, und schließlich in Rn. 159 des Urteils, dass die Rechtsmittelführerinnen der Kommission nicht vorgeworfen hätten, im Verwaltungsverfahren, das zum Erlass des streitigen Beschlusses geführt habe, nicht alle Verfahrensgarantien im Zusammenhang mit der wirksamen Ausübung ihrer Verteidigungsrechte beachtet zu haben, wie sie insbesondere in den allgemeinen Bestimmungen der Verordnung Nr. 773/2004 vorgesehen seien. Dadurch hat es sich zumindest implizit, aber zwangsläufig mit dem „objektiven“ Aspekt der von der Kommission zu beachtenden Pflicht zur Unparteilichkeit befasst. Diese Gesichtspunkte belegen nämlich, dass das Gericht geprüft hat, ob den Rechtsmittelführerinnen hinreichende Garantien geboten worden waren, um jeden berechtigten Zweifel an der objektiven Unparteilichkeit der Kommission auszuschließen.

86      Zweitens ist zum Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen, mit dem sie im Wesentlichen geltend machen, das Gericht habe den Grundsatz der objektiven Unparteilichkeit jedenfalls rechtsfehlerhaft gewürdigt, darauf hinzuweisen, dass sie mit diesem Vorbringen dem Gericht zum einen vorwerfen, seine Beurteilung, wonach die Kommission den Grundsatz der Unparteilichkeit beachtet habe, nicht begründet zu haben. Sie machen somit im Wesentlichen geltend, das Gericht habe seine Begründungspflicht verletzt. Wie sich aus den Rn. 80 bis 85 des vorliegenden Urteils ergibt, hat das Gericht das angefochtene Urteil aber insoweit ordnungsgemäß begründet.

87      Zum anderen genügt, soweit sich die Rechtsmittelführerinnen auf die Erwägung in Rn. 151 des angefochtenen Urteils stützen, wonach die Beteiligung derselben Dienststellen der Kommission am Erlass sowohl des Vergleichsbeschlusses als auch des streitigen Beschlusses die Einhaltung des „Tabula-rasa-Grundsatzes“ erschwert habe, der Hinweis, dass diese Erwägung mit einem Rechtsfehler behaftet ist (siehe oben, Rn. 77).

88      Nach alledem ist der erste Rechtsmittelgrund zurückzuweisen.

 Zum zweiten Rechtsmittelgrund

89      Mit ihrem zweiten Rechtsmittelgrund machen die Rechtsmittelführerinnen im Wesentlichen geltend, das Gericht habe gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens verstoßen, indem es den geografischen Umfang des Verhaltens auf deutscher Ebene auf das gesamte Gebiet des EWR erstreckt habe. Dieser Rechtsmittelgrund besteht aus vier Teilen.

 Zum ersten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes

–       Vorbringen der Parteien

90      Mit dem ersten Teil ihres zweiten Rechtsmittelgrundes machen die Rechtsmittelführerinnen unter Bezugnahme auf Rn. 421 des angefochtenen Urteils geltend, das Gericht habe zum einen dadurch einen Rechtsfehler begangen, dass es zu dem Ergebnis gelangt sei, dass es bei der Ermittlung des geografischen Umfangs einer abgestimmten Verhaltensweise nur die Tragweite der erhaltenen Informationen habe berücksichtigen dürfen, und zum anderen dadurch, dass es damit bei seiner rechtlichen Würdigung die Absicht der an der abgestimmten Verhaltensweise beteiligten Unternehmen nicht berücksichtigt habe, obwohl sie Bestandteil einer solchen Verhaltensweise sei.

91      Das Gericht könne sich daher nicht allein auf Inhalt und Art der ausgetauschten Informationen stützen, um den geografischen Umfang zu bestimmen. Weil das Gericht diese „Absicht“ nicht berücksichtigt habe, habe es zu Unrecht festgestellt, dass Scania am Austausch auf deutscher Ebene teilgenommen habe, der auf der Ebene des EWR während des gesamten Zeitraums der Zuwiderhandlung, also vom 17. Januar 1997 bis zum 18. Januar 2011, Teil einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens gewesen sei.

92      Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.

–       Würdigung durch den Gerichtshof

93      In Rn. 421 des angefochtenen Urteils hat das Gericht ausgeführt, aufgrund einer Gesamtbeurteilung der von ihm in den Rn. 405 bis 420 des Urteils analysierten Beweise in Bezug auf den geografischen Umfang der von Scania DE erhaltenen Informationen sei der Schluss zu ziehen, dass Scania DE durch die Teilnahme ihrer Mitarbeiter am Informationsaustausch auf deutscher Ebene Informationen erhalten habe, die in ihrer Tragweite über den deutschen Markt hinausgegangen seien. Auf der Grundlage dieser Feststellung hat es den sechsten Klagegrund zurückgewiesen, mit dem die Rechtsmittelführerinnen einen Verstoß gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens gerügt hatten, soweit die Kommission davon ausgegangen sei, dass sich der geografische Umfang der Zuwiderhandlung auf deutscher Ebene auf das gesamte Gebiet des EWR erstreckt habe. In Rn. 421 hat es hinzugefügt, dass diese Feststellungen ausreichten, um den Klagegrund zurückzuweisen, unabhängig davon, ob Scania DE auch Informationen geliefert habe, deren Tragweite über den deutschen Markt hinausgegangen sei.

94      Nach ständiger Rechtsprechung kann sich ein Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV nicht nur aus einer isolierten Handlung ergeben, sondern auch aus einer Reihe von Handlungen oder einem fortgesetzten Verhalten, selbst wenn ein oder mehrere Teile dieser Reihe von Handlungen oder dieses fortgesetzten Verhaltens auch für sich genommen und isoliert betrachtet einen Verstoß gegen die genannte Vorschrift darstellen könnten. Somit ist, wenn sich die verschiedenen Handlungen wegen ihres identischen Zwecks der Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes in einen „Gesamtplan“ einfügen, die Kommission berechtigt, die Verantwortung für diese Handlungen anhand der Beteiligung an der Zuwiderhandlung als Ganzes aufzuerlegen (Urteil vom 6. Dezember 2012, Kommission/Verhuizingen Coppens, C‑441/11 P, EU:C:2012:778, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung).

95      Ferner muss die Kommission nach gefestigter Rechtsprechung, um die Beteiligung eines Unternehmens an der Umsetzung einer solchen einheitlichen Zuwiderhandlung darzutun, beweisen, dass dieses Unternehmen durch sein Verhalten zur Erreichung der von allen Beteiligten verfolgten gemeinsamen Ziele beitragen wollte und dass es von dem von anderen Unternehmen in Verfolgung dieser Ziele beabsichtigten oder an den Tag gelegten rechtswidrigen Verhalten wusste oder es vernünftigerweise vorhersehen konnte und bereit war, die daraus erwachsende Gefahr auf sich zu nehmen (Urteil vom 6. Dezember 2012, Kommission/Verhuizingen Coppens, C‑441/11 P, EU:C:2012:778, Rn. 42 und 60 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

96      Es ist somit möglich, dass sich ein Unternehmen an dem gesamten wettbewerbswidrigen Verhalten, das die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung bildet, unmittelbar beteiligt hat; dann ist die Kommission berechtigt, es für dieses gesamte Verhalten und damit für die Zuwiderhandlung in ihrer Gesamtheit zur Verantwortung zu ziehen. Es ist auch möglich, dass sich ein Unternehmen nur an einem Teil des betreffenden Verhaltens unmittelbar beteiligt hat, aber von dem gesamten übrigen rechtswidrigen Verhalten, das die anderen Kartellbeteiligten in Verfolgung der gleichen Ziele beabsichtigten oder an den Tag legten, wusste oder es vernünftigerweise vorhersehen konnte und bereit war, die daraus erwachsende Gefahr auf sich zu nehmen. In einem solchen Fall ist die Kommission ebenfalls berechtigt, dieses Unternehmen für das gesamte wettbewerbswidrige Verhalten, das eine solche Zuwiderhandlung bildet, und damit für diese Zuwiderhandlung in ihrer Gesamtheit zur Verantwortung zu ziehen (Urteil vom 6. Dezember 2012, Kommission/Verhuizingen Coppens, C‑441/11 P, EU:C:2012:778, Rn. 43).

97      Aus dem Vorstehenden folgt, dass das Gericht seine Schlussfolgerung, dass der in Rede stehende Informationsaustausch über den deutschen Markt hinausging und das Gebiet des EWR betraf, allein auf die Feststellung stützen durfte, dass sich diese Schlussfolgerung aus dem Inhalt der Informationen ergab, die Scania DE von den anderen Teilnehmern erhalten hatte.

98      Somit beruht das Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen, das Gericht habe sich nicht allein darauf stützen dürfen, dass der Austausch auf deutscher Ebene das Gebiet des EWR betroffen habe, um ihre Beteiligung an der Zuwiderhandlung zu bejahen, auf einer Verwechslung der Voraussetzungen für den Nachweis und die Definition der Tragweite einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung mit den Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, um ein Unternehmen für die Zuwiderhandlung in ihrer Gesamtheit zur Verantwortung zu ziehen.

99      Weist die Kommission nach, dass das betreffende Unternehmen an Sitzungen teilnahm, bei denen wettbewerbswidrige Vereinbarungen getroffen wurden, ohne sich offen dagegen auszusprechen, ist dies nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs ein ausreichender Beleg für die Beteiligung dieses Unternehmens am Kartell. Ist die Teilnahme an solchen Treffen erwiesen, obliegt es dem Unternehmen, Indizien vorzutragen, die zum Beweis seiner fehlenden wettbewerbswidrigen Einstellung bei der Teilnahme an den Treffen geeignet sind, indem es nachweist, dass es seine Wettbewerber darauf hingewiesen hatte, dass es an den Treffen mit einer anderen Zielsetzung als diese teilnahm (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, EU:C:2005:408, Rn. 142 und die dort angeführte Rechtsprechung).

100    Aus der Rechtsprechung ergibt sich ferner, dass vorbehaltlich des den betroffenen Wirtschaftsteilnehmern obliegenden Gegenbeweises die Vermutung gilt, dass die an der Abstimmung beteiligten und weiterhin auf dem Markt tätigen Unternehmen die mit ihren Wettbewerbern ausgetauschten Informationen bei der Festlegung ihres Marktverhaltens berücksichtigen (Urteil vom 19. März 2015, Dole Food und Dole Fresh Fruit Europe/Kommission, C‑286/13 P, EU:C:2015:184, Rn. 127 und die dort angeführte Rechtsprechung).

101    Aus dieser Rechtsprechung folgt, dass die Kommission, wenn sie dartut, dass das betreffende Unternehmen an Treffen, bei denen wettbewerbswidrige Vereinbarungen getroffen wurden, teilgenommen hat, ohne sich offen dagegen auszusprechen, nicht darüber hinaus zu beweisen braucht, dass das Unternehmen die Absicht hatte, sich an der Zuwiderhandlung zu beteiligen; es ist vielmehr Sache dieses Unternehmens, den Beweis dafür zu erbringen, dass es sich von den Vereinbarungen und insbesondere, wie hier, von deren geografischem Umfang distanziert hat.

102    Somit ist das Gericht nach Prüfung der ihm zur Beurteilung vorgelegten Beweise rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass die Kommission zu dem Schluss berechtigt war, dass Scania DE mittels des Informationsaustauschs auf deutscher Ebene Informationen erhielt, deren Tragweite über den deutschen Markt hinausging, ohne dass die Kommission darüber hinaus dartun musste, dass Scania DE bei der Teilnahme an dem Austausch die Absicht hatte, solche Informationen zu erhalten und sie bei der Festlegung ihres Verhaltens zu berücksichtigen.

103    Folglich ist der erste Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum zweiten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes

–       Vorbringen der Parteien

104    Mit dem zweiten Teil ihres zweiten Rechtsmittelgrundes machen die Rechtsmittelführerinnen geltend, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, indem es angenommen habe, dass der Umfang der Informationen, die Scania DE während des Austauschs auf deutscher Ebene erhalten habe, über den deutschen Markt hinausgehe.

105    Insoweit wenden sich die Rechtsmittelführerinnen im Wesentlichen gegen die Ausführungen des Gerichts in den Rn. 405 bis 414 des angefochtenen Urteils, in denen das Gericht den Akteninhalt geprüft und daraus in Rn. 414 des Urteils geschlossen hat, dass bei einer Gesamtbetrachtung festzustellen sei, dass die Tragweite der Informationen, die Scania DE im Rahmen des Austauschs auf deutscher Ebene erhalten habe, über den deutschen Markt hinausgegangen sei. Sie machen im Wesentlichen geltend, die fünf in diesen Randnummern angeführten Gründe seien nicht nur unzureichend, um diese Schlussfolgerung angemessen zu stützen, sondern überdies inkohärent oder sogar widersprüchlich; nach der Rechtsprechung erfordere der Nachweis des Vorliegens einer Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens aber, dass die Kommission ernsthafte, genaue und übereinstimmende Beweise beibringe.

106    Die Kommission trägt vor, dieses Vorbringen sei zurückzuweisen.

–       Würdigung durch den Gerichtshof

107    Mit dem zweiten Teil ihres zweiten Rechtsmittelgrundes wollen die Rechtsmittelführerinnen in Wirklichkeit erreichen, dass der Gerichtshof eine erneute Würdigung der Tatsachen und Beweise vornimmt, wobei sie jedoch nicht deren Verfälschung durch das Gericht geltend machen. Bei ihrem Vorbringen zur Stützung dieses zweiten Teils beschränken sich die Rechtsmittelführerinnen nämlich darauf, die Gründe darzulegen, aus denen das Gericht ihrer Ansicht nach die verschiedenen Gesichtspunkte in den von ihnen angeführten Randnummern des angefochtenen Urteils anders hätte auslegen müssen, und verweisen im Übrigen auf zahlreiche Passagen ihrer Klageschrift.

108    Die Frage, ob das Gericht bei der Prüfung der von der Kommission zur Stützung des Vorwurfs einer Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln der Union angeführten Beweise die Vorschriften über die Beweislast und die Beweiserhebung beachtet hat, ist zwar eine Rechtsfrage, die im Rahmen eines Rechtsmittels aufgeworfen werden kann. Die vom Gericht vorgenommene Beurteilung der Beweiskraft der ihm vorgelegten Aktenstücke kann jedoch, vorbehaltlich einer Verletzung der Vorschriften über die Beweislast und die Beweiserhebung sowie ihrer Verfälschung, vor dem Gerichtshof nicht in Frage gestellt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. Januar 2017, Kommission/Keramag Keramische Werke u. a., C‑613/13 P, EU:C:2017:49, Rn. 26 und 27 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). Die Rechtsmittelführerinnen tragen dafür jedoch nichts vor.

109    Der zweite Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes ist daher als unzulässig zurückzuweisen.

 Zum dritten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes

–       Vorbringen der Parteien

110    Mit dem dritten Teil ihres zweiten Rechtsmittelgrundes machen die Rechtsmittelführerinnen geltend, das Gericht habe einen Fehler begangen, da es implizit davon ausgegangen sei, dass Scania DE die „Absicht“ gehabt habe, sich an einem Informationsaustausch auf deutscher Ebene zu beteiligen, dessen Tragweite sich auf das Gebiet des EWR erstreckt habe.

111    Insoweit wenden sich die Rechtsmittelführerinnen gegen die Erwägungen des Gerichts in den Rn. 415 bis 420 des angefochtenen Urteils und machen im Wesentlichen geltend, das Gericht habe, soweit seine Würdigung als Beurteilung der Absicht von Scania DE anzusehen sei, sich an einem Informationsaustausch auf deutscher Ebene zu beteiligen, dessen Tragweite sich auf das Gebiet des EWR erstreckt habe, dadurch einen Rechtsfehler begangen, dass es diese Würdigung in den Rn. 416 und 418 des Urteils auf eine unzureichende, inkohärente und widersprüchliche Begründung gestützt und in Rn. 419 des Urteils die von Scania vorgebrachten spezifischen Argumente und vorgelegten Beweise nicht in rechtlich hinreichender Weise geprüft oder behandelt und damit auch gegen seine Begründungspflicht verstoßen habe. Das Gericht habe ferner die Rechtsprechung außer Acht gelassen, wonach die Kommission ernsthafte, genaue und übereinstimmende Beweise für einen Verstoß gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens vorlegen müsse; insoweit sei auf Rn. 417 des Urteils zu verweisen.

112    Außerdem habe das Gericht in Rn. 420 des angefochtenen Urteils den Beweiswert der von Scania vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen zu Unrecht verneint und nicht gebührend berücksichtigt. Mangels eines unmittelbaren Beweises dafür, dass die auf deutscher Ebene erlangten Informationen an den Sitz von Scania übermittelt worden seien, könne den Erklärungen der Personen, die unmittelbar an dem inkriminierten Verhalten beteiligt gewesen seien, nicht allein deshalb ein „begrenzter Beweiswert“ beigemessen werden, weil sie nach den relevanten Ereignissen zur Verteidigung von Scania im Verwaltungsverfahren vorgelegt worden seien.

113    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.

–       Würdigung durch den Gerichtshof

114    Das Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen zur Stützung des dritten Teils ihres zweiten Rechtsmittelgrundes beruht auf der Prämisse, dass das Gericht in den Rn. 415 bis 420 des angefochtenen Urteils festgestellt habe, dass Scania DE die Absicht gehabt habe, sich an einem Informationsaustausch auf deutscher Ebene zu beteiligen, dessen Tragweite sich auf das Gebiet des EWR erstreckt habe.

115    Aus diesen Randnummern geht jedoch in Verbindung mit den Rn. 405 bis 414 und 421 des angefochtenen Urteils hervor, dass sich das Gericht dort auf die Feststellung beschränkt hat, dass Scania DE mittels der Teilnahme ihrer Mitarbeiter am Informationsaustausch auf deutscher Ebene Informationen mit einer über den deutschen Markt hinausgehenden Tragweite erlangt habe. Die Rn. 415 bis 420 des Urteils sin speziell der Zurückweisung des Vorbringens der Rechtsmittelführerinnen vor dem Gericht gewidmet, wonach die Mitarbeiter von Scania DE, die am Austausch auf deutscher Ebene teilgenommen hätten, niemals davon ausgegangen sein, dass sich die Informationen, die sie von Vertretern der Tochtergesellschaften anderer Lkw-Hersteller erhalten hätten, auf europäische Preise bezogen hätten oder die Ungewissheit hinsichtlich der Strategie dieser Hersteller in Europa hätten verringern können.

116    Ohne dass geklärt zu werden braucht, ob der dritte Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes tatsächlich darauf abzielt, die Beweiswürdigung des Gerichts in Frage zu stellen, so dass er nach der oben in Rn. 108 angeführten Rechtsprechung unzulässig wäre, ist er als unbegründet zurückzuweisen, da er auf der oben in Rn. 114 erwähnten Prämisse beruht, die falsch ist.

 Zum vierten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes

–       Vorbringen der Parteien

117    Mit dem vierten Teil ihres zweiten Rechtsmittelgrundes machen die Rechtsmittelführerinnen geltend, das Gericht habe bei der Ermittlung des Umfangs der von Scania DE gelieferten Informationen einen Rechtsfehler begangen. Hierzu tragen sie vor, die Schlussfolgerung des Gerichts, dass Scania DE mittels Kontakten auf deutscher Ebene Informationen geliefert habe, deren Tragweite sich auf den gesamten EWR erstreckt habe, sei unzureichend begründet und beruhe auf inadäquaten Gründen. Insbesondere habe das Gericht einen Fehler bei der Beurteilung der Bedeutung der in Wirtschaftsberichten einer Wirtschaftsberatungsgesellschaft enthaltenen Beweise begangen, als es diese Berichte in den Rn. 439 und 440 des angefochtenen Urteils als irrelevant eingestuft habe.

118    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.

–       Würdigung durch den Gerichtshof

119    Ebenso wie im Fall des zweiten Teils des zweiten Rechtsmittelgrundes wollen die Rechtsmittelführerinnen mit dessen viertem Teil erreichen, dass der Gerichtshof eine erneute Würdigung der Tatsachen und Beweise vornimmt, wobei sie jedoch nicht deren Verfälschung durch das Gericht geltend machen. Folglich ist der vierte Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes aus den bei dessen zweitem Teil dargelegten Gründen ebenfalls als unzulässig zurückzuweisen.

120    Der zweite Rechtsmittelgrund ist folglich als teils unzulässig und teils unbegründet in vollem Umfang zurückzuweisen.

 Zum dritten Rechtsmittelgrund

 Vorbringen der Parteien

121    Mit ihrem dritten Rechtsmittelgrund machen die Rechtsmittelführerinnen geltend, die Tatsachen, auf deren Grundlage das Gericht die Feststellung der Kommission, wonach im vorliegenden Fall eine einheitliche Zuwiderhandlung vorgelegen habe, als zutreffend angesehen habe, könnten nicht als Grundlage für die Feststellung dienen, dass jede der in Rede stehenden Handlungen dem gleichen wettbewerbswidrigen Ziel gedient habe und infolgedessen Teil eines Gesamtplans mit einem einheitlichen wettbewerbswidrigen Ziel gewesen sei oder zur Umsetzung dieses Plans beigetragen habe. Außerdem habe das Gericht dazu keine Erwägungen angestellt. Es habe daher die Verhaltensweisen auf den drei verschiedenen, oben in den Rn. 33 bis 36 dargestellten Ebenen von Kontakten zu Unrecht als „einheitliche Zuwiderhandlung“ eingestuft.

122    Dieser Rechtsmittelgrund besteht aus drei Teilen.

123    Mit dem ersten Teil des Rechtsmittelgrundes machen die Rechtsmittelführerinnen geltend, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, indem es die Verhaltensweisen auf den drei oben in den Rn. 33 bis 36 dargestellten Ebenen von Kontakten als „einheitliche Zuwiderhandlung“ eingestuft habe, ohne anzugeben, inwiefern die Tatsachen, auf die es sich stütze, diese Einstufung rechtfertigten.

124    So habe sich das Gericht in den Rn. 464 bis 469 des angefochtenen Urteils bei dieser Einstufung auf eine Reihe von Gesichtspunkten gestützt, die aber weder isoliert betrachtet noch zusammen genommen die Schlussfolgerung stützen könnten, dass diese drei Kontaktebenen eine einheitliche Zuwiderhandlung darstellten. Insoweit sei im Wesentlichen zu beanstanden, dass sich das Gericht darauf gestützt habe, dass die fraglichen Kontakte wegen derselben Waren zwischen derselben Gruppe von Lkw-Herstellern stattgefunden hätten, sowie darauf, dass an dem fraglichen Verhalten auf jeder Ebene eine kleine Gruppe von Mitarbeitern mitgewirkt habe, deren Zusammensetzung relativ stabil geblieben sei. Außerdem treffe weder die Feststellung des Gerichts zu, wonach die drei Kontaktebenen sachlich miteinander in Verbindung gestanden hätten, noch seine Schlussfolgerung, dass die untere Ebene des Unternehmenssitzes und die deutsche Ebene zur Verwirklichung eines gemeinsamen Plans beigetragen hätten.

125    Mit dem zweiten Teil ihres dritten Rechtsmittelgrundes machen die Rechtsmittelführerinnen geltend, das Gericht sei aufgrund eines Rechtsfehlers zu dem Ergebnis gelangt, dass ein nicht wettbewerbswidriger Austausch von Informationen Teil einer einheitlichen Zuwiderhandlung sei. In den Rn. 223, 235 und 236 des angefochtenen Urteils, die drei Fälle des Informationsaustauschs auf unterer Ebene des Unternehmenssitzes in den Jahren 2004 und 2005 beträfen, habe das Gericht diese drei Fälle, in denen der Austausch völlig legitim gewesen sei, als Austausch mit demselben wettbewerbswidrigen Ziel wie weitere Austausche auf anderen Ebenen eingestuft. Dabei habe es zu Unrecht festgestellt, dass alle drei Fälle Teil einer einheitlichen Zuwiderhandlung gewesen seien. Insoweit habe das Gericht nicht erläutert, inwiefern solche legitimen Handlungen zu einem wettbewerbswidrigen Ziel beitragen könnten. Es habe daher einen Rechtsfehler begangen, als es den nicht kollusiven Austausch von Informationen auf unterer Ebene des Unternehmenssitzes als Teil einer einheitlichen Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens eingestuft habe.

126    Mit dem dritten Teil ihres dritten Rechtsmittelgrundes werfen die Rechtsmittelführerinnen dem Gericht vor, dadurch einen Rechtsfehler begangen zu haben, dass es davon ausgegangen sei, dass mit dem Verhalten auf deutscher Ebene dasselbe Ziel verfolgt worden sei wie mit dem Verhalten auf Führungsebene und, soweit relevant, auf unterer Ebene des Unternehmenssitzes. Die Tragweite des Verhaltens auf deutscher Ebene habe sich nämlich nicht auf das Gebiet des EWR erstreckt. Rn. 467 des angefochtenen Urteils, wo das Gericht demgegenüber festgestellt habe, dass die Kommission zu Recht die Ansicht vertreten habe, dass sich der geografische Umfang des wettbewerbswidrigen Austauschs auf deutscher Ebene und auf der Führungsebene auf den gesamten EWR erstreckt habe, sei daher fehlerhaft.

127    Insoweit verweisen die Rechtsmittelführerinnen auf ihren zweiten Rechtsmittelgrund, mit dem sie geltend machen, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, indem es dem Informationsaustausch auf deutscher Ebene einen auf den gesamten EWR erstreckten Umfang beigemessen habe. Aufgrund dieses Fehlers könne das Verhalten auf deutscher Ebene auch nicht so charakterisiert werden, dass mit ihm dasselbe Ziel verfolgt worden sei wie mit dem Verhalten auf Führungsebene und auf unterer Ebene des Unternehmenssitzes, wobei es im letztgenannten Fall nur um die Jahre 2004 und 2005 gehe.

128    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.

 Würdigung durch den Gerichtshof

129    Zum einen ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht in Rn. 479 des angefochtenen Urteils das Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen, die Kommission hätte die drei oben in den Rn. 33 bis 36 dargestellten Ebenen der kollusiven Kontakte insbesondere wegen des Vorliegens von Verbindungen zwischen diesen drei Kontaktebenen getrennt bewerten müssen, zurückgewiesen hat; in Rn. 229 des angefochtenen Urteils hat das Gericht befunden, dass es den Rechtsmittelführerinnen nicht gelungen sei, die Feststellungen der Kommission zu diesen Verbindungen in Frage zu stellen. Im Einzelnen hat das Gericht in Rn. 229 darauf hingewiesen, dass die Kommission eine Reihe von Gesichtspunkten angeführt habe, die in Rn. 218 des Urteils aufgezählt würden, das Vorliegen dieser Verbindungen belegten und nicht bestritten worden seien. Dabei handele es sich darum, dass die Teilnehmer Mitarbeiter derselben Unternehmen gewesen seien, und darum, dass sich die Treffen auf diesen drei Ebenen zeitlich überschnitten hätten. Seine Schlussfolgerung, dass die drei Ebenen miteinander in Verbindung gestanden und nicht separat und unabhängig voneinander gehandelt hätten, hat das Gericht auf alle Gesichtspunkte gestützt, die von der Kommission im streitigen Beschluss berücksichtigt worden waren.

130    Zum anderen beruht der gesamte dritte Rechtsmittelgrund auf der Prämisse, dass jede von der Kommission als Teil einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung eingestufte isolierte Handlung für sich genommen eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens darstellen müsse.

131    Wie oben in Rn. 94 dargelegt, kann sich nach ständiger Rechtsprechung ein Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV nicht nur aus einer isolierten Handlung, sondern auch aus einer Reihe von Handlungen oder einem fortgesetzten Verhalten ergeben, selbst wenn ein oder mehrere Teile dieser Reihe von Handlungen oder dieses fortgesetzten Verhaltens auch für sich genommen und isoliert betrachtet einen Verstoß gegen die genannte Vorschrift darstellen könnten. Somit ist, wenn sich die verschiedenen Verhaltensweisen wegen ihres identischen Zwecks der Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarkts in einen „Gesamtplan“ einfügen, die Kommission berechtigt, die Verantwortung für diese Verhaltensweisen anhand der Beteiligung an der Zuwiderhandlung als Ganzes aufzuerlegen (Urteil vom 16. Juni 2022, Sony Optiarc und Sony Optiarc America/Commission, C‑698/19 P, EU:C:2022:480, Rn. 59 und die dort angeführte Rechtsprechung).

132    Ein Unternehmen, das sich durch eigene Handlungen, die den Begriff der auf ein wettbewerbswidriges Ziel gerichteten „Vereinbarungen“ oder „aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen“ im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV erfüllten und zur Verwirklichung der Zuwiderhandlung in ihrer Gesamtheit beitragen sollten, an einer solchen einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung beteiligt hat, kann somit für die gesamte Zeit seiner Beteiligung an der Zuwiderhandlung auch für die Verhaltensweisen verantwortlich sein, die andere Unternehmen im Rahmen der Zuwiderhandlung an den Tag legten (Urteil vom 16. Juni 2022, Sony Optiarc und Sony Optiarc America/Commission, C‑698/19 P, EU:C:2022:480, Rn. 60 und die dort angeführte Rechtsprechung).

133    Der Gerichtshof hat jedoch bereits klargestellt, dass sich aus der Tatsache, dass eine Gesamtheit von Verhaltensweisen unter den in den beiden vorstehenden Randnummern genannten Voraussetzungen als „einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung“ eingestuft werden kann, nicht ableiten lässt, dass jede dieser Verhaltensweisen für sich genommen und isoliert betrachtet zwangsläufig als gesonderte Zuwiderhandlung gegen diese Bestimmung einzustufen wäre (Urteil vom 16. Juni 2022, Sony Optiarc und Sony Optiarc America/Kommission, C‑698/19 P, EU:C:2022:480, Rn. 64).

134    Um festzustellen, ob eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung vorliegt, werden nämlich in der Regel die verschiedenen Verbindungen zwischen den verschiedenen Bestandteilen der betreffenden Zuwiderhandlung berücksichtigt. Somit kann ein Kontakt zwischen Unternehmen, der isoliert betrachtet und für sich genommen keine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV darstellen würde, aufgrund des Kontexts, in dem er stattfand, gleichwohl für den Nachweis des Vorliegens einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung gegen diese Bestimmung relevant sein. In einer solchen Situation ist dieser Kontakt Teil des Bündels von Indizien, auf das sich die Kommission stützen darf, um das Vorliegen einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung gegen die genannte Bestimmung nachzuweisen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. Januar 2017, Kommission/Keramag Keramische Werke u. a., C‑613/13 P, EU:C:2017:49, Rn. 52 und die dort angeführte Rechtsprechung).

135    Aus der oben in den Rn. 131 bis 134 angeführten Rechtsprechung ergibt sich mithin, dass die Kommission für die Feststellung des Vorliegens einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung nur nachzuweisen braucht, dass sich die verschiedenen in Rede stehenden Verhaltensweisen in einen „Gesamtplan“ einfügen, ohne dass es erforderlich wäre, dass jede dieser Verhaltensweisen für sich genommen und isoliert betrachtet als gesonderte Zuwiderhandlung gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV eingestuft werden kann.

136    Da der dritte Rechtsmittelgrund auf der falschen Prämisse beruht, dass das Gericht, um das Vorliegen einer solchen einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung feststellen zu können, von der Kommission auch den Nachweis hätte verlangen müssen, dass jede dieser Verhaltensweisen für sich genommen und isoliert betrachtet eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens darstellte, ist dieser Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum vierten Rechtsmittelgrund

 Vorbringen der Parteien

137    Mit ihrem vierten Rechtsmittelgrund machen die Rechtsmittelführerinnen geltend, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, indem es in den Rn. 516 und 532 des angefochtenen Urteils entschieden habe, dass der achte Klagegrund ihrer Nichtigkeitsklage, mit dem eine fehlerhafte Anwendung von Art. 25 der Verordnung Nr. 1/2003 gerügt worden sei, zurückzuweisen sei, da das Verhalten auf Führungsebene Teil einer einheitlichen Zuwiderhandlung gewesen sei, die am 18. Januar 2011 geendet habe, so dass die in Art. 25 Abs. 1 Buchst. b vorgesehene Verjährungsfrist erst dann zu laufen begonnen habe und die Befugnis der Kommission zur Verhängung einer Geldbuße daher nicht verjährt gewesen sei.

138    Die Verjährungsfrist sei vielmehr am 20. September 2010 abgelaufen, dem zweifelsfreien Zeitpunkt der ersten Handlung der Kommission, mit der im Sinne von Art. 25 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 die Verjährungsfrist unterbrochen worden sei. Da das Verhalten auf Führungsebene am 23. September 2004 geendet habe, sei die Befugnis der Kommission, wegen dieses Verhaltens eine Geldbuße zu verhängen, verjährt gewesen. Für den Fall, dass der Gerichtshof das angefochtene Urteil aufheben, über die Nichtigkeitsklage befinden und entscheiden sollte, den streitigen Beschluss nur teilweise für nichtig zu erklären, sei überdies darauf hinzuweisen, dass das letzte potenziell kollusive Verhalten auf unterer Ebene des Unternehmenssitzes mehr als fünf Jahre vor dem 20. September 2010 stattgefunden habe, so dass die Kommission nicht mehr zur Verhängung einer Geldbuße wegen dieses Verhaltens, sofern es als Teil einer einheitlichen Zuwiderhandlung auf Führungsebene und auf unterer Ebene des Unternehmenssitzes angesehen werde, befugt gewesen sei. Da der Gerichtshof die Einrede der Unzuständigkeit von Amts wegen prüfen könne, müsse er davon ausgehen, dass die Befugnis der Kommission, wegen dieses Verhaltens eine Geldbuße zu verhängen, nach Art. 25 verjährt gewesen sei.

139    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.

 Würdigung durch den Gerichtshof

140    Insoweit genügt die Feststellung, dass der vierte Rechtsmittelgrund auf der Hypothese beruht, dass der Gerichtshof das angefochtene Urteil aufhebt, über die Klage der Rechtsmittelführerinnen befindet und entscheidet, einen Teil der Feststellungen im streitigen Beschluss zum Vorliegen einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung für nichtig zu erklären. Die Rechtsmittelführerinnen machen nämlich im Wesentlichen geltend, das Gericht habe dadurch gegen Art. 25 der Verordnung Nr. 1/2003 verstoßen, dass es die von der Kommission im streitigen Beschluss verhängte Geldbuße aufrechterhalten habe, obwohl das wettbewerbswidrige Verhalten auf Führungsebene am 23. September 2004 geendet habe, somit verjährt gewesen sei und nicht mehr mit einer Geldbuße habe geahndet werden können, da die erste Handlung der Kommission im Sinne von Art. 25 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 am 20. September 2010 vorgenommen worden sei.

141    Da die ersten drei Rechtsmittelgründe zurückgewiesen worden sind, trifft der von der Kommission gezogene und sodann vom Gericht bestätigte Schluss, dass das in Rede stehende Kartell eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung dargestellt habe, die sich auf den gesamten EWR erstreckt und bis zum 18. Januar 2011 angedauert habe, zu. Unter diesen Umständen kann in Anbetracht des Zeitpunkts der ersten Handlung der Kommission im Sinne von Art. 25 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 nicht davon ausgegangen werden, dass die Befugnis der Kommission zur Verhängung einer Geldbuße am 18. Januar 2011 verjährt war.

142    Demnach ist der vierte Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen.

143    Da kein Rechtsmittelgrund durchgreift, ist das Rechtsmittel in vollem Umfang als teils unzulässig, teils ins Leere gehend und teils unbegründet zurückzuweisen.

 Kosten

144    Nach Art. 184 Abs. 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das Rechtsmittel unbegründet ist.

145    Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

146    Da im vorliegenden Fall die Scania AB, die Scania CV AB und die Scania Deutschland GmbH mit ihrem Vorbringen unterlegen sind und die Kommission beantragt hat, ihnen die Kosten aufzuerlegen, sind ihnen neben ihren eigenen Kosten die Kosten der Kommission aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zehnte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1.      Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2.      Die Scania AB, die Scania CV AB und die Scania Deutschland GmbH tragen ihre eigenen Kosten sowie die Kosten der Europäischen Kommission.

Unterschriften




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