T-811/17 – Classic Media/ EUIPO – Pirelli Tyre (CLASSIC DRIVER)

T-811/17 – Classic Media/ EUIPO – Pirelli Tyre (CLASSIC DRIVER)

BESCHLUSS DES GERICHTS (Achte Kammer)

3. Dezember 2018()

„Unionsmarke – Widerspruchsverfahren – Internationale Registrierung mit Benennung der Europäischen Union – Wortmarke CLASSIC DRIVER – Ältere Unionswortmarke DRIVER – Relatives Eintragungshindernis – Verwechslungsgefahr – Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 (jetzt Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung [EU] 2017/1001) – Klage, der offensichtlich jede rechtliche Grundlage fehlt“

In der Rechtssache T‑811/17

Classic Media AG mit Sitz in Zug (Schweiz), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt A. Masberg,

Klägerin,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch M. Fischer und D. Walicka als Bevollmächtigte,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des EUIPO und Streithelferin vor dem Gericht:

Pirelli Tyre SpA mit Sitz in Mailand (Italien), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte T. M. Müller und F. Togo,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des EUIPO vom 3. Oktober 2017 (Sache R 59/2017‑4) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen Pirelli Tyre und Classic Media

erlässt

DAS GERICHT (Achte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten A. M. Collins, der Richterin M. Kancheva (Berichterstatterin) und des Richters G. De Baere,

Kanzler: E. Coulon,

aufgrund der am 12. Dezember 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 21. März 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des EUIPO,

aufgrund der am 13. März 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung der Streithelferin,

folgenden

Beschluss

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 20. Oktober 2011 erwirkte die Klägerin, die Classic Media AG, bei der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) die internationale Registrierung mit Benennung der Europäischen Union Nr. 1108587 der Wortmarke CLASSIC DRIVER.

2        Am 15. März 2012 erhielt das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) gemäß der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke (ABl. 2009, L 78, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EU] 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke [ABl. 2017, L 154, S. 1]) die Mitteilung über die internationale Registrierung der in Rede stehenden Marke.

3        Der Schutz dieser Marke in der Europäischen Union wurde u. a. für folgende Waren und Dienstleistungen der Klassen 12, 35, 36, 37, 39 und 42 im Sinne des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung beantragt:

–        Klasse 12: „Fahrzeuge und ihre Ersatzteile und Komponenten, insbesondere Reifen und Felgen; Maschinerien zur Fortbewegung an Land, Ersatzteile und Komponenten von Maschinerien zur Fortbewegung an Land oder in der Luft“;

–        Klasse 35: „Werbung, insbesondere durch Werbeschriften und über das Internet; Lieferung und Bereitstellung von Werbemöglichkeiten, insbesondere Werbeflächen für Dritte; Buchführung; Bürodienste; Einzelhandelsdienstleistungen, insbesondere im E‑Commerce, u. a. in Bezug auf Waren der Klassen 7, 9, 12, 16, 25 und 28; Veranstaltung von Messen zu gewerblichen oder zu Werbezwecken, Bereitstellung von Fachkenntnissen im Unternehmen (Franchise); Beschaffungswesen für Dritte (Ankauf von Waren und Leistungen für andere Unternehmen); Bearbeitung von Bestellungen und Bestellscheinen sowie Fakturierung, auch im E‑Commerce; Dateienverwaltung mittels Computer; Ermittlungen in Geschäftsangelegenheiten; Erstellung von Rechnungsauszügen; Fernsehwerbung; Veröffentlichung von Statistiken; Herausgabe von Werbetexten; Meinungsforschung; Förderung von Verkäufen (Merchandising); Nachforschung in Computerdateien (für Dritte); Planung und Konzeption von Werbemaßnahmen; Preisvergleichsdienste; Rundfunkwerbung; Werbung über Sponsoring; Verbreitung von Werbeanzeigen; Verfassen von Werbetexten; Bereitstellung von Adressen zu kommerziellen Zwecken; Versandwerbung; Verbreitung von Werbeträgern; Verteilung von Werbematerial (Flugblätter, Prospekte, Drucksachen, Warenproben); Vervielfältigung von Dokumenten; Vorführung von Waren für Werbezwecke“;

–        Klasse 36: „Versicherungsdienstleistungen; Bankgeschäfte; Leasing von Fahrzeugen und Maschinerien zur Beförderung auf dem Lande, in der Luft oder zu Wasser“;

–        Klasse 37: „Reparatur, insbesondere Wartung und Instandhaltung von Fahrzeugen und Maschinerien zur Beförderung auf dem Lande; Installation; Waschen, Reinigung und Wartung von Fahrzeugen und Maschinerien zur Beförderung auf dem Lande“;

–        Klasse 39: „Beförderung; Organisation von Reisen; Vermietung von Fahrzeugen und Maschinerien zur Beförderung auf dem Lande, in der Luft oder zu Wasser; Vermietung von Kraftfahrzeugen“;

–        Klasse 42: „Bereitstellung technischer Fachkenntnisse (Franchise)“.

4        Der Antrag auf Schutz wurde im Blatt für Unionsmarken Nr. 54/2012 vom 16. März 2012 veröffentlicht.

5        Am 29. November 2012 erhob die Streithelferin, die Pirelli Tyre SpA, gegen die Eintragung der angemeldeten Marke für u. a. die oben in Rn. 3 genannten Waren und Dienstleistungen Widerspruch nach Art. 41 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 46 der Verordnung 2017/1001).

6        Der Widerspruch wurde u. a. auf die ältere Unionswortmarke DRIVER gestützt, die am 19. September 2007 angemeldet und am 21. Januar 2010 unter der Nr. 6289896 für folgende Dienstleistungen eingetragen worden war:

–        Klasse 35: „Gewerbsmäßige Dienstleistungen auf dem Gebiet des Leasing und der Vermietung von Fahrzeugen; gewerbliche Dienstleistungen, nämlich Flottenmanagement bestehend in der Erleichterung und Organisation von Wartung und Reparatur von Kraftfahrzeugen, Pannenhilfe für Fahrzeuge während der Fahrt; Unternehmensberatung und Verwaltungsdienstleistungen in vorstehend genannten Bereichen; Vertrieb von Waren (ausgenommen Lebensmittel), Fahrzeugreifen und Reifenzubehör über Geschäfte, Vertrieb von Autoersatzteilen und Autozubehör über Geschäfte“;

–        Klasse 36: „Leasing von Fahrzeugen; Finanzdienstleistungen auf dem Gebiet der Vermietung und des Leasing von Fahrzeugen; Ausgabe von Kreditkarten und anderen elektronischen Bezahlsystemen für den Kauf von Kraftstoff, Schmiermitteln und Reifen; Ausgabe von Kreditkarten und anderen elektronischen Bezahlsystemen für Wartungs- und Reparaturarbeiten an Fahrzeugen; Versicherungsdienste in Bezug auf Fahrzeuge“;

–        Klasse 37: „Wartung, Reparatur und Runderneuerung von Reifen, Wechseln, Aufziehen und Auswuchten von Reifen, Wartung und Reparatur von Kraftfahrzeugen“;

–        Klasse 39: „Fahrzeugvermietung“;

–        Klasse 42: „Technische Hilfeleistungen durch spezialisierte Einrichtungen für die Nutzer von Kraftfahrzeugreifen und Reifenzubehör, Autoersatzteilen und Autozubehör“.

7        Als Widerspruchsgrund wurde das Eintragungshindernis nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001) geltend gemacht.

8        Mit Entscheidung vom 15. November 2016 gab die Widerspruchsabteilung dem Widerspruch teilweise, in Bezug auf die oben in Rn. 3 genannten Waren und Dienstleistungen statt.

9        Am 10. Januar 2017 legte die Klägerin beim EUIPO nach den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 66 bis 71 der Verordnung 2017/1001) Beschwerde gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung ein.

10      Mit Entscheidung vom 3. Oktober 2017 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Vierte Beschwerdekammer des EUIPO die Beschwerde zurück. Sie stellte erstens fest, dass sich die maßgeblichen Verkehrskreise aus der breiten Öffentlichkeit und einem Fachpublikum in den Mitgliedstaaten der Union zusammensetzten. Was zweitens den Zeichenvergleich betrifft, sei die ältere Marke DRIVER zur Gänze in der angemeldeten Marke CLASSIC DRIVER enthalten. Der Begriff „classic“ werde im Sinne von „traditionell“ verstanden und sei „zumindest eine Anspielung“ auf die relevanten Waren und Dienstleistungen insoweit, als er auf die traditionellen unter ihnen hinweise. Der Begriff „driver“ werde mit dem Wort „Fahrer“ assoziiert und kennzeichne nicht unmittelbar Waren und Dienstleistungen, da er sich auf eine Person beziehe. Außerdem bringe der Teil der Verkehrskreise, der des Englischen nicht mächtig sei, diesen Begriff mit keinem bekannten und verstandenen Wort in Verbindung. Wenngleich dem Bestandteil „driver“ nur eine geringe Kennzeichnungskraft zugeschrieben worden sei, sei aufgrund seiner selbständig kennzeichnungskräftigen Stellung in der angemeldeten Marke das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr nicht sofort verneint worden. Unter diesen Umständen sei der Bestandteil „classic“ schwächer als der Bestandteil „driver“, der von den Verkehrskreisen als wesentlicher Bestandteil der angemeldeten Marke wahrgenommen werde, die übrigens keinen in bildlicher Hinsicht dominierenden Bestandteil aufweise. Die Widerspruchsabteilung sei zutreffend davon ausgegangen, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen in bildlicher und klanglicher Hinsicht den Bestandteil „driver“ gemeinsam hätten, der der einzige Bestandteil der älteren Marke und der wesentliche Bestandteil der Anmeldemarke sei, in der er darüber hinaus klar eigenständig sei. Die Beschwerdekammer gelangte zu dem Schluss, dass die Zeichen bildlich und klanglich in „mittlerem bis hohem“ Grad ähnlich seien und begrifflich insoweit ähnlich seien, als sie in der Bedeutung des Begriffs „driver“ übereinstimmten, während die Bezeichnung „classic“ in der Anmeldemarke keine Entsprechung in der älteren Marke habe.

11      Drittens bestätigte die Beschwerdekammer hinsichtlich des Vergleichs der Waren und Dienstleistungen die von der Widerspruchsabteilung vorgenommene Beurteilung, wonach die betreffenden Waren und Dienstleistungen mit den von der älteren Marke erfassten identisch oder – in jeweils unterschiedlichem Grad – ähnlich seien. Außerdem stellte die Beschwerdekammer fest, da die Streithelferin die Entscheidung der Widerspruchsabteilung in Bezug auf die als unterschiedlich beurteilten Dienstleistungen nicht angefochten habe, sei ein Vergleich dieser Dienstleistungen nicht erforderlich. Viertens stellte die Beschwerdekammer hinsichtlich der Gesamtbeurteilung der Verwechslungsgefahr fest, da die Streithelferin nicht ausdrücklich behauptet habe, dass die ältere Marke aufgrund ihrer intensiven Nutzung oder ihrer Bekanntheit besonders kennzeichnungskräftig sei, beruhe die Beurteilung auf ihrer originären Kennzeichnungskraft, die „normal“ sei. Sie gelangte zu dem Schluss, „angesichts der hochgradigen bildlichen und klanglichen Ähnlichkeit und der begrifflichen Übereinstimmung der Zeichen sowie angesichts der Identität bzw. Ähnlichkeit der streitigen Waren und Dienstleistungen [bestehe] – unter Berücksichtigung der normalen Kennzeichnungskraft der älteren Marke und der durchschnittlichen bzw. höheren Aufmerksamkeit der maßgeblichen Verkehrskreise – die Gefahr, dass die Verkehrskreise glaub[t]en, dass die verglichenen Waren und Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder zumindest aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stamm[t]en“.

 Anträge der Parteien

12      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        den Widerspruch unter Kostentragung der Streithelferin zurückzuweisen.

13      Das EUIPO und die Streithelferin beantragen,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

14      Ist das Gericht für die Entscheidung über eine Klage offensichtlich unzuständig oder ist eine Klage offensichtlich unzulässig oder fehlt ihr offensichtlich jede rechtliche Grundlage, so kann es gemäß Art. 126 seiner Verfahrensordnung auf Vorschlag des Berichterstatters jederzeit die Entscheidung treffen, durch mit Gründen versehenen Beschluss zu entscheiden, ohne das Verfahren fortzusetzen.

15      Im vorliegenden Fall hält sich das Gericht aufgrund der Aktenlage für hinreichend unterrichtet und beschließt daher, ohne Fortsetzung des Verfahrens zu entscheiden, auch wenn eine Partei – im vorliegenden Fall die Streithelferin – die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat (vgl. in diesem Sinne Beschlüsse vom 7. Juni 2016, Beele Engineering/EUIPO [WE CARE], T‑220/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:346, Rn. 12 und die dort angeführte Rechtsprechung, vom 3. Mai 2018, Siberian Vodka/EUIPO – Schwarze und Schlichte [DIAMOND ICE], T‑234/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:259, Rn. 14, und vom 13. September 2018, Gratis iç ve Dis Ticaret/EUIPO [gratis], T‑495/17 und T‑496/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:554, Rn. 10).

16      Die Klägerin stützt ihre Klage auf einen einzigen Klagegrund, mit dem sie einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 rügt. Sie wirft der Beschwerdekammer im Wesentlichen vor, bei der Feststellung, dass Verwechslungsgefahr vorliege, die fehlende bzw. schwache Kennzeichnungskraft der älteren Marke außer Acht gelassen zu haben. So trägt sie – in Rn. 19 der Klageschrift – lediglich vor: „Soweit die Beschwerdekammer insofern die Prüfung der Verwechslungsfähigkeit unter Außerachtlassung der fehlenden bzw. schwachen Kennzeichnungskraft der [älteren] Marke … vorgenommen hat, leidet die Feststellung der Warenähnlichkeit an einem Rechtsfehler, der zur Unrichtigkeit der insofern getroffenen Feststellungen führt. Hätte das [EUIPO] zutreffend die fehlende bzw. äußerst schwache Kennzeichnungskraft der [älteren] Marke … bei der Prüfung der Warenähnlichkeit und letztlich auch bei der Gesamtprüfung der Verwechslungsgefahr ordnungsgemäß in Betracht gezogen, wäre es zum Ergebnis gelangt, dass die Beschwerde begründet, der Widerspruch mithin zurückweisungsreif war.“

17      Das EUIPO und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

18      Gemäß Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 ist die angemeldete Marke auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke von der Eintragung ausgeschlossen, wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit der älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere Marke Schutz genießt. Dabei schließt die Gefahr von Verwechslungen die Gefahr ein, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.

19      Nach ständiger Rechtsprechung liegt eine Verwechslungsgefahr dann vor, wenn das Publikum glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Nach dieser Rechtsprechung ist das Vorliegen einer Gefahr der Verwechslung anhand der Wahrnehmung der Zeichen und der betreffenden Waren oder Dienstleistungen durch die maßgebenden Verkehrskreise unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Wechselbeziehung zwischen der Ähnlichkeit der Zeichen und jener der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen, umfassend zu beurteilen (vgl. Beschluss vom 3. Mai 2018, DIAMOND ICE, T‑234/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:259, Rn. 19 und die dort angeführte Rechtsprechung).

20      Im Rahmen der Anwendung von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 setzt eine Verwechslungsgefahr voraus, dass eine Identität oder Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken und eine Identität oder Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen besteht. Dabei handelt es sich um kumulative Voraussetzungen (vgl. Beschluss vom 3. Mai 2018, DIAMOND ICE, T‑234/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:259, Rn. 20 und die dort angeführte Rechtsprechung).

21      Wenn sich der Schutz der älteren Marke auf die gesamte Union erstreckt, ist die Wahrnehmung der einander gegenüberstehenden Marken durch den Verbraucher der in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen in diesem Gebiet zu berücksichtigen. Für die Ablehnung der Eintragung einer Unionsmarke reicht es jedoch aus, dass nur in einem Teil der Union ein relatives Eintragungshindernis im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 besteht (Urteile vom 12. November 2008, ecoblue/HABM – Banco Bilbao Vizcaya Argentaria [Ecoblue], T‑281/07, nicht veröffentlicht, EU:T:2008:489, Rn. 23, und vom 23. April 2013, Apollo Tyres/HABM – Endurance Technologies [ENDURACE], T‑109/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:211, Rn. 31; vgl. auch Beschluss vom 3. Mai 2018, DIAMOND ICE, T‑234/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:259, Rn. 21 und die dort angeführte Rechtsprechung).

22      Zunächst besteht hinsichtlich einiger Feststellungen der Beschwerdekammer, die weder von der Klägerin angefochten noch durch die Aktenbestandteile entkräftet werden, kein Anlass, sie in Frage zu stellen. Erstens steht fest, dass sich die maßgeblichen Verkehrskreise aus der breiten Öffentlichkeit und dem Fachpublikum in der Europäischen Union, deren Aufmerksamkeitsgrad durchschnittlich bzw. hoch ist, zusammensetzen. Zweitens bestreitet die Klägerin weder die von der Beschwerdekammer festgestellte Bedeutung der einander gegenüberstehenden Zeichen oder ihrer Bestandteile („Fahrer“ für „driver“ und „traditionell“ für „classic“) noch, dass der Bestandteil „classic“ „zumindest eine Anspielung“ sei, dass dem Bestandteil „driver“ in der angemeldeten Marke eine selbständig kennzeichnungskräftige Stellung zukomme, dass die Zeichen eine „mittlere bis hohe“ bildliche und klangliche Ähnlichkeit aufwiesen und dass ihr gemeinsamer Bestandteil „driver“ für den englischsprachigen Teil der maßgeblichen Verkehrskreise eine begriffliche Übereinstimmung darstelle. Drittens greift die Klägerin auch nicht die Feststellung der Beschwerdekammer zum Vergleich der in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen an, dass diese identisch oder – in jeweils unterschiedlichem Grad – ähnlich seien.

23      Soweit die Klägerin in Rn. 19 der Klageschrift anscheinend davon ausgeht, dass aufgrund der angeblich schwachen Kennzeichnungskraft der älteren Marke die Bestimmung der Ähnlichkeit der in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen rechtsfehlerhaft sein könnte, genügt der Hinweis, dass die Kennzeichnungskraft der älteren Marke zwar für die Gesamtbeurteilung der Verwechslungsgefahr relevant ist, nicht aber für die Beurteilung der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen als solche.

24      Nach ständiger Rechtsprechung sind bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der betreffenden Waren nämlich alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis kennzeichnen, in dem diese zueinander stehen. Zu diesen Faktoren gehören insbesondere ihre Art, ihr Verwendungszweck und ihre Nutzung sowie ihr Charakter als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren. Es können auch andere Faktoren wie beispielsweise die Vertriebswege der betreffenden Waren berücksichtigt werden (vgl. Urteile vom 11. Juli 2007, El Corte Inglés/HABM – Bolaños Sabri [PiraÑAM diseño original Juan Bolaños], T‑443/05, EU:T:2007:219, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 25. September 2018, Grendene/EUIPO – Hipanema [HIPANEMA], T‑435/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:596, Rn. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung). Es ist festzustellen, dass nach dieser Rechtsprechung der Grad an Kennzeichnungskraft der älteren Marke keinesfalls zu den für die Beurteilung der Ähnlichkeit der betreffenden Waren und Dienstleistungen relevanten Faktoren zählt.

25      Die Klägerin behauptet zudem, die angefochtene Entscheidung verkenne die fehlende Unterscheidungskraft der älteren Marke, die gemäß Art. 7 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 7 der Verordnung 2017/1001) schutzunfähig sei. Diese Marke beschreibe eine notwendige Eigenschaft der durch die von ihr erfassten Dienstleistungen – die sich an Autofahrer richteten, die ein Auto leasen, mieten oder reparieren wollten – angesprochenen Zielgruppe, denn für den englischsprachigen Durchschnittsverbraucher beschreibe der Begriff „driver“ eine Person, die ein Fahrzeug fahre. Die Klägerin beruft sich im Wege der Analogie auf das Urteil vom 9. September 2010, Nadine Trautwein Rolf Trautwein/HABM (Hunter) (T‑505/08, nicht veröffentlicht, EU:T:2010:378), das die Prüfung von absoluten Eintragungshindernissen im Sinne des genannten Artikels zum Gegenstand hat.

26      Zunächst ist hinsichtlich der angeblich fehlenden Unterscheidungskraft der älteren Marke darauf hinzuweisen, dass die Frage, ob eine ältere Unionsmarke das Mindestmaß an Unterscheidungskraft hat, das für ihre Eintragung erforderlich ist, nicht im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens geprüft werden kann, dessen Gegenstand auf die Prüfung der in Art. 8 der Verordnung Nr. 207/2009 vorgesehenen relativen Eintragungshindernisse begrenzt ist. Die Gültigkeit einer älteren Marke kann nämlich nicht im Rahmen des Verfahrens der Eintragung einer Unionsmarke in Frage gestellt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. September 2015, Primagaz/HABM – Reeh [PRIMA KLIMA], T‑195/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:681, Rn. 95 und 96 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

27      Dass die ältere Unionsmarke vom EUIPO eingetragen worden ist, impliziert daher, dass sie ein Mindestmaß an originärer Unterscheidungskraft aufweist, denn nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001) betreffend die absoluten Eintragungshindernisse sind Marken, die keine Unterscheidungskraft haben, von der Eintragung ausgeschlossen. Außerdem eröffnen weder Art. 41 noch Art. 42 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 46 und 47 der Verordnung 2017/1001) dem Inhaber der angegriffenen Marke die Möglichkeit, die Konformität der älteren Marke, auf die der Widerspruch gestützt wird, mit Art. 7 der Verordnung Nr. 207/2009 in Frage zu stellen. Zwar kann der Inhaber der angegriffenen Marke geltend machen, dass die ältere Unionsmarke beschreibend und somit nicht unterscheidungskräftig sei. Jedoch kann eine solche Beanstandung nur im Rahmen eines Nichtigkeitsantrags nach Art. 52 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 59 der Verordnung 2017/1001) erfolgen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. Oktober 2014, Fuchs/HABM – Les Complices [Stern in einem Kreis], T‑342/12, EU:T:2014:858, Rn. 58 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie Beschluss vom 3. Mai 2018, DIAMOND ICE, T‑234/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:259, Rn. 75, vgl. in diesem Sinne auch entsprechend Urteil vom 29. April 2015, Hostel Tourist World/HABM – WRI Nominees [HostelTouristWorld.com], T‑566/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:239, Rn. 37 bis 39).

28      Daher ist das Vorbringen der Klägerin, die ältere Marke sei beschreibend bzw. nicht unterscheidungskräftig, auf jeden Fall zurückzuweisen.

29      Zur Behauptung der Klägerin, die ältere Marke habe für die maßgeblichen englischsprachigen Verkehrskreise eine geringe originäre Kennzeichnungskraft, ist festzustellen, dass – selbst falls sie zutreffen sollte – ein solcher Grad an Kennzeichnungskraft der älteren Marke nicht unbedingt bedeuten würde, dass für den Teil der in Rede stehenden Verkehrskreise keine Verwechslungsgefahr bestünde.

30      Hierzu haben der Gerichtshof und das Gericht wiederholt entschieden, dass die Anerkennung einer schwachen Kennzeichnungskraft der älteren Marke für sich allein nicht der Feststellung entgegensteht, dass Verwechslungsgefahr besteht (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 27. April 2006 L’Oréal/HABM, C‑235/05 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2006:271, Rn. 42 bis 45). Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist zwar bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen, doch stellt sie nur einen der dabei heranzuziehenden Faktoren dar. Auch bei einer älteren Marke mit schwacher Kennzeichnungskraft kann somit, insbesondere wegen einer Ähnlichkeit der Zeichen sowie der erfassten Waren oder Dienstleistungen, Verwechslungsgefahr bestehen (vgl. Urteile vom 16. März 2005, L’Oréal/HABM – Revlon [FLEXI AIR], T‑112/03, EU:T:2005:102, Rn. 61 und die dort angeführte Rechtsprechung, vom 13. Dezember 2007, Xentral/HABM – Pages jaunes [PAGESJAUNES.COM], T‑134/06, EU:C:2007:387, Rn. 70 und die dort angeführte Rechtsprechung, vom 16. Januar 2014, Ferienhäuser zum See/HABM – Sunparks Groep [Sun Park Holidays], T‑383/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:12, Rn. 76, vom 29. April 2015, HostelTouristWorld.com, T‑566/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:239, Rn. 67, vom 7. Juni 2017, Mediterranean Premium Spirits/EUIPO – G-Star Raw [GINRAW], T‑258/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:375, Rn. 75, und Beschluss vom 3. Mai 2018, DIAMOND ICE, T‑234/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:259, Rn. 71).

31      Im vorliegenden Fall ist – selbst unter der Annahme, dass die ältere Marke für den englischsprachigen Teil der maßgeblichen Verkehrskreise nur geringe originäre Kennzeichnungskraft habe – festzustellen, dass unter Berücksichtigung u. a. der zumindest durchschnittlichen bildlichen und klanglichen Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen sowie insbesondere angesichts dessen, dass der Bestandteil „classic“ „zumindest eine Anspielung“ ist, dass dem Bestandteil „driver“ in der angemeldeten Marke eine selbständig kennzeichnungskräftige Stellung zukommt, dass die Zeichen durch ihren gemeinsamen Bestandteil „driver“ eine begriffliche Übereinstimmung aufweisen und dass die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen – wie die Beschwerdekammer zutreffend festgestellt und die Klägerin nicht bestritten hat – identisch oder ähnlich sind, die Gefahr besteht, dass auch der englischsprachige Teil der maßgeblichen Verkehrskreise glauben könnte, dass die verglichenen Waren und Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder zumindest aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammten.

32      Soweit sich im Übrigen die Klägerin auf die „Zurückweisung“ der Unionsmarkenanmeldung „der [Streithelferin]“ Nr. 16336224 DRIVER für Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 42 und 44 beruft, ist zunächst festzustellen, dass diese Marke zumindest für einen Teil der erfassten Waren und Dienstleistungen eingetragen – und nicht zur Gänze zurückgewiesen – wurde, und zwar auf den Namen der amerikanischen Gesellschaft Driver, Inc., die in keiner Verbindung zur Streithelferin steht. Außerdem ist mit dem EUIPO festzustellen, dass diese Entscheidung, die Anmeldung der Marke DRIVER teilweise – und zwar für Software und IT-Dienstleistungen – zurückzuweisen, auf dem Umstand beruht, dass dem Begriff „driver“ im IT-Umfeld eine glatt beschreibende Bedeutung im Sinne eines „Gerätetreibers“ zukommt, also einer Software, die die Interaktion mit angeschlossenen, eingebauten oder virtuellen Geräten steuert. Dies gilt nicht im vorliegenden Fall, in dem der Begriff „driver“ „Fahrer“ bedeutet und sich die erfassten Waren und Dienstleistungen jedenfalls von Software und IT-Dienstleistungen unterscheiden. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die von den Beschwerdekammern des EUIPO nach der Verordnung Nr. 207/2009 zu treffenden Entscheidungen über die Eintragung eines Zeichens als Unionsmarke gebundene Entscheidungen und keine Ermessensentscheidungen sind und dass ihre Rechtmäßigkeit daher allein auf der Grundlage dieser Verordnung in der Auslegung durch den Unionsrichter und nicht auf der Grundlage einer früheren – oder gar wie im vorliegenden Fall späteren – Entscheidungspraxis zu beurteilen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. September 2018, Bundesverband Souvenir – Geschenke – Ehrenpreise/EUIPO, C‑488/16 P, EU:C:2018:673, Rn. 72 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie Beschluss vom 3. Mai 2018, DIAMOND ICE, T‑234/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:259, Rn. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung).

33      Im Ergebnis ist nach alledem festzustellen, dass das Vorbringen, auf das die Klägerin ihren einzigen Klagegrund stützt, offensichtlich unbegründet ist. Folglich ist der einzige Klagegrund zurückzuweisen und die Klage somit als offensichtlich jeder rechtlichen Grundlage entbehrend abzuweisen, ohne dass es erforderlich ist, über die – vom EUIPO bestrittene – Zulässigkeit des zweiten Antrags der Klägerin zu entscheiden.

 Kosten

34      Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß den Anträgen des EUIPO und der Streithelferin die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Achte Kammer)

beschlossen:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Classic Media AG trägt die Kosten.

Luxemburg, den 3. Dezember 2018

Der Kanzler

 

      Der Präsident

E. Coulon

 

      A. M. Collins


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