T-788/17 – Szabados/ EUIPO – Sociedad Española de Neumología y Cirugía Torácica (Separ)

T-788/17 – Szabados/ EUIPO – Sociedad Española de Neumología y Cirugía Torácica (Separ)

URTEIL DES GERICHTS (Dritte Kammer)

17. Oktober 2018()

„Unionsmarke – Widerspruchsverfahren – Anmeldung der Unionswortmarke MicroSepar – Ältere Unionsbildmarke SeparSolidaria – Relatives Eintragungshindernis – Verwechslungsgefahr –Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 (jetzt Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung [EU] 2017/1001)“

In der Rechtssache T‑788/17

Andreas Szabados, wohnhaft in Grünwald (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt S. Wobst,

Kläger,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch D. Hanf und D. Walicka als Bevollmächtigte,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des EUIPO:

Sociedad Española de Neumología y Cirugía Torácica (Separ) mit Sitz in Barcelona (Spanien),

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des EUIPO vom 21. September 2017 (Sache R 2420/2016‑1) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen Andreas Szabados und der Sociedad Española de Neumología y Cirugía Torácica

erlässt

DAS GERICHT (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten S. Frimodt Nielsen, des Richters V. Kreuschitz (Berichterstatter) und der Richterin N. Półtorak,

Kanzler: E. Coulon,

aufgrund der am 29. November 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 1. März 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung,

aufgrund des Umstands, dass keine der Parteien binnen der Frist von drei Wochen nach der Mitteilung, dass das schriftliche Verfahren abgeschlossen ist, die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und des daher gemäß Art. 106 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichts ergangenen Beschlusses, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 Sachverhalt

1        Am 18. September 2015 meldete der Kläger, Herr Andreas Szabados, nach der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke (ABl. 2009, L 78, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EU] 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke [ABl. 2017, L 154, S. 1]) beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) eine Unionsmarke an.

2        Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um das Wortzeichen MicroSepar.

3        Die Marke wurde u. a. für folgende Dienstleistungen in Klasse 42 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

–        Klasse 42: „Medizinische und veterinärmedizinische Dienstleistungen, insbesondere Dienstleistungen eines medizinischen Labors; Dienstleistungen eines technischen Mess- und Prüflabors, eines chemischen Labors, eines biologischen Labors; biologische Forschung, biologische und chemische Analysen; Umweltschutzberatung; Umweltverträglichkeitsprüfungen“.

4        Die Anmeldung der Unionsmarke wurde im Blatt für Unionsmarken Nr. 2015/198 vom 20. Oktober 2015 veröffentlicht.

5        Am 16. Dezember 2015 erhob die Sociedad Española de Neumología y Cirugía Torácica nach Art. 41 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 46 der Verordnung 2017/1001) Widerspruch gegen die Eintragung der angemeldeten Marke für die oben in Rn. 3 genannten Dienstleistungen der Klasse 42.

6        Der Widerspruch war auf die folgende ältere spanische Bildmarke gestützt:

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7        Diese Marke bezeichnet folgende Dienstleistungen in den Klassen 42 und 44:

–        Klasse 42: „Wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen sowie Forschungs- und Designdienstleistungen in diesen Bereichen, insbesondere in Bezug auf Medizin und Gesundheit; Dienstleistungen eines chemischen Labors; chemische und industrielle Analyse- und Forschungsdienstleistungen; Entwurf und Entwicklung von Computerhardware und ‑software; Beratung in Bezug auf die Energiewirtschaft; Forschungsarbeiten auf dem Gebiet des Umweltschutzes“;

–        Klasse 44: „Medizinische Dienstleistungen; Gesundheitspflege für den Menschen; Krankenhaus- und Gesundheitsfürsorgeleistungen; Dienstleistungen von Sanatorien; Dienstleistungen von Kliniken [Ambulanzen]; Telemedizin-Dienste; Dienstleistungen von Apothekern; Pharmazeutische Beratung; Gesundheitspflege für Tiere; Gesundheits- und Schönheitspflege für Menschen und Tiere; Dienste im Bereich der Land-, Garten- und Forstwirtschaft“.

8        Als Widerspruchsgrund wurde das Eintragungshindernis nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001) geltend gemacht.

9        Mit Entscheidung vom 25. Oktober 2016 gab die Widerspruchsabteilung dem Widerspruch nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 in Bezug auf die in Rede stehenden Dienstleistungen der Klasse 42 statt.

10      Am 22. Dezember 2016 legte der Kläger gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung nach den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 66 bis 71 der Verordnung 2017/1001) Beschwerde beim EUIPO ein.

11      Mit Entscheidung vom 21. September 2017 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Erste Beschwerdekammer des EUIPO die Beschwerde zurück. Die Beschwerdekammer hat nach einer Gesamtbetrachtung der in Rede stehenden Zeichen und Dienstleistungen das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 zwischen den fraglichen Marken bejaht.

 Anträge der Parteien

12      Der Kläger beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        dem EUIPO die Kosten aufzuerlegen.

13      Das EUIPO beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        dem Kläger die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

14      Der Kläger macht als einzigen Klagegrund einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 geltend.

 Vorbemerkungen

15      Gemäß Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 ist die angemeldete Marke auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke von der Eintragung ausgeschlossen, wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit der älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere Marke Schutz genießt. Die Verwechslungsgefahr schließt die Gefahr ein, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird. Nach Art. 8 Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 8 Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii der Verordnung 2017/1001) gehören zu den älteren Marken die in einem Mitgliedstaat eingetragenen Marken mit einem früheren Anmeldetag als dem Tag der Anmeldung der Unionsmarke.

16      Nach ständiger Rechtsprechung liegt eine Verwechslungsgefahr dann vor, wenn das Publikum glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder gegebenenfalls aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Dabei ist das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr umfassend, gemäß der Wahrnehmung der betreffenden Zeichen und Waren oder Dienstleistungen durch die maßgeblichen Verkehrskreise und unter Berücksichtigung aller erheblichen Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Wechselbeziehung zwischen der Ähnlichkeit der Zeichen und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen, zu beurteilen (vgl. Urteil vom 9. Juli 2003, Laboratorios RTB/HABM – Giorgio Beverly Hills [GIORGIO BEVERLY HILLS], T‑162/01, EU:T:2003:199, Rn. 30 bis 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

17      Für die Anwendung von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 setzt eine Verwechslungsgefahr voraus, dass eine Identität oder Ähnlichkeit zwischen den einander gegenüberstehenden Marken und gleichzeitig eine Identität oder Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen besteht. Es handelt sich hierbei um kumulative Voraussetzungen (vgl. Urteil vom 22. Januar 2009, Commercy/HABM – easyGroup IP Licensing [easyHotel], T‑316/07, EU:T:2009:14, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

18      Im Licht dieser Erwägungen ist unter Berücksichtigung der von der Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung dargelegten Beurteilung das Vorbringen des Klägers betreffend einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 zu prüfen.

 Zu den maßgeblichen Verkehrskreisen

19      Nach der Rechtsprechung ist bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr auf einen normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der betreffenden Art von Waren oder Dienstleistungen abzustellen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Aufmerksamkeit des Durchschnittsverbrauchers je nach Art der betreffenden Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann (vgl. Urteil vom 13. Februar 2007, Mundipharma/HABM – Altana Pharma [RESPICUR], T‑256/04, EU:T:2007:46, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

20      In der angefochtenen Entscheidung ist die Beschwerdekammer im Hinblick auf die Art der in Rede stehenden Dienstleistungen davon ausgegangen, dass sich die maßgeblichen Verkehrskreise sowohl aus Verbrauchern allgemein als auch aus Fachleuten zusammensetzten und aufmerksam seien. Außerdem sei, weil die ältere Marke in Spanien eingetragen sei, auf Spanien als maßgebliches Gebiet abzustellen.

21      Da es sich bei den in Rede stehenden Dienstleistungen u. a. um wissenschaftliche Dienstleistungen, Labordienstleistungen und Umweltverträglichkeitsprüfungen handelt, ist die Beschwerdekammer zu Recht davon ausgegangen, dass sich die maßgeblichen Verkehrskreise aus Verbrauchern allgemein und Fachleuten zusammensetzen und aufmerksam sind.

22      Außerdem hat die Beschwerdekammer daraus, dass es sich bei der älteren Marke um eine spanische Marke handelt, ebenfalls zu Recht geschlossen, dass die Verwechslungsgefahr unter Berücksichtigung der Wahrnehmung der Zeichen durch die maßgeblichen spanischen Verkehrskreise zu beurteilen ist.

 Zur Ähnlichkeit der in Rede stehenden Dienstleistungen

23      Nach ständiger Rechtsprechung sind bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der betreffenden Waren oder Dienstleistungen alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis kennzeichnen, in dem diese zueinander stehen. Zu diesen Faktoren gehören insbesondere deren Art, Verwendungszweck und Nutzung sowie ihre Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen. Es können auch andere Faktoren wie die Vertriebswege der betreffenden Waren oder Dienstleistungen berücksichtigt werden (vgl. Urteil vom 11. Juli 2007, El Corte Inglés/HABM – Bolaños Sabri [PiraÑAM diseño original Juan Bolaños], T‑443/05, EU:T:2007:219, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).

24      Außerdem sind nach ständiger Rechtsprechung, wenn die von der älteren Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen die mit der Anmeldung beanspruchten einschließen, diese Waren oder Dienstleistungen als identisch anzusehen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 1. Februar 2018, Cantina e oleificio sociale di San Marzano/EUIPO – Miguel Torres [SANTORO], T‑102/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:50, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).

25      Die Beschwerdekammer hat in der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass die in Rede stehenden Dienstleistungen identisch seien. Diese Beurteilung ist zu bestätigen, da die angemeldete Marke ebenso wie die ältere Marke u. a. medizinische Dienstleistungen, Dienstleistungen eines chemischen Labors und veterinärmedizinische Dienstleistungen umfasst.

 Zur Ähnlichkeit der in Rede stehenden Zeichen

26      Bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr im Hinblick auf die Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen in Bild, Klang oder Bedeutung ist auf den Gesamteindruck abzustellen, den diese Zeichen hervorrufen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind. Für die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr kommt es entscheidend darauf an, wie die Marke auf den Durchschnittsverbraucher der in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen wirkt. Der Durchschnittsverbraucher nimmt dabei eine Marke regelmäßig als Ganzes wahr und achtet nicht auf ihre verschiedenen Einzelheiten (vgl. Urteil vom 12. Juni 2007, HABM/Shaker, C‑334/05 P, EU:C:2007:333, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

27      Die Beurteilung der Ähnlichkeit zweier Marken darf sich nicht darauf beschränken, dass nur ein Bestandteil einer zusammengesetzten Marke berücksichtigt und mit einer anderen Marke verglichen wird. Vielmehr sind die fraglichen Marken jeweils als Ganzes miteinander zu vergleichen, was nicht ausschließt, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile einer zusammengesetzten Marke für den durch die Marke im Gedächtnis der maßgeblichen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können (vgl. Urteil vom 12. Juni 2007, HABM/Shaker, C‑334/05 P, EU:C:2007:333, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung). Es kann nur dann für die Beurteilung der Ähnlichkeit allein auf den dominierenden Bestandteil ankommen, wenn alle anderen Markenbestandteile zu vernachlässigen sind (Urteile vom 12. Juni 2007, HABM/Shaker, C‑334/05 P, EU:C:2007:333, Rn. 42, und vom 20. September 2007, Nestlé/HABM, C‑193/06 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2007:539, Rn. 42). Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn schon dieser Bestandteil allein geeignet ist, das Bild der Marke, das die maßgeblichen Verkehrskreise im Gedächtnis behalten, so zu prägen, dass alle ihre übrigen Bestandteile in dem durch sie hervorgerufenen Gesamteindruck zu vernachlässigen sind (Urteil vom 20. September 2007, Nestlé/HABM, C‑193/06 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2007:539, Rn. 43).

 Zur bildlichen Ähnlichkeit

28      Die Beschwerdekammer hat festgestellt, dass die in Rede stehenden Zeichen einen mittleren Grad an bildlicher Ähnlichkeit aufwiesen. Im Einzelnen ist sie davon ausgegangen, dass die Zeichen einander bildlich ähnlich seien, da die angemeldete Marke ein kennzeichnungskräftiges Element der älteren Marke, nämlich den Bestandteil „separ“, aufgreife; daran könnten auch die diese Marken unterscheidenden Bestandteile nichts ändern, da sie bildlich weniger wichtig oder kennzeichnungsschwach seien.

29      Soweit der Kläger geltend macht, das angemeldete Zeichen bestehe aus zwei zusammengefügten Wortbestandteilen, die jedoch jeweils mit einem Großbuchstaben begönnen, ist darauf hinzuweisen, dass der sich aus der Eintragung einer Wortmarke ergebende Schutz auf das in der Anmeldung angegebene Wort und nicht auf die besonderen bildlichen oder gestalterischen Aspekte erstreckt, die diese Marke möglicherweise annehmen kann. Nach der Rechtsprechung bestehen nämlich Wortmarken ausschließlich aus Buchstaben, Wörtern oder Wortkombinationen in normaler Schriftart ohne spezifische grafische Elemente (vgl. Urteil vom 13. Juli 2017, Migros-Genossenschafts-Bund/EUIPO – Luigi Lavazza [CReMESPRESSO], T‑189/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:488, Rn. 56 und die dort angeführte Rechtsprechung). Folglich kann der Kläger nicht mit Erfolg ein auf das Schriftbild der angemeldeten Wortmarke gestütztes Argument vorbringen, um geltend zu machen, dass keine bildliche Ähnlichkeit der in Rede stehenden Zeichen bestehe.

30      Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass das angemeldete Zeichen aus den beiden zusammengeschriebenen Wortbestandteilen „micro“ und „separ“ besteht. Das ältere Zeichen enthält zum einen ein Bildelement, nämlich einen roten Kreis mit einem kleinen Teil in Grau, und zum anderen die zusammengeschriebenen Wortbestandteile „separ“ und „solidaria“. Das Wort „separ“ ist in Großbuchstaben geschrieben und das Wort „solidaria“ in Fettdruck mit einem großen S. Der farbige Kreis befindet sich über den Wortbestandteilen und nimmt einen erheblichen Teil des in Rede stehenden Zeichens ein. Zwar besteht wegen des farbigen Kreises und des Wortes „solidaria“ des älteren Zeichens und des Elements „micro“ des angemeldeten Zeichens ein bildlicher Unterschied zwischen den Zeichen, aber die maßgeblichen Verkehrskreise werden aufgrund des gemeinsamen Bestandteils „separ“ dennoch eine bildliche Ähnlichkeit der Zeichen wahrnehmen. Dieser aus fünf Buchstaben bestehende gemeinsame Begriff besitzt nämlich in beiden Zeichen originäre Kennzeichnungskraft, so dass in der Wahrnehmung der maßgeblichen Verkehrskreise der Eindruck einer bildlichen Ähnlichkeit dieser Zeichen entsteht. Diese Ähnlichkeit wird durch die anderen Elemente der in Rede stehenden Zeichen und insbesondere das Bildelement des älteren Zeichens nicht in Frage gestellt. Der gemeinsame Begriff „separ“ verleiht den in Rede stehenden Zeichen somit eine durchschnittliche bildliche Ähnlichkeit. Daher hat die Beschwerdekammer fehlerfrei festgestellt, dass die in Rede stehenden Zeichen für die maßgeblichen Verkehrskreise eine durchschnittliche bildliche Ähnlichkeit aufweisen.

 Zur klanglichen Ähnlichkeit

31      In der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer festgestellt, dass die in Rede stehenden Zeichen aufgrund des gemeinsamen Bestandteils „separ“ eine klangliche Ähnlichkeit aufwiesen. Durch die Wörter „micro“ und „solidaria“ werde diese Ähnlichkeit nicht aufgehoben.

32      Diese Beurteilung, die vom Kläger nicht beanstandet wird, ist zu bestätigen. In beiden Zeichen wird der Bestandteil „separ“ nämlich so ausgesprochen, dass die maßgeblichen Verkehrskreise eine klangliche Ähnlichkeit zwischen den Zeichen wahrnehmen. Die Wörter „micro“ und „solidaria“, die ebenfalls ausgesprochen werden, heben die klangliche Ähnlichkeit nicht auf.

 Zur begrifflichen Ähnlichkeit

33      Die Beschwerdekammer ist der Auffassung, dass weder der Begriff „microsepar“ noch der Begriff „separsolidaria“ eine konkrete Bedeutung habe. Die Wörter „micro“ und „solidaria“ seien schwache Elemente der in Rede stehenden Zeichen. Das Wort „micro“ sei eine Vorsilbe, die in zahlreichen spanischen Begriffen in den Bereichen Medizin, Technik und Wissenschaft verwendet werde. Sie verleihe einem zusammengesetzten Begriff die Bedeutung von etwas, das klein, lokal begrenzt oder von vergleichsweise geringer Größe sei. Das Wort „solidaria“ stehe für gemeinsame Ziele einer Gemeinschaft als Ganzer.

34      Die Beurteilung der Beschwerdekammer, wonach im Spanischen weder der Begriff „microsepar“ noch der Begriff „separsolidaria“ eine Bedeutung hat, ist zu bestätigen. Die Wörter „micro“ und „solidaria“ haben zwar, wie von der Beschwerdekammer ausgeführt, im Spanischen eine Bedeutung. Doch ihre Kombination mit dem Wort „separ“ ermöglicht es den maßgeblichen Verkehrskreisen nicht, den in Rede stehenden Begriffen eine unterschiedliche Bedeutung beizumessen, durch die sie sich begrifflich unterscheiden.

35      Der Kläger trägt jedoch vor, das Wort „separ“ sei im spanischen Sprachgebrauch vorhanden und stamme vom Verb „separar“. Das Wort „separ“ bedeute also etwas trennen, sich abspalten und sich scheiden. Der Kläger stützt sich insoweit auf das Online-Übersetzungsportal „deepl“. Wie jedoch das EUIPO in seiner Klagebeantwortung ausführt, handelt es sich bei dem Wort „separ“ nicht um einen spanischen Begriff. Dieser Begriff ist in keinem der einschlägigen spanischen Wörterbücher aufgeführt. Überdies enthält die Website „deepl“, auf die der Kläger Bezug nimmt, kein Wörterbuch; vielmehr handelt es sich dabei um eine Suchmaschine, die Wörter und Wortelemente rein mechanisch und unabhängig vom jeweiligen Kontext übersetzt. Daher kann anhand dieses Portals nicht die Existenz eines Wortes in einer Sprache bewiesen werden. Folglich behauptet der Kläger zu Unrecht, dass die maßgeblichen Verkehrskreise dem Wort „separ“ einen Bedeutungsgehalt beimäßen.

36      Selbst wenn die maßgeblichen Verkehrskreise dieses Wort dahin auffassen sollten, dass es die Bedeutung von etwas trennen, sich abspalten und sich scheiden habe, hätten die in Rede stehenden Zeichen im Hinblick auf den gemeinsamen Bestandteil „separ“ jedenfalls nur eine schwache begriffliche Ähnlichkeit.

 Zur Verwechslungsgefahr

37      Die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr impliziert eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der erfassten Waren oder Dienstleistungen. So kann ein geringer Grad der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (Urteile vom 29. September 1998, Canon, C‑39/97, EU:C:1998:442, Rn. 17, und vom 14. Dezember 2006, Mast-Jägermeister/HABM – Licorera Zacapaneca [VENADO mit Rahmen u. a.], T‑81/03, T‑82/03 und T‑103/03, EU:T:2006:397, Rn. 74).

38      In der angefochtenen Entscheidung ist die Beschwerdekammer davon ausgegangen, dass unter Berücksichtigung der Ähnlichkeiten zwischen den fraglichen Marken, des Grundsatzes der Wechselbeziehung zwischen den relevanten Faktoren sowie der Tatsache, dass das kennzeichnungskräftige Element der älteren Marke, also der Begriff „separ“, bei der angemeldeten Marke eine unabhängige und entscheidende Rolle spiele, in Spanien selbst dann Verwechslungsgefahr zwischen den fraglichen Zeichen bestünde, wenn die maßgeblichen Verkehrskreise in Bezug auf die in Rede stehenden Dienstleistungen einen hohen Grad an Aufmerksamkeit haben sollten. Die Anwendung des Grundsatzes der Wechselwirkung zwischen den fraglichen Faktoren bestätige dieses Ergebnis, da die Dienstleistungen im vorliegenden Fall weitgehend identisch seien. Wegen dieser Identität oder dieser großen Ähnlichkeit seien die Unterschiede zwischen den fraglichen Marken im Rahmen der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr abgeschwächt.

39      Diese Beurteilung ist zu bestätigen, da sowohl in der angemeldeten Marke als auch in der älteren Marke das Wort „separ“ von den maßgeblichen Verkehrskreisen getrennt wahrgenommen wird. Die übrigen Bestandteile der in Rede stehenden Zeichen sind zwar nicht zu vernachlässigen, können aber nichts daran ändern, dass der Begriff „separ“ von den maßgeblichen Verkehrskreisen im Hinblick auf diese anderen Bestandteile als kennzeichnungskräftig wahrgenommen wird. Beim angemeldeten Zeichen wird die Vorsilbe „micro“ nicht als besonders kennzeichnungskräftig wahrgenommen, weil sie, wie von der Beschwerdekammer ausgeführt, in den Bereichen Medizin, Technik und Wissenschaft regelmäßig verwendet und als Kennzeichnung für etwas Kleines aufgefasst wird. Dieses Wort wird von den maßgeblichen Verkehrskreisen folglich anders als das als kennzeichnungskräftig angesehene Wort „separ“ als kennzeichnungsschwach aufgefasst. Ebenso werden bei der älteren Marke der farbige Kreis und das Wort „solidaria“ von den maßgeblichen Verkehrskreisen nicht als besonders kennzeichnungskräftig angesehen. Trotz seiner Größe wird der farbige Kreis als gegenüber dem Begriff „separsolidaria“ zweitrangig aufgefasst, und in diesem Begriff wird dem Bestandteil „separ“ mehr Kennzeichnungskraft beigemessen als dem Bestandteil „solidaria“, der sich auf ein Element der Solidarität bezieht.

40      Unter Berücksichtigung aller Bestandteile der in Rede stehenden Zeichen, der stärkeren Kennzeichnungskraft des Wortes „separ“ in beiden Zeichen, der sich daraus ergebenden bildlichen und klanglichen Ähnlichkeit dieser Zeichen sowie der Identität jedenfalls eines Teils der fraglichen Dienstleistungen ergibt eine umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr zwischen den in Rede stehenden Marken, dass die Gefahr besteht, die maßgeblichen spanischen Verkehrskreise könnten annehmen, dass die durch die fraglichen Zeichen gekennzeichneten Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen.

41      Diese Beurteilung wird durch die verschiedenen Argumente des Klägers nicht entkräftet. So macht der Kläger erstens zu Unrecht geltend, die Beschwerdekammer sei davon ausgegangen, dass es sich bei dem roten Kreis der älteren Marke um ein zu vernachlässigendes Element handele. Die Beschwerdekammer hat dieses Element nicht als vernachlässigbar eingestuft. Außerdem trägt der Kläger zu Unrecht vor, dass dieser Bestandteil von entscheidender bildlicher Prägung und mit dem Wortbestandteil „solidaria“ verbunden sei, da das ringförmige Grafikelement mit der farblichen Unterbrechung ein Integrieren und Einbeziehen in die Gemeinschaft symbolisiere. Wie oben in Rn. 40 ausgeführt, werden die maßgeblichen Verkehrskreise das Wort „separ“ als kennzeichnungskräftig wahrnehmen. Den farbigen Kreis werden sie nicht als grafische Darstellung einer mit dem Wort „solidaria“ zum Ausdruck gebrachten Solidarität wahrnehmen.

42      Zweitens hat die Beschwerdekammer, anders als vom Kläger vorgetragen, das Wort „separ“ nicht als dominant, sondern als kennzeichnungskräftig eingestuft. Außerdem ändert die unterschiedliche Position dieses Wortes in den beiden Zeichen nichts daran, dass die maßgeblichen Verkehrskreise es als identisch wahrnehmen werden.

43      Drittens geht der Kläger zu Unrecht davon aus, dass der rote Ring der älteren Marke aufgrund seiner räumlichen Größe, seiner farblichen Eigenart und seiner grafischen Ausgestaltung dominant sei und starke oder gleichberechtigte Kennzeichnungskraft habe. Aus den oben in Rn. 40 dargelegten Gründen kann dieser Beurteilung nicht gefolgt werden.

44      Nach alledem ist der einzige vom Kläger vorgebrachte Klagegrund, ein Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009, zurückzuweisen, so dass die Klage insgesamt abzuweisen ist.

 Kosten

45      Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

46      Da der Kläger unterlegen ist, sind ihm gemäß dem Antrag des EUIPO die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Dritte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Herr Andreas Szabados trägt die Kosten.

Frimodt Nielsen

Kreuschitz

Półtorak

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 17. Oktober 2018.

Der Kanzler

 

      Der Präsident

E. Coulon

 

      S. Frimodt Nielsen


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