T-479/14 – Kendrion / Europäische Union

T-479/14 – Kendrion / Europäische Union

Language of document : ECLI:EU:T:2017:48

Vorläufige Fassung

URTEIL DES GERICHTS (Dritte erweiterte Kammer)

1. Februar 2017(*)

„Außervertragliche Haftung – Genauigkeit der Klageschrift –Zulässigkeit – Art. 47 der Charta der Grundrechte – Angemessene Dauer eines Gerichtsverfahrens – Materieller Schaden –Zinsen auf den Betrag der nicht entrichteten Geldbuße – Kosten einer Bankbürgschaft –Immaterieller Schaden – Kausalzusammenhang“

In der Rechtssache T‑479/14

Kendrion NV mit Sitz in Zeist (Niederlande), Prozessbevollmächtigte: zunächst Rechtsanwälte P. Glazener und T. Ottervanger, dann Rechtsanwalt T. Ottervanger,

Klägerin,

gegen

Europäische Union, vertreten durch den Gerichtshof der Europäischen Union, dieser zunächst vertreten durch A. Placco, dann durch J. Inghelram und E. Beysen als Bevollmächtigte,

Beklagte,

unterstützt durch

Europäische Kommission, vertreten durch T. Christoforou, S. Noë und P. van Nuffel als Bevollmächtigte,

Streithelferin,

wegen einer Klage gemäß Art. 268 AEUV auf Ersatz des Schadens, der der Klägerin durch die Dauer des Verfahrens vor dem Gericht in der Rechtssache entstanden sein soll, die zu dem Urteil vom 16. November 2011, Kendrion/Kommission (T‑54/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:667), geführt hat,

erlässt

DAS GERICHT (Dritte erweiterte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten S. Papasavvas sowie der Richterin I. Labucka und der Richter E. Bieliūnas (Berichterstatter), V. Kreuschitz und I. S. Forrester,

Kanzler: G. Predonzani, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 20. Juli 2016

folgendes

Urteil

I.      Sachverhalt

1        Mit Klageschrift, die am 22. Februar 2006 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob die Klägerin, die Kendrion NV, Klage gegen die Entscheidung K(2005) 4634 der Kommission vom 30. November 2005 in einem Verfahren nach Art. [101 AEUV] (Sache COMP/F/38.354 – Industriesäcke) (im Folgenden: Entscheidung K(2005) 4634). In der Klageschrift beantragte sie im Wesentlichen, diese Entscheidung insgesamt oder teilweise für nichtig zu erklären, hilfsweise, die mit dieser Entscheidung gegen sie verhängte Geldbuße für nichtig zu erklären oder herabzusetzen.

2        Mit Urteil vom 16. November 2011, Kendrion/Kommission (T‑54/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:667), wies das Gericht die Klage ab.

3        Mit Rechtsmittelschrift, die am 26. Januar 2012 einging, legte die Klägerin ein Rechtsmittel gegen das Urteil vom 16. November 2011, Kendrion/Kommission (T‑54/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:667), ein.

4        Mit Urteil vom 26. November 2013, Kendrion/Kommission (C‑50/12 P, EU:C:2013:771), wies der Gerichtshof dieses Rechtsmittel zurück.

II.    Verfahren und Anträge der Parteien

5        Mit Klageschrift, die am 26. Juni 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage gegen die Europäische Union, vertreten durch den Gerichtshof der Europäischen Union, erhoben.

6        Mit gesondertem Schriftsatz, der am 8. September 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat der Gerichtshof der Europäischen Union eine Einrede der Unzulässigkeit gemäß Art. 114 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts vom 2. Mai 1991 erhoben.

7        Mit Beschluss vom 6. Januar 2015, Kendrion/Europäische Union (T‑479/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:2), hat das Gericht die vom Gerichtshof der Europäischen Union erhobene Einrede der Unzulässigkeit zurückgewiesen und die Kostenentscheidung vorbehalten.

8        Mit Rechtsmittelschrift, die am 17. Februar 2015 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen ist, hat der Gerichtshof der Europäischen Union ein Rechtsmittel gegen den Beschluss vom 6. Januar 2015, Kendrion/Europäische Union (T‑479/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:2), eingelegt, das unter dem Aktenzeichen C‑71/15 P in das Register eingetragen worden ist.

9        Mit Beschluss vom 2. März 2015 hat der Präsident der Dritten Kammer des Gerichts auf Antrag des Gerichtshofs der Europäischen Union das Verfahren in der vorliegenden Rechtssache bis zur verfahrensbeendenden Entscheidung des Gerichtshofs in der Rechtssache C‑71/15 P, Gerichtshof/Kendrion, ausgesetzt.

10      Mit Beschluss vom 18. Dezember 2015, Gerichtshof/Kendrion (C‑71/15 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2015:857), ist die Rechtssache im Register des Gerichtshofs gestrichen worden.

11      Nach der Wiederaufnahme des Verfahrens in der vorliegenden Rechtssache hat die Europäische Kommission mit am 15. Januar 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenem Schriftsatz beantragt, als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge des Gerichtshofs der Europäischen Union zugelassen zu werden.

12      Am 16. Februar 2016 hat der Gerichtshof der Europäischen Union eine Klagebeantwortung eingereicht.

13      Am 17. Februar 2016 hat das Gericht die vorliegende Rechtssache an die Dritte erweiterte Kammer verwiesen.

14      Am 2. März 2016 hat das Gericht entschieden, dass ein zweiter Schriftsatzwechsel nicht erforderlich ist. Im Übrigen hat es den Gerichtshof der Europäischen Union im Rahmen prozessleitender Maßnahmen im Sinne von Art. 89 der Verfahrensordnung des Gerichts aufgefordert, mitzuteilen, ob er die Genehmigung der Klägerin und der Kommission zur Vorlage bestimmter Schriftstücke beantragt und erhalten hat, die in den Anlagen der Klagebeantwortung enthalten sind und sich auf die Rechtssache beziehen, die zum Urteil vom 16. November 2011, Kendrion/Kommission (T‑54/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:667) (im Folgenden: Rechtssache T‑54/06), geführt hat.

15      Mit Beschluss vom 15. März 2016, Kendrion/Europäische Union (T‑479/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:196), hat der Präsident der Dritten erweiterten Kammer des Gerichts dem Antrag der Kommission auf Zulassung als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge des Gerichtshofs der Europäischen Union stattgegeben und erklärt, dass der Kommission die Rechte nach Art. 116 § 6 der Verfahrensordnung vom 2. Mai 1991 zustehen.

16      Am 18. März 2016 hat der Gerichtshof der Europäischen Union auf die oben in Rn. 14 genannte Frage geantwortet. Er hat in erster Linie beantragt, festzustellen, dass er die Genehmigung der Klägerin und der Kommission zur Vorlage der die Rechtssache T‑54/06 betreffenden Schriftstücke weder habe beantragen noch erhalten müssen, hilfsweise, festzustellen, dass diese Genehmigung von der Klägerin und der Kommission stillschweigend erteilt worden sei. Äußerst hilfsweise hat der Gerichtshof der Europäischen Union beantragt, seine Antwort als Antrag auf eine prozessleitende Maßnahme zu behandeln, mit der das Gericht im Rahmen der vorliegenden Klage die Vorlage der Schriftstücke, die in den Akten der Rechtssache T‑54/06 enthalten seien, und insbesondere derjenigen Schriftstücke, die der Klagebeantwortung als Anlagen beigefügt seien, anordnen möge.

17      Am 4. April 2016 hat der Präsident der Dritten erweiterten Kammer des Gerichts erstens entschieden, die Schriftstücke, die in den Anlagen der in dieser Rechtssache eingereichten Klagebeantwortung enthalten sind und sich auf die Rechtssache T‑54/06 beziehen, aus der Akte zu entfernen. Diese Entscheidung ist damit begründet worden, dass der Gerichtshof der Europäischen Union weder die Genehmigung der Parteien in der Rechtssache T‑54/06 zur Vorlage dieser Schriftstücke beantragt und erlangt hat noch gemäß Art. 38 Abs. 2 der Verfahrensordnung den Zugang zu den Akten jener Rechtssache beantragt hatte. Zweitens hat der Präsident der Dritten erweiterten Kammer des Gerichts gemäß Art. 88 Abs. 3 der Verfahrensordnung beschlossen, die Klägerin aufzufordern, zu dem Antrag auf Erlass einer prozessleitenden Maßnahme Stellung zu nehmen, der vom Gerichtshof der Europäischen Union in seiner oben in Rn. 16 erwähnten Antwort vom 18. März 2016 äußerst hilfsweise gestellt worden ist.

18      Am 12. April 2016 hat die Klägerin beantragt, unter Berücksichtigung der Interessen beider Parteien und der prozessualen Komplexität des Antrags des Gerichtshofs der Europäischen Union nach billigem Ermessen zu entscheiden.

19      Am 11. Mai 2016 hat das Gericht festgestellt, dass es für die Aufbereitung und Regelung der vorliegenden Rechtssache in Anbetracht ihres Gegenstands erforderlich ist, dass ihm die Akten der Rechtssache T‑54/06 zur Verfügung stehen. Deshalb hat es im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 89 der Verfahrensordnung beschlossen, die Akten der Rechtssache T‑54/06 im vorliegenden Verfahren beizuziehen.

20      Am 17. Juni 2016 hat der Gerichtshof der Europäischen Union die Zustellung der Akten der Rechtssache T‑54/06 beantragt.

21      Am 28. Juni 2016 hat das Gericht die Klägerin zur Vorlage bestimmter Dokumente aufgefordert und ihr eine Frage zur Beantwortung in der mündlichen Verhandlung gestellt.

22      Die Parteien haben in der Sitzung vom 20. Juli 2016 mündlich verhandelt und mündliche Fragen des Gerichts beantwortet.

23      Die Klägerin beantragt,

–        die Union zu verurteilen, ihr als Ersatz des materiellen Schadens einen Betrag von 2 308 463,98 Euro oder mindestens in der vom Gericht für angemessen erachteten Höhe zu zahlen;

–        die Union zu verurteilen, ihr als Ersatz des immateriellen Schadens einen Betrag von 11 050 000 Euro, hilfsweise, mindestens von 1 700 000 Euro, höchst hilfsweise, mindestens in der von den Parteien gemäß den vom Gericht festgesetzten Modalitäten bestimmten Höhe oder jedenfalls in einer vom Gericht festzusetzenden angemessenen Höhe zu zahlen;

–        auf die zugesprochenen Beträge jeweils Verzugszinsen ab dem 26. November 2013 in der vom Gericht für angemessen erachteten Höhe festzusetzen;

–        der Union die Kosten aufzuerlegen.

24      Der Gerichtshof der Europäischen Union, unterstützt durch die Kommission, beantragt,

–        den Antrag auf Ersatz des behaupteten materiellen Schadens als unbegründet und den Antrag auf Ersatz des behaupteten immateriellen Schadens als unzulässig, jedenfalls als unbegründet zurückzuweisen;

–        hilfsweise, den Antrag auf Ersatz des behaupteten materiellen Schadens als unbegründet zurückzuweisen und der Klägerin eine Entschädigung für den behaupteten immateriellen Schaden in Höhe von höchstens 5 000 Euro zuzuerkennen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

III. Rechtliche Würdigung

A.      Zur Zulässigkeit

25      Der Gerichtshof der Europäischen Union macht geltend, der Klageschrift fehle es bezüglich Art und Umfang des behaupteten immateriellen Schadens an Klarheit und Genauigkeit. Die Beschreibung des immateriellen Schadens sei ausgesprochen vage und beruhe auf einer Verwechslung von materiellem und immateriellem Schaden.

26      Nach Art. 21 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 53 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und Art. 44 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung vom 2. Mai 1991 muss die Klageschrift den Streitgegenstand und eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten. Diese Darstellung muss hinreichend klar und genau sein, um dem Beklagten die Vorbereitung seiner Verteidigung und dem Gericht gegebenenfalls ohne weitere Informationen die Entscheidung über die Klage zu ermöglichen. Um die Rechtssicherheit und eine geordnete Rechtspflege zu gewährleisten, ist es für die Zulässigkeit einer Klage daher erforderlich, dass sich die tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf die sich die Klage stützt, zumindest in gedrängter Form, aber zusammenhängend und verständlich, unmittelbar aus der Klageschrift ergeben. Insbesondere genügt eine Klage auf Ersatz eines Schadens, der von einem Unionsorgan verursacht worden sein soll, diesen Anforderungen nur, wenn in ihr Tatsachen angeführt werden, anhand deren sich das dem Organ vom Kläger vorgeworfene Verhalten bestimmen lässt, die Gründe genannt werden, aus denen nach Auffassung des Klägers ein Kausalzusammenhang zwischen dem Verhalten und dem geltend gemachten Schaden besteht, sowie Art und Umfang dieses Schadens bezeichnet werden (vgl. Urteil vom 7. Oktober 2015, Accorinti u. a./EZB, T‑79/13, EU:T:2015:756, Rn. 53 und die dort angeführte Rechtsprechung).

27      Im vorliegenden Fall ist als Erstes festzustellen, dass die Klägerin die Art der geltend gemachten immateriellen Schäden zwar in gedrängter Form dargelegt hat. Angesichts aller Erläuterungen und Verweise in der Klageschrift erweist sich diese Darlegung jedoch als hinreichend.

28      Zum einen nämlich trägt die Klägerin u. a. vor, dass sie „ein börsennotiertes Unternehmen [ist], dessen gute und schlechte Zeiten nicht nur von seinen eigenen Arbeitnehmern, sondern auch von der Presse, von Investoren und von seinen Kunden aufmerksam verfolgt werden“. Nach Ansicht der Klägerin ist ihr Ruf unnötig beschädigt worden.

29      Zum anderen macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, dass sich die zusätzlichen Jahre der Ungewissheit nachteilig auf die Unternehmensführung, die Investitionstätigkeit, die Attraktivität und die Strategie des Unternehmens ausgewirkt hätten. Durch diese Ungewissheit sei auch ihren Arbeitnehmern und ihren Führungskräften, die sich in einer sehr gespannten Lage befunden hätten, ein persönlicher immaterieller Schaden entstanden.

30      Die vom Gerichtshof der Europäischen Union gerügte Unklarheit hinsichtlich des Verhältnisses zwischen den behaupteten immateriellen Schäden und den möglichen materiellen Schäden ist bei der Begründetheit des Antrags auf Ersatz der behaupteten immateriellen Schäden, insbesondere bei den Kriterien für deren Beurteilung und Ersatz, zu prüfen.

31      Als Zweites weist die Klägerin zum Umfang der behaupteten immateriellen Schäden zu Recht darauf hin, dass sich die von ihr geltend gemachten immateriellen Schäden naturgemäß nicht genau berechnen ließen. Außerdem seien der Kontext und somit die Art der Rechtssache und die des betroffenen Unternehmens bei der Bestimmung des behaupteten immateriellen Schadens zu berücksichtigen. Schließlich hat die Klägerin ihren Schaden nach einer Methode geschätzt, deren Stichhaltigkeit bei der Begründetheit der Klage zu prüfen ist.

32      Die Klageschrift ist somit hinreichend klar und genau, und die Informationen der Klägerin waren ausreichend, um die Art und den Umfang ihrer behaupteten immateriellen Schäden zu beurteilen. Die Informationen haben daher den Gerichtshof der Europäischen Union in die Lage versetzt, sich zu verteidigen, und sie ermöglichen dem Gericht eine Entscheidung über die vorliegende Klage.

33      Nach alledem ist der vom Gerichtshof der Europäischen Union geltend gemachte Unzulässigkeitsgrund zurückzuweisen.

B.      Zur Begründetheit

34      Nach Art. 340 Abs. 2 AEUV ersetzt die Union im Bereich der außervertraglichen Haftung den durch ihre Organe oder Bediensteten in Ausübung ihrer Amtstätigkeit verursachten Schaden nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind.

35      Nach ständiger Rechtsprechung ergibt sich aus Art. 340 Abs. 2 AEUV, dass die außervertragliche Haftung der Union und der Anspruch auf Schadensersatz davon abhängen, dass eine Reihe von Voraussetzungen, nämlich die Rechtswidrigkeit des den Organen vorgeworfenen Verhaltens, das tatsächliche Vorliegen eines Schadens und das Bestehen eines Kausalzusammenhangs zwischen diesem Verhalten und dem geltend gemachten Schaden, erfüllt sind (Urteile vom 29. September 1982, Oleifici Mediterranei/EWG, 26/81, EU:C:1982:318, Rn. 16, und vom 9. September 2008, FIAMM u. a./Rat und Kommission, C‑120/06 P und C‑121/06 P, EU:C:2008:476, Rn. 106).

36      Liegt eine dieser Voraussetzungen nicht vor, ist die Klage insgesamt abzuweisen, ohne dass die übrigen Voraussetzungen der außervertraglichen Haftung der Union geprüft zu werden bräuchten (Urteil vom 14. Oktober 1999, Atlanta/Europäische Gemeinschaft, C‑104/97 P, EU:C:1999:498, Rn. 65, vgl. auch in diesem Sinne Urteil vom 15. September 1994, KYDEP/Rat und Kommission, C‑146/91, EU:C:1994:329, Rn. 81). Außerdem ist der Unionsrichter nicht gehalten, diese Voraussetzungen in einer bestimmten Reihenfolge zu prüfen (Urteil vom 18. März 2010, Trubowest Handel und Makarov/Rat und Kommission, C‑419/08 P, EU:C:2010:147, Rn. 42, vgl. auch in diesem Sinne Urteil vom 9. September 1999, Lucaccioni/Kommission, C‑257/98 P, EU:C:1999:402, Rn. 13).

37      Im vorliegenden Fall macht die Klägerin erstens geltend, die Dauer des Verfahrens in der Rechtssache T‑54/06 habe gegen die Anforderungen bezüglich der Einhaltung einer angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens (im Folgenden auch: angemessene Verfahrensdauer) verstoßen. Zweitens trägt sie vor, durch diese Überschreitung sei ihr ein Schaden entstanden, der zu ersetzen sei.

1.      Zur behaupteten Nichteinhaltung der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens in der Rechtssache T54/06

38      Die Klägerin macht als Erstes geltend, der Gerichtshof habe in dem Urteil vom 26. November 2013, Kendrion/Kommission (C‑50/12 P, EU:C:2013:771), bereits entschieden, dass das Erfordernis eines hinreichend qualifizierten Verstoßes gegen eine Rechtsnorm, die dem Einzelnen Rechte verleihen solle, in Bezug auf die Verfahrensdauer in der Rechtssache T‑54/06 erfüllt sei. Es sei daher nicht erforderlich, die Kriterien für die Beurteilung der Angemessenheit der Verfahrensdauer oder deren Anwendung im vorliegenden Fall weiter zu prüfen.

39      Als Zweites trägt die Klägerin vor, in der Rechtssache T‑54/06 sei unter Berücksichtigung der Tatsache, dass das Gericht eine internationale Einrichtung sei, was vor allem aufgrund der Sprachregelung eine gewisse Komplexität mit sich bringe, ein Zeitraum von zwei Jahren und sechs Monaten eine angemessene Verfahrensdauer gewesen. Eine Verfahrensdauer von mehr als zwei Jahren und sechs Monaten sei in der vorliegenden Rechtssache durch nichts gerechtfertigt. Da die Verfahrensdauer in der Rechtssache T‑54/06 fünf Jahre und neun Monate betragen habe, sei die angemessene Verfahrensdauer um drei Jahre und drei Monate überschritten worden.

40      Der Gerichtshof der Europäischen Union erwidert, dass das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen sei.

41      Erstens weist er darauf hin, dass es nach dem Urteil vom 26. November 2013, Kendrion/Kommission (C‑50/12 P, EU:C:2013:771), Sache des Gerichts sei, über Klagen wie die vorliegende zu entscheiden und zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die außervertragliche Haftung der Union erfüllt seien.

42      Zweitens lasse die Behauptung der Klägerin, dass die Dauer des Verfahrens in den Rechtssachen, die die Anwendung des Wettbewerbsrechts beträfen, nur angemessen sei, wenn sie einen Zeitraum von zwei Jahren und sechs Monaten nicht überschreite, jeden Bezug zur Realität der Verfahren vor dem Gericht vermissen, wie die zwischen 2006 und 2015 bei dieser Art von Verfahren festgestellte durchschnittliche Dauer der Verfahren vor dem genannten Gericht zeige. Auch habe die Zeitspanne zwischen dem Ende des schriftlichen Verfahrens und der Eröffnung des mündlichen Verfahrens in der Rechtssache T‑54/06 die zwischen 2007 und 2010 festgestellte durchschnittliche Dauer dieses Zeitabschnitts in den Rechtssachen, die die Anwendung des Wettbewerbsrechts beträfen, nur um 16 Monate überschritten.

43      Drittens sei die Angemessenheit der Verfahrensdauer vor allem anhand der spezifischen Umstände der jeweiligen Rechtssache zu beurteilen, insbesondere aber unter Berücksichtigung etwaiger Zeiten ungewöhnlich lang anhaltender Untätigkeit. Die Gesamtdauer des Verfahrens sowie die Zeitspanne zwischen dem Ende des schriftlichen Verfahrens und der Eröffnung des mündlichen Verfahrens in der Rechtssache T‑54/06 seien durch den enormen Umfang der Rechtssachen, die die Anwendung des Wettbewerbsrechts beträfen, durch die Erhebung von 15 Parallelklagen gegen die Entscheidung K(2005) 4634 in sechs verschiedenen Sprachen und durch das mehrsprachige Arbeitsumfeld des Gerichtshofs der Europäischen Union gerechtfertigt. Außerdem seien die begrenzte Amtszeit der Richter zu berücksichtigen sowie die lang dauernde Krankheit eines der Mitglieder der Kammer, der die Rechtssache T‑54/06 zugewiesen worden sei.

44      Dazu ist festzustellen, dass Art. 47 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union u. a. bestimmt, dass „[j]ede Person … ein Recht darauf [hat], dass ihre Sache von einem unabhängigen, unparteiischen und zuvor durch Gesetz errichteten Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird“.

45      Dieses Recht, das als allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts bereits vor dem Inkrafttreten der Charta der Grundrechte bekräftigt worden ist, gilt auch im Rahmen einer Klage gegen eine Entscheidung der Kommission (vgl. Urteil vom 16. Juli 2009, Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland/Kommission, C‑385/07 P, EU:C:2009:456, Rn. 178 und die dort angeführte Rechtsprechung).

46      Im vorliegenden Fall ergibt eine eingehende Prüfung der Akten in der Rechtssache T‑54/06, dass sich, wie der Gerichtshof zu Recht im Urteil vom 26. November 2013, Kendrion/Kommission (C‑50/12 P, EU:C:2013:771), hervorgehoben hat, die Verfahrensdauer in der Rechtssache T‑54/06, die sich auf fast fünf Jahre und neun Monate belief, durch nichts in der genannten Rechtssache rechtfertigen lässt.

47      Als Erstes ist festzustellen, dass die Rechtssache T‑54/06 eine Rechtsstreitigkeit über eine Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln betraf und dass nach der Rechtsprechung das grundlegende Gebot der für die Wirtschaftsteilnehmer unerlässlichen Rechtssicherheit und das Ziel, zu gewährleisten, dass der Wettbewerb im Binnenmarkt nicht verfälscht wird, nicht nur für einen Kläger und seine Konkurrenten, sondern wegen der großen Zahl betroffener Personen und der berührten finanziellen Interessen auch für Dritte von erheblichem Interesse sind (Urteil vom 16. Juli 2009, Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland/Kommission, C‑385/07 P, EU:C:2009:456, Rn. 186).

48      Als Zweites ist festzuhalten, dass in der Rechtssache T‑54/06 zwischen dem Ende des schriftlichen Verfahrens, das mit der Einreichung der Gegenerwiderung der Kommission am 19. Februar 2007 abgeschlossen war, und der Eröffnung des mündlichen Verfahrens am 30. November 2010 ein Zeitraum von ungefähr drei Jahren und zehn Monaten, also von 46 Monaten, lag.

49      Während dieses Zeitraums wurden insbesondere die Argumente der Parteien zusammengefasst, die Rechtssachen aufbereitet, die Rechtsstreitigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht analysiert und der mündliche Teil des Verfahrens vorbereitet. Die Dauer dieses Zeitraums war daher insbesondere durch die Komplexität des Rechtsstreits sowie durch das Verhalten der Parteien und die Zwischenstreitigkeiten bedingt.

50      Was die Komplexität des Rechtsstreits angeht, so betraf die Rechtssache T‑54/06 eine Klage, die gegen eine Entscheidung der Kommission über ein Verfahren nach Art. 101 AEUV erhoben worden war.

51      Wie sich aus den Akten in der Rechtssache T‑54/06 ergibt, weisen Klagen, die die Anwendung des Wettbewerbsrechts durch die Kommission betreffen, u. a. wegen der Länge der angefochtenen Entscheidung, des Aktenumfangs und der Notwendigkeit, zahlreiche komplexe Sachverhalte detailliert zu beurteilen, die oft einen langen Zeitraum und ein räumlich umfangreiches Gebiet umfassen, einen höheren Grad an Komplexität auf als andere Arten von Rechtssachen.

52      Daher ist ein Zeitraum von 15 Monaten zwischen dem Ende des schriftlichen Verfahrens und der Eröffnung des mündlichen Verfahrens für die Behandlung von Rechtssachen, die wie die Rechtssache T‑54/06 die Anwendung des Wettbewerbsrechts betreffen, grundsätzlich angemessen.

53      Sodann muss berücksichtigt werden, dass gegen die Entscheidung K(2005) 4634 mehrere Klagen erhoben worden waren.

54      Klagen, die gegen ein und dieselbe Entscheidung der Kommission erhoben werden, die aufgrund des Wettbewerbsrechts der Union ergangen ist, erfordern grundsätzlich eine parallele Behandlung, und zwar auch dann, wenn diese Klagen nicht miteinander verbunden sind. Diese parallele Behandlung ist insbesondere wegen des Zusammenhangs dieser Klagen und wegen des Erfordernisses der Kohärenz bei deren Analyse und bei der Entscheidung über sie gerechtfertigt.

55      Daher kann die parallele Behandlung von zusammenhängenden Rechtssachen eine einmonatige Verlängerung des Zeitraums zwischen dem Ende des schriftlichen Verfahrens und der Eröffnung des mündlichen Verfahrens je zusätzlicher in einem solchen Zusammenhang stehenden Rechtssache rechtfertigen.

56      Im vorliegenden sind Fall 15 Klagen gegen die Entscheidung K(2005) 4634 erhoben worden. Zum einen nahm jedoch eine Klägerin ihre Klage gegen diese Entscheidung zurück (Beschluss vom 6. Juli 2006, Cofira-Sac/Kommission, T‑43/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2006:192). Zum anderen führten zwei Klagen, die gegen die Entscheidung K(2005) 4634 erhoben worden waren, zu den Urteilen vom 13. September 2010, Trioplast Wittenheim/Kommission (T‑26/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2010:387), bzw. vom 13. September 2010, Trioplast Industrier/Kommission (T‑40/06, EU:T:2010:388).

57      Unter diesen Umständen rechtfertigte die Behandlung der zwölf anderen Rechtssachen, die Klagen gegen die Entscheidung K(2005) 4634 betrafen, eine Verlängerung des Verfahrens in der Rechtssache T‑54/06 um elf Monate.

58      Deshalb war ein Zeitraum von 26 Monaten (15 Monate plus 11 Monate) zwischen dem Ende des schriftlichen Verfahrens und der Eröffnung des mündlichen Verfahrens für die Behandlung der Rechtssache T‑54/06 angemessen.

59      Der Grad der tatsächlichen, rechtlichen und prozessualen Komplexität der Rechtssache schließlich rechtfertigt im vorliegenden Fall nicht, einen längeren Zeitraum zugrunde zu legen. Insoweit ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass zwischen dem Ende des schriftlichen Verfahrens und der Eröffnung des mündlichen Verfahrens in der Rechtssache T‑54/06 das Verfahren durch keinerlei prozessleitende Maßnahme des Gerichts unterbrochen oder verzögert wurde.

60      Was das Verhalten der Parteien und die Zwischenstreitigkeiten in der Rechtssache T‑54/06 anbelangt, so hatten weder dieses Verhalten noch die Zwischenstreitigkeiten Einfluss auf die Zeitspanne zwischen dem Ende des schriftlichen Verfahrens und der Eröffnung des mündlichen Verfahrens in der Rechtssache T‑54/06.

61      In Anbetracht der Umstände in der Rechtssache T‑54/06 weist der Zeitraum von 46 Monaten zwischen dem Ende des schriftlichen Verfahrens und der Eröffnung des mündlichen Verfahrens in dieser Rechtssache eine Spanne von 20 Monaten ungerechtfertigter Untätigkeit auf.

62      Als Drittes hat die Prüfung der Akten der Rechtssache T‑54/06 nichts ergeben, was den Schluss auf eine Zeitspanne ungerechtfertigter Untätigkeit zwischen der Einreichung der Klageschrift und der Einreichung der Gegenerwiderung oder zwischen der Eröffnung des mündlichen Verfahrens und der Verkündung des Urteils vom 16. November 2011, Kendrion/Kommission (T‑54/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:667), zuließe.

63      Hieraus folgt, dass das Verfahren in der Rechtssache T‑54/06, das mit dem Urteil vom 16. November 2011, Kendrion/Kommission (T‑54/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:667), endete, gegen Art. 47 Abs. 2 der Charta der Grundrechte verstieß, da es die angemessene Dauer des Gerichtsverfahrens um 20 Monate überschritt, was einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen eine Rechtsnorm der Union darstellt, die dem Einzelnen Rechte verleihen soll.

2.      Zu den geltend gemachten Schäden und dem behaupteten Kausalzusammenhang

64      Nach ständiger Rechtsprechung muss der Schaden, für den im Rahmen einer Klage wegen außervertraglicher Haftung der Union Ersatz begehrt wird, tatsächlich und sicher sein, wobei der Kläger insoweit beweispflichtig ist (vgl. Urteil vom 9. November 2006, Agraz u. a./Kommission, C‑243/05 P, EU:C:2006:708, Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung). Es ist Sache des Klägers, schlüssige Beweise sowohl für das Vorliegen als auch für den Umfang des von ihm geltend gemachten Schadens zu erbringen (vgl. Urteil vom 16. September 1997, Blackspur DIY u. a./Rat und Kommission, C‑362/95 P, EU:C:1997:401, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung).

65      Nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung bezieht sich die von Art. 340 Abs. 2 AEUV aufgestellte Voraussetzung des Kausalzusammenhangs darauf, dass ein hinreichend unmittelbarer ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Verhalten der Organe und dem Schaden besteht (Urteile vom 18. März 2010, Trubowest Handel und Makarov/Rat und Kommission, C‑419/08 P, EU:C:2010:147, Rn. 53, und vom 14. Dezember 2005, Beamglow/Parlament u. a., T‑383/00, EU:T:2005:453, Rn. 193, vgl. auch in diesem Sinne Urteil vom 4. Oktober 1979, Dumortier u. a./Rat, 64/76, 113/76, 167/78, 239/78, 27/79, 28/79 und 45/79, EU:C:1979:223, Rn. 21). Der Kläger hat das Bestehen eines Kausalzusammenhangs zwischen dem beanstandeten Verhalten und dem geltend gemachten Schaden nachzuweisen (vgl. Urteil vom 30. September 1998, Coldiretti u. a./Rat und Kommission, T‑149/96, EU:T:1998:228, Rn. 101 und die dort angeführte Rechtsprechung).

66      Im vorliegenden Fall macht die Klägerin geltend, durch die Nichteinhaltung der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens in der Rechtssache T‑54/06 seien ihr materielle und immaterielle Schäden entstanden.

a)      Zu den geltend gemachten materiellen Schäden und dem behaupteten Kausalzusammenhang

67      Die Klägerin macht geltend, ihr sei ein materieller Schaden in Form zusätzlicher finanzieller Belastungen entstanden, die sie in der Zeit vom 26. August 2010, dem Tag, an dem der Gerichtshof sein Urteil hätte erlassen müssen, bis zum 26. November 2013, dem Tag, an dem der Gerichtshof sein Urteil Kendrion/Kommission (C‑50/12 P, EU:C:2013:771) tatsächlich erlassen habe, habe tragen müssen. Die Höhe dieser Belastungen belaufe sich auf 2 308 463,98 Euro. Dieser Betrag errechne sich wie folgt. In einem ersten Schritt seien die Kosten der Bankbürgschaft, die gestellt worden sei, um die mit der Entscheidung K(2005) 4634 verhängte Geldbuße nicht sofort zahlen zu müssen (im Folgenden: Kosten der Bankbürgschaft), und die auf den Betrag der Geldbuße gezahlten Zinsen (im Folgenden: Zinsen auf den Betrag der Geldbuße) zu addieren. In einem zweiten Schritt seien von dem Ergebnis dieser Addition die Kosten abzuziehen, die die Klägerin zu tragen gehabt hätte, wenn sie die Geldbuße am 26. August 2010 hätte zahlen müssen.

68      Der Gerichtshof der Europäischen Union vertritt als Erstes die Auffassung, dass kein hinreichend unmittelbarer Kausalzusammenhang zwischen dem materiellen Schaden aufgrund der Kosten der Bankbürgschaft und der Zinsen auf den Betrag der Geldbuße einerseits und der Nichteinhaltung der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens andererseits bestehe. Dieser materielle Schaden beruhe nämlich auf einer eigenen Entscheidung der Klägerin. Zudem könne der Nachweis für das Bestehen eines Kausalzusammenhangs nicht allein durch die Feststellung erbracht werden, dass die Klägerin ohne Überschreitung der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens nicht verpflichtet gewesen wäre, für den Zeitraum dieser Überschreitung die Kosten der Bankbürgschaft und die Zinsen auf den Betrag der Geldbuße zu zahlen.

69      Als Zweites könnten die Zinsen, die die Klägerin habe entrichten müssen, nicht als Schaden angesehen werden. Diese Zinsen seien nämlich der Ausgleich dafür, dass die Kommission nicht über einen Betrag habe verfügen können, auf den sie Anspruch gehabt habe. Die Klägerin wäre ungerechtfertigt bereichert, wenn sie eine Entschädigung in Höhe dieser Zinsen erhielte. Hilfsweise trägt der Gerichtshof der Europäischen Union vor, dass die als Anlage zur Klageschrift vorgelegten Tabellen kein Nachweis für den der Klägerin entstandenen Schaden seien. Ob und in welchem Umgang der materielle Schaden vorliege, könne nicht einfach nach billigem Ermessen bestimmt werden.

1)      Vorbemerkungen

70      Art. 2 der Entscheidung K(2005) 4634 sieht vor, dass die mit dieser Entscheidung verhängten Geldbußen innerhalb von drei Monaten nach Zustellung der Entscheidung zu zahlen sind. Nach Maßgabe des Art. 86 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2342/2002 der Kommission vom 23. Dezember 2002 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1065/2002 des Rates über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften (ABl. 2002, L 357, S. 1) wird in Art. 2 der genannten Entscheidung festgestellt, dass nach Ablauf der genannten Frist von drei Monaten automatisch Zinsen zu dem Zinssatz, den die Europäische Zentralbank (EZB) für ihre Hauptrefinanzierungsgeschäfte am ersten Tag des Monats zugrunde legt, in dem die genannte Entscheidung erlassen worden ist, zuzüglich dreieinhalb Prozentpunkte, also zum Satz von 5,56 %, geschuldet werden.

71      Nach Art. 299 Abs. 1 AEUV ist die Entscheidung K(2005) 4634 ein vollstreckbarer Titel, da sie in ihrem Art. 2 der Klägerin eine Zahlung auferlegt. Die Einreichung einer Nichtigkeitsklage gegen die genannte Entscheidung hat im Übrigen nach Art. 263 AEUV nichts an der Vollstreckbarkeit der Entscheidung geändert, da nach Art. 278 AEUV die Klagen bei dem Gerichtshof der Europäischen Union keine aufschiebende Wirkung haben.

72      Mit Schreiben vom 13. Dezember 2005 stellte die Kommission die Entscheidung K(2005) 4634 der Klägerin zu. Dabei wies sie darauf hin, dass sie im Fall eines von der Klägerin vor dem Gericht oder dem Gerichtshof eingeleiteten Verfahrens für die Dauer dieses Verfahrens keine Vollstreckungsmaßnahmen treffen werde, sofern vor dem Zeitpunkt des Ablaufs der Zahlungsfrist zwei Bedingungen erfüllt würden. Gestützt auf Art. 86 Abs. 5 der Verordnung Nr. 2342/2002 lauteten diese zwei Bedingungen: Erstens ist die Forderung der Kommission ab dem Zeitpunkt des Ablaufs der Zahlungsfrist mit 3,56 % zu verzinsen, zweitens muss vor dem Zahlungstermin eine für die Kommission akzeptable Bankbürgschaft gestellt werden, die sowohl die Schuld als auch die Zinsen darauf oder eine Erhöhung der Schuld abdeckt.

73      Die Klägerin beschloss, gegen Zahlung von Zinsen zu einem Zinssatz von 3,56 % den Betrag der gegen sie verhängten Geldbuße nicht sofort zu entrichten und eine Bankbürgschaft zu stellen.

74      Im Licht dieser Ausführungen sind die behaupteten materiellen Schäden und der behauptete Kausalzusammenhang zwischen den Schäden und der Nichteinhaltung der angemessenen Verfahrensdauer in der Rechtssache T‑54/06 zu prüfen.

2)      Zur Zahlung von Zinsen auf den Betrag der Geldbuße

75      Als Erstes ist festzustellen, dass die mit der Entscheidung K(2005) 4634 verhängte Geldbuße aufgrund von Art. 299 Abs. 1 AEUV in Verbindung mit Art. 278 AEUV – die oben in Rn. 71 angeführt worden sind – trotz der gegen diese Entscheidung erhobenen Nichtigkeitsklage an die Kommission zu zahlen war. Die Zinsen auf den Betrag der Geldbuße zu einem Zinssatz von 3,56 % sind daher als Verzugszinsen zu qualifizieren.

76      Als Zweites ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin während des Verfahrens in der Rechtssache T‑54/06 weder den Betrag der Geldbuße noch die Verzugszinsen entrichtete. Daher konnte die Klägerin während des Verfahrens in der genannten Rechtssache über einen Betrag verfügen, der der Höhe nach dem Betrag der genannten Geldbuße zuzüglich Verzugszinsen entsprach.

77      Die Klägerin hat nichts vorgetragen, was beweisen könnte, dass während des Zeitraums, der die angemessene Verfahrensdauer in der Rechtssache T‑54/06 überschritt, der Betrag der Verzugszinsen, die später an die Kommission gezahlt wurden, größer war als der Vorteil, den die Klägerin daraus ziehen konnte, dass ihr der Betrag in Höhe der Geldbuße zuzüglich Verzugszinsen zur Verfügung stand. Anders gesagt, die Klägerin hat nicht nachgewiesen, dass die Zinsen auf den Betrag der Geldbuße für den Zeitraum, der die angemessene Verfahrensdauer überschritt, den Vorteil überstiegen, der ihr daraus erwuchs, dass sie die Geldbuße, die Zinsen, die bis zu dem Zeitpunkt fällig waren, zu dem gegen die Einhaltung einer angemessenen Verfahrensdauer verstoßen wurde, und die Zinsen, die während der Dauer dieses Verstoßes fällig wurden, nicht zahlte.

78      Diese Beurteilung wird nicht durch die von der Klägerin vorgeschlagene Berechnungsmethode in Frage gestellt, wonach von dem behaupteten Schaden die Finanzierungskosten abzusetzen wären, die sie aufgrund der Finanzierung durch eine Bank hätte tragen müssen, wenn sie die Geldbuße am 26. August 2010 hätte zahlen müssen.

79      In der Klageschrift trägt die Klägerin nämlich nicht vor und weist erst recht nicht nach, dass sie eine Finanzierung durch Dritte hätte in Anspruch nehmen müssen, um die mit der Entscheidung K(2005) 4634 verhängte Geldbuße zu zahlen.

80      Nach alledem ist nicht nachgewiesen, dass die Klägerin in dem Zeitraum, der über die angemessene Verfahrensdauer in der Rechtssache T‑54/06 hinausging, einen tatsächlichen und sicheren Schaden im Zusammenhang mit der Zahlung von Verzugszinsen auf den Betrag der nicht entrichteten Geldbuße erlitten hat. Folglich ist der Anspruch auf Ersatz eines insoweit angeblich entstandenen Schadens zurückzuweisen, ohne dass geprüft zu werden braucht, ob der angebliche Kausalzusammenhang besteht.

3)      Zur Zahlung der Kosten einer Bankbürgschaft

81      Als Erstes ergibt sich bezüglich des Schadens aus den Akten, dass die Klägerin eine Bankbürgschaft gestellt hatte und während des Verfahrens in der Rechtssache T‑54/06 die Kosten hierfür in Form viertjährlicher Provisionen beglich.

82      Die Klägerin hat daher nachgewiesen, dass sie aufgrund der Zahlung der Kosten der Bankbürgschaft für den über die angemessene Verfahrensdauer in der Rechtssache T‑54/06 hinausgehenden Zeitraum einen tatsächlichen und sicheren Schaden erlitten hat.

83      Als Zweites ist bezüglich des Kausalzusammenhangs darauf hinzuweisen, dass die Klägerin die Kosten der Bankbürgschaft für den über die angemessene Verfahrensdauer hinausgehenden Zeitraum nicht hätte zahlen müssen, wenn das Verfahren in der Rechtssache T‑54/06 die angemessene Dauer nicht überschritten hätte.

84      Daher besteht ein Kausalzusammenhang zwischen der Nichteinhaltung der angemessenen Verfahrensdauer in der Rechtssache T‑54/06 und dem Eintritt des Schadens, den die Klägerin durch ihre Begleichung der Bankbürgschaftskosten für den über die angemessene Verfahrensdauer hinausgehenden Zeitraum erlitten hat.

85      Allerdings muss das gerügte Verhalten die entscheidende Ursache für den entstandenen Schaden sein (Beschluss vom 31. März 2011, Mauerhofer/Kommission, C‑433/10 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2011:204, Rn. 127, und Urteil vom 10. Mai 2006, Galileo International Technology u. a./Kommission, T‑279/03, EU:T:2006:121, Rn. 130, vgl. auch in diesem Sinne Urteil vom 18. März 2010, Trubowest Handel und Makarov/Rat und Kommission, C‑419/08 P, EU:C:2010:147, Rn. 61). Anders gesagt, selbst im Fall eines etwaigen Beitrags der Organe zu dem Schaden, dessen Ersatz gefordert wird, könnte dieser Beitrag wegen der Verantwortlichkeit anderer, etwa der des Klägers, zu fernliegend sein (Urteil vom 18. März 2010, Trubowest Handel und Makarov/Rat und Kommission, C‑419/08 P, EU:C:2010:147, Rn. 59, und Beschluss vom 31. März 2011, Mauerhofer/Kommission, C‑433/10 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2011:204, Rn. 132).

86      Nach der Rechtsprechung ergibt sich ein behaupteter Schaden, der in den Kosten einer Bankbürgschaft besteht, die einem Unternehmen entstanden sind, das durch eine später vom Gericht für nichtig erklärte Entscheidung der Kommission mit einer Sanktion belegt worden war, nicht unmittelbar aus der Rechtswidrigkeit dieser Entscheidung, da dieser Schaden das Ergebnis der eigenen Entscheidung des Unternehmens ist, eine Bankbürgschaft zu stellen, anstatt der Verpflichtung zur Zahlung der Geldbuße innerhalb der in der streitigen Entscheidung gesetzten Frist nachzukommen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. April 2005, Holcim [Deutschland]/Kommission, T‑28/03, EU:T:2005:139, Rn. 123, und Beschluss vom 12. Dezember 2007, Atlantic Container Line u. a./Kommission, T‑113/04, nicht veröffentlicht, EU:T:2007:377, Rn. 38).

87      Im vorliegenden Fall war jedoch erstens zu dem Zeitpunkt, zu dem die Klägerin ihre Klage in der Rechtssache T‑54/06 erhob, d. h. am 22. Februar 2006, und zu dem Zeitpunkt, zu dem sie eine Bankbürgschaft stellte, nicht vorhersehbar, dass die angemessene Verfahrensdauer nicht eingehalten würde. Zudem konnte die Klägerin zu Recht davon ausgehen, dass die genannte Klage innerhalb angemessener Frist behandelt würde.

88      Zweitens wurde die angemessene Verfahrensdauer in der Rechtssache T‑54/06 überschritten, nachdem die Klägerin ihren Beschluss, eine Bankbürgschaft zu stellen, bereits gefasst hatte.

89      Der Sachverhalt der vorliegenden Rechtssache unterscheidet sich daher wesentlich von dem oben in Rn. 86 wiedergegebenen Sachverhalt, der in dem Urteil vom 21. April 2005, Holcim (Deutschland)/Kommission (T‑28/03, EU:T:2005:139), und in dem Beschluss vom 12. Dezember 2007, Atlantic Container Line u. a./Kommission (T‑113/04, nicht veröffentlicht, EU:T:2007:377), festgestellt worden war. Der Zusammenhang zwischen der Überschreitung der angemessenen Verfahrensdauer in der Rechtssache T‑54/06 und der Zahlung der Kosten der Bankbürgschaft für den diese angemessene Verfahrensdauer überschreitenden Zeitraum kann somit entgegen der Auffassung des Gerichtshofs der Europäischen Union durch den Beschluss der Klägerin, die mit der Entscheidung K(2005) 4634 verhängte Geldbuße nicht sofort zu bezahlen und eine Bankbürgschaft zu stellen, nicht beseitigt worden sein.

90      Hieraus folgt, dass zwischen der Nichteinhaltung der angemessenen Verfahrensdauer in der Rechtssache T‑54/06 und dem Schaden, der der Klägerin durch die Zahlung der Kosten der Bankbürgschaft für den diese angemessene Verfahrensdauer überschreitenden Zeitraum entstanden ist, ein hinreichend unmittelbarer Kausalzusammenhang besteht.

91      Als Drittes macht die Klägerin geltend, ihr sei ein materieller Schaden in Form zusätzlicher finanzieller Belastungen entstanden, die sie in der Zeit vom 26. August 2010 bis zum 26. November 2013, dem Tag, an der Gerichtshof sein Urteil Kendrion/Kommission (C‑50/12 P, EU:C:2013:771) erlassen habe, habe tragen müssen (vgl. oben, Rn. 67).

92      Dazu ist zunächst zu sagen, dass die Klägerin mit ihrer Klage nur die Nichteinhaltung der angemessenen Verfahrensdauer in der Rechtssache T‑54/06 geltend macht. Sie macht daher nicht geltend, dass gegen die Einhaltung der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens aufgrund der Gesamtdauer des Verfahrens in der Rechtssache T‑54/06 einschließlich der Rechtssache, die zum Urteil vom 26. November 2013, Kendrion/Kommission (C‑50/12 P, EU:C:2013:771), geführt hat, verstoßen worden sei.

93      Daher ist im vorliegenden Fall lediglich festgestellt worden, dass das Verfahren in der Rechtssache T‑54/06 die angemessene Dauer eines Gerichtsverfahrens überschritten hat (vgl. oben, Rn. 63).

94      Der Verstoß gegen die Einhaltung der angemessenen Verfahrensdauer in der Rechtssache T‑54/06 endete mit der Verkündung des Urteils vom 16. November 2011, Kendrion/Kommission (T‑54/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:667).

95      Seit dem 16. November 2011 war die Klägerin daher in der Lage, die Frage zu prüfen, ob in der Rechtssache T‑54/06 gegen die Einhaltung der angemessenen Verfahrensdauer verstoßen worden war, sowie den Schaden zu beurteilen, den sie aufgrund der Zahlung der Kosten der Bankbürgschaft für den diese angemessene Verfahrensdauer überschreitenden Zeitraum erlitten hatte.

96      Die Klägerin machte mit ihrem Rechtsmittel, das sie am 26. Januar 2012 gegen das Urteil vom 16. November 2011, Kendrion/Kommission (T‑54/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:667), eingelegt hatte, zudem geltend, dass die überlange Dauer des Verfahrens in der Rechtssache T‑54/06 für sie kostspielige Folgen gehabt habe, und beantragte deshalb, die gegen sie verhängte Geldbuße zu ermäßigen.

97      Die Entscheidung K(2005) 4634 schließlich, mit der eine Geldbuße gegen die Klägerin verhängt wurde, ist erst am 26. November 2013 bestandskräftig geworden, und die von der Kommission eingeräumte Möglichkeit, eine Bankbürgschaft zu stellen, endete zu diesem Zeitpunkt als Folge der Entscheidung der Klägerin, gegen das Urteil vom 16. November 2011, Kendrion/Kommission (T‑54/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:667), ein Rechtsmittel einzulegen.

98      Somit steht die Zahlung der Kosten der Bankbürgschaft nach der Verkündung des Urteils vom 16. November 2011, Kendrion/Kommission (T‑54/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:667), durch das der Verstoß gegen die Einhaltung der angemessenen Verfahrensdauer in der Rechtssache T‑54/06 beendet wurde, in keinem hinreichend unmittelbaren Kausalzusammenhang mit diesem Verstoß, da die Zahlung dieser Kosten auf der nach Beendigung dieses Verstoßes getroffenen eigenen, autonomen Entscheidung der Klägerin beruht, die Geldbuße nicht zu zahlen, keinen Antrag auf Aussetzung des Vollzugs der Entscheidung K(2005) 4634 zu stellen und gegen das vorstehend genannte Urteil Rechtsmittel einzulegen.

99      Nach alledem besteht ein hinreichend unmittelbarer Kausalzusammenhang zwischen der Nichteinhaltung der angemessenen Verfahrensdauer in der Rechtssache T‑54/06 und dem Schaden, der der Klägerin vor der Verkündung des Urteils vom 16. November 2011, Kendrion/Kommission (T‑54/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:667), durch die Zahlung der Kosten der Bankbürgschaft für den über die angemessene Verfahrensdauer hinausgehenden Zeitraum entstanden ist.

4)      Zur Bemessung des materiellen Schadens

100    Erstens ist daran zu erinnern, dass das Verfahren in der Rechtssache T‑54/06 die angemessene Dauer dieses Gerichtsverfahrens um 20 Monate überschritten hat (vgl. oben, Rn. 63).

101    Zweitens führt die Klägerin in der Klageschrift zum einen aus, dass ihr Schaden in „den zusätzlichen finanziellen Belastungen“ bestanden habe, „die sie in dem betreffenden Zeitraum tragen musste, nämlich in der Zeit vom 26. August 2010 bis zum 26. November 2013“ (vgl. oben, Rn. 67). Zur Stützung ihres Schadensersatzanspruchs macht sie darüber hinaus Angaben zu den von ihr während des genannten Zeitraums gezahlten Kosten einer Bankbürgschaft.

102    Der Begründung der Klageschrift ist somit zu entnehmen, dass der mit dem ersten Klageantrag geltend gemachte Schadensersatzanspruch den Kosten für die Zeit ab 26. August 2010 entspricht.

103    Aus den Vorschriften, die das Verfahren vor den Unionsgerichten regeln, insbesondere aus Art. 21 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und Art. 44 § 1 der Verfahrensordnung vom 2. Mai 1991, ergibt sich, dass der Rechtsstreit grundsätzlich von den Parteien bestimmt und begrenzt wird und der Unionsrichter nicht ultra petita entscheiden darf (Urteile vom 10. Dezember 2013, Kommission/Irland u. a., C‑272/12 P, EU:C:2013:812, Rn. 27, und vom 3. Juli 2014, Electrabel/Kommission, C‑84/13 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2014:2040, Rn. 49).

104    Das Gericht kann daher von dem Antrag der Klägerin nicht abweichen und von Amts wegen Ersatz für einen Schaden zusprechen, der vor dem 26. August 2010 entstanden ist, d. h. für einen Schaden, der in einem anderen Zeitabschnitt entstanden ist als dem, in dem die Klägerin nach ihrer Aussage einen Schaden erlitten hat.

105    Des Weiteren stehen die von der Klägerin nach dem 16. November 2011 gezahlten Kosten der Bankbürgschaft in keinem hinreichend unmittelbaren Kausalzusammenhang mit der Nichteinhaltung der angemessenen Verfahrensdauer in der Rechtssache T‑54/06 (vgl. oben, Rn. 98).

106    Im vorliegenden Fall entspricht daher der ersatzfähige Schaden den Kosten der Bankbürgschaft, die die Klägerin in dem Zeitraum vom 26. August 2010 bis zum 16. November 2011 beglichen hat.

107    Drittens ergibt sich aus den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen, dass die Kosten der Bankbürgschaft vierteljährlich beglichen wurden. Diese Unterlagen zeigen auch, dass die Klägerin in dem Zeitraum vom 26. August 2010 bis zum 31. Dezember 2011 folgende Kosten der Bankbürgschaft beglich:

Zeitraum

Kosten (Euro)

26.8.2010-31.12.2010

175 709,87

31.12.2010-14.3.2011

81 382,15

14.3.2011-31.3.2011

18 983,87

31.3.2011-30.6.2011

102 533,99

30.6.2011-30.9.2011

104 603,82

30.9.2011-31.12.2011

105 555,48

Summe

588 769,18

108    Hieraus folgt, dass die Kosten der Bankbürgschaft, die die Klägerin in dem Zeitraum vom 26. August 2010 bis zum 16. November 2011 zahlte, 588 769,18 Euro betrugen.

109    Nach alledem ist der Klägerin eine Entschädigung von 588 769,18 Euro als Ersatz des materiellen Schadens zuzusprechen, der ihr durch die Zahlung der zusätzlichen Kosten der Bankbürgschaft als Folge der Nichteinhaltung der angemessenen Verfahrensdauer in der Rechtssache T‑54/06 entstanden ist.

b)      Zu den geltend gemachten immateriellen Schäden und dem behaupteten Kausalzusammenhang

110    Die Klägerin macht erstens geltend, nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte bestehe die starke, wenn auch widerlegbare Vermutung, dass die überlange Dauer eines Verfahrens einen immateriellen Schaden hervorrufe. Zudem sei die Klägerin ein „börsennotiertes Unternehmen, deren gute und schlechte Zeiten nicht nur von seinen eigenen Arbeitnehmern, sondern auch von der Presse, von Investoren und von seinen Kunden aufmerksam verfolgt werden“. Der Ruf der Klägerin sei daher unnötig beschädigt worden. Die zusätzlichen Jahre der Ungewissheit hätten sich ferner nachteilig auf die Unternehmensführung, die Investitionstätigkeit, die Attraktivität und die Strategie des Unternehmens ausgewirkt. Außerdem sei durch die lang anhaltende Ungewissheit auch den Arbeitnehmern und Führungskräften der Klägerin ein persönlicher immaterieller Schaden entstanden.

111    Zweitens führt die Klägerin aus, eine genaue Bemessung des geltend gemachten immateriellen Schadens sei angesichts der Art dieses Schadens schwierig. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte betone jedoch die Bedeutung ähnlich gelagerter Fälle für seine Schadensbemessung. Der beste Vergleichsmaßstab für die Bemessung des im vorliegenden Fall entstandenen immateriellen Schadens seien die Rechtssachen, in denen das Gericht oder der Gerichtshof die Nichteinhaltung der angemessenen Verfahrensdauer festgestellt hätte und als „angemessenen Ausgleich“ hierfür die Geldbuße, die durch eine Entscheidung der Kommission wegen Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln der Union verhängt worden sei, herabgesetzt hätte.

112    Vor diesem Hintergrund begehrt die Klägerin eine Entschädigung in Höhe von 11 050 000 Euro für den Zeitraum vom 26. August 2010 bis zum 26. November 2013, was einem Satz von 10 % der gegen sie durch die Entscheidung K(2005) 4634 verhängten Geldbuße für jedes Jahr des Verzugs entspricht. Hilfsweise begehrt die Klägerin eine Entschädigung in Höhe von 1 700 000 Euro, was einem Satz von 5 % der gegen sie mit der Entscheidung K(2005) 4634 verhängten Geldbuße entspricht. Höchst hilfsweise begehrt die Klägerin eine Entschädigung in der von den Parteien gemäß den vom Gericht festgesetzten Modalitäten bestimmten Höhe oder jedenfalls in der vom Gericht festzusetzenden angemessenen Höhe.

113    Der Gerichtshof der Europäischen Union erwidert, dass die Klägerin einen immateriellen Schaden nicht nachgewiesen habe. Die Klägerin habe den Beweis für den behaupteten Schaden zu erbringen. Der behauptete Schaden werde jedoch ausgesprochen vage beschrieben, beruhe auf einer Verwechslung von materiellem und immateriellem Schaden und werde durch keinerlei Beweismittel belegt. Zudem verlange die Klägerin Schadensersatz, der Strafcharakter habe.

114    Hilfsweise trägt der Gerichtshof der Europäischen Union vor, die Klägerin habe nicht den Beweis erbracht, dass zwischen dem behaupteten immateriellen Schaden und dem behaupteten Verstoß gegen die Einhaltung der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens ein Kausalzusammenhang bestehe. Der behauptete immaterielle Schaden sei nämlich allein die Folge der Zuwiderhandlung der Klägerin gegen die Wettbewerbsregeln. Die behauptete überlange Dauer des Gerichtsverfahrens habe die immateriellen Auswirkungen der von der Kommission getroffenen Feststellung einer Zuwiderhandlung nicht verschlimmert, da das Gericht die Feststellung einer Zuwiderhandlung und die Höhe der Geldbuße bestätigt habe.

115    Äußerst hilfsweise trägt der Gerichtshof der Europäischen Union vor, dass der ersatzfähige immaterielle Schaden höchstens mit 5 000 Euro angesetzt werden dürfe.

116    Als Erstes sind die immateriellen Schäden zu prüfen, die den Führungskräften und den Arbeitnehmern der Klägerin entstanden sein sollen, und als Zweites diejenigen, die der Klägerin selbst entstanden sein sollen.

1)      Zu den immateriellen Schäden, die den Führungskräften und den Arbeitnehmern der Klägerin entstanden sein sollen

117    Die Anträge in der Klageschrift betreffen nur die eigenen Interessen der Klägerin, nicht aber die persönlichen Interessen ihrer Führungskräfte oder ihrer Arbeitnehmer. Die Klägerin beruft sich auch nicht auf eine Abtretung von Rechten oder auf eine ausdrückliche Vollmacht, die sie zur Geltendmachung eines Anspruchs auf Ersatz der ihren Führungskräften und Arbeitnehmern entstandenen Schäden berechtigen würde.

118    Der Antrag auf Ersatz der den Führungskräften und den Arbeitnehmern der Klägerin angeblich entstandenen immateriellen Schäden ist daher als unzulässig zurückzuweisen, da sich aus den Akten nicht ergibt, dass die genannten Führungskräfte und Arbeitnehmer die Klägerin ermächtigt haben, in ihrem Namen eine Schadensersatzklage zu erheben (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 12. Mai 2010, CPEM/Kommission, C‑350/09 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2010:267, Rn. 61, und Urteil vom 30. Juni 2009, CPEM/Kommission, T‑444/07, EU:T:2009:227, Rn. 39 und 40).

119    Jedenfalls ist nicht nachgewiesen, dass den Führungskräften oder den Arbeitnehmern der Klägerin ein Schaden entstanden ist. Zum einen stellt die Klägerin nämlich bloß Behauptungen auf und trägt nichts Konkretes vor, was die Unruhe und das Unbehagen belegen würde, die die Nichteinhaltung der angemessenen Verfahrensdauer in der Rechtssache T‑54/06 bei ihren Führungskräften und Arbeitnehmern hervorgerufen haben soll. Zum anderen belegt die Klägerin nicht, dass ihre Führungskräfte und Arbeitnehmer einen persönlichen und unmittelbaren Schaden erlitten haben, der sich von dem unterscheidet, der ihr selbst entstanden ist.

120    Infolgedessen ist der Antrag auf Ersatz der immateriellen Schäden, die den Führungskräften und den Arbeitnehmern der Klägerin angeblich entstanden sind, als unzulässig, zumindest aber als unbegründet zurückzuweisen.

2)      Zu den immateriellen Schäden, die der Klägerin entstanden sein sollen

121    Nach der Rechtsprechung muss ein Kläger, wenn er keine Angaben gemacht hat, mit denen das Vorliegen seines immateriellen Schadens belegt und dessen Umfang bestimmt werden könnte, zumindest nachweisen, dass das gerügte Verhalten so schwerwiegend war, dass ihm dadurch ein derartiger Schaden entstehen konnte (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 16. Juli 2009, SELEX Sistemi Integrati/Kommission, C‑481/07 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2009:461, Rn. 38, vom 28. Januar 1999, BAI/Kommission, T‑230/95, EU:T:1999:11, Rn. 39, und vom 16. Oktober 2014, Evropaïki Dynamiki/Kommission, T‑297/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:888, Rn. 31, 46 und 63).

122    Erstens ist festzustellen, dass die Klägerin in der Klageschrift eine Schädigung ihres Rufes, vor allem bei ihren Investoren und ihren Kunden, behauptet.

123    Das Vorbringen der Klägerin wird jedoch durch keine Beweise erhärtet, die belegen würden, dass die Nichteinhaltung der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens so schwerwiegend war, dass sie Auswirkungen auf den Ruf der Klägerin haben konnte, die über diejenigen der Entscheidung K(2005) 4634 hinausgehen.

124    Unter diesen Umständen hat die Klägerin nicht nachgewiesen, dass durch die Nichteinhaltung der angemessenen Verfahrensdauer in der Rechtssache T‑54/06 ihr Ruf Schaden nehmen konnte.

125    Im vorliegenden Fall würde jedenfalls die oben in Rn. 63 getroffene Feststellung eines Verstoßes gegen die Einhaltung der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens angesichts des Gegenstands und der Schwere dieses Verstoßes ausreichen, um die von der Klägerin behauptete Rufschädigung wiedergutzumachen.

126    Zweitens ist der Zustand der Ungewissheit, in den die Klägerin insbesondere hinsichtlich des Erfolgs ihrer Klage gegen die Entscheidung K(2005) 4634 versetzt wurde, jedem gerichtlichen Verfahren eigen. Auch musste der Klägerin bewusst sein, dass die Rechtssache T‑54/06 eine gewisse Komplexität aufwies und dass diese Komplexität zum einen mit der Zahl der Parallelklagen, die vor dem Gericht in unterschiedlichen Verfahrenssprachen nacheinander gegen die Entscheidung K(2005) 4634 erhoben worden waren, und zum anderen mit dem Umstand zusammenhing, dass das Gericht umfangreiche Akten eingehend bearbeiten und insbesondere den Sachverhalt feststellen und den Rechtsstreit einer materiellen Prüfung unterziehen musste.

127    Die Verfahrensdauer von fünf Jahren und neun Monaten in der Rechtssache T‑54/06 überschritt jedoch die voraussichtliche Dauer, mit der die Klägerin, vor allem bei Einreichung ihrer Klage, rechnen konnte. Auch weist das Verfahren in der Rechtssache T‑54/06 eine Zeitspanne von drei Jahren und zehn Monaten zwischen dem Ende des schriftlichen Verfahrens und der Eröffnung des mündlichen Verfahrens auf. Diese Zeiträume sind nicht durch die Anordnung prozessleitender Maßnahmen, die Anordnung einer Beweisaufnahme und die Zwischenstreitigkeiten gerechtfertigt. Schließlich hat die Klägerin in keiner Weise durch ihr Verhalten die Verfahrensdauer beeinflusst. Sie hat im Gegenteil bei mindestens zwei Gelegenheiten das Gericht darauf hingewiesen, dass sie eine Entscheidung erwarte, und um dringliche Behandlung der Rechtssache T‑54/06 gebeten.

128    Unter diesen Umständen bewirkte die Nichteinhaltung der angemessenen Verfahrensdauer in der Rechtssache T‑54/06 einen Zustand der Ungewissheit bei der Klägerin, der über die gewöhnlich durch ein gerichtliches Verfahren hervorgerufene Ungewissheit hinausging. Dieser lang anhaltende Zustand der Ungewissheit beeinflusste zwangsläufig die Planung der zu treffenden Entscheidungen sowie die Führung dieses Unternehmens und führte somit zu einem immateriellen Schaden.

129    Drittens wird im vorliegenden Fall der immaterielle Schaden, der der Klägerin entstanden ist, weil sie in einen lang anhaltenden Zustand der Ungewissheit versetzt worden war, durch die Feststellung eines Verstoßes gegen die Einhaltung der angemessenen Verfahrensdauer nicht vollständig beseitigt.

130    Zunächst umfasst die von der Klägerin verlangte Entschädigung, die in Rn. 112 des vorliegenden Urteils wiedergegeben ist, den Ersatz mehrerer immaterieller Schäden, insbesondere die Entschädigung für eine Rufschädigung, die nicht nachgewiesen worden ist und die jedenfalls durch die Feststellung eines Verstoßes gegen die Einhaltung der angemessenen Verfahrensdauer (vgl. oben, Rn. 122 bis 125) hinreichend beseitigt ist.

131    Sodann hat der Gerichtshof festgestellt, dass der Unionsrichter angesichts der Notwendigkeit, die Beachtung des Wettbewerbsrechts der Union durchzusetzen, einem Kläger nicht aus dem bloßen Grund der Nichteinhaltung der angemessenen Verfahrensdauer erlauben kann, eine Geldbuße dem Grund oder der Höhe nach in Frage zu stellen, obwohl sämtliche Klagegründe gegen die Feststellungen zur Höhe dieser Geldbuße und zu den mit ihr geahndeten Verhaltensweisen zurückgewiesen worden sind (Urteil vom 26. November 2013, Kendrion/Kommission, C‑50/12 P, EU:C:2013:771, Rn. 87, vgl. auch in diesem Sinne Urteile vom 16. Juli 2009, Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland/Kommission, C‑385/07 P, EU:C:2009:456, Rn. 194, und vom 8. Mai 2014, Bolloré/Kommission, C‑414/12 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2014:301, Rn. 105).

132    Daraus folgt, dass bei der Prüfung einer Klage, die gegen eine Entscheidung der Kommission erhoben worden ist, mit der gegen ein Unternehmen eine Geldbuße wegen Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht der Union verhängt wurde, die Nichteinhaltung der angemessenen Verfahrensdauer nicht dazu führen kann, dass die mit dieser Entscheidung verhängte Geldbuße ganz oder teilweise aufgehoben wird (Urteile vom 26. November 2013, Groupe Gascogne/Kommission, C‑58/12 P, EU:C:2013:770, Rn. 78, und vom 26. November 2013, Kendrion/Kommission, C‑50/12 P, EU:C:2013:771, Rn. 88, vgl. auch in diesem Sinne Urteil vom 8. Mai 2014, Bolloré/Kommission, C‑414/12 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2014:301, Rn. 107).

133    Eine Methode zur Berechnung der Entschädigung für den durch die Nichteinhaltung der angemessenen Verfahrensdauer entstandenen immateriellen Schaden, die, wie die Klägerin es verlangt, in der Anwendung einer bestimmten Anzahl von Prozentpunkten auf den Betrag der von der Kommission verhängten Geldbuße bestehen würde, hätte zur Folge, dass diese Geldbuße in Frage gestellt würde, obwohl nicht nachgewiesen wurde, dass die Nichteinhaltung der angemessenen Verfahrensdauer in der Rechtssache T‑54/06 Einfluss auf die Höhe der Geldbuße hatte.

134    Die Anträge der Klägerin auf Ersatz des behaupteten immateriellen Schadens durch eine Ermäßigung des Betrags der mit der Entscheidung K(2005) 4634 verhängten Geldbuße sind somit zurückzuweisen.

135    Schließlich ist unter Berücksichtigung der oben in den Rn. 126 bis 134 angeführten Erwägungen, insbesondere des Ausmaßes der Überschreitung der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens, des Verhaltens der Klägerin und ihrer während des Verfahrens geäußerten Erwartung einer Entscheidung, der Notwendigkeit, die Beachtung des Wettbewerbsrechts der Union durchzusetzen, und der Wirksamkeit der vorliegenden Klage, der Klägerin nach billigem Ermessen eine Entschädigung von 6 000 Euro als angemessener Ersatz des Schadens zuzusprechen, der ihr aufgrund des lang anhaltenden Zustands der Ungewissheit entstanden ist, in dem sie sich während des Verfahrens T‑54/06 befand.

c)      Zu den Zinsen

136    Mit ihrem dritten Klageantrag beantragt die Klägerin, den Schadensersatzbetrag, den ihr das Gericht zusprechen kann, um Verzugszinsen ab 26. November 2013 zu erhöhen.

137    Nach der Rechtsprechung entsteht die Verpflichtung zur Zahlung von Verzugszinsen grundsätzlich am Tag des Urteils, das die Verpflichtung zum Schadensersatz ausspricht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. Juni 1990, Sofrimport/Kommission, C‑152/88, EU:C:1990:259, Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung).

138    Für die Festsetzung des Satzes der Verzugszinsen ist Art. 83 Abs. 2 Buchst. b und Art. 111 Abs. 4 Buchst. a der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 1268/2012 der Kommission vom 29. Oktober 2012 über die Anwendungsbestimmungen für die Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union (ABl. 2012, L 362, S. 1) zu berücksichtigen. Nach diesen Bestimmungen wird auf die nicht fristgemäß beglichenen Schulden der von der EZB für ihre Hauptrefinanzierungsgeschäfte zugrunde gelegte und am ersten Kalendertag des Fälligkeitsmonats geltende Zinssatz angewandt, der im Amtsblatt der Europäischen Union, Reihe C, veröffentlicht wird, zuzüglich dreieinhalb Prozentpunkte.

139    Im vorliegenden Fall sind zuzüglich zu den oben in den Rn. 109 und 135 genannten Entschädigungen Verzugszinsen ab Verkündung des vorliegenden Urteils bis zur vollständigen Zahlung zu zahlen.

140    Der Satz der Verzugszinsen ist der von der Europäischen Zentralbank für ihre Hauptrefinanzierungsgeschäfte zugrunde gelegte Zinssatz zuzüglich dreieinhalb Prozentpunkte.

d)      Ergebnis hinsichtlich der Höhe der Entschädigungen und der Zinsen

141    Nach alledem ist der vorliegenden Klage teilweise stattzugeben, soweit sie den Ersatz der Schäden betrifft, die der Klägerin durch die Nichteinhaltung der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens in der Rechtssache T‑54/06 entstanden sind.

142    Die Entschädigung, die der Klägerin als Ersatz des Schadens zusteht, den sie durch die Zahlung der zusätzlichen Kosten der Bankbürgschaft erlitten hat, beläuft sich auf 588 769,18 Euro.

143    Die Entschädigung, die der Klägerin als Ersatz für ihren immateriellen Schaden zusteht, beträgt 6 000 Euro.

144    Zuzüglich zu dem Betrag der oben in den Rn. 142 und 143 angeführten Entschädigungen sind Verzugszinsen nach Maßgabe der vorstehenden Rn. 139 und 140 zu zahlen.

145    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

IV.    Kosten

146    Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Mit Beschluss vom 6. Januar 2015, Kendrion/Europäische Union (T‑479/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:2), hat das Gericht die vom Gerichtshof der Europäischen Union erhobene Einrede der Unzulässigkeit zurückgewiesen und die Kostenentscheidung vorbehalten. Der Union, vertreten durch den Gerichtshof der Europäischen Union, sind daher ihre eigenen Kosten und die Kosten der Klägerin aufzuerlegen, die im Zusammenhang mit der Einrede der Unzulässigkeit stehen, über die mit Beschluss vom 6. Januar 2015, Kendrion/Europäische Union (T‑479/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:2), entschieden worden ist.

147    Nach Art. 134 Abs. 3 der Verfahrensordnung trägt jede Partei ihre eigenen Kosten, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt. Das Gericht kann jedoch entscheiden, dass eine Partei außer ihren eigenen Kosten einen Teil der Kosten der Gegenpartei trägt, wenn dies in Anbetracht der Umstände des Einzelfalls gerechtfertigt erscheint.

148    Im vorliegenden Fall hat die Klägerin mit ihren Klageanträgen in der Sache teilweise obsiegt. Sie ist jedoch mit ihrem Antrag auf Entschädigung weitgehend unterlegen. Unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Falles hat daher jede Partei ihre eigenen Kosten zu tragen.

149    Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung tragen die Mitgliedstaaten und die Organe, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. Die Kommission trägt daher ihre eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Dritte erweiterte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Europäische Union, vertreten durch den Gerichtshof der Europäischen Union, wird verurteilt, der Kendrion NV eine Entschädigung in Höhe von 588 769,18 Euro für den materiellen Schaden zu zahlen, der diesem Unternehmen durch die Nichteinhaltung der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens in der Rechtssache entstanden ist, in der das Urteil vom 16. November 2011, Kendrion/Kommission (T54/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:667), ergangen ist.

2.      Die Union, vertreten durch den Gerichtshof der Europäischen Union, wird verurteilt, eine Entschädigung in Höhe von 6 000 Euro an Kendrion für den immateriellen Schaden zu zahlen, der diesem Unternehmen durch die Nichteinhaltung der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens in der Rechtssache T54/06 entstanden ist.

3.      Zusätzlich zu jeder der oben in den Nrn. 1 und 2 genannten Entschädigungen sind ab Verkündung des vorliegenden Urteils bis zur vollständigen Zahlung Verzugszinsen zu dem von der Europäischen Zentralbank (EZB) für ihre wesentlichen Refinanzierungsgeschäfte zugrunde gelegten Zinssatz zuzüglich dreieinhalb Prozentpunkte zu zahlen.

4.      Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

5.      Die Union, vertreten durch den Gerichtshof der Europäischen Union, trägt ihre eigenen Kosten und die Kosten von Kendrion, die im Zusammenhang mit der Einrede der Unzulässigkeit stehen, über die mit Beschluss vom 6. Januar 2015, Kendrion/Europäische Union (T479/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:2), entschieden worden ist.

6.      Kendrion einerseits und die Union, vertreten durch den Gerichtshof der Europäischen Union, andererseits tragen ihre eigenen Kosten, die im Zusammenhang mit der Klage stehen, die zu dem vorliegenden Urteil geführt hat.

7.      Die Europäische Kommission trägt ihre eigenen Kosten.

Papasavvas

Labucka

Bieliūnas

Kreuschitz

 

      Forrester

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 1. Februar 2017.

Unterschriften

Inhaltsverzeichnis

I. Sachverhalt

II. Verfahren und Anträge der Parteien

III. Rechtliche Würdigung

A. Zur Zulässigkeit

B. Zur Begründetheit

1. Zur behaupteten Nichteinhaltung der angemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens in der Rechtssache T54/06

2. Zu den geltend gemachten Schäden und dem behaupteten Kausalzusammenhang

a) Zu den geltend gemachten materiellen Schäden und dem behaupteten Kausalzusammenhang

1) Vorbemerkungen

2) Zur Zahlung von Zinsen auf den Betrag der Geldbuße

3) Zur Zahlung der Kosten einer Bankbürgschaft

4) Zur Bemessung des materiellen Schadens

b) Zu den geltend gemachten immateriellen Schäden und dem behaupteten Kausalzusammenhang

1) Zu den immateriellen Schäden, die den Führungskräften und den Arbeitnehmern der Klägerin entstanden sein sollen

2) Zu den immateriellen Schäden, die der Klägerin entstanden sein sollen

c) Zu den Zinsen

d) Ergebnis hinsichtlich der Höhe der Entschädigungen und der Zinsen

IV. Kosten


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