T-464/23 – Lidl Digital International/ EUIPO – Ningbo Hanyuan Lighting (Luminaire)

T-464/23 – Lidl Digital International/ EUIPO – Ningbo Hanyuan Lighting (Luminaire)

CURIA – Documents

Language of document : ECLI:EU:T:2024:850

URTEIL DES GERICHTS (Sechste Kammer)

20. November 2024(*)

„ Gemeinschaftsgeschmacksmuster – Nichtigkeitsverfahren – Eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster, das eine Leuchte darstellt – Nichtigkeitsgründe – Eigenart – Art. 6 und Art. 25 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 6/2002 – Begründungspflicht – Art. 62 der Verordnung Nr. 6/2002 “

In der Rechtssache T‑464/23,

Lidl Digital International GmbH & Co. KG mit Sitz in Neckarsulm (Deutschland), vertreten durch Rechtsanwälte T. Dolde und C. Zimmer,

Klägerin,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch E. Markakis als Bevollmächtigten,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des EUIPO und Streithelferin im Verfahren vor dem Gericht:

Ningbo Hanyuan Lighting Co. Ltd mit Sitz in Ningbo (China), vertreten durch Rechtsanwalt D. Pahl,

erlässt

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin M. J. Costeira, der Richterin M. Kancheva und des Richters P. Zilgalvis (Berichterstatter),

Kanzler: R. Ūkelytė, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

auf die mündliche Verhandlung vom 7. Mai 2024

folgendes

Urteil

1        Mit ihrer auf Art. 263 AEUV gestützten Klage begehrt die Klägerin, die Lidl Digital International GmbH & Co. KG, die Aufhebung der Entscheidung der Dritten Beschwerdekammer des Amtes der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) vom 26. Juni 2023 (Sache R 599/2022-3) (im Folgenden: angefochtene Entscheidung).

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

2        Am 13. März 2020 stellte die Klägerin beim EUIPO einen Antrag auf Nichtigerklärung des am 18. September 2018 unter der Nr. 5647708-0013 eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters, das unter Inanspruchnahme der Priorität der chinesischen Anmeldung vom 10. Mai 2018 auf eine Anmeldung der Streithelferin, der Ningbo Hanyuan Lighting Co. Ltd, hin eingetragen wurde und in folgenden Abbildungen wiedergegeben ist:

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3        Das Geschmacksmuster, dessen Nichtigerklärung beantragt wurde, soll in folgende Erzeugnisse der Klasse 26.05 des Abkommens von Locarno zur Errichtung einer Internationalen Klassifikation für gewerbliche Muster und Modelle vom 8. Oktober 1968 in geänderter Fassung aufgenommen werden: „Leuchten“.

4        Für den Antrag auf Nichtigerklärung wurden die Nichtigkeitsgründe von Art. 25 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 6/2002 des Rates vom 12. Dezember 2001 über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster (ABl. 2002, L 3, S. 1) in Verbindung mit Art. 4 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1 Buchst. b und Art. 6 Abs. 1 Buchst. b dieser Verordnung geltend gemacht.

5        Der Antrag auf Nichtigerklärung wurde insbesondere auf folgende Muster gestützt:

–        Chinesisches Geschmacksmuster Nr. 201530434102.X (im Folgenden: älteres Geschmacksmuster D 1):

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–        Chinesisches Geschmacksmuster Nr. 201630587389.4 (im Folgenden: älteres Geschmacksmuster D 2):

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–        Chinesisches Geschmacksmuster Nr. 201530434027.7 (im Folgenden: älteres Geschmacksmuster D 3):

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–        Älteres Geschmacksmuster D 4:

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–        Gemeinschaftsgeschmacksmuster Nr. 3099175-0032 (im Folgenden: älteres Geschmacksmuster D 5):

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6        Am 16. Februar 2022 wies die Nichtigkeitsabteilung den Antrag auf Nichtigerklärung des angegriffenen Geschmacksmusters zurück.

7        Am 8. April 2022 legte die Klägerin beim EUIPO Beschwerde gegen die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung ein.

8        In der angefochtenen Entscheidung wies die Beschwerdekammer die Beschwerde mit der Begründung zurück, der Gesamteindruck des angegriffenen Geschmacksmusters unterscheide sich vom Gesamteindruck der zur Stützung des Antrags auf Nichtigerklärung angeführten älteren Geschmacksmuster. Infolgedessen entschied sie, dass das angegriffene Geschmacksmuster Eigenart im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 6/2002 habe und zwangsläufig neu im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Buchst. b dieser Verordnung sei.

 Anträge der Parteien

9        Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        dem EUIPO die Kosten des Klageverfahrens und des Verfahrens vor der Beschwerdekammer aufzuerlegen.

10      Das EUIPO beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen, wenn eine mündliche Verhandlung durchgeführt wird.

11      Die Streithelferin beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

12      Zur Stützung der Klage macht die Klägerin zwei Klagegründe geltend; mit dem ersten Klagegrund rügt sie einen Verstoß gegen Art. 62 der Verordnung Nr. 6/2002 und mit dem zweiten Klagegrund einen Verstoß gegen Art. 6 dieser Verordnung.

 Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 62 der Verordnung Nr. 6/2002

13      Die Klägerin trägt vor, die Beschwerdekammer habe in der angefochtenen Entscheidung nicht die in Art. 62 der Verordnung Nr. 6/2002 genannten Kriterien für die Begründungspflicht beachtet.

14      Die angefochtene Entscheidung enthalte keine Ausführungen zum vermittelten Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Geschmacksmuster, insbesondere zur Gewichtung ihrer verschiedenen Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Eine sich auf die bloße Aufzählung von Gemeinsamkeiten und Unterschieden beschränkende Begründung sei nicht ausreichend. Die Beschwerdekammer habe lediglich pauschal behauptet, dass die Unterschiede auch dann wahrnehmbar seien, wenn die Leuchte an der Wand befestigt sei. So wirft die Klägerin der Beschwerdekammer vor, nicht erläutert zu haben, wie sie die verschiedenen Merkmale der Leuchten gewichtet habe, um sodann die festgestellten Ähnlichkeiten und Unterschiede auf der Grundlage ihrer Relevanz für die Eigenart des angegriffenen Geschmacksmusters zu beurteilen. Denn die maßgeblichen individuellen Merkmale könnten nicht in jedem Fall dieselbe Bedeutung für den Gesamteindruck haben.

15      Außerdem habe die Beschwerdekammer kurz gesagt dadurch gegen ihre Begründungspflicht verstoßen, dass sie sich in der angefochtenen Entscheidung nicht inhaltlich mit dem Beschwerdegrund eines Verstoßes gegen Art. 62 der Verordnung Nr. 6/2002, der in der Beschwerde gegen die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung geltend gemacht worden sei, auseinandergesetzt habe.

16      Das EUIPO und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

17      Nach Art. 62 Satz 1 der Verordnung Nr. 6/2002 sind die Entscheidungen des EUIPO mit Gründen zu versehen. Diese Begründungspflicht hat den gleichen Umfang wie die nach Art. 296 AEUV, wonach die Überlegungen des Urhebers des Rechtsakts klar und eindeutig zum Ausdruck kommen müssen. Sie soll dem doppelten Ziel dienen, zum einen die Beteiligten über die Gründe für die erlassene Maßnahme zu unterrichten, damit sie ihre Rechte verteidigen können, und es zum anderen den Unionsgerichten zu ermöglichen, die Rechtmäßigkeit der Entscheidung zu überprüfen (Urteil vom 16. Februar 2017, Antrax It/EUIPO – Vasco Group [Thermosiphons für Heizkörper], T‑828/14 und T‑829/14, EU:T:2017:87, Rn. 82).

18      Die Frage, ob die Begründung einer Entscheidung diesen Erfordernissen genügt, ist nicht nur im Hinblick auf ihren Wortlaut zu beurteilen, sondern auch anhand ihres Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften, die das betreffende Gebiet regeln (Urteil vom 9. Februar 2017, Mast-Jägermeister/EUIPO [Becher], T‑16/16, EU:T:2017:68, Rn. 58).

19      Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die in der angefochtenen Entscheidung vorgenommene Beurteilung der Beschwerdekammer zum Vergleich der von den sich einander gegenüberstehenden Geschmacksmustern hervorgerufenen Gesamteindrücken den Kriterien von Art. 62 der Verordnung Nr. 6/2002 genügt. Die Beschwerdekammer hat nämlich in den Rn. 38 bis 80 dieser Entscheidung nacheinander den vom angegriffenen Geschmacksmuster hervorgerufenen Gesamteindruck mit den Gesamteindrücken der älteren Geschmacksmuster verglichen und für jedes ältere Geschmacksmuster angegeben, weshalb sie der Auffassung war, dass diese Gesamteindrücke unterschiedlich seien, was der Klägerin ermöglicht, die Gründe dieser Entscheidung zu erfahren, um ihre Rechte zu verteidigen, und den Unionsgerichten, ihre Kontrolle auszuüben.

20      Was insbesondere die Gewichtung der verschiedenen Merkmale der Leuchten betrifft, um sodann die festgestellten Ähnlichkeiten und Unterschiede auf der Grundlage ihrer Relevanz für die Eigenart des angegriffenen Geschmacksmuster zu beurteilen, hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung auf eine Frage des Gerichts geantwortet, dass sich ihr Vorbringen, wonach die Beschwerdekammer die Eigenart des angegriffenen Geschmacksmusters nicht so geprüft habe, wie es von Art. 6 der Verordnung Nr. 6/2002 verlangt werde, und insbesondere nicht die Pflicht beachtet habe, eine „synthetische Analyse“ der Gewichtung der verschiedenen Merkmale im Sinne einer synthetischen Analyse vorzunehmen, wie sie sich u. a. aus dem Urteil vom 21. Juni 2023, Rauch Furnace Technology/EUIPO – Musto et Bureau (Creuset) (T‑347/22, nicht veröffentlicht, EU:T:2023:344, Rn. 79 und die dort angeführte Rechtsprechung), ergebe, sowohl auf die Begründung der angefochtenen Entscheidung beziehe, da eine synthetische Analyse völlig fehle, als auch auf deren materielle Rechtmäßigkeit.

21      Soweit sich das in Rede stehende Vorbringen auf die Begründung der angefochtenen Entscheidung bezieht, genügt der Hinweis, dass nach der Rechtsprechung keine Gewichtung der Merkmale erforderlich ist, um zu beurteilen, ob das angegriffene Geschmacksmuster beim informierten Benutzer einen anderen Gesamteindruck hervorruft als das ältere Geschmacksmuster (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Juni 2019, Rietze/EUIPO – Volkswagen [Fahrzeug VW Bus T 5], T‑43/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:376, Rn. 43). Dem Vorbringen der Klägerin kann daher nicht gefolgt werden.

22      Soweit sich das in Rede stehende Vorbringen auf die materielle Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung bezieht, genügt die Feststellung, dass es insofern ins Leere geht, als es zur Stützung des vorliegenden Klagegrundes vorgebracht wird, und im vorliegenden Fall als zur Stützung des zweiten Klagegrundes vorgebracht anzusehen ist (siehe unten, Rn. 54 bis 56).

23      Was schließlich den Beschwerdegrund betrifft, mit dem ein Verstoß gegen Art. 62 der Verordnung Nr. 6/2002 in der Beschwerde gegen die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung geltend gemacht wurde, genügt die Feststellung, dass die Beschwerdekammer diesen Grund in den Rn. 85 bis 87 der angefochtenen Entscheidung geprüft und ausgeführt hat, dass in der Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung ausreichend begründet worden sei, weshalb dem Geschmacksmuster im Vergleich zu den älteren Geschmacksmustern Neuheit und Eigenart zukomme. Es kann daher nicht mit Erfolg geltend gemacht werden, dass sich die Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung mit diesem Beschwerdegrund nicht inhaltlich auseinandergesetzt habe.

24      Nach alledem ist der erste Klagegrund zurückzuweisen.

 Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 6 der Verordnung Nr. 6/2002

25      Die Klägerin trägt vor, das angegriffene Geschmacksmuster weise keine Eigenart im Sinne von Art. 6 der Verordnung Nr. 6/2002 auf, da der von ihm hervorgerufene Gesamteindruck derselbe sei wie der, der von jedem der älteren Geschmacksmuster D 1 bis D 5 hervorgerufen werde.

26      Das EUIPO und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

27      Nach Art. 25 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 6/2002 kann ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster für nichtig erklärt werden, wenn es die Voraussetzungen der Art. 4 bis 9 dieser Verordnung, insbesondere die Neuheit und die Eigenart, nicht erfüllt.

28      Gemäß Art. 6 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 6/2002 hat ein eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster Eigenart, wenn sich der Gesamteindruck, den es beim informierten Benutzer hervorruft, von dem Gesamteindruck unterscheidet, den ein anderes Geschmacksmuster bei ihm hervorruft, das der Öffentlichkeit vor dem Tag der Anmeldung oder, wenn eine Priorität in Anspruch genommen wird, vor dem Prioritätstag zugänglich gemacht worden ist.

29      Die Beurteilung der Eigenart eines Gemeinschaftsgeschmacksmusters erfolgt im Wesentlichen in einer Prüfung in vier Schritten. Zu bestimmen sind erstens der Bereich der Erzeugnisse, in die das Geschmacksmuster aufgenommen oder bei denen es verwendet werden soll, zweitens der informierte Benutzer dieser Waren je nach ihrer Zweckbestimmung und mit Bezug auf diesen informierten Benutzer der Grad der Kenntnis vom Stand der Technik sowie der Grad der Aufmerksamkeit in Bezug auf Ähnlichkeiten und Unterschiede beim Vergleich der Geschmacksmuster, drittens der Grad der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers bei der Entwicklung des Geschmacksmusters, deren Einfluss auf die Eigenart umgekehrt proportional ist, und viertens, unter Berücksichtigung der Eigenart, das Ergebnis des möglichst direkten Vergleichs der Gesamteindrücke, die das angegriffene Geschmacksmuster und jedes ältere, der Öffentlichkeit zugänglich gemachte Geschmacksmuster beim informierten Benutzer jeweils hervorrufen (vgl. Urteil vom 13. Juni 2019, Visi/one/EUIPO – EasyFix [Informationstafeln für Fahrzeuge], T‑74/18, EU:T:2019:417, Rn. 66 und die dort angeführte Rechtsprechung).

 Zum betroffenen Bereich und dem informierten Benutzer

30      Zur Bestimmung des Erzeugnisses, in das das streitige Geschmacksmuster aufgenommen oder bei dem es verwendet werden soll, ist die sich auf dieses Erzeugnis beziehende Angabe in der Anmeldung dieses Geschmacksmusters zu berücksichtigen, daneben jedoch gegebenenfalls auch das Geschmacksmuster selbst, soweit es die Art, Bestimmung oder Funktion des Erzeugnisses näher beschreibt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. März 2010, Grupo Promer Mon Graphic/HABM – PepsiCo [Wiedergabe eines runden Werbeträgers], T‑9/07, EU:T:2010:96, Rn. 56).

31      Nach der Rechtsprechung ist ein informierter Benutzer im Sinne des Art. 6 der Verordnung Nr. 6/2002 weder ein Hersteller noch ein Verkäufer der Erzeugnisse, in die die fraglichen Geschmacksmuster aufgenommen oder bei denen diese verwendet werden sollen. Der informierte Benutzer ist eine besonders wachsame Person, die über eine gewisse Kenntnis vom Stand der Technik verfügt, d. h. vom Formenschatz der sich auf das fragliche Erzeugnis beziehenden Geschmacksmuster, die am Anmeldetag des Geschmacksmusters, dessen Eintragung angegriffen wird, oder gegebenenfalls an dem in Anspruch genommenen Prioritätstag zugänglich waren (vgl. Urteil vom 13. Juni 2017, Ball Beverage Packaging Europe/EUIPO – Crown Hellas Can [Getränkedosen], T‑9/15, EU:T:2017:386, Rn. 80 und die dort angeführte Rechtsprechung).

32      Was den Grad der Aufmerksamkeit des informierten Benutzers betrifft, hat der Unionsrichter entschieden, dass dieser zwar nicht der durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher ist, der ein Geschmacksmuster in der Regel als Ganzes wahrnimmt und nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet, aber auch kein Sachkundiger oder Fachmann, der minimale Unterschiede, die zwischen den einander gegenüberstehenden Geschmacksmustern bestehen können, im Detail feststellen kann. Somit deutet die erläuternde Bezeichnung „informiert“ darauf hin, dass der Benutzer, ohne dass er ein Entwerfer oder ein technischer Sachverständiger wäre, verschiedene Geschmacksmuster kennt, die es in dem betroffenen Wirtschaftsbereich gibt, dass er gewisse Kenntnisse in Bezug auf die Elemente besitzt, die diese Geschmacksmuster für gewöhnlich aufweisen, und dass er diese Produkte aufgrund seines Interesses an ihnen mit verhältnismäßig großer Aufmerksamkeit benutzt (vgl. Urteil vom 13. Juni 2017, Getränkedosen, T‑9/15, EU:T:2017:386, Rn. 81 und die dort angeführte Rechtsprechung).

33      Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdekammer festgestellt, dass die in Rede stehenden Erzeugnisse Leuchten seien und dass auf einen informierten Benutzer, der die Leuchten kenne, die während des maßgeblichen Zeitraums vor dem Zeitpunkt der Anmeldung des angegriffenen Geschmacksmusters auf dem Markt verfügbar gewesen seien, abzustellen sei. Da der gestalterische Aspekt einer Wandleuchte für die Kaufentscheidung maßgeblich sei, sei die Aufmerksamkeit des informierten Benutzers verhältnismäßig hoch.

34      Diese Beurteilungen, die im Übrigen von den Parteien nicht bestritten werden, sind fehlerfrei und zu bestätigen.

 Zum Grad der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers

35      Was den Grad der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass dieser insbesondere durch die Vorgaben bestimmt wird, die sich aus den durch die technische Funktion des Erzeugnisses oder eines Bestandteils des Erzeugnisses bedingten Merkmalen oder aus den auf das Erzeugnis anwendbaren gesetzlichen Vorschriften ergeben. Diese Vorgaben führen zu einer Standardisierung bestimmter Merkmale, die dann zu gemeinsamen Merkmalen aller beim betreffenden Erzeugnis verwendeten Geschmacksmuster werden (Urteil vom 18. März 2010, Wiedergabe eines runden Werbeträgers, T‑9/07, EU:T:2010:96‚ Rn. 67).

36      Je größer die Gestaltungsfreiheit des Entwerfers bei der Entwicklung des Geschmacksmusters ist, desto weniger reichen im Übrigen nach der Rechtsprechung kleine Unterschiede zwischen den verglichenen Geschmacksmustern aus, um beim informierten Benutzer einen unterschiedlichen Gesamteindruck hervorzurufen. Je beschränkter umgekehrt die Gestaltungsfreiheit des Entwerfers bei der Entwicklung des Geschmacksmusters ist, desto eher genügen kleine Unterschiede zwischen den miteinander verglichenen Geschmacksmustern, um beim informierten Benutzer einen unterschiedlichen Gesamteindruck hervorzurufen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. Oktober 2015, Roca Sanitario/HABM – Villeroy & Boch [Einhandmischer], T‑334/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:817, Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung).

37      Im vorliegenden Fall war die Beschwerdekammer in Rn. 31 der angefochtenen Entscheidung der Auffassung, dass bei Leuchten die Gestaltungsfreiheit des Entwerfers durchschnittlich sei, da die Leuchtelemente einen Leuchtenkörper zur Aufnahme des Leuchtmittels und im Fall von Wand- oder Deckenlampen eine Vorrichtung zur Befestigung der Leuchte an der Wand oder an der Decke aufweisen müssten. Hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung des Leuchtenkörpers, des Gehäuses, der Befestigungsvorrichtung sowie der Anbringung von Solarzellen und deren Ausgestaltung sowie der Anbringung und Ausgestaltung von Sensoren sei der Entwerfer grundsätzlich keinen Beschränkungen unterworfen. In Rn. 32 dieser Entscheidung hat sie ausgeführt, dass die Tatsache, dass die Bestimmung eines Erzeugnisses das Vorhandensein bestimmter Merkmale erfordere, nicht automatisch eine Einschränkung der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers bedeute.

38      Die Klägerin trägt vor, dass die Beschwerdekammer fälschlicherweise die Auffassung vertreten habe, dass die Gestaltungsfreiheit bei Leuchten durchschnittlich sei, obwohl diese als hoch einzustufen sei, da der Entwerfer bei der Gestaltung des Leuchtenkörpers und des Gehäuses praktisch keinen Beschränkungen unterworfen sei.

39      Das EUIPO trägt vor, dass die Klägerin mit einigen Feststellungen der Beschwerdekammer einverstanden sei, nämlich dass der Entwerfer bei der Gestaltung des Leuchtenkörpers und des Gehäuses praktisch keinen Beschränkungen unterworfen sei und dass die Gestaltungsfreiheit des Entwerfers bei Leuchten im Ergebnis als hoch anzusehen sei.

40      Die Streithelferin beschränkt sich auf die Feststellung, dass die Klägerin die Beurteilungen der Beschwerdekammer nicht bestreite.

41      Es ist festzustellen, dass bei Leuchten die Freiheit des Entwerfers nur begrenzt ist, was das Vorhandensein eines Beleuchtungselements (das nicht zwangsläufig wie im vorliegenden Fall eine Glühbirne sein muss) und das Vorhandensein aller Teile betrifft, die für ihre Funktion, die Umgebung zu beleuchten, erforderlich sind (u. a. eine Halterung im Fall einer Wandlampe, um diese an der Wand befestigen zu können).

42      In diesem Zusammenhang wurde u. a. entschieden, dass der Grad der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers bei Lampen im Wesentlichen zwar hoch ist, was die einzelnen Teile einer Lampe betrifft (wie z. B. die Fassungen oder die Vorrichtungen zur Befestigung), aber nur durchschnittlich, was die Lampe als Ganzes betrachtet betrifft, da sie immer eine Beleuchtungsvorrichtung enthalten muss (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 28. September 2017, Rühland/EUIPO – 8 seasons design [Sternförmige Lampe], T‑779/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:674, Rn. 25, vom 7. Februar 2019, Eglo Leuchten/EUIPO – Di-Ka [Lampe], T‑766/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:68, Rn. 35, und vom 7. Juli 2021, S. Tous/EUIPO – Zhejiang China-Best Import & Export [Lampe], T‑492/20, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:413, Rn. 24).

43      Daraus folgt, dass der oben in Rn. 37 wiedergegebene Standpunkt der Beschwerdekammer mit der oben in Rn. 42 angeführten Rechtsprechung in Einklang steht, weshalb dem Vorbringen der Klägerin nicht gefolgt werden kann.

44      Des Weiteren ist festzustellen, dass, wie aus den Rn. 19, 44, 52, 61, 67, 73 und 80 der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, die Beschwerdekammer ausgeführt hat, dass sich selbst unter Berücksichtigung eines hohen Grades der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers bei Lampen der vom angegriffenen Geschmacksmuster hervorgerufene Gesamteindruck von den Gesamteindrücken der älteren Geschmacksmuster unterscheide. In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass das EUIPO, das hierzu in der mündlichen Verhandlung befragt wurde, erklärt hat, dass die Beschwerdekammer die für die Klägerin günstigste Auslegung zugrunde gelegt habe, die jedoch nicht für die Feststellung ausgereicht habe, dass die verglichenen Geschmacksmuster denselben Gesamteindruck hervorriefen. Aus dieser Entscheidung geht jedenfalls hervor, dass die Beschwerdekammer die Gesamteindrücke der einander gegenüberstehenden Geschmacksmuster unter Berücksichtigung eines hohen Grades der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers miteinander verglichen hat.

45      Da ein hoher Grad der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers die Schlussfolgerung stützt, dass Geschmacksmuster, die keine erheblichen Unterschiede aufweisen, beim informierten Benutzer denselben Gesamteindruck hervorrufen und das angegriffene Geschmacksmuster daher keine Eigenart besitzt (vgl. Urteil vom 13. Juni 2019, Informationstafeln für Fahrzeuge, T‑74/18, EU:T:2019:417, Rn. 76 und die dort angeführte Rechtsprechung), kann die Klägerin, die geltend macht, dass die einander gegenüberstehenden Geschmacksmuster dieselben Gesamteindrücke hervorriefen, der Beschwerdekammer gegebenenfalls nicht mit Erfolg vorwerfen, eine zu hohe Gestaltungsfreiheit des Entwerfers zugrunde gelegt zu haben. Die Annahme eines hohen Grades der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers wäre nämlich günstig für die Klägerin, wie auch das EUIPO in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat.

46      Selbst unter der Annahme, dass die Beschwerdekammer einen Beurteilungsfehler im Hinblick auf den Grad der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers begangen hat, wäre dieser Fehler für sich genommen daher nicht geeignet, die Schlussfolgerungen der Beschwerdekammer im vorliegenden Fall zu entkräften.

 Zum Vergleich der Gesamteindrücke

47      Nach ständiger Rechtsprechung ergibt sich die Eigenart eines Geschmacksmusters aus einem Gesamteindruck der Unähnlichkeit oder des Fehlens eines „déjà vu“ aus der Sicht des informierten Benutzers im Vergleich zum vorbestehenden Formschatz älterer Geschmacksmuster, ungeachtet der Unterschiede, die – auch wenn sie über unbedeutende Details hinausgehen – nicht markant genug sind, um diesen Gesamteindruck zu beeinträchtigen, aber unter Berücksichtigung von Unterschieden, die hinreichend ausgeprägt sind, um einen unähnlichen Gesamteindruck hervorzurufen (vgl. Urteil vom 13. Juni 2017, Getränkedosen, T‑9/15, EU:T:2017:386, Rn. 78 und die dort angeführte Rechtsprechung).

48      Wenn der Grad der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers erheblich ist, reichen geringfügige Unterschiede zwischen den einander gegenüberstehenden Geschmacksmustern nicht aus, um einen unterschiedlichen Gesamteindruck zwischen den Geschmacksmustern hervorzurufen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. November 2018, Sata/EUIPO – Zhejiang Auarita Pneumatic Tools [Farbspritzpistole], T‑651/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:855, Rn. 45).

–       Zu den für den Vergleich der Gesamteindrücke maßgeblichen Kriterien

49      Als Erstes wirft die Klägerin der Beschwerdekammer im Abschnitt „Fehlerhafter Maßstab in Bezug auf technisch bedingte Merkmale“ vor, verkannt zu haben, dass die technisch bedingten Merkmale keinen prägenden Einfluss auf den Gesamteindruck hätten, den die einander gegenüberstehenden Geschmacksmuster hervorriefen, weshalb sie bei der Beurteilung der Eigenart des angegriffenen Musters außer Betracht zu lassen oder jedenfalls deutlich geringer zu gewichten seien. Der informierte Benutzer gehe bei bloßen Unterschieden hinsichtlich der technischen Ausstattungen der Leuchten, also den Halterungen, den Solarzellen und den Sensoren, nicht von einem unterschiedlichen Design aus. Die Beschwerdekammer habe die in Rn. 36 der angefochtenen Entscheidung angeführte Rechtsprechung falsch ausgelegt, indem sie ihr entnommen habe, dass einem technischen Merkmal automatisch Relevanz für den Gesamteindruck eines Geschmacksmusters zukomme. Außerdem ergebe sich aus der Rechtsprechung, dass der gestalterische Wert eines technischen Merkmals nicht daraus folge, dass es theoretisch Designalternativen gegeben hätte. Gegen diese Rechtsprechung habe die Beschwerdekammer dadurch verstoßen, dass sie die Existenz solcher Alternativen als ausreichend angesehen habe, um der Wandhalterung, dem Solarmodul und dem Bewegungssensor, die technisch bedingt seien, einen gestalterischen Wert beizumessen. Insbesondere macht die Klägerin geltend, dass die konkrete Position des Bewegungssensors keinen gestalterischen Wert habe.

50      Überdies trage die Streithelferin die Beweislast dafür, dass der Gestaltung der Wandbefestigung sowie der Gestaltung und Anordnung der Solarzelle und des Sensors gestalterische Motive zugrunde gelegen hätten. Dass bestimmte technische Merkmale möglicherweise ästhetisch ansprechend seien, sei für die Frage der technischen Bedingtheit dieser Elemente irrelevant.

51      Als Zweites macht die Klägerin im Abschnitt „Fehlerhafter Maßstab hinsichtlich bestehender Unterschiede“ geltend, nach Ansicht der Beschwerdekammer könnten zwei Geschmacksmuster beim informierten Benutzer nur dann den gleichen Gesamteindruck hervorrufen, wenn sie praktisch identisch seien. Die Beschwerdekammer habe insbesondere einen falschen Maßstab angelegt, indem sie ausgeführt habe, dass die Unterschiede zwischen den einander gegenüberstehenden Geschmacksmustern noch wahrnehmbar seien, wenn die Leuchte an der Wand befestigt sei. In der mündlichen Verhandlung hat sie außerdem vorgetragen, dass die Beschwerdekammer in Rn. 37 der angefochtenen Entscheidung das Beurteilungskriterium der Neuheit des angegriffenen Geschmacksmusters im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 6/2002 und nicht das Kriterium der Eigenart angewandt habe.

52      Aufgrund des hohen Grades der Gestaltungsfreiheit, die der Entwerfer im vorliegenden Fall habe, reichten geringe Unterschiede nicht aus, um beim informierten Benutzer einen unterschiedlichen Gesamteindruck hervorzurufen, selbst wenn die Unterschiede auf Anhieb sichtbar seien. Im vorliegenden Fall werde der Gesamteindruck im Wesentlichen von der Form der Leuchten bestimmt, die hier jeweils aus einer rechteckigen Wandbefestigung und einer scheibenförmigen flachen Leuchte bestünden, die den Eindruck zweier übereinanderliegender Scheiben vermittelten. Es gelte, die Unterschiede zu ermitteln und zu fragen, ob sie ausreichten, um den übereinstimmenden Gesamteindruck zu überwinden. Ferner trägt die Klägerin vor, dass in der Rechtssache, in der das Urteil vom 18. Mai 2022, Domator24.com Paweł Nowak/EUIPO – Siwek und Didyk (Sessel) (T‑256/21, nicht veröffentlicht, EU:T:2022:297), ergangen sei, davon ausgegangen worden sei, dass die einander gegenüberstehenden Geschmacksmuster aufgrund ihrer allgemeinen Form denselben Gesamteindruck hervorriefen, obwohl sie sich in mehreren Merkmalen unterschieden. Dieser Ansatz sei auf den vorliegenden Fall übertragbar, da der Gesamteindruck im Wesentlichen durch die Form der Leuchten bestimmt werde.

53      Das EUIPO und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

54      Es ist zunächst das Vorbringen der Klägerin zu prüfen, die Beschwerdekammer habe die Eigenart des angegriffenen Geschmacksmusters nicht wie von Art. 6 der Verordnung Nr. 6/2002 verlangt geprüft und insbesondere nicht die Pflicht beachtet, eine „synthetische Analyse“ der Gewichtung der verschiedenen Merkmale im Sinne einer synthetischen Analyse, wie sie sich u. a. aus dem Urteil vom 21. Juni 2023, Rauch Furnace Technology/EUIPO – Musto et Bureau (Creuset) (T‑347/22, nicht veröffentlicht, EU:T:2023:344, Rn. 79 und die dort angeführte Rechtsprechung), ergebe, vorgenommen.

55      In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung der Vergleich der durch die einander gegenüberstehenden Geschmacksmuster erweckten Gesamteindrücke synthetischer Art sein muss und sich nicht auf den analytischen Vergleich einer Aufzählung von Ähnlichkeiten und Unterschieden beschränken darf. Diesem Vergleich müssen die offenbarten Merkmale des angegriffenen Geschmacksmusters zugrunde gelegt werden, und er darf sich nur auf die tatsächlich geschützten Elemente stützen, ohne die vom Schutz ausgeschlossenen Merkmale – insbesondere technischer Art – zu berücksichtigen (vgl. Urteil vom 13. Juni 2019, Informationstafeln für Fahrzeuge, T‑74/18, EU:T:2019:417, Rn. 84 und die dort angeführte Rechtsprechung).

56      Es ist allerdings festzustellen, dass die Beschwerdekammer im vorliegenden Fall nicht nur die Ähnlichkeiten und Unterschiede der jeweiligen Geschmacksmuster aufgezählt hat (Rn. 39, 40, 46, 47, 54 bis 56, 63, 64, 69, 70, 75 und 76 der angefochtenen Entscheidung), sondern auch die von diesen Geschmacksmustern hervorgerufenen Gesamteindrücke miteinander verglichen hat. Aus den Rn. 41 bis 43, 48 bis 51, 57 bis 60, 65 und 66, 71 und 72 sowie 77 bis 79 dieser Entscheidung geht nämlich hervor, dass die Beschwerdekammer die von ihr festgestellten Unterschiede der einander gegenüberstehenden Geschmacksmuster betrachtet hat. Diese Erwägungen genügen den Kriterien, die in der oben in Rn. 55 angeführten Rechtsprechung genannt werden.

57      Des Weiteren ist zu prüfen, ob die einander gegenüberstehenden Geschmacksmuster Merkmale aufweisen, die vom Vergleich auszuschließen sind oder die geringer zu gewichten sind. Die Klägerin trägt im Wesentlichen vor, dass die technischen Merkmale dieser Geschmacksmuster bei der Beurteilung der Eigenart des angegriffenen Geschmacksmusters außer Betracht zu lassen seien oder dass ihnen jedenfalls viel weniger Bedeutung beizumessen sei und dass es Sache der Streithelferin sei, darzulegen, dass die Erscheinungsform dieser Merkmale aus ästhetischen Gründen vorgegeben sei.

58      In diesem Zusammenhang ist erstens darauf hinzuweisen, dass die Verordnung Nr. 6/2002, da sie keine Schutzbeschränkung in Bezug auf Geschmacksmuster und ihre Merkmale, die (auch) eine technische Funktion erfüllen, vorsieht, nur im Fall, dass ein oder mehrere Merkmale der Erscheinungsform eines Erzeugnisses ausschließlich durch seine technische Funktion vorgegeben sind, vorsieht, dass ein solches Merkmal bei der Beurteilung der Eigenart nicht berücksichtigt werden darf (Urteil vom 21. Mai 2015, Senz Technologies/HABM – Impliva [Regenschirme], T‑22/13 und T‑23/13, EU:T:2015:310, Rn. 101 [nicht veröffentlicht]).

59      Insbesondere ist für die Beurteilung, ob Erscheinungsmerkmale eines Erzeugnisses ausschließlich durch dessen technische Funktion bedingt sind, zu ermitteln, ob diese Funktion der einzige diese Merkmale bestimmende Faktor ist. Das Bestehen alternativer Geschmacksmuster ist insoweit nicht ausschlaggebend (Urteil vom 8. März 2018, DOCERAM, C‑395/16, EU:C:2018:172‚ Rn. 32).

60      Im vorliegenden Fall geht trotz des Vorbringens der Klägerin aus der Akte nicht hervor, dass die Erscheinungsform der Merkmale der einander gegenüberstehenden Geschmacksmuster ausschließlich durch ihre technische Funktion vorgegeben wäre. Infolgedessen darf keines der Merkmale der einander gegenüberstehenden Geschmacksmuster beim Vergleich der Gesamteindrücke dieser Geschmacksmuster ausgeschlossen werden.

61      Zweitens ist in Bezug auf die Beweislast darauf hinzuweisen, dass es nach der Rechtsprechung in erster Linie dem Antragsteller im Nichtigkeitsverfahren obliegt, darzulegen, dass die technische Funktion des Erzeugnisses ein Faktor ist, der die Erscheinungsmerkmale dieses Erzeugnisses bestimmt hat, wobei diese Beweise anschließend gegebenenfalls den Beweisen gegenüberzustellen sind, die vom Inhaber des Geschmacksmusters vorgetragen wurden und mit denen dargetan wird, dass Erwägungen anderer Art als das Erfordernis, dass dieses Erzeugnis seine technische Funktion erfüllt, insbesondere solche, die mit der visuellen Erscheinung zusammenhängen, bei der Entscheidung für diese Merkmale eine Rolle gespielt haben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. Januar 2022, Unger Marketing International/EUIPO – Orben Wasseraufbereitung [Wasseraufbereiter], T‑325/20, nicht veröffentlicht, EU:T:2022:23, Rn. 38).

62      Nach der Rechtsprechung hat nämlich der Antragsteller im Nichtigkeitsverfahren, wenn er sich auf den Nichtigkeitsgrund von Art. 25 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 6/2002 beruft, darzutun, dass das angegriffene Geschmacksmuster die Voraussetzungen der Art. 4 bis 9 dieser Verordnung nicht erfüllt (Urteil vom 21. September 2017, Easy Sanitary Solutions und EUIPO/Group Nivelles, C‑361/15 P und C‑405/15 P, EU:C:2017:720, Rn. 60).

63      Drittens geht nämlich in Bezug auf die Merkmale, deren Erscheinungsform zwar durch technische Erwägungen vorgegeben ist, aber nicht ausschließlich, aus der Rechtsprechung hervor, dass, wenn die Ähnlichkeiten zwischen den Geschmacksmustern Vorgaben betreffen, die sich aus den insbesondere durch die technische Funktion des Erzeugnisses oder eines Bestandteils des Erzeugnisses bedingten Merkmalen ergeben, diese Ähnlichkeiten für den Gesamteindruck, der beim informierten Benutzer durch diese Geschmacksmuster erweckt wird, nur geringe Bedeutung haben (vgl. Urteil vom 21. April 2021, Bibita Group/EUIPO – Benkomers [Getränkeflasche], T‑326/20, EU:T:2021:208, Rn. 62 und die dort angeführte Rechtsprechung).

64      Überdies fügt sich die oben in Rn. 63 angeführte Rechtsprechung in die umfassendere Rechtsprechung ein, nach der es nicht ausgeschlossen ist, dass beim Vergleich von Geschmacksmustern der von jedem Geschmacksmuster hervorgerufene Gesamteindruck durch bestimmte Merkmale der betreffenden Erzeugnisse oder von Teilen dieser Erzeugnisse geprägt werden kann. Zur Klärung der Frage, ob ein bestimmtes Merkmal ein Erzeugnis oder einen Teil von ihm prägt, muss der mehr oder weniger starke Einfluss bewertet werden, den die verschiedenen Merkmale des Erzeugnisses oder des betreffenden Teils auf die Erscheinungsform dieses Erzeugnisses oder Teils haben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25. Oktober 2013, Merlin u. a./HABM – Dusyma [Spiele], T‑231/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:560, Rn. 36).

65      Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdekammer in Rn. 36 der angefochtenen Entscheidung unter Verweis auf das Urteil vom 4. Juli 2017, Murphy/EUIPO – Nike Innovate (Elektronisches Uhrenarmband) (T‑90/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:464, Rn. 61), lediglich ausgeführt, dass der Umstand, dass ein Merkmal auch eine technische Funktion erfülle, nicht zwangsläufig bedeute, dass es im Gesamteindruck zu vernachlässigen sei, denn ungeachtet dieser technischen Funktion könne es auf unterschiedliche Art und Weise ausgestaltet sein. Abgesehen von dieser Ausführung hat sie nicht die Auffassung vertreten, zumindest nicht ausdrücklich, dass die einander gegenüberstehenden Geschmacksmuster funktionale Merkmale hätten und dass solchen Merkmalen eine geringere Bedeutung beizumessen sei.

66      Dieser Ansatz ist im vorliegenden Fall frei von Beurteilungsfehlern. Da der Entwerfer bei der Form der einzelnen Teile einer Lampe über einen hohen Grad an Gestaltungsfreiheit verfügt (siehe oben, Rn. 42), kann nicht davon ausgegangen werden, dass diesen Merkmalen, die zwar eine technische Funktion erfüllen, aber deren Erscheinungsform nicht ausschließlich durch technische Erwägungen wie insbesondere die Wandbefestigung vorgegeben ist, beim Vergleich der Gesamteindrücke der einander gegenüberstehenden Geschmacksmuster bei abstrakter Betrachtung eine geringere Bedeutung beizumessen ist. Überdies sind die verschiedenen Merkmale dieser Geschmacksmuster, wie das EUIPO vorträgt, selbst wenn sie eine technische Funktion erfüllen, nicht rein funktional. Ihr Erscheinungsbild kann vielmehr geändert werden, so dass eventuelle Unterschiede in ihrer Form, ihrer Konfiguration, ihrem Standort und ihrer Anordnung geeignet sind, den Gesamteindruck zu beeinflussen, der vom Erzeugnis, in das sie eingebaut wurden, hervorgerufen wird.

67      In Bezug auf das Vorbringen der Klägerin, die Beschwerdekammer habe in der angefochtenen Entscheidung eingeräumt, dass die theoretische Existenz alternativer Geschmacksmuster eben gerade ausreichend sei, um der Wandhalterung, dem Solarmodul und dem Bewegungssensor einen gestalterischen Wert beizumessen, ist festzustellen, dass dieses Vorbringen auf einem falschen Verständnis dieser Entscheidung beruht (siehe oben, Rn. 65). Des Weiteren ist festzustellen, dass die Rechtsprechung, die angeführt wird, um dem Standpunkt der Beschwerdekammer entgegenzutreten, und zwar das Urteil vom 8. März 2018, DOCERAM (C‑395/16, EU:C:2018:172, Rn. 31), Merkmale betrifft, deren Erscheinungsform ausschließlich durch die technische Funktion des Geschmacksmusters bedingt ist. Wie aus der obigen Rn. 60 hervorgeht, enthalten die einander gegenüberstehenden Geschmacksmuster im vorliegenden Fall jedoch keine solchen Merkmale.

68      Ebenso ist festzustellen, dass die Klägerin den angeblichen Fehler der Beschwerdekammer aus Rn. 36 der angefochtenen Entscheidung abzuleiten scheint, in der die Beschwerdekammer unter Verweis auf das Urteil vom 4. Juli 2017, Elektronisches Uhrenarmband (T‑90/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:464, Rn. 61), erklärt hat, dass der Umstand, dass ein Merkmal auch eine technische Funktion erfülle, nicht zwangsläufig bedeute, dass es im Gesamteindruck zu vernachlässigen sei, denn ungeachtet dieser technischen Funktion könne es auf unterschiedliche Art und Weise ausgestaltet sein. Selbst wenn diese Ausführung fehlerhaft wäre, hat sie sich aber nicht auf die in der angefochtenen Entscheidung enthaltene Begründung ausgewirkt. Die Beschwerdekammer hat nämlich nicht erklärt, dass ein funktionelles Merkmal allein deshalb als für den Gesamteindruck maßgeblich anzusehen sei, weil es auf unterschiedliche Art ausgestaltet sein könne. In dieser Randnummer nennt die Beschwerdekammer nur die „Gestaltung der Wandbefestigung“ und die „Gestaltung und Anordnung der Solarzelle und des Sensors“ als Unterschiede zwischen dem älteren Geschmacksmuster D 2 und dem angegriffenen Geschmacksmuster. In diesem Zusammenhang ist davon auszugehen, dass die Verwendung des Begriffs „Gestaltung“ bedeutet, dass die Beschwerdekammer festgestellt hat, dass die Form dieser Merkmale unterschiedlich war.

69      Jedenfalls kann das Kriterium der Existenz alternativer Geschmacksmuster bei der Beurteilung der funktionellen Merkmale wie den von der oben in Rn. 63 angeführten Rechtsprechung genannten, die als nicht ausschließlich technische nicht unter Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 6/2002 fallen, nicht als entscheidend angesehen werden. Solche Merkmale beinhalten nämlich zwangsläufig willkürliche und ästhetische Aspekte, die ihre Berücksichtigung erlauben, und sei es auch nur dadurch, dass ihnen eine geringere Bedeutung beim Gesamteindruck beigemessen wird. Das von der Beschwerdekammer erwähnte Urteil vom 4. Juli 2017, Elektronisches Uhrenarmband (T‑90/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:464, Rn. 61), bezieht sich jedoch speziell auf solche Merkmale.

70      In Bezug auf die weiteren von der Klägerin vorgebrachten Argumente ist erstens dasjenige zu prüfen, wonach die Beschwerdekammer fehlerhaft die Auffassung vertreten habe, dass „[d]ie Unterschiede … auch dann noch wahrnehmbar [sind], wenn die Leuchte an der Wand befestigt ist“.

71      In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Tatsache, dass ein Merkmal eines Geschmacksmusters sichtbar ist, eine wesentliche Voraussetzung für seinen Schutz darstellt. Gemäß dem zwölften Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 6/2002 sollte sich der Schutz von Geschmacksmustern weder auf Bauelemente erstrecken, die während der bestimmungsgemäßen Verwendung eines Erzeugnisses nicht sichtbar sind, noch auf Merkmale eines Bauelements, die unsichtbar sind, wenn das Bauelement eingebaut ist, und diese Merkmale sollten folglich bei der Beurteilung, ob andere Merkmale des Geschmacksmusters die Schutzvoraussetzungen erfüllen, nicht herangezogen werden (vgl. Urteil vom 1. Dezember 2021, Jieyang Defa Industry/EUIPO – Mattel [Puppenkopf], T‑84/21, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:844, Rn. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung).

72      Infolgedessen entbehrt das Vorbringen der Klägerin jeder Grundlage, da die Beschwerdekammer gemäß der oben in Rn. 71 angeführten Rechtsprechung gerade Merkmale berücksichtigt hat, die beim normalen Gebrauch der einander gegenüberstehenden Geschmacksmuster sichtbar sind.

73      Zweitens genügt in Bezug auf das Urteil vom 18. Mai 2022, Sessel (T‑256/21, nicht veröffentlicht, EU:T:2022:297), das die Klägerin anführt, um zu illustrieren, dass die allgemeine Form des Geschmacksmusters dessen wesentliches Merkmal darstelle, die Feststellung, dass dieses Urteil völlig andere Geschmacksmuster betrifft und deshalb die dortige Begründung des Gerichts nicht auf den vorliegenden Fall übertragen werden kann. Erst recht kann nicht mit Erfolg geltend gemacht werden, dass die Beschwerdekammer im vorliegenden Fall die Form der Leuchten nicht berücksichtigt habe.

74      Drittens geht in Bezug auf das in der mündlichen Verhandlung vorgetragene Vorbringen der Klägerin, wonach die Beschwerdekammer die Beurteilung der Neuheit des angegriffenen Geschmacksmusters im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 6/2002 und nicht das Kriterium der Eigenart angewandt habe, zwar aus Rn. 37 der angefochtenen Entscheidung hervor, dass die Beschwerdekammer die Rechtsprechung zur Neuheit eines Geschmacksmusters, und zwar Rn. 37 des Urteils vom 6. Juni 2013, Kastenholz/HABM – Qwatchme (Uhrenzifferblätter) (T‑68/11, EU:T:2013:298), angeführt hat. Gleichwohl betrifft das Vorbringen der Klägerin, ohne dass zu prüfen wäre, ob es sich um ein neues Vorbringen handelt, einen Fehler, der sich nicht auf die Beurteilungen der Beschwerdekammer zum Vergleich des vom angegriffenen Geschmacksmuster hervorgerufenen Gesamteindrucks mit dem, der von jedem der älteren Geschmacksmuster hervorgerufen wird, ausgewirkt hat. Wie aus den Rn. 45 bis 80 der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, hat die Beschwerdekammer nämlich nicht geprüft, ob sich die einander gegenüberstehenden Geschmacksmuster nur in unbedeutenden Details unterscheiden, sondern gemäß der oben in Rn. 47 angeführten Rechtsprechung, ob der von ihnen hervorgerufene Gesamteindruck unterschiedlich ist. Bei diesen Beurteilungen wurden die Unterschiede des Gesamteindrucks, die über unbedeutende Details hinausgehen, berücksichtigt. Daraus folgt, dass der von der Klägerin behauptete Fehler im vorliegenden Fall jedenfalls ins Leere geht.

75      Ferner wird der Standpunkt der Klägerin, wonach „die Unterschiede zu ermitteln [sind] und zu fragen [ist], ob diese ausreichend sind, um den übereinstimmenden Gesamteindruck zu überwinden“, durch die Rechtsprechung gestützt, aus der hervorgeht, dass die insoweit vorzunehmende Beurteilung die Berücksichtigung aller Merkmale erfordert, durch die sich die einander gegenüberstehenden Geschmacksmuster unterscheiden, außer jenen, die nicht markant genug sind, um diesen Gesamteindruck zu beeinträchtigen (Urteil vom 21. April 2021, Getränkeflasche, T‑326/20, EU:T:2021:208, Rn. 64). Der Beschwerdekammer kann aber im vorliegenden Fall nicht vorgeworfen werden, gegen diese Rechtsprechung verstoßen zu haben, da sie bei jedem Vergleich der Gesamteindrücke die Übereinstimmungen und Unterschiede der jeweiligen Geschmacksmuster ermittelt hat und die festgestellten Unterschiede analysiert hat.

76      Nach alledem kann dem Vorbringen der Klägerin im vorliegenden Fall nicht gefolgt werden.

–       Zum Gesamteindruck des angegriffenen Geschmacksmusters im Vergleich zum älteren Geschmacksmuster D 1

77      Was die Beurteilung der Eigenart des angegriffenen Geschmacksmusters im Vergleich zum älteren Geschmacksmuster D 1 betrifft, hat die Beschwerdekammer festgestellt, dass diese Geschmacksmuster insofern übereinstimmten, als sie erstens flache und scheibenförmige Leuchten seien, zweitens den Eindruck von zwei übereinanderliegenden Scheiben vermittelten und drittens eine Wandbefestigung aufwiesen. In Bezug auf die Unterschiede stellte sie folgende fest, die sie als deutlich wahrnehmbar einstufte: die Dicke (Höhe) der übereinanderliegenden Scheiben, die Gestaltung der Wandbefestigung, die Anordnung des Leuchtenkopfes an der Wandbefestigung und das Vorhandensein einer Solarzelle und eines Sensors im älteren Geschmacksmuster.

78      In Bezug auf die Unterschiede zwischen dem angegriffenen Geschmacksmuster und dem älteren Geschmacksmuster D 1, die nach Ansicht der Beschwerdekammer auch noch dann wahrnehmbar sind, wenn die Leuchte an der Wand befestigt ist, stellte sie erstens fest, dass die Proportionen der übereinanderliegenden Scheiben in diesen Geschmacksmustern unterschiedlich seien, da dieses Verhältnis im angegriffenen Geschmacksmuster 1:4 betrage und 1:1 im älteren Geschmacksmuster D 1. Zweitens unterscheide sich die Wandbefestigung insofern, als die Kanten im älteren Geschmacksmuster D 1 im Gegensatz zum angegriffenen Geschmacksmuster abgerundet seien und die Wandbefestigung im älteren Geschmacksmuster wesentlich höher und schmaler sei als im angegriffenen Muster: In diesem sei die Leuchte am oberen Ende an der Wandbefestigung angebracht und rage leicht über sie hinaus, wohingegen die Leuchte im älteren Geschmacksmuster tiefer angeordnet sei und es einen wahrnehmbaren Zwischenraum zwischen der Oberkante der Leuchte und dem Ende der Wandbefestigung gebe.

79      Auf der Grundlage dieser Feststellungen kam die Beschwerdekammer zu dem Ergebnis, dass sich selbst unter Berücksichtigung eines hohen Grades an Gestaltungsfreiheit des Entwerfers der vom angegriffenen Geschmacksmuster hervorgerufene Gesamteindruck von dem des älteren Geschmacksmusters D 1 unterscheide, weshalb das angegriffene Geschmacksmuster im Vergleich zum älteren Geschmacksmuster D 1 Eigenart im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 6/2002 aufweise.

80      Die Klägerin trägt vor, dass die von der Beschwerdekammer festgestellten Unterschiede zwischen dem angegriffenen Geschmacksmuster und dem älteren Geschmacksmuster D 1 nicht geeignet seien, den übereinstimmenden Gesamteindruck zu überwinden. Die Merkmale, die in der Gestaltung der Wandbefestigung und der Anordnung des Leuchtenkopfes an dieser Befestigung bestünden, würden vom informierten Benutzer wahrscheinlich nicht wahrgenommen werden, da sie nicht das Leuchtengehäuse beträfen, sondern allein die Wandbefestigung, die ein technisches Element sei. Ebenso habe das Vorhandensein einer Solarzelle und eines Bewegungssensors keinen bzw. jedenfalls keinen prägenden Einfluss auf den Gesamteindruck des angegriffenen Geschmacksmusters, da die Streithelferin keine Beweise dafür vorgelegt habe, dass gestalterische Motive für die Anordnung und Ausgestaltung dieser Elemente entscheidend gewesen seien. Überdies gehe der informierte Benutzer bei üblichen technischen Elementen davon aus, dass es sich um eine Variante desselben technischen Designs handele.

81      Der einzige wirklich maßgebliche Unterschied sei „ein minimaler Unterschied in der Dicke der übereinanderliegenden Scheiben“, der derart minimal sei, dass er nicht geeignet sei, den durch die Grundform hervorgerufenen übereinstimmenden Gesamteindruck zu überwinden.

82      Das EUIPO und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

83      Vorliegend ist festzustellen, dass die Klägerin anerkennt, dass sich das angegriffene Geschmacksmuster und das ältere Geschmacksmuster D 1 in Bezug auf die Überlagerung und die Dicke der das Leuchtengehäuse bildenden Scheiben unterscheiden. Dieses aus zwei Scheiben bestehende Gehäuse ist ein zentrales Merkmal dieser Geschmacksmuster, weshalb der Unterschied in den Proportionen zwischen den beiden Scheiben, die das Gehäuse in den beiden Geschmacksmustern bilden, für den informierten Benutzer leicht wahrnehmbar ist. Überdies rufen die schwarzen und weißen Scheiben im angegriffenen Geschmacksmuster einen sehr markanten Kontrast hervor.

84      In Bezug auf die Wandbefestigung und die Anordnung des Leuchtenkopfes an dieser Wandbefestigung ist darauf hinzuweisen, dass sich keiner dieser Unterschiede aus den Merkmalen ergibt, deren Erscheinungsform ausschließlich durch die technische Funktion des angegriffenen Geschmacksmusters vorgegeben ist, weshalb diese Unterschiede von der Beschwerdekammer zutreffend berücksichtigt wurden (siehe oben, Rn. 60 bis 66).

85      Die von der Beschwerdekammer festgestellten Unterschiede (die Gestaltung der Wandbefestigung und die Anordnung des Leuchtenkopfes an der Wandbefestigung) betreffen die Größe und die Position der Wandbefestigung sowie die Höhe, auf der das Leuchtengehäuse an dieser Befestigung angeordnet ist. Aus Rn. 42 der angefochtenen Entscheidung geht nämlich hervor, dass die Wandbefestigung im älteren Geschmacksmuster D 1 wesentlich höher und schmaler ist als im angegriffenen Geschmacksmuster. Dabei handelt es sich jedoch um ästhetische Merkmale, bei denen der Entwerfer überdies über einen hohen Grad an Gestaltungsfreiheit verfügt (siehe oben, Rn. 42). Des Weiteren handelt es sich bei der genauen Anordnung nicht um ein funktionelles Merkmal, dessen Bedeutung beim Vergleich der Gesamteindrücke begrenzt sein muss, wie die Klägerin behauptet.

86      Daraus folgt, dass das Leuchtengehäuse, die Wandbefestigung und ihre Anordnung im angegriffenen Geschmacksmuster und im älteren Geschmacksmuster D 1 einen Gesamteindruck hervorrufen, der bei diesen Geschmacksmustern unterschiedlich ist.

87      In Bezug auf die Solarzelle und den Sensor, die im angegriffenen Geschmacksmuster vorhanden sind, genügt die Feststellung, dass die Beschwerdekammer lediglich ihr Vorhandensein festgestellt hat und anschließend diesen Unterschied in ihrer detaillierten synthetischen Analyse in Rn. 42 der angefochtenen Entscheidung nicht erwähnt hat. Infolgedessen lässt sich im vorliegenden Fall, selbst wenn diesen Merkmalen aufgrund ihres funktionellen Charakters eine begrenzte Bedeutung beizumessen wäre, kein Beurteilungsfehler feststellen.

88      Daher hat die Beschwerdekammer zutreffend entschieden, dass dem angegriffenen Geschmacksmuster im Vergleich zum älteren Geschmacksmuster D 1 Eigenart zukommt.

–       Zum Gesamteindruck des angegriffenen Geschmacksmusters im Vergleich zum älteren Geschmacksmuster D 2

89      Was die Beurteilung der Eigenart des angegriffenen Geschmacksmusters im Vergleich zum älteren Geschmacksmuster D 2 betrifft, hat die Beschwerdekammer festgestellt, dass diese Geschmacksmuster insofern übereinstimmten, als sie erstens flache und scheibenförmige Leuchten seien, zweitens mit Solarzellen und einem Sensor ausgestattet seien, drittens in einem dunklen, fast schwarzen Ton gehalten seien und viertens eine Wandbefestigung aufwiesen. In Bezug auf die Unterschiede hat sie folgende Unterschiede festgestellt, die sie als deutlich wahrnehmbar einstufte: die Gestaltung der Wandbefestigung, die Gestaltung und Anordnung der Solarzelle und des Sensors, die Anordnung des Leuchtenkopfes an der Wandbefestigung und die Gestaltung des Gehäuses und des Leuchtenglases.

90      In Bezug auf die Unterschiede zwischen dem angegriffenen Geschmacksmuster und dem älteren Geschmacksmuster D 2, die nach Ansicht der Beschwerdekammer auch dann noch wahrnehmbar seien, wenn die Leuchte an der Wand befestigt sei, hat sie erstens festgestellt, dass im angegriffenen Geschmacksmuster das Verhältnis der oberen zur unteren Scheibe 1:4 betrage, wohingegen es im älteren Geschmacksmuster D 2 nur eine Scheibe gebe. Zweitens unterscheide sich die Wandbefestigung insofern, als die untere Kante des älteren Geschmacksmusters D 2 abgerundet sei und die Höhe der Wandgestaltung unterschiedlich sei: Die des älteren Geschmacksmusters D 2 sei länglich, wobei das Verhältnis Höhe zu Breite ca. 6:1 betrage, während es im angegriffenen Geschmacksmuster ca. 1:2 betrage. Überdies verjünge sich im älteren Geschmacksmuster D 2 die Wandbefestigung nach unten hin, und der in roter Farbe gehaltene Sensor sei an einer abgeschrägten Stelle des Wandgehäuses angebracht, während sich der Sensor im angegriffenen Geschmacksmuster direkt unter der Leuchte befinde und in gleicher Farbe wie das Leuchtenglas gehalten sei. Drittens unterschieden sich die Geschmacksmuster im Hinblick darauf, wie die Solarzellen in die Leuchte integriert seien: Während sie im angegriffenen Geschmacksmuster kaum wahrnehmbar seien, seien sie im älteren Geschmacksmuster in Gelb gehalten. Viertens bestehe der Leuchtenkopf im angegriffenen Geschmacksmuster aus zwei Scheiben, wobei die untere Scheibe das Leuchtenglas darstelle, wohingegen dieses Element im älteren Geschmacksmuster D 2 aus einer Scheibe bestehe, in deren Unterseite das Leuchtenglas eingearbeitet sei.

91      Auf der Grundlage dieser Feststellungen kam die Beschwerdekammer zu dem Ergebnis, dass sich selbst unter Berücksichtigung eines hohen Grades an Gestaltungsfreiheit des Entwerfers der vom angegriffenen Geschmacksmuster hervorgerufene Gesamteindruck von dem des älteren Geschmacksmusters D 2 unterscheide, weshalb das angegriffene Geschmacksmuster im Vergleich zum älteren Geschmacksmuster D 2 Eigenart im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 6/2002 aufweise.

92      Die Klägerin trägt vor, dass das angegriffene Geschmacksmuster und das ältere Geschmacksmuster D 2 eine Leuchte mit flacher und scheibenförmiger Grundform zeigten. Es handele sich dabei um Übereinstimmungen, die für den von ihnen hervorgerufenen Gesamteindruck prägend seien. Sie stimmten auch in ihrer quaderförmigen Wandbefestigung, die auf einer Ebene mit dem Leuchtengehäuse abschließe, durch das Vorhandensein eines Solarmoduls auf der Oberseite und eines Bewegungsmelders an der Vorderseite der Wandbefestigung sowie durch ihren dunklen Ton überein. Die von der Beschwerdekammer ausgemachten Unterschiede seien für den Gesamteindruck hingegen unerheblich. Insbesondere trägt die Klägerin vor, dass die Beschwerdekammer die angeblichen Unterschiede in Bezug auf die „Anordnung des Leuchtenkopfes an der Wandbefestigung“ nicht näher erläutert habe. Diese Anordnung sei übereinstimmend. Ebenso werde der informierte Benutzer der Gestaltung der Wandhalterung weniger Aufmerksamkeit widmen und die technischen Merkmale nicht bemerken. Die einzige Abweichung bestehe in der Gestaltung des Gehäuses und des Leuchtenglases. Diese Abweichungen seien jedoch derart minimal, dass sie den übereinstimmenden Gesamteindruck der Geschmacksmuster nicht beseitigen könnten.

93      Das EUIPO und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

94      Vorliegend ist festzustellen, dass die Klägerin nicht bestreitet, dass das angegriffene Geschmacksmuster und das ältere Geschmacksmuster D 2 in Bezug auf das Leuchtengehäuse Unterschiede aufweisen. Es handelt sich dabei jedoch um ein zentrales Merkmal dieser Geschmacksmuster, das im vorliegenden Fall bedeutende Unterschiede aufweist. In Übereinstimmung mit der Beschwerdekammer ist festzustellen, dass das Leuchtengehäuse im angegriffenen Geschmacksmuster aus zwei übereinanderliegenden Scheiben besteht, die ein Verhältnis von ca. 1:4 und einen klaren Kontrast aufweisen, wohingegen es im älteren Geschmacksmuster D 2 nur aus einer Scheibe besteht. Diese Unterschiede tragen dazu bei, einen unterschiedlichen Gesamteindruck zu erzeugen.

95      Was die Wandbefestigung betrifft, ist diese, wie oben in Rn. 84 festgestellt wurde, im vorliegenden Fall nicht zu vernachlässigen. Ihre Größe und ihre Position im Verhältnis zum Leuchtengehäuse unterscheiden sich im angegriffenen Geschmacksmuster und im älteren Geschmacksmuster D 2, wie die Beschwerdekammer zutreffend festgestellt hat. Die Wandbefestigung trägt somit dazu bei, einen unterschiedlichen Gesamteindruck zu erzeugen.

96      Was die Solarzellen und die Sensoren betrifft, die im angegriffenen Geschmacksmuster und im älteren Geschmacksmuster D 2 vorhanden sind, können sie im vorliegenden Fall nicht vollständig vernachlässigt werden, auch wenn es sich um funktionelle Merkmale handelt, da die Solarzelle und der Sensor im älteren Geschmacksmuster D 2 gelb und rot sind, im angegriffenen Geschmacksmuster hingegen weiß. Dieser Farbunterschied durfte daher von der Beschwerdekammer berücksichtigt werden.

97      Angesichts dieser Erwägungen hat die Beschwerdekammer zutreffend entschieden, dass dem angegriffenen Geschmacksmuster im Vergleich zum älteren Geschmacksmuster D 2 Eigenart zukommt.

–       Zum Gesamteindruck des angegriffenen Geschmacksmusters im Vergleich zum älteren Geschmacksmuster D 3

98      Was die Beurteilung der Eigenart des angegriffenen Geschmacksmusters im Vergleich zum älteren Geschmacksmuster D 3 betrifft, hat die Beschwerdekammer festgestellt, dass diese Geschmacksmuster insofern übereinstimmten, als sie erstens flache und scheibenförmige Leuchten seien und zweitens den Eindruck von zwei übereinanderliegenden Scheiben vermittelten. In Bezug auf die Unterschiede stellte sie folgende fest, die sie als deutlich wahrnehmbar einstufte: die Höhe der (Wand‑)Befestigung und ihrer Gestaltung, die Dicke (Höhe) der übereinanderliegenden Scheiben, die Anordnung des Leuchtenkopfes an der Wandbefestigung, das Vorhandensein einer Solarzelle und eines Sensors im angegriffenen Geschmacksmuster und das Vorhandensein von drei Schaltern am oberen Ende der (Wand‑)Befestigung.

99      Die Beschwerdekammer hat insbesondere festgestellt, dass das ältere Geschmacksmuster D 3 eine Leuchte sei, die am Boden und nicht an der Wand befestigt werde. Ebenso seien am oberen Ende der Befestigung dieses Geschmacksmusters drei Schalter angebracht.

100    In Bezug auf die weiteren Unterschiede zwischen dem angegriffenen Geschmacksmuster und dem älteren Geschmacksmuster D 3, die nach Ansicht der Beschwerdekammer auch dann noch wahrnehmbar seien, wenn die Leuchte an einer Wand befestigt sei, hat die Beschwerdekammer erstens festgestellt, dass, selbst wenn davon ausgegangen werden sollte, dass es sich beim älteren Geschmacksmuster D 3 um eine Wandleuchte handele, die Wandbefestigung in diesem wesentlich höher und schmaler sei als im angegriffenen Geschmacksmuster. Zweitens sei die Leuchte im angegriffenen Geschmacksmuster am oberen Ende der Wandbefestigung angebracht, während sie im älteren Geschmacksmuster D 3 tiefer angeordnet sei und es einen wahrnehmbaren Zwischenraum zwischen der Oberkante der Leuchte und dem Ende der Befestigung gebe. Drittens hat die Beschwerdekammer festgestellt, dass das Verhältnis zwischen der oberen und der unteren Scheibe im angegriffenen Geschmacksmuster 1:4 sei, im älteren Geschmacksmuster D 3 hingegen etwa 1:1.

101    Auf der Grundlage dieser Feststellungen kam die Beschwerdekammer zu dem Ergebnis, dass sich selbst unter Berücksichtigung eines hohen Grades an Gestaltungsfreiheit des Entwerfers der vom angegriffenen Geschmacksmuster hervorgerufene Gesamteindruck von dem des älteren Geschmacksmusters D 3 unterscheide, weshalb das angegriffene Geschmacksmuster im Vergleich zum älteren Geschmacksmuster D 3 Eigenart im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 6/2002 aufweise.

102    Die Klägerin trägt vor, dass der darin liegende Unterschied, dass im älteren Geschmacksmuster D 3 am oberen Ende der Befestigung drei Schalter angebracht seien, den die Beschwerdekammer als wesentlich eingestuft habe, eine „Erfindung“ sei oder auf einer falschen Wahrnehmung einer Ansicht dieses Geschmacksmusters beruhe. Es handele sich dabei um eine Unteransicht dieses Geschmacksmusters, die die Löcher zur Befestigung der Leuchte zeige. Die Befestigungslöcher seien nach der Montage der Leuchte nicht mehr sichtbar. Die übrigen Abweichungen lägen in der Befestigung der Leuchte und in den technischen Elementen, die für den Gesamteindruck nicht prägend seien.

103    Das EUIPO und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

104    Vorliegend ist erstens festzustellen, dass das angegriffene Geschmacksmuster und das ältere Geschmacksmuster D 3 in Bezug auf den Teil, an dem das Leuchtengehäuse befestigt ist, unabhängig von der Frage, wo und wie die Lampe befestigt wird, ob am Boden oder an der Wand, einen Unterschied aufweisen. Die Befestigung im älteren Geschmacksmuster D 3 ist mehrfach länger als die des angegriffenen Geschmacksmusters, weshalb sie dazu beiträgt, einen unterschiedlichen Gesamteindruck hervorzurufen. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Befestigung der Lampe kein Merkmal ist, dessen Erscheinungsform ausschließlich durch die technische Funktion des betreffenden Geschmacksmusters vorgegeben ist, und deshalb berücksichtigt werden muss (siehe oben, Rn. 84). Folglich ist ihm im vorliegenden Fall nicht weniger Bedeutung beizumessen als den anderen Merkmalen der in Rede stehenden Geschmacksmuster.

105    Zweitens ist festzustellen, dass das ältere Geschmacksmuster D 3 wie das ältere Geschmacksmuster D 1 deutliche Unterschiede in Bezug auf das Leuchtengehäuse aufweist. Wie oben in Rn. 83 festgestellt wurde, ist der Unterschied im Verhältnis zwischen den beiden das Leuchtengehäuse bildenden Scheiben im angegriffenen Geschmacksmuster und im älteren Geschmacksmuster D 3 für den informierten Benutzer leicht erkennbar. Überdies rufen die schwarzen und weißen Scheiben im angegriffenen Geschmacksmuster einen sehr markanten Kontrast hervor.

106    Drittens kann, was die im älteren Geschmacksmuster D 3 vorhandenen, von der Beschwerdekammer als Schalter eingestuften Elemente betrifft, selbst wenn davon ausgegangen werden sollte, dass sie bei normaler Verwendung dieses Geschmacksmusters aufgrund ihrer Positionierung auf der Unterseite der Befestigung nicht sichtbar sind, dieser Fehler die Schlussfolgerung der Beschwerdekammer nicht in Frage stellen, die in den Rn. 57 bis 59 der angefochtenen Entscheidung im Wesentlichen die Auffassung vertreten hat, dass die übrigen Unterschiede zwischen dem angegriffenen Geschmacksmuster und dem älteren Geschmacksmuster D 3 dazu führten, dass diese Geschmacksmuster unterschiedliche Gesamteindrücke hervorriefen.

107    Angesichts dieser Erwägungen hat die Beschwerdekammer zutreffend entschieden, dass dem angegriffenen Geschmacksmuster im Vergleich zum älteren Geschmacksmuster D 3 Eigenart zukommt.

–       Zum Gesamteindruck des angegriffenen Geschmacksmusters im Vergleich zum älteren Geschmacksmuster D 4

108    Was die Beurteilung der Eigenart des angegriffenen Geschmacksmusters im Vergleich zum älteren Geschmacksmuster D 4 betrifft, hat die Beschwerdekammer festgestellt, dass diese Geschmacksmuster insofern übereinstimmten, als sie erstens flache und scheibenförmige Leuchten seien, zweitens helles und kreisrundes Leuchtenglas aufwiesen und drittens Gehäuse in einem dunklen, fast schwarzen Ton enthielten. In Bezug auf die Unterschiede stellte sie folgende fest, die sie als deutlich wahrnehmbar einstufte: die (Wand‑)Befestigung, die Anordnung des Leuchtenglases am Gehäuse, die Gestaltung der Oberseite des Gehäuses und das Vorhandensein einer Solarzelle und eines Sensors im angegriffenen Geschmacksmuster.

109    Die Beschwerdekammer hat insbesondere festgestellt, dass das ältere Geschmacksmuster D 4 eine Leuchte sei, die entweder an der Decke oder direkt an der Wand angebracht werde, jedoch nicht nahtlos daran aufliege, sondern am äußeren Rand leicht davon abstehe. Dieser Unterschied in der Befestigung an der Wand sei auffällig und führe zwangsläufig zu einem anderen Gesamteindruck.

110    In Bezug auf die weiteren Unterschiede zwischen dem angegriffenen Geschmacksmuster und dem älteren Geschmacksmuster D 4 hat die Beschwerdekammer festgestellt, dass das angegriffene Geschmacksmuster aus zwei Scheiben bestehe, wobei die untere Scheibe das Leuchtenglas darstelle, und das ältere Geschmacksmuster D 4 aus einer einzigen Scheibe bestehe, in deren Unterseite das Leuchtenglas eingearbeitet sei.

111    Auf der Grundlage dieser Feststellungen kam die Beschwerdekammer zu dem Ergebnis, dass sich selbst unter Berücksichtigung eines hohen Grades an Gestaltungsfreiheit des Entwerfers der vom angegriffenen Geschmacksmuster hervorgerufene Gesamteindruck von dem des älteren Geschmacksmusters D 4 unterscheide, weshalb das angegriffene Geschmacksmuster im Vergleich zum älteren Geschmacksmuster D 4 Eigenart im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 6/2002 aufweise.

112    Die Klägerin trägt vor, dass die fehlende quaderförmige Wandbefestigung im älteren Geschmacksmuster D 4 nichts am identischen Gesamteindruck ändere, den dieses und das angegriffene Geschmacksmuster beim informierten Benutzer hervorriefen, da dieser ihm aufgrund seines „letztlich technisch notwendigen Charakters“ weniger Beachtung schenken werde. Es sei üblich, dass ein und dasselbe Leuchtendesign mit unterschiedlichen Befestigungsvorrichtungen vertrieben werde. Die technischen Merkmale prägten den Gesamteindruck nicht oder jedenfalls nicht wesentlich.

113    Das EUIPO und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

114    Vorliegend ist festzustellen, dass das ältere Geschmacksmuster D 4 keine Befestigung enthält und im Gegensatz zum angegriffenen Geschmacksmuster aus einem einzigen Element, nämlich dem Leuchtengehäuse, besteht, das, wie die Beschwerdekammer zutreffend festgestellt hat, direkt an der Wand oder an der Decke befestigt wird. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Befestigung der Lampe kein Merkmal ist, dessen Erscheinungsform ausschließlich durch die technische Funktion des betreffenden Geschmacksmusters vorgegeben ist, und deshalb berücksichtigt werden muss (siehe oben, Rn. 84). Folglich ist ihm im vorliegenden Fall nicht weniger Bedeutung beizumessen als den anderen Merkmalen.

115    Daraus folgt, dass die Beschwerdekammer zutreffend die Auffassung vertreten konnte, dass das angegriffene Geschmacksmuster im Vergleich zum älteren Geschmacksmuster D 4 Eigenart besitzt, ohne dass das weitere Vorbringen der Klägerin geprüft zu werden braucht.

–       Zum Gesamteindruck des angegriffenen Geschmacksmusters im Vergleich zum älteren Geschmacksmuster D 5

116    Was die Beurteilung der Eigenart des angegriffenen Geschmacksmusters im Vergleich zum älteren Geschmacksmuster D 5 betrifft, hat die Beschwerdekammer festgestellt, dass diese Geschmacksmuster insofern übereinstimmten, als sie erstens flache und scheibenförmige Leuchten seien, zweitens den Eindruck von zwei übereinanderliegenden Scheiben vermittelten, drittens mit einem Sensor ausgestattet seien, viertens in einem dunklen Ton gehalten seien und fünftens eine Wandbefestigung aufwiesen. In Bezug auf die Unterschiede hat sie folgende Unterschiede festgestellt, die sie als deutlich wahrnehmbar einstufte: die Dicke (Höhe) der übereinanderliegenden Scheiben, die Gestaltung der Wandbefestigung und die Gestaltung des Gehäuses und des Leuchtenglases.

117    In Bezug auf die Unterschiede zwischen dem angegriffenen Geschmacksmuster und dem älteren Geschmacksmuster D 5 hat die Beschwerdekammer erstens festgestellt, dass im angegriffenen Geschmacksmuster das Verhältnis der oberen zur unteren Scheibe 1:4 betrage, wohingegen im älteren Geschmacksmuster D 5 dieses Verhältnis 1:1 betrage. Zweitens sei im angegriffenen Geschmacksmuster das Leuchtenglas ringförmig schmal gestaltet und auf der oberen Scheibe aufgesetzt, so dass sich eine dunkle Vertiefung ergebe, während im älteren Geschmacksmuster D 5 der vom Leuchtenglas geformte Ring wesentlich breiter sei. In dessen Zentrum befinde sich ein dunkler, in derselben Farbe des Gehäuses gehaltener Kreis, der eben mit dem Leuchtenglas abschließe. Drittens unterscheide sich die Wandbefestigung insofern, als die untere Kante im älteren Geschmacksmuster D 5 abgerundet sei und die Wandbefestigung wesentlich höher und schmaler sei als im angegriffenen Geschmacksmuster: Insbesondere sei die Wandbefestigung des älteren Geschmacksmusters D 5 länglich, und das Verhältnis Höhe zu Breite betrage ca. 4:1, im angegriffenen Geschmacksmuster hingegen ca. 1:2.

118    Des Weiteren hat die Beschwerdekammer festgestellt, dass sich an der Unterkante der Wandbefestigung des älteren Geschmacksmusters D 5 ein Sensor befinde, der wie im angegriffenen Geschmacksmuster in der Farbe des Leuchtenglases gehalten sei.

119    Auf der Grundlage dieser Feststellungen kam die Beschwerdekammer zu dem Ergebnis, dass sich selbst unter Berücksichtigung eines hohen Grades an Gestaltungsfreiheit des Entwerfers der vom angegriffenen Geschmacksmuster hervorgerufene Gesamteindruck von dem des älteren Geschmacksmusters D 5 unterscheide, weshalb das angegriffene Geschmacksmuster im Vergleich zum älteren Geschmacksmuster D 5 Eigenart im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 6/2002 aufweise.

120    Die Klägerin trägt vor, dass die ausgemachten Abweichungen (Dicke der übereinanderliegenden Scheiben, Gestaltung der Wandbefestigung und Gestaltung des Gehäuses und des Leuchtenglases) nicht geeignet seien, den aufgrund der nahezu identischen Form hervorgerufenen übereinstimmenden Gesamteindruck zu überwinden.

121    Das EUIPO und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

122    Vorliegend ist festzustellen, dass die Leuchtengehäuse im angegriffenen Geschmacksmuster und im älteren Geschmacksmuster D 5, obwohl sie jeweils aus zwei Scheiben bestehen, deren untere ringförmig ist, deutliche Unterschiede aufweisen, nicht nur was das Verhältnis dieser Scheiben (1:4 beim angegriffenen Geschmacksmuster und 1:1 beim älteren Geschmacksmuster D 5) betrifft, sondern auch die Gestaltung des die Scheibe darstellenden Rings, der beim älteren Geschmacksmuster D 5 eine größere Oberfläche abdeckt.

123    Was die Wandbefestigung beim angegriffenen Geschmacksmuster und beim älteren Geschmacksmuster D 5 betrifft, ist sie beim älteren Geschmacksmuster D 5 deutlich höher und enger, wie die Beschwerdekammer zutreffend festgestellt hat. Sie hat insbesondere ausgeführt, dass das Verhältnis Höhe zu Breite beim älteren Geschmacksmuster D 5 ca. 4:1 betrage, beim angegriffenen Geschmacksmuster hingegen ca. 1:2. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Befestigung der Lampe kein Merkmal ist, dessen Erscheinungsform ausschließlich durch die technische Funktion des betreffenden Geschmacksmusters vorgegeben ist, und deshalb berücksichtigt werden muss (siehe oben, Rn. 84). Folglich ist ihm im vorliegenden Fall nicht weniger Bedeutung beizumessen als den anderen Merkmalen.

124    Es ist davon auszugehen, dass die oben festgestellten Abweichungen einem informierten Benutzer, der im vorliegenden Fall eine relativ hohe Aufmerksamkeit an den Tag legt, nicht entgehen werden. Wegen dieses Aufmerksamkeitsgrads sind die Gesamteindrücke, die vom angegriffenen Geschmacksmuster und vom älteren Geschmacksmuster D 5 bei diesem informierten Benutzer hervorgerufen werden, unterschiedlich.

125    Daher hat die Beschwerdekammer zutreffend entschieden, dass dem angegriffenen Geschmacksmuster im Vergleich zum älteren Geschmacksmuster D 5 Eigenart zukommt.

126    Aus den vorstehenden Erwägungen ist der zweite Klagegrund zurückzuweisen und die Klage insgesamt abzuweisen.

 Kosten

127    Nach Art. 134 Art. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

128    Da die Klägerin unterlegen ist und eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, sind ihr gemäß den Anträgen des EUIPO und der Streithelferin die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Lidl Digital International GmbH & Co. KG trägt die Kosten.

Costeira

Kancheva

Zilgalvis

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 20. November 2024.

Der Kanzler

 

Der Präsident

V. Di Bucci

 

S. Papasavvas



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