T-431/16 – VIMC / Kommission

T-431/16 – VIMC / Kommission

URTEIL DES GERICHTS (Zweite Kammer)

26. Oktober 2017(*)

„Wettbewerb – Missbrauch einer beherrschenden Stellung – Markt der privatärztlichen Heilbehandlung – Art. 13 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 – Beschluss, mit dem eine Beschwerde zurückgewiesen wird – Bearbeitung der Sache durch eine Wettbewerbsbehörde eines Mitgliedstaats“

In der Rechtssache T‑431/16

VIMC – Vienna International Medical Clinic GmbH mit Sitz in Kulmbach (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte R. Bramerdorfer und H. Grubmüller,

Klägerin,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch A. Dawes und C. Vollrath als Bevollmächtigte,

Beklagte,

betreffend eine Klage nach Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung des Beschlusses C(2016) 3351 final der Kommission vom 27. Mai 2016, mit dem die Beschwerde der Klägerin über eine Zuwiderhandlung gegen Art. 102 AEUV, die die Wirtschaftskammer Österreich (WKO) bzw. der Fachverband der Gesundheitsbetriebe (Österreich) begangen haben soll, zurückgewiesen wurde (Sache AT.40231 – VIMC/WK&FGB),

erlässt

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten M. Prek, des Richters F. Schalin und der Richterin M. J. Costeira (Berichterstatterin),

Kanzler: E. Coulon,

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Die Klägerin, die VIMC – Vienna International Medical Clinic GmbH, ist eine Gesellschaft deutschen Rechts, die in Österreich auf dem Markt der privatärztlichen Heilbehandlung tätig ist.

2        Mit Schreiben vom 16. September 2014 reichte sie bei der Europäischen Kommission eine Beschwerde gemäß Art. 7 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 [EG] und 82 [EG] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) und Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 773/2004 der Kommission vom 7. April 2004 über die Durchführung von Verfahren auf der Grundlage der Artikel 81 [EG] und 82 [EG] durch die Kommission (ABl. 2004, L 123, S. 18) ein. Sie machte geltend, die Wirtschaftskammer Österreich (WKO) bzw. der Fachverband der Gesundheitsbetriebe (Österreich) hätten es abgelehnt, mit ihr einen Zusatzvertrag über den Zutritt zum Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds abzuschließen. Sie hätten dadurch gegen Art. 102 AEUV verstoßen.

3        Nach einem Schriftwechsel zwischen den Stellen der Kommission und der Klägerin, wurde dieser am 8. März 2016 mit einem Schreiben des zuständigen Referatsleiters mitgeteilt, dass der Kommission vorgeschlagen werde, der Beschwerde nicht weiter nachzugehen, da auch die Bundeswettbewerbsbehörde (Österreich, im Folgenden: BWB) mit dem gleichen Sachverhalt befasst sei.

4        Nach Eingang weiterer Stellungnahmen der Klägerin erließ die Kommission am 27. Mai 2016 einen Beschluss, mit dem sie die Beschwerde gemäß Art. 13 der Verordnung Nr. 1/2003 zurückwies (im Folgenden: angefochtener Beschluss). Der Beschluss ist gestützt auf die Feststellung der Kommission, dass die BWB als Wettbewerbsbehörde eines Mitgliedstaats mit dem gleichen Verhalten befasst sei, das auch Gegenstand der Beschwerde sei.

5        Der angefochtene Beschluss wurde der Klägerin am 1. Juni 2016 zugestellt.

 Verfahren und Anträge der Parteien

6        Mit Klageschrift, die am 1. August 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben.

7        Die Kommission hat ihre Klagebeantwortung am 13. September 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingereicht.

8        Die Erwiderung ist am 30. November 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingereicht worden.

9        Die Gegenerwiderung ist am 23. Januar 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingereicht worden.

10      Das Gericht (Zweite Kammer) hat gemäß Art. 106 Abs. 3 seiner Verfahrensordnung beschlossen, ohne mündliches Verfahren zu entscheiden.

11      Die Klägerin beantragt,

–        den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

12      Die Kommission beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

13      Die Klägerin macht als einzigen Klagegrund einen Ermessensmissbrauch der Kommission geltend.

14      Die Verweigerung der Bearbeitung der Beschwerde durch die Kommission stelle einen Verstoß gegen Art. 13 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 dar. Die Kommission habe sich beim Erlass des angefochtenen Beschlusses auf formale Gründe gestützt, ohne auf die besonderen Umstände des Einzelfalls Rücksicht zu nehmen. Art. 13 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 sei eine „Kann-Bestimmung“. Ihre Anwendung liege aber nicht im beliebigen Ermessen der Kommission. Diese müsse von ihrem Ermessen einen angemessenen und verantwortungsvollen Gebrauch machen. Sie hätte berücksichtigen müssen, dass die behauptete Zuwiderhandlung gegen Art. 102 AEUV im konkreten Fall, weil die Beschwerdeführerin eine deutsche Gesellschaft sei und ihre Dienste durchaus von ausländischen Patienten in Anspruch genommen würden, einen internationalen Bezug habe.

15      Zwar sei bei der BWB ein Verfahren mit weiteren Erhebungen in Gang. Die BWB habe die Bearbeitung des Falles aus Ressourcengründen aber zunächst abgelehnt. Die „Befassung“ einer Wettbewerbsbehörde eines Mitgliedstaats mit einer Beschwerde im Sinne von Art. 13 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 könne nur bedeuten, dass sich diese Wettbewerbsbehörde sachlich mit der Sache auseinandersetze. Keine Befassung im Sinne der erwähnten Bestimmung sei es, wenn die betreffende Wettbewerbsbehörde aus Ressourcengründen die Bearbeitung nicht aufnehme. Weiter sei es keine Befassung im Sinne der erwähnten Bestimmung, wenn diese Wettbewerbsbehörde deshalb nichts unternehme, weil sie die Möglichkeiten einer Bewältigung der Problematik auf der Ebene des staatlichen Rechts nicht sehe. Ihr sei deshalb seit etwa vier Jahren Rechtshilfe nicht entsprechend gewährt worden.

16      Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. Ihrer Auffassung nach ist der geltend gemachte Klagegrund zurückzuweisen.

17      Zunächst ist festzustellen, dass eine Rechtshandlung nur dann ermessensmissbräuchlich ist, wenn aufgrund objektiver, schlüssiger und übereinstimmender Indizien anzunehmen ist, dass sie ausschließlich oder zumindest vorwiegend zu anderen als den angegebenen Zwecken oder mit dem Ziel erlassen worden ist, ein Verfahren zu umgehen, das der Vertrag speziell vorsieht, um die konkrete Sachlage zu bewältigen (vgl. Urteil vom 13. November 2014, Spanien/Kommission, T‑481/11, EU:T:2014:945, Rn. 95 und die dort angeführte Rechtsprechung). Im vorliegenden Fall hat die Klägerin aber nicht dargetan, dass der angefochtene Beschluss zu anderen als den angegebenen Zwecken oder mit dem Ziel erlassen worden wäre, ein vom Vertrag speziell vorgesehenes Verfahren zu umgehen. Jedenfalls ist nicht ersichtlich, dass die Kommission im vorliegenden Fall ihr Ermessen missbraucht hätte.

18      Allerdings ist der Klageschrift zu entnehmen, dass die Klägerin mit dem Klagegrund, mit dem ein Ermessensmissbrauch geltend gemacht wird, in Wirklichkeit beanstandet, dass die Kommission gegen Art. 13 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 verstoßen habe.

19      Hierzu heißt es im 18. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1/2003: „Um eine optimale Verteilung der Fälle innerhalb des Netzwerks sicherzustellen, sollte eine allgemeine Bestimmung eingeführt werden, wonach eine Wettbewerbsbehörde ein Verfahren mit der Begründung aussetzen oder einstellen kann, dass sich eine andere Behörde mit demselben Fall befasst hat oder noch befasst. Ziel ist es, dass jeder Fall nur von einer Behörde bearbeitet wird. Diese Bestimmung sollte nicht der der Kommission durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs zuerkannten Möglichkeit entgegenstehen, eine Beschwerde wegen fehlenden Gemeinschaftsinteresses abzuweisen, selbst wenn keine andere Wettbewerbsbehörde die Absicht bekundet hat, sich des Falls anzunehmen.“

20      Art. 13 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 lautet: „Sind die Wettbewerbsbehörden mehrerer Mitgliedstaaten aufgrund einer Beschwerde oder von Amts wegen mit einem Verfahren gemäß Artikel [101 AEUV] oder [Artikel 102 AEUV] gegen dieselbe Vereinbarung, denselben Beschluss oder dieselbe Verhaltensweise befasst, so stellt der Umstand, dass eine Behörde den Fall bereits bearbeitet, für die übrigen Behörden einen hinreichenden Grund dar, ihr Verfahren auszusetzen oder die Beschwerde zurückzuweisen. Auch die Kommission kann eine Beschwerde mit der Begründung zurückweisen, dass sich bereits eine Wettbewerbsbehörde eines Mitgliedstaats mit dieser Beschwerde befasst.“

21      Aus dem eindeutigen Wortlaut von Art. 13 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 geht hervor, dass die Kommission eine Beschwerde auf der Grundlage dieser Bestimmung zurückweisen kann, wenn sie einerseits feststellt, dass sich bereits eine Wettbewerbsbehörde eines Mitgliedstaats mit dieser Beschwerde „befasst“ hat, und andererseits, dass dieser Fall „dieselbe Vereinbarung“, „denselben Beschluss“ oder „dieselbe Verhaltensweise“ betrifft. Mit anderen Worten stellt das Vorliegen dieser beiden Voraussetzungen für die Kommission einen „hinreichenden Grund“ dar, um die Beschwerde, mit der sie befasst ist, zurückzuweisen. Die Anwendung von Art. 13 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 kann daher von keinen anderen als den oben genannten Kriterien abhängig gemacht werden (Urteil vom 17. Dezember 2014, Si.mobil/Kommission, T‑201/11, EU:T:2014:1096, Rn. 33 und 34).

22      Der Begriff „bearbeiten“ bzw. „sich befassen“ im Sinne von Art. 13 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 kann nach der Rechtsprechung nicht einfach bedeuten, dass bei einer anderen Behörde Beschwerde erhoben wurde oder dass sie von Amts wegen mit einem Fall befasst ist. Die andere Behörde muss in dem Fall ein eigenes Verfahren durchführen oder durchgeführt haben. Dies ergibt sich aus Ziff. 20 der Bekanntmachung über die Zusammenarbeit innerhalb des Netzes der Wettbewerbsbehörden (ABl. 2004, C 101, S. 43), die die Durchführung der Bestimmungen der Verordnung Nr. 1/2003 zum Gegenstand hat. Die Kommission muss daher, wenn sie eine Beschwerde in Anwendung von Art. 13 Abs. 1 dieser Verordnung zurückweist, auf der Grundlage der Informationen, die ihr zum Zeitpunkt des Erlasses ihres Beschlusses vorliegen, sich insbesondere vergewissern, dass die Wettbewerbsbehörde eines Mitgliedstaats den Fall untersucht (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 17. Dezember 2014, Si.mobil/Kommission, T‑201/11, EU:T:2014:1096, Rn. 48 und 50, und vom 21. Januar 2015, easyJet Airline/Kommission, T‑355/13, EU:T:2015:36, Rn. 29).

23      Art. 13 und der 18. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1/2003 bringen das weite Ermessen zum Ausdruck, über das die im Netzwerk der Wettbewerbsbehörden zusammengeschlossenen nationalen Behörden verfügen, um eine optimale Verteilung der Fälle innerhalb des Netzwerks sicherzustellen (Urteil vom 14. Februar 2012, Toshiba Corporation u. a., C‑17/10, EU:C:2012:72, Rn. 90). Angesichts der Rolle, die der Kommission nach dem AEU-Vertrag zukommt, um die Wettbewerbspolitik festzulegen und auszuführen, verfügt die Kommission erst recht auch dann über ein weites Ermessen, wenn sie Art. 13 der Verordnung Nr. 1/2003 anwendet (Urteile vom 17. Dezember 2014, Si.mobil/Kommission, T‑201/11, EU:T:2014:1096, Rn. 43, und vom 21. Januar 2015, easyJet Airline/Kommission, T‑355/13, EU:T:2015:36, Rn. 17).

24      In den Fällen, in denen die Organe über ein weites Ermessen verfügen, kommt der Beachtung der Garantien, die die Unionsrechtsordnung in Verwaltungsverfahren gewährt, zu denen u. a. die Verpflichtung des zuständigen Organs gehört, sorgfältig und unparteiisch alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls zu untersuchen, eine umso grundlegendere Bedeutung zu (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa Urteil vom 21. Januar 2015, easyJet Airline/Kommission, T‑355/13, EU:T:2015:36, Rn. 19 und die dort angeführte Rechtsprechung). Folglich muss die Kommission im Rahmen von Art. 13 der Verordnung Nr. 1/2003 alle rechtlich und tatsächlich erheblichen Gesichtspunkte berücksichtigen, um darüber zu entscheiden, wie eine Beschwerde zu behandeln ist.

25      Da die Kommission über ein weites Ermessen zur Durchführung von Art. 13 der Verordnung Nr. 1/2003 verfügt, ist die unionsgerichtliche Kontrolle jedoch auf die Prüfung der Fragen zu beschränken, ob die Verfahrens- und Begründungsvorschriften eingehalten wurden, sowie ob der Sachverhalt zutreffend festgestellt wurde und keine Rechtsfehler, keine offensichtlich fehlerhafte Würdigung und kein Ermessensmissbrauch vorliegen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 17. Dezember 2014, Si.mobil/Kommission, T‑201/11, EU:T:2014:1096, Rn. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 21. Januar 2015, easyJet Airline/Kommission, T‑355/13, EU:T:2015:36, Rn. 19 und 20).

26      Ob die Kommission mit dem Erlass des angefochtenen Beschlusses gegen Art. 13 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 verstoßen hat, wie die Klägerin letztlich geltend macht, ist nach Maßgabe dieser Grundsätze zu beurteilen.

27      Im vorliegenden Fall hat die Kommission den angefochtenen Beschluss, mit dem die Beschwerde der Klägerin zurückgewiesen wurde, auf der Grundlage von Art. 13 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 erlassen. Sie hat sich dabei auf die Feststellung gestützt, dass die BWB als Wettbewerbsbehörde eines Mitgliedstaats mit einer Beschwerde gegen das gleiche Verhalten befasst sei, das auch Gegenstand der bei ihr eingereichten Beschwerde sei.

28      Die Kommission hat in Rn. 27 des angefochtenen Beschlusses ausgeführt, dass sie zu dem Schluss gelangt sei, dass die BWB mit einer Beschwerde gegen dieselbe Verhaltensweise befasst sei. Die BWB habe ihr am 30. Juli und am 2. November 2015 mitgeteilt, dass sie sich mit der Beschwerde befasse und Ermittlungsschritte aufgenommen habe. Am 1. März und am 6. Mai 2016 habe die BWB ihr nochmals bestätigt, dass das Verfahren noch offen sei. In dem Schreiben vom 6. Mai 2016 habe die BWB präzisiert, dass es mehrere Kontakte mit der Klägerin gegeben habe.

29      Dass die BWB mit einer Beschwerde gegen dieselbe Verhaltensweise befasst war, wird bestätigt durch weitere Schriftstücke in der Akte, insbesondere durch ein Schreiben der BWB an die Klägerin vom 16. März 2016 (Anhang D.1 der Erwiderung), auf das in Rn. 28 des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen wird. Darin heißt es, dass das Verfahren noch nicht abgeschlossen sei und in der Sache wettbewerbsrechtliche Evaluierungen durchgeführt würden. Zudem lud die BWB die Klägerin in diesem Schreiben zu einem Gespräch ein. Aus dem Inhalt dieses Schreibens ergibt sich also, dass bei der BWB eine Untersuchung eingeleitet worden war und die BWB die Beschwerde aktiv bearbeitete. Im Übrigen räumt die Klägerin in Rn. 10 der Klageschrift und in Rn. 4 der Erwiderung ein, dass beim BWB weitere Erhebungen im Gang sind.

30      Die unter Berücksichtigung aller relevanten Gesichtspunkte des vorliegenden Falles getroffene Feststellung der Kommission, dass die BWB im Sinne von Art. 13 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 mit einer Beschwerde gegen dieselbe Verhaltensweise befasst sei, und die auf dieser Grundlage getroffene Entscheidung, die Beschwerde der Klägerin zurückzuweisen, sind mithin nicht zu beanstanden. Der Kommission ist dabei kein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen.

31      Auch das Vorbringen der Klägerin, die BWB unternehme deshalb nichts, weil sie die Möglichkeiten einer Bewältigung der Problematik auf der Ebene des staatlichen Rechts nicht sehe, ist zurückzuweisen. Es ist nämlich erwiesen, dass die BWB eine gegen dieselbe Verhaltensweise gerichtete Beschwerde aktiv bearbeitet hat.

32      Zum Vorbringen der Klägerin, die Kommission habe nicht berücksichtigt, dass die behauptete Zuwiderhandlung gegen Art. 102 AEUV im konkreten Fall einen internationalen Bezug habe und sie sich deswegen mit der Beschwerde hätte befassen müssen, ist festzustellen, dass die Kommission und die Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten nach den Art. 4 und 5 der Verordnung Nr. 1/2003 bei der Anwendung von Art. 101 und 102 AEUV über parallele Zuständigkeiten verfügen und dass die Systematik dieser Verordnung auf einer engen Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den Wettbewerbsbehörden beruht. Dagegen sehen weder die Verordnung Nr. 1/2003 noch irgendeine andere Vorschrift des Unionsrechts eine Bestimmung über die Zuständigkeitsverteilung zwischen der Kommission und den Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten vor (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. Dezember 2014, Si.mobil/Kommission, T‑201/11, EU:T:2014:1096, Rn. 36 und 37 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

33      Weder die Verordnung Nr. 1/2003 noch irgendeine andere Vorschrift des Unionsrechts begründen also für ein Unternehmen Rechte oder Erwartungen dahin gehend, dass sein Fall von einer bestimmten Wettbewerbsbehörde behandelt wird (vgl. Urteil vom 17. Dezember 2014, Si.mobil/Kommission, T‑201/11, EU:T:2014:1096, Rn. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung).

34      Selbst unterstellt, die Kommission wäre besonders gut in der Lage gewesen, die Sache zu bearbeiten, und die BWB weniger, hätte die Klägerin demnach keinen Anspruch darauf, dass die Sache von der Kommission bearbeitet wird. Im Übrigen hat die Klägerin sich selbst dafür entschieden, eine Beschwerde auf nationaler Ebene bei der BWB einzureichen, obwohl sie dazu nicht verpflichtet war.

35      Die Klägerin kann mit ihrem Vorbringen, die Kommission habe den internationalen Bezug der Sache verkannt, also nicht durchdringen.

36      Was die Rüge des fehlenden gerichtlichen Rechtsschutzes angeht, kann es mit dem Hinweis sein Bewenden haben, dass nach Art. 6 der Verordnung Nr. 1/2003 die einzelstaatlichen Gerichte für die Anwendung von Art. 102 AEUV zuständig sind, der unmittelbare Wirkung hat und Rechte für den Einzelnen begründet. Es ist also Sache der einzelstaatlichen Gerichte, diese Rechte zu gewährleisten. Die Klägerin kann deshalb nicht mit Erfolg geltend machen, dass ihr ein solcher gerichtlicher Rechtsschutz genommen worden wäre, den sie jederzeit vor den einzelstaatlichen Gerichten hätte erlangen können.

37      Nach alledem ist festzustellen, dass die Kommission Art. 13 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 mit dem Erlass des angefochtenen Beschlusses in keiner Weise verletzt hat.

38      Der von der Klägerin geltend gemachte Klagegrund ist daher zurückzuweisen und die Klage insgesamt abzuweisen.

 Kosten

39      Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die VIMC – Vienna International Medical Clinic GmbH trägt die Kosten.

Prek

Schalin

Costeira

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 26. Oktober 2017.

Der Kanzler

 

Der Präsident

E. Coulon

 

A. M. Collins


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