Vorläufige Fassung
SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS
M. CAMPOS SÁNCHEZ‑BORDONA
vom 16. Januar 2025(1 )
Verbundene Rechtssachen C ‑281/23 P und C ‑282/23 P
Polskie sieci elektroenergetyczne S.A.
RTE Réseau de transport d’électricité,
Svenska kraftnät,
TenneT TSO BV
gegen
Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER)
„ Rechtsmittel – Elektrizitätsbinnenmarkt – Verordnung (EU) 2019/942 – Beschwerdeausschuss der ACER – Intensität der Kontrolle über die Entscheidungen von ACER – Verordnung 2017/2195 – Elektrische Regelarbeit – Übertragungsnetzbetreiber – Einrichtung der europäischen Plattformen für den Austausch von Regelarbeit – Europäische Plattformen für den Austausch von Regelarbeit aus Frequenzwiederherstellungsreserven mit automatischer Aktivierung (aFRR-Plattform) – Europäische Plattform für den Austausch von Regelarbeit aus Frequenzwiederherstellungsreserven mit manueller Aktivierung (mFRR-Plattform) – Ausarbeitung und Genehmigung der Umsetzungsrahmen der europäischen Plattformen – Funktionen für den Betrieb der Plattformen – Grenzüberschreitende Übertragungskapazität für Regelarbeit – Ablehnende Entscheidung der ACER über den gemeinsamen Vorschlag der Netzbetreiber “
1. Mit diesen Rechtsmitteln beantragen mehrere Übertragungsnetzbetreiber (im Folgenden: ÜNB)(2 ) die Aufhebung zweier Urteile des Gerichts vom 15. Februar 2023, Austrian Power Grid u. a./ACER(3 ) und Austrian Power Grid u. a./ACER(4 ) (im Folgenden: angefochtene Urteile).
2. Mit den genannten Urteilen hat das Gericht die Aufhebungsklagen einiger ÜNB gegen zwei Entscheidungen des Beschwerdeausschusses der Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER) vom 16. Juli 2020 abgewiesen, die die Gültigkeit der folgenden Entscheidungen der ACER bestätigt hatten:
– die Entscheidung 02/2020 der ACER vom 24. Januar 2020 über den Umsetzungsrahmen der europäischen Plattform für den Austausch von Regelarbeit aus Frequenzwiederherstellungsreserven mit automatischer Aktivierung (im Folgenden: aFRR-Plattform)(5 );
– die Entscheidung 03/2020 der ACER vom 24. Januar 2020 über den Umsetzungsrahmen der europäischen Plattform für den Austausch von Regelarbeit aus Frequenzwiederherstellungsreserven mit manueller Aktivierung (im Folgenden: mFRR-Plattform)(6 );
3. Die Rechtsmittel werfen im Wesentlichen zwei Fragen auf, von denen die eine allgemeiner und die andere sehr technischer Natur ist. Es geht dabei darum, ob das Gericht in folgender Hinsicht Rechtsfehler begangen hat:
– bei der Entscheidung über die Intensität der Kontrolle (umfassend oder eingeschränkt), die vom Beschwerdeausschuss zu den Entscheidungen 02/2020 und 03/2020 der ACER vorgenommen wurde;
– bei der Auslegung der Art. 20 und 21 der Verordnung (EU) 2017/2195(7 ) einerseits und von Art. 37 Verordnung (EU) 2017/2195 andererseits, die jeweils die mFRR- und aFRR-Plattformen sowie die „Berechnung der grenzüberschreitenden Übertragungskapazität“ regeln.
I. Rechtlicher Rahmen
A. Verordnung 2017/2195
4. Art. 20 („Europäische Plattform für den Austausch von Regelarbeit aus Frequenzwiederherstellungsreserven mit manueller Aktivierung“) bestimmt:
„(1) Binnen eines Jahres nach dem Inkrafttreten dieser Verordnung entwickeln alle ÜNB einen Vorschlag für den Umsetzungsrahmen einer europäischen Plattform für den Austausch von Regelarbeit aus Frequenzwiederherstellungsreserven mit manueller Aktivierung (mFRR).
(2) Die europäische Plattform für den Austausch von Regelarbeit aus Frequenzwiederherstellungsreserven mit manueller Aktivierung, die von ÜNB oder von einer von den ÜNB geschaffenen Einrichtung betrieben wird, muss auf gemeinsamen Leitungsgrundsätzen und Geschäftsverfahren basieren und mindestens die Aktivierungs-Optimierungsfunktion und die ÜNB-Abrechnungsfunktion umfassen. Diese europäische Plattform muss ein multilaterales ÜNB/ÜNB-Modell mit gemeinsamen Merit-Order-Listen für den Austausch aller Regelarbeitsgebote in Bezug auf alle Standardprodukte für Frequenzwiederherstellungsreserven mit manueller Aktivierung nutzen, mit Ausnahme nicht verfügbarer Gebote gemäß Artikel 29 Absatz 14.
(3) Der Vorschlag gemäß Absatz 1 muss mindestens Folgendes enthalten:
a) die Grobstruktur der europäischen Plattform;
b) den Fahrplan und die Zeitpläne für die Umsetzung der europäischen Plattform;
c) die Festlegung der für den Betrieb der europäischen Plattform erforderlichen Funktionen;
d) die vorgesehenen Bestimmungen für die Leitung und den Betrieb der europäischen Plattform, wobei der Grundsatz der Diskriminierungsfreiheit einzuhalten ist und sichergestellt werden muss, dass alle beteiligten ÜNB gleich behandelt werden und kein ÜNB durch die Beteiligung an den Funktionen der europäischen Plattform ungerechtfertigte wirtschaftliche Vorteile erlangt;
e) die vorgeschlagene Benennung der Einrichtung(en), die die im Vorschlag definierten Funktionen übernimmt/übernehmen. …
…
(4) Binnen sechs Monaten nach der Genehmigung des Vorschlags für den Umsetzungsrahmen einer europäischen Plattform für den Austausch von Regelarbeit aus Frequenzwiederherstellungsreserven mit manueller Aktivierung benennen alle ÜNB die gemäß Absatz 3 Buchstabe e für den Betrieb der europäischen Plattform vorgeschlagene(n) Einrichtung(en).
(5) Binnen 18 Monaten nach der Genehmigung des Vorschlags für den Umsetzungsrahmen einer europäischen Plattform für den Austausch von Regelarbeit aus Frequenzwiederherstellungsreserven mit manueller Aktivierung können alle ÜNB gemäß Absatz 1 einen Vorschlag für eine Änderung der europäischen Plattform für den Austausch von Regelarbeit aus Frequenzwiederherstellungsreserven mit manueller Aktivierung entwickeln. Diese Änderungsvorschläge müssen sich gemäß Artikel 61 auf eine Kosten-Nutzen-Analyse aller ÜNB stützen. Der Vorschlag wird der Kommission übermittelt.
…“
5. Art. 21 („Europäische Plattform für den Austausch von Regelarbeit aus Frequenzwiederherstellungsreserven mit automatischer Aktivierung“) hat einen ähnlichen Wortlaut wie Art. 20.
6. Art. 37 („Berechnung der grenzüberschreitenden Übertragungskapazität“) lautet:
„(1) Nach dem Zeitpunkt der Schließung des zonenübergreifenden Intraday-Markts aktualisieren alle ÜNB kontinuierlich die Verfügbarkeit grenzüberschreitender Übertragungskapazität für den Austausch von Regelarbeit oder die Anwendung des IN‑Verfahrens. Die Angaben zur grenzüberschreitenden Übertragungskapazität werden immer dann aktualisiert, wenn ein Teil der grenzüberschreitenden Übertragungskapazität genutzt oder grenzüberschreitende Übertragungskapazität neu berechnet wurde.
(2) Vor der Umsetzung der Kapazitätsberechnungsmethode gemäß Absatz 3 nutzen die ÜNB die nach dem Zeitpunkt der Schließung des zonenübergreifenden Intraday-Markts verbleibende grenzüberschreitende Übertragungskapazität.
(3) Binnen fünf Jahren nach dem Inkrafttreten dieser Verordnung entwickeln alle ÜNB einer Kapazitätsberechnungsregion eine Methode zur Berechnung der grenzüberschreitenden Übertragungskapazität innerhalb des für den Austausch von Regelarbeit oder die Durchführung des IN‑Verfahrens relevanten Zeitbereichs. Diese Methode darf nicht zu Marktverzerrungen führen und muss mit der Berechnungsmethode für die grenzüberschreitende Übertragungskapazität im Einklang stehen, die gemäß der Verordnung (EU) 2015/1222 im Intraday-Zeitbereich angewandt wird.“
B. Verordnung (EU) 2019/942 (8 )
7. Art. 6 („Aufgaben von ACER im Zusammenhang mit den Regulierungsbehörden“) Abs. 10 legt fest:
„ACER ist befugt, Einzelfallentscheidungen zu Regulierungsfragen zu treffen, die sich auf den grenzüberschreitenden Handel oder die grenzüberschreitende Systemsicherheit auswirken und die eine gemeinsame Entscheidung von mindestens zwei Regulierungsbehörden erfordern, sofern den Regulierungsbehörden eine solche Befugnis nach einem der folgenden Rechtsakte übertragen wurde:
a) einem Gesetzgebungsakt der Union, der im Wege des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens erlassen wurde,
b) den Netzkodizes und Leitlinien, die vor dem 4. Juli 2019 erlassen wurden, und spätere Überarbeitungen dieser Netzkodizes und Leitlinien, oder
c) den Netzkodizes und Leitlinien, die als Durchführungsrechtsakte gemäß Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 erlassen wurden.
In den folgenden Situationen ist ACER befugt, die in Unterabsatz 1 genannten Einzelfallentscheidungen zu treffen:
a) wenn die zuständigen Regulierungsbehörden innerhalb von sechs Monaten ab dem Tag, an dem die letzte dieser Regulierungsbehörden mit der Angelegenheit befasst wurde, oder innerhalb von vier Monaten in Fällen nach Artikel 4 Absatz 7 dieser Verordnung oder nach Artikel 59 Absatz 1 Buchstabe c oder Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe f der Richtlinie (EU) 2019/944 keine Einigung erzielen konnten, oder
b) auf gemeinsamen Antrag der zuständigen Regulierungsbehörden.
Die zuständigen Regulierungsbehörden können gemeinsam beantragen, dass die unter Unterabsatz 2 Buchstabe a dieses Absatzes genannte Frist um bis zu sechs Monate verlängert wird, es sei denn, es handelt sich um Fälle nach Artikel 4 Absatz 7 dieser Verordnung oder nach Artikel 59 Absatz 1 Buchstabe c oder Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe f der Richtlinie (EU) 2019/944.
Wenn die Befugnis zur Entscheidung bei grenzüberschreitenden Fragen gemäß Unterabsatz 1 im Rahmen neuer Netzkodizes oder Leitlinien, die nach dem 4. Juli 2019 als delegierte Rechtsakte angenommen wurden, an die Regulierungsbehörden übertragen wurde, ist ACER nur auf freiwilliger Basis nach Maßgabe von Unterabsatz 2 Buchstabe b dieses Absatzes zuständig, wenn mindestens 60 % der zuständigen Regulierungsbehörden dies beantragen. Falls nur zwei Regulierungsbehörden beteiligt sind, kann eine der beiden Regulierungsbehörden den Fall an ACER verweisen.
Die Kommission legt dem Europäischen Parlament und dem Rat bis zum 31. Oktober 2023 und danach alle drei Jahre einen Bericht über die mögliche Notwendigkeit vor, die Beteiligung von ACER bei der Beilegung von Fällen von Meinungsunterschieden zwischen Regulierungsbehörden weiter zu stärken, wenn es um gemeinsame Entscheidungen bei Fragen geht, für die diesen Regulierungsbehörden nach dem 4. Juli 2019 im Wege eines delegierten Rechtsakts die Befugnis übertragen wurde. Gegebenenfalls wird dem Bericht ein Legislativvorschlag beigefügt, um solche Befugnisse zu ändern oder auf ACER zu übertragen.“
II. Vorgeschichte
8. In den Rn. 2 bis 18 der angefochtenen Urteile wird die Vorgeschichte der beiden Rechtsstreitigkeiten wie folgt beschrieben.
9. Nach dem Inkrafttreten der Verordnung 2017/2195 am 18. Dezember 2017 erstellten alle ÜNB gemäß Art. 20 Abs. 1 der Verordnung 2017/2195 einen Vorschlag für eine mFRR-Methode und gemäß Art. 21 Abs. 1 der Verordnung 2017/2195 einen Vorschlag für eine aFRR-Methode.
10. Am 18. Dezember 2018 legten die ÜNB gemäß Art. 5 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. a der Verordnung 2017/2195 allen nationalen Regulierungsbehörden (im Folgenden: NRB) ihre vorgeschlagenen aFRR- und mFRR-Methoden zur Genehmigung vor.
11. Die ACER teilte mit, dass sie mit diesen ersten Vorschlägen nicht einverstanden sei, und die ÜNB übermittelten ihr einen weiteren zweiten und dritten Vorschlag, einschließlich einiger Varianten.
12. Am 18. Dezember 2019 übermittelten die ÜNB als Antwort auf eine E‑Mail der ACER vom 17. Dezember 2019 eine geänderte Fassung des dritten aFRR-Vorschlags und des dritten mFRR-Vorschlags an die ACER. Sie bestätigten, dass eine einzige Einrichtung (ein einzelner ÜNB oder ein Unternehmen, das sich im Eigentum der ÜNB befinde) mit der Durchführung der Aufgaben betraut werde, die für den Betrieb der aFRR- und mFRR-Plattformen spezifisch erforderlich seien, nämlich die Aktivierungs-Optimierung und die ÜNB-Abrechnung, und dass die Durchführung der Kapazitätsverwaltung, bei der es sich um eine plattformübergreifende Funktion handele, von einer anderen einzigen Einrichtung (einem einzelnen ÜNB oder einem Unternehmen, das sich im Eigentum der ÜNB befinde) übernommen werden könne.
13. Am 20. Dezember 2019 erstellte die ACER eine endgültige Fassung ihrer Entscheidungsentwürfe über die aFRR- und mFRR-Methoden, die sie den ÜNB übermittelte.
14. Am 24. Januar 2020 erließ ACER die Entscheidung 02/2020 über die aFRR-Methode und die Entscheidung 03/2020 über die mFRR-Methode.
15. Am 23. März 2020 legten die Austrian Power Grid, ČEPS, a.s., Polskie sieci elektroenergetyczne S.A., Red Eléctrica de España, S. A., RTE Réseau de transport d’électricité und Svenska kraftnät gegen die Entscheidung 02/2020 eine ursprünglich unter dem Aktenzeichen A‑001‑2020 eingetragene Beschwerde beim Beschwerdeausschuss der ACER ein. Die TenneT TSO BV und die TenneT TSO GmbH legten beim Beschwerdeausschuss der ACER eine ursprünglich unter dem Aktenzeichen A‑004‑2020 eingetragene Beschwerde ein, die sich u. a. gegen die Entscheidung 02/2020 richtete. Da diese Beschwerden denselben Gegenstand hatten, fasste der Beschwerdeausschuss sie im Anschluss unter dem Aktenzeichen A‑001‑2020 (konsolidiert) zusammen.
16. Am 16. Juli 2020 bestätigte der Beschwerdeausschuss die Entscheidung 02/2020 und wies die Beschwerden in der Sache A‑001‑2020 (konsolidiert) zurück.
17. Gegen die Entscheidung 03/2020 über die mFRR-Methodik legten dieselben ÜNB zwei Beschwerden beim Beschwerdeausschuss der ACER ein, die unter der Nummer A‑002‑2020 (konsolidiert) verbunden und eingetragen wurden.
18. Am 16. Juli 2020 bestätigte der Beschwerdeausschuss die Entscheidung 03/2020 und wies die Beschwerden in der Sache A‑002‑2020 (konsolidiert) zurück.
III. Verfahren vor dem Gericht
19. Am 30. September 2020 erhoben mehrere ÜNB zwei Klagen auf Aufhebung der Entscheidungen A‑001‑2020 und A‑002‑2020 des Beschwerdeausschusses der ACER vom 16. Juli 2020, mit denen die Entscheidungen 02/2020 und 03/2020 der ACER bestätigt worden waren.
20. Am 15. Februar 2023 wies das Gericht diese Aufhebungsklagen mit den angefochtenen Urteilen ab.
IV. Rechtsmittel beim Gerichtshof
21. Die Rechtsmittelführer (Polskie sieci elektroenergetyczne, RTE Réseau de transport d’électricité, Svenska kraftnät und TenneT TSO) beantragen,
– die angefochtenen Urteile entweder ganz oder teilweise aufzuheben;
– die Entscheidungen des Beschwerdeausschusses der ACER A‑001‑2020 und A‑002‑2020 vom 16. Juli 2020 ganz oder teilweise aufzuheben.
– der ACER die den Rechtsmittelführern im Rechtsmittelverfahren und im Verfahrens des ersten Rechtszugs vor dem Gericht entstandenen Kosten aufzuerlegen.
22. Die ACER beantragt,
– die Rechtsmittel ganz oder teilweise für unzulässig und jedenfalls offensichtlich unbegründet zu erklären, um sie in vollem Umfang zurückzuweisen;
– den Rechtsmittelführern ihre eigenen Kosten und die Kosten der ACER im vorliegenden Verfahren aufzuerlegen.
23. Die Rechtsmittel werden auf zwei Gründe für die Aufhebung der angefochtenen Urteile gestützt:
– Das Gericht sei zu Unrecht zu dem Schluss gekommen, dass der Beschwerdeausschuss der ACER seiner Verpflichtung nachgekommen sei, eine umfassende Überprüfung, die sich nicht auf die offensichtlichen Fehler in den angefochtenen Entscheidungen der ACER beschränke, vorzunehmen.
– Das Gericht habe die Art. 20 und 21 sowie Art. 37 der Verordnung 2017/2195 bei der Beurteilung der anwendbaren Rechtsgrundlagen für den Betrieb der aFRR- und mFRR-Plattformen falsch angewandt. Das Gericht habe den Streit zugunsten der ACER und ihres Beschwerdeausschusses mit einer Auslegung entschieden, die ungerechtfertigterweise die Befugnisse der ACER zum Nachteil der Befugnisse der ÜNB und der NRB bevorzuge.
24. Vor der Prüfung dieser beiden Rechtsmittelgründe werde ich mich zu den Einwänden gegen die Zulässigkeit des Rechtsmittels äußern.
V. Zur Zulässigkeit
25. Die ACER macht die Unzulässigkeit der Rechtsmittel aus folgenden Gründen geltend:
– Die Rechtsmittelgründe stellten eine Wiederholung von Argumenten dar, die von den ÜNB bereits vor dem Gericht geltend gemacht worden seien. Sie erforderten eine erneute Prüfung von Fragen, über die das Gericht bereits entschieden habe, was im Rechtsmittelverfahren nicht möglich sei(9 ).
– Was den ersten Rechtsmittelgrund betreffe, so entfalte er keine praktischen Auswirkungen, da die rechtlichen Divergenzen eine Fußnote zur Entscheidung des Beschwerdeausschusses beträfen, in der dieser feststelle, bezüglich der technischen Aspekte dieser Entscheidung eine auf offensichtliche Fehler eingeschränkte Überprüfung durchzuführen. Die ÜNB räumten ein, dass der Beschwerdeausschuss dennoch de facto eine umfassende Überprüfung durchgeführt habe. Sollte dies der Fall sein, wäre der Rechtsmittelgrund hypothetisch, entfalte keine praktischen Auswirkungen und würde ihnen keinen Vorteil verschaffen(10 ).
26. Der zweifache Einwand der Unzulässigkeit ist zurückzuweisen.
27. Es ist zulässig, dass im ersten Rechtszug geprüfte Rechtsfragen im Rechtsmittelverfahren erneut aufgeworfen werden, wenn der Rechtsmittelführer die Auslegung oder Anwendung des Unionsrechts durch das Gericht beanstandet. Könnte das Rechtsmittel nicht auf bereits vor dem Gericht geltend gemachte Gründe und Argumente gestützt werden, so verlöre es einen großen Teil seiner Bedeutung(11 ). Der Gerichtshof hat wiederholt entschieden, dass ein Rechtsmittel zulässigerweise eingelegt werden kann, mit dem vor dem Gerichtshof Rechtsmittelgründe geltend gemacht werden, die sich aus dem angefochtenen Urteil selbst ergeben und mit denen dessen Begründetheit aus rechtlichen Erwägungen in Frage gestellt wird(12 ).
28. Das ist hier der Fall: Bei der Darlegung ihrer Aufhebungsgründe nennen die Rechtsmittelführer die (angeblich) durch das Gericht begangenen Rechtsfehler. Rechtsfehler in Bezug auf Rechtsfragen, die bereits in erster Instanz behandelt wurden, im Rechtsmittelverfahren geltend zu machen, entspricht – das möchte ich betonen – der Logik von Rechtsmitteln.
29. Was den ersten Rechtsmittelgrund betrifft, so würde seine Bejahung zur Aufhebung sowohl des Urteils als auch gegebenenfalls der Entscheidungen des Beschwerdeausschusses und der Entscheidungen der ACER führen, was sich auf die Rechtsstellung der Rechtsmittelführer auswirken würde. Sie haben daher ein Interesse daran, dass ihrem ersten Rechtsmittelgrund stattgegeben wird, das nicht hypothetisch ist. Ob dem Rechtsmittelgrund stattzugeben ist, ist eine Frage der materiellen Prüfung.
VI. Erster Rechtsmittelgrund: Intensität der Kontrolle der Entscheidungen der ACER durch den Beschwerdeausschuss
A. Vorbringen der Parteien
30. Die Rechtsmittelführer sind der Ansicht, dass das Gericht rechtsfehlerhaft festgestellt habe, dass der Beschwerdeausschuss der ACER eine umfassende Überprüfung der angefochtenen Entscheidungen vorgenommen habe.
31. Das Gericht habe in dieser Hinsicht einen Fehler begangen, indem es die vom Beschwerdeausschuss selbst vorgenommene Beurteilung der Intensität der Kontrolle außer Acht gelassen und geprüft habe, ob die Kontrolle vollständig sei oder nicht. Damit verstoße das Gericht gegen die im Urteil ACER/Aquind enthaltene Rechtsprechung des Gerichtshofs(13 ).
32. Die ACER weist dieses Vorbringen zurück.
B. Würdigung
33. Im Urteil ACER/Aquind hat der Gerichtshof entschieden, dass der Beschwerdeausschuss der ACER nicht nur die rechtliche Würdigung, sondern auch die komplexen technischen, wissenschaftlichen oder wirtschaftlichen Beurteilungen, die die ACER in ihren Entscheidungen vornimmt, umfassend überprüfen muss. Der Beschwerdeausschuss darf sich nicht darauf beschränken, eine eingeschränkte Kontrolle auszuüben, die sich ausschließlich auf das Vorliegen offensichtlicher Beurteilungsfehler konzentriert(14 ).
34. Es ist an dieser Stelle nicht erforderlich, die Erwägungen näher darzulegen, die den Gerichtshof dazu veranlasst haben, dem Beschwerdeausschuss der ACER(15 ) im Wege der Auslegung der Art. 18 und 19 der Verordnung (EG) Nr. 713/2009 diese Form der Überprüfung aufzuerlegen(16 ). Die im Urteil ACER/Aquind aufgestellte Rechtsprechung wird in diesem Rechtsmittel nicht in Frage gestellt.
35. Als der Beschwerdeausschuss der ACER die hier in Rede stehenden Entscheidungen erließ (16. Juli 2020), war das Urteil ACER/Aquind noch nicht ergangen. Damals folgte der Beschwerdeausschuss seiner üblichen Praxis, d. h. einer eingeschränkten Überprüfung komplexer technischer, wissenschaftlicher oder wirtschaftlicher Beurteilungen. Die Überprüfung beschränkte sich auf die Frage, ob die Entscheidungen der ACER mit offensichtlichen Beurteilungsfehlern behaftet waren.
36. Nach Auffassung des Gerichts geht aus den von den ÜNB angefochtenen Entscheidungen(17 ) hervor, dass „der Beschwerdeausschuss gemäß seiner damaligen Entscheidungspraxis nur die rechtlichen Beurteilungen der ACER in [den] Entscheidung[en] einer vollständigen Überprüfung unterzogen hat, während er in Bezug auf ihre komplexen technischen Tatsachenbeurteilungen nur eine auf die Suche nach offensichtlichen Fehlern beschränkte Überprüfung vorgenommen und der ACER insoweit einen gewissen Ermessensspielraum eingeräumt hat“(18 ).
37. Das Gericht hat jedoch Folgendes festgestellt:
– „[D]er Beschwerdeausschuss [hat] seine Kontrolle im Wesentlichen auf die von der ACER in [ihren angefochtenen Entscheidungen] vorgenommene rechtliche Würdigung gerichtet und diese einer umfassenden Kontrolle unterzogen …“ (Rn. 203 der angefochtenen Urteile).
– „[D]er Beschwerdeausschuss [hat] in den seltenen Fällen, in denen er … komplexe technische Beurteilungen zu überprüfen hatte, in der Praxis eine Kontrolle vorgenommen, die über eine bloße eingeschränkte Kontrolle hinausging, so dass er de facto seinen Verpflichtungen hinsichtlich der Intensität der Kontrolle, die er in Bezug auf die Entscheidung[en von ACER] durchzuführen hatte, nachgekommen ist“ (Rn. 204 der angefochtenen Urteile).
38. Das Vorgehen des Gerichts bei diesen beiden Aufhebungsklagen steht im Widerspruch zu seiner Vorgehensweise in der Rechtssache T‑735/18(19 ), die Gegenstand des Urteils ACER/Aquind war.
39. In der Rechtssache T‑735/18 übernahm das Gericht eine ähnliche Feststellung des Beschwerdeausschusses der ACER und unterließ es zu prüfen, ob der Beschwerdeausschuss der ACER tatsächlich eine umfassende Überprüfung der komplexen technischen Beurteilungen vorgenommen habe.
40. Obwohl die Agentur in der Rechtssache ACER/Aquind vorbrachte, dass der Beschwerdeausschuss tatsächlich eine umfassende Prüfung der komplexen technischen Fragen vorgenommen habe, hat der Gerichtshof bestätigt, dass das Gericht keinen Rechtsfehler begangen hatte, da aus Rn. 52 der Entscheidung des Beschwerdeausschusses ausdrücklich hervorgeht, dass der Beschwerdeausschuss seine Überprüfung (der Entscheidung Nr. 05/2018) auf einen offensichtlichen Beurteilungsfehler beschränken wollte(20 ).
41. Das Gericht vertritt nun jedoch einen anderen Ansatz. Anstatt davon auszugehen, dass, wie der Beschwerdeausschuss selbst ausgeführt hat, die von ihm angewandte Überprüfung auf komplexe technische Fragen beschränkt war, steigt das Gericht in die Prüfung der angefochtenen Entscheidungen ein , um festzustellen, ob der Beschwerdeausschuss das getan hat, was er vorgegeben hat, nicht getan zu haben.
42. Das Gericht ist im Anschluss an diese Prüfung zu dem Schluss gelangt, dass der Beschwerdeausschuss die komplexen technischen Beurteilungen der ACER de facto unbeschränkt und umfassend überprüft habe. Es hat festgestellt, dass der Beschwerdeausschuss geprüft habe, dass der Prozess der kontinuierlichen Aktualisierung der verfügbaren grenzüberschreitenden Übertragungskapazität – in zentralisierter oder dezentralisierter Form – in technischer Hinsicht eine für den Betrieb der aFRR- und mFRR-Plattformen erforderliche Funktion sei(21 ).
43. Meiner Ansicht nach ist dem Gericht ein Rechtsfehler unterlaufen, indem es die Erklärung des Beschwerdeausschusses nicht beachtet hat: Wenn der Beschwerdeausschuss feststellt, dass er eine eingeschränkte und geringfügige Überprüfung der komplexen technischen Fragen der angefochtenen Entscheidungen der ACER vornehme, sehe ich nicht, wie diese Feststellung außer Acht gelassen und durch das Gegenteil ersetzt werden kann.
44. Wie ich in meinen Schlussanträgen in der Rechtssache ACER/Aquind(22 ) vorgeschlagen und der Gerichtshof in seinem Urteil bestätigt hat(23 ), ist das Gericht nicht verpflichtet zu prüfen, ob der Beschwerdeausschuss „tatsächlich“ eine vollständige Überprüfung dieser Fragen vorgenommen hat, wenn er feststellt, eine eingeschränkte Überprüfung durchgeführt zu haben, die sich auf die Beurteilung offensichtlicher Fehler der Entscheidungen der ACER in Bezug auf die komplexen technischen Fragen der ACER beschränke.
45. Auf dieser Grundlage hätte das Gericht im vorliegenden Fall die Erklärung des Beschwerdeausschusses akzeptieren müssen, der am besten beurteilen kann, welche Art von Überprüfung er in seinen eigenen Entscheidungen angewandt hat.
46. Wenn der Beschwerdeausschuss wie im vorliegenden Fall feststellt, eine eingeschränkte und marginale Kontrolle vorgenommen zu haben, hat das Gericht die Entscheidungen dieses Beschwerdeausschusses in Anwendung der Rechtsprechung aus der Rechtssache ACER/Aquind ohne Weiteres aufzuheben. Im Anschluss an diese Aufhebung wird der Beschwerdeausschuss neue Entscheidungen erlassen müssen, in denen er die komplexen technischen Fragen umfassend überprüfen wird(24 ).
47. Wenn der Beschwerdeausschuss hingegen in einer Entscheidung feststellt, eine umfassende Überprüfung der in einer Entscheidung der ACER enthaltenen rechtlichen Würdigung und komplexen technischen Beurteilungen vorgenommen zu haben, so hat das Gericht deren Umfang zu prüfen, wenn die Kläger der Ansicht sind, dass sie nicht die erforderliche Tragweite hat oder unzureichend ist. Wenn das Gericht dies nicht tut und die Beurteilung des Beschwerdeausschusses übernimmt, verletzt es das Recht der Kläger auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz.
48. Die vorstehenden Erwägungen veranlassen mich, vorzuschlagen, dem ersten Rechtsmittelgrund stattzugeben.
VII. Zweiter Rechtsmittelgrund: Unzutreffende Anwendung von Art. 20, 21 und 37 der Verordnung (EU) 2017/2195 durch das Gericht bei seiner Beurteilung der Rechtsgrundlagen für die Funktionen, die für die Verwaltung der aFRR- und mFRR-Plattformen erforderlich sind
49. Im Wesentlichen wird mit diesem Rechtsmittelgrund gerügt, dass das Gericht rechtsfehlerhaft festgestellt habe, dass nach der Verordnung 2017/2195 die sogenannte „Funktion der Verwaltung der grenzüberschreitenden Übertragungskapazität von Regelarbeit“ eine Funktion sei, die für die Verwaltung der aFRR- und mFRR-Plattformen erforderlich sei.
50. Mit den beiden in Streit stehenden Ansichten werden die folgenden gegensätzlichen Standpunkte vertreten:
– Diese Funktion werde von den europäischen Plattformen für die Zuweisung von Regelarbeit wahrgenommen (Ansicht der ACER, die vom Beschwerdeausschuss und dem Gericht unterstützt wird).
– Diese Funktion falle in die Zuständigkeit der ÜNB (Ansicht der Rechtsmittelführer, die der Ansicht aller ÜNB vor und nach den Entscheidungen 02/2020 und 03/2020 der ACER entspricht)(25 ).
51. In technischer Hinsicht ist es wahrscheinlich, dass es ratsam gewesen wäre, den europäischen Plattformen für die Zuweisung von Regelarbeit eine solche Funktion zuzuweisen. Wie ich jedoch nachstehend darstellen werde, war dies meines Erachtens nicht der Wille des Unionsgesetzgebers, wie er in den Art. 20, 21 und 37 der Verordnung 2017/2195 zum Ausdruck kommt.
52. Die Rechtsmittelführer machen geltend, dass das Gericht die Art. 20, 21 und 37 der Verordnung 2017/2195 bei der Beurteilung der Rechtsgrundlagen für die für den Betrieb der mFRR- und aFRR-Plattformen erforderlichen Funktionen falsch angewandt habe. Sie vertreten folgende Ansicht:
– Das Gericht sei zu Unrecht zu dem Schluss gekommen, dass die Kapazitätsverwaltung als koordiniertes und zentralisiertes Verfahren auf plattformübergreifender Ebene zur kontinuierlichen Aktualisierung der verfügbaren grenzüberschreitenden Übertragungskapazität eine Funktion sei, die für den Betrieb der mFRR- und aFRR-Plattformen im Sinne von Art. 20 Abs. 3 Buchst. c und Art. 21 Abs. 3 Buchst. c der Verordnung 2017/2195 erforderlich sei.
– Art. 37 der Verordnung 2017/2195 verpflichte die ÜNB, die grenzüberschreitende Elektrizitätsübertragungskapazität zu verwalten, nicht jedoch, solche Kapazitäten als eine erforderliche Funktion in die Entwicklung der mFRR- und aFRR-Plattformen aufzunehmen. Diese Plattformen würden im Rahmen verschiedener, in den Art. 20 und 21 der Verordnung 2017/2195 geregelten Verfahren ausgearbeitet.
53. Die Rechtsmittelführer teilen diesen Rechtsmittelgrund in zwei eng miteinander verbundene Teile auf:
– Das Gericht habe rechtsfehlerhaft entschieden, dass die Berechnung der grenzüberschreitenden Übertragungskapazität gemäß Art. 37 der Verordnung 2017/2195 als eine für den Betrieb der mFRR- und aFRR-Plattformen erforderliche Funktion im Sinne der Art. 20 und 21 der Verordnung 2017/2195 anzusehen sei. Mit diesen Erwägungen habe es die Regelung der Art. 20 und 21 auf die in Art. 37 genannte Funktion ausgedehnt, der eine andere rechtliche Regelung vorsehe.
– Das Gericht habe bei der Auslegung der Art. 20 und 21 der Verordnung 2017/2195 einen weiteren Rechtsfehler begangen, indem es die rechtlichen Verpflichtungen der ÜNB mit den Rechten verwechselt habe, die die ÜNB in Bezug auf die Funktionen der mFRR- und aFRR-Plattformen ausüben könnten.
54. Die ACER weist dieses Vorbringen zurück.
55. Bevor ich die beiden Teile prüfe, in die die Rechtsmittelführer diesen zweiten Rechtsmittelgrund aufgeteilt haben, halte ich es angesichts seiner technischen Komplexität für zweckmäßig, die Funktionsweise des Regelreservemarkts im Elektrizitätsversorgungssystem und der europäischen Plattformen zu erläutern, die zur Förderung grenzüberschreitender Verbindungen zwischen den nationalen Regelreservemärkten im Elektrizitätsversorgungssystem eingerichtet wurden.
A. Vorbemerkungen: Regelreservemärkte im Elektrizitätsversorgungssystem und europäische Plattformen für den Austausch von Regelarbeit
56. Aufgrund ihrer physikalischen Parameter existieren vier Arten von Großhandelsmärkten für Strom, die in den Art. 6 bis 9 der Verordnung (EU) 2019/943 genannt werden(26 ):
– Day‑Ahead-Märkte, auf denen die Erzeugung geplant und im Day‑Ahead-Zeitbereich gehandelt werden kann;
– Intraday-Märkte, auf denen die geplante Nachfrage in Abhängigkeit von Veränderungen in der Stromerzeugung kurzfristig angepasst werden kann, insbesondere im Hinblick auf den zunehmenden Anteil von Energie aus erneuerbaren Quellen wie Wind und Sonne;
– Terminmärkte, die die Volatilität der Spotpreise verringern sollen. Auf ihnen werden die Marktteilnehmer, einschließlich der Eigentümer einer Gesamteinrichtung zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen, vor den Risiken geschützt, die sich aus dieser Volatilität ergeben.
– Die Regelreservemärkte wurden eingerichtet, um sicherzustellen, dass Angebot und Nachfrage im Netz stets aufeinander abgestimmt sind und das Risiko von Blackout-Zuständen neutralisiert wird. Um dieses Ziel zu erreichen, sind Märkte erforderlich, auf denen die ÜNB die zur Aufrechterhaltung der Regelarbeit des Netzes erforderliche Energie(27 ) zeitnah zur physikalischen Bereitstellung erwerben können.
57. Was die letztgenannten Märkte betrifft, so legt die Verordnung 2017/2195 „technische, betriebliche und marktbezogene Vorschriften für die Funktionsweise der Regelreservemärkte im Elektrizitätsversorgungssystem in der gesamten EU“ fest(28 ).
58. Um zur Entwicklung des Elektrizitätsbinnenmarktes in der Union beizutragen, sieht die Verordnung 2017/2195 insbesondere vor, dass die Zuweisung von Energie aus den Regelreservemärkten, die bisher auf die nationale Ebene beschränkt war, nach dem darin vorgesehenen Zeitplan schrittweise auf europäischer Ebene erfolgen wird.
59. Die Verordnung 2017/2195 verwendet zu diesem Zweck vier europäische Plattformen für die Zuweisung von Regelarbeit(29 ), und zwar je eine für jedes der festgelegten Standard-Regelreserveprodukte(30 ):
– Die europäische Plattform für den Austausch von Regelarbeit aus Ersatzreserven, bekannt als RR‑Plattform (Replacement Reserve Platform ): In Art. 19 der Verordnung 2017/2195 ist vorgesehen, dass die ÜNB den Ersatzreserven-Prozess gemäß den Bestimmungen von Teil IV der Verordnung 2017/1485 durchführen(31 ). Diese Plattform wurde im Rahmen des TERRE-Projekts (Trans ‑European Replacement Reserves Exchange ) entwickelt und basiert auf der LIBRA-Lösung, einem gemeinsamen IT‑System(32 ). Die Plattform ist seit Januar 2020 in Betrieb, und ihre Funktionsweise ist im Umsetzungsrahmen des Replacement Reserve Implementation Framework festgelegt(33 ).
– Die mFRR-Plattform: Sie ist in Art. 20 der Verordnung 2017/2195 vorgesehen, wurde im Rahmen des Projekts Manually Activated Reserves Initiative (MARI) entwickelt und durch die Entscheidung 03/2020 der ACER geregelt. Sie ist seit dem 5. Oktober 2022 in Betrieb und wird nach und nach von den ÜNB der Mitgliedstaaten übernommen.
– Die aFRR-Plattform: Sie ist in Art. 21 der Verordnung 2017/2195 vorgesehen, wurde im Rahmen des PICASSO-Projekts (Platform for the International Coordination of Automated Frequency Restoration and Stable System Operation ) entwickelt und durch die Entscheidung 02/2020 der ACER geregelt. Sie ist seit dem 1. Juni 2022 in Betrieb und wird nach und nach von den ÜNB der Mitgliedstaaten übernommen.
– Die europäische Plattform für die Anwendung des Imbalance-Netting-Verfahrens, gemeinhin bezeichnet als Imbalance Netting Platform oder IN Platform . Gemäß Art. 22 der Verordnung 2017/2195 wurde sie am 24. Juni 2021 auf der Grundlage des Projekts International Grid Control Cooperation eingerichtet(34 ). Die ÜNB haben beschlossen, dasselbe IT‑System und dieselben Kommunikationskanäle für die aFRR-Plattform und die IN‑Plattform zu verwenden.
60. Die ÜNB haben die Amprion GmbH und TransnetBW GmbH als Unternehmen für den Ausbau, die Wartung und Verwaltung der mFRR-und aFRR‑/IN‑Plattformen benannt(35 ). Wie die ACER in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt hat, sollten die ÜNB diese Plattformen im Rahmen eines Übergangszeitraums bis zum 24. Juni 2024 einführen, in der Praxis kommt es bei diesem Verfahren jedoch zu Verzögerungen(36 ).
61. Der Unterschied zwischen der mFRR- und der aFRR-Plattform liegt, wie ihren Bezeichnungen zu entnehmen ist, darin, „ob die Regelarbeit manuell von einem Betreiber oder automatisch über einen geschlossenen Regelkreis aktiviert wird“(37 ).
B. Erster Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes: Verwechslung zwischen den rechtlichen Verpflichtungen aus Art. 37 der Verordnung 2017/2195 einerseits und aus den Art. 20 und 21 der Verordnung 2017/2195 andererseits.
62. Die Rechtsmittelführer machen geltend, das Gericht habe rechtsfehlerhaft festgestellt, dass die Berechnung der grenzüberschreitenden Übertragungskapazität als eine für den Betrieb der mFRR- und aFRR-Plattformen erforderliche Funktion anzusehen sei. Damit habe das Gericht die in den Art. 20 und 21 der Verordnung 2017/2195 vorgesehene Regelung auf die in Art. 37 der Verordnung 2017/2195 genannte Funktion ausgedehnt, der eine andere rechtliche Regelung vorsehe.
63. Nach Ansicht des Gerichts ist der Beschwerdeausschuss zu Recht zu dem Schluss gekommen, dass die Funktion der Kapazitätsverwaltung zu den Funktionen gehöre, die für den Betrieb der aFRR- und mFRR-Plattformen erforderlich seien. Die diesbezüglichen Erwägungen des Gerichts lassen sich wie folgt zusammenfassen(38 ):
– Die von den ÜNB vorgeschlagenen Methoden müssten die Festlegung der Funktionen enthalten, die für den Betrieb der aFRR- und mFRR-Plattformen erforderlich seien.
– Aus der Verordnung 2017/2195 ergebe sich, dass diese Plattformen zumindest die Aktivierungs-Optimierungsfunktion(39 ) und die ÜNB-Abrechnungsfunktion umfassen müssten, aber auch andere Funktionen seien nicht ausgeschlossen.
– Insbesondere die Funktion „Berechnung der grenzüberschreitenden Übertragungskapazität“ sei eine der Funktionen, die für den Betrieb der aFRR- und mFRR-Plattformen erforderlich seien. Dies sei insbesondere dann der Fall, wenn die Hinzufügung einer solchen Funktion notwendig erscheine, um eine High‑Level-Ausgestaltung dieser Plattformen zu gewährleisten, die gemeinsamen Leitungsgrundsätzen und Geschäftsverfahren entspreche.
– Bei der Auslegung des Begriffs „für den Betrieb der aFRR- und mFRR-Plattformen erforderliche Funktion“ müssten der Kontext und die Ziele berücksichtigt werden, die mit der Verordnung 2017/2195 verfolgt würden. Nach diesen Kriterien handele es sich um Funktionen, die sowohl in technischer als auch in rechtlicher Hinsicht für die effiziente und sichere Umsetzung sowie den effizienten und sicheren Betrieb dieser Plattformen erforderlich seien.
– In rechtlicher Hinsicht schreibe Art. 37 Abs. 1 der Verordnung 2017/2195 den ÜNB vor, die verfügbare grenzüberschreitende Übertragungskapazität für den Austausch von Regelarbeit oder die Anwendung des Imbalance-Netting-Verfahrens kontinuierlich zu aktualisieren.
– In technischer Hinsicht sei – wie aus den durch die ÜNB ausgearbeiteten Vorschlägen für die aFRR- und die mFRR-Methode hervorgehe – die kontinuierliche Aktualisierung dieser Kapazität, die als Grundlage für die Kapazitätsverwaltung diene, ein wesentlicher Eingabewert der Aktivierungs-Optimierungsfunktion. Die Aktivierungs-Optimierungsfunktion sei ihrerseits eine erforderliche Funktion der Plattformen, mit der die Aktivierung der (auf der gemeinsamen Merit-Order-Liste) bestplatzierten Regelarbeitsgebote unter Berücksichtigung der in begrenztem Maße verfügbaren grenzüberschreitenden Übertragungskapazität optimiert werden solle.
– Im Übrigen sei die Funktion der Kapazitätsverwaltung von den ÜNB selbst in die Plattformen integriert worden, damit deren High-Level-Ausgestaltung die von der Verordnung 2017/2195 aufgestellten Anforderungen an Effizienz und Sicherheit erfülle.
64. Auf dieser Grundlage kommt das Gericht zu folgendem Ergebnis: „… eine Funktion, die es ermöglicht, die verfügbare grenzüberschreitende Übertragungskapazität nach einer gegenüber allen ÜNB harmonisierten Methode zu berechnen und kontinuierlich zu aktualisieren, [ist] im Hinblick auf das mit der Verordnung 2017/2195 verfolgte Ziel, einen effizienten und sicheren Betrieb der Plattform sicherzustellen, sowohl in technischer als auch rechtlicher Hinsicht als eine Funktion anzusehen, die für den Betrieb einer Plattform erforderlich ist, deren Ausgestaltung – wie in Art. 21 Abs. 3 Buchst. a [Art. 20 Abs. 3 Buchst. a] Verordnung 2017/2195 ausgeführt wurde – einem hohen Standard und gemeinsamen Leitungsgrundsätzen und Geschäftsverfahren entsprechen muss“(40 ).
65. Diese Feststellung wird in ähnlicher Form in anderen Passagen der angefochtenen Urteile wiederholt. Insbesondere heißt es in Rn. 122, dass „[d]ie der Funktion der Kapazitätsverwaltung zugrunde liegende Funktion der kontinuierlichen Aktualisierung der verfügbaren grenzüberschreitenden Übertragungskapazität und damit die Funktion der Kapazitätsverwaltung selbst insgesamt als für den Betrieb der … Plattform erforderliche Funktionen einzustufen sind“.
66. Meine Auslegung der Beziehung zwischen Art. 37 und den Art. 20 und 21 der Verordnung 2017/2195 weicht von der des Gerichts ab. Ich werde gesondert auf Art. 37 einerseits und auf die Art. 20 und 21 andererseits eingehen und dann meine Argumente zur kombinierten Auslegung dieser Bestimmungen zusammenfassen.
1. Art. 37 der Verordnung 2017/2195
67. Art. 37 der Verordnung 2017/2195 enthält eine rechtliche Regelung für die kontinuierliche Aktualisierung der Verfügbarkeit grenzüberschreitender Übertragungskapazität. Entsprechend dieser Regelung sieht Art. 37 der Verordnung 2017/2195 Folgendes vor:
– Er verpflichtet die ÜNB, nach dem Zeitpunkt der Schließung des zonenübergreifenden Intraday-Markts kontinuierlich die Verfügbarkeit grenzüberschreitender Übertragungskapazität für den Austausch von Regelarbeit oder die Anwendung des IN‑Verfahrens zu aktualisieren (Abs. 1).
– Er beinhaltet ein Erfordernis dahin, dass alle ÜNB einer Kapazitätsberechnungsregion binnen fünf Jahren nach dem Inkrafttreten dieser Verordnung eine Methode zur Berechnung der grenzüberschreitenden Übertragungskapazität innerhalb des für den Austausch von Regelarbeit oder die Durchführung des IN‑Verfahrens relevanten Zeitbereichs entwickeln (Abs. 3).
– Er sieht vor, dass die ÜNB vor der Umsetzung der Kapazitätsberechnungsmethode gemäß Abs. 3 die nach dem Zeitpunkt der Schließung des zonenübergreifenden Intraday-Markts verbleibende grenzüberschreitende Übertragungskapazität nutzen (Abs. 2).
68. Art. 37 der Verordnung 2017/2195 richtet sich jedoch an die ÜNB und enthält keinerlei Hinweis auf die europäischen Plattformen für die Zuweisung von Regelarbeit (Art. 19 bis 22 dieser Verordnung).
69. Meiner Ansicht nach, die sich mit der der Rechtsmittelführer deckt, muss zwischen den den ÜNB auferlegten Verpflichtungen und den den Plattformen zugewiesenen Funktionen unterschieden werden. In systematischer Hinsicht behandelt die Verordnung 2017/2195 beides in verschiedenen Abschnitten:
– Titel II („Regelreservemarkt im Elektrizitätsversorgungssystem“) Kapitel 2 („Europäische Plattformen für den Austausch von Regelarbeit“) enthält die Art. 20 und 21, die die mFRR- und aFRR-Plattformen regeln.
– Titel IV („Grenzüberschreitende Übertragungskapazität für Regelreserve“) Kapitel 1 („Austausch von Regelarbeit oder IN‑Verfahren“) hingegen regelt, wie die ÜNB die verfügbare grenzüberschreitende Übertragungskapazität nutzen (Art. 36) und berechnen (Art. 37).
70. Die Unterscheidung besteht nicht nur im Hinblick auf die systematische Einordnung innerhalb der Verordnung 2017/2195. Aus dem Wortlaut von Art. 37 ergibt sich, dass er keinen Hinweis oder Querverweis auf die Art. 20 und 21 enthält. Insbesondere lässt sich aus Art. 37 nicht ableiten, dass die Verwaltung der grenzüberschreitenden Übertragungskapazität für den Betrieb der mFRR- und aFRR-Plattformen erforderlich wäre. Erforderlich für die Plattformen sind die Daten hinsichtlich der grenzüberschreitenden Kapazität von Regelarbeit, die für den Austausch zwischen den ÜNB zur Verfügung steht, damit die Aktivierungs-Optimierungsfunktion umgesetzt werden kann.
71. Der Begriff „für den Betrieb der … Plattform [erforderliche] Funktionen“ gehört nicht zu den 45 Begriffen, die in Art. 2 der Verordnung 2017/2195 festgelegt werden. Dieser Begriff taucht nur in den Art. 20 und 21 dieser Verordnung auf, nach denen seine Bedeutung bestimmt werden muss.
2. Art. 20 und 21 der Verordnung 2017/2195.
72. In Abs. 1 dieser Artikel werden die ÜNB verpflichtet, einen Vorschlag für den Umsetzungsrahmen der mFRR- und aFRR-Plattformen vorzulegen. In Abs. 2 werden folgende Merkmale der beiden Plattformen aufgeführt: i) Sie müssen von einem ÜNB oder von einer von den ÜNB geschaffenen Einrichtung betrieben werden; (ii) sie müssen auf gemeinsamen Leitungsgrundsätzen und Geschäftsverfahren basieren; (iii) sie müssen mindestens die Aktivierungs-Optimierungsfunktion und die ÜNB-Abrechnungsfunktion umfassen; (iv) sie müssen ein multilaterales ÜNB/ÜNB-Modell mit gemeinsamen Merit-Order-Listen für den Austausch aller Regelarbeitsgebote in Bezug auf alle Standardprodukte für Frequenzwiederherstellungsreserven mit manueller oder automatischer Aktivierung nutzen.
73. Der Vorschlag der ÜNB muss diesen Merkmalen der Plattformen genügen und mindestens die in Art. 20 Abs. 3 und Art. 21 Abs. 3 der Verordnung 2017/2195 genannten Gesichtspunkte enthalten. Diese Gesichtspunkte umfassen „a) die Grobstruktur der europäischen Plattform“ und „c) die Festlegung der für den Betrieb der europäischen Plattform erforderlichen Funktionen“.
74. Zu den Funktionen der mFRR- und aFRR-Plattformen gehören notwendigerweise die Aktivierungs-Optimierungsfunktion und die ÜNB-Abrechnungsfunktion. Beides sind somit Funktionen, die für den Betrieb der mFRR- und aFRR-Plattformen erforderlich sind. Dementsprechend müssen sie als solche in den von den ÜNB vorgelegten Vorschlägen enthalten sein.
75. Der Streit hat sich auf die Auslegung des Begriffs „mindestens“ in Art. 20 Abs. 2 und Art. 21 Abs. 2 der Verordnung 2017/2195 gerichtet. Nach Ansicht des Gerichts hindert der Verweis in beiden Bestimmungen auf die (Mindest‑)Funktionen der Aktivierungs-Optimierungsfunktion und der ÜNB-Abrechnungsfunktion die ACER nicht daran, zu verlangen, dass die Plattformen unter derselben Überschrift der erforderlichen Funktionen auch andere als diese beiden Funktionen aufnehmen.
76. Meiner Ansicht nach ist diese Auslegung jedoch nicht zutreffend. Der Gesetzgeber wollte die Plattformen mit einem Mindestmaß an Funktionen ausstatten, wobei er davon ausging, dass nur zwei für ihren Betrieb unerlässlich („erforderlich“) seien. Selbstverständlich spricht nichts gegen die Aufnahme weiterer Funktionen, wie z. B. der Funktion der Verwaltung der grenzüberschreitenden Übertragungskapazität; es ist jedoch Sache der ÜNB, zu entscheiden, ob sie diese Funktionen aufnehmen wollen, und die ACER ist nicht befugt, ihnen dies vorzuschreiben.
77. Die rechtsmittelführenden ÜNB bestreiten nicht, dass die Daten hinsichtlich der grenzüberschreitenden Übertragungskapazität für die wirksame Funktionsweise der Regelarbeitsplattformen erforderlich sind(41 ). Daraus lässt sich jedoch nicht ableiten, dass die Berechnung dieser Daten – als erforderliche Funktion – von der für den Betrieb der Plattform benannten Stelle oder von der Plattform selbst durchgeführt werden müsste.
78. Tatsächlich wird die Berechnung der grenzüberschreitenden Übertragungskapazität durch Art. 37 der Verordnung (EG) 2017/2195 den ÜNB (und nicht den Plattformen) zugewiesen. Die Berechnung und Aktualisierung der Daten über die Verfügbarkeit dieser Kapazität ist Sache der ÜNB.
79. Dass diese Daten für die ordnungsgemäße Funktionsweise der mFRR- und aFRR-Plattformen unabdingbar sind (was zwischen den Parteien unstrittig ist), bedeutet nicht – das möchte ich erneut betonen –, dass die Berechnungen der grenzüberschreitenden Kapazität und ihre ständige Aktualisierung zwingend diesen Plattformen durch die Entscheidung der ACER übertragen werden müssten. Ich möchte betonen, dass die Berechnung der grenzüberschreitenden Übertragungskapazität nicht unbedingt als erforderliche Funktion von den Plattformen und den für deren Betrieb verantwortlichen Stellen umgesetzt werden muss.
80. Aus den in der mündlichen Verhandlung gestellten Fragen des Gerichtshofs geht hervor, dass Art. 37 der Verordnung 2017/2195 den ÜNB unter der Aufsicht der zuständigen nationalen Behörden die Funktion zuweist, die Daten über die grenzüberschreitende Übertragungskapazität für Regelarbeit zu generieren und diese Daten ständig zu aktualisieren. Nur die ÜNB verfügen über die technischen Mittel und sind in der Lage, diese Daten zu generieren, so dass es nicht möglich ist, die Funktion der Generierung dieser Daten auf den Algorithmus einer Plattform zu übertragen. Andernfalls könnte die Sicherheit der Stromversorgung, für die die ÜNB in ihrem jeweiligen Gebiet verantwortlich sind, gefährdet werden.
81. Ich bin daher der Ansicht, dass es fehlerhaft ist, die Funktion der Generierung und Aktualisierung von Daten zur grenzüberschreitenden Regelarbeit als eine der erforderlichen Funktionen für den Betrieb der aFRR- und mFRR-Plattformen anzusehen. Beide Plattformen können die grenzüberschreitende Übertragungskapazität und deren Aktualisierung nicht verwalten, obwohl sie diese Daten für ihren Betrieb benötigen. Die ÜNB sind verpflichtet, diese Daten einzeln oder, wenn sie es für angemessener halten, zentralisiert über ein gemeinsames IT‑Modul an die Plattformen zu übermitteln.
3. Argumente für die Stattgabe des ersten Teils des zweiten Rechtsmittelgrundes
82. Erstens wurden die mFRR- und aFRR-Plattformen, wie das Gericht anerkannt hat(42 ), ursprünglich ohne die Funktion der Verwaltung der grenzüberschreitenden Übertragungskapazität tätig.
83. Dieser Umstand ergab sich daraus, dass die ÜNB gemäß Art. 37 Abs. 3 der Verordnung 2017/2195 verpflichtet waren, zunächst eine Methode zur Berechnung der grenzüberschreitenden Übertragungskapazität innerhalb des für den Austausch von Regelarbeit relevanten Zeitbereichs zu entwickeln. Die ÜNB haben beschlossen, dass diese Funktion über ein IT‑Modul auf koordinierte und zentralisierte Weise auf einer plattformübergreifenden Ebene wahrgenommen wird, wofür sie zunächst ein solches Modul schaffen und dessen Verwaltung organisieren müssen(43 ).
84. Zweitens wird, wie ich bereits erwähnt habe, mit Art. 37 der Verordnung 2017/2195 eine rechtliche Regelung für die kontinuierliche Aktualisierung der Verfügbarkeit von grenzüberschreitender Übertragungskapazität und für die Entwicklung einer Methode für die Berechnung dieser Kapazität eingeführt. Diese rechtliche Regelung unterscheidet sich von derjenigen, die für die vier europäischen Plattformen für die Vergabe von Regelarbeit gilt (Art. 19 bis 22 dieser Verordnung). Es handelt sich um unterschiedliche Regelungen, die die Entscheidung des Gesetzgebers widerspiegeln, sie mit eigenständigen Inhalten auszustatten.
85. Drittens weicht der Entscheidungsprozess für die Einrichtung der mFRR- und aFRR-Plattformen von dem in Art. 37 der Verordnung 2017/2195 vorgesehenen Verfahren ab. Gemäß Art. 5 Abs. 2 dieser Verordnung obliegt es den Regulierungsbehörden, die von den ÜNB vorgelegten Vorschläge zu genehmigen, und zwar für: „a) die Umsetzungsrahmen der europäischen Plattformen gemäß Artikel 20 Absatz 1, Artikel 21 Absatz 1 …“ und „b) Änderungen an den Umsetzungsrahmen der europäischen Plattformen gemäß Artikel 20 Absatz 5 und Artikel 21 Absatz 5“. Daher entscheidet die ACER auf Vorschlag der ÜNB über die Umsetzungsrahmen und deren Änderungen im Fall von mFRR- und aFRR‑/IN‑Plattformen.
86. Es ist indessen Sache der ÜNB, die Berechnungsmethode für die grenzüberschreitende Übertragungskapazität für jede Berechnungsregion gemäß Art. 37 Abs. 3 vorzuschlagen, und es ist Sache der nationalen Regulierungsbehörden der betreffenden Region, gemäß Art. 5 Abs. 3 Buchst. f der Verordnung 2017/2195 diese zu genehmigen(44 ). Ein Tätigwerden der ACER ist in solchen Fällen möglich, in denen die NRB nicht in der Lage sind, eine Einigung zu erzielen, oder diese Agentur um eine Entscheidung ersuchen, wie in Art. 5 Abs. 7 der Verordnung 2017/2195 und Art. 6 Abs. 10 Buchst. b Unterabs. 2 der Verordnung 2019/942 vorgesehen.
87. Der Nutzen und die gesteigerte Effizienz der Eingliederung der Verwaltung der grenzüberschreitenden Übertragungskapazität für Regelarbeit in die europäischen Plattformen rechtfertigt meiner Ansicht nach nicht die Anerkennung einer impliziten Befugnis der ACER, diese als eine für den Betrieb der aFRR- und mFRR-Plattformen erforderliche Funktion einzustufen. Es sind die ÜNB, die über die technischen Mittel für die Berechnung und Aktualisierung der grenzüberschreitenden Übertragungskapazität verfügen, und es ist nicht offensichtlich, dass die aFRR- und mFRR-Plattformen diese Tätigkeit effizienter durchführen können. Einer solchen impliziten Befugnis stünde im Übrigen Art. 37 der Verordnung 2017/2195 entgegen(45 ).
88. Viertens werden die ÜNB in Art. 37 Abs. 1 der Verordnung 2017/2195 verpflichtet, die Verfügbarkeit grenzüberschreitender Kapazität für den Austausch von Regelarbeit kontinuierlich zu aktualisieren. Jeder ÜNB ist daher verpflichtet, die Übertragungskapazität zu verwalten, die für den grenzüberschreitenden Stromaustausch unerlässlich ist. Art. 37 trifft keine Aussage über die Zuweisung dieser Funktion an die europäischen Plattformen für die Zuweisung von Regelarbeit.
89. Aus Art. 37 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2017/2195 lässt sich also ableiten, dass die Informationen über die grenzüberschreitend austauschbare Regelarbeit von jedem ÜNB bereitgestellt werden. Wie ich bereits dargestellt habe, sind es die ÜNB, die über die technischen Mittel verfügen, um die Daten über die verfügbare grenzüberschreitende Kapazität von Regelarbeit bereitzustellen. Art. 37 Abs. 2 stützt dieses Argument, indem er bestimmt, dass die ÜNB die verbleibende grenzüberschreitende Übertragungskapazität nach dem Zeitpunkt der Schließung des zonenübergreifenden Intraday-Markts nutzen, bis die Methode zur Berechnung der Kapazität gemäß Abs. 3 entwickelt und angewendet wird.
90. Fünftens sieht Art. 37 Abs. 3 der Verordnung 2017/2195 die schrittweise Harmonisierung der Funktion der Verwaltung der grenzüberschreitenden Übertragungskapazität von Regelarbeit vor. Insbesondere ist darin vorgesehen, dass alle ÜNB in einer Kapazitätsberechnungsregion binnen fünf Jahren eine Methode zur Berechnung der grenzüberschreitenden Übertragungskapazität von Regelarbeit entwickeln. Es sind also die ÜNB, die diese Methode entwickeln, und die NRB erteilen für sie die Genehmigung. Außerdem sind die ÜNB verpflichtet, den Einklang mit der Berechnungsmethode für die grenzüberschreitende Übertragungskapazität beizubehalten, die gemäß der Verordnung (EU) 2015/1222 im Intraday-Zeitbereich angewandt wird(46 ).
91. Entgegen der Auffassung des Gerichts erscheint es mir nicht folgerichtig, dass die Funktion der Verwaltung der grenzüberschreitenden Übertragungskapazität den europäischen Plattformen zugewiesen wird und indessen die Entwicklung der Methode dieser grenzüberschreitenden Übertragungskapazität Sache der ÜNB sowie deren Genehmigung Sache der NRB ist. Es muss einen Gleichlauf zwischen Art. 37 Abs. 1 und 3 der Verordnung 2017/2195 geben, gegen den das angefochtene Urteil meines Erachtens verstößt.
92. Das Gericht berücksichtigt nicht gebührend den Zusammenhang zwischen Art. 37 Abs. 3 der Verordnung 2017/2195 und der Verordnung 2015/1222. Wie ich bereits erwähnt habe, verlangt die erstgenannte Vorschrift die Kohärenz zwischen der von den ÜNB entwickelten Methode zur Berechnung der grenzüberschreitenden Übertragungskapazität von Regelarbeit und der Methode zur Berechnung der auf den Day‑Ahead- und Intraday-Zeitbereich angewandten grenzüberschreitenden Übertragungskapazität. Art. 15 Abs. 1 der Verordnung 2015/1222 sieht vor, dass alle ÜNB zusammen einen gemeinsamen Vorschlag zur Bestimmung der Kapazitätsberechnungsregionen erstellen, und Art. 20 Abs. 2 dieser Verordnung bestimmt, dass alle ÜNB jeder Kapazitätsberechnungsregion einen Vorschlag für eine gemeinsame Methode für die koordinierte Kapazitätsberechnung innerhalb der jeweiligen Region übermitteln.
93. Dementsprechend sieht die Verordnung 2015/1222 keine für alle ÜNB einheitliche Methode(47 ) für die Berechnung der grenzüberschreitenden Übertragungskapazität im Day‑Ahead- und Intraday-Zeitbereich vor, sondern mehrere unterschiedliche regionale Methoden. Die Berechnung der grenzüberschreitenden Übertragungskapazität für Regelarbeit hat nicht unbedingt mittels einer einzigen harmonisierten und für alle ÜNB verbindlichen Methode zu erfolgen.
94. Sechstens ist die systematische und teleologische Auslegung der Verordnung 2017/2195 durch das Gericht nicht ausschlaggebend dafür, die Verwaltung der grenzüberschreitenden Kapazität für den Austausch von Regelarbeit als eine für den Betrieb der mFRR- und aFRR-Plattformen erforderliche Funktion einzustufen.
95. Um die Ziele zu erreichen, die in den Erwägungsgründen 1, 6, 7 und 10 sowie in Art. 3 der Verordnung 2017/2195 festlegt sind, reicht es aus, wenn die ÜNB den europäischen Plattformen in angemessener Weise Daten über die grenzüberschreitende Übertragungskapazität für Regelarbeit zur Verfügung stellen.
96. Dem ersten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes ist daher stattzugeben.
C. Zweiter Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes: Verstoß gegen die rechtlichen Verpflichtungen der ÜNB und gegen die Rechte der ÜNB aus den Art. 20 und 21 der Verordnung 2017/2195
97. Mit dem zweiten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes werfen die Rechtsmittelführer dem Gericht einen Rechtsfehler vor, indem es einerseits nicht zwischen ihren Verpflichtungen als ÜNB in Bezug auf die für den Betrieb der mFRR- und aFRR-Plattformen „erforderlichen“ Funktionen und andererseits ihren Rechten, die Eingliederung zusätzlicher Funktionen in diese Plattformen vorzuschlagen, unterschieden habe. Sie machen geltend, dass die ACER ihnen entgegen der Auffassung des Beschwerdeausschusses und des Gerichts keine zusätzlichen Funktionen vorschreiben könne.
98. Die ACER weist dieses Argument zurück und hält die durch das angefochtene Urteil vorgenommene Auslegung für rechtlich zutreffend.
99. Die Ansicht des Gerichts stützt sich unter anderem auf die folgenden Erwägungen:
– „… der geänderte dritte mFRRIF‑[aFRRIF‑]Vorschlag, der schließlich von der ACER berücksichtigt wurde, [sah] die Benennung einer einzigen Einrichtung vor, die mit den beiden für den Betrieb der mFRR‑[aFRR‑]Plattform erforderlichen Funktionen im Sinne von Art. 20 Abs. 3 Buchst. c der Verordnung 2017/2195 betraut werden sollte, die in Art. 20 Abs. 2[, Art. 21 Abs. 2] dieser Verordnung ausdrücklich genannt waren, nämlich die Aktivierungs-Optimierung und die ÜNB-Abrechnung. Die Kapazitätsverwaltung wurde im geänderten dritten mFRRIF‑[aFRRIF‑]Vorschlag ebenfalls als plattformübergreifende Funktion berücksichtigt, deren Durchführung für den Betrieb der mFRR‑[aFRR‑]Plattform erforderlich war, auch wenn sie in diesem Vorschlag nicht als für diesen Betrieb erforderliche Funktion im Sinne von Art. 20 Abs. 3 Buchst. c, [Art. 21 Abs. 3 Buchst. c] der Verordnung 2017/2195 eingestuft worden war. …“(48 )
– „… die ÜNB [hatten], wie die ACER geltend macht, im geänderten dritten mFRRIF‑[aFRRIF‑]Vorschlag selbst vorgeschlagen …, aus Gründen der Verbesserung der Koordinierung zwischen den Regelarbeitsplattformen eine einzige mit der Durchführung der Kapazitätsverwaltung als plattformübergreifende Funktion betraute Einrichtung zu benennen. Zwar hatten die ÜNB im Gegensatz zur ACER vorgetragen, dass die Kapazitätsverwaltung keine für den Betrieb jeder Plattform erforderliche Funktion sei. …“(49 )
100. Das Gericht bestätigt im Ergebnis die Entscheidung des Beschwerdeausschusses, der wiederum die Entscheidungen der ACER bestätigt, die dem Standpunkt der ÜNB widersprechen. Die Verwaltung der grenzüberschreitenden Übertragungskapazität, wie sie in Art. 37 der Verordnung 2017/2195 festgelegt sei, sei „insgesamt“ als eine für den Betrieb der mFRR- und aFRR-Plattformen erforderliche Funktion „einzustufen“(50 ).
101. Nachdem ich festgestellt habe, dass sich dieser Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes inhaltlich weitgehend mit dem des ersten Rechtsmittelgrundes deckt, liegt der Rechtsfehler der angefochtenen Urteile meines Erachtens erneut in der Verkennung dessen, dass es sich bei den Funktionen, die gemäß Art. 20 und 21 der Verordnung 2017/2195 für die Einrichtung der mFRR- und aFRR-Plattformen unerlässlich sind, um die Aktivierungs-Optimierungsfunktion und die ÜNB-Abrechnungsfunktion, wie aus diesen Bestimmungen hervorgeht, handelt.
102. Die Funktion der Verwaltung und kontinuierlichen Aktualisierung der verfügbaren grenzüberschreitenden Übertragungskapazität ist – das möchte ich erneut betonen – keine Funktion, die für den Betrieb der Regelarbeitsplattformen erforderlich ist, sondern unterliegt der anders gestalteten rechtlichen Regelung von Art. 37 der Verordnung 2017/2195.
103. Indem die ACER den mFRR- und aFRR-Plattformen entgegen dem Standpunkt der ÜNB die Funktion der Verwaltung und kontinuierlichen Aktualisierung der grenzüberschreitenden Übertragungskapazität zuweist, verlieren die ÜNB und die NRB tatsächlich das Recht, das ihnen durch Art. 37 der Verordnung 2017/2195 übertragen wurde. Ihnen wird damit ihre Befugnis genommen, gemeinsam zu entscheiden, wie diese Funktion am besten zu verwalten ist, was ihrem Vorschlag zufolge darin bestand, eine einzige Einrichtung mit der Kapazitätsverwaltung als plattformübergreifende Funktion zu betrauen.
104. In den Vorschlägen, die der ACER für die mFRR- und aFRR-Plattformen vorgelegt wurden, haben sich die ÜNB einvernehmlich darauf geeinigt, dass die Funktion der Kapazitätsverwaltung de facto eine plattformübergreifende Funktion sei, die für alle diese Plattformen koordiniert und zentral durchgeführt werden solle. Die Berechnung der grenzüberschreitenden Übertragungskapazität werde für alle betroffenen ÜNB von einem „Datenverarbeitungsmodul zur Kapazitätsverwaltung“ übernommen, das die erzielten Ergebnisse direkt in die Aktivierungs-Optimierungsfunktion dieser Plattformen eingebe.
105. Die ÜNB wiesen in ihren Vorschlägen darauf hin, dass sie die Freiheit behalten wollten, die Kapazitätsverwaltung in koordinierter und zentralisierter Form auf eine andere Einrichtung als die mit der Aktivierungs-Optimierung und der ÜNB-Abrechnung betraute einzige Einrichtung zu übertragen. Nach Auffassung der ÜNB konnte die mit der Aktivierungs-Optimierung und der ÜNB-Abrechnung betraute einzige Einrichtung bis zur Einrichtung der Funktion der Kapazitätsverwaltung in dieser koordinierten und zentralisierten Form theoretisch auch die Kapazitätsverwaltung durchführen, indem sie die von den einzelnen betroffenen ÜNB zur Verfügung gestellten Daten in die Aktivierungs-Optimierungsfunktion eingebe(51 ).
106. Wie ich bereits dargelegt habe, ist es unstreitig, dass die mFRR- und aFRR-Plattformen die Daten über die grenzüberschreitende Übertragungskapazität für Regelarbeit benötigen. Diese Daten können den Plattformen jedoch von den ÜNB zur Verfügung gestellt werden und müssen nicht direkt von den Plattformen verwaltet werden.
107. Die ÜNB sind nicht daran gehindert, die Eingliederung der Kapazitätsverwaltung in die mFRR- und aFRR-Plattformen als zusätzliche Funktion einvernehmlich vorzuschlagen, wenn dies zu einer Effizienzsteigerung führt. Es handelt sich jedoch um eine Entscheidung, die gemäß Art. 37 der Verordnung (EU) 2017/2195 in ihre Zuständigkeit und die der NRB fällt und die ihnen nicht von der ACER gemäß den Art. 20 und 21 dieser Verordnung vorgeschrieben werden kann.
108. Ich bin daher der Ansicht, dass auch dem zweiten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes stattzugeben ist.
VIII. Entscheidung über die vor dem Gericht erhobenen Aufhebungsklagen
109. Nach Art. 61 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union hebt dieser die Entscheidung des Gerichts auf, wenn das Rechtsmittel begründet ist. Er kann sodann den Rechtsstreit selbst endgültig entscheiden, wenn dieser zur Entscheidung reif ist.
110. Ich schlage dem Gerichtshof vor, den Rechtsmitteln der ÜNB stattzugeben und dementsprechend die angefochtenen Urteile aufzuheben. Ich halte es nicht für möglich, die angefochtenen Urteile teilweise aufzuheben, weil die mit Rechtsfehlern behafteten Abschnitte entscheidungserheblich sind. Die angefochtenen Urteile sind daher in vollem Umfang aufzuheben.
111. Im Übrigen bin ich der Ansicht, dass der Gerichtshof über die erforderlichen Angaben verfügt, um über die Aufhebungsklagen gegen die Entscheidungen, die vor dem Gericht angefochten wurden, endgültig zu entscheiden.
112. Aus den oben dargelegten Gründen ist dem dritten beim Gericht geltend gemachten Aufhebungsgrund, soweit es um die Nichterfüllung der Verpflichtung des Beschwerdeausschusses geht, eine vollständige Überprüfung der Entscheidungen der ACER vorzunehmen, sowie dem vierten bis achten Teil des zweiten Aufhebungsgrundes stattzugeben. Daher sind die beiden angefochtenen Entscheidungen des Beschwerdeausschusses der ACER in vollem Umfang aufzuheben.
IX. Kosten
113. Nach Art. 184 Abs. 2 der Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das Rechtsmittel begründet ist und er den Rechtsstreit endgültig entscheidet.
114. Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.
115. Die Rechtsmittelführer haben beantragt, der ACER die Kosten aufzuerlegen. Wenn, wie ich vorschlage, ihren Rechtsmitteln stattgegeben wird, sind der ACER die Kosten des Rechtsmittelverfahrens und des Verfahrens im ersten Rechtszug vor dem Gericht aufzuerlegen.
X. Ergebnis
116. Nach alldem schlage ich dem Gerichtshof vor, wie folgt zu entscheiden:
– Den Rechtsmitteln wird stattgegeben, und die Urteile des Gerichts vom 15. Februar 2023, Austrian Power Grid u. a./ACER (T‑606/20, EU:T:2023:64) und Austrian Power Grid u. a./ACER (T‑607/20, EU:T:2023:65), werden aufgehoben.
– Die Entscheidung des Beschwerdeausschusses der Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER) vom 16. Juli 2020, mit der die Entscheidung 02/2020 der ACER vom 24. Januar 2020 über den Umsetzungsrahmen der europäischen Plattform für den Austausch von Regelarbeit aus Frequenzwiederherstellungsreserven mit automatischer Aktivierung bestätigt und die Beschwerde der Übertragungsnetzbetreiber in der Sache A‑001‑2020 (konsolidiert) zurückgewiesen wurde, wird aufgehoben.
– Die Entscheidung des Beschwerdeausschusses der Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER) vom 16. Juli 2020, mit der die Entscheidung 03/2020 der ACER vom 24. Januar 2020 über den Umsetzungsrahmen der europäischen Plattform für den Austausch von Regelarbeit aus Frequenzwiederherstellungsreserven mit manueller Aktivierung bestätigt und die Beschwerde der Übertragungsnetzbetreiber in der Sache A‑002‑2020 (konsolidiert) zurückgewiesen wurde, wird aufgehoben.
– Die Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER) trägt die Kosten.