URTEIL DES GERICHTS (Dritte erweiterte Kammer)
25. Juni 2025(* )
„ Energie – Elektrizitätsbinnenmarkt – Verordnung (EU) 2017/2195 – Entscheidung der ACER über die Änderung der Preisbildungsmethode für Regelarbeit – Festsetzung einer vorübergehenden Preisgrenze – Beschwerde vor dem Beschwerdeausschuss der ACER – Besondere Bedingungen und Einzelheiten für die Klageerhebung – Art. 28 Abs. 1 und Art. 29 der Verordnung (EU) 2019/942 – Unzulässigkeit wegen fehlender Beschwerdebefugnis vor dem Beschwerdeausschuss – Einrede der Rechtswidrigkeit – Gleichheit vor dem Gesetz und effektiver gerichtlicher Rechtsschutz – Keine individuelle Betroffenheit – Nicht geltend gemachte Eigenschaften oder Umstände – Klagefrist – Kein entschuldbarer Irrtum “
In der Rechtssache T‑96/23,
Uniper Global Commodities SE mit Sitz in Düsseldorf (Deutschland), vertreten durch Rechtsanwalt T. Richter, Rechtsanwältin M. Schellberg sowie Rechtsanwälte C. Sieberg und M. Schleifenbaum,
Klägerin,
gegen
Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER), vertreten durch P. Martinet, E. Tremmel und G. Bertrand als Bevollmächtigte im Beistand von Rechtsanwalt R. van der Hout, Rechtsanwältin J. Wiemer und Rechtsanwalt C. Wagner,
Beklagte,
erlässt
DAS GERICHT (Dritte erweiterte Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten M. van der Woude, der Richterin P. Škvařilová-Pelzl (Berichterstatterin), des Richters I. Nõmm, der Richterin G. Steinfatt und des Richters D. Kukovec,
Kanzler: P. Cullen, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
auf die mündliche Verhandlung vom 9. September 2024
folgendes
Urteil
1 Mit ihrer Klage nach Art. 263 AEUV beantragt die Klägerin, die Uniper Global Commodities SE, die Entscheidung A-003-2022 des Beschwerdeausschusses der Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER) vom 9. Dezember 2022 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) aufzuheben, mit der ihre Beschwerde gegen die Entscheidung Nr. 03/2022 der ACER vom 25. Februar 2022 über die Änderung der Preisbildungsmethode für Regelarbeit und grenzüberschreitende Übertragungskapazität, die für den Austausch von Regelarbeit oder das IN-Verfahren genutzt wird (im Folgenden: Ausgangsentscheidung), als unzulässig zurückgewiesen wurde, soweit die ACER darin für einen Zeitraum von 48 Monaten ab dem 1. Juli 2022 eine Preisgrenze festgelegt hatte, bis zu der Regelreserveanbieter wie die Klägerin Regelarbeit auf den europäischen Plattformen PICASSO und MARI austauschen konnten. Hilfsweise beantragt die Klägerin, die Ausgangsentscheidung aufzuheben.
Vorgeschichte des Rechtsstreits
2 Mit ihrer Entscheidung Nr. 01/2020 vom 24. Januar 2020 beschloss die ACER auf Vorschlag der Übertragungsnetzbetreiber (im Folgenden: ÜNB) die Einführung einer Preisbildungsmethode für Regelarbeit und grenzüberschreitende Übertragungskapazität, die für den Austausch von Regelarbeit oder das IN-Verfahren genutzt wird (im Folgenden: streitige Methode). Diese Methode sah u. a. vor, dass die Preise für die Bereitstellung von Regelarbeit eine technische Preisgrenze in Höhe von +/- 99 999 Euro/Megawattstunde (MWh) weder über- noch unterschreiten durften.
3 Am 2. Juni 2021 erstellte der Europäische Verbund der Übertragungsnetzbetreiber (im Folgenden: ENTSO-E) im Namen aller ÜNB einen Vorschlag zur Änderung der streitigen Methode, mit dem die bestehende technische Preisgrenze durch eine Preisgrenze in Höhe von +/- 15 000 Euro/MWh ersetzt werden sollte (im Folgenden: ÜNB-Vorschlag). Diesem Vorschlag war ein Erläuterungsvermerk vom 28. Mai 2021 beigefügt. Im Rahmen der vom ENTSO-E eingeleiteten Marktkonsultation übermittelte die Klägerin diesem Verbund am 20. Juli 2021 eine ablehnende Stellungnahme zu dem Vorschlag.
4 Nachdem der ENTSO-E ihr den ÜNB-Vorschlag zur Genehmigung zugeleitet hatte, konsultierte die ACER am 13. Oktober 2021 auf ihrer Website die Öffentlichkeit und forderte die interessierten Marktteilnehmer auf, bis zum 10. November 2021 zu dem Vorschlag Stellung zu nehmen. In diesem Zusammenhang warf sie u. a. die Frage auf, ob eine vorübergehende Preisgrenze für die Einführungsphase der europäischen Plattformen PICASSO und MARI für den Austausch von Regelarbeit zu genehmigen sei. Die Klägerin nahm an dieser öffentlichen Konsultation teil und äußerte sich am 10. November 2021 zu den von der ACER aufgeworfenen Fragen.
5 Vom 22. November bis zum 6. Dezember 2021 konsultierte die ACER die ÜNB, den ENTSO-E und die Regulierungsbehörden der Mitgliedstaaten (im Folgenden: NRB) zu einer von ihr selbst geänderten Fassung des ÜNB-Vorschlags, die sie ihnen zuvor zusammen mit einer Begründung ihrer Änderungen übermittelt hatte.
6 Mit der am 25. Februar 2022 erlassenen und auf ihrer Website am 28. Februar 2022 veröffentlichten Ausgangsentscheidung lehnte die ACER den ÜNB-Vorschlag mit der Begründung ab, dass er die Voraussetzungen von Art. 30 Abs. 2 der Verordnung (EU) 2017/2195 der Kommission vom 23. November 2017 zur Festlegung einer Leitlinie über den Systemausgleich im Elektrizitätsversorgungssystem (ABl. 2017, L 312, S. 6) nicht erfülle, und ordnete die Weitergeltung der bestehenden technischen Preisgrenze von +/- 99 999 Euro/MWh an. Mit Anhang I der Ausgangsentscheidung änderte die ACER jedoch die streitige Methode und setzte für einen Zeitraum von 48 Monaten ab dem 1. Juli 2022 eine vorübergehende Preisgrenze in Höhe von +/- 15 000 Euro/MWh fest, die ausschließlich für den Austausch von Regelarbeit auf den europäischen Plattformen PICASSO und MARI galt.
7 Am 28. April 2022 legte die Klägerin beim Beschwerdeausschuss der ACER (im Folgenden: Beschwerdeausschuss) Beschwerde gegen die Ausgangsentscheidung ein.
8 Mit der angefochtenen Entscheidung wies der Beschwerdeausschuss die Beschwerde der Klägerin gegen die Ausgangsentscheidung mit der Begründung als unzulässig zurück, dass die Klägerin nicht über die gemäß Art. 28 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2019/942 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juni 2019 zur Gründung einer Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ABl. 2019, L 158, S. 22) für die Einlegung einer solchen Beschwerde erforderliche Beschwerdebefugnis verfüge, weil die Ausgangsentscheidung nicht an sie gerichtet sei und sie nicht individuell betreffe.
Anträge der Parteien
9 Die Klägerin beantragt,
– die angefochtene Entscheidung aufzuheben;
– hilfsweise, die Ausgangsentscheidung aufzuheben;
– der ACER die Kosten aufzuerlegen.
10 Die ACER beantragt im Wesentlichen,
– die Klage abzuweisen;
– der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.
Entscheidungsgründe
Zum Haupta ntrag auf Aufhebung der angefochtenen Entscheidung
11 Die Klägerin stützt ihren Hauptantrag auf Aufhebung der angefochtenen Entscheidung auf zwei Klagegründe, mit denen sie erstens einen Verstoß gegen die Anwendungsvoraussetzung von Art. 28 Abs. 1 der Verordnung 2019/942 bezüglich ihrer individuellen Betroffenheit und zweitens im Wesentlichen eine Auslegung dieses Art. 28 Abs. 1 rügt, die nicht gewährleiste, dass das Verfahren vor dem Beschwerdeausschuss praktische Wirksamkeit entfalte und dass diese Bestimmung mit dem in Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) niedergelegten Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes und dem in Art. 20 der Charta garantierten Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz vereinbar sei, soweit der Beschwerdeausschuss ihr die Befugnis abgesprochen habe, gegen einen Rechtsakt mit Verordnungscharakter, der sie unmittelbar betreffe und keine Durchführungsmaßnahmen nach sich ziehe, Beschwerde einzulegen.
12 Die ACER beantragt, den Hauptantrag als unbegründet zurückzuweisen.
13 Zunächst ist der zweite Klagegrund zu prüfen.
Zum zweiten Klagegrund, mit dem eine Auslegung von Art. 28 Abs. 1 der Verordnung 2019/942 gerügt wird, die nicht gewährleiste, dass das Verfahren vor dem Beschwerdeausschuss praktische Wirksamkeit entfalte und dass diese Bestimmung mit dem in Art. 47 der Charta niedergelegten Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes und dem in Art. 20 der Charta garantierten Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz vereinbar sei
14 Die Klägerin macht geltend, der Beschwerdeausschuss habe in der angefochtenen Entscheidung gegen Art. 263 Abs. 4 AEUV verstoßen, indem er ihre Befugnis, bei ihm Beschwerde einzulegen, verneint habe, obwohl die Ausgangsentscheidung ein Rechtsakt mit Verordnungscharakter sei, der sie unmittelbar betreffe und keine Durchführungsmaßnahmen nach sich ziehe.
15 Der Beschwerdeausschuss habe in der angefochtenen Entscheidung im Hinblick auf die Rechtsprechung zutreffend festgestellt, dass die Ausgangsentscheidung einen Rechtsakt mit Verordnungscharakter darstelle, der die Klägerin unmittelbar betreffe und keine Durchführungsmaßnahmen nach sich ziehe, weshalb er gemäß Art. 263 Abs. 4 AEUV vor den Unionsgerichten anfechtbar sei. Dies stelle auch die ACER im vorliegenden Klageverfahren nicht in Abrede.
16 Der Beschwerdeausschuss habe in der angefochtenen Entscheidung jedoch zu Unrecht angenommen, dass die Klägerin nach dem Wortlaut von Art. 28 Abs. 1 der Verordnung 2019/942 nicht befugt sei, bei ihm Beschwerde gegen die Ausgangsentscheidung einzulegen. Diese Bestimmung könne und müsse in dem Sinne ausgelegt und angewandt werden, dass sie ihr die Befugnis verleihe, einen Rechtsbehelf gegen diese Entscheidung einzulegen, bei der es sich um einen Rechtsakt mit Verordnungscharakter handle, der sie unmittelbar betreffe und keine Durchführungsmaßnahmen nach sich ziehe, so dass er gemäß Art. 263 Abs. 4 AEUV vor den Unionsgerichten anfechtbar sei. Jede andere Auslegung von Art. 28 Abs. 1 der Verordnung 2019/942 würde nämlich die praktische Wirksamkeit des Verfahrens vor dem Beschwerdeausschuss beeinträchtigen und könnte nicht die Vereinbarkeit dieser Bestimmung mit dem in Art. 47 der Charta niedergelegten Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes und dem in Art. 20 der Charta garantierten Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz gewährleisten.
17 Zum einen hänge die praktische Wirksamkeit des Verfahrens vor dem Beschwerdeausschuss, das als vereinfachter Mechanismus zur umfassenden behördlichen Selbstkontrolle im Interesse einer guten Verwaltung und einer Entlastung der Unionsgerichte konzipiert sei, davon ab, dass es den zahlreichen Interessenträgern offenstehe, die durch die Marktregulierungsentscheidungen der ACER, wie die in der Ausgangsentscheidung festgelegte vorübergehende Preisgrenze, tatsächlich belastet würden. Nach der Rechtsprechung seien die Bestimmungen des Unionsrechts aber so auszulegen, dass ihre praktische Wirksamkeit gewahrt bleibe. Im vorliegenden Fall hätte eine enge Auslegung des Beschwerderechts vor dem Beschwerdeausschuss praktisch zur Folge, dass die ACER bei der Wahrnehmung der ihr übertragenen wesentlichen und immer umfangreicheren und wichtigeren Aufgaben der Marktregulierung von jeder Selbstkontrolle befreit wäre. Könnten natürliche oder juristische Personen unmittelbar vor dem Gericht Entscheidungen der ACER anfechten, wenn es sich dabei um sie unmittelbar betreffende Rechtsakte mit Verordnungscharakter ohne Durchführungsmaßnahmen handelte, würde dies die praktische Wirksamkeit des in Art. 28 Abs. 1 der Verordnung 2019/942 vorgesehenen vereinfachten Mechanismus zur umfassenden behördlichen Selbstkontrolle beeinträchtigen, was zu konkurrierenden parallelen Rechtsbehelfen bei verschiedenen Instanzen (nämlich dem Beschwerdeausschuss und dem Gericht) mit unterschiedlicher Kontrolldichte (nämlich einer vollständigen Kontrolle und einer eingeschränkten Kontrolle) führen könnte.
18 Zum anderen könne nur durch die Eröffnung der Beschwerde vor dem Beschwerdeausschuss ein Defizit im Hinblick auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz vermieden werden, das gegen das Primärrecht der Union verstieße und dem mit dem Vertrag von Lissabon gerade habe abgeholfen werden sollen. Wenn in Anbetracht des 34. Erwägungsgrundes der Verordnung 2019/942 und der Rechtsprechung die Erschöpfung des Beschwerdeverfahrens nach Art. 28 Abs. 1 dieser Verordnung eine unerlässliche Voraussetzung für eine Klage vor den Unionsgerichten sei, werde dadurch, dass natürliche oder juristische Personen nach dieser Bestimmung den Beschwerdeausschuss nicht mit Rechtsakten der ACER, die Verordnungscharakter hätten, keine Durchführungsmaßnahmen nach sich zögen und sie zwar unmittelbar, aber nicht individuell beträfen, befassen könnten, diesen Personen in der Folge ihr Klagerecht vor dem Gericht nach Art. 263 Abs. 4 AEUV entzogen.
19 Nach der Lehre und der Rechtsprechung könnten besondere Modalitäten, die auf der Grundlage von Art. 263 Abs. 5 AEUV für interne Rechtsbehelfe bei Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union eingeführt worden seien, aber nicht die gerichtliche Zuständigkeit des Gerichts in Frage stellen. Solche Modalitäten würden nämlich gegen den in Art. 47 der Charta verankerten Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes verstoßen, der nach der Rechtsprechung einen wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz gegen alle Handlungen der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union verlange. Wäre im Übrigen davon auszugehen, dass natürliche oder juristische Personen Entscheidungen der ACER unmittelbar vor dem Gericht anfechten müssten, wenn sie sich gegen Rechtsakte mit Verordnungscharakter wenden wollten, die keine Durchführungsmaßnahmen nach sich zögen und sie im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV unmittelbar beträfen, stünde dies nicht im Einklang mit dem Willen des Unionsgesetzgebers, dem Mechanismus einer an eine „Rechtsbehelfsinstanz“ auf der Ebene der Agenturen der Union zu richtenden Beschwerde den Vorzug zu geben, um eine umfassende Kontrolle ihrer komplexen technischen oder wissenschaftlichen Beurteilungen zu ermöglichen, da die Unionsgerichte nach der Rechtsprechung nur eine eingeschränkte Kontrolle ausübten.
20 Dies stünde auch nicht im Einklang mit dem Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz, wie er in Art. 20 der Charta garantiert sei und in der Rechtsprechung angewandt werde, da die von Entscheidungen der ACER am meisten beeinträchtigten natürlichen oder juristischen Personen bezüglich ihrer Anfechtungsbefugnis ohne objektiven Grund schlechter behandelt würden als andere, wie im vorliegenden Fall die Regelreserveanbieter gegenüber den ÜNB. Angesichts der begrenzten Zahl von Einzelentscheidungen der ACER mit Verordnungscharakter und der Möglichkeit, verschiedene parallele Beschwerden gemeinsam zu bearbeiten oder miteinander zu verbinden, drohe dem Beschwerdeausschuss nicht wirklich eine Überlastung; vielmehr könne er der ihm vom Gesetzgeber übertragenen Aufgabe nachkommen, nämlich die Unionsgerichte zu entlasten und eine umfassende Kontrolle von Entscheidungen der ACER sicherzustellen.
21 Der Beschwerdeausschuss hätte in der angefochtenen Entscheidung nicht allein auf den Wortlaut von Art. 28 Abs. 1 der Verordnung 2019/942 abstellen dürfen. Aus der Rechtsprechung gehe nämlich hervor, dass eine Bestimmung des Sekundärrechts weit, sogar über ihren Wortlaut hinaus, ausgelegt werden könne und müsse, wenn dies wie im vorliegenden Fall erforderlich sei, damit sie mit dem Primärrecht vereinbar sei. Es verstieße aber gegen das Primärrecht, wenn die Beschwerdebefugnis natürlicher oder juristischer Personen im Rahmen von Art. 28 Abs. 1 der Verordnung 2019/942 enger ausgelegt würde als deren Klagebefugnis im Rahmen von Art. 263 Abs. 4 AEUV in der Fassung des Vertrags von Lissabon.
22 Die ACER tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen und beantragt im Wesentlichen, den zweiten Klagegrund zurückzuweisen.
23 Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass die Unionsgerichte bereits anerkannt haben, dass die Darlegung von Klagegründen anhand ihres Inhalts anstelle ihrer rechtlichen Einordnung ausreichen kann, sofern diese Klagegründe aus der Klageschrift hinreichend klar hervorgehen (vgl. Urteile vom 23. September 2004, Italien/Kommission, C‑297/02, nicht veröffentlicht, EU:C:2004:550, Rn. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 24. September 2015, Italien und Spanien/Kommission, T‑124/13 und T‑191/13, EU:T:2015:690, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung; Urteil vom 19. Januar 2017, Kommission/Frieberger und Vallin, T‑232/16 P, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:15, Rn. 33).
24 Außerdem kann nach der Rechtsprechung davon ausgegangen werden, dass eine Einrede der Rechtswidrigkeit implizit erhoben wurde, sofern sich aus der Klageschrift relativ eindeutig ergibt, dass der Kläger eine solche Rüge geltend gemacht hat (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 6. Juni 1996, Baiwir/Kommission, T‑262/94, EU:T:1996:75, Rn. 37, vom 27. November 2018, Mouvement pour une Europe des nations et des libertés/Parlament, T‑829/16, EU:T:2018:840, Rn. 66, und vom 21. Dezember 2022, Falke/Kommission, T‑306/21, EU:T:2022:834, Rn. 30).
25 Mit ihrem zweiten Klagegrund, wie er in den Rn. 138 bis 151 und 159 der Klageschrift sowie in den Rn. 56 bis 60 der Erwiderung dargelegt ist, macht die Klägerin inhaltlich im Wesentlichen geltend, dass Art. 28 Abs. 1 der Verordnung 2019/942, um mit dem Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes und mit Art. 47 der Charta – in der Umsetzung durch Art. 263 Abs. 4 AEUV, wonach sie berechtigt sei, vor den Unionsgerichten jede Handlung anzufechten, die wie die Ausgangsentscheidung ein sie unmittelbar betreffender Rechtsakt mit Verordnungscharakter sei, der keine Durchführungsmaßnahmen nach sich ziehe – sowie mit dem in Art. 20 der Charta verankerten Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz vereinbar zu sein, vom Beschwerdeausschuss in der angefochtenen Entscheidung dergestalt hätte ausgelegt werden müssen, dass sie befugt gewesen sei, vor ihm Beschwerde gegen diese Entscheidung einzulegen.
26 Die in der vorstehenden Randnummer dargelegten Ausführungen sind dahin zu verstehen, dass die Klägerin damit im Wesentlichen zweierlei Rügen vorbringt: Zum einen beanstandet sie, der Beschwerdeausschuss habe in der angefochtenen Entscheidung Art. 28 Abs. 1 der Verordnung 2019/942 nicht im Einklang mit dem Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes und mit Art. 47 der Charta – in der Umsetzung durch Art. 263 Abs. 4 AEUV in der Fassung des Vertrags von Lissabon – sowie mit dem in Art. 20 der Charta verankerten Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz ausgelegt (erste Rüge); zum anderen erhebt sie implizit eine Einrede der Rechtswidrigkeit von Art. 28 Abs. 1 der Verordnung 2019/942 wegen Verstoßes gegen diese Grundsätze und Vorschriften der Charta (zweite Rüge).
27 In ihrer Antwort auf eine prozessleitende Maßnahme gemäß den Art. 89 und 90 der Verfahrensordnung des Gerichts hat die Klägerin bestätigt, dass ihre Klageschrift implizit eine solche Einrede enthalte, mit der sie die Rechtswidrigkeit von Art. 28 Abs. 1 der Verordnung 2019/942 rüge.
28 Soweit die ACER in ihrer Antwort auf eine weitere prozessleitende Maßnahme geltend gemacht hat, die Einrede der Rechtswidrigkeit von Art. 28 Abs. 1 der Verordnung 2019/942 sei verspätet in der Antwort der Klägerin auf die prozessleitende Maßnahme, die das Gericht an sie gerichtet habe, erhoben worden und daher nach der Rechtsprechung (Urteil vom 15. Mai 2008, Spanien/Rat, C‑442/04, EU:C:2008:276, Rn. 23; Urteile vom 26. Juni 2008, Alferink u. a./Kommission, T‑94/98, EU:T:2008:226, Rn. 38 und 39, sowie vom 24. September 2008, Reliance Industries/Rat und Kommission, T‑45/06, EU:T:2008:398, Rn. 64 bis 66) als unzulässig zurückzuweisen, so ist festzustellen, dass die beiden oben in Rn. 26 genannten Rügen mit hinreichender Klarheit aus den Rn. 138 bis 151 der Klageschrift hervorgehen. Der Einwand der ACER ist daher zurückzuweisen, so dass diese beiden Rügen in der Sache zu prüfen sind.
29 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Ausgangsentscheidung, wie die Parteien in ihren Schriftsätzen und der Beschwerdeausschuss in den Rn. 42 und 52 der angefochtenen Entscheidung anerkannt haben, zwar in Form einer individuell an die ÜNB in der Region Belgien, Tschechische Republik, Deutschland, Frankreich, Kroatien, Luxemburg, Ungarn, Niederlande, Österreich, Polen, Rumänien, Slowenien und Slowakei (im Folgenden: Core-Region) gerichteten Entscheidung ergangen ist, jedoch einen Rechtsakt mit Verordnungscharakter im Sinne von Art. 263 Abs. 4 dritte Variante AEUV in der Fassung des Vertrags von Lissabon darstellt, der die Klägerin unmittelbar betrifft und keine Durchführungsmaßnahmen nach sich zieht, so dass die Klägerin im Hinblick auf diese Entscheidung zur Kategorie natürlicher oder juristischer Personen gehört, die unter Art. 263 Abs. 4 dritte Variante AEUV fällt.
30 Nach dieser Klarstellung gilt es zu prüfen, ob der Beschwerdeausschuss, wie die Klägerin im Rahmen der ersten Rüge geltend macht, in der angefochtenen Entscheidung Art. 28 Abs. 1 der Verordnung 2019/942 im Sinne ihrer Befugnis, vor ihm Beschwerde gegen die Ausgangsentscheidung einzulegen, hätte auslegen müssen, um die Vereinbarkeit dieser Bestimmung mit dem Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes und mit Art. 47 der Charta in der Umsetzung durch Art. 263 Abs. 4 AEUV in der Fassung des Vertrags von Lissabon sowie mit dem in Art. 20 der Charta verankerten Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz zu gewährleisten.
31 Nach der Rechtsprechung darf die Auslegung einer Bestimmung des Unionsrechts nicht dazu führen, dem klaren und unmissverständlichen Wortlaut der Bestimmung jede praktische Wirksamkeit zu nehmen. Somit können die Unionsgerichte, wenn sich der Sinn einer solchen Bestimmung eindeutig aus ihrem Wortlaut ergibt, nicht von dieser Auslegung abweichen (vgl. Urteil vom 23. November 2023, Ministarstvo financija, C‑682/22, EU:C:2023:920, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung). Nach ständiger Rechtsprechung sind für die Auslegung einer Unionsvorschrift, wenn deren Wortlaut nicht ausdrücklich ihre Tragweite begrenzt, ihr Kontext und die Ziele zu berücksichtigen, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt werden (vgl. Urteil vom 21. Januar 2021, Whiteland Import Export, C‑308/19, EU:C:2021:47, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung).
32 Gemäß Art. 28 Abs. 1 der Verordnung 2019/942, der die „Anfechtung von Entscheidungen [der ACER]“ zum Gegenstand hat, kann „[j]ede natürliche oder juristische Person einschließlich der [NRB] … gegen eine Entscheidung [der ACER] gemäß Artikel 2 Buchstabe d [dieser Verordnung], die an sie gerichtet ist, sowie gegen eine Entscheidung, die an eine andere Person gerichtet ist, sie aber unmittelbar und individuell betrifft, Beschwerde einlegen“.
33 Im vorliegenden Fall steht fest, dass die Ausgangsentscheidung, mit der die ACER über die von den ÜNB der Core-Region nach Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung 2019/942 vorgeschlagenen Änderungen der streitigen Methode befunden hat, eine Entscheidung der ACER im Sinne von Art. 2 Buchst. d dieser Verordnung darstellt.
34 Aus dem klaren und unmissverständlichen Wortlaut von Art. 28 Abs. 1 der Verordnung 2019/942 geht hervor, dass die Klägerin als juristische Person nur dann Beschwerde gegen die Ausgangsentscheidung, die nicht an sie, sondern laut ihrem Art. 2 an die ÜNB der Core-Region gerichtet ist, einlegen kann, wenn diese Entscheidung sie nicht nur unmittelbar, sondern auch individuell betrifft.
35 Zwar ist die in Art. 28 Abs. 1 der Verordnung 2019/942 enthaltene Voraussetzung der individuellen Betroffenheit im Licht der allgemeinen Grundsätze des Unionsrechts auszulegen, wie sie durch die Charta garantiert sind; eine solche Auslegung darf jedoch nicht zu einer Missachtung dieser in der Vorschrift ausdrücklich vorgesehenen Voraussetzung führen, weil dies eine Auslegung contra legem zur Folge hätte.
36 Nach ständiger Rechtsprechung ist der Rückgriff auf eine weite Auslegung nur möglich, wenn sie mit dem Wortlaut der in Rede stehenden Vorschrift vereinbar ist; selbst der Grundsatz, dass die Auslegung im Einklang mit einer verbindlichen höherrangigen Rechtsnorm zu erfolgen hat, darf nicht als Grundlage für eine Auslegung contra legem dienen (vgl. Beschluss vom 15. Dezember 2023, Stan/Europäische Staatsanwaltschaft, T‑103/23, EU:T:2023:871, Rn. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung; vgl. entsprechend auch Urteile vom 19. September 2019, Rayonna prokuratura Lom, C‑467/18, EU:C:2019:765, Rn. 61, und vom 5. Oktober 2020, Brown/Kommission, T‑18/19, EU:T:2020:465, Rn. 111).
37 Infolgedessen hat der Beschwerdeausschuss Art. 28 Abs. 1 der Verordnung 2019/942 in der angefochtenen Entscheidung zutreffend nicht so ausgelegt, dass er die Klägerin als juristische Person im Sinne dieser Bestimmung dazu berechtigte, vor ihm Beschwerde gegen die Ausgangsentscheidung einzulegen, ohne nachweisen zu müssen, dass sie von dieser Entscheidung nicht nur unmittelbar, sondern auch individuell betroffen war.
38 Die erste Rüge ist somit als unbegründet zurückzuweisen.
39 Im Folgenden ist die Begründetheit der zweiten Rüge zu prüfen, die der oben in Rn. 26 angesprochenen impliziten Einrede der Rechtswidrigkeit entspricht.
40 Insoweit ist zu beachten, dass ein Unionsrechtsakt nach einem allgemeinen Auslegungsgrundsatz nach Möglichkeit so auszulegen ist, dass seine Gültigkeit nicht in Frage steht (Urteile vom 4. Oktober 2001, Italien/Kommission, C‑403/99, EU:C:2001:507, Rn. 37, und vom 19. November 2009, Sturgeon u. a., C‑402/07 und C‑432/07, EU:C:2009:716, Rn. 47). Auch ist bei verschiedenen möglichen Auslegungen einer Vorschrift des Unionsrechts derjenigen der Vorzug zu geben, die die praktische Wirksamkeit der Vorschrift zu wahren geeignet ist (Urteil vom 19. November 2009, Sturgeon u. a., C‑402/07 und C‑432/07, EU:C:2009:716, Rn. 47, vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 22. September 1988, Saarland u. a., 187/87, EU:C:1988:439, Rn. 19 und die dort angeführte Rechtsprechung).
41 Im vorliegenden Fall haben die ACER – hilfsweise – sowie das Europäische Parlament, der Rat der Europäischen Union und die Europäische Kommission – hauptsächlich – in ihren Antworten auf die vom Gericht an sie gerichteten prozessleitenden Maßnahmen im Wesentlichen argumentiert, dass Art. 28 Abs. 1 der Verordnung 2019/942 weder gegen den Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes noch gegen Art. 47 der Charta in der Umsetzung durch Art. 263 Abs. 4 AEUV noch gegen den in Art. 20 der Charta verankerten Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz verstoße, da er in Fällen wie dem vorliegenden natürliche oder juristische Personen, die keine Adressaten eines Rechtsakts der ACER mit allgemeiner Geltung ohne Durchführungsmaßnahmen seien und die dieser Rechtsakt unmittelbar, aber nicht individuell betreffe – d. h. die unter Art. 263 Abs. 4 dritte Variante AEUV in der Fassung des Vertrags von Lissabon fallende Kategorie natürlicher oder juristischer Personen –, nicht daran hindere, diesen Rechtsakt unmittelbar vor dem Gericht mit einer Aufhebungsklage anzufechten.
42 Da die Ausgangsentscheidung gegenüber der Klägerin einen Rechtsakt im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV in der Fassung des Vertrags von Lissabon darstellt, der Verordnungscharakter hat, sie unmittelbar betrifft und keine Durchführungsmaßnahmen nach sich zieht (siehe oben, Rn. 29), gehört die Klägerin zu der von Art. 263 Abs. 4 dritte Variante AEUV erfassten Kategorie natürlicher oder juristischer Personen, die – ebenso wie die von Art. 263 Abs. 4 erste und zweite Variante AEUV erfassten beiden anderen Kategorien natürlicher oder juristischer Personen, nämlich natürliche oder juristische Personen, an die der Rechtsakt gerichtet ist oder die er unmittelbar und individuell betrifft – unter den Bedingungen nach Art. 263 Abs. 1 und 2 AEUV vor den Unionsgerichten Klage gegen diesen Rechtsakt erheben kann.
43 Allerdings können nach Art. 263 Abs. 5 AEUV in den Rechtsakten zur Gründung von Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union besondere Bedingungen und Einzelheiten für die Erhebung von Klagen natürlicher oder juristischer Personen gegen Handlungen dieser Einrichtungen oder sonstigen Stellen vorgesehen werden, die eine Rechtswirkung gegenüber diesen Personen haben.
44 Auf Vorschlag der Kommission hat der Unionsgesetzgeber in den Art. 28 und 29 der Verordnung 2019/942 in Verbindung mit deren 34. Erwägungsgrund vorgesehen, dass natürliche oder juristische Personen im Interesse eines reibungslosen Verfahrensablaufs das Recht erhalten sollten, wegen der Handlungen der ACER, die an sie gerichtet sind oder die sie unmittelbar und individuell betreffen, den Beschwerdeausschuss anzurufen.
45 In diesem Zusammenhang vertraten das Parlament, der Rat und die Kommission ausweislich ihrer Antworten auf die an sie gerichteten prozessleitenden Maßnahmen des Gerichts die Ansicht, dass die natürlichen oder juristischen Personen, die der unter Art. 263 Abs. 4 dritte Variante AEUV in der Fassung des Vertrags von Lissabon fallenden Kategorie angehörten, nicht zu den natürlichen oder juristischen Personen zu zählen seien, die gemäß Art. 28 Abs. 1 der Verordnung 2019/942 gegen eine von der ACER aufgrund von Art. 2 Buchst. d dieser Verordnung erlassene Entscheidung Beschwerde einlegen dürften, da die ACER in der Regel „Einzelentscheidungen“ im Sinne dieses Art. 2 Buchst. d erlasse, für die eine Beschwerde zum Beschwerdeausschuss eröffnet sei. Erlasse die ACER wie im vorliegenden Fall einen Rechtsakt mit Verordnungscharakter (siehe oben, Rn. 29), stehe der Rechtsweg gemäß Art. 263 Abs. 4 AEUV unmittelbar offen.
46 Soweit die Klägerin hierzu geltend macht, sie habe nach Art. 29 der Verordnung 2019/942 keine Klage auf Aufhebung der Ausgangsentscheidung auf der Grundlage von Art. 263 Abs. 4 dritte Variante AEUV unmittelbar beim Gericht erheben können, so ist festzustellen, dass zwar nach Art. 29 der Verordnung 2019/942 „Klagen auf Aufhebung einer Entscheidung, die von [der] ACER im Einklang mit dieser Verordnung getroffen wurde, … erst dann beim Gerichtshof [der Europäischen Union] eingereicht werden [können], wenn das Beschwerdeverfahren gemäß Artikel 28 [dieser Verordnung] erschöpft ist“, und dass nicht privilegierte Kläger nach dieser Bestimmung vor dem Gericht die Entscheidungen des Beschwerdeausschusses anfechten müssen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. März 2022, MEKH und FGSZ/ACER, T‑684/19 und T‑704/19, EU:T:2022:138, Rn. 35 bis 42).
47 Das Urteil vom 16. März 2022, MEKH und FGSZ/ACER (T‑684/19 und T‑704/19, EU:T:2022:138), ist jedoch in seinem Zusammenhang auszulegen, wobei insbesondere zu berücksichtigen ist, dass die Klägerinnen in jener Rechtssache unbestreitbar berechtigt waren, Beschwerde vor dem Beschwerdeausschuss einzulegen, aber gemäß den Art. 28 und 29 der Verordnung 2019/942 nicht die Befugnis hatten, vor dem Gericht die Ausgangsentscheidungen der ACER anzufechten.
48 Da der Unionsgesetzgeber aus den oben in Rn. 45 dargelegten Gründen die Kategorie natürlicher oder juristischer Personen, zu der die Klägerin gehört, nicht dem in Art. 28 der Verordnung 2019/942 geregelten vorherigen Beschwerdeverfahren unterworfen hat, kann die in Art. 29 dieser Verordnung vorgeschriebene Erschöpfung dieses Verfahrens nicht so verstanden werden, dass sie für diese Kategorie gelten würde. Natürliche oder juristische Personen, die der von Art. 263 Abs. 4 dritte Variante AEUV in der Fassung des Vertrags von Lissabon erfassten Kategorie angehören, fallen daher nicht in den Anwendungsbereich des in den Art. 28 und 29 der Verordnung 2019/942 vorgesehenen obligatorischen vorherigen Beschwerdeverfahrens und müssen im Gegensatz zu den Personen, die den von Art. 28 Abs. 1 dieser Verordnung erfassten beiden anderen Kategorien angehören, die jeweiligen Rechtsakte der ACER mit einer Klage gemäß Art. 263 Abs. 4 dritte Variante AEUV in der Fassung des Vertrags von Lissabon unmittelbar vor dem Gericht anfechten.
49 Wie das Parlament, der Rat und die Kommission in ihren Antworten auf die prozessleitenden Maßnahmen geltend machen, kann die Verordnung 2019/942 nämlich nicht dahin ausgelegt werden, dass der Unionsgesetzgeber alle von der ACER erlassenen Rechtsakte der Kontrolle des Beschwerdeausschusses unterwerfen wollte, da der sachliche Anwendungsbereich von Art. 28 dieser Verordnung auf die in deren Art. 2 Buchst. d genannten Einzelentscheidungen beschränkt ist. Im Übrigen hat der Unionsgesetzgeber diesen „hybriden“ Ansatz auch bei der Gründung der Rechtsbehelfsinstanzen mehrerer anderer Agenturen verfolgt, wie sich aus den Verordnungen zur Gründung der Rechtsbehelfsinstanzen der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA), des Einheitlichen Abwicklungsausschusses (SRB), der Agentur der Europäischen Union für Flugsicherheit (EASA), der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) und der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA) ergibt. Hierzu haben das Parlament, der Rat und die Kommission in ihren Antworten auf die prozessleitenden Maßnahmen betont, der Umstand, dass es in der Verordnung 2019/942 an einem ausdrücklichen Hinweis auf die Möglichkeit fehle, in Fällen, in denen die Zulässigkeitsvoraussetzungen von Art. 28 dieser Verordnung nicht erfüllt seien, unmittelbar die Unionsgerichte anzurufen, sei irrelevant, denn ein solcher Hinweis wäre rein deklaratorisch, weil Art. 263 AEUV nicht in das abgeleitete Unionsrecht umgesetzt werden müsse, um anwendbar zu sein.
50 Im Übrigen steht die oben in Rn. 48 vertretene Auslegung nicht im Widerspruch zu Rn. 57 des Urteils vom 9. März 2023, ACER/Aquind (C‑46/21 P, EU:C:2023:182), wo der Gerichtshof entschieden hat, dass die „Beschwerdeinstanzen [der Agenturen der Union] … ein geeignetes Mittel dar[stellen], um die Rechte der betroffenen Parteien … zu schützen“, denn diese Feststellung bedeutet nicht, dass die Kontrolle durch den Beschwerdeausschuss der ACER das einzige geeignete Mittel wäre, um die Rechte natürlicher oder juristischer Personen, die sich nicht gemäß Art. 28 der Verordnung 2019/942 an diesen Ausschuss wenden können, gegenüber Entscheidungen der ACER zu schützen.
51 Diese Auslegung steht auch nicht im Widerspruch zum 34. Erwägungsgrund der Verordnung 2019/942, wonach „[i]n Bezug auf die Entscheidungsbefugnisse [der] ACER … die Betroffenen im Interesse eines reibungslosen Verfahrensablaufs das Recht erhalten [sollten], einen Beschwerdeausschuss anzurufen“. Dieser Erwägungsgrund ist nämlich in Verbindung mit den Art. 28 und 29 der Verordnung 2019/942 und der oben in Rn. 50 angeführten Rechtsprechung zu lesen, woraus sich ergibt, dass der Beschwerdeausschuss ein geeignetes Mittel zum Schutz der Rechte der von Rechtsakten der ACER betroffenen Parteien darstellt, sofern sie die in dieser Verordnung genannten Zulässigkeitsvoraussetzungen erfüllen. Weder der 34. Erwägungsgrund der Verordnung 2019/942 noch die vorerwähnte Rechtsprechung kann jedoch dahin ausgelegt werden, dass der unmittelbare Zugang gemäß Art. 263 AEUV zu den Unionsgerichten für natürliche oder juristische Personen, die nicht befugt sind, nach Art. 28 dieser Verordnung eine Beschwerde vor dem Beschwerdeausschuss einzulegen, kein geeignetes Mittel wäre, um Rechtsakte der ACER erstinstanzlich auf ihre Rechtmäßigkeit überprüfen zu lassen.
52 Selbst wenn Art. 263 Abs. 5 AEUV dem Unionsgesetzgeber, wie die ACER, das Parlament, der Rat und die Kommission in ihren Antworten auf mündliche Fragen des Gerichts in der Sitzung bzw. auf die vom Gericht an sie gerichteten prozessleitenden Maßnahmen geltend machen, ein Ermessen einräumt, um die besonderen Bedingungen und Einzelheiten für die Erhebung von Klagen natürlicher oder juristischer Personen gegen Handlungen einer Einrichtung oder sonstigen Stelle der Union festzulegen, die ihnen gegenüber Rechtswirkungen entfalten, kann ein solches Ermessen immer nur unter Beachtung des Primärrechts und insbesondere der allgemeinen Grundsätze des Unionsrechts ausgeübt werden.
53 Daher ist als Erstes zu prüfen, ob es, wie die Klägerin geltend macht, mit dem in Art. 20 der Charta verankerten Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz unvereinbar ist, dass in Art. 28 Abs. 1 der Verordnung 2019/942 die von Art. 263 Abs. 4 dritte Variante AEUV in der Fassung des Vertrags von Lissabon erfasste Kategorie natürlicher oder juristischer Personen hinsichtlich der Möglichkeit, den Beschwerdeausschuss anzurufen, anders behandelt wird als die von Art. 263 Abs. 4 erste und zweite Variante AEUV erfassten anderen Kategorien natürlicher oder juristischer Personen.
54 Insoweit ist zu beachten, dass nach ständiger Rechtsprechung die in Art. 20 der Charta niedergelegte Gleichheit vor dem Gesetz ein allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts ist, nach dem vergleichbare Situationen nicht unterschiedlich und unterschiedliche Situationen nicht gleichbehandelt werden dürfen, es sei denn, dass eine solche Behandlung objektiv gerechtfertigt ist (vgl. Urteil vom 2. September 2021, État belge [Aufenthaltsrecht im Fall von häuslicher Gewalt], C‑930/19, EU:C:2021:657, Rn. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung).
55 Das für die Feststellung einer Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes geltende Erfordernis der Vergleichbarkeit der Situationen ist anhand aller die betreffenden Situationen kennzeichnenden Merkmale zu beurteilen, insbesondere im Hinblick auf den Gegenstand und das Ziel des Rechtsakts, mit dem die Unterscheidung vorgenommen wird; dabei sind die Grundsätze und Ziele des Regelungsbereichs zu berücksichtigen, in den der Rechtsakt fällt. Soweit sich die Situationen nicht miteinander vergleichen lassen, verstößt ihre unterschiedliche Behandlung nicht gegen die in Art. 20 der Charta garantierte Gleichheit vor dem Gesetz (vgl. Urteil vom 2. September 2021, État belge [Aufenthaltsrecht im Fall von häuslicher Gewalt], C‑930/19, EU:C:2021:657, Rn. 58 und die dort angeführte Rechtsprechung).
56 Im vorliegenden Fall ist zu prüfen, ob unter Berücksichtigung von Gegenstand und Ziel des durch die Art. 28 und 29 der Verordnung 2019/942 eingerichteten internen Beschwerdesystems der ACER die Situation einer natürlichen oder juristischen Person, die der von Art. 263 Abs. 4 dritte Variante AEUV in der Fassung des Vertrags von Lissabon erfassten Kategorie angehört und gemäß dieser Verordnung eine Entscheidung der ACER mit einem Rechtsbehelf anfechten möchte, mit der Situation einer natürlichen oder juristischen Person vergleichbar ist, die einer der von Art. 263 Abs. 4 erste und zweite Variante AEUV erfassten anderen Kategorien angehört und ebenfalls einen solchen Rechtsbehelf einlegen möchte.
57 Zunächst ist zu beachten, dass der Unionsgesetzgeber, wie von den Unionsgerichten bereits bekräftigt wurde, den Beschwerdeausschuss mit der notwendigen Expertise ausstatten wollte, um es ihm zu ermöglichen, Beurteilungen komplexer technischer und wirtschaftlicher Sachverhalte im Zusammenhang mit Energie selbst vorzunehmen, weshalb der Beschwerdeausschuss Entscheidungen der ACER nicht einer nur eingeschränkten Kontrolle unterziehen darf. Vielmehr muss dieser Ausschuss auf der Grundlage der wissenschaftlichen Expertise seiner Mitglieder prüfen, ob das Vorbringen des Beschwerdeführers für den Nachweis geeignet ist, dass die Entscheidung der ACER auf fehlerhaften Erwägungen beruht (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 9. März 2023, ACER/Aquind, C‑46/21 P, EU:C:2023:182, Rn. 53 bis 72, und vom 18. November 2020, Aquind/ACER, T‑735/18, EU:T:2020:542, Rn. 45 bis 71).
58 In diesem Zusammenhang haben die Unionsgerichte klargestellt, dass die Schaffung des Beschwerdeausschusses Teil eines umfassenden Ansatzes des Unionsgesetzgebers ist, der darauf abzielt, die Agenturen der Union mit Beschwerdeinstanzen auszustatten, wenn ihnen eine Entscheidungsbefugnis über komplexe technische oder wissenschaftliche Fragen übertragen wurde, die die Rechtslage der betroffenen Parteien unmittelbar berühren kann. Diese Beschwerdeinstanzen stellen ein geeignetes Mittel dar, um die Rechte der betroffenen Parteien in einem Zusammenhang zu schützen, in dem sich die Kontrolle durch die Unionsgerichte nach ständiger Rechtsprechung deshalb, weil die Unionsbehörden über ein weites Ermessen insbesondere bezüglich hochkomplexer wissenschaftlicher und technischer tatsächlicher Umstände bei der Festlegung von Art und Umfang der Maßnahmen verfügen, die sie erlassen, auf die Prüfung beschränken muss, ob die Ausübung dieses Ermessens nicht offensichtlich fehlerhaft ist oder einen Ermessensmissbrauch darstellt oder ob diese Behörden die Grenzen ihres Ermessens offensichtlich überschritten haben (Urteil vom 9. März 2023, ACER/Aquind, C‑46/21 P, EU:C:2023:182, Rn. 56 und 57; vgl. auch Urteil vom 7. März 2013, Bilbaína de Alquitranes u. a./ECHA, T‑93/10, EU:T:2013:106, Rn. 76 und die dort angeführte Rechtsprechung).
59 Es ist somit festzustellen, dass Art. 28 Abs. 1 der Verordnung 2019/942, indem er natürlichen oder juristischen Personen, die wie die Klägerin der von Art. 263 Abs. 4 dritte Variante AEUV in der Fassung des Vertrags von Lissabon erfassten Kategorie angehören, nicht die Anrufung des Beschwerdeausschusses erlaubt, eine unterschiedliche Behandlung bewirkt, da diese Personen nur eine eingeschränkte Kontrolle von Entscheidungen der ACER durch das Gericht hinsichtlich komplexer wissenschaftlicher, technischer oder wirtschaftlicher Beurteilungen im Zusammenhang mit Energie beanspruchen können, während natürlichen oder juristischen Personen, die den von Art. 263 Abs. 4 erste und zweite Variante AEUV erfassten Kategorien angehören, eine vollständige Kontrolle durch den Beschwerdeausschuss hinsichtlich dieser wissenschaftlichen, technischen oder wirtschaftlichen Beurteilungen zusteht.
60 Wie die ACER, das Parlament, der Rat und die Kommission in ihren Antworten auf die an sie gerichteten prozessleitenden Maßnahmen des Gerichts im Wesentlichen geltend gemacht haben, ist diese unterschiedliche Behandlung hinsichtlich des Zugangs zur vollständigen Kontrolle durch den Beschwerdeausschuss jedoch deshalb gerechtfertigt, weil die verschiedenen Kategorien betroffener natürlicher oder juristischer Personen jeweils einen mehr oder weniger engen Bezug zu den Entscheidungen der ACER aufweisen. Während nämlich natürliche oder juristische Personen, die unter Art. 263 Abs. 4 erste und zweite Variante AEUV in der Fassung des Vertrags von Lissabon fallen, durch diese Entscheidungen individualisiert werden, weil diese an sie gerichtet sind oder sie wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände in ähnlicher Weise berühren wie einen Adressaten (Urteile vom 15. Juli 1963, Plaumann/Kommission, 25/62, EU:C:1963:17, S. 238, und vom 17. September 2015, Mory u. a./Kommission, C‑33/14 P, EU:C:2015:609, Rn. 93), gilt dies nicht für natürliche oder juristische Personen, die unter Art. 263 Abs. 4 dritte Variante AEUV fallen.
61 Diese unterschiedliche Behandlung, die auf den in Art. 28 der Verordnung 2019/942 festgelegten objektiven Kriterien beruht, ist somit gerechtfertigt, denn sie steht sowohl im Zusammenhang mit einem rechtlich zulässigen Ziel, das mit der betreffenden Regelung verfolgt wird, als auch in einem angemessenen Verhältnis zu dem mit dieser Behandlung verfolgten Ziel (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 5. Juli 1977, Bela-Mühle Bergmann, 114/76, EU:C:1977:116, Rn. 7, und vom 16. Dezember 2008, Arcelor Atlantique et Lorraine u. a., C‑127/07, EU:C:2008:728, Rn. 47).
62 Die Verwendung der vom Unionsgesetzgeber in Art. 28 der Verordnung 2019/942 festgelegten objektiven Kriterien hängt nämlich mit dem mit dieser Bestimmung verfolgten Ziel zusammen, ein System von verwaltungsinternen Rechtsbehelfen in Bezug auf bestimmte Kategorien von Rechtsakten der ACER und von natürlichen oder juristischen Personen einzurichten, die einen engen Bezug zu diesen Rechtsakten aufweisen.
63 Angesichts dessen, dass natürliche oder juristische Personen, die wie die Klägerin unter Art. 263 Abs. 4 dritte Variante AEUV fallen, zu den „Einzelentscheidungen“ der ACER einen weniger engen Bezug haben als natürliche oder juristische Personen, die den von Art. 263 Abs. 4 erste und zweite Variante AEUV in der Fassung des Vertrags von Lissabon erfassten Kategorien angehören, ist es gerechtfertigt und angemessen, dass sie nur eine eingeschränkte Kontrolle dieser Entscheidungen vor dem Gericht erwirken können, wobei sie wohlgemerkt im Gegensatz zu den beiden anderen Personenkategorien weder der Verpflichtung aus Art. 29 der Verordnung 2019/942, das in Art. 28 dieser Verordnung vorgesehene vorherige Beschwerdeverfahren zu erschöpfen (siehe oben, Rn. 47), noch dem in Art. 58a der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union vorgesehenen Verfahren der vorherigen Zulassung von Rechtsmitteln unterliegen.
64 Außerdem kann dem Unionsgesetzgeber nach der Rechtsprechung eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes nur dann vorgeworfen werden, wenn vergleichbare Sachverhalte ungleich behandelt und dadurch bestimmte Personen gegenüber anderen benachteiligt werden (Urteile vom 13. Juli 1962, Klöckner-Werke und Hoesch/Hohe Behörde, 17/61 und 20/61, EU:C:1962:30, S. 692, und vom 16. Dezember 2008, Arcelor Atlantique et Lorraine u. a., C‑127/07, EU:C:2008:728, Rn. 39).
65 Insoweit kann in der vom Gericht ausgeübten unmittelbaren Kontrolle kein Nachteil für natürliche oder juristische Personen gesehen werden, die sich im Hinblick auf einen Rechtsakt der ACER nicht in einer der in Art. 28 der Verordnung 2019/942 genannten Situationen befinden.
66 Denn die Tatsache, dass in der Überprüfung eines Rechtsakts der ACER durch den Beschwerdeausschuss ein geeignetes Mittel zum Schutz der Rechte natürlicher oder juristischer Personen, die einen engen Bezug zu diesem Rechtsakt aufweisen, in einem Zusammenhang gesehen wurde, in dem die Unionsbehörden über ein weites Ermessen insbesondere bezüglich hochkomplexer wissenschaftlicher und technischer tatsächlicher Umstände bei der Festlegung von Art und Umfang der Maßnahmen verfügen, die sie erlassen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 9. März 2023, ACER/Aquind, C‑46/21 P, EU:C:2023:182, Rn. 57), kann nicht bedeuten, dass eine direkte Klage vor dem Gericht gemäß Art. 263 Abs. 4 AEUV nicht gleichermaßen als geeignetes Mittel zum Schutz der Rechte natürlicher oder juristischer Personen, die einen weniger engen Bezug zu diesem Rechtsakt aufweisen, angesehen werden könnte.
67 Der Unionsgesetzgeber hat demnach in Art. 28 Abs. 1 der Verordnung 2019/942 eine gerechtfertigte unterschiedliche Behandlung natürlicher oder juristischer Personen eingeführt, die sich in Bezug auf die Entscheidungen der ACER nicht in ein und derselben oder einer vergleichbaren Situation befinden und somit nicht denselben besonderen Bedingungen oder Einzelheiten für ihre Rechtsbehelfe gegen diese Entscheidungen unterworfen werden müssen, so dass diese unterschiedliche Behandlung nicht als Verletzung des in Art. 20 der Charta verankerten Grundsatzes der Gleichheit vor dem Gesetz zu werten ist.
68 Als Zweites ist zu prüfen, ob es, wie die Klägerin geltend macht, gegen den Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes und gegen Art. 47 der Charta in der Umsetzung durch Art. 263 Abs. 4 AEUV verstößt, dass sich natürliche oder juristische Personen, die wie sie der von Art. 263 Abs. 4 dritte Variante AEUV in der Fassung des Vertrags von Lissabon erfassten Kategorie angehören, nicht an den Beschwerdeausschuss wenden können.
69 Gemäß Art. 47 der Charta hat jede Person, deren durch das Recht der Union garantierte Rechte und Freiheiten verletzt worden sind, das Recht, nach Maßgabe der in diesem Artikel vorgesehenen Bedingungen bei einem Gericht einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte wird das Recht auf Zugang zu den Gerichten nicht uneingeschränkt gewährleistet und kann daher verhältnismäßigen, einem legitimen Zweck dienenden und dieses Recht nicht in seinem Wesensgehalt antastenden Beschränkungen unterworfen sein (vgl. Beschluss vom 6. April 2017, PITEE/Kommission, C‑464/16 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2017:291, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung). Gemäß Art. 52 Art. 1 der Charta ist eine Einschränkung des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf nur gerechtfertigt, wenn sie gesetzlich vorgesehen ist, den Wesensgehalt dieses Rechts achtet und unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit erforderlich ist sowie den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entspricht (Urteile vom 4. Mai 2016, Pillbox 38, C‑477/14, EU:C:2016:324, Rn. 160, und vom 15. September 2016, Star Storage u. a., C‑439/14 und C‑488/14, EU:C:2016:688, Rn. 49).
70 Im vorliegenden Fall ergibt sich, wie bereits dargelegt (siehe oben, Rn. 47 und 67), aus der Auslegung von Art. 263 Abs. 4 AEUV in Verbindung mit den Art. 28 und 29 der Verordnung 2019/942 unter Berücksichtigung des oben in Rn. 40 angeführten allgemeinen Auslegungsgrundsatzes, dass natürliche oder juristische Personen, die wie die Klägerin der von Art. 263 Abs. 4 dritte Variante AEUV in der Fassung des Vertrags von Lissabon erfassten Kategorie angehören, Entscheidungen der ACER unmittelbar vor dem Gericht anfechten können.
71 Solange der Rechtsweg zum Gericht für Aufhebungsklagen offensteht, kann aber nicht angenommen werden, dass der Unionsgesetzgeber durch den Erlass der Art. 28 und 29 der Verordnung 2019/942 das Recht auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz verletzt hätte.
72 Zwar sind die vom Unionsgesetzgeber in den Art. 28 und 29 der Verordnung 2019/942 festgelegten besonderen Bedingungen und Einzelheiten für die Einlegung einer Beschwerde vor dem Beschwerdeausschuss, wie dieser Ausschuss in Rn. 57 der angefochtenen Entscheidung und die Klägerin in der mündlichen Verhandlung ausgeführt haben, mit unbefriedigenden prozessualen Komplikationen verbunden. Zum einen könnten sie dazu führen, dass vor dem Beschwerdeausschuss und dem Gericht parallele Rechtsbehelfe gegen dieselben Entscheidungen der ACER eingelegt werden, und zwar entweder durch dieselben natürlichen oder juristischen Personen, sofern Zweifel darüber bestehen, welcher Kategorie im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV sie angehören, oder durch natürliche oder juristische Personen, die verschiedenen Kategorien im Sinne dieser Bestimmung angehören, was alle Komplikationen nach sich zöge, die mit der Behandlung solcher Rechtsbehelfe einhergehen (Aussetzung, Erledigung der Hauptsache usw.). Zum anderen könnte dadurch, dass die jeweilige Zuständigkeit des Beschwerdeausschusses und des Gerichts für einen Rechtsbehelf einer natürlichen oder juristischen Person, die nicht Adressatin eines Rechtsakts der ACER ist, der gegenüber dieser Akt aber Rechtswirkungen entfaltet, und infolgedessen die von dieser Person zu befolgende Vorgehensweise zur Anfechtung dieses Rechtsakts von der komplexen Rechtsfrage abhängig gemacht werden, ob diese Person von diesem Rechtsakt „individuell betroffen“ ist, die Anwendung dieser besonderen Bedingungen und Einzelheiten zu zahlreichen Rechtsstreitigkeiten vor dem Beschwerdeausschuss, dem Gericht und dem Gerichtshof führen.
73 Das Risiko paralleler Rechtsbehelfe gegen ein und denselben Rechtsakt der ACER besteht jedoch unabhängig von den Art. 28 und 29 der Verordnung 2019/942, da privilegierte Kläger, wie insbesondere aus Rn. 31 des Urteils vom 16. März 2022, MEKH und FGSZ/ACER (T‑684/19 und T‑704/19, EU:T:2022:138), hervorgeht, berechtigt sind, eine Klage auf Aufhebung einer Entscheidung der ACER unmittelbar vor dem Gericht zu erheben. Zudem ist die Komplexität des Begriffs „individuelle Betroffenheit“ keine spezielle Folge des mit den Art. 28 und 29 der Verordnung 2019/942 eingerichteten Beschwerdesystems.
74 Jedenfalls können solche prozessualen Komplikationen nicht für die Feststellung ausreichen, dass das Rechtsbehelfssystem als solches gegen den in Art. 47 der Charta garantierten Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes verstieße.
75 Deshalb kann auch in Art. 28 Abs. 1 der Verordnung 2019/942 kein Verstoß gegen den Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes und gegen Art. 47 der Charta in der Umsetzung durch Art. 263 Abs. 4 AEUV gesehen werden.
76 Die Einrede der Rechtswidrigkeit ist somit als unbegründet zurückzuweisen, so dass der zweite Klagegrund insgesamt nicht durchgreift.
77 Daher ist im Folgenden die Begründetheit des ersten Klagegrundes zu prüfen, mit dem ein Verstoß gegen Art. 28 Abs. 1 der Verordnung 2019/942 gerügt wird.
Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 28 Abs. 1 der Verordnung 2019/942
78 Die Klägerin trägt vor, der Beschwerdeausschuss habe in der angefochtenen Entscheidung dadurch gegen Art. 28 Abs. 1 der Verordnung 2019/942 verstoßen, dass er ihre Befugnis, bei ihm eine Beschwerde gegen die Ausgangsentscheidung einzulegen, verneint habe, obwohl diese Entscheidung sie unmittelbar und individuell betreffe.
79 Der Beschwerdeausschuss habe in den Rn. 41 ff. der angefochtenen Entscheidung nach Maßgabe der Rechtsprechung zutreffend festgestellt, dass die Ausgangsentscheidung die Klägerin unmittelbar betreffe und sich direkt auf ihre Rechtsstellung auswirke, indem sie sie vorübergehend daran hindere, die Preise ihrer Gebote auf dem Regelreservemarkt frei festzusetzen, da Gebote, die die in der Ausgangsentscheidung festgelegte vorläufige Preisgrenze überschritten, von den ÜNB der Core-Region auf den europäischen Plattformen PICASSO und MARI nicht mehr angenommen werden dürften.
80 Dagegen habe der Beschwerdeausschuss es zu Unrecht abgelehnt, in der angefochtenen Entscheidung festzustellen, dass die Ausgangsentscheidung die Klägerin individuell betreffe, und zwar im Einklang mit den im Rahmen der Anwendung von Art. 263 Abs. 4 AEUV entwickelten Rechtsprechungsgrundsätzen, wie sie dem Zweck des Verfahrens vor dem Beschwerdeausschuss angepasst seien, das nach dem 34. Erwägungsgrund der Verordnung 2019/942 als vereinfachter Mechanismus zur umfassenden behördlichen Selbstkontrolle im Interesse einer guten Verwaltung konzipiert sei, der den zahlreichen Interessenträgern offenstehe, die von den Marktregulierungsentscheidungen der ACER, wie der in der Ausgangsentscheidung festgelegten vorübergehenden Preisgrenze, betroffen seien. Dieser Mechanismus sei eine Reaktion auf die Bedenken, die der Gerichtshof hinsichtlich der Übertragung von Befugnissen für Einzelentscheidungen, die die Ausübung eines weiten Ermessens voraussetzten, auf Einrichtungen oder Agenturen geäußert habe.
81 Im vorliegenden Fall seien bestimmte Marktteilnehmer, nämlich die ÜNB, besonders in den Entscheidungsprozess einbezogen und als einzige Adressaten von Handlungen bezeichnet, die zwar in Form von Einzelfallentscheidungen im Sinne von Art. 288 Abs. 4 Satz 2 AEUV erlassen würden, in der Praxis aber Verordnungscharakter hätten, so dass den anderen davon betroffenen Marktteilnehmern eine umfassende Kontrolle dieser Handlungen eröffnet werden müsse, damit sie ihre Interessen wahren könnten, die denen der ÜNB möglicherweise entgegenstünden.
82 Angesichts dieser Situation sei Art. 28 Abs. 1 der Verordnung 2019/942 im Einklang mit Art. 5 Abs. 8 der Verordnung 2017/2195 auszulegen, der jeder Partei, einschließlich der Marktteilnehmer, das Recht einräume, bei den NRB gegen Entscheidungen der ÜNB Beschwerde einzulegen. Die von der ACER befürwortete Auslegung von Art. 28 der Verordnung 2019/942 sei nicht nur „unbefriedigend“, wie der Beschwerdeausschuss in Rn. 57 der angefochtenen Entscheidung festgestellt habe, sondern laufe auch dem Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes, dem Diskriminierungsverbot sowie dem Ziel des mit diesem Artikel eingeführten Mechanismus zur Entlastung der Unionsgerichte zuwider.
83 Erstens habe sich die Klägerin aktiv an dem Verfahren beteiligt, das zum Erlass der Ausgangsentscheidung geführt habe, was nach der Rechtsprechung ein relevanter Aspekt unter anderen für die Feststellung der individuellen Betroffenheit eines Klägers sei. Im vorliegenden Fall habe sie an der vom ENTSO-E gemäß Art. 10 der Verordnung 2017/2195 durchgeführten öffentlichen Konsultation dadurch aktiv teilgenommen, dass sie ihre Stellungnahme vom 30. Juli 2021 der ACER vorgelegt habe, bevor dieser der ÜNB-Vorschlag unterbreitet worden sei. Außerdem habe sie auch an der von der ACER durchgeführten öffentlichen Konsultation zu diesem Vorschlag insoweit aktiv teilgenommen, als sie der ACER ihre Stellungnahme vom 10. November 2021 übermittelt habe. Nach Art. 10 Abs. 6 der Verordnung 2017/2195 hätten die ÜNB und letztlich die ACER ihrer Stellungnahme vom 30. Juli 2021 folgen oder in ihrem Vorschlag fundiert begründen müssen, warum sie davon abwichen.
84 Zweitens sei die Klägerin von der Ausgangsentscheidung ähnlich wie die ÜNB als deren Adressaten individuell betroffen, wenn nicht sogar noch stärker als Letztere, da diese Entscheidung nach der Rechtsprechung ihre Wettbewerbsstellung auf dem Regelreservemarkt dadurch spürbar beeinträchtige, dass der Preis, zu dem sie den betreffenden Strom an die einzigen Nachfrager, die ÜNB, verkaufen dürfe, künstlich gesenkt werde, so dass sie vorübergehend daran gehindert werde, einen Marktpreis zu erzielen, der (zur Deckung der hohen Opportunitätskosten der Gebote) höher sein müsse, oder hinsichtlich dieses Stroms in einen preisgesteuerten Wettbewerb zu treten. Sie werde wie einige andere Regelreserveanbieter, die für Anlagen mit hohen variablen Grenzkosten die Präqualifikation erreicht hätten, durch die Ausgangsentscheidung in erster Linie getroffen und belastet, während die ÜNB als Adressaten der Entscheidung durch diese begünstigt würden.
85 Die Klägerin sei somit im Hinblick auf den materiellen Gehalt einer der Hauptadressaten der Ausgangsentscheidung gewesen, die ihre unternehmerische Freiheit beeinträchtige, indem sie sie daran hindere, Regelarbeit zu einem Preis zu verkaufen, der nicht nur die variablen Kosten ihrer Kraftwerke abdecke, sondern auch die erheblichen Investitionen, die getätigt worden seien, um deren Betriebsbereitschaft auf dem Regelreservemarkt aufrechtzuerhalten, obwohl ihre Abrufwahrscheinlichkeit aufgrund ihrer hohen variablen Grenzkosten und ihrer daraus folgenden Position im hinteren Teil der Merit Order gering sei.
86 Wie in der Rechtsprechung vorgesehen, beruhe die spürbare Beeinträchtigung der Marktstellung der Klägerin im vorliegenden Fall auf Einnahmeausfällen, die sich für sie aus der Ausgangsentscheidung ergäben, ungeachtet dessen, dass andere Wettbewerber in ähnlicher Weise betroffen sein könnten wie sie. Insoweit beruft sich die Klägerin insbesondere auf die Situation der beiden von ihr in Deutschland betriebenen Kraftwerke Audorf und Itzehoe, in die sie erheblich investiert habe, um ihre Betriebsbereitschaft und Einsatzfähigkeit im Regelreservemarkt aufrechtzuerhalten. Im Übrigen betreffe sie die Ausgangsentscheidung in besonderer Weise als in Deutschland – d. h. in einer der wenigen bereits mit den europäischen Plattformen PICASSO und MARI verbundenen Regelzonen – tätige Regelreserveanbieterin, der es nach einem langen und kostspieligen Verfahren gelungen sei, die Präqualifikation von Anlagen zur Bereitstellung von Regelarbeit zu erreichen, und die daran gehindert sei, Gebote zu weit über 15 000 Euro/MWh liegenden Preisen abzugeben, die durch die hohen variablen Grenzkosten der in Rede stehenden Anlagen gerechtfertigt seien.
87 Die Klägerin wirft dem Beschwerdeausschuss vor, in der angefochtenen Entscheidung von dem Grundsatz ausgegangen zu sein, dass sie hätte nachweisen müssen, qualitativ anders als alle anderen Marktteilnehmer auf dem Regelreservemarkt betroffen zu sein. Eine solche Voraussetzung ergebe sich nicht aus den im Rahmen der Anwendung von Art. 263 Abs. 4 AEUV entwickelten Rechtsprechungsgrundsätzen und sei auch nicht durch den oben in Rn. 80 angeführten Zweck des Verfahrens vor dem Beschwerdeausschuss gerechtfertigt.
88 Drittens sei die Klägerin durch die Ausgangsentscheidung in gleicher Weise individualisiert wie die ÜNB als deren Adressaten, da mit dieser Entscheidung die Verfahrensgarantien verletzt worden seien, die ihr das Unionsrecht nach der Rechtsprechung im Rahmen des Erlasses dieser Entscheidung gewähre. Ab dem Zeitpunkt, zu dem die ACER an die Stelle der ÜNB der Core-Region getreten sei, indem sie deren Vorschlag geändert habe, hätte sie nämlich auch das in Art. 10 der Verordnung 2017/2195 vorgesehene Konsultationsrecht beachten müssen. Im vorliegenden Fall habe die Klägerin im Rahmen der Änderung der streitigen Methode ihre Absicht, ihre Interessen und Rechte zu wahren, dadurch bekundet, dass sie zunächst an der öffentlichen Konsultation, die der ENTSO-E gemäß diesem Artikel eingeleitet habe, bevor der ÜNB-Vorschlag der ACER unterbreitet worden sei, und dann an dem von der ACER eingeleiteten Konsultationsverfahren teilgenommen habe. In der Erwiderung wirft die Klägerin der ACER außerdem vor, ihr in Art. 14 Abs. 6 der Verordnung 2019/942 garantiertes Recht auf vorherige Anhörung nicht beachtet zu haben.
89 Die ACER tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen und beantragt, den ersten Klagegrund zurückzuweisen.
90 Einleitend ist zu beachten, dass die „besonderen Bedingungen und Einzelheiten“ im Sinne von Art. 263 Abs. 5 AEUV dahin auszulegen sind, dass sie nur auf die Festlegung rein interner Bedingungen und Einzelheiten durch ein Organ, eine Einrichtung oder eine sonstige Stelle der Union abzielen, die der Erhebung einer Klage vorgeschaltet sind und insbesondere die Funktionsweise eines Mechanismus der Selbstüberwachung oder den Ablauf eines Verfahrens zur gütlichen Einigung regeln, um ein Verfahren vor den Unionsgerichten zu vermeiden (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 12. September 2013, European Dynamics Luxembourg u. a./HABM, T‑556/11, EU:T:2013:514, Rn. 60, und Urteil vom 25. Oktober 2018, KF/SATCEN, T‑286/15, EU:T:2018:718, Rn. 107). Diese besonderen Bedingungen und Einzelheiten müssen daher in jeder Hinsicht mit der allgemeinen Regelung in Art. 263 AEUV hinsichtlich der Zuständigkeit der Unionsgerichte für die Entscheidung über die ihnen zugewiesenen Klagen in Einklang stehen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 4. Februar 2016, Italian International Film/EACEA, T‑676/13, EU:T:2016:62, Rn. 27, vom 8. Juni 2016, Monster Energy/EUIPO [Darstellung eines Friedenssymbols], T‑583/15, EU:T:2016:338, Rn. 43, und vom 8. Juni 2016, Monster Energy/EUIPO [GREEN BEANS], T‑585/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:339, Rn. 41).
91 Soweit die allgemeine Regelung in Art. 263 AEUV und die aufgrund von Art. 263 Abs. 5 AEUV erlassenen besonderen Bedingungen und Einzelheiten dieselben Zulässigkeitsvoraussetzungen enthalten, sind diese daher grundsätzlich einheitlich auszulegen. Bei der Prüfung, ob die Klägerin von dem angefochtenen Rechtsakt, nämlich der Ausgangsentscheidung, gemäß Art. 28 Abs. 1 der Verordnung 2019/942 individuell betroffen war, ist somit auf die Rechtsprechung abzustellen, die zu Art. 263 Abs. 4 zweite Variante AEUV in der Fassung des Vertrags von Lissabon ergangen ist.
92 Was die Voraussetzung der individuellen Betroffenheit im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV angeht, ist zu beachten, dass eine natürliche oder juristische Person, die nicht Adressat einer Handlung ist, nur dann geltend machen kann, von dieser Handlung individuell betroffen zu sein, wenn diese sie wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände berührt und daher in ähnlicher Weise individualisiert wie den Adressaten (Urteil vom 15. Juli 1963, Plaumann/Kommission, 25/62, EU:C:1963:17, S. 238).
93 Im Übrigen ergibt sich aus der Rechtsprechung zu Art. 263 Abs. 4 AEUV, dass grundsätzlich der Kläger, wenn er als natürliche oder juristische Person nicht Adressat der von ihm angefochtenen Handlung ist, zur Begründung seiner Klage die persönlichen Eigenschaften oder besonderen Umstände geltend zu machen und nachzuweisen hat, die ihn aus dem Kreis aller übrigen Personen herausheben und in ähnlicher Weise individualisieren wie den Adressaten (vgl. in diesem Sinne Beschlüsse vom 28. September 2011, UCAPT/Rat, T‑96/09, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:542, Rn. 47, und vom 6. Mai 2020, Sabo u. a./Parlament und Rat, T‑141/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:179, Rn. 32). In diesem Sinne heißt es auch in Art. 15 Abs. 1 Buchst. d der Verfahrensordnung des Beschwerdeausschusses, dass es Sache des Beschwerdeführers ist, nachzuweisen, dass die Entscheidung der ACER ihn gemäß Art. 28 Abs. 1 der Verordnung 2019/942 unmittelbar und individuell betrifft.
94 Im vorliegenden Fall hat die Klägerin ausweislich der – im Rahmen der vorliegenden Klage unbestrittenen – Darstellung ihres Vorbringens in Rn. 45 der angefochtenen Entscheidung in Verbindung mit den Rn. 99 bis 110 ihrer Beschwerdebegründung vom 28. April 2022 vor dem Beschwerdeausschuss geltend gemacht, die Ausgangsentscheidung betreffe sie individuell, da sie ihre Wettbewerbsstellung auf dem deutschen Regelreservemarkt, auf dem sie einer der größten aktiven Anbieter sei, spürbar beeinträchtige. Sie verteidige ihre Interessen auf diesem Markt aktiv und habe insbesondere an dem Konsultationsverfahren zum ÜNB-Vorschlag teilgenommen und die Fragen der ACER beantwortet. Sie sei von der Ausgangsentscheidung besonders beeinträchtigt, da mehrere ihrer präqualifizierten Anlagen hohe variable Grenzkosten aufwiesen. Diese Entscheidung betreffe eine im Voraus bestimmte Gruppe von Wirtschaftsteilnehmern, der sie angehöre und die aus Regelreserveanbietern bestehe, denen es gelungen sei, Anlagen zur Bereitstellung von Regelarbeit präqualifizieren zu lassen, oder deren Anlagen derzeit präqualifiziert würden.
95 In den Rn. 46 bis 50 der angefochtenen Entscheidung hat der Beschwerdeausschuss die von der Klägerin angeführten „Eigenschaften“ oder „Umstände“ geprüft und festgestellt, dass diese nicht ausreichten, um sie im Sinne der aus dem Urteil vom 15. Juli 1963, Plaumann/Kommission (25/62, EU:C:1963:17, S. 238), hervorgegangenen Rechtsprechung zu individualisieren.
96 Im Rahmen der vorliegenden Klage wirft die Klägerin dem Beschwerdeausschuss im Wesentlichen vor, in der angefochtenen Entscheidung nicht festgestellt zu haben, dass sie aufgrund ihrer persönlichen Eigenschaften, die sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushöben, von der Ausgangsentscheidung individuell betroffen sei.
97 Die Klägerin macht erstens geltend, dass sie an der öffentlichen Konsultation, die der ENTSO-E gemäß Art. 10 der Verordnung 2017/2195 durchgeführt habe, bevor der ACER der ÜNB-Vorschlag unterbreitet worden sei, durch die Vorlage ihrer Stellungnahme vom 30. Juli 2021 und an der von der ACER durchgeführten öffentlichen Konsultation zu diesem Vorschlag durch die Vorlage ihrer Stellungnahme vom 10. November 2021 aktiv teilgenommen habe; außerdem hätten die ÜNB und letztlich die ACER nach Art. 10 Abs. 6 der Verordnung 2017/2195 ihrer Stellungnahme vom 30. Juli 2021 folgen oder in ihrem Vorschlag fundiert begründen müssen, warum sie davon abwichen.
98 Die Klägerin trägt zweitens vor, die Ausgangsentscheidung beeinträchtige ihre Wettbewerbsstellung auf dem deutschen Regelreservemarkt spürbar. Diese Entscheidung stelle einen Eingriff in diesen Markt dar, indem sie die freie Preisbildung verhindere, die Möglichkeiten eines Preiswettbewerbs einschränke und die wenigen Regelreserveanbieter, die in einer der wenigen bereits mit den europäischen Plattformen PICASSO und MARI verbundenen Regelzonen tätig seien und Anlagen mit hohen variablen Grenzkosten hätten präqualifizieren lassen, in die sie massiv investiert hätten und die daher aufgrund ihrer Position im hinteren Teil der Merit Order hohe Opportunitätskosten verursachten, daran hindere, ihre Kosten zu decken.
99 Die Klägerin rügt drittens eine Verletzung der ihr im Rahmen des Erlasses der Ausgangsentscheidung nach dem Unionsrecht zustehenden Verfahrensgarantien im Sinne der Rechtsprechung, da die ACER weder ihr Recht auf Konsultation gemäß Art. 10 Abs. 1 der Verordnung 2017/2195 noch ihr Recht auf vorherige Anhörung gemäß Art. 14 Abs. 6 der Verordnung 2019/942 beachtet habe.
100 Die ACER bekräftigt in ihren Schriftsätzen den Standpunkt des Beschwerdeausschusses, wonach die von der Klägerin vor dem Gericht angeführten „Eigenschaften“ oder „Umstände“ nicht ausreichten, um sie im Sinne der aus dem Urteil vom 15. Juli 1963, Plaumann/Kommission (25/62, EU:C:1963:17, S. 238), hervorgegangenen Rechtsprechung zu individualisieren (siehe oben, Rn. 95).
101 In Bezug auf die von ihr vor dem Beschwerdeausschuss angeführten und von diesem in der angefochtenen Entscheidung geprüften „Eigenschaften“ bzw. „Umstände“ – nämlich dass sie auf dem deutschen Regelreservemarkt als einer der dort größten Anbieter tätig sei –, die sie dann im Rahmen der vorliegenden Klage mit dem Vorbringen weiterentwickelt hat, dass ihre Stellung auf diesem Markt durch die Ausgangsentscheidung spürbar beeinträchtigt worden sei (siehe oben, Rn. 84 bis 87, 94 und 98), verweist die Klägerin auf die Rechtsprechung der Unionsgerichte zu staatlichen Beihilfen und zu Unternehmenszusammenschlüssen.
102 Insoweit hat die Rechtsprechung zwar angenommen, dass von einer Entscheidung der Kommission, mit der ein förmliches Prüfverfahren wegen staatlicher Beihilfen abgeschlossen wird, neben dem Unternehmen, das durch die in diesem Verfahren geprüfte Beihilfemaßnahme begünstigt wird, u. a. dessen Konkurrenzunternehmen individuell betroffen sind, wenn sie im Rahmen dieses Verfahrens eine aktive Rolle gespielt haben und sofern ihre Marktstellung durch die Beihilfemaßnahme spürbar beeinträchtigt worden ist (vgl. Urteil vom 2. September 2021, Ja zum Nürburgring/Kommission, C‑647/19 P, EU:C:2021:666, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung). In diesem Zusammenhang kann sich ein Unternehmen nicht lediglich auf seine Eigenschaft als Mitbewerber des durch die Beihilfemaßnahme begünstigten Unternehmens berufen, sondern muss darüber hinaus darlegen, dass tatsächliche Umstände vorliegen, die es in ähnlicher Weise individualisieren wie den Adressaten einer Entscheidung (Urteil vom 22. Dezember 2008, British Aggregates/Kommission, C‑487/06 P, EU:C:2008:757, Rn. 48).
103 Aus der Rechtsprechung zu Unternehmenszusammenschlüssen geht außerdem hervor, dass bei einer Entscheidung, mit der ein Zusammenschluss für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt wird, die individuelle Betroffenheit eines an diesem Zusammenschluss nicht beteiligten Unternehmens von seiner Teilnahme am Verwaltungsverfahren und der Beeinträchtigung seiner Marktstellung abhängt. Um in diesem Kontext eine Beeinträchtigung der Marktstellung eines Klägers anzunehmen, berücksichtigen die Unionsgerichte, dass er einer der Hauptkonkurrenten der Parteien des Zusammenschlusses ist, die durch die den Zusammenschluss genehmigende Entscheidung begünstigt werden (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 4. Juli 2006, easyJet/Kommission, T‑177/04, EU:T:2006:187, Rn. 37, vom 20. Dezember 2023, Mainova/Kommission, T‑64/21, nicht veröffentlicht, Rechtsmittel anhängig, EU:T:2023:843, Rn. 85, und vom 20. Dezember 2023, enercity/Kommission, T‑65/21, nicht veröffentlicht, Rechtsmittel anhängig, EU:T:2023:844, Rn. 83), dass er zwar nur ein bloßer Wettbewerber dieser Parteien ist, der Zusammenschluss jedoch konkret bezeichnete potenzielle Auswirkungen auf seine wirtschaftliche Lage hat, wie etwa die Entwertung erheblicher Investitionen, die im Hinblick auf die bisherige Marktstruktur getätigt und langfristig kalkuliert wurden (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 17. Mai 2023, EVH/Kommission, T‑312/20, Rechtsmittel anhängig, EU:T:2023:252, Rn. 42 und 46, vom 17. Mai 2023, TEAG/Kommission, T‑315/20, nicht veröffentlicht, Rechtsmittel anhängig, EU:T:2023:259, Rn. 42 und 46, sowie vom 17. Mai 2023, GGEW/Kommission, T‑319/20, nicht veröffentlicht, Rechtsmittel anhängig, EU:T:2023:263, Rn. 42 und 46), dass er im Fall oligopolistischer Märkte ein potenzieller Wettbewerber der an dem Zusammenschluss beteiligten Unternehmen ist oder – unter bestimmten Umständen – dass er auf Märkten präsent ist, die den Märkten benachbart oder vor- oder nachgelagert sind, auf denen ein Unternehmen eine Monopolstellung innehat, die durch den Zusammenschluss gefestigt wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. September 2003, ARD/Kommission, T‑158/00, EU:T:2003:246, Rn. 78).
104 Die oben in den Rn. 102 und 103 angeführte Rechtsprechung beruht jedoch zumindest teilweise darauf, dass auf dem von der streitigen Entscheidung erfassten Markt ein tatsächliches oder potenzielles Wettbewerbsverhältnis zwischen den von dieser Entscheidung begünstigten Unternehmen und dem Kläger besteht, dessen Stellung auf diesem Markt oder auf benachbarten oder vor- oder nachgelagerten Märkten durch diese Entscheidung auf eine konkret bezeichnete Weise negativ berührt und gegebenenfalls spürbar beeinträchtigt wird.
105 Im vorliegenden Fall hat die Klägerin nicht behauptet, geschweige denn nachgewiesen, dass bestimmte ihrer Mitbewerber auf dem deutschen Regelreservemarkt, auf dem sie tätig ist und der von der Ausgangsentscheidung erfasst wird, durch diese Entscheidung begünstigt würden. Vielmehr geht aus ihrem Vorbringen hervor, dass sie nur allgemeine Auswirkungen der Ausgangsentscheidung auf den deutschen Regelreservemarkt anführt, die alle Regelreserveanbieter beeinträchtigen, die ebenso wie sie auf diesem Markt sowie auf dem tschechischen und dem österreichischen Markt tätig sind.
106 Selbst wenn die Klägerin als einer der größten Anbieter auf dem deutschen Regelreservemarkt wirtschaftlich stärker beeinträchtigt sein sollte als einige ihrer Mitbewerber auf diesem Markt, würde dies nicht ausreichen, um sie im Sinne der aus dem Urteil vom 15. Juli 1963, Plaumann/Kommission (25/62, EU:C:1963:17, S. 238), hervorgegangenen Rechtsprechung zu individualisieren. Denn nach ständiger Rechtsprechung sind einzelne Marktbeteiligte nicht bereits deshalb von einem Rechtsakt individuell betroffen, weil dieser sie wirtschaftlich stärker berührt als ihre Konkurrenten. Selbst wenn also eine Entscheidung besondere Auswirkungen auf die wirtschaftliche Lage des Klägers haben sollte, reicht dies nicht aus, um ihn aus dem Kreis aller übrigen Personen herauszuheben (Beschlüsse vom 2. April 2004, Gonnelli und AIFO/Kommission, T‑231/02, EU:T:2004:105, Rn. 45, vom 12. März 2007, Confcooperative, Unione regionale della Cooperazione Friuli-Venezia Giulia Federagricole u. a./Kommission, T‑418/04, nicht veröffentlicht, EU:T:2007:83, Rn. 57, und vom 13. November 2008, Lemaître Sécurité/Kommission, T‑301/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2008:495, Rn. 24).
107 Darüber hinaus kann der geltend gemachte Umstand, dass die Ausgangsentscheidung eine relativ kleine und stabile Gruppe von Regelreserveanbietern betreffe, die wie die Klägerin eine Präqualifizierung von Anlagen für die Bereitstellung von Regelarbeit erlangt hätten und auf dem deutschen Regelreservemarkt sowie auf dem tschechischen und dem österreichischen Markt tätig seien, ebenfalls nicht ausreichen, um die Klägerin im Sinne der aus dem Urteil vom 15. Juli 1963, Plaumann/Kommission (25/62, EU:C:1963:17, S. 238), hervorgegangenen Rechtsprechung zu individualisieren. Nach ständiger Rechtsprechung bedeutet nämlich auch der Umstand, dass die Rechtssubjekte, für die eine Maßnahme gilt, nach Zahl oder sogar Identität mehr oder weniger genau bestimmbar sind, keineswegs, dass sie als von der Maßnahme individuell betroffen anzusehen wären, sofern diese Maßnahme aufgrund eines durch sie bestimmten objektiven Tatbestands rechtlicher oder tatsächlicher Art anwendbar ist (vgl. Urteil vom 18. Oktober 2018, Internacional de Productos Metálicos/Kommission, C‑145/17 P, EU:C:2018:839, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung; Beschlüsse vom 19. September 2022, TDK Foil Italy/Kommission, T‑788/21, nicht veröffentlicht, EU:T:2022:581, Rn. 18, und vom 7. Dezember 2022, Sunrise Medical und Sunrise Medical Logistics/Kommission, T‑721/21, nicht veröffentlicht, EU:T:2022:791, Rn. 53). Im vorliegenden Fall betrifft die Ausgangsentscheidung aber, wie der Beschwerdeausschuss in Rn. 50 der angefochtenen Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt hat, alle Regelreserveanbieter in gleicher Weise, da sie für alle Marktteilnehmer gilt, die in Deutschland, aber auch in der Tschechischen Republik und in Österreich, Regelarbeit auf den europäischen Plattformen PICASSO und MARI austauschen wollen.
108 Im Übrigen hat die Klägerin nicht geltend gemacht, geschweige denn nachgewiesen, dass sie sich in einem tatsächlichen oder potenziellen Wettbewerbsverhältnis zu den Adressaten und ihres Erachtens eigentlichen Begünstigten der Ausgangsentscheidung auf dem deutschen Regelreservemarkt, nämlich den von dieser Entscheidung betroffenen ÜNB, befinde.
109 Was schließlich die Investitionen angeht, die die Klägerin in die beiden von ihr in Deutschland betriebenen Kraftwerke Audorf und Itzehoe vorgenommen hat, um deren Betriebsbereitschaft und Einsatzfähigkeit im Regelreservemarkt aufrechtzuerhalten (siehe oben, Rn. 86), so ergibt sich zwar aus der Rechtsprechung, dass die Entwertung erheblicher Investitionen, die im Hinblick auf die bisherige Marktstruktur getätigt und langfristig kalkuliert wurden, bei der Feststellung der individuellen Betroffenheit eines Klägers durch eine Entscheidung bereits berücksichtigt worden ist (Urteile vom 17. Mai 2023, EVH/Kommission, T‑312/20, Rechtsmittel anhängig, EU:T:2023:252, Rn. 42 und 46, vom 17. Mai 2023, TEAG/Kommission, T‑315/20, nicht veröffentlicht, Rechtsmittel anhängig, EU:T:2023:259, Rn. 42 und 46, sowie vom 17. Mai 2023, GGEW/Kommission, T‑319/20, nicht veröffentlicht, Rechtsmittel anhängig, EU:T:2023:263, Rn. 42 und 46). Im vorliegenden Fall hat die Klägerin jedoch, selbst wenn die von ihr genannten konkreten Investitionen durch die Ausgangsentscheidung „entwertet“ worden sein sollten, weil diese ihre Amortisierung beeinträchtigt hat, keine ausreichenden Angaben vorgelegt, um zu dem Schluss gelangen zu können, dass dadurch ihre Wettbewerbsstellung auf dem Regelreservemarkt spürbar beeinträchtigt wurde. Insbesondere hat die Klägerin keine Daten angeführt, anhand deren sich die relative Bedeutung der beiden in Rede stehenden Kraftwerke für ihre gesamte Erzeugung von Regelleistung in Deutschland nach Wert oder Volumen beurteilen ließe.
110 Daher kann sich die Klägerin, die nicht nachgewiesen hat, dass sie in einem tatsächlichen oder potenziellen Wettbewerbsverhältnis zu den von der Ausgangsentscheidung begünstigten Unternehmen auf dem von ihr bedienten und von dieser Entscheidung betroffenen deutschen Regelreservemarkt stünde, nicht mit Erfolg auf die oben in den Rn. 102 und 103 angeführte Rechtsprechung berufen, um im vorliegenden Fall geltend zu machen, dass ihre Stellung auf diesem Markt durch diese Entscheidung spürbar beeinträchtigt worden sei.
111 Zu den von der Klägerin vor dem Beschwerdeausschuss geltend gemachten „Eigenschaften“ oder „Umständen“ – nämlich dass sie auf dem deutschen Regelreservemarkt als einer der dort größten Anbieter tätig sei –, die sie im Rahmen der vorliegenden Klage dahin gehend weiterentwickelt hat, dass ihre Stellung auf diesem Markt durch die Ausgangsentscheidung im Sinne der oben in den Rn. 102 und 103 angeführten Rechtsprechung spürbar beeinträchtigt worden sei, ist daher festzustellen, dass der Beschwerdeausschuss in den Rn. 46 bis 50 der angefochtenen Entscheidung zu Recht befunden hat, diese seien für sich genommen nicht geeignet, die Klägerin im Sinne der aus dem Urteil vom 15. Juli 1963, Plaumann/Kommission (25/62, EU:C:1963:17, S. 238), hervorgegangenen Rechtsprechung zu individualisieren.
112 Bezüglich der „Eigenschaften“ oder „Umstände“, zu denen es in der angefochtenen Entscheidung an Hinweisen darauf fehlt, dass sie von der Klägerin vor dem Beschwerdeausschuss angeführt worden wären, und die von ihm in dieser Entscheidung daher nicht geprüft wurden, aber von der Klägerin im Rahmen der vorliegenden Klage geltend gemacht werden (siehe oben, Rn. 83, 0, 97 und 99), hat das Gericht die Parteien durch eine prozessleitende Maßnahme aufgefordert, zur Zulässigkeit der Geltendmachung dieser Eigenschaften und Umstände Stellung zu nehmen.
113 Dazu hat die Klägerin erklärt, sie habe in Rn. 134 ihrer Beschwerdebegründung und in den Rn. 31 ff. ihres Schriftsatzes vom 22. August 2022 zur Beantwortung einer Frage des Beschwerdeausschusses gerügt, dass ihr Recht auf Konsultation gemäß Art. 10 Abs. 6 der Verordnung 2017/2195 in dem Verwaltungsverfahren, das zum Erlass der Ausgangsentscheidung geführt habe, verletzt worden sei. Die spätere Rüge einer Verletzung ihres in Art. 14 Abs. 6 der Verordnung 2019/942 garantierten Rechts auf Anhörung sei lediglich eine Vertiefung von Argumenten, die bereits vor dem Beschwerdeausschuss vorgebracht worden seien.
114 Die ACER hat zur individuellen Betroffenheit der Klägerin ausgeführt, diese habe sich in den diesbezüglichen Rn. 94 bis 101 ihrer Beschwerdebegründung im Wesentlichen darauf berufen, dass sie einer der größten auf dem deutschen Regelreservemarkt tätigen Anbieter sei; sie sei deshalb nicht berechtigt, nachträglich und damit verspätet andere „Eigenschaften“ oder „Umstände“ geltend zu machen, die sie im Sinne der aus dem Urteil vom 15. Juli 1963, Plaumann/Kommission (25/62, EU:C:1963:17, S. 238), hervorgegangenen Rechtsprechung individualisieren könnten.
115 Insoweit ist festzustellen, dass „Eigenschaften“ oder „Umstände“, die ein Kläger vor dem Beschwerdeausschuss weder vorgebracht noch nachgewiesen hat, vom Gericht bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der im jeweiligen Fall angefochtenen Entscheidung nicht berücksichtigt werden können. Dem Gericht obliegt es nämlich nach Art. 29 der Verordnung 2019/942 in Verbindung mit Art. 263 AEUV, die Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Beschwerdeausschusses dadurch zu überprüfen, dass es die von diesem vorgenommene Anwendung des Unionsrechts unter Berücksichtigung insbesondere der ihm unterbreiteten Tatsachen einer Kontrolle unterzieht; dagegen kann das Gericht für die Ausübung dieser Kontrolle keine Tatsachen berücksichtigen, die ihm neu vorgetragen oder vorgelegt worden sind (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteile vom 13. März 2007, HABM/Kaul, C‑29/05 P, EU:C:2007:162, Rn. 54, und vom 15. April 2010, Schräder/CPVO, C‑38/09 P, EU:C:2010:196, Rn. 76).
116 Aus den Vorschriften, die das Verfahren vor den Unionsgerichten regeln, insbesondere aus Art. 21 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union sowie aus Art. 76 und Art. 84 Abs. 1 der Verfahrensordnung, ergibt sich im Übrigen, dass der Rechtsstreit grundsätzlich von den Parteien bestimmt und begrenzt wird und dass die Unionsgerichte nicht ultra petita entscheiden dürfen (vgl. Urteil vom 17. September 2020, Alfamicro/Kommission, C‑623/19 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2020:734, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung; Urteil vom 22. Dezember 2022, Parlament/Moi, C‑246/21 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2022:1026, Rn. 55). Außerdem muss die Klageschrift, mit der vor den Unionsgerichten eine direkte Klage erhoben wird, gemäß Art. 21 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, Art. 120 Buchst. c und d der Verfahrensordnung des Gerichtshofs sowie Art. 76 Abs. 1 Buchst. d und e der Verfahrensordnung u. a. den Streitgegenstand, eine kurze Darstellung der geltend gemachten Klagegründe und die Anträge des Klägers enthalten.
117 Im vorliegenden Fall hat sich die Klägerin in den Rn. 94 bis 101 ihrer Beschwerdebegründung, um geltend zu machen, dass sie von der Ausgangsentscheidung, die zu einer vorübergehenden Begrenzung des den ÜNB berechneten Regelarbeitspreises geführt habe, individuell betroffen sei, im Wesentlichen auf den besonderen Umstand gestützt, dass sie einer der größten auf dem deutschen Regelreservemarkt tätigen Anbieter sei.
118 Nach der Rechtsprechung und gemäß Art. 15 Abs. 1 Buchst. d der Verfahrensordnung des Beschwerdeausschusses (siehe oben, Rn. 93) war dieser Ausschuss aber befugt, in der angefochtenen Entscheidung nur den besonderen Umstand zu berücksichtigen, den die Klägerin vor ihm ordnungsgemäß angeführt hatte, um ihre Individualisierung im Sinne der aus dem Urteil vom 15. Juli 1963, Plaumann/Kommission (25/62, EU:C:1963:17, S. 238), hervorgegangenen Rechtsprechung zu begründen, ohne dass er prüfen musste, ob der Beschwerdebegründung nebst deren Anlagen, der ergänzenden Stellungnahme oder ganz allgemein den Verfahrensakten weitere „Eigenschaften“ oder „Umstände“ zu entnehmen waren, die sie hätten individualisieren können.
119 Selbst wenn es der Beschwerdeausschuss in rechtswidriger Weise versäumt hätte, in der angefochtenen Entscheidung alle von der Klägerin vor ihm geltend gemachten „Eigenschaften“ oder „Umstände“ zu berücksichtigen, wäre es Sache der Klägerin gewesen, dies zu rügen und einen diesbezüglichen Klagegrund vorzubringen, der den Erfordernissen der Klarheit und Präzision gemäß Art. 76 Buchst. d der Verfahrensordnung entsprochen hätte (siehe oben, Rn. 116).
120 Das Versäumnis, über einen Antrag zu entscheiden, kann nämlich zur vollständigen oder zumindest teilweisen Aufhebung einer Entscheidung einer unabhängigen Beschwerdekammer einer der in Art. 58a der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union genannten Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union führen (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 8. Juni 2016, GREEN BEANS, T‑585/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:339, Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung).
121 Auch wenn die Klägerin in den Rn. 89 bis 92 und 117 bis 120 der Klageschrift ihre aktive Beteiligung an dem Verwaltungsverfahren, das dem Erlass der Ausgangsentscheidung vorausgegangen ist, sowie die Verletzung ihres Rechts, vor Erlass dieser Entscheidung gemäß Art. 10 Abs. 1 der Verordnung 2017/2195 konsultiert zu werden, als Umstände, die sie im Sinne der aus dem Urteil vom 15. Juli 1963, Plaumann/Kommission (25/62, EU:C:1963:17, S. 238), hervorgegangenen Rechtsprechung individualisieren könnten, geltend macht, hat sie es indessen unterlassen, insoweit klar und eindeutig einen Klagegrund für die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung vorzubringen und darin zu rügen, dass der Beschwerdeausschuss in dieser Entscheidung zu Unrecht nicht über diese ihm ordnungsgemäß vorgetragenen „Eigenschaften“ oder „Umstände“ befunden habe.
122 Daher ist die Berufung der Klägerin auf „Eigenschaften“ oder „Umstände“, zu denen es in der angefochtenen Entscheidung an Hinweisen darauf fehlt, dass sie von ihr vor dem Beschwerdeausschuss geltend gemacht worden wären, und die vom Beschwerdeausschuss in dieser Entscheidung folglich nicht geprüft wurden (siehe oben, Rn. 83, 0, 97 und 99), im Rahmen der vorliegenden Klage unzulässig.
123 Der erste Klagegrund ist folglich als unbegründet zurückzuweisen, so dass der Hauptantrag auf Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, dem somit die Grundlage fehlt, ebenfalls als unbegründet zurückzuweisen ist. Daher ist im Folgenden der Hilfsantrag zu prüfen.
Zum Hilfsantrag auf Aufhebung der Ausgangsentscheidung
124 Die Klägerin stützt ihren Hilfsantrag auf sechs Klagegründe, mit denen sie im Wesentlichen Folgendes geltend macht: Erstens sei die ACER nicht zum Erlass einer vom ÜNB-Vorschlag abweichenden Ausgangsentscheidung befugt gewesen. Zweitens habe die ACER ihre Pflicht aus Art. 10 der Verordnung 2017/2195 verletzt, vor Erlass einer neuen Methode die auf dem Markt tätigen Interessenträger zu konsultieren. Drittens gebe es keine Rechtsgrundlage für den Erlass der Ausgangsentscheidung. Viertens sei die Begründung nicht ausreichend. Fünftens liege ein Verstoß gegen die Zielvorgaben der Verordnung 2017/2195 vor. Sechstens sei der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verletzt worden.
125 Die ACER hält den am 17. Februar 2023 gestellten Hilfsantrag für offensichtlich unzulässig, weil die in Art. 263 Abs. 6 AEUV in Verbindung mit Art. 60 der Verfahrensordnung vorgesehene Frist von zwei Monaten und zehn Tagen für die Erhebung der Klage auf Aufhebung der Ausgangsentscheidung nicht eingehalten worden sei, die spätestens an dem Tag zu laufen begonnen habe, an dem die Klägerin ihre Beschwerde beim Beschwerdeausschuss eingelegt habe, d. h. am 28. April 2022. Die Klägerin könne sich auf keinen entschuldbaren Irrtum berufen, da sich die in der Ausgangsentscheidung enthaltene Rechtsbehelfsbelehrung ausdrücklich an die Adressaten dieser Entscheidung gerichtet habe und Art. 29 der Verordnung 2019/942 bei einer zutreffenden Auslegung so zu verstehen sei, dass er das Recht der Klägerin, diese Entscheidung gemäß Art. 263 Abs. 4 AEUV in der Fassung des Vertrags von Lissabon unmittelbar vor dem Gericht anzufechten, nicht beeinträchtige. Jedenfalls sei der Hilfsantrag als unbegründet zurückzuweisen.
126 Nach Ansicht der Klägerin erfüllt der Hilfsantrag die Zulässigkeitsvoraussetzungen einer gemäß Art. 263 Abs. 4 AEUV erhobenen Klage auf Aufhebung einer von einer Einrichtung der Union, nämlich der ACER, erlassenen Entscheidung. Diese Klage sei nicht gemäß Art. 263 Abs. 5 AEUV und Art. 29 der Verordnung 2019/942 von der Erschöpfung des Beschwerdewegs abhängig, da ihr aufgrund des Primärrechts eine Klagemöglichkeit zur Verfügung stehen müsse. Zudem dürfe auch der Ablauf der Zweimonatsfrist ab der Veröffentlichung der Ausgangsentscheidung am 28. Februar 2022 der Zulässigkeit des Hilfsantrags nicht entgegenstehen, da die Klägerin – angesichts der Einstufung der Ausgangsentscheidung als Einzelfallentscheidung im Sinne des 34. Erwägungsgrundes, von Art. 2 Buchst. d und der Art. 28 und 29 der Verordnung 2019/942, der Rechtsprechung, der in der Ausgangsentscheidung enthaltenen Rechtsbehelfsbelehrung sowie des Rechtsschutzdefizits und der sich daraus ergebenden potenziellen Konflikte – nicht damit habe rechnen können, dass sie gegen diese Entscheidung unmittelbar klagen müsse, ohne zuvor eine Entscheidung des Beschwerdeausschusses erwirken zu können, weil ihr angeblich die Beschwerdebefugnis fehle. Nach der Rechtsprechung stehe die Überschreitung der Klagefrist der Zulässigkeit einer Klage nicht entgegen, wenn sie auf einem entschuldbaren Rechtsirrtum des Klägers beruhe, bei dem der Urheber des Rechtsakts eine Verwirrung hervorgerufen habe.
127 Soweit die ACER die Unzulässigkeit des Hilfsantrags geltend macht, ist zunächst festzustellen, dass die Klägerin, wie sich oben aus Rn. 47 ergibt, im vorliegenden Fall auf der Grundlage von Art. 263 Abs. 4 AEUV in der Fassung des Vertrags von Lissabon die Ausgangsentscheidung unmittelbar vor den Unionsgerichten mit einer Aufhebungsklage anfechten konnte.
128 Außerdem geht aus Art. 263 Abs. 6 AEUV hervor, dass Aufhebungsklagen binnen zwei Monaten zu erheben sind, wobei diese Frist je nach Lage des Falles von der Bekanntgabe der betreffenden Handlung, ihrer Mitteilung an den Kläger oder in Ermangelung dessen von dem Zeitpunkt an läuft, zu dem der Kläger von dieser Handlung Kenntnis erlangt hat.
129 Von den Unionsvorschriften über die Verfahrensfristen kann nur unter ganz außergewöhnlichen Umständen – bei Vorliegen eines Zufalls oder eines Falles höherer Gewalt im Sinne von Art. 45 Abs. 2 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union – abgewichen werden, da die strikte Anwendung dieser Vorschriften dem Erfordernis der Rechtssicherheit und der Notwendigkeit entspricht, jede Diskriminierung oder willkürliche Behandlung bei der Rechtspflege zu verhindern (vgl. Urteil vom 14. Dezember 2016, SV Capital/EBA, C‑577/15 P, EU:C:2016:947, Rn. 56 und die dort angeführte Rechtsprechung).
130 Aus der Rechtsprechung geht auch hervor, dass sich im Rahmen der Rechtsvorschriften der Union über die Klagefristen der Begriff „entschuldbarer Irrtum“, der ein Abweichen von diesen Fristen erlaubt, nur auf Ausnahmefälle bezieht, insbesondere auf solche, in denen das betroffene Organ ein Verhalten an den Tag gelegt hat, das für sich genommen oder aber in ausschlaggebendem Maß geeignet gewesen ist, bei einem gutgläubigen Rechtsbürger, der alle Sorgfalt aufwendet, die von einem Wirtschaftsteilnehmer mit normalem Kenntnisstand verlangt werden kann, eine verständliche Verwirrung hervorzurufen (vgl. Urteil vom 14. Dezember 2016, SV Capital/EBA, C‑577/15 P, EU:C:2016:947, Rn. 59 und die dort angeführte Rechtsprechung).
131 Im vorliegenden Fall wurde die Ausgangsentscheidung am 28. Februar 2022 auf der Website der ACER bekannt gegeben, woraufhin die Klägerin am 28. April 2022 den Beschwerdeausschuss anrief. Selbst wenn die Klägerin von der Ausgangsentscheidung erst an dem Tag Kenntnis erlangt haben sollte, an dem sie sich an den Beschwerdeausschuss wandte, ist festzustellen, dass sie gemäß den Fristberechnungsregeln der Art. 58 und 60 der Verfahrensordnung, die den Art. 49 und 51 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs entsprechen, zum Zeitpunkt der Erhebung der vorliegenden Klage, d. h. am 17. Februar 2023, nicht mehr zur Anfechtung dieser Entscheidung befugt war.
132 Im Übrigen kann sich die Klägerin unter den Umständen des vorliegenden Falles nicht auf einen entschuldbaren Irrtum im Sinne der oben in Rn. 130 angeführten Rechtsprechung berufen.
133 Denn zum einen hat die ACER gegenüber der Klägerin keine spezifische Zusicherung in Bezug auf die Zuständigkeit des Beschwerdeausschusses für die Entscheidung über eine von ihr gegen die Ausgangsentscheidung eingelegte Beschwerde abgegeben, da die Rechtsbehelfsbelehrung am Ende der Ausgangsentscheidung ausdrücklich an die „Adressaten“ dieser Entscheidung, nämlich die ÜNB der Core-Region, gerichtet war, für die sie im Übrigen zutraf (siehe oben, Rn. 47). Die Ausgangsentscheidung enthielt hingegen keine Belehrung darüber, welche Rechtsbehelfe anderen natürlichen oder juristischen Personen als diesen Adressaten offenstanden. Daher kann diese Belehrung nicht als Verhalten der ACER gewertet werden, das geeignet gewesen wäre, bei der Klägerin eine verständliche Verwirrung hinsichtlich der Zuständigkeit des Beschwerdeausschusses für die Entscheidung über eine von ihr gegen die Ausgangsentscheidung eingelegte Beschwerde hervorzurufen.
134 Zum anderen konnte eine dem Primärrecht der Union entsprechende Auslegung des Wortlauts von Art. 29 der Verordnung 2019/942 nur bedeuten, dass diese Bestimmung natürliche oder juristische Personen, die wie die Klägerin unmittelbar, aber nicht individuell von einem Rechtsakt der ACER mit allgemeiner Geltung betroffen waren, der keine Durchführungsmaßnahmen nach sich zog, nicht daran hinderte, diesen Rechtsakt auf der Grundlage von Art. 263 Abs. 4 AEUV in der Fassung des Vertrags von Lissabon unmittelbar vor den Unionsgerichten mit einer Aufhebungsklage anzufechten. Im Übrigen hat die Klägerin in Rn. 165 der Klageschrift selbst argumentiert, dass ihr im vorliegenden Klageverfahren „gegen einen Rechtsakt mit Verordnungscharakter [gemäß] Art. 263 Abs. 4 [dritte Variante] AEUV gerichtlicher Rechtsschutz gewährt werden“ müsse, da diese „Klagemöglichkeit … durch Art. 263 Abs. 4 [dritte Variante] AEUV ausdrücklich vorgesehen“ sei.
135 Somit kann sich die Klägerin im vorliegenden Fall nicht mit Erfolg auf die Rechtsprechung berufen, in der auf die allgemeine Formulierung bestimmter Vorschriften über Rechtsbehelfe oder auf bestehende Gepflogenheiten abgestellt wurde, um einen entschuldbaren Irrtum bei der verspäteten Klageerhebung vor den Unionsgerichten nach Ausschöpfung eines internen Rechtsbehelfs festzustellen, der in diesem spezifischen Fall nach der Rechtsprechung nicht gegeben war (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 14. Juni 1972, Marcato/Kommission, 44/71, EU:C:1972:53, Rn. 5 bis 9, und vom 5. April 1979, Orlandi/Kommission, 117/78, EU:C:1979:109, Rn. 9 bis 11).
136 Infolgedessen kann die Klägerin keinen entschuldbaren Irrtum geltend machen, der sie im vorliegenden Fall hätte berechtigen können, von der Verpflichtung zur Einhaltung der Klagefrist abzuweichen.
137 Daher ist auch der Hilfsantrag auf Aufhebung der Ausgangsentscheidung – als unzulässig – zurückzuweisen, so dass die Klage in vollem Umfang abzuweisen ist.
Kosten
138 Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.
139 Da die Klägerin mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag der ACER die Kosten aufzuerlegen.
Aus diesen Gründen hat
DAS GERICHT (Dritte erweiterte Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Uniper Global Commodities SE trägt die Kosten.
Van der Woude
Škvařilová-Pelzl
Nõmm
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 25. Juni 2025.
Der Kanzler
Der Präsident
V. Di Bucci
S. Papasavvas
Inhaltsverzeichnis
Vorgeschichte des Rechtsstreits
Anträge der Parteien
Entscheidungsgründe
Zum Hauptantrag auf Aufhebung der angefochtenen Entscheidung
Zum zweiten Klagegrund, mit dem eine Auslegung von Art. 28 Abs. 1 der Verordnung 2019/942 gerügt wird, die nicht gewährleiste, dass das Verfahren vor dem Beschwerdeausschuss praktische Wirksamkeit entfalte und dass diese Bestimmung mit dem in Art. 47 der Charta niedergelegten Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes und dem in Art. 20 der Charta garantierten Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz vereinbar sei
Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 28 Abs. 1 der Verordnung 2019/942
Zum Hilfsantrag auf Aufhebung der Ausgangsentscheidung
Kosten