T-671/19 – Qualcomm/ Kommission

T-671/19 – Qualcomm/ Kommission

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Language of document : ECLI:EU:T:2024:626

Vorläufige Fassung

URTEIL DES GERICHTS (Erste erweiterte Kammer)

18. September 2024(*)

„ Wettbewerb – Missbrauch einer beherrschenden Stellung – Markt für UMTS-Basisbandchips – Beschluss, mit dem eine Zuwiderhandlung gegen Art. 102 AEUV und Art. 54 des EWR-Abkommens festgestellt wird – Verdrängungspreise – Zuständigkeit des Urhebers des Rechtsakts – Verteidigungsrechte – Abgrenzung des relevanten Marktes – Beherrschende Stellung – Missbrauch – Rekonstruktion der Preise – Bestimmung der Referenzkosten – Preis-Kosten-Analyse – Entbehrlichkeit des Nachweises konkreter Auswirkungen – Verdrängungsabsicht – Objektive Rechtfertigung – Festsetzung des Betrags der Geldbuße – Leitlinien von 2006 für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen – Umsatz – Zusatzbetrag – Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung “

In der Rechtssache T‑671/19,

Qualcomm Inc. mit Sitz in San Diego, Kalifornien (Vereinigte Staaten), vertreten durch Rechtsanwältin M. Davilla, Rechtsanwälte M. Pinto de Lemos Fermiano Rato und M. English sowie Rechtsanwältin A. Kontosakou,

Klägerin,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch H. van Vliet, G. Conte, M. Farley und C. Urraca Caviedes als Bevollmächtigte,

Beklagte,

unterstützt durch

Nvidia Corp., vertreten durch Rechtsanwalt M. Dolmans, P. Stuart, Barrister-at-Law, und W. Lin, Solicitor,

Streithelferin,

erlässt

DAS GERICHT (Erste erweiterte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten D. Spielmann sowie der Richter V. Valančius, R. Mastroianni (Berichterstatter), I. Gâlea und T. Tóth,

Kanzler: M. Zwozdziak-Carbonne, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,      

auf die mündliche Verhandlung vom 13. bis 15. März 2023

folgendes

Urteil

1        Mit ihrer Klage nach Art. 263 AEUV beantragt die Klägerin, die Qualcomm Inc., den Beschluss C(2019) 5361 final der Kommission vom 18. Juli 2019 in einem Verfahren nach Art. 102 AEUV und Art. 54 des EWR-Abkommens (Sache AT.39711 – Qualcomm [Verdrängungspreise]) (im Folgenden: angefochtener Beschluss) für nichtig zu erklären, oder, hilfsweise, die Aufhebung oder Herabsetzung der in diesem Beschluss gegen sie verhängten Geldbuße.

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

 Hintergrund der Rechtssache

2        Qualcomm ist ein 1985 gegründetes US-amerikanisches Unternehmen, das im Bereich zellularer und drahtloser Technologien tätig ist. Sie übt ihre Tätigkeit hauptsächlich über Qualcomm CDMA Technologies (im Folgenden: QCT) und Qualcomm Technology Licensing aus. QCT entwickelt und liefert u. a. Basisband-Chipsätze, einen Halbleitertyp und eine Systemsoftware, die auf Code-Multiplex mit Mehrfachzugriff (Code Division Multiple Access, CDMA), Orthogonalen Frequenzmultiplexverfahren (Orthogonal Frequency Division Multiple Access, OFDMA) und anderen Technologien beruht, die vor allem für die Sprach- und Datenübertragung verwendet werden. Die Chips von Qualcomm werden (mitsamt der Lizenzierung ihrer Systemsoftware) an Unternehmen verkauft, die sie zur Ausstattung von Mobiltelefonen, Tablets, Laptops, Datenmodulen und anderen elektronischen Gebrauchsgütern verwenden. Qualcomm Technology Licensing führt das Programm zur Vergabe von Lizenzen in Bezug auf das geistige Eigentum von Qualcomm durch und vergibt hauptsächlich Lizenzen an die Anbieter von mobilen Geräten.

3        Mobile Geräte wie Mobiltelefone, Tablets und andere vernetzte Geräte erfordern eine mobile Hochgeschwindigkeits‑Internetverbindung über zellulare Mobilfunknetze.

4        Der Basisband-Prozessor ist die wichtigste Komponente, die in einem Gerät die mobile Verbindung ermöglicht und die Funktionalität der Signalverarbeitung nach den in den Mobilfunkstandards beschriebenen Kommunikationsprotokollen gewährleistet. Basisband-Prozessoren können direkt in mobile Geräte wie Smartphones oder in externe Module, die in ein Gerät eingebaut sind, integriert werden. Ein solcher Prozessor besteht aus Halbleitermaterialien (z. B. Silikon) und befindet sich in einem Chip, der „Basisband-Chip“ genannt wird.

5        Einige Arten von mobilen Geräten benötigen neben dem Basisband-Prozessor auch einen Anwendungsprozessor, der für die Verwaltung des Betriebssystems und von Anwendungen wie Messaging, Surfen im Internet, Bildverarbeitung und Spiele verwendet wird. Der Anwendungsprozessor kann als eigenständiges Produkt geliefert werden, das in einem separaten Chip verpackt ist, oder in denselben Chip wie der Basisband-Prozessor eingebaut werden. Somit können Basisband-Chips wie folgt unterteilt werden:

–        eigenständige Basisband-Chips (auch als „Slim-Basisband-Chips“ oder „Slim-Modems“ bezeichnet), wenn kein Anwendungsprozessor enthalten ist;

–        integrierte Basisband-Chips, wenn der Anwendungsprozessor eingebaut wurde.

6        Unabhängig davon, ob ein Anwendungsprozessor vorhanden ist, wird ein Basisband-Prozessor in der Regel mit zwei zusätzlichen Elementen kombiniert, die seine Funktionalität vervollständigen, nämlich dem integrierten Hochfrequenzschaltkreis, der auch „HF‑Sender/Empfänger“ genannt wird, und dem integrierten Stromversorgungsschaltkreis. Diese drei Elemente (Basisband-Prozessor, HF‑Sender/Empfänger und integrierter Stromversorgungsschaltkreis) sind für die mobile Verbindung erforderlich und werden im Allgemeinen – zusammen oder getrennt – beim selben Anbieter gekauft.

7        Basisband-Chips werden in der Regel an Zulieferer verkauft, die sie in Geräte mit mobiler Anbindung einbauen, wie Apple, HTC Corporation, Huawei Technologies Co. Ltd (im Folgenden: Huawei), LG Corp., Nokia Corporation, Samsung Group (im Folgenden: Samsung) und ZTE Corporation.

8        Zwischen 2009 und 2011 konnten mobile Geräte mit Basisband-Chips in zwei übergeordnete Kategorien eingeteilt werden. Erstens Mobiltelefone (verschiedene Arten, angefangen bei Geräten, die nur grundlegende Funktionen wie Sprachdienste anbieten, bis hin zu Smartphones) und zweitens MBB-Geräte, d. h. Geräte, die eine andere Verbindung als Mobiltelefone herstellen und in der Regel keine Sprachdienste anbieten (z. B. Tablets, Datenkarten wie USB-Sticks mit Mobilfunkzugang, drahtlose MiFi-Router und Laptops).

9        Bei etlichen MBB-Geräten, wie z. B. Datenkarten, tendierte man dazu, vor allem Slim-Modems zu verwenden, da keine Verarbeitungsfunktionen, sondern nur Konnektivitätsfunktionen benötigt wurden, und der Markt für diese Geräte, insbesondere der Markt für Geräte, die mit den auf der Technologie „Universal Mobile Telecommunications System“ (UMTS) beruhenden Mobilfunkstandards der dritten Generation (3G) kompatibel waren, war deutlich kleiner als der Markt für Mobiltelefone.

10      Wie oben in Rn. 4 dargelegt, muss ein Basisband-Chip für die Herstellung einer Verbindung einen der Mobilfunkstandards verwenden. Ursprünglich ermöglichten die Mobilfunkstandards der ersten Generation (1G), d. h. die analogen Mobilfunkstandards, und die Mobilfunkstandards der zweiten Generation (2G), d. h. die digitalen Mobilfunkstandards, die die analogen Mobilfunkstandards ersetzten, nur Sprachkommunikation. In der Folge wurde der für 2G‑Mobilfunkstandards konzipierte Standard „Global System for Mobile Communication“ (GSM) weiterentwickelt, um höhere Datenraten und die Datenübertragung via Paketvermittlung durch die Erweiterungen „General Packet Radio Services“ (GPRS) und „Enhanced Data rates for GSM Evolution“ (EDGE) zu unterstützen.

11      Die 3G-Mobilfunkstandards, die auf der UMTS-Technologie basieren, d. h. einer drahtlosen und mobilen Kommunikationstechnologie, ermöglichten in der Anfangszeit (um das Jahr 2000) die Verarbeitung von Datenraten von bis zu 0,348 Megabit pro Sekunde (Mbps), was nicht ausreichte, um das Funktionieren typischer Hochgeschwindigkeitsanwendungen zu gewährleisten, wie z. B. volle Internetnutzung und Videostreaming. In der Folgezeit gab es Entwicklungen, die die Datenübertragungskapazität der genannten Mobilfunkstandards verbesserten. Mit der Technologie „High Speed Packet Access“ (HSPA) konnten Datenraten von bis zu 14 Mbps verarbeitet werden, und mit der Technologie „Evolved High Speed Packet Access“ (HSPA+) wurden später Datenraten von bis zu 28 Mbps und sogar 42 Mbps verarbeitet.

12      Grundsätzlich unterstützten Chips, die mit der UMTS-Technologie kompatibel waren (im Folgenden: „UMTS-Chips“), auch den erweiterten GSM/EDGE‑Standard, der ursprünglich für die Sprachtelefonie optimiert war. Dies war darauf zurückzuführen, dass der erweiterte Standard für Mobiltelefone weiterhin unverzichtbar war, da GSM für die meisten Mobilfunkbetreiber nach wie vor eine wichtige Rolle in Bezug auf Abdeckung und Kapazität spielte. Der erweiterte Standard konnte nämlich für MBB-Geräte genutzt werden, auch wenn er keine Breitbandanbindung liefern konnte. Denn durch die Unterstützung der Basiskonnektivität ließ sich mit GSM im Fall von Funklöchern innerhalb des UMTS-Netzes die Kontinuität der Dienste gewährleisten.

13      Ab Ende 2008 trat die Technologie „Long Term Evolution“ (LTE) in Erscheinung. Die ersten Chips, die sie unterstützten, waren ausschließlich mit dieser Technologie kompatibel, was ihre praktische Nutzung behinderte, da nur wenige Netze mit LTE‑Technologie bereitgestellt wurden. Die großen Anbieter von Basisband-Chips entwickelten schrittweise Chips, die sowohl UMTS- als auch LTE‑Technologien unterstützten, wobei die ersten dieser Chips 2011 oder 2012 kommerziell verfügbar wurden. Die UMTS- und LTE‑Technologien wurden parallel entwickelt, um Leistung und Interoperabilität zu verbessern.

 Verwaltungsverfahren

14      Am 30. Juni 2009 reichte die Icera Inc. bei der Europäischen Kommission eine Beschwerde gegen Qualcomm ein, die später durch eine überarbeitete und aktualisierte Fassung vom 8. April 2010 ersetzt wurde (im Folgenden: Beschwerde), auf deren Grundlage die Kommission ihre Untersuchung einleitete.

15      Im Jahr 2012 legte die Streithelferin Nvidia Corp., die Icera im Mai 2011 übernommen hatte, zusätzliche Informationen vor, die die Beschwerde ergänzten und den Vorwurf enthielten, Qualcomm habe Verdrängungspreise eingesetzt.

16      Zwischen Juni 2010 und Juli 2015 richtete die Kommission mehrere Auskunftsverlangen an Qualcomm, Icera und Nvidia sowie andere Akteure des Basisband-Chipsektors. Im Einzelnen richtete sie an Qualcomm erstens ein Auskunftsverlangen vom 7. Juni 2010 gemäß Art. 18 Abs. 1 und 2 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln [101 und 102 AEUV] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1), zweitens ein Auskunftsverlangen vom 3. November 2011 gemäß Art. 18 Abs. 3 der genannten Verordnung, drittens ein Auskunftsverlangen vom 10. Juli 2013 gemäß Art. 18 Abs. 3 dieser Verordnung, viertens ein Auskunftsverlangen vom 13. Februar 2014 gemäß Art. 18 Abs. 1 und 2 dieser Verordnung, fünftens ein Auskunftsverlangen vom 13. Oktober 2014 gemäß Art. 18 Abs. 3 dieser Verordnung und schließlich ein gemeinsames Auskunftsverlangen vom 14. Januar 2015, das auch in der Sache AT.40220 – Qualcomm (Ausschließlichkeitszahlungen) erging. Der endgültige Beschluss in dieser Sache war Gegenstand einer Klage beim Gericht (Urteil vom 15. Juni 2022, Qualcomm/Kommission [Qualcomm – Ausschließlichkeitszahlungen], T‑235/18, EU:T:2022:358).

17      Am 16. Juli 2015 leitete die Kommission gemäß Art. 2 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 773/2004 der Kommission vom 7. April 2004 über die Durchführung von Verfahren auf der Grundlage der Artikel [101 und 102 AEUV] durch die Kommission (ABl. 2004, L 123, S. 18) ein Verfahren gegen Qualcomm in der Sache AT.39711 – Qualcomm (Verdrängungspreise) ein. Das Verfahren betraf den Vorwurf der missbräuchlichen Ausnutzung einer beherrschenden Stellung durch Qualcomm in Form von Verdrängungspreisen auf dem Markt für UMTS-Chips.

18      Am 8. Dezember 2015 erließ die Kommission gemäß Art. 27 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 und Art. 10 Abs. 1 der Verordnung Nr. 773/2004 eine an Qualcomm gerichtete Mitteilung der Beschwerdepunkte (im Folgenden: Mitteilung der Beschwerdepunkte).

19      Zwischen Dezember 2015 und Juli 2016 erhielt Qualcomm Akteneinsicht.

20      Mit Schreiben vom 18. April 2016 beantragte Qualcomm beim Anhörungsbeauftragten gemäß Art. 3 Abs. 7 und Art. 7 Abs. 1 des Beschlusses 2011/695/EU des Präsidenten der Europäischen Kommission vom 13. Oktober 2011 über Funktion und Mandat des Anhörungsbeauftragten in bestimmten Wettbewerbsverfahren (ABl. 2011, L 275, S. 29) zusätzliche Einsicht in bestimmte Aktenstücke. Nach der Überprüfung durch den Anhörungsbeauftragten wurden Qualcomm umfassendere Fassungen der Akten übermittelt.

21      Am 15. August 2016 übermittelte Qualcomm ihre Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte (im Folgenden: Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte), mit der sie die vorläufige Beurteilung der Kommission zurückwies.

22      Am 10. November 2016 fand auf Antrag von Qualcomm eine Anhörung statt.

23      Die Kommission leitete im Anschluss an diese Anhörung weitere Untersuchungsmaßnahmen ein und richtete zwischen 2017 und 2019 erneut Auskunftsverlangen an Qualcomm und andere Akteure des Basisband-Chipsektors.

24      Insbesondere richtete die Kommission am 30. Januar 2017 ein Auskunftsverlangen nach Art. 18 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 1/2003 an Qualcomm, das diese nicht beantwortete. Am 31. März 2017 richtete die Kommission durch Beschluss nach Art. 18 Abs. 3 der genannten Verordnung ein Auskunftsverlangen an Qualcomm.

25      Am 13. Juni 2017 erhob Qualcomm beim Gericht Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses der Kommission vom 31. März 2017. Darüber hinaus stellte sie einen Antrag nach den Art. 278 und 279 AEUV auf Aussetzung des genannten Beschlusses, hilfsweise auf Erlass einstweiliger Anordnungen in diesem Zusammenhang. Mit Beschluss vom 12. Juli 2017, Qualcomm und Qualcomm Europe (T‑371/17 R, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:485), wies der Präsident des Gerichts den Aussetzungsantrag zurück, und mit Urteil vom 9. April 2019, Qualcomm und Qualcomm Europe/Kommission (T‑371/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:232), wies das Gericht den Antrag auf Nichtigerklärung des Beschlusses zurück. Das Rechtsmittel, mit dem Qualcomm die Aufhebung dieses Urteils begehrte, wurde vom Gerichtshof mit Urteil vom 28. Januar 2021, Qualcomm und Qualcomm Europe/Kommission (C‑466/19 P, EU:C:2021:76), in vollem Umfang zurückgewiesen.

26      Am 10. November 2017 richtete die Kommission nach Art. 18 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 1/2003 ein neues Auskunftsverlangen an Qualcomm.

27      Am 19. Juli 2018 erließ die Kommission eine an Qualcomm gerichtete ergänzende Mitteilung der Beschwerdepunkte (im Folgenden: ergänzende Mitteilung der Beschwerdepunkte), in der eine begrenztere Dauer der Verdrängungspraktiken geltend gemacht und eine überarbeitete Methode zum Vergleich der Preise und Kosten von Qualcomm im Zusammenhang mit den vom Vorwurf der Verdrängungsabsicht betroffenen Verkäufen verwendet wurde.

28      Zwischen dem 31. Juli und dem 28. September 2018 erhielt Qualcomm Zugang zu den Dokumenten, die nach dem Erlass der Mitteilung der Beschwerdepunkte vom 8. Dezember 2015 in die Akten der Kommission aufgenommen worden waren.

29      Am 22. Oktober 2018 übermittelte Qualcomm ihre Antwort auf die ergänzende Mitteilung der Beschwerdepunkte (im Folgenden: Antwort auf die ergänzende Mitteilung der Beschwerdepunkte), mit der sie die in der Mitteilung der Beschwerdepunkte enthaltene und in der ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte vervollständigte vorläufige Beurteilung der Kommission zurückwies.

30      Am 10. Januar 2019 fand auf Antrag von Qualcomm eine zweite Anhörung statt.

31      Am 5. Februar 2019 richtete die Kommission ein Auskunftsverlangen nach Art. 18 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 1/2003 an Qualcomm.

32      Am 22. Februar 2019 richtete die Kommission an Qualcomm ein Sachverhaltsschreiben (im Folgenden: Sachverhaltsschreiben), das ihr zufolge dazu diente, erstens Qualcomm Erläuterungen zu bestimmten, in der ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte dargelegten Gesichtspunkten zu geben, die Qualcomm in ihrer Antwort auf die ergänzende Mitteilung der Beschwerdepunkte in Frage gestellt hatte, zweitens Qualcomm über bereits vorhandene Beweise zu informieren, die in der Mitteilung der Beschwerdepunkte und der ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht ausdrücklich genannt wurden, jedoch nach einer ergänzenden Prüfung der Akten zur Stützung der vorläufigen Beurteilung in der Mitteilung der Beschwerdepunkte in der durch die ergänzende Mitteilung der Beschwerdepunkte vervollständigten Fassung hätten relevant sein können, und drittens Qualcomm von einigen begrenzten Aktualisierungen der Preis-Kosten-Analyse in der ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte in Kenntnis zu setzen. Das Sachverhaltsschreiben enthielt in der Anlage weitere Dokumente, die Qualcomm zuvor nicht zur Verfügung gestellt worden waren.

33      Am 24. März und am 25. April 2019 nahm Qualcomm zum Sachverhaltsschreiben Stellung.

34      Am 18. Juli 2019 erließ die Kommission den angefochtenen Beschluss.

 Inhalt des angefochtenen Beschlusses

 Betroffene Produkte

35      Nachdem die Kommission die Einwände von Qualcomm, mit denen Letztere Verfahrensfehler im Verwaltungsverfahren geltend machte, zurückgewiesen hatte, legte sie eine detaillierte Beschreibung des Kontexts vor, in dem Qualcomm und ihre Wettbewerber, einschließlich Icera, in Bezug auf Technologie und geistiges Eigentum tätig waren. Sie wies insbesondere darauf hin, dass es sich bei den von ihrer Untersuchung betroffenen Produkten um UMTS-Chips gehandelt habe, und zwar um die Chips MDM8200, MDM6200 und MDM8200A von Qualcomm, die zum Zeitpunkt der mutmaßlichen Zuwiderhandlung mit den UMTS-Chips von Icera in Wettbewerb gestanden hätten, insbesondere mit den Chips ICE8040, ICE8042 und ICE8060.

36      Bei all diesen Produkten habe es sich um eigenständige Basisband-Chips gehandelt, die zwischen dem 1. Juli 2009 und dem 30. Juni 2011 (im Folgenden: maßgeblicher Zeitraum) Datenkonnektivität bei Downlink-Geschwindigkeiten zwischen 7,2/14,4 Mbps und 28 Mbps unterstützt hätten. Insbesondere der Chip MDM8200 sei der erste autonome Basisband-Chip von Qualcomm gewesen, der für MBB-Geräte produziert worden sei und die Technologie HSPA+ mit Downlink-Geschwindigkeiten von bis zu 28 Mbps unterstützt habe. Er sei im Mai 2009 auf den Markt gebracht worden und bis zum 30. März 2011 vermarktet worden. Zwischenzeitlich sei er ab 2010 schrittweise durch den Chip MDM8200A ersetzt worden, der eine verbesserte Version gewesen sei, die nach Vornahme kleinerer Änderungen auch die Sprachfunktionalität habe unterstützen können. Der Chip MDM6200 sei ebenso wie die Chips MDM8200 und MDM8200A hauptsächlich für Datenverkehrsanwendungen bestimmt gewesen. Er habe die Technologie HSPA+ mit einer Downlink-Geschwindigkeit von bis zu 14,4 Mbps sowie die Sprachfunktionalität unterstützt, ohne dass Änderungen erforderlich gewesen seien. Dieser Chip sei ab dem zweiten Quartal 2010 in begrenzten Mengen ausgeliefert worden, ab 2011 in größeren Mengen verkauft worden und mindestens bis Ende 2017 auf dem Markt erhältlich gewesen.

37      Beim Chip Icera ICE8040 bzw. Espresso-300 habe es sich ebenfalls um einen eigenständigen Basisband-Chip gehandelt, der im Oktober 2008 auf den Markt gebracht worden sei. Er habe zunächst eine maximale Downlink-Geschwindigkeit von 10 Mbps unterstützt und Eigenschaften aufgewiesen, die eine unkomplizierte Vornahme von Verbesserungen und Modernisierungen mit Hilfe von Software ermöglicht hätten, u. a. im Rahmen einer schrittweisen Steigerung der Downlink-Geschwindigkeit auf 21 Mbps. Der Chip ICE8042 oder Espresso-302 sei eine verbesserte Variante des ICE8040-Chips gewesen und im Dezember 2009 mit einer Downlink-Geschwindigkeit von bis zu 14,4 Mbps auf den Markt gebracht worden. Im März 2010 sei die Downlink-Geschwindigkeit durch Aktualisierungen mittels Software auf 21 Mbps erhöht worden. Eine herabgestufte Version dieses Chips, Espresso-302-1, war auf eine maximale Downlink-Geschwindigkeit von 7,2 Mbps begrenzt und wurde von Icera an ZTE verkauft. Schließlich verfügte der im Oktober 2010 angekündigte Chip ICE8060 oder Espresso-400 über eine Modem-Architektur, die auf der Software von Icera basierte und eine Downlink-Geschwindigkeit von bis zu 28 Mbps unterstützte. Es wurde auch eine herabgestufte Version dieses Chips angeboten, nämlich der Chip E‑400-1, der eine maximale Downlink-Geschwindigkeit von 7,2 Mbps erreichte.

 Relevanter Markt

38      Die Kommission definierte den für die betreffenden Produkte relevanten Markt als „freien“ Markt für eigenständige und integrierte, mit der UMTS-Technologie kompatible Basisband-Chips (im Folgenden: Markt für UMTS-Chips). Zu diesem Ergebnis gelangte sie, indem sie u. a. die Substituierbarkeit zwischen UMTS-Chips und Chips, die andere Technologien unterstützten, und den fehlenden Wettbewerbsdruck durch vertikal integrierte Hersteller von Basisband-Chips berücksichtigte. In geografischer Hinsicht wurde der Markt als Weltmarkt definiert.

 Beherrschende Stellung

39      Die Kommission stellte auf der Grundlage der nachstehend aufgeführten Umstände fest, dass Qualcomm mindestens vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Dezember 2011 eine beherrschende Stellung auf dem weltweiten Markt für UMTS-Chips eingenommen habe.

40      Erstens habe Qualcomm auf dem relevanten Markt im Zeitraum vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Dezember 2011 einen Marktanteil von etwa 60 % gehalten.

41      Zweitens hätten auf dem relevanten Markt mehrere Zutritts- und Expansionsschranken bestanden, wie z. B. notwendige hohe anfängliche Investitionen für Forschung und Entwicklung (FuE) im Zusammenhang mit der Entwicklung von UMTS-Chips sowie verschiedene Hindernisse aufgrund der geistigen Eigentumsrechte von Qualcomm, darunter ihr Rückabtretungsnetzwerk.

42      Drittens habe die wirtschaftliche Macht der Kunden, d. h. der Käufer von Qualcomm-Chips, die beherrschende Stellung von Qualcomm im maßgeblichen Zeitraum nicht tangieren können.

 Missbrauch einer beherrschenden Stellung

43      Die Kommission stellte fest, dass Qualcomm ihre beherrschende Stellung missbraucht habe, indem sie im maßgeblichen Zeitraum bestimmte Mengen von dreien ihrer UMTS-Chips, den Chips MDM8200, MDM6200 und MDM8200A, an zwei ihrer Hauptkunden, Huawei und ZTE, zu Preisen geliefert habe, die unterhalb ihrer Kosten gelegen hätten, um Icera zu verdrängen, ihre damalige Hauptkonkurrentin im Spitzensegment des Marktes für UMTS-Chips.

44      Qualcomm habe mit der Beschränkung des Wachstums von Icera im Spitzensegment des Marktes für UMTS-Chips, das damals fast ausschließlich aus Chips für Hochgeschwindigkeits-MBB-Geräte bestanden habe, die Absicht verfolgt, das kleine Unternehmen Icera, das nur einen begrenzten finanziellen Spielraum gehabt habe, daran zu hindern, das Ansehen und die Reichweite zu erlangen, die erforderlich gewesen wären, um die beherrschende Stellung von Qualcomm auf diesem Markt in Frage zu stellen, insbesondere angesichts des zu erwartenden Wachstumspotenzials dieses Segments aufgrund der zunehmenden weltweiten Verbreitung sogenannter „smarter“ Mobilgeräte. Insoweit habe Qualcomm bezweckt, den Zulieferern in diesem Segment eine alternative Chipquelle für ihre Mobiltelefone vorzuenthalten, wodurch die Auswahl für die Verbraucher reduziert worden sei.

45      Die folgenden Faktoren wurden von der Kommission als zentrale Gesichtspunkte ihrer Beurteilung identifiziert.

46      Die Preispolitik von Qualcomm habe in einem Kontext stattgefunden, in dem Icera ihre Präsenz auf dem Markt für UMTS-Chips als rentable Lieferantin von UMTS-Chips ausgebaut habe, was eine zunehmende Bedrohung für das Geschäft von Qualcomm dargestellt habe. Um sicherzustellen, dass die Tätigkeit von Icera kein kritisches, Qualcomms Marktposition gefährdendes Ausmaß erreiche, habe Qualcomm Präventivmaßnahmen in Form von Preiszugeständnissen getroffen, die sich an zwei strategisch wichtige Kunden gerichtet hätten, nämlich Huawei und ZTE. Qualcomm sei nämlich der Ansicht gewesen, dass die Entwicklungschancen von Icera davon abhingen, ob es ihr gelänge, Geschäftsbeziehungen zu diesen beiden Unternehmen aufzubauen. Die Präventivmaßnahmen von Qualcomm hätten auf einer „Multi-Chip“-Strategie basiert, die ihre drei in Konkurrenz zu den fortschrittlichsten Chips von Icera stehenden Chips umfasst habe und insbesondere darauf gerichtet gewesen sei, ihre Marktstellung im Breitbandsegment der Chips für Mobiltelefone zu schützen, da Icera beabsichtigt habe, nach Absicherung ihrer Präsenz im Segment der Chips für Hochgeschwindigkeits-MBB-Geräte in diesen Markt einzudringen.

47      Die Analyse der Preise, die Qualcomm Huawei und ZTE in Rechnung gestellt habe, und der Kosten, die Qualcomm bei der Herstellung der Chips entstanden seien, belege, dass Qualcomm bestimmte Mengen von Chips unterhalb ihrer langfristigen durchschnittlichen Grenzkosten (long-run average incremental costs, im Folgenden: LRAIC) und jedenfalls unterhalb ihrer durchschnittlichen Gesamtkosten (average total costs, im Folgenden: ATC) sowie eine begrenzte Menge von MDM6200-Chips unterhalb ihrer durchschnittlichen variablen Kosten (average variable costs, im Folgenden: AVC) verkauft habe. Die Ergebnisse der Preis-Kosten-Analyse seien durch Beweise in Form von internen Dokumenten von Qualcomm aus der betreffenden Zeit bestätigt worden, die ihre Absicht belegten, Icera zu verdrängen.

–       Keine Rechtfertigung

48      Die Kommission stellte fest, dass Qualcomm keine stichhaltige objektive Rechtfertigung oder Effizienzeinrede vorgebracht habe.

–       Einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung

49      Die Kommission kam zu dem Schluss, dass die auf Verdrängung ausgerichteten Verkäufe von Qualcomm an Huawei und ZTE zusammengenommen eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung begründeten, die sich über die gesamte Dauer des maßgeblichen Zeitraums erstreckt habe.

–       Zuständigkeit der Kommission

50      Die Kommission vertrat die Auffassung, dass sie für die Anwendung von Art. 102 AEUV und Art. 54 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (ABl. 1994, L 1, S. 3, im Folgenden: EWR-Abkommen) auf die Zuwiderhandlung von Qualcomm zuständig sei, da die Zuwiderhandlung im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) erfolgt und geeignet gewesen sei, dort erhebliche, unmittelbare und vorherzusehende Auswirkungen zu haben, und sich nennenswert auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten und den Vertragsparteien des EWR-Abkommens ausgewirkt habe.

–       Sanktion

51      Zwar war die Zuwiderhandlung von Qualcomm zum Zeitpunkt der Annahme des angefochtenen Beschlusses bereits beendet, gleichwohl verpflichtete die Kommission Qualcomm, von einer Wiederholung der im Beschluss beschriebenen Verhaltensweisen sowie von jeglicher Handlung oder Verhaltensweise Abstand zu nehmen, die dieselben oder vergleichbare Auswirkungen wie die im Beschluss beschriebenen Verhaltensweisen haben könnte.

52      Die Geldbuße, die Qualcomm für ihre Zuwiderhandlung auferlegt wurde, beläuft sich auf 242 042 000 Euro und wurde von der Kommission auf Grundlage der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen gemäß Artikel 23 Absatz 2 Buchstabe a) der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 (ABl. 2006, C 210, S. 2; im Folgenden: Leitlinien von 2006) berechnet.

 Verfahren und Anträge der Parteien

 Verfahren

53      Mit Klageschrift, die am 1. Oktober 2019 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben.

54      Die Kommission hat zweimal, am 4. Februar und am 24. März 2020, eine Verlängerung der Frist für die Einreichung der Klagebeantwortung beantragt und mit der Länge der Klageschrift sowie der Anzahl der beigefügten Dokumente begründet. Diese Fristverlängerung ist ihr gewährt worden.

55      Mit am 17. März 2020 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenem Schriftsatz hat Nvidia beantragt, als Streithelferin zur Unterstützung der Kommission zugelassen zu werden. Der Antrag auf Zulassung zur Streithilfe ist den Hauptparteien gemäß Art. 144 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts zugestellt worden. Die Hauptparteien haben keine Einwände gegen den Antrag erhoben.

56      Am 11. Juni 2020 hat die Kommission bei der Kanzlei des Gerichts die Klagebeantwortung eingereicht.

57      Am 6. Juli 2020 hat die Klägerin beantragt, angesichts der Länge der Klagebeantwortung und der Anzahl der beigefügten Dokumente die Frist für die Einreichung der Erwiderung zu verlängern. Diese Fristverlängerung ist ihr gewährt worden.

58      Am 5. Oktober 2020 hat die Klägerin bei der Kanzlei des Gerichts die Erwiderung eingereicht.

59      Mit am 15. Oktober 2020 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenem Schriftsatz haben die Klägerin und die Kommission, nachdem sie mehrere Fristverlängerungen erhalten hatten, gemäß Art. 144 Abs. 2 und 7 der Verfahrensordnung beantragt, bestimmte Angaben in der Klageschrift und einigen ihrer Anlagen gegenüber Nvidia vertraulich zu behandeln. Die genannten Parteien haben eine gemeinsam erstellte, nicht vertrauliche Fassung dieser Dokumente eingereicht.

60      Am 23. Oktober 2020 hat die Kommission beantragt, angesichts der Länge der Erwiderung und der Anzahl der beigefügten Dokumente die Frist für die Einreichung der Gegenerwiderung zu verlängern. Diese Fristverlängerung ist ihr gewährt worden.

61      Mit Schriftsatz, der am 19. November 2020 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Kommission beantragt, bestimmte Angaben in der Klagebeantwortung gegenüber Nvidia vertraulich zu behandeln. Am selben Tag hat die Kommission im Einvernehmen mit der Klägerin eine gemeinsam erstellte, nicht vertrauliche Fassung der Klagebeantwortung und ihrer Anlagen eingereicht.

62      Mit am 20. November 2020 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenem Schriftsatz hat die Klägerin beantragt, bestimmte Angaben in der Klagebeantwortung und ihren Anlagen sowie in den der Kanzlei zwischen dem 30. Juni und dem 5. Oktober 2020 übermittelten Verfahrensdokumenten gegenüber Nvidia vertraulich zu behandeln.

63      Mit Beschluss vom 25. November 2020, Qualcomm/Kommission (T‑671/19, nicht veröffentlicht), hat der Präsident der Fünften Kammer des Gerichts Nvidia als Streithelferin zugelassen und die Kostenentscheidung vorbehalten.

64      Mit am 15. Dezember 2020 und am 18. Januar 2021 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Schriftsätzen hat Nvidia Einwände gegen die Anträge auf vertrauliche Behandlung der Klageschrift, der Klagebeantwortung und bestimmter Anlagen erhoben.

65      Mit Schriftsatz, der am 16. Dezember 2020 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Kommission beantragt, bestimmte Angaben in der Erwiderung und in deren Anlage C.8 gegenüber Nvidia vertraulich zu behandeln.

66      Mit am 22. Dezember 2020 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenem Schriftsatz hat die Klägerin beantragt, bestimmte Angaben in der Erwiderung und ihren Anlagen sowie in den der Kanzlei zwischen dem 5. Oktober und dem 9. Dezember 2020 übermittelten Verfahrensdokumenten gegenüber Nvidia vertraulich zu behandeln. Am selben Tag haben die Hauptparteien eine gemeinsam erstellte, nicht vertrauliche Fassung der Erwiderung und ihrer Anlagen eingereicht.

67      Am 21. Januar 2021 hat die Kommission bei der Kanzlei des Gerichts die Gegenerwiderung eingereicht.

68      Mit am 25. Februar 2021 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenem Schriftsatz hat die Kommission, nachdem ihr eine Fristverlängerung gewährt worden war, beantragt, bestimmte Angaben in der Gegenerwiderung gegenüber Nvidia vertraulich zu behandeln. Am selben Tag hat die Kommission im Einvernehmen mit der Klägerin eine gemeinsam erstellte, nicht vertrauliche Fassung der Gegenerwiderung und ihrer Anlage eingereicht.

69      Mit am 26. Februar 2021 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenem Schriftsatz hat die Klägerin, nachdem ihr eine Fristverlängerung gewährt worden war, beantragt, weitere Angaben in der Gegenerwiderung und ihrer Anlage sowie in den der Kanzlei zwischen dem 18. Dezember 2020 und dem 10. Februar 2021 übermittelten Verfahrensdokumenten gegenüber Nvidia vertraulich zu behandeln.

70      Mit Beschluss vom 22. Juli 2021, Qualcomm/Kommission (T‑671/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:502), hat der Präsident der Fünften Kammer den Anträgen auf vertrauliche Behandlung bestimmter Angaben in der Klageschrift und ihren Anlagen A.1 und A.29 sowie in der Klagebeantwortung stattgegeben und die entsprechenden Anträge in Bezug auf die anderen Verfahrensdokumente zurückgewiesen. Daher ist der Klägerin und der Kommission eine Frist für die Übermittlung neuer nicht vertraulicher Fassungen bestimmter Teile der Akte gesetzt worden. Am 16. und 17. September 2021 haben die Hauptparteien, nachdem ihnen eine Fristverlängerung gewährt worden war, eine gemeinsam erstellte, nicht vertrauliche Fassung dieser Dokumente eingereicht.

71      Mit Schriftsatz, der am 19. Oktober 2021 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat Nvidia einen Streithilfeschriftsatz eingereicht.

72      Mit Schriftsatz, der am 19. November 2021 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Kommission erklärt, dass sie gegen den Streithilfeschriftsatz keine Einwände erhebe.

73      Mit am 29. November 2021 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenem Schriftsatz hat die Klägerin ihre Stellungnahme zum Streithilfeschriftsatz eingereicht.

74      Das schriftliche Verfahren ist am 29. November 2021 abgeschlossen worden.

75      Am 8. Februar 2022 hat die Klägerin beantragt, in einer mündlichen Verhandlung gehört zu werden.

76      Auf Vorschlag der Fünften Kammer hat das Gericht die Rechtssache gemäß Art. 28 der Verfahrensordnung an die Fünfte erweiterte Kammer verwiesen.

77      Im Zuge einer Änderung der Besetzung der Kammern des Gerichts ist der Berichterstatter nach Art. 27 Abs. 5 der Verfahrensordnung der Ersten erweiterten Kammer zugeteilt worden, der die vorliegende Rechtssache deshalb zugewiesen worden ist.

78      Auf Vorschlag des Berichterstatters hat das Gericht beschlossen, das mündliche Verfahren zu eröffnen.

79      Am 2. Dezember 2022 hat das Gericht die Hauptparteien im Rahmen verfahrensleitender Maßnahmen aufgefordert, einige Fragen zu beantworten. Die Klägerin hat diese Fragen am 16. Dezember 2022 beantwortet. Die Kommission hat die Fragen am 16. Januar 2023 beantwortet, nachdem sie eine Fristverlängerung für die Beantwortung erhalten hatte.

80      Auf Antrag der Hauptparteien ist die Frist für die Einreichung von Anträgen auf vertrauliche Behandlung ihrer Antworten auf die Fragen des Gerichts verlängert worden. Zuletzt wurde sie auf den 31. Januar 2023 festgesetzt; an diesem Tag sind gemeinsam erstellte, nicht vertrauliche Fassungen der Antworten eingereicht worden.

81      Mit am 16. Februar 2023 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenem Schriftsatz hat Nvidia, nachdem ihr eine Fristverlängerung gewährt worden war, Einwände gegen die Anträge auf vertrauliche Behandlung der Antworten der Hauptparteien auf die Fragen des Gerichts erhoben.

82      Den Parteien ist ein Sitzungsbericht übermittelt worden, und die Klägerin sowie die Kommission haben dazu am 27. Januar 2023 bzw. am 16. Februar 2023 Stellung genommen. Das Gericht hat diese Stellungnahmen zur Kenntnis genommen.

83      Mit Beschluss vom 8. März 2023, Qualcomm/Kommission (T‑671/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2023:125), hat der Präsident der Ersten erweiterten Kammer einigen Anträgen auf vertrauliche Behandlung von Angaben in den Antworten der Hauptparteien auf die Fragen des Gerichts stattgegeben und andere Anträge zurückgewiesen. Daher ist der Klägerin und der Kommission eine Frist für die Übermittlung neuer nicht vertraulicher Fassungen der Antworten gesetzt worden. Am 10. März 2023 haben die Hauptparteien eine gemeinsam erstellte, nicht vertrauliche Fassung dieser Dokumente eingereicht.

84      Da ein Mitglied der Ersten erweiterten Kammer an der weiteren Mitwirkung am Verfahren gehindert war, hat der Präsident dieser Kammer einen anderen Richter zur Ergänzung der Kammer bestimmt.

85      Die mündliche Verhandlung ist am Ende der Sitzung vom 15. März 2023 geschlossen worden. Da ein Mitglied der Kammer nach dem Ablauf seiner Amtszeit am 27. September 2023 nicht mehr an den Beratungen teilnehmen konnte, wurden die Beratungen des Gerichts gemäß Art. 22 und Art. 24 Abs. 1 der Verfahrensordnung von den drei Richtern fortgesetzt, deren Unterschrift das vorliegende Urteil trägt.

 Anträge der Parteien

86      Die Klägerin beantragt,

–        den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären;

–        „die Geldbuße aufzuheben oder hilfsweise wesentlich herabzusetzen“;

–        prozessleitende Maßnahmen oder Maßnahmen der Beweisaufnahme anzuordnen, die der Kommission aufgeben, zu bestätigen, dass die Unkenntlichmachungen in einigen Schriftstücken der Akten auf stichhaltigen Ansprüchen beruhen, die sich aus dem Geschäftsgeheimnis ergeben, und Qualcomm davon in Kenntnis zu setzen oder diese Schriftstücke zu beschaffen, um die Gültigkeit der Ansprüche der Streithelferin zu prüfen;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

87      Die Kommission beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        Qualcomm die Kosten aufzuerlegen.

88      Nvidia beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        Qualcomm die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

89      Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Hauptparteien, wie oben in den Rn. 59, 61 und 62 dargelegt, beantragt haben, bestimmte Angaben in ihren Schriftsätzen und anderen Verfahrensdokumenten gegenüber Nvidia und folglich gegenüber der Öffentlichkeit wegzulassen. Nvidia hat gegen die Anträge auf vertrauliche Behandlung bestimmter Angaben Einwände erhoben. Mit Beschlüssen vom 22. Juli 2021, Qualcomm/Kommission (T‑671/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:502), und vom 8. März 2023, Qualcomm/Kommission (T‑671/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2023:125), haben die Präsidenten der Fünften bzw. der Ersten erweiterten Kammer einigen Anträgen auf vertrauliche Behandlung stattgegeben und andere Anträge zurückgewiesen.

90      Wenn eine Partei einen Antrag nach Art. 144 Abs. 2 der Verfahrensordnung stellt, hat der Präsident grundsätzlich nur über die Aktenstücke und Angaben zu entscheiden, deren Vertraulichkeit bestritten wird (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Beschluss vom 26. Januar 2018, FV/Rat, T‑750/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:59, Rn. 14 und die dort angeführte Rechtsprechung).

91      Das Gericht ist jedoch trotz fehlender Einwände nicht daran gehindert, Anträge auf vertrauliche Behandlung zurückzuweisen, soweit diese sich auf Angaben beziehen, deren öffentlicher Charakter sich offensichtlich aus dem Inhalt der Akten ergibt oder deren Vertraulichkeit durch die Offenlegung anderer Aktenbestandteile offensichtlich obsolet wird (Beschluss vom 15. September 2016, Deutsche Telekom/Kommission, T‑827/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:545, Rn. 46). Insoweit kann es unter bestimmten Umständen beschließen, über Elemente eines Antrags auf vertrauliche Behandlung zu entscheiden, deren Vertraulichkeit nicht bestritten wird (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 11. April 2019, Google und Alphabet/Kommission, T‑612/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:250, Rn. 16).

92      Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung Angaben, die vertraulich waren, aber mindestens fünf Jahre alt sind, als nicht mehr aktuell anzusehen sind, wenn nicht ausnahmsweise die Partei, die die Wahrung ihrer Vertraulichkeit beantragt, nachweist, dass sie trotzdem immer noch wesentliche Geheimnisse, insbesondere industrieller oder gewerblicher Art, darstellen, deren Offenlegung ihr oder einem Dritten schaden würde (vgl. Beschluss vom 11. April 2019, Google und Alphabet/Kommission, T‑612/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:250, Rn. 19 und die dort angeführte Rechtsprechung).

93      Das Gericht muss insoweit im Rahmen der Anwendung von Art. 66 der Verfahrensordnung den Grundsatz der Bekanntmachung von Gerichtsentscheidungen mit dem Recht auf Schutz personenbezogener Daten und dem Recht auf Schutz des Berufsgeheimnisses in Einklang bringen und dabei auch das Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu Gerichtsentscheidungen nach den Grundsätzen des Art. 15 AEUV berücksichtigen (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 5. Oktober 2020, Broughton/Eurojust, T‑87/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:464, Rn. 49).

94      Im vorliegenden Fall hat das Gericht beschlossen, einige Angaben, die Gegenstand der Anträge der Hauptparteien sind und deren Vertraulichkeit von Nvidia nicht bestritten worden ist, in der nicht vertraulichen Fassung des Urteils nicht unkenntlich zu machen. Einige dieser Angaben können nämlich aus dem Inhalt anderer Teile des vorliegenden Urteils abgeleitet werden und sind daher öffentlich zugänglich. Einige der Angaben sind nicht mehr aktuell, und die Aufrechterhaltung ihres vertraulichen Charakters nach Ablauf von mehr als zehn Jahren wurde nicht hinreichend begründet. Andere Angaben wiederum enthalten tatsächliche Erläuterungen zu den Verhaltensweisen, die Gegenstand der Untersuchung der Kommission waren. Die Unkenntlichmachung dieser Angaben würde das Verständnis dieses Urteils des Gerichts durch die Öffentlichkeit beeinträchtigen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 2. Februar 2022, Scania u. a./Kommission, T‑799/17, EU:T:2022:48, Rn. 82).

95      Die Klägerin stützt ihren Antrag auf Nichtigerklärung auf 15 Klagegründe:

–        erstens Verfahrensfehler;

–        zweitens „offensichtliche Fehler bei der Beurteilung“ der Sach- und Rechtslage und Verstoß gegen die Begründungspflicht im Hinblick auf die Abgrenzung des relevanten Marktes und ihre beherrschende Stellung im maßgeblichen Zeitraum;

–        drittens „Rechtsfehler durch Nichtanwendung der richtigen Rechtsnorm“;

–        viertens die Rüge, die „Kampfpreis-Theorie“ sei „unlogisch und nicht durch Beweise erhärtet“;

–        fünftens „offensichtliche Beurteilungsfehler“ und Verstoß gegen die Begründungspflicht in Bezug auf die Rekonstruktion angeblich „tatsächlich gezahlter“ Preise;

–        sechstens „unrichtige Zuweisung der nicht wiederkehrenden Konzeptionsaufwendungen“;

–        siebtens „Fehlen eines angemessenen Vergleichsmaßstabs für die Referenzkosten“;

–        achtens „offensichtlich fehlerhafte Preis-Kosten-Analyse“;

–        neuntens „offensichtliche Beurteilungs- und Rechtsfehler“ in Bezug auf die Feststellung, ihre Preise hätten Icera ausgeschlossen und den Verbrauchern einen Schaden zugefügt;

–        zehntens „offensichtliche Fehler bei der Beurteilung“ der Sach- und Rechtslage, Begründungsmangel sowie Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und des Grundsatzes der ordnungsgemäßen Verwaltung, soweit die Kommission festgestellt habe, dass ihre Preisgestaltung der Umsetzung eines Plans zum Ausschluss von Icera gedient habe;

–        elftens „offensichtliche Fehler bei der Beurteilung“ der Sach- und Rechtslage sowie Begründungsmangel, soweit die Kommission die von ihr vorgetragene objektive Rechtfertigung zurückgewiesen habe;

–        zwölftens unzureichende Begründung des angefochtenen Beschlusses;

–        dreizehntens „offensichtliche Beurteilungsfehler“, fehlende Grundlage und Begründungsmangel des angefochtenen Beschlusses in Bezug auf die Dauer der Zuwiderhandlung;

–        vierzehntens „offensichtliche Fehlerhaftigkeit“ des angefochtenen Beschlusses bezogen auf die Verhängung und die Berechnung der Geldbuße;

–        fünfzehntens „offensichtliche Fehler bei der Beurteilung“ der Sach- und Rechtslage sowie Begründungsmangel des angefochtenen Beschlusses, soweit er die Zuständigkeit der Kommission und eine Beeinträchtigung des Handels feststelle.

96      Die Klagegründe werden nachstehend in der von der Klägerin gewählten Reihenfolge geprüft, mit Ausnahme des dritten, vierten und achten Klagegrundes, die sich auf einige Argumente, die insbesondere im Rahmen des sechsten, siebten und neunten bis elften Klagegrundes erörtert werden, stützen oder diese Argumente in zusammengefasster Form wiedergeben und daher nach dem elften Klagegrund geprüft werden.

 Zum ersten Klagegrund: Verfahrensfehler

97      Der erste Klagegrund besteht aus zwei Teilen. Mit dem ersten Teil wird eine Verletzung des Grundsatzes der ordnungsgemäßen Verwaltung gerügt: Die Kommission habe keine gründliche, objektive und sorgfältige Untersuchung durchgeführt. Der zweite Teil betrifft eine Verletzung der Verteidigungsrechte und des Grundsatzes der Waffengleichheit: Die Kommission habe der Klägerin für ihre Verteidigung relevante Beweise nicht offengelegt.

 Zum ersten Teil: Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung

98      Der erste Teil besteht aus drei Rügen. Mit der ersten Rüge wird die überlange Dauer der Untersuchung beanstandet. Mit der zweiten Rüge wird geltend gemacht, die Akten seien unvollständig und nicht genau genug. Drittens wird beanstandet, dass die Untersuchung parteiisch gewesen sei.

–       Vorbemerkungen

99      Art. 41 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) erkennt das Recht auf eine gute Verwaltung an und legt fest, dass jede Person ein Recht darauf hat, dass ihre Angelegenheiten von den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Europäischen Union unparteiisch, gerecht und innerhalb einer angemessenen Frist behandelt werden. In den Erläuterungen zur Charta, die im Amtsblatt der Europäischen Union vom 14. Dezember 2007 (ABl. 2007, C 303, S. 17) veröffentlicht wurden, wird darauf hingewiesen, dass Art. 41 auf das Bestehen der Union als eine Rechtsunion gestützt ist, deren charakteristische Merkmale sich durch die Rechtsprechung entwickelt haben, die eine gute Verwaltung als allgemeinen Rechtsgrundsatz festgeschrieben hat (Urteil vom 13. Dezember 2018, Transavia Airlines/Kommission, T‑591/15, EU:T:2018:946, Rn. 37 [nicht veröffentlicht]).

100    Nach der Rechtsprechung zum Grundsatz der guten Verwaltung kommt der Beachtung der Garantien, die die Unionsrechtsordnung in Verwaltungsverfahren gewährt, in Fällen wie dem vorliegenden, in denen die Organe der Union über einen Beurteilungsspielraum verfügen, eine umso grundlegendere Bedeutung zu. Zu diesen Garantien gehört u. a. die Verpflichtung des zuständigen Organs, sorgfältig und unparteiisch alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls zu untersuchen (Urteile vom 21. November 1991, Technische Universität München, C‑269/90, EU:C:1991:438, Rn. 14; vom 13. Dezember 2018, Transavia Airlines/Kommission, T‑591/15, EU:T:2018:946, Rn. 38 [nicht veröffentlicht], und Beschluss vom 17. Januar 2022, Car-Master 2/Kommission, T‑743/20, nicht veröffentlicht, EU:T:2022:33, Rn. 66).

–       Zur ersten Rüge: überlange Dauer der Untersuchung

101    Die Klägerin macht geltend, die Dauer der Untersuchung, die zehn Jahre betrage, sei überlang und lasse mangelnde Sorgfalt der Kommission erkennen.

102    Aufgrund der Dauer der Untersuchung sei sie nicht in der Lage gewesen, sich angemessen zu verteidigen. Sie beruft sich insbesondere auf Änderungen in der Zusammensetzung des Untersuchungsteams der Kommission, auf ein Auskunftsverlangen, das acht Jahre nach Einlegung der Beschwerde versandt worden sei, auf Klarstellungsverlangen in Bezug auf Dokumente, die der Kommission bereits mehrere Jahre vorgelegen hätten, und auf die Änderung des Untersuchungsumfangs zu einem sehr fortgeschrittenen Stadium der Untersuchung. Außerdem habe der Zeitablauf die Erinnerung an die Geschehnisse verblassen lassen, sowohl ihrerseits als auch auf Seiten von Huawei und ZTE, die aufgrund dieses Umstands nicht in der Lage gewesen seien, einige teils entscheidende Anfragen der Kommission zu beantworten. Die Klägerin bestreitet, dass die Komplexität des Falls die Dauer gerechtfertigt habe, und fügt hinzu, dass sie stets vollumfänglich mit der Kommission kooperiert habe.

103    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

104    Nach ständiger Rechtsprechung stellt die Einhaltung einer angemessenen Frist bei der Durchführung von Verwaltungsverfahren im Bereich der Wettbewerbspolitik einen allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts dar, dessen Wahrung die Gerichte der Union zu sichern haben (vgl. Urteil vom 19. Dezember 2012, Heineken Nederland und Heineken/Kommission, C‑452/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2012:829, Rn. 97 und die dort angeführte Rechtsprechung).

105    Die Angemessenheit jedes Verfahrensabschnitts beurteilt sich nach den besonderen Umständen des jeweiligen Einzelfalls, insbesondere nach dessen Kontext, dem Verhalten der Beteiligten im Lauf des Verfahrens, der Bedeutung der Angelegenheit für die verschiedenen betroffenen Unternehmen und der Komplexität der Sache (Urteil vom 20. April 1999, Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, T‑305/94 bis T‑307/94, T‑313/94 bis T‑316/94, T‑318/94, T‑325/94, T‑328/94, T‑329/94 und T‑335/94, EU:T:1999:80, Rn. 126).

106    Außerdem können im Bereich der Wettbewerbspolitik beim Verwaltungsverfahren vor der Kommission zwei aufeinanderfolgende Abschnitte unterschieden werden, von denen jeder einer eigenen inneren Logik folgt. Der erste Abschnitt, der sich bis zur Mitteilung der Beschwerdepunkte erstreckt, beginnt dann, wenn die Kommission in Ausübung der ihr vom Unionsgesetzgeber verliehenen Befugnisse Maßnahmen trifft, die den Vorwurf der Begehung einer Zuwiderhandlung beinhalten, und soll es der Kommission ermöglichen, zum weiteren Verlauf des Verfahrens Stellung zu nehmen. Der zweite Abschnitt erstreckt sich von der Mitteilung der Beschwerdepunkte bis zum Erlass des abschließenden Beschlusses. Er soll es der Kommission ermöglichen, sich abschließend zu der gerügten Zuwiderhandlung zu äußern (Urteil vom 21. September 2006, Nederlandse Federatieve Vereniging voor de Groothandel op Elektrotechnisch Gebied/Kommission, C‑105/04 P, EU:C:2006:592, Rn. 38).

107    Überdies kann ein Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Verfahrensdauer zur Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses führen, wenn der Verstoß möglicherweise Auswirkungen auf den Ausgang des Verfahrens hatte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. September 2006, Technische Unie/Kommission, C‑113/04 P, EU:C:2006:593, Rn. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung).

108    Es ist jedoch klarzustellen, dass die Überschreitung der angemessenen Verfahrensdauer bei der Anwendung der Wettbewerbsregeln einen Grund für die Nichtigerklärung nur im Fall von Beschlüssen darstellen kann, mit denen Zuwiderhandlungen festgestellt werden, und sofern erwiesen ist, dass die Verletzung des Grundsatzes der angemessenen Frist die Verteidigungsrechte der betroffenen Unternehmen beeinträchtigt hat. Außerhalb dieser besonderen Fallgestaltung wirkt sich die Nichtbeachtung der Verpflichtung zur Entscheidung innerhalb einer angemessenen Frist nicht auf die Rechtsgültigkeit des Verwaltungsverfahrens im Rahmen der Verordnung Nr. 1/2003 aus (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. September 2006, Nederlandse Federatieve Vereniging voor de Groothandel op Elektrotechnisch Gebied/Kommission, C‑105/04 P, EU:C:2006:592, Rn. 42 und 43).

109    Im vorliegenden Fall sind zwischen der Einlegung der Beschwerde und dem Versand der Mitteilung der Beschwerdepunkte mehr als sechs Jahre vergangen. Wie jedoch oben in Rn. 15 festgestellt, hat die Beschwerdeführerin erst Mitte 2012, d. h. drei Jahre nach Einlegung der Beschwerde, die ersten Vorwürfe in Bezug auf Verdrängungspreise formuliert, die es der Kommission ermöglichten, eine Untersuchung des beanstandeten Verhaltens einzuleiten. Somit betrug die Dauer des ersten Verwaltungsverfahrensabschnitts mehr als sechs Jahre ab Einlegung der Beschwerde, jedoch nur etwas mehr als drei Jahre ab dem Zeitpunkt, an dem die Beschwerdeführerin die ersten Vorwürfe in Bezug auf Verdrängungspreise formulierte.

110    Der zweite Abschnitt des Verwaltungsverfahrens, beginnend mit dem Empfang der Mitteilung der Beschwerdepunkte und endend mit dem Erlass des angefochtenen Beschlusses am 18. Juli 2019, dauerte etwa dreieinhalb Jahre.

111    Insgesamt betrachtet ab den ersten Verdrängungsvorwürfen ist die Dauer der Untersuchung mit etwa sieben Jahren jedoch nicht überlang, wenn man die besonderen Umstände des Falls und insbesondere seine Komplexität berücksichtigt.

112    Wie das Gericht nämlich bei seiner Entscheidung über die Nichtigkeitsklage gegen den Beschluss der Kommission vom 31. März 2017 festgestellt hat, setzte die im vorliegenden Fall behauptete Praxis komplexe Analysen zahlreicher, größtenteils nur der Klägerin zugänglicher Daten voraus, um die Kosten-Preis-Struktur zu rekonstruieren und zu überprüfen, ob Verdrängungspreise vorlagen oder nicht. Dieses Vorgehen erwies sich außerdem als umso komplexer, als es sich um zusammengesetzte Produkte handelte (Urteil vom 9. April 2019, Qualcomm und Qualcomm Europe/Kommission, T‑371/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:232, Rn. 125).

113    Zum einen erhielt die Kommission, wie der Klageschrift zu entnehmen ist, als Antwort auf acht Auskunftsverlangen, an die teilweise spätere Klarstellungsverlangen anknüpften, mehr als 31 000 Dokumente von der Klägerin. Darüber hinaus organisierte die Kommission zahlreiche Treffen und Telefonate sowohl mit der Klägerin als auch mit der Beschwerdeführerin und Dritten. Außerdem ist den Ausführungen zu den verschiedenen Abschnitten des Verwaltungsverfahrens in Abschnitt 3 des angefochtenen Beschlusses zu entnehmen, dass die Kommission während der Untersuchung niemals untätig war. Schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass der Beschluss eine Analyse des beanstandeten Verhaltens enthielt, die sowohl komplex als auch detailliert war, und sich die Kommission im Zuge der Wahrung der Verteidigungsrechte der Klägerin bemüht hatte, auf die zahlreichen Argumente einzugehen, die diese im Rahmen des Verfahrens vortrug.

114    Zum anderen wirkte sich das Verhalten der Parteien im Verwaltungsverfahren auf die Dauer des Verfahrens aus. Insoweit ist festzustellen, dass die Beschwerdeführerin erst drei Jahre nach Einlegung der Beschwerde erstmals den Vorwurf der Verdrängung erhob. Die Klägerin wiederum wandte sich zunächst neunmal an den Anhörungsbeauftragten, um Fragen im Zusammenhang mit der Akteneinsicht zu klären, und beantragte sodann mehrere Fristverlängerungen, die Verschiebung einer Anhörung und die Durchführung einer zusätzlichen mündlichen Verhandlung. Schließlich musste sich die Klägerin darüber im Klaren sein, dass die Erhebung einer Nichtigkeitsklage gegen den Beschluss der Kommission vom 31. März 2017 und die spätere Einlegung eines Rechtsmittels gegen das Urteil vom 9. April 2019, Qualcomm und Qualcomm Europe/Kommission (T‑371/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:232), mit dem jene Klage abgewiesen worden ist, zwangsläufig zu einer Verzögerung der Untersuchung führen würde.

115    Da die Dauer der Untersuchung somit nicht überlang war, ist die vorliegende Rüge als unbegründet zurückzuweisen.

116    Selbst wenn man annimmt, dass die Untersuchungsdauer als überlang angesehen werden kann, legt die Klägerin jedenfalls nicht dar, inwiefern sich dies negativ auf ihre Verteidigungsmöglichkeiten hätte auswirken können.

117    Erstens erläutert die Klägerin nicht, inwiefern der bloße Wechsel der innerhalb der Kommission mit der Untersuchung betrauten Personen auf allen Hierarchieebenen die Gründlichkeit, Genauigkeit, Robustheit und Tragweite der Untersuchung oder ihrer Verteidigungsrechte hätte beeinträchtigen können.

118    Was zweitens das im Dezember 2013 vorgelegte Dokument betrifft, für das die Kommission erst im Januar 2017 Klarstellungen verlangt hat, genügt der Hinweis, dass, wie das Gericht festgestellt hat, die allgemeine Pflicht zu umsichtigem Handeln zu berücksichtigen ist, die jedem Unternehmen und jeder Unternehmensvereinigung obliegt und wonach diese dafür sorgen müssen, dass in ihren Büchern oder Archiven alle Unterlagen, die es ermöglichen, ihre Tätigkeit nachzuvollziehen, gut aufbewahrt werden, damit sie insbesondere für den Fall gerichtlicher oder verwaltungsbehördlicher Maßnahmen über die nötigen Beweise verfügen. Da die Kommission seit dem 7. Juni 2010 gemäß Art. 18 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 1/2003 Auskunftsverlangen an die Klägerin gerichtet hatte, oblag es dieser zumindest ab jenem Zeitpunkt, mit erhöhter Sorgfalt zu agieren und alle zweckdienlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die Beweise zu bewahren, über die sie vernünftigerweise hätte verfügen können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 9. April 2019, Qualcomm und Qualcomm Europe/Kommission, T‑371/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:232, Rn. 136 und die dort angeführte Rechtsprechung).

119    Drittens hat die Kommission erläutert, dass sich die Untersuchung gerade deshalb im Lauf des Verwaltungsverfahrens verändert habe, um die Stellungnahmen und Argumente zu berücksichtigen, die die Klägerin insbesondere in Reaktion auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte und die ergänzende Mitteilung der Beschwerdepunkte vorgetragen habe, was entgegen dem Vorbringen der Klägerin erst recht verdeutlicht, dass die Kommission ihre Verteidigungsrechte vollumfänglich gewahrt hat.

120    Viertens hat die Klägerin nicht dargelegt, inwiefern der Umstand, dass Huawei und ZTE bestimmte von der Kommission verlangte Erläuterungen zu den Zahlungen für nicht wiederkehrende Konzeptionsaufwendungen (im Folgenden: NWK-Zahlungen) nicht hätten abgeben können, mit dem Zeitablauf zusammenhängen soll. Jedenfalls hat die Kommission geprüft, ob die Klägerin mit diesen Zahlungen an Huawei und ZTE beabsichtigte, den beiden Kunden Preisnachlässe zu gewähren, so dass es sich insofern um ein subjektives Element handelt, das nichts mit den beiden Unternehmen zu tun hat, die dazu kein nennenswertes Entlastungsmaterial zugunsten der Klägerin hätten beibringen können. Dies wird auch dadurch bestätigt, dass, wie sich aus der Prüfung des sechsten Klagegrundes ergibt, die Kommission dieses Element nachgewiesen hat, indem sie sich auf ein Bündel übereinstimmender Beweise stützte, das keine Aussagen der beiden Unternehmen beinhaltete.

121    Nach alledem kann die vorliegende Rüge, selbst wenn sie begründet wäre, im vorliegenden Fall nicht zu der Feststellung einer Verletzung der Verteidigungsrechte der Klägerin und einer daraus folgenden Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses führen.

–       Zur zweiten Rüge: Unvollständigkeit und Ungenauigkeit der Akten

122    Die Klägerin macht geltend, es sei der Kommission nicht gelungen, vollständige und genaue Akten zu erstellen, da sie bestimmte, potenziell entlastende Informationen ausgelassen habe. Dieses Versagen der Kommission werde durch die folgenden drei Beispiele veranschaulicht. Erstens habe die Kommission Huawei und ZTE keine einzige Frage zu einem bestimmten Mitarbeiter von Qualcomm gestellt, obwohl dieser Mitarbeiter eine bedeutende Anzahl der Dokumente verfasst habe, auf die sich die Kommission stütze. Zweitens seien Huawei und ZTE nicht in der Lage gewesen, eine aussagekräftige Antwort auf ein Auskunftsverlangen zu den – immerhin wichtigen – NWK-Zahlungen zu geben. Drittens habe ihr die Kommission Zugang zu einigen Dokumenten gewährt, die zu erheblichen Teilen unkenntlich gemacht worden seien, ohne zu prüfen, ob die von der Beschwerdeführerin angeführte Begründung für die Vertraulichkeit dieser von ihr vorgelegten Dokumente stichhaltig sei oder nicht, obwohl die Dokumente potenziell entlastendes Material hätten enthalten können.

123    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

124    Nach ständiger Rechtsprechung ist es grundsätzlich Sache der Kommission, zu beurteilen, ob eine Auskunft im Rahmen von Ermittlungen wegen eines Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln erforderlich ist (vgl. Urteil vom 15. Juli 2015, GEA Group/Kommission, T‑45/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:507, Rn. 311 und die dort angeführte Rechtsprechung). Soweit die Klägerin der Kommission im vorliegenden Teil vorwirft, sie habe nicht versucht, Informationen zu erlangen, die wahrscheinlich entlastend gewesen wären, und sich damit auch im vorliegenden Teil auf den Anspruch auf rechtliches Gehör beruft, ist festzustellen, dass der Anspruch nicht verlangt, dass die Kommission zusätzliche Ermittlungen durchführt, wenn sie den Sachverhalt für hinreichend geklärt hält (Urteile vom 16. Mai 1984, Eisen und Metall/Kommission, 9/83, EU:C:1984:177, Rn. 32, und vom 11. März 1999, Thyssen Stahl/Kommission, T‑141/94, EU:T:1999:48, Rn. 110).

125    Was darüber hinaus das Vorhandensein potenziell entlastender Dokumente betrifft, um deren Beschaffung sich die Kommission nicht bemüht habe, muss nach der Rechtsprechung das betroffene Unternehmen dartun, dass es die fraglichen Dokumente zu seiner Verteidigung hätte einsetzen können, und zwar in dem Sinne, dass das Unternehmen, wenn es sich im Verwaltungsverfahren darauf hätte berufen können, Gesichtspunkte hätte geltend machen können, die nicht mit den in diesem Stadium von der Kommission gezogenen Schlüssen übereinstimmten und daher, in welcher Weise auch immer, die von der Kommission in ihrer Entscheidung vorgenommenen Beurteilungen hätten beeinflussen können (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 1. Juli 2010, Knauf Gips/Kommission, C‑407/08 P, EU:C:2010:389, Rn. 23 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 6. September 2017, Intel/Kommission, C‑413/14 P, EU:C:2017:632, Rn. 97).

126    Das betroffene Unternehmen muss folglich zum einen dartun, dass es zu bestimmten entlastenden Beweismitteln keinen Zugang hatte, und zum anderen, dass es diese zu seiner Verteidigung hätte einsetzen können (Urteile vom 1. Juli 2010, Knauf Gips/Kommission, C‑407/08 P, EU:C:2010:389, Rn. 24, und vom 6. September 2017, Intel/Kommission, C‑413/14 P, EU:C:2017:632, Rn. 98).

127    Im vorliegenden Fall legt die Klägerin nicht dar, inwiefern die Kommission zu Unrecht die Auffassung vertreten habe, dass der Sachverhalt hinreichend geklärt sei, und inwieweit die potenziell entlastenden Informationen, deren Beschaffung die Kommission unterlassen habe, einschließlich der drei von ihr genannten Beispiele, zu ihrer Verteidigung hätten eingesetzt werden können, und zwar in dem Sinne, dass sie, wenn sie sich im Verwaltungsverfahren darauf hätte berufen können, die von der Kommission im angefochtenen Beschluss vorgenommenen Beurteilungen, in welcher Weise auch immer, hätte beeinflussen können. Jedenfalls ist die Kommission, wie sich aus der oben in Rn. 124 angeführten Rechtsprechung ergibt, nicht verpflichtet, die Untersuchung fortzusetzen, um alle möglicherweise entlastenden Informationen zu beschaffen, wenn sie den Sachverhalt für hinreichend geklärt hält.

128    Insbesondere in Bezug auf den Mitarbeiter der Klägerin, der zahlreiche Dokumente verfasst habe, auf die sich die Kommission im angefochtenen Beschluss stütze, legt die Klägerin nicht dar, inwiefern etwaige Fragen der Kommission an Dritte in Bezug auf diesen Mitarbeiter für die Sachverhaltsaufklärung von Bedeutung sein könnten oder, in welcher Weise auch immer, von der Klägerin für ihre Verteidigung hätten verwendet werden können oder Einfluss auf die Beurteilungen der Kommission hätten nehmen können. Denn die Kommission stützte sich zwar auf einige dieser Dokumente, hauptsächlich um nachzuweisen, dass die Verdrängung von Icera geplant war, doch berief sie sich auch auf andere entscheidende Beweismittel, die sie für ausreichend hielt. Schließlich hat die Klägerin nicht dargetan, inwiefern ein Dritter besser als sie in der Lage gewesen wäre, Beweise beizubringen, die die Rolle dieses Mitarbeiters oder die Auslegung der fraglichen Dokumente durch die Kommission in Frage stellen.

129    Ebenso ist, selbst wenn man annimmt, dass Huawei und ZTE nicht in der Lage waren, eine aussagekräftige Antwort auf ein Auskunftsverlangen zu den – immerhin wichtigen – NWK-Zahlungen zu geben, festzustellen, dass die Kommission diese Antworten nicht benötigte, da sie sich insoweit auf ein Bündel übereinstimmender Beweise stützte, wie aus der Prüfung des sechsten Klagegrundes hervorgeht. Folglich konnte die Kommission den Sachverhalt für hinreichend geklärt erachten, ohne damit einen offensichtlichen Fehler zu begehen.

130    Was schließlich den Zugang der Klägerin zu Dokumenten betrifft, die zu erheblichen Teilen unkenntlich gemacht worden seien und potenziell entlastendes Material hätten enthalten können, bestreitet die Klägerin nicht, dass die Beschwerdeführerin, die diese Informationen vorgelegt hatte, der Auffassung war, dass sie dem Berufsgeheimnis unterlägen, und die Kommission selbst nicht über ungeschwärzte Fassungen verfügte. Die Kommission konnte jedenfalls vernünftigerweise davon ausgehen, dass sie über genügend andere Informationen verfügte, um die Untersuchung durchzuführen, ohne von der Beschwerdeführerin verlangen zu müssen, ihr weniger geschwärzte Fassungen der vorgelegten Unterlagen zu übermitteln.

131    Aus diesen Gründen ist der Antrag der Klägerin, der Kommission aufzugeben, zu bestätigen, dass die zahlreichen Unkenntlichmachungen in den Dokumenten ID 1112-00146, 1112-00148, 1112-00150, 1112-00151, 1112-00154, 1112-00185, 1112-00218, 1112-00196, 1112-00229 und 1294 auf stichhaltigen Ansprüchen beruhen, die sich aus dem Geschäftsgeheimnis ergeben, und die Klägerin davon in Kenntnis zu setzen oder die genannten Dokumente zu beschaffen, um die Gültigkeit der Ansprüche von Nvidia zu prüfen, ebenfalls zurückzuweisen.

132    Nach alledem ist die vorliegende Rüge zurückzuweisen.

–       Zur dritten Rüge: parteiische Untersuchung

133    Die Klägerin macht geltend, der angefochtene Beschluss beruhe auf einer parteiischen Untersuchung, die in erster Linie zu einer Verletzung des Grundsatzes der ordnungsgemäßen Verwaltung und in zweiter Linie des Grundsatzes der Unschuldsvermutung, des Grundsatzes in dubio pro reo sowie der Grundsätze der Rechtssicherheit und der Waffengleichheit geführt und ihre Verteidigungsrechte beeinträchtigt habe.

134    Zur Stützung der vorliegenden Rüge trägt die Klägerin drei Argumente vor.

135    Erstens habe die Kommission die Argumente und Beweise, die die Klägerin in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte und in der mündlichen Verhandlung vorgebracht habe, nicht in völliger Unparteilichkeit geprüft. Vielmehr habe sie unendliche Beweisausforschungen betrieben, indem sie zahlreiche Auskunftsverlangen versandt habe und dadurch sehr viele Daten erhoben habe. Zudem unterscheide sich der angefochtene Beschluss erheblich von der ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte und dem Sachverhaltsschreiben und enthalte neue Gesichtspunkte, während die ergänzende Mitteilung der Beschwerdepunkte und das Sachverhaltsschreiben wiederum von der Mitteilung der Beschwerdepunkte abwichen. Die Klägerin hat der Klageschrift in der Anlage A.11 ein Verzeichnis mit Beispielen für diese Unterschiede beigefügt.

136    Zweitens habe die Kommission einige entlastende Gesichtspunkte, die Huawei u. a. in Bezug auf die NWK-Zahlungen übermittelt habe, nicht im angefochtenen Beschluss berücksichtigt.

137    Drittens habe sich die Kommission in Abwesenheit des Anhörungsbeauftragten mit der Beschwerdeführerin getroffen, um Fragen im Zusammenhang mit der Anhörung zur ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte zu erörtern, obwohl dieses Thema in den Zuständigkeitsbereich des Anhörungsbeauftragten falle, was die Integrität und Neutralität der Kommission ernsthaft in Frage stelle.

138    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

139    Insoweit ist festzustellen, dass jeder Einzelne ein Recht darauf hat, dass seine Angelegenheiten von den Organen der Union unparteiisch behandelt werden (vgl. Urteil vom 2. Februar 2022, Scania u. a./Kommission, T‑799/17, EU:T:2022:48, Rn. 145 und die dort angeführte Rechtsprechung). Im vorliegenden Fall lässt jedoch keines der Argumente der Klägerin den Schluss zu, dass die Kommission nicht alle Garantien geboten hätte, um jeden berechtigten Zweifel an ihrer Unparteilichkeit bei der Untersuchung auszuschließen.

140    Was zunächst das Vorbringen der Klägerin betrifft, die Kommission habe zahlreiche Auskunftsverlangen versandt und dadurch sehr viele Daten erhoben, ist darauf hinzuweisen, dass sie gemäß dem 23. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1/2003 die Befugnis haben sollte, im gesamten Bereich der Union die Auskünfte zu verlangen, die notwendig sind, um u. a. die nach Art. 102 AEUV untersagte missbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung aufzudecken. Außerdem geht aus Art. 18 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 hervor, dass die Kommission zur Erfüllung der ihr durch diese Verordnung übertragenen Aufgaben durch einfaches Auskunftsverlangen oder durch Entscheidung von Unternehmen und Unternehmensvereinigungen verlangen kann, dass sie „alle erforderlichen Auskünfte“ erteilen.

141    In Anbetracht der weitgehenden Ermittlungs- und Nachprüfungsbefugnisse der Kommission ist es ihre Sache, die Erforderlichkeit der Auskünfte zu beurteilen, die sie von den betroffenen Unternehmen verlangt. Zu der vom Gericht ausgeübten Kontrolle dieser Beurteilung der Kommission ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung bei der Auslegung des Begriffs der erforderlichen Auskünfte auf den Zweck abzustellen ist, zu dem der Kommission die fraglichen Untersuchungsbefugnisse übertragen wurden. Das Erfordernis eines Zusammenhangs zwischen dem Auskunftsverlangen und der mutmaßlichen Zuwiderhandlung ist daher erfüllt, wenn in diesem Stadium des Verfahrens Grund zu der Annahme besteht, dass das Verlangen insofern in Beziehung zu der mutmaßlichen Zuwiderhandlung steht, als die Kommission vernünftigerweise davon ausgehen kann, dass ihr die Auskunft bei der Ermittlung des Vorliegens der gerügten Zuwiderhandlung helfen wird (vgl. Urteil vom 14. März 2014, Holcim [Deutschland] und Holcim/Kommission, T‑293/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:127, Rn. 110 und die dort angeführte Rechtsprechung).

142    Was konkret den vorliegenden Fall betrifft, folgt aus Rn. 128 des Urteils vom 9. April 2019, Qualcomm und Qualcomm Europe/Kommission (T‑371/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:232), das auf eine von der Klägerin erhobene Nichtigkeitsklage gegen den Beschluss der Kommission vom 31. März 2017 erging, dass der Umfang der Untersuchung der Kommission die Einholung einer erheblichen Anzahl von Auskünften rechtfertigen konnte.

143    Außerdem war die Kommission, wie auch das Gericht in Rn. 201 des Urteils vom 9. April 2019, Qualcomm und Qualcomm Europe/Kommission (T‑371/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:232), hervorgehoben hat, gerade im Hinblick auf die mit der gebotenen Sorgfalt zu erfolgende Vorbereitung ihres abschließenden Beschlusses zum etwaigen Vorliegen einer Zuwiderhandlung gegen Art. 102 AEUV auf der Grundlage sämtlicher Informationen, die einen Einfluss auf diesen Beschluss haben könnten, zur Annahme dieser Entscheidung berechtigt. Dieses Argument gilt auch entsprechend für die anderen Auskunftsverlangen, die die Kommission im Rahmen des Verwaltungsverfahrens versandte und die nicht als „Beweisausforschung“ anzusehen sind. Zum einen kann nämlich eine Parteilichkeit der Kommission bei der Untersuchung im Hinblick auf die Klägerin nicht abstrakt aus dem Vorliegen des Beurteilungsspielraums abgeleitet werden, über den die Kommission bezogen auf die Art und Weise der Durchführung der Untersuchung verfügt, und zum anderen hat die Klägerin keine Beweise beigebracht, die konkret belegen, dass sich die anderen Auskunftsverlangen nur durch eine solche Parteilichkeit erklären ließen.

144    Was sodann das Vorbringen der Klägerin zu den Unterschieden zwischen der Mitteilung der Beschwerdepunkte, der ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte, dem Sachverhaltsschreiben und dem angefochtenen Beschluss betrifft, verlangt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs die Wahrung der Verteidigungsrechte, dass dem betroffenen Unternehmen im Verwaltungsverfahren Gelegenheit gegeben wurde, zum Vorliegen und zur Erheblichkeit der von der Kommission angeführten Tatsachen und Umstände sowie zu den von ihr für ihre Behauptung einer Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln herangezogenen Schriftstücken wirksam Stellung zu nehmen (vgl. Urteil vom 5. Dezember 2013, SNIA/Kommission, C‑448/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:801, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung; Urteil vom 25. März 2021, Deutsche Telekom/Kommission, C‑152/19 P, EU:C:2021:238, Rn. 106).

145    Dieses Erfordernis ist erfüllt, wenn die endgültige Entscheidung den Betroffenen keine anderen Zuwiderhandlungen zur Last legt als diejenigen, die in der Mitteilung der Beschwerdepunkte genannt werden, und sich nur auf Tatsachen stützt, zu denen die Betroffenen im Verwaltungsverfahren Gelegenheit zur Äußerung hatten (Urteile vom 24. Mai 2012, MasterCard u. a./Kommission, T‑111/08, EU:T:2012:260, Rn. 266; vom 18. Juni 2013, ICF/Kommission, T‑406/08, EU:T:2013:322, Rn. 117, und vom 13. Dezember 2018, Slovak Telekom/Kommission, T‑851/14, EU:T:2018:929, Rn. 180).

146    Die Darstellung der wesentlichen Tatsachen, auf die sich die Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte stützt, kann jedoch in gedrängter Form erfolgen, und die Entscheidung braucht nicht notwendig ein Abbild dieser Mitteilung zu sein, da es sich bei ihr um ein vorbereitendes Schriftstück handelt, dessen tatsächliche und rechtliche Wertungen lediglich vorläufiger Natur sind (Urteil vom 17. November 1987, British American Tobacco und Reynolds Industries/Kommission, 142/84 und 156/84, EU:C:1987:490, Rn. 70; vgl. auch Urteil vom 5. Dezember 2013, SNIA/Kommission, C‑448/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:801, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung; Urteil vom 24. Mai 2012, MasterCard u. a./Kommission, T‑111/08, EU:T:2012:260, Rn. 267). Zulässig sind daher Ergänzungen zur fraglichen Mitteilung unter Berücksichtigung der Stellungnahmen der Parteien, deren Argumente zeigen, dass sie ihre Verteidigungsrechte tatsächlich wahrnehmen konnten. Die Kommission darf auch unter Berücksichtigung des Verwaltungsverfahrens Argumente, auf die sie ihre Beschwerdepunkte stützt, in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht ändern oder ergänzen (Urteil vom 9. September 2011, Alliance One International/Kommission, T‑25/06, EU:T:2011:442, Rn. 181). Bis zum Erlass einer endgültigen Entscheidung kann daher die Kommission in Anbetracht insbesondere der schriftlichen oder mündlichen Äußerungen der Beteiligten entweder einzelne oder auch sämtliche bis dahin gegen diese erhobenen Beschwerdepunkte fallen lassen und damit ihre Auffassung zugunsten der Beteiligten ändern oder umgekehrt beschließen, neue Beschwerdepunkte hinzuzufügen, sofern sie den betreffenden Unternehmen Gelegenheit gibt, hierzu Stellung zu nehmen (vgl. Urteil vom 30. September 2003, Atlantic Container Line u. a./Kommission, T‑191/98 und T‑212/98 bis T‑214/98, EU:T:2003:245, Rn. 115 und die dort angeführte Rechtsprechung).

147    Im vorliegenden Fall lässt sich eine Parteilichkeit der Kommission bei der Untersuchung im Hinblick auf die Klägerin nicht abstrakt daraus ableiten, dass zwischen der Mitteilung der Beschwerdepunkte, der ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte, dem Sachverhaltsschreiben und dem angefochtenen Beschluss Unterschiede bestehen. Außerdem hat die Klägerin keine Beweise beigebracht, die konkret belegen, dass sich die Unterschiede nur durch eine solche Parteilichkeit erklären ließen.

148    Vielmehr ist zu prüfen, ob sich die Kommission im angefochtenen Beschluss auf neue Beschwerdepunkte oder Beweise zulasten der Klägerin stützte und die Klägerin im Verwaltungsverfahren keine Gelegenheit hatte, zu ihnen Stellung zu nehmen.

149    Die Klägerin beschränkt sich insoweit auf die allgemeine Behauptung, der angefochtene Beschluss unterscheide sich erheblich von der Argumentation in der ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte und im Sachverhaltsschreiben und enthalte neue Gesichtspunkte, und sie begnügt sich damit, in einer Fußnote einige Erwägungsgründe des angefochtenen Beschlusses zu zitieren und auf die Anlage A.11 zur Klageschrift zu verweisen.

150    Selbst wenn es sich bei diesen Gesichtspunkten um neue Gesichtspunkte handeln sollte, die in den vorhergehenden Verfahrensunterlagen nicht enthalten waren, legt die Klägerin jedenfalls nicht dar, inwiefern diese Gesichtspunkte neue Beschwerdepunkte oder Beweise zu ihren Lasten darstellen, zu denen sie sich im Verwaltungsverfahren nicht äußern konnte, und nicht bloß die Berücksichtigung von Stellungnahmen, die die Kommission u. a. von der Klägerin erhalten hatte, im angefochtenen Beschluss.

151    Wie sich aus der oben in Rn. 146 angeführten Rechtsprechung ergibt, kann der angefochtene Beschluss, gerade weil die Kommission die Stellungnahmen der Parteien im Lauf der Verwaltungsverfahrens berücksichtigen muss, kein Abbild der Mitteilung der Beschwerdepunkte, der ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte oder des Sachverhaltsschreibens sein. Da sich die Klägerin darauf beschränkt hat, ein Verzeichnis der Unterschiede zwischen dem angefochtenen Beschluss und den vorhergehenden Verfahrensdokumenten zu erstellen, ohne näher zu erläutern, inwiefern sich diese Änderungen konkret zu ihren Ungunsten auf die juristische Argumentation der Kommission und ihre Einordnung des Sachverhalts auswirkte oder wie die Tragweite des beanstandeten Verhaltens dadurch verändert wurde, hat sie nicht nachgewiesen, dass die Kommission eine parteiische Untersuchung durchgeführt hat.

152    Was schließlich das Vorbringen der Klägerin betrifft, die Kommission habe sich in Abwesenheit des Anhörungsbeauftragten mit der Beschwerdeführerin getroffen, um Fragen im Zusammenhang mit der Anhörung zur ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte zu erörtern, obwohl dieses Thema in den Zuständigkeitsbereich des Anhörungsbeauftragten falle, werden die Integrität der Kommission und ihre Fähigkeit, den vorliegenden Fall neutral und objektiv zu bearbeiten, dadurch nicht in Frage gestellt. Außerdem legt die Klägerin nicht dar, inwiefern ihre Verteidigungsrechte durch das Treffen beeinträchtigt sein könnten, zumal es ihr, falls ihr dies notwendig erschien, freistand, den Anhörungsbeauftragten um ein entsprechendes Treffen zu bitten.

153    Somit ist die vorliegende Rüge zurückzuweisen.

154    Der erste Teil des ersten Klagegrundes ist daher zurückzuweisen.

 Zum zweiten Teil: Verletzung der Verteidigungsrechte und des Grundsatzes der Waffengleichheit

155    Der zweite Teil stützt sich auf zwei Rügen. Mit der ersten Rüge beanstandet die Klägerin eine unzureichende Akteneinsicht. Die zweite Rüge betrifft im Wesentlichen den unzureichenden Inhalt der übermittelten Akten.

–       Vorbemerkungen

156    Die Verteidigungsrechte gehören als Grundrechte zu den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, deren Wahrung der Gerichtshof und das Gericht zu sichern haben (Urteil vom 25. Oktober 2011, Solvay/Kommission, C‑109/10 P, EU:C:2011:686, Rn. 52).

157    Die Wahrung der Verteidigungsrechte stellt einen allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts dar, der anwendbar ist, wann immer die Verwaltung beabsichtigt, gegenüber einer Person eine sie beschwerende Maßnahme zu erlassen (Urteil vom 16. Januar 2019, Kommission/United Parcel Service, C‑265/17 P, EU:C:2019:23, Rn. 28).

158    Dieser allgemeine Grundsatz des Unionsrechts ist in Art. 41 Abs. 2 Buchst. a und b der Charta verbürgt (Urteil vom 25. März 2021, Deutsche Telekom/Kommission, C‑152/19 P, EU:C:2021:238, Rn. 105).

159    Wie sich aus der oben in Rn. 144 angeführten Rechtsprechung ergibt, verlangt die Wahrung der Verteidigungsrechte im Wettbewerbsrecht, dass dem Adressaten eines Beschlusses, mit dem festgestellt wird, dass er eine Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln begangen hat, im Verwaltungsverfahren Gelegenheit gegeben wurde, zum Vorliegen und zur Erheblichkeit der von der Kommission angeführten Tatsachen und Umstände, die ihm zur Last gelegt werden, sowie zu den von ihr für ihre Behauptung einer Zuwiderhandlung herangezogenen Schriftstücken wirksam Stellung zu nehmen.

160    Nach gefestigter Rechtsprechung führt eine Verletzung der Verteidigungsrechte, insbesondere des Anspruchs auf rechtliches Gehör, nur dann zur Nichtigerklärung bzw. Aufhebung der Entscheidung, die am Ende des fraglichen Verwaltungsverfahrens erlassen wird, wenn das Verfahren ohne diese Regelwidrigkeit zu einem anderen Ergebnis hätte führen können. Von einem Kläger, der eine Verletzung seiner Verteidigungsrechte rügt, darf nicht der Nachweis verlangt werden, dass die angefochtene Entscheidung des betreffenden Unionsorgans inhaltlich anders ausgefallen wäre, sondern lediglich, dass dies nicht völlig ausgeschlossen ist (vgl. Urteil vom 18. Juni 2020, Kommission/RQ, C‑831/18 P, EU:C:2020:481, Rn. 105 und 106 sowie die dort angeführte Rechtsprechung), da sich diese Partei ohne den Verfahrensfehler besser hätte verteidigen können (Urteile vom 2. Oktober 2003, Thyssen Stahl/Kommission, C‑194/99 P, EU:C:2003:527, Rn. 31; vom 1. Oktober 2009, Foshan Shunde Yongjian Housewares & Hardware/Rat, C‑141/08 P, EU:C:2009:598, Rn. 94, und vom 13. Dezember 2018, Deutsche Telekom/Kommission, T‑827/14, EU:T:2018:930, Rn. 129).

161    Dies ist anhand der speziellen tatsächlichen und rechtlichen Umstände des konkreten Falls zu beurteilen (Urteil vom 18. Juni 2020, Kommission/RQ, C‑831/18 P, EU:C:2020:481, Rn. 107).

–       Zur ersten Rüge: unzureichende Akteneinsicht

162    Die Klägerin macht geltend, sie habe erst nach Erlass der Mitteilung der Beschwerdepunkte und der ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte Akteneinsicht erhalten und zudem wiederholt Anträge auf Akteneinsicht stellen müssen. Außerdem habe sie „wahnsinnig viel Zeit und unverhältnismäßig viele Ressourcen“ für die Einsichtnahme in einige Dokumente investieren müssen, was eine „sinnlose und nachteilige Ablenkung“ dargestellt habe und sich negativ auf ihre Verteidigungsmöglichkeiten ausgewirkt habe.

163    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

164    Als Ausfluss des Grundsatzes der Wahrung der Verteidigungsrechte bedeutet das Recht auf Akteneinsicht, dass die Kommission dem betroffenen Unternehmen die Möglichkeit geben muss, alle Schriftstücke in der Ermittlungsakte zu prüfen, die möglicherweise für seine Verteidigung erheblich sind. Zu ihnen gehören sowohl belastende als auch entlastende Schriftstücke mit Ausnahme von Geschäftsgeheimnissen anderer Unternehmen, internen Schriftstücken der Kommission und anderen vertraulichen Informationen (Urteile vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission, C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, EU:C:2004:6, Rn. 68, und vom 12. Juli 2011, Toshiba/Kommission, T‑113/07, EU:T:2011:343, Rn. 41).

165    Im vorliegenden Fall beanstandet die Klägerin als Erstes, dass sie gegenüber der Kommission auf Zugang zu den Aktenunterlagen habe bestehen müssen und dadurch Zeit verloren habe, wodurch ihre Erinnerung an die Geschehnisse verblasst und folglich ihre Verteidigung beeinträchtigt worden sei.

166    Das Vorbringen der Klägerin zur Dauer des Verwaltungsverfahrens und zu den Auswirkungen auf ihre Verteidigungsmöglichkeiten ist jedoch aus den oben in den Rn. 116 bis 121 dargelegten Gründen zurückzuweisen. Soweit die Klägerin außerdem geltend macht, die Akteneinsicht sei ihr zu spät gewährt worden, steht fest, dass sie im Lauf des Verwaltungsverfahrens Zugang zu den Akten erhielt und die darin enthaltenen Dokumente bei der Organisation ihrer Verteidigung berücksichtigen konnte. Selbst wenn man annimmt, dass die Klägerin nicht sofort Einsicht in die Akten erhielt, hat sie jedenfalls nicht nachgewiesen, dass die Akteneinsicht verspätet war und ihre Verteidigungsrechte verletzt wurden, so dass dieses Vorbringen zurückzuweisen ist.

167    Als Zweites ist zum Vorwurf der unzureichenden Akteneinsicht festzustellen, dass die Klägerin, wie den von ihr nicht beanstandeten Erwägungsgründen 45 und 46 des angefochtenen Beschlusses zu entnehmen ist, in Bezug auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte selbst anerkannt hat, dass alle Fragen im Zusammenhang mit der Akteneinsicht geklärt waren, bevor sie ihre Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte einreichte, und in Bezug auf die ergänzende Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht von dem Angebot der Kommission Gebrauch gemacht hatte, ihre Antwort auf die ergänzende Mitteilung der Beschwerdepunkte nach dem Erhalt einer überarbeiteten nicht vertraulichen Fassung bestimmter Aktenunterlagen zu ergänzen, so dass sie sich nicht mit Erfolg darauf berufen kann, dass ihre Verteidigungsrechte beeinträchtigt worden seien.

168    Folglich ist die vorliegende Rüge zurückzuweisen.

–       Zur zweiten Rüge: unzureichender Inhalt der übermittelten Akten

169    Die Klägerin ist der Ansicht, die Kommission habe gegen ihre Verpflichtung verstoßen, zu allen Treffen, Telefonaten sowie formellen und informellen Gesprächen, die zwecks Einholung von Informationen zum Gegenstand einer Untersuchung durchgeführt würden, ausführliche Vermerke anzufertigen und ihr in zweckdienlicher Weise zur Verfügung zu stellen.

170    Als Erstes beanstandet sie, dass die Kommission keine Vermerke zu sieben Telefonkonferenzen und fünf Treffen mit ihr angefertigt habe. Die Kommission habe dann nicht auf diese Vermerke zurückgreifen können, die möglicherweise entlastendes Material beinhaltet hätten.

171    Als Zweites wirft die Klägerin der Kommission vor, sie habe ihr einige Vermerke zu Treffen oder Telefonkonferenzen mit Dritten zu spät – mitunter erst mehrere Jahre später – übermittelt.

172    Als Drittes beanstandet die Klägerin, die Kommission habe ihr zu einigen Telefonkonferenzen mit Dritten, d. h. einer Telefonkonferenz mit Huawei und sieben Telefonkonferenzen mit der Beschwerdeführerin, Vermerke übermittelt, die zu kurz seien und es ihr nicht ermöglicht hätten, die in den Telefonkonferenzen ausgetauschten Informationen nachzuvollziehen.

173    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

174    Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission nach Art. 19 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 zur Erfüllung der ihr durch diese Verordnung übertragenen Aufgaben befugt ist, alle natürlichen und juristischen Personen zu befragen, die der Befragung zum Zweck der Einholung von Information, die sich auf den Gegenstand einer Untersuchung bezieht, zustimmen.

175    Nach Art. 3 der Verordnung Nr. 773/2004 kann die Kommission die Aussagen von Personen, die im Rahmen einer Befragung nach Art. 19 der Verordnung Nr. 1/2003 befragt werden, auf einen beliebigen Träger aufzeichnen. In Art. 3 Abs. 2 der Verordnung Nr. 773/2004 ist außerdem festgelegt, dass die Befragung auf jedem Weg einschließlich per Telefon oder elektronisch erfolgen kann.

176    Insoweit ist nach der Rechtsprechung die Kommission, wenn sie sich dafür entscheidet, eine Befragung auf der Grundlage von Art. 19 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 vorzunehmen, verpflichtet, die Befragung in vollem Umfang aufzuzeichnen, unbeschadet der ihr überlassenen Wahl der Form dieser Aufzeichnung. Daraus folgt, dass für die Kommission eine Pflicht besteht, jede Befragung, die sie nach dem genannten Artikel durchführt, um Informationen einzuholen, die sich auf den Gegenstand ihrer Untersuchung beziehen, in der von ihr gewählten Form aufzuzeichnen (Urteile vom 6. September 2017, Intel/Kommission, C‑413/14 P, EU:C:2017:632, Rn. 90 und 91, sowie vom 9. März 2023, Les Mousquetaires und ITM Entreprises/Kommission, C‑682/20 P, EU:C:2023:170, Rn. 89).

177    Zu diesem Zweck reicht es nicht aus, dass die Kommission die bei der Befragung angesprochenen Themen kurz zusammenfasst. Sie muss in der Lage sein, Angaben zum Inhalt der Erörterungen im Rahmen dieser Befragung zu machen, insbesondere zur Art der Auskünfte über die dabei behandelten Themen (Urteil vom 15. Juni 2022, Qualcomm/Kommission [Qualcomm – Ausschließlichkeitszahlungen], T‑235/18, EU:T:2022:358, Rn. 190, vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 6. September 2017, Intel/Kommission, C‑413/14 P, EU:C:2017:632, Rn. 91 und 92).

178    Was als Erstes die Kontakte zwischen der Kommission und der Klägerin selbst im Verwaltungsverfahren betrifft, rügt die Klägerin, dass die Akten keine Vermerke zu sieben Telefonkonferenzen und fünf Treffen enthielten.

179    Die Klägerin legt jedoch nicht dar, inwiefern ein entsprechender Verfahrensfehler, wenn er denn vorläge, ihre Verteidigungsrechte hätte beeinträchtigen können, und sie weist nicht nach, dass sie sich besser hätte verteidigen können, wenn die Kommission Vermerke zu ihren Kontakten mit der Klägerin angefertigt hätte. Da die Treffen nämlich zwischen der Kommission und der Klägerin selbst stattfanden, waren der Inhalt dieser Treffen und die dabei mit der Kommission erörterten Themen der Klägerin vollumfänglich bekannt. Sie war daher durchaus in der Lage, jegliches Entlastungsmaterial zu nutzen, das eventuell im Rahmen dieser Kontakte angesprochen wurde, und sich dadurch besser zu verteidigen. Außerdem wäre in einem solchen Fall zu erwarten, dass die Klägerin vorsichtshalber selbst eine Kurzfassung des fraglichen Kontakts an die Kommission übermittelt, damit etwaiges potenziell entlastendes Material in Schriftform vorliegt und in die Akten Eingang findet.

180    Als Zweites beanstandet die Klägerin, dass sie zu spät Zugang zu bestimmten Vermerken in Bezug auf Treffen oder Telefonkonferenzen mit Dritten erhalten habe, wodurch ihre Verteidigungsrechte beeinträchtigt worden seien.

181    Unabhängig davon, ob die fraglichen Treffen und Telefonate „Befragungen“ im Sinne von Art. 19 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 darstellen, zu deren Aufzeichnung die Kommission verpflichtet gewesen wäre, was die Klägerin im Übrigen nicht einmal nachzuweisen versucht, erhielt sie am 31. Juli und am 27. August 2018 unstreitig Zugang zu den entsprechenden Vermerken, d. h. unmittelbar nach dem Versand der ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte durch die Kommission.

182    Zwar ist es bedauerlich, dass der Zugang zu den Vermerken in Bezug auf die fraglichen Treffen und Telefonkonferenzen tatsächlich erst lange nach diesen Treffen und Telefonkonferenzen gewährt wurde, jedoch erfolgte die Antwort der Klägerin auf die ergänzende Mitteilung der Beschwerdepunkte am 22. Oktober 2018, d. h. mehrere Wochen nach Erhalt der Vermerke, so dass sie ausreichend Zeit hatte, die Vermerke zu prüfen, potenziell entlastendes Material zu identifizieren und sich in ihrer Antwort darauf zu berufen.

183    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass sich die Umstände des vorliegenden Falls von denen der Rechtssache unterscheiden, in der das Urteil vom 15. Juni 2022, Qualcomm/Kommission (Qualcomm – Ausschließlichkeitszahlungen) (T‑235/18, EU:T:2022:358), ergangen ist, mit dem das Gericht den Beschluss C(2018) 240 final der Kommission vom 24. Januar 2018 in einem Verfahren nach Art. 102 AEUV und Art. 54 des EWR-Abkommens (Sache AT.40220 – Qualcomm [Ausschließlichkeitszahlungen]) für nichtig erklärt hat, insbesondere wegen der verspäteten Übermittlung einiger Vermerke zu Befragungen von Dritten durch die Kommission.

184    So geht aus den Rn. 168 und 169 des Urteils vom 15. Juni 2022, Qualcomm/Kommission (Qualcomm – Ausschließlichkeitszahlungen) (T‑235/18, EU:T:2022:358), hervor, dass die Kommission Qualcomm im Verwaltungsverfahren weder über die Existenz noch über den Inhalt bestimmter Gespräche mit Dritten informiert hatte und sie die entsprechenden Vermerke erst nach Erlass des Beschlusses C(2018) 240 final versandte, wobei einige davon sogar erst im Verfahren vor dem Gericht als Reaktion auf die vom Gericht angeordnete Beweisaufnahme übermittelt wurden.

185    Außerdem ist unstreitig, dass in der Rechtssache im Urteil vom 15. Juni 2022, Qualcomm/Kommission (Qualcomm – Ausschließlichkeitszahlungen) (T‑235/18, EU:T:2022:358), Qualcomm – anders als im vorliegenden Fall – im Verwaltungsverfahren keinen Zugang zu den Vermerken hatte und daher keine Möglichkeit hatte, sich zu ihnen zu äußern oder etwaige darin enthaltene entlastende Gesichtspunkte für ihre Verteidigung zu verwenden, bevor der Beschluss erlassen wurde, der ihr Ausschließlichkeitszahlungen zur Last legte. Diese entscheidungserheblichen Umstände, die das Gericht zur Nichtigerklärung des Beschlusses C(2018) 240 final veranlasst haben, unterscheiden sich grundlegend vom vorliegenden Fall.

186    Nach alledem hat die Klägerin nicht nachgewiesen, dass ihre Verteidigungsrechte durch die relativ späte Übermittlung der Vermerke zu den fraglichen Treffen und Telefonkonferenzen verletzt wurden. Folglich ist das Vorbringen der Klägerin zur verspäteten Übermittlung der Vermerke durch die Kommission zurückzuweisen.

187    Als Drittes beanstandet die Klägerin, einige Vermerke zu Telefonkonferenzen mit Dritten, d. h. einer Telefonkonferenz mit Huawei und sieben Telefonkonferenzen mit der Beschwerdeführerin, seien zu kurz gefasst.

188    Die Kommission hat hierzu in der mündlichen Verhandlung zum einen anerkannt, dass zumindest einige der von der Klägerin genannten Telefonkonferenzen tatsächlich als „Befragungen“ im Sinne von Art. 19 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 eingestuft werden könnten, und zum anderen eingeräumt, dass sie sie nicht aufgezeichnet habe. Ferner ist festzustellen, dass die Vermerke zu diesen Befragungen, so wie sie in Anlage A.9 zur Klageschrift wiedergegeben sind, zu kurz sind, um die fehlende Aufzeichnung kompensieren zu können.

189    Im Hinblick auf die Konsequenzen, die aus diesem Verfahrensfehler zu ziehen sind, ist zu prüfen, ob die Klägerin in Anbetracht der speziellen tatsächlichen und rechtlichen Umstände des vorliegenden Falls hinreichend dargelegt hat, dass sie sich ohne den Verfahrensfehler besser hätte verteidigen können. Denn wenn sie dies nicht darlegt, kann der Verfahrensfehler nicht zur Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses führen.

190    Soweit das betroffene Unternehmen über aussagekräftige Hinweise zu den Autoren sowie zu Art und Inhalt der ihm vorenthaltenen Dokumente verfügt, obliegt ihm die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass es – sowohl belastende als auch entlastende – Aktenbestandteile, deren Einsichtnahme ihm in rechtswidriger Weise verwehrt blieb, zu seiner Verteidigung hätte einsetzen können (vgl. in diesem Sinne Schlussanträge der Generalanwältin Kokott in der Rechtssache Solvay/Kommission, C‑110/10 P, EU:C:2011:257, Nr. 37).

191    Wenn dem betroffenen Unternehmen ein belastendes Beweismittel nicht übermittelt wurde, genügt es, dass das Unternehmen dartut, dass das Verwaltungsverfahren zu einem anderen Ergebnis hätte führen können, wenn dieses Beweismittel ausgeschlossen worden wäre, soweit sich die Kommission darauf gestützt hat (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission, C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, EU:C:2004:6, Rn. 71 und 73, sowie vom 12. Juli 2011, Toshiba/Kommission, T‑113/07, EU:T:2011:343, Rn. 46).

192    Wenn dem betroffenen Unternehmen ein entlastendes Beweismittel nicht übermittelt wurde, muss es dartun, dass es dieses Beweismittel zu seiner Verteidigung hätte einsetzen können, und zwar in dem Sinne, dass das Unternehmen, wenn es sich im Verwaltungsverfahren darauf hätte berufen können, Gesichtspunkte hätte geltend machen können, die nicht mit den in diesem Stadium von der Kommission gezogenen Schlüssen übereinstimmten und daher, in welcher Weise auch immer, die von der Kommission in ihrer Entscheidung vorgenommenen Beurteilungen hätten beeinflussen können (vgl. Urteil vom 6. September 2017, Intel/Kommission, C‑413/14 P, EU:C:2017:632, Rn. 97 und die dort angeführte Rechtsprechung).

193    Im vorliegenden Fall hat die Klägerin jedoch nicht dargetan, dass sie sich ohne den festgestellten Verfahrensfehler besser hätte verteidigen können.

194    Insbesondere hat die Klägerin, obwohl sie in der mündlichen Verhandlung vom Gericht ausdrücklich dazu befragt worden ist, kein substantiiertes Argument vorgetragen, mit dem sich nachvollziehen ließe, auf welcher Grundlage sie sich hätte besser verteidigen können, obschon es letztendlich durchaus möglich war, aus den von der Kommission übermittelten Vermerken den Inhalt der fraglichen Gespräche abzuleiten und daraus auf das Vorhandensein etwaiger Gesichtspunkte zu schließen, die die Klägerin für ihre Verteidigung hätte verwenden können.

195    Schließlich hatte die Klägerin im Urteil vom 15. Juni 2022, Qualcomm/Kommission (Qualcomm – Ausschließlichkeitszahlungen) (T‑235/18, EU:T:2022:358), mit dem das Gericht den Beschluss C(2018) 240 final insbesondere wegen Unvollständigkeit der Vermerke der Kommission zu bestimmten Gesprächen mit Dritten für nichtig erklärt hat, zur Untermauerung eines entsprechenden Vorbringens in der Klageschrift eine Anlage erstellt, um die Gesichtspunkte zu erläutern, die in den Gesprächen hätten erörtert werden können, und darzulegen, wie sie bei ihrer Verteidigung hätten verwendet werden können. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin keine entsprechenden Erläuterungen vorgetragen.

196    Aus diesem Grund kann der vorliegend festgestellte Verfahrensfehler im Zusammenhang mit den zu kurzen Vermerken zu Telefonkonferenzen mit Dritten nicht zu einer Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses führen.

197    Folglich sind die vorliegende Rüge sowie der zweite Teil des ersten Klagegrundes zurückzuweisen. Da auch der erste Teil dieses Klagegrundes zurückgewiesen worden ist (siehe oben, Rn. 154), ist der Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

 Zum zweiten Klagegrund: „offensichtliche Fehler bei der Beurteilung“ der Sach- und Rechtslage und Verstoß gegen die Begründungspflicht im Hinblick auf die Abgrenzung des relevanten Marktes und die beherrschende Stellung der Klägerin im maßgeblichen Zeitraum

198    Der zweite Klagegrund besteht aus fünf Teilen. Der erste Teil betrifft Mängel des angefochtenen Beschlusses bei der Abgrenzung des relevanten Marktes. Der zweite betrifft den direkten Wettbewerbsdruck durch das für den Eigenbedarf produzierte Angebot auf dem freien Markt. Der dritte Teil betrifft den indirekten Wettbewerbsdruck durch das für den Eigenbedarf produzierte Angebot auf dem freien Markt. Der vierte Teil bezieht sich auf die beherrschende Stellung der Klägerin während des maßgeblichen Zeitraums. Der fünfte betrifft die Abgrenzung des Spitzensegments des Marktes für UMTS-Chips, das die Kommission ihrer Analyse zugrunde gelegt habe.

 Zum ersten Teil: Mängel des angefochtenen Beschlusses bei der Abgrenzung des relevanten Marktes

199    Dieser Teil beinhaltet drei Rügen. Erstens wird gerügt, dass die Kommission offensichtliche Beurteilungs- und Rechtsfehler begangen habe, als sie sich bei der Abgrenzung des relevanten Marktes auf eine Auswahl vager Antworten auf unklare Auskunftsverlangen gestützt habe. Mit der zweiten Rüge wird geltend gemacht, die Kommission habe offensichtliche Beurteilungs- und Rechtsfehler begangen, indem sie nicht geprüft habe, ob eine Substitutionskette vorliege. Mit der dritten Rüge wird beanstandet, dass die Kommission offensichtliche Beurteilungs- und Rechtsfehler begangen habe, als sie zu dem Ergebnis gekommen sei, dass sie den Test „small but significant and non-transitory increase in price“ (geringe, aber erhebliche und nicht vorübergehende Preiserhöhung) (im Folgenden: SSNIP-Test) nicht anwenden müsse.

–       Vorbemerkungen

200    Im Rahmen der Anwendung von Art. 102 AEUV soll durch die Abgrenzung des relevanten Marktes ermittelt werden, für welchen Bereich zu beurteilen ist, ob das betreffende Unternehmen in der Lage ist, sich seinen Wettbewerbern, seinen Abnehmern und den Verbrauchern gegenüber in nennenswertem Umfang unabhängig zu verhalten (vgl. Urteil vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 127 und die dort angeführte Rechtsprechung).

201    Die Abgrenzung des relevanten Marktes ist somit grundsätzlich eine Voraussetzung für die Beurteilung des möglichen Bestehens einer beherrschenden Stellung des betreffenden Unternehmens, wobei als Erstes die Waren oder Dienstleistungen des relevanten Marktes und als Zweites die räumliche Dimension dieses Marktes zu bestimmen sind (vgl. Urteil vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 127 und 128 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

202    Was den Produkt- oder Dienstleistungsmarkt betrifft, bedeutet der Begriff des relevanten Marktes, dass zwischen den zu ihm gehörenden Erzeugnissen oder Dienstleistungen ein wirksamer Wettbewerb herrschen kann, was einen hinreichenden Grad an Austauschbarkeit oder Ersetzbarkeit zwischen diesen Erzeugnissen und Dienstleistungen voraussetzt. Die Austauschbarkeit oder Ersetzbarkeit beurteilt sich nicht allein mit Blick auf die objektiven Eigenschaften der fraglichen Erzeugnisse und Dienstleistungen. Es müssen auch die Wettbewerbsbedingungen sowie die Struktur der Nachfrage und des Angebots auf dem Markt in Betracht gezogen werden (vgl. Urteil vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 129 und die dort angeführte Rechtsprechung).

203    Eine solche Beurteilung setzt einen ausreichenden Grad an Austauschbarkeit zwischen den Produkten oder Dienstleistungen, die Teil des relevanten Marktes sind, und denjenigen, die zur Deckung der Nachfrage auf diesem Markt vorgesehen sind, voraus. Dies wäre u. a. der Fall, wenn der Anbieter des Alternativangebots in der Lage ist, die Nachfrage kurzfristig mit einer Stärke zu befriedigen, die ausreicht, um ein ernst zu nehmendes Gegengewicht zu der Marktmacht zu bilden, die das betreffende Unternehmen auf diesem Markt ausübt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 132 und 133 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

204    Schließlich kann nach ständiger Rechtsprechung die Abgrenzung des relevanten Marktes nur Gegenstand einer beschränkten Kontrolle durch den Unionsrichter sein, da sie mit der Beurteilung komplexer wirtschaftlicher Gegebenheiten durch die Kommission verbunden ist (Urteile vom 17. September 2007, Microsoft/Kommission, T‑201/04, EU:T:2007:289, Rn. 482; vom 7. Mai 2009, NVV u. a./Kommission, T‑151/05, EU:T:2009:144, Rn. 53, und vom 14. Dezember 2010, CEAHR/Kommission, T‑427/08, EU:T:2010:517, Rn. 66).

205    Im Licht dieser Erwägungen ist das Vorbringen der Klägerin zur Abgrenzung des relevanten Marktes durch die Kommission im angefochtenen Beschluss zu prüfen.

–       Zur ersten Rüge: offensichtliche Beurteilungs- und Rechtsfehler der Kommission, da sie sich auf eine Auswahl vager Antworten auf unklare Fragen gestützt habe

206    Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe im angefochtenen Beschluss eine etwaige Substituierbarkeit zwischen den UMTS-Chips und Chips, die andere Technologien unterstützten, auf der Grundlage einer verzerrten Analyse von ausgewählten Antworten auf schlecht formulierte Fragen ausgeschlossen.

207    Konkret trägt die Klägerin vor, der angefochtene Beschluss basiere auf unklaren oder mehrdeutigen Antworten auf wirre oder auslegungsbedürftige Fragen, die mehrere Jahre nach der angeblichen Zuwiderhandlung in Auskunftsverlangen gestellt worden seien, was dazu geführt habe, dass mehrere Befragte, die die Fragebögen vom 4. November 2014 und vom 30. April 2015 beantwortet hätten, die Fragen so verstanden hätten, dass sie sich auf den Markt bezögen, wie er sich zum Zeitpunkt der Versendung der Auskunftsverlangen darstellte, und nicht auf den Markt, wie er zum Zeitpunkt der angeblichen Zuwiderhandlung bestanden habe. Außerdem habe die Formulierung einiger Fragen zur Substituierbarkeit zwischen UMTS-Chips und Chips, die andere Technologien unterstützten, dazu geführt, dass die befragten Unternehmen die Frage, ob sie vorhätten, den Lieferanten zu wechseln, in Bezug auf Chips beantwortet hätten, die in vorhandene Geräte eingebaut werden sollten, und nicht in Bezug auf den Einbau in künftige Geräte. Schließlich habe die Formulierung der Fragen vorschnell nahegelegt, dass zwei verschiedene Märkte vorlägen, nämlich der Markt für UMTS-Chips und der Markt für LTE‑Chips, da die Umfrageteilnehmer gefragt worden seien, ob sie von einem Chip-Typ zum anderen wechseln würden.

208    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

209    Vorab ist darauf hinzuweisen, dass sich die Kommission im angefochtenen Beschluss bei ihrer Feststellung, dass zwischen den UMTS-Chips und den Chips, die andere Technologien unterstützen, keine Substituierbarkeit gegeben sei, auf eine große Anzahl von Daten stützte. Dies ergibt sich aus den Fn. 245, 246 und 248 bis 251 des angefochtenen Beschlusses in Bezug auf die fehlende Substituierbarkeit zwischen UMTS-Chips und anderen Chips, die den GSM-Standard unterstützen, den Fn. 254 bis 258 des angefochtenen Beschlusses in Bezug auf die fehlende Substituierbarkeit zwischen UMTS-Chips und anderen Chips, die den CDMA-Standard unterstützen, den Fn. 260 und 264 des angefochtenen Beschlusses in Bezug auf die fehlende Substituierbarkeit zwischen UMTS-Chips der Variante „Frequency-division-duplexing“ (FDD) und den gleichen Chips der Variante „Time-division-duplex“ (TDD), die den FDD-Modus nicht unterstützen, und den Fn. 271 bis 273 des angefochtenen Beschlusses in Bezug auf die fehlende Substituierbarkeit zwischen UMTS-Chips und anderen Chips, die den WiFi/WiMAX-Standard unterstützen. Wie außerdem den Fn. 277 und 279 des angefochtenen Beschlusses zu entnehmen ist, hatte die Kommission auch zahlreiche Dokumente herangezogen, bevor sie zu dem Ergebnis kam, dass UMTS-Chips, die verschiedene Versionen der UMTS-Technologie unterstützen, austauschbar seien.

210    Zudem stützte sie sich nicht nur auf die Antworten zu den 2014 und 2015 versandten Fragebögen, sondern auch auf die Antworten zu zwei Fragebögen, die 2010 versandt worden waren und sich auch auf die Abgrenzung des relevanten Marktes bezogen, was die Kommission in Beantwortung einer prozessleitenden Maßnahme in Form einer schriftlichen Frage des Gerichts ausdrücklich bestätigt hat, sowie auf Branchenberichte, wie den Fn. 244, 261 und 270 des angefochtenen Beschlusses zu entnehmen ist.

211    Somit kann der Kommission nicht vorgeworfen werden, sie habe sich bei der Abgrenzung des relevanten Marktes nur auf eine Auswahl von Antworten gestützt.

212    Selbst wenn man annimmt, dass sich einige befragte Unternehmen bei der Beantwortung der Fragebögen von 2014 und 2015 auf einen falschen zeitlichen Rahmen beziehen konnten, ist festzustellen, dass nicht alle Umfrageteilnehmer, auf die sich die Kommission in den Fn. 244, 261 und 270 des angefochtenen Beschlusses bezieht, diesen Fehler begingen, was die Klägerin nicht bestreitet, da sie sich darauf beschränkt, beispielhaft einige Unternehmen anzuführen, deren Antwort sich nicht auf den maßgeblichen Zeitraum beziehe.

213    Was speziell den Fragebogen vom 30. April 2015 betrifft, so enthält dieser den einleitenden Hinweis, dass die Antworten für den Zeitraum 2010–2014 zu erteilen sind. Auf eine schriftliche Frage des Gerichts, warum sich dieser Fragebogen nicht auf das Jahr 2009 bezog, obwohl das zweite Quartal dieses Jahres in den maßgeblichen Zeitraum fällt, hat die Kommission erklärt, dass sich zahlreiche Teilnehmer dieses Fragebogens ausdrücklich auf einen zeitlichen Rahmen vor 2010 bezogen hätten oder allgemeingültige, vom Referenzzeitraum unabhängige Erklärungen abgegeben hätten, die daher auch für das Jahr 2009 gelten würden.

214    Daraus folgt, dass, selbst wenn einige Teilnehmer auf die Fragebögen vom 4. November 2014 und vom 30. April 2015, auf die sich die Klägerin bezieht, vage Antworten gegeben hätten, wie von ihr geltend gemacht, die sich auf einen anderen zeitlichen Rahmen als den der Zuwiderhandlung bezogen, ein solcher Fehler jedenfalls die Analyse der Kommission im Licht aller Antworten zur fehlenden Substituierbarkeit zwischen UMTS-Chips und Chips, die andere Technologien unterstützen, nicht in Frage stellen kann, da sich die Kommission dabei auf eine sehr große Zahl übereinstimmender Daten stützte.

215    Wenn die Klägerin darüber hinaus geltend macht, die Formulierung einiger Fragen zur Substituierbarkeit zwischen UMTS-Chips und Chips, die andere Technologien unterstützten, habe dazu geführt, dass die befragten Unternehmen die Frage, ob sie vorhätten, den Lieferanten zu wechseln, in Bezug auf Chips beantwortet hätten, die in vorhandene Geräte eingebaut werden sollten, und nicht in Bezug auf den Einbau in künftige Geräte, vertritt sie im Wesentlichen die Ansicht, dass die Kommission hätte prüfen müssen, ob von den Herstellern der in künftige, d. h. noch nicht existierende, Geräte einzubauenden Chips ein hypothetischer Wettbewerbsdruck ausgehe.

216    Diese Argumentation kann jedoch nicht durchgreifen.

217    Denn nach Rn. 7 der Bekanntmachung der Kommission über die Definition des relevanten Marktes im Sinne des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft (ABl. 1997, C 372, S. 5, im Folgenden: Bekanntmachung über die Definition des Marktes) umfasst der sachlich relevante Produktmarkt sämtliche Erzeugnisse oder Dienstleistungen, die von den Verbrauchern hinsichtlich ihrer Eigenschaften, Preise und ihres vorgesehenen Verwendungszwecks als austauschbar oder substituierbar angesehen werden, was bedeutet, dass die Beurteilung auf der Grundlage des Produkttyps vorzunehmen ist, den die fraglichen Unternehmen zu diesem Zeitpunkt verkaufen, und nicht auf der Grundlage hypothetischer künftiger Produkte, deren Eigenschaften, Preise und Verwendungszweck die Verbraucher noch nicht kennen.

218    Insoweit ist auch darauf hinzuweisen, dass die Klägerin jedenfalls nicht darlegt, inwiefern der hypothetische Wettbewerbsdruck durch Chips für noch nicht existierende Geräte sich auch nur im Geringsten auf das Ergebnis der Analyse der Kommission hätte auswirken können, die sich, wie oben in den Rn. 209 und 210 dargelegt, auf zahlreiche übereinstimmende Daten stützte.

219    Schließlich ist das Vorbringen der Klägerin, die Kommission habe vorschnell nahegelegt, dass zwei verschiedene Märkte vorlägen, nämlich der Markt für UMTS-Chips und der Markt für LTE‑Chips, da sie die Umfrageteilnehmer gefragt habe, ob sie von einem Chip-Typ zum anderen wechseln würden, als jeglicher Grundlage entbehrend zurückzuweisen.

220    Die von der Kommission insoweit gestellten Fragen beziehen sich nämlich nur auf konkrete Technologien, u. a. die Standards GSM, UMTS und LTE, die jeweils eigene Merkmale aufweisen, und dienten gerade dazu, herauszufinden, ob die auf diesen Technologien beruhenden Chips von ihren Käufern als austauschbar und somit potenziell dem gleichen Produktmarkt zugehörig angesehen werden oder nicht.

221    Nach alledem ist die vorliegende Rüge zurückzuweisen.

–       Zur zweiten Rüge: offensichtliche Beurteilungs- und Rechtsfehler der Kommission, da sie das Vorliegen einer Substitutionskette nicht geprüft habe

222    Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe offensichtliche Beurteilungs- und Rechtsfehler begangen, indem sie nicht geprüft habe, ob zwischen UMTS-Chips und Chips, die frühere oder spätere Technologien unterstützten, eine Substitutionskette vorliege.

223    Nach Ansicht der Klägerin hätte die Kommission prüfen müssen, ob zum Zeitpunkt des Übergangs zwischen zwei Technologien das, was sie als „Substitutionskette“ bezeichnet, vorgelegen habe, d. h. ihren Worten zufolge „eine Kontinuität der angebotenen Produkte oder andernfalls ein offensichtlicher struktureller ‚Umbruch‘ zwischen den zwei Standards“. Sie wendet sich insbesondere gegen die Schlussfolgerung der Kommission, wonach keine Substitutionskette zwischen UMTS-Chips und Chips, die früher den erweiterten GSM/EDGE‑Standard unterstützt hätten, bestanden habe.

224    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

225    In Rn. 57 der Bekanntmachung über die Definition des Marktes erläutert die Kommission, dass das Vorhandensein von Substitutionsketten in bestimmten Fällen zur Folge haben kann, dass ein relevanter Markt einige nicht direkt substituierbare Produkte umfasst, wenn ein Produkt B ein Nachfragesubstitut für die Produkte A und C ist. Zwar sind die Produkte A und C in diesem Fall keine direkten Nachfragesubstitute, doch können sie als demselben relevanten Produktmarkt zugehörig aufgefasst werden, da die Preisbildung bei ihnen jeweils durch die Substitution mit B zwingend beeinflusst wird.

226    Mit der vorliegenden Rüge beanstandet die Klägerin jedoch im Wesentlichen, dass die Kommission zum einen Chips, die eine frühere Technologie unterstützten, und UMTS-Chips für nicht substituierbar gehalten habe und zum anderen UMTS-Chips und Chips, die eine spätere Technologie unterstützten, für nicht substituierbar gehalten habe. Mit anderen Worten wirft sie der Kommission vor, zwei „klassische“ Prüfungen der Substituierbarkeit von zwei Produkten vorgenommen zu haben und nicht geprüft zu haben, ob eine etwaige Substitutionskette zwischen zwei Produkten vorgelegen habe, die zwar nicht direkt substituierbar seien, jedoch indirekt substituierbar würden, da sie sich gemeinsam durch ein drittes Produkt ersetzen ließen.

227    Insoweit genügt der Hinweis, dass sich die Kommission bei der Prüfung der Substituierbarkeit von UMTS-Chips und Chips, die auf anderen, vor oder nach dem UMTS-Standard entwickelten Technologien basieren, im angefochtenen Beschluss auf eine Vielzahl übereinstimmender Daten stützte, wie oben aus den Rn. 209 und 210 hervorgeht.

228    Somit ist die vorliegende Rüge zurückzuweisen.

–       Zur dritten Rüge: offensichtliche Beurteilungs- und Rechtsfehler der Kommission bei der Schlussfolgerung, dass sie den SSNIP-Test nicht anwenden müsse

229    Die Klägerin ist der Ansicht, die Kommission habe einen offensichtlichen Beurteilungsfehler und einen Rechtsfehler begangen, als sie den SSNIP-Test im angefochtenen Beschluss nicht angewandt habe. Zwar nehme das Urteil vom 11. Januar 2017, Topps Europe/Kommission (T‑699/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:2), auf das die Kommission im angefochtenen Beschluss verweise, in der Tat auch auf andere Instrumente als den Test Bezug, auf die die Kommission zurückgreifen könne, einschließlich Marktstudien oder Evaluierungen der Standpunkte von Verbrauchern und Wettbewerbern, jedoch sei die Kommission verpflichtet, sich auf geeignete, überzeugende und verlässliche Beweise zu stützen, was sie im vorliegenden Fall nicht getan habe, da sie eine Auswahl von Antworten auf wirre Fragen in den Auskunftsverlangen zugrunde gelegt habe. Die Klägerin beanstandet außerdem, dass die Kommission im 248. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses die Auffassung vertreten habe, dass der SSNIP-Test jedenfalls nicht geeignet sei, da der Preis von UMTS-Chips bereits über dem Wettbewerbsniveau liege.

230    Die Kommission und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

231    Vorab sei darauf hingewiesen, dass beim SSNIP-Test geprüft wird, ob eine leichte Preiserhöhung um 5 % bis 10 % bei einer erheblichen Anzahl von Kunden dazu führen würde, sich für ein anderes Produkt zu entscheiden, das in diesem Fall als ein Produkt angesehen würde, mit dem sich das erste Produkt ersetzen lässt.

232    Darüber hinaus ist zu beachten, dass der SSNIP-Test, auch wenn er eine anerkannte Methode zur Abgrenzung des relevanten Marktes darstellt, nicht die einzige Methode ist, die der Kommission zur Verfügung steht. Sie kann nämlich auch andere Instrumente bei der Abgrenzung des relevanten Marktes berücksichtigen, wie z. B. Marktstudien oder Evaluierungen der Standpunkte von Verbrauchern und Wettbewerbern (Urteile vom 11. Januar 2017, Topps Europe/Kommission, T‑699/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:2, Rn. 82, und vom 5. Oktober 2020, HeidelbergCement und Schwenk Zement/Kommission, T‑380/17, EU:T:2020:471, Rn. 331 [nicht veröffentlicht]), was die Klägerin nicht bestreitet.

233    Zudem geht sowohl aus der Rechtsprechung als auch aus Rn. 25 der Bekanntmachung über die Definition des Marktes hervor, dass es keine starre Rangordnung für die verschiedenen Nachweise gibt, auf die die Kommission bei ihrer Beurteilung zurückgreifen kann (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 11. Januar 2017, Topps Europe/Kommission, T‑699/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:2, Rn. 82, und vom 5. Oktober 2020, HeidelbergCement und Schwenk Zement/Kommission, T‑380/17, EU:T:2020:471, Rn. 331 [nicht veröffentlicht]), was die Klägerin ebenso wenig bestreitet.

234    Außerdem verfügt die Kommission bei der Abgrenzung des relevanten Marktes über einen gewissen Beurteilungsspielraum, da die Abgrenzung mit der Beurteilung komplexer wirtschaftlicher Gegebenheiten verbunden ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Dezember 2010, CEAHR/Kommission, T‑427/08, EU:T:2010:517, Rn. 66 und die dort angeführte Rechtsprechung).

235    Daraus ergibt sich, dass die Kommission bei der Abgrenzung des relevanten Marktes im Zusammenhang mit der Anwendung von Art. 102 AEUV nicht verpflichtet ist, einen SSNIP-Test durchzuführen.

236    Somit beging die Kommission keinen Rechtsfehler, als sie im 180. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses feststellte, dass sie im vorliegenden Fall den relevanten Markt abgrenzen könne, ohne einen SSNIP-Test durchführen zu müssen.

237    Zudem ist der Analyse der ersten Rüge im Rahmen des ersten Teils des ersten Klagegrundes zu entnehmen, dass sich die Kommission bei der Abgrenzung des relevanten Marktes im angefochtenen Beschluss auf geeignete, überzeugende und verlässliche Beweise stützte und nicht, wie von der Klägerin behauptet, auf eine Auswahl von Antworten auf wirre Fragen in den Auskunftsverlangen. Somit hat die Klägerin nicht nachgewiesen, dass die Kommission im vorliegenden Fall einen Fehler beging, als sie den SSNIP-Test nicht durchführte.

238    Außerdem hat die Klägerin noch nicht einmal den Versuch unternommen, nachzuweisen, dass die Durchführung des SSNIP-Tests zu einem anderen Ergebnis als demjenigen der Kommission im angefochtenen Beschluss geführt hätte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. Oktober 2020, HeidelbergCement und Schwenk Zement/Kommission, T‑380/17, EU:T:2020:471, Rn. 331 [nicht veröffentlicht]).

239    Daher ist die vorliegende Rüge zurückzuweisen, ohne dass über die Stichhaltigkeit einer von der Klägerin beanstandeten Begründung der Kommission für die im vorliegenden Fall unterlassene Anwendung des SSNIP-Tests entschieden zu werden braucht, nämlich dass der Test für den vorliegenden Fall jedenfalls nicht geeignet sei, da der Preis von UMTS-Chips bereits über dem Wettbewerbsniveau liege.

240    Folglich ist der erste Teil des zweiten Klagegrundes zurückzuweisen.

 Zum zweiten Teil: direkter Wettbewerbsdruck durch das für den Eigenbedarf produzierte Angebot auf dem freien Markt

241    Die Klägerin stützt den vorliegenden Teil auf vier Rügen.

242    Sie macht als Erstes geltend, die Kommission habe sich bei ihrer Feststellung, dass von dem für den Eigenbedarf produzierten Angebot bestimmter, im Markt für UMTS-Chips vertikal integrierter Originalgerätehersteller kein direkter Wettbewerbsdruck ausgehe, zu Unrecht auf die widersprüchlichen und nicht relevanten Erklärungen dieser Hersteller gestützt, statt die Kunden zu befragen, ob sie bereit und in der Lage seien, im Fall eines Ansteigens der Chippreise auf diesem Markt zur Eigenversorgung überzugehen oder diese auszuweiten, falls sie bereits vertikal integriert seien.

243    Als Zweites beanstandet die Klägerin, dass die Kommission das für den Eigenbedarf produzierte Angebot von [vertraulich](1) zu Unrecht aufgrund seines geringen Umfangs im maßgeblichen Zeitraum vom relevanten Markt ausgeschlossen habe. Die Klägerin verweist insoweit auf ihre Antworten auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte und die ergänzende Mitteilung der Beschwerdepunkte, in denen sie nachgewiesen habe, dass von [vertraulich] starker Wettbewerbsdruck ausgegangen sei.

244    Als Drittes rügt die Klägerin, die Kommission habe einige Beweise zurückgewiesen, die die Dynamik des Marktes und die Trends des Sektors betroffen hätten, obwohl in einem dermaßen dynamischen Sektor wie dem vom angefochtenen Beschluss betroffenen diese Entwicklungen und Trends berücksichtigt werden müssten. Dies gelte für den vorliegenden Fall umso mehr, da die Kommission in Bezug auf andere Gesichtspunkte des Beschlusses Zukunftsprojektionen berücksichtigt habe, u. a. um ein hohes Wachstumspotenzial des Spitzensegments des Marktes für UMTS-Chips nachzuweisen.

245    Als Viertes beanstandet die Klägerin, dass die Kommission das Geschäftsumfeld nicht berücksichtigt habe, insbesondere angesichts der Tatsache, dass sie etwa 70 % ihrer Verkäufe von UMTS-Chips für Huawei-MBB-Geräte an das für den Eigenbedarf produzierte Angebot einer Huawei-Tochtergesellschaft verloren habe.

246    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

247    Nach Rn. 7 der Bekanntmachung über die Definition des Marktes umfasst der sachlich relevante Produktmarkt sämtliche Erzeugnisse oder Dienstleistungen, die von den Verbrauchern hinsichtlich ihrer Eigenschaften, Preise und ihres vorgesehenen Verwendungszwecks als austauschbar oder substituierbar angesehen werden.

248    Darüber hinaus ist Rn. 13 der Bekanntmachung über die Definition des Marktes zu entnehmen, dass sich die Wettbewerbskräfte, denen die Unternehmen unterliegen, hauptsächlich aus drei Quellen speisen, nämlich Nachfragesubstituierbarkeit, Angebotssubstituierbarkeit und potenzieller Wettbewerb, und im Hinblick auf die Definition des relevanten Marktes die Möglichkeit der Nachfragesubstitution die unmittelbarste und wirksamste disziplinierende Kraft darstellt, die auf die Anbieter eines gegebenen Produkts einwirkt. Ein Unternehmen kann nämlich die gegebenen Verkaufsbedingungen nicht erheblich beeinflussen, wenn die Kunden in der Lage sind, ohne Weiteres auf Substitute auszuweichen, und daher ist das Alternativangebot zu bestimmen, auf das die Kunden der betreffenden Unternehmen tatsächlich zurückgreifen können.

249    Wie außerdem in Rn. 20 der Bekanntmachung über die Definition des Marktes ausgeführt wird, kann der Substituierbarkeit auf der Angebotsseite bei der Definition der Märkte dann ebenfalls Rechnung getragen werden, wenn sie sich genauso wirksam und unmittelbar auswirkt wie die Nachfragesubstituierbarkeit. Dies setzt jedoch voraus, dass die Anbieter in Reaktion auf kleine, aber dauerhafte Änderungen bei den relativen Preisen in der Lage sind, ihre Produktion auf die relevanten Erzeugnisse umzustellen und sie kurzfristig auf den Markt zu bringen, ohne spürbare Zusatzkosten oder ‑risiken zu gewärtigen (Urteile vom 17. September 2007, Microsoft/Kommission, T‑201/04, EU:T:2007:289, Rn. 484, und vom 9. September 2009, Clearstream/Kommission, T‑301/04, EU:T:2009:317, Rn. 50).

250    Ferner geht aus Rn. 24 der Bekanntmachung über die Definition des Marktes hervor, dass der potenzielle Wettbewerb bei der Marktdefinition nicht herangezogen wird, da die Voraussetzungen, unter denen potenzieller Wettbewerb eine wirksame Wettbewerbskraft darstellt, von bestimmten Faktoren und Umständen im Zusammenhang mit den Markteintrittsbedingungen abhängen.

251    Schließlich ergibt sich insbesondere aus den Rn. 16, 20, 21 und 23 der Bekanntmachung über die Definition des Marktes, dass die für die Definition des relevanten Marktes erforderliche Substituierbarkeit kurzfristig zum Tragen kommen muss (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. März 2012, Telefónica und Telefónica de España/Kommission, T‑336/07, EU:T:2012:172, Rn. 123).

252    Im vorliegenden Fall ergibt sich aus dem 215. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, der von der Klägerin im Wesentlichen nicht beanstandet wird, dass im maßgeblichen Zeitraum nur drei vertikal integrierte Unternehmen auf eine Eigenversorgung mit UMTS-Chips zurückgriffen, [vertraulich]. Da [vertraulich] im maßgeblichen Zeitraum nur in geringem Umfang UMTS-Chips produzierte, stellte die Kommission in dem genannten Erwägungsgrund fest, dass sie diese Produktion von UMTS-Chips bei ihrer Analyse nicht berücksichtigen werde.

253    Was die erste Rüge betrifft, wonach sich die Kommission bei ihrer Feststellung, dass von dem für den Eigenbedarf produzierten Angebot bestimmter, im Markt für UMTS-Chips vertikal integrierter Originalgerätehersteller kein direkter Wettbewerbsdruck ausgehe, zu Unrecht auf die widersprüchlichen und nicht relevanten Erklärungen dieser Hersteller gestützt haben soll, kann der Kommission nicht vorgeworfen werden, dass sie bei ihrer Prüfung [vertraulich] nach dem Verwendungszweck der von ihnen für den Eigenbedarf produzierten Chips und nach ihren diesbezüglichen Absichten befragte. Wie nämlich aus Rn. 13 der Bekanntmachung über die Definition des Marktes hervorgeht, erfordert die Feststellung, ob Kunden in der Lage sind, ohne Weiteres auf Substitute auszuweichen, dass das Alternativangebot ermittelt wird, auf das die Kunden tatsächlich zurückgreifen können.

254    Insoweit sind die Antworten von [vertraulich] sehr klar, da dem 218. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu entnehmen ist, dass [vertraulich], und aus dem 219. Erwägungsgrund des Beschlusses hervorgeht, dass [vertraulich]. Darüber hinaus ergibt sich aus dem 220. Erwägungsgrund des Beschlusses, dass [vertraulich]. Entgegen dem allgemeinen und nicht näher substantiierten Vorbringen der Klägerin erscheinen diese Erklärungen keineswegs widersprüchlich oder nicht relevant.

255    Somit war das für den Eigenbedarf produzierte Angebot von [vertraulich] kein Alternativangebot, auf das Drittkäufer von UMTS-Chips im maßgeblichen Zeitraum tatsächlich zurückgreifen konnten, was bedeutet, dass diese Kunden nicht in der Lage waren, ohne Weiteres auf dieses für den Eigenbedarf produzierte Angebot auszuweichen im Sinne von Rn. 13 der Bekanntmachung über die Definition des Marktes. In Beantwortung einer prozessleitenden Maßnahme hat die Kommission erklärt, dass sie im Einklang mit Rn. 24 der genannten Bekanntmachung bei der Abgrenzung des relevanten Marktes keine potenziell (und noch nicht) konkurrierenden Produkte berücksichtigen müsse, was auf die für den Eigenbedarf produzierten Chips von [vertraulich] zutreffe, die sich im maßgeblichen Zeitraum in einem sehr frühen Entwicklungsstadium befunden hätten. Folglich beging die Kommission keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler, als sie, mit hinreichender Begründung, unter Berücksichtigung dieser Antworten feststellte, dass die Produktion für den Eigenbedarf nicht für die Versorgung von Drittkäufern allgemein verfügbar gewesen sei, was ausreicht, um auszuschließen, dass von dieser Produktion für den Eigenbedarf im maßgeblichen Zeitraum ein direkter Wettbewerbsdruck auf Hersteller von UMTS-Chips hätte ausgeübt werden können.

256    Darüber hinaus ist der Vorwurf der Klägerin zurückzuweisen, die Kommission hätte vielmehr Kunden befragen sollen, ob sie bereit und in der Lage seien, im Fall eines Ansteigens der UMTS-Chippreise auf dem freien Markt zur Eigenversorgung überzugehen oder, im Fall bereits vertikal integrierter Kunden, diese auszuweiten. Angesichts der Besonderheiten des Marktes für UMTS-Chips und insbesondere der hohen Zutrittsschranken u. a. durch die erheblichen Aufwendungen, die bei der Entwicklung der Chips für Forschung und Entwicklung (FuE) zu tätigen sind (Abschnitt 11.4.1 des angefochtenen Beschlusses), ist es nämlich kaum denkbar, dass Kunden, die nicht vertikal integriert waren, kurzfristig in die Produktion von UMTS-Chips hätten einsteigen können.

257    Was die vertikal integrierten Kunden betrifft, geht aus dem 220. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervor, dass [vertraulich]. Somit war es für [vertraulich] nicht mehr vorstellbar, ihre Eigenversorgung im maßgeblichen Zeitraum kurzfristig auszuweiten. Was [vertraulich] betrifft, ergibt sich aus dem 230. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses auf der Grundlage ihrer Antworten auf entsprechende Fragen der Kommission, [vertraulich]. Folglich lässt sich vernünftigerweise davon ausgehen, dass dieser Hersteller selbst im Fall einer Erhöhung der Preise von UMTS-Chips auf dem freien Markt seine Eigenproduktion jedenfalls nicht kurzfristig hochgefahren hätte und dadurch einen direkten Wettbewerbsdruck auf die in diesem Markt tätigen Hersteller von UMTS-Chips ausgeübt hätte.

258    Die vorliegende Rüge ist daher zurückzuweisen.

259    Zur zweiten Rüge, wonach die Kommission zu Unrecht das für den Eigenbedarf produzierte Angebot von [vertraulich] ausgeschlossen haben soll, ist festzustellen, dass die Klägerin den geringen Umfang der Eigenproduktion von [vertraulich] nicht bestreitet, der, wie Fn. 285 des angefochtenen Beschlusses zu entnehmen ist, 2010 und 2011 lediglich 0,1 % des Gesamtverkaufsvolumens von UMTS-Chips auf dem freien Markt ausmachte.

260    Außerdem bestreitet die Klägerin auch nicht, dass [vertraulich] ihr für den Eigenbedarf produziertes Angebot im maßgeblichen Zeitraum ausschließlich oder fast ausschließlich für interne Zwecke verwendete und erst ab [vertraulich], d. h. lange nach dem maßgeblichen Zeitraum, damit begann, Drittkunden auf dem freien Markt zu beliefern, wie aus dem 225. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervorgeht.

261    Aufgrund des geringen Umfangs der Eigenproduktion von [vertraulich] und des Umstands, dass sie ihr für den Eigenbedarf produziertes Angebot im maßgeblichen Zeitraum ausschließlich oder fast ausschließlich für interne Zwecke verwendete, was die Klägerin nicht bestreitet, ist entgegen dem Vorbringen der Klägerin schwer vorstellbar, dass [vertraulich] im maßgeblichen Zeitraum in der Lage war, die von der Klägerin auf dem Markt für UMTS-Chips angebotenen Preise zu disziplinieren, und somit beging die Kommission keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler, als sie dieses für den Eigenbedarf produzierte Angebot mit hinreichender Begründung von ihrer Analyse ausschloss. Dies genügt, um die vorliegende Rüge zurückzuweisen.

262    Selbst wenn die Kommission das für den Eigenbedarf produzierte Angebot von [vertraulich] in den relevanten Markt einbezogen hätte, hätte dies aufgrund des – von der Klägerin nicht bestrittenen – geringen Umfangs dieses Angebots nicht die geringste Auswirkung auf die Schlussfolgerung der Kommission in Bezug auf die beherrschende Stellung der Klägerin auf diesem Markt gehabt.

263    Was die dritte Rüge betrifft, wonach die Kommission die Dynamik des Marktes und die Trends des Sektors nicht genügend berücksichtigt habe, geht aus Rn. 24 der Bekanntmachung über die Definition des Marktes hervor, dass der potenzielle Wettbewerb bei der Marktdefinition nicht herangezogen wird. Folglich war die Kommission nicht verpflichtet, solche Entwicklungen, die nach dem maßgeblichen Zeitraum stattfanden, zu berücksichtigen.

264    Entgegen dem Vorbringen der Klägerin steht dieses Vorgehen nicht im Widerspruch dazu, dass die Kommission im 363. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses das hohe Wachstumspotenzial des Spitzensegments des Marktes für UMTS-Chips berücksichtigte, da sich dieser Erwägungsgrund in Abschnitt 12 des Beschlusses befindet, der den Missbrauch betrifft, und die Kommission in diesem Zusammenhang Projektionen berücksichtigen kann, insbesondere zur Beurteilung potenzieller Auswirkungen des beanstandeten Verhaltens, und nicht in Abschnitt 10 des Beschlusses, dessen Gegenstand die Abgrenzung des Marktes ist, bei der die Kommission ermitteln muss, welche Produkte im maßgeblichen Zeitraum von den Kunden als substituierbar angesehen werden und von ihr im gleichen Produktmarkt zu berücksichtigen sind. Da es sich um zwei verschiedene Analysen handelt, die unterschiedliche Ziele verfolgen, ist es normal, dass die Kommission bei diesen Analysen unterschiedliche Gesichtspunkte berücksichtigt, ohne dass dies inkohärent oder widersprüchlich wäre.

265    Schließlich ist festzustellen, dass sich die Klägerin auf den allgemeinen Vorwurf beschränkt, die Kommission habe „Beweise zurückgewiesen, die die Dynamik des Marktes und die Trends des Sektors betroffen hätten“, und in keiner Weise darlegt, um welche Beweise es sich handelt, wie diese Beweise die Analyse der Kommission hätten beeinflussen können und wie sie ganz konkret die Kommission zu der Feststellung hätten veranlassen müssen, dass das für den Eigenbedarf produzierte Angebot der vertikal integrierten Unternehmen einen direkten Wettbewerbsdruck auf Hersteller ausgeübt habe, die auf dem Markt für UMTS-Chips tätig gewesen seien.

266    Somit ist die vorliegende Rüge zurückzuweisen.

267    Im Rahmen der vierten Rüge, mit der die Klägerin beanstandet, dass die Kommission das Geschäftsumfeld nicht berücksichtigt habe, beruft sich die Klägerin lediglich darauf, dass sie etwa 70 % ihrer Verkäufe von UMTS-Chips für Huawei-MBB-Geräte an das für den Eigenbedarf produzierte Angebot einer Huawei-Tochtergesellschaft verloren habe. Der Antwort von Huawei auf Frage 25 des Auskunftsverlangens vom 19. Juli 2013, auf die sich die Klägerin bezieht, ist jedoch zu entnehmen, dass Huawei erst 2013, d. h. nach dem maßgeblichen Zeitraum, auf eine Eigenversorgung in Höhe von 69 % durch HiSilicon zurückgriff. Die Kommission beging daher keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler, als sie diesen Umstand außer Acht ließ. Dies genügt, um die vorliegende Rüge zurückzuweisen.

268    Somit beging die Kommission keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler und keinen Verstoß gegen die Begründungspflicht, als sie feststellte, dass von dem für den Eigenbedarf produzierten Angebot auf dem Markt für UMTS-Chips kein direkter Wettbewerbsdruck ausgehe. Der zweite Teil des zweiten Klagegrundes ist daher zurückzuweisen.

 Zum dritten Teil: indirekter Wettbewerbsdruck durch das für den Eigenbedarf produzierte Angebot auf dem freien Markt

269    Die Klägerin stützt den vorliegenden Teil auf vier Rügen.

270    Sie macht als Erstes geltend, die Kommission habe sich, als sie das Vorliegen eines indirekten Wettbewerbsdrucks geprüft habe, zu Unrecht auf den nachgelagerten Markt der Mobiltelefone mit UMTS-Chip beschränkt und dies damit begründet, dass die Eigenversorgung mit UMTS-Chips für andere Geräte, einschließlich MBB-Geräten, im maßgeblichen Zeitraum zu vernachlässigen gewesen sei. Dieses Vorgehen sei außerdem nicht mit der von der Kommission entwickelten „Schadenstheorie“ vereinbar, die sich auf die in MBB-Geräten verwendeten „Spitzenchips“ konzentriere.

271    Als Zweites vertritt die Klägerin die Auffassung, dass die Behauptung der Kommission im 237. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, wonach eine hypothetische Erhöhung der Preise für UMTS-Chips nicht dazu führen würde, dass die Nachfrage für diese Chips auf dem freien Markt stark zurückgehe, einer Grundlage entbehre und nicht relevant sei, da die Kommission keinen SSNIP-Test durchgeführt habe.

272    Die Klägerin macht als Drittes geltend, die fehlende Anerkennung eines indirekten Wettbewerbsdrucks auf dem nachgelagerten Markt sei nicht mit der „Schadenstheorie“ der Kommission vereinbar, und beruft sich insoweit auf zwei Gründe.

273    Zum einen könne die Kommission nicht, ohne sich selbst zu widersprechen, behaupten, dass sich eine hypothetische Preiserhöhung von 5 % bis 10 % auf dem vorgelagerten Markt, d. h. dem Markt für UMTS-Chips, nur unerheblich auf die Preise des nachgelagerten Marktes, d. h. dem Markt für Geräte mit diesen Chips, auswirken würde (235. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses), und gleichzeitig gegenüber der Klägerin den Vorwurf der indirekten Verdrängung erheben.

274    Zum anderen könne die Kommission nicht, ohne sich selbst zu widersprechen, behaupten, dass das für den Eigenbedarf produzierte Angebot von [vertraulich], selbst wenn sie es in den relevanten Markt einbezogen hätte, aufgrund seines geringen Umfangs keine Auswirkungen auf den Marktanteil der Klägerin gehabt hätte, und somit anerkennen, dass das für den Eigenbedarf produzierte Angebot einen gewissen Wettbewerbsdruck auf dem freien Markt ausübe (Fn. 311 des angefochtenen Beschlusses), und gleichzeitig feststellen, dass dieses für den Eigenbedarf produzierte Angebot im maßgeblichen Zeitraum keinen Wettbewerbsdruck auf dem freien Markt ausgeübt habe.

275    Als Viertes ist die Klägerin der Ansicht, die Kommission habe in Fn. 311 des angefochtenen Beschlusses zu Unrecht festgestellt, dass das für den Eigenbedarf produzierte Angebot von [vertraulich] in den relevanten Markt einbezogen werden könne, nicht jedoch die Eigenbedarfsproduktion von [vertraulich], da Letztere sich im maßgeblichen Zeitraum ausschließlich auf dem freien Markt mit UMTS-Chips für ihre MBB-Geräte versorgt habe.

276    Die Kommission habe die Eigenbedarfsproduktion von [vertraulich] nicht aufgrund des Umstands ausschließen dürfen, dass diese sich nicht mit Chips für ihre MBB-Geräte selbst versorgt habe, da die Kommission den relevanten Markt bei ihrer Abgrenzung im angefochtenen Beschluss nicht auf UMTS-Chips für MBB-Geräte beschränkt habe, sondern auch UMTS-Chips für andere Geräte einbezogen habe. Außerdem gehe aus Buchst. b des 220. Erwägungsgrundes dieses Beschlusses hervor, dass [vertraulich] zwar 2009 angekündigt habe, ihre Eigenbedarfsproduktion einzustellen, sie sich in Wirklichkeit aber bis zum dritten Quartal 2013 selbst versorgt habe.

277    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

278    Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission in Abschnitt 10.2.9.2 des angefochtenen Beschlusses die Gründe darlegte, die sie zu der Feststellung veranlasst hatten, dass das für den Eigenbedarf produzierte Angebot der beiden einzigen vertikal integrierten Unternehmen im maßgeblichen Zeitraum keinen indirekten Wettbewerbsdruck auf dem Markt für UMTS-Chips durch Wettbewerb auf dem nachgelagerten Markt ausgeübt habe.

279    Um zu diesem Ergebnis zu gelangen, erläuterte die Kommission zunächst, dass sie bei ihrer Prüfung eines etwaigen indirekten Wettbewerbsdrucks nur auf einen etwaigen nachgelagerten Wettbewerb zwischen Mobiltelefonen mit UMTS-Chip abgestellt habe und andere Geräte, darunter MBB-Geräte, ausgeschlossen habe. Im 230. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses begründete sie dieses Vorgehen damit, dass es sich insoweit um den einzig möglichen indirekten Wettbewerbsdruck gehandelt habe, da die Eigenproduktion von UMTS-Chips für andere Geräte als Mobiltelefone im maßgeblichen Zeitraum jedenfalls zu vernachlässigen gewesen sei.

280    Zudem erläuterte die Kommission auch, dass sie sich auf die Prüfung des von [vertraulich] ausgeübten indirekten Wettbewerbsdrucks beschränkt habe, da das für den Eigenbedarf produzierte Angebot von [vertraulich] im maßgeblichen Zeitraum nur von geringem Umfang gewesen sei und daher keinen indirekten Wettbewerbsdruck auf dem freien Markt habe ausüben können.

281    Sodann erklärte die Kommission zum einen, angesichts des Umstands, dass der Verwässerungsfaktor der betroffenen Produkte gering sei, da der Preis eines UMTS-Chips im maßgeblichen Zeitraum nur etwa 6 % des Endkundenpreises des den Chip enthaltenden Mobiltelefons ausgemacht habe, hätte eine Erhöhung des Chippreises um 5 % bis 10 % keine nennenswerten Auswirkungen auf den Preis des Endprodukts, so dass eine solche vorgelagerte Erhöhung des Preises für UMTS-Chips auf dem freien Markt für den Chiphersteller weiterhin rentabel wäre, da sein Verkaufsvolumen nicht durch die Preiserhöhung beeinträchtigt würde (235. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

282    Zum anderen legte sie dar, dass eine Erhöhung der Preise für Mobiltelefone infolge einer Erhöhung der Preise für die in ihnen verwendeten UMTS-Chips auf dem freien Markt aufgrund des Umstands, dass es sich bei Mobiltelefonen um Produkte handle, die sich je nach Marke sehr stark voneinander unterschieden und jeweils ganz eigene Merkmale aufwiesen, nicht dazu führen würde, dass sich die Kunden einer anderen Mobiltelefonmarke zuwenden und insbesondere ein Mobiltelefon kaufen, das auf einem selbst hergestellten Chip basiere und somit nicht von der Preiserhöhung betroffen wäre. Dies bestätige, dass eine vorgelagerte Erhöhung des Preises für UMTS-Chips auf dem freien Markt für den Chiphersteller weiterhin rentabel wäre, da sein Verkaufsvolumen nicht durch die Preiserhöhung beeinträchtigt würde (237. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

283    Daraus folgerte die Kommission, dass die Produktion für den Eigenbedarf im maßgeblichen Zeitraum keinen indirekten Wettbewerbsdruck auf dem Markt für UMTS-Chips habe ausüben können.

284    Was die erste Rüge betrifft, die Kommission habe sich, als sie das Vorliegen eines indirekten Wettbewerbsdrucks geprüft habe, zu Unrecht auf den nachgelagerten Markt der Mobiltelefone mit UMTS-Chip beschränkt, so handelte es sich dabei gerade um die Geräte, bei denen die Eigenproduktion von UMTS-Chips, wie sie z. B. für [vertraulich] geschätzt wurde, am höchsten war, so dass durch die Beschränkung der Prüfung der Kommission auf dieses Marktsegment die Fallkonstellation abgebildet wurde, in der sich ein indirekter Wettbewerbsdruck am besten nachweisen ließ und die somit für die Klägerin am günstigsten war.

285    Zudem ändert der Vorwurf, dass diese Beschränkung im Widerspruch zur „Schadenstheorie“ der Kommission stehe, die sich auf die in MBB-Geräten verwendeten „Spitzenchips“ konzentriere, nichts daran, dass das von der Kommission gewählte Vorgehen für die Klägerin günstiger war, und stellt dessen Rechtmäßigkeit nicht in Frage. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Eigenproduktion von „Spitzenchips“ für die genannten Geräte der Kommission zufolge viel geringer war als die Eigenproduktion von UMTS-Chips für Mobiltelefone, was die Klägerin im Übrigen nicht bestreitet.

286    Was die zweite Rüge betrifft, wonach die Behauptung der Kommission im 237. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, der zufolge eine hypothetische Erhöhung der Preise für UMTS-Chips nicht dazu führen würde, dass die Nachfrage für diese Chips auf dem freien Markt stark zurückgehe, einer Grundlage entbehre und nicht relevant sei, da die Kommission keinen SSNIP-Test durchgeführt habe, genügt die Feststellung, dass die Kommission nicht verpflichtet ist, diesen Test durchzuführen (siehe oben, Rn. 235). Außerdem beruft sich die Klägerin auf nichts anderes als den fehlenden SSNIP-Test, um diese Aussage der Kommission in Frage zu stellen.

287    Zur dritten Rüge, wonach die fehlende Anerkennung eines indirekten Wettbewerbsdrucks auf dem nachgelagerten Markt nicht mit der „Schadenstheorie“ der Kommission vereinbar sei, ist festzustellen, dass die indirekte Verdrängung, die die Kommission der Klägerin vorwirft, für sich genommen die Prüfung, ob ein indirekter Wettbewerbsdruck vorlag, aus zwei Gründen nicht in Frage stellen kann.

288    Zum einen konnte die Kommission, entgegen dem Vorbringen der Klägerin, ohne einen Fehler zu begehen und ohne sich selbst zu widersprechen, die Auffassung vertreten, dass sich eine hypothetische Preiserhöhung von 5 % bis 10 % auf dem vorgelagerten Markt, d. h. dem Markt für UMTS-Chips, nur unerheblich auf die Preise der Geräte mit diesen Chips auf dem nachgelagerten Markt, d. h. dem Markt für Geräte mit diesen Chips, ausgewirkt hätte, und gleichzeitig gegenüber der Klägerin den Vorwurf der indirekten Verdrängung erheben. Dass eine allgemeine Erhöhung des Preises für UMTS-Chips auf dem vorgelagerten Markt fast keine Auswirkungen auf dem nachgelagerten Markt in Bezug auf die Preise von Geräten mit diesen Chips gehabt hätte, bedeutet nicht, dass eine selektive Senkung des Preises von UMTS-Chips, die die Klägerin nur Huawei anbot, Huawei keinen Wettbewerbsvorteil verschafft hätte, der es ihr ermöglichte, auf dem nachgelagerten Markt besser in Wettbewerb mit ihrer Konkurrentin ZTE zu treten.

289    Zum anderen deutete die Kommission in Fn. 311 des angefochtenen Beschlusses keineswegs an, dass die Eigenproduktion von [vertraulich] einen gewissen Wettbewerbsdruck auf dem freien Markt ausübte. In dieser Fußnote wies die Kommission lediglich darauf hin, dass jedenfalls, selbst wenn die gesamte Eigenproduktion der UMTS-Chips von [vertraulich], d. h. die Chips für Mobiltelefone und die Chips, die für den Einbau in andere Geräte bestimmt seien, in den relevanten Markt einbezogen werden müsste, der Marktanteil der Klägerin für das Jahr 2009 unverändert wäre und für die Jahre 2010–2011 nur geringfügig sinken würde, in allen Fällen jedoch oberhalb der 50 %-Schwelle bliebe. Somit beruht das Vorbringen der Klägerin auf einer fehlerhaften Lesart dieser Fußnote.

290    Auch die vierte Rüge, mit der die Klägerin beanstandet, die Kommission habe in Fn. 311 des angefochtenen Beschlusses zu Unrecht festgestellt, dass das für den Eigenbedarf produzierte Angebot von [vertraulich] in den relevanten Markt einbezogen werden könne, nicht jedoch die Eigenbedarfsproduktion von [vertraulich], da Letztere sich im maßgeblichen Zeitraum ausschließlich auf dem freien Markt mit UMTS-Chips für ihre MBB-Geräte versorgt habe, beruht auf einer fehlerhaften Lesart dieser Fußnote. Die Kommission hat in der Fußnote nämlich keineswegs die Auffassung vertreten, dass die Eigenproduktion von [vertraulich], nicht aber die von [vertraulich] in den relevanten Markt einbezogen werden könne.

291    Zunächst ist klarzustellen, dass sich Fn. 311 des angefochtenen Beschlusses auf dessen 240. Erwägungsgrund und insbesondere auf die Frage bezieht, ob, rein hypothetisch, eine auf MBB-Geräte bezogene Prüfung des indirekten Wettbewerbsdrucks zu einem anderen Ergebnis geführt hätte.

292    Insoweit stellte die Kommission in Bezug auf [vertraulich] lediglich fest, dass deren Eigenproduktion von Chips für erstens Mobiltelefone und zweitens andere Geräte im maßgeblichen Zeitraum so gering gewesen sei, dass ihre Einbeziehung in den relevanten Markt (sowohl im Rahmen einer Prüfung des indirekten Wettbewerbsdrucks in Bezug auf Mobiltelefone als auch im Rahmen einer Prüfung des indirekten Wettbewerbsdrucks in Bezug auf MBB-Geräte) nicht zur Folge gehabt hätte, dass der Marktanteil der Klägerin unter den Schwellenwert von 50 % gesunken wäre, der eine beherrschende Stellung vermuten lasse.

293    Was dagegen [vertraulich] betrifft, wies die Kommission in Fn. 311 des angefochtenen Beschlusses darauf hin, dass im hypothetischen Szenario einer Prüfung des indirekten Wettbewerbsdrucks in Bezug auf MBB-Geräte die Eigenproduktion von [vertraulich] nicht berücksichtigt worden wäre, da Letztere alle UMTS-Chips für ihre MBB-Geräte auf dem freien Markt eingekauft habe und 2009 angekündigt habe, dass sie ihre Eigenproduktion einstellen werde, wie sich aus Buchst. b des 220. Erwägungsgrundes des angefochtenen Beschlusses ergibt. Demgegenüber wurde bei der von der Kommission tatsächlich durchgeführten Prüfung eines etwaigen indirekten Wettbewerbsdrucks auf dem nachgelagerten Markt in Bezug auf Mobiltelefone die Eigenproduktion der UMTS-Chips, die [vertraulich] für ihre Mobiltelefone fertigte, sehr wohl berücksichtigt, da sich Letztere in Bezug auf diese Geräte in der Tat selbst versorgte.

294    Zudem werden durch den Umstand, dass nach dem 220. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses die letzten UMTS-Chips von [vertraulich] 2013 geliefert worden sein sollen, weder die Feststellung, dass [vertraulich] sich ausschließlich auf dem freien Markt mit UMTS-Chips für ihre MBB-Geräte versorgt habe und ihre Eigenproduktion auf Chips für ihre Mobiltelefone beschränkt gewesen sei, noch die Feststellung, dass [vertraulich] 2009 beschlossen habe, ihre Eigenproduktion zu beenden, und im Juli 2010 die Entwicklung neuer UMTS-Chips eingestellt habe, entkräftet, da es gut möglich ist, dass zwischen einerseits dieser Entscheidung und der Beendigung der Entwicklung neuer UMTS-Chips und andererseits der Auslieferung der letzten produzierten UMTS-Chips mehrere Jahre ins Land gingen.

295    Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass keine der im Rahmen des vorliegenden Teils erhobenen Rügen die Prüfung der Kommission in Abschnitt 10.2.9.1 des angefochtenen Beschlusses in Frage stellen können, wonach im maßgeblichen Zeitraum auf dem freien Markt kein indirekter Wettbewerbsdruck durch die Eigenproduktion von UMTS-Chips bestanden habe.

296    Der dritte Teil des zweiten Klagegrundes ist daher zurückzuweisen.

 Zum vierten Teil: beherrschende Stellung der Klägerin im maßgeblichen Zeitraum

297    Die Klägerin stützt diesen Teil auf vier Rügen.

298    Als Erstes macht sie geltend, dass ihre Marktanteile unter 40 %, d. h. unter der Schwelle, ab der eine beherrschende Stellung vermutet werde, gelegen hätten, wenn der Produktmarkt zutreffend definiert worden wäre und die konzerninternen Verkäufe der vertikal integrierten Hersteller einbezogen hätte.

299    Als Zweites beanstandet sie, dass die Kommission die Bedeutung ihrer Marktanteile überschätzt habe. Der Basisband-Chipsektor sei durch kurze Innovationszyklen geprägt, die dazu führten, dass sich die Marktanteile schnell verschöben und die Kräfteverhältnisse auf dem Markt nicht korrekt wiedergäben. Nach Ansicht der Klägerin wäre die Kommission, wenn sie die auf sie einwirkenden Kräfte korrekt berücksichtigt hätte, zu dem Ergebnis bekommen, dass sie nicht über erhebliche und dauerhafte Marktmacht verfügt habe.

300    Als Drittes macht die Klägerin geltend, die Kommission habe zu Unrecht festgestellt, dass der relevante Markt durch erhebliche Zutritts- und Expansionsschranken gekennzeichnet gewesen sei. Da die betreffende Technologie größtenteils standardisiert gewesen sei, hätten sich neue Marktteilnehmer ermutigt gefühlt, in den Markt einzutreten, da sie keine großen FuE‑Investitionen hätten tätigen müssen. Auch das von ihr genutzte Rückabtretungsnetzwerk sei keine Markteintrittsschranke gewesen, was durch den Umstand belegt werde, dass nur eine kleine Minderheit der Unternehmen, die eine Frage der Kommission zu Markteintrittsschranken beantwortet hätten, das Rückabtretungsnetzwerk als Zutrittsschranke eingestuft hätten.

301    Als Viertes wirft die Klägerin der Kommission vor, die anderen von ihr festgestellten Zutrittsschranken nicht quantifiziert zu haben, d. h. die notwendige Zertifizierung der Basisband-Chips von den Mobilfunkbetreibern und Geräteherstellern, ihr Markenimage, ihren Ruf und ihre stabilen Geschäftsbeziehungen.

302    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

303    Nach der Rechtsprechung ist mit der beherrschenden Stellung im Sinne von Art. 102 AEUV die wirtschaftliche Machtstellung eines Unternehmens gemeint, die dieses in die Lage versetzt, die Aufrechterhaltung eines wirksamen Wettbewerbs auf dem relevanten Markt zu verhindern, indem sie ihm die Möglichkeit verschafft, sich seinen Wettbewerbern, seinen Abnehmern und letztlich den Verbrauchern gegenüber in einem nennenswerten Umfang unabhängig zu verhalten (Urteil vom 13. Februar 1979, Hoffmann-La Roche/Kommission, 85/76, EU:C:1979:36, Rn. 38).

304    Im Allgemeinen ergibt sich das Vorliegen einer beherrschenden Stellung aus dem Zusammentreffen mehrerer Faktoren, die jeweils für sich genommen nicht ausschlaggebend sein müssen (Urteile vom 14. Februar 1978, United Brands und United Brands Continentaal/Kommission, 27/76, EU:C:1978:22, Rn. 66, und vom 15. Dezember 1994, DLG, C‑250/92, EU:C:1994:413, Rn. 47). Unter diesen Faktoren ist das Vorhandensein großer Marktanteile sehr bedeutsam (Urteile vom 12. Dezember 1991, Hilti/Kommission, T‑30/89, EU:T:1991:70, Rn. 90, und vom 25. Juni 2010, Imperial Chemical Industries/Kommission, T‑66/01, EU:T:2010:255, Rn. 255 und 256).

305    Nach der Rechtsprechung liefern nämlich besonders hohe Marktanteile – von außergewöhnlichen Umständen abgesehen – ohne Weiteres den Beweis für das Vorliegen einer beherrschenden Stellung (Urteil vom 13. Februar 1979, Hoffmann-La Roche/Kommission, 85/76, EU:C:1979:36, Rn. 41). Konkret stellt ein Marktanteil von 50 % – von außergewöhnlichen Umständen abgesehen – ohne Weiteres eine beherrschende Stellung dar (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. Juli 1991, AKZO/Kommission, C‑62/86, EU:C:1991:286, Rn. 60).

306    Darüber hinaus können bei der Prüfung des Vorliegens einer beherrschenden Stellung weitere Faktoren berücksichtigt werden, wie das Verhältnis zwischen den Marktanteilen des betreffenden Unternehmens und seiner unmittelbaren Wettbewerber (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Februar 1979, Hoffmann-La Roche/Kommission, 85/76, EU:C:1979:36, Rn. 48) oder das Vorhandensein von Zutritts- oder Expansionsschranken u. a. durch die Notwendigkeit hoher Investitionen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Februar 1978, United Brands und United Brands Continentaal/Kommission, 27/76, EU:C:1978:22, Rn. 122) oder – unter bestimmten Umständen – die Inhaberschaft von Rechten des geistigen Eigentums (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 1. Juli 2010, AstraZeneca/Kommission, T‑321/05, EU:T:2010:266, Rn. 270 und die dort angeführte Rechtsprechung).

307    In Bezug auf die erste Rüge, mit der die Klägerin geltend macht, dass ihre Marktanteile unter 40 % gelegen hätten, wenn der Produktmarkt zutreffend definiert worden wäre und die konzerninternen Verkäufe der vertikal integrierten Hersteller einbezogen hätte, genügt der Hinweis, dass, wie bei der Prüfung der ersten drei Teile des zweiten Klagegrundes dargelegt, die Kommission keinen Fehler beging, als sie den UMTS-Markt als relevanten Produktmarkt definierte, so dass diese Rüge zurückgewiesen werden kann.

308    Zur zweiten Rüge, mit der geltend gemacht wird, die Bedeutung der Marktanteile der Klägerin, die sie als volatil einschätzt, sei angesichts der besonderen Merkmale des Sektors nicht Ausdruck einer erheblichen und dauerhaften Marktmacht der Klägerin gewesen, ist festzustellen, dass, selbst wenn man annimmt, dass der relevante Markt durch kurze Innovationszyklen geprägt ist, dies keine außergewöhnlichen Umstände im Sinne der oben in Rn. 305 angeführten Rechtsprechung darstellt, die es zulassen würden, nicht zu dem Schluss zu gelangen, dass Marktanteile dieses Umfangs für sich genommen den Beweis für eine beherrschende Stellung liefern, insbesondere wenn die Marktanteile des nächsten Wettbewerbers viel kleiner sind, wie vorliegend der Fall. Jedenfalls geht aus den von der Klägerin im Wesentlichen nicht bestrittenen Angaben in den Tabellen 3 und 5 des angefochtenen Beschlusses hervor, dass sie gemessen an den Einnahmen über Marktanteile in Höhe von 61,2 % im Jahr 2009, 59,7 % im Jahr 2010 und 62,5 % im Jahr 2011 sowie gemessen am Volumen über Marktanteile in Höhe von 58,9 % im Jahr 2009, 57,8 % im Jahr 2010 und 65,3 % im Jahr 2011 verfügte. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin können diese relativ stabilen Marktanteile nicht als volatil angesehen werden.

309    Was die Kräfteverhältnisse auf dem Markt betrifft, ist ebenfalls den von der Klägerin im Wesentlichen nicht bestrittenen Angaben in den Tabellen 3 und 5 des angefochtenen Beschlusses zu entnehmen, dass die zwei engsten Wettbewerber der Klägerin gemessen an den Einnahmen 2009 ST‑Ericsson mit 15,1 % der Marktanteile und Intel mit 12,6 % der Marktanteile, 2010 Intel mit 18,9 % der Marktanteile und ST‑Ericsson mit 8,9 % der Marktanteile sowie 2011 Intel mit 19,1 % der Marktanteile und Broadcom mit 4,4 % der Marktanteile waren. Gemessen am Volumen waren ihre zwei engsten Konkurrenten 2009 ST‑Ericsson mit 20 % bis 30 % der Marktanteile und Intel mit 10 % bis 20 % der Marktanteile, 2010 Intel mit 10 % bis 20 % der Marktanteile sowie ST‑Ericsson und Marvell mit 5 % bis 10 % der Marktanteile sowie 2011 Intel mit 20 % bis 30 % der Marktanteile und Marvell mit 5 % bis 10 % der Marktanteile. Entgegen den Ausführungen der Klägerin belegen diese Tabellen sehr deutlich, dass die Klägerin im maßgeblichen Zeitraum nur vereinzelte Wettbewerber hatte, die sich in einer viel schwächeren Position befanden und deren Marktanteile – im Gegensatz zu denen der Klägerin – relativ instabil waren, was bestätigt, dass die Klägerin über erhebliche und dauerhafte Marktmacht verfügte, und es sehr unglaubwürdig erscheinen lässt, dass ihre Wettbewerber realen Druck auf sie hätten ausüben können. Die zweite Rüge ist daher zurückzuweisen.

310    Zur dritten Rüge, mit der im Wesentlichen geltend gemacht wird, die Kommission habe zu Unrecht die Investitionen, die für die Entwicklung eines UMTS-Chips getätigt werden müssten, insbesondere die FuE‑Kosten, als Zutritts- und Expansionsschranken angesehen, und zur vierten Rüge, wonach sie die anderen von ihr festgestellten Zutrittsschranken nicht quantifiziert habe, d. h. die notwendige Zertifizierung der Basisband-Chips von den Mobilfunkbetreibern und Geräteherstellern, sowie das Markenimage, den Ruf und die stabilen Geschäftsbeziehungen der Klägerin, genügt der Hinweis, dass sie sich auf weitere Faktoren beziehen, die bei der Prüfung des Vorliegens einer beherrschenden Stellung berücksichtigt werden können (siehe oben, Rn. 306), und den im Einklang mit der oben in Rn. 305 angeführten Rechtsprechung erbrachten Nachweis für das Vorliegen einer beherrschenden Stellung nicht in Frage stellen können.

311    Nach alledem ist der vierte Teil des zweiten Klagegrundes zurückzuweisen.

 Zum fünften Teil: Abgrenzung des Spitzensegments des Marktes für UMTS-Chips, auf dem die Analyse der Kommission beruhe

312    Im Rahmen des fünften Teils beanstandet die Klägerin im Wesentlichen, die Kommission habe ihre Analyse auf das Spitzensegment des Marktes für UMTS-Chips gestützt, obwohl es sich dabei um eine künstliche Hilfskonstruktion handle, die nie existiert habe und nicht zu den technischen Gegebenheiten des maßgeblichen Zeitraums sowie dem damaligen Geschäftsumfeld passe.

313    Dieses Vorbringen geht jedoch ins Leere, wenn es darauf abzielt, die Abgrenzung des relevanten Marktes oder die beherrschende Stellung der Klägerin in Frage zu stellen. Die Kommission hat nämlich weder in Abschnitt 10 („Abgrenzung des Marktes“) des angefochtenen Beschlusses noch in Abschnitt 11 („Beherrschende Stellung“) des Beschlusses, sondern in Abschnitt 12 („Missbrauch“) des Beschlusses das Spitzensegment des Marktes für UMTS-Chips definiert, und zwar konkret im Rahmen ihrer Analyse der Strategie der Klägerin zur Ausschaltung von Icera in diesem Spitzensegment (Abschnitt 12.4 des angefochtenen Beschlusses).

314    Hierzu im Wege einer prozessleitenden Maßnahme befragt hat die Klägerin erklärt, dass sie ihre Kritik an der Abgrenzung des UMTS-Chip-Spitzensegments, das der Analyse der Kommission zugrunde liege, im Rahmen des zweiten Klagegrundes dargelegt habe, um diesen elementaren Gesichtspunkt so früh wie möglich in ihren Schriftsätzen vorzutragen, da sich die Kritik auf die im Anschluss entwickelten übrigen Klagegründe auswirken könne und sie auf die Widersprüche bei der Abgrenzung des relevanten Marktes habe hinweisen wollen, einschließlich in Bezug auf dieses Spitzensegment, das ein Teil davon sei.

315    Diese Antwort ändert jedoch nichts daran, dass der vorliegende Teil ins Leere geht, denn selbst wenn die im Rahmen dieses Teils erhobene Rüge Erfolg hätte, könnte dies das Ergebnis der Kommission in Bezug auf die Abgrenzung des relevanten Marktes und die beherrschende Stellung der Klägerin nicht in Frage stellen.

316    Folglich ist der fünfte Teil des zweiten Klagegrundes zurückzuweisen. Da auch die anderen Teile dieses Klagegrundes zurückgewiesen worden sind (siehe oben, Rn. 240, 268, 296 und 311), ist der Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

 Zum fünften Klagegrund: „offensichtliche Beurteilungsfehler“ und Verstoß gegen die Begründungspflicht in Bezug auf die Rekonstruktion „tatsächlich gezahlter“ Preise

317    Der fünfte Klagegrund umfasst zwei Teile. Mit dem ersten Teil wird geltend gemacht, dass die „Wiederaufbereitung der Preise“ im angefochtenen Beschluss unnötig gewesen sei. Der zweite Teil betrifft Fehler im angefochtenen Beschluss in Bezug auf die „Wiederaufbereitung“.

 Zum ersten Teil: unnötige „Wiederaufbereitung der Preise“ im angefochtenen Beschluss

318    Im Rahmen des ersten Teils trägt die Klägerin im Wesentlichen vor, die Kommission habe eine unnötige und ungerechtfertigte „Wiederaufbereitung“ ihrer Angaben zu den Chippreisen vorgenommen, indem sie sich bei der Ermittlung der Chippreise nicht auf die Buchführungsdaten von Qualcomm gestützt habe. Sie stellt insoweit die im angefochtenen Beschluss vorgenommene Rekonstruktion der von Huawei und ZTE im maßgeblichen Zeitraum tatsächlich an Qualcomm gezahlten Preise in Frage.

319    Die Klägerin macht als Erstes geltend, die Kommission habe bei der Rekonstruktion der Preise im angefochtenen Beschluss ihre Einwände gegen die Preis-Kosten-Analyse in der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht angemessen berücksichtigt, mit denen die Klägerin beanstandet habe, dass die Rekonstruktion zum einen bestimmte Einnahmen ausschließe, indem einige begrenzte Fälle von Volatilität bei den durchschnittlichen Verkaufspreisen zu Unrecht als Buchungsfehler behandelt worden seien, und zum anderen den Auswirkungen der verspäteten Verbuchung von Einnahmen keine Rechnung getragen habe.

320    Als Zweites trägt die Klägerin vor, dass die Kommission die Preisangaben von Qualcomm bei ihrer Preis-Kosten-Analyse zu Unrecht auf der Grundlage eines vierteljährlichen Referenzzeitraums beurteilt habe. Nach Auffassung der Klägerin wäre ein Zeitraum von sechs Monaten oder sogar einem Jahr für die Beurteilung der Preisangaben aus betriebswirtschaftlicher Sicht am geeignetsten und relevantesten gewesen. Sie nehme Preisvereinbarungen und Preisanpassungen mit ihren Kunden nicht auf Quartalsbasis vor, sondern schließe mit ihren Kunden im Allgemeinen Verträge über viel längere Zeiträume ab.

321    Ferner habe die Kommission zu Unrecht das Argument zurückgewiesen, wonach eine Aggregation im Zeitverlauf die Probleme im Zusammenhang mit dem System der verspäteten Verbuchung lösen könne, da dieses Risiko nur geringfügige Beträge betreffe, wobei das Risiko, dass die Zeiträume der Verdrängungspreise anhand ihres Durchschnitts über einen längeren Zeitraum schwer zu ermitteln seien, nur dann bestehe, wenn die Preis-Kosten-Analyse nicht nur für den Verdrängungszeitraum, sondern auch ganz oder teilweise für den Zeitraum des Verlustausgleichs durchgeführt werde. Nach Ansicht der Klägerin hätte die Preis-Kosten-Analyse auf der Grundlage halbjährlicher Referenzzeiträume durchgeführt werden können, da sich die von der Kommission im vorliegenden Fall behauptete Verdrängung über einen Zeitraum von zwei Jahren erstreckt habe.

322    Als Drittes macht die Klägerin geltend, die Wiederaufbereitung der durchschnittlichen Verkaufspreise im angefochtenen Beschluss sei unnötig, da in Bezug auf die in ihren Buchführungsdaten eingetragenen durchschnittlichen Verkaufspreise die Differenz zum Ergebnis der Berechnungen der Kommission jedenfalls minimal sei. Ferner habe die Preis-Kosten-Analyse der Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte, die sich auf ihre Angaben gestützt habe, nur zeitweise und für eine sehr kurze Dauer Preise unterhalb der Kosten ermittelt, was mit der „Schadenstheorie“ der Kommission, die auf einer wettbewerbswidrigen Abschottung beruhe, nicht vereinbar sei. Dies deute darauf hin, dass die Kommission die durchschnittlichen Verkaufspreise nur neu aufbereitet habe, um zu verhindern, dass eine zeitweise Verdrängung und damit das Nichtvorliegen einer Zuwiderhandlung festgestellt werde.

323    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

324    Vorab ist darauf hinzuweisen, dass Abschnitt 12.5 des angefochtenen Beschlusses die Methode der Kommission und die Berechnung der durchschnittlichen vierteljährlichen Verkaufspreise darlegt, die Huawei und ZTE im maßgeblichen Zeitraum für die von der Untersuchung betroffenen Chips pro Einheit tatsächlich gezahlt haben.

325    In der Mitteilung der Beschwerdepunkte hatte die Kommission ihre Berechnungen hauptsächlich auf die Buchführungsdaten von Qualcomm gestützt. Aufgrund der Anwendung der allgemein anerkannten Rechnungslegungsgrundsätze der Vereinigten Staaten (United States Generally Accepted Accounting Principles, im Folgenden: US-GAAP) und der in der Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte vorgetragenen Argumente hielt es die Kommission jedoch nicht für angebracht, ihre Preis-Kosten-Analyse auf die genannten Buchführungsdaten zu stützen, ohne Anpassungen vorzunehmen, die den Grundsatz der Verbuchung der Einnahmen berücksichtigten und die wirtschaftlichen Gegebenheiten im maßgeblichen Zeitraum besser abbildeten.

326    Die Kommission stellte insbesondere fest, dass erstens die ursprünglich in einem bestimmten Quartal verbuchten Einnahmen dazu geführt hätten, dass der tatsächliche Endpreis der in dem betreffenden Quartal verkauften Einheiten potenziell zu niedrig angesetzt worden sei, und zweitens die verspätete Verbuchung der gebildeten und noch nicht ausgezahlten Rücklagen die Einnahmen des Quartals, in dem sie verbucht worden seien, aufgebläht habe. Die verspätete Verbuchung sei darauf zurückzuführen, dass die Klägerin US-GAAP anwende und gemäß diesen Rechnungslegungsgrundsätzen Qualcomm zum Zeitpunkt des physischen Versands eines Chips nur die Einnahmen verbuchen dürfe, die sicher und messbar seien. Erst zu dem Zeitpunkt, an dem die genaue Menge der Chips, für die ein finanzieller Anreiz gelte, verifiziert sei, flössen die Rücklagen wieder in die Konten von Qualcomm ein.

327    Aus diesem Grund hielt es die Kommission für unangemessen, sich auf die Buchführungsdaten von Qualcomm zu stützen, ohne Anpassungen vorzunehmen, die der Differenz zwischen dem Quartal, in dem die Chips verkauft wurden, und dem Quartal, in dem die Einnahmen verbucht wurden, Rechnung trugen.

328    Folglich beurteilte die Kommission die „tatsächlich gezahlten“ Preise unter Berücksichtigung der Rücklagen, die wieder in die Konten von Qualcomm einfließen würden, um auf diese Weise die Bruttoeinnahmen zu berechnen, die in dem Quartal erzielt wurden, in dem der Verkauf stattgefunden hatte.

329    In den Erwägungsgründen 608 bis 610 des angefochtenen Beschlusses wies die Kommission außerdem darauf hin, dass sie sich auf vierteljährliche Referenzzeiträume gestützt habe, da erstens einigen Dokumenten von [vertraulich] zu entnehmen sei, dass Qualcomm ihre Preisentscheidungen vierteljährlich getroffen habe, zweitens die Kunden ihre Ansprüche auf finanzielle Anreize ebenfalls vierteljährlich eingereicht hätten und drittens sich dieser Zeitraum mit Qualcomms Angaben zu den AVC decke, die ebenfalls auf vierteljährlicher Basis vorgelegt worden seien.

330    Was die erste Rüge betrifft, mit der im Wesentlichen beanstandet wird, dass die Kommission das Vorbringen der Klägerin in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht angemessen berücksichtigt habe, ist festzustellen, dass die Klägerin nicht darlegt, inwiefern die Kommission ihre Stellungnahme außer Acht gelassen haben soll und warum sie der Auffassung ist, dass die Rekonstruktion der Preise im angefochtenen Beschluss nicht notwendig gewesen sei, um auf die von ihr in der Antwort erhobenen Kritikpunkte einzugehen.

331    Jedenfalls genügt der Hinweis, dass die Kommission, wie im angefochtenen Beschluss dargelegt, aufgrund der Anwendung von US-GAAP und der in der Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte vorgetragenen Argumente es nicht für angebracht hielt, ihre Preis-Kosten-Analyse auf die Buchführungsdaten von Qualcomm zu stützen, ohne Anpassungen vorzunehmen, die den Grundsatz der Verbuchung der Einnahmen berücksichtigten. Im Rahmen der Rekonstruktion der Preise im angefochtenen Beschluss trug die Kommission diesem Umstand Rechnung, indem sie die in den Konten vorgenommenen Anpassungen den betreffenden Verkäufen zuordnete, um die wirtschaftlichen Gegebenheiten im maßgeblichen Zeitraum besser abzubilden. Insbesondere passte sie diese Buchführungsdaten auf der Grundlage von Unterlagen im Besitz der Klägerin an, um die verschiedenen Zahlungen finanzieller Anreize den Einheiten zuzuweisen, denen sie entsprachen, und auf diese Weise den Preis zu berechnen, der von Huawei und ZTE tatsächlich gezahlt wurde.

332    Außerdem ist im Einklang mit den Ausführungen der Kommission festzustellen, dass sie bereits in der Vergangenheit einige Anpassungen zur besseren Abbildung der wirtschaftlichen Gegebenheiten vorgenommen hatte, die auf den Preis- und Kostenaufstellungen des beherrschenden Unternehmens sowie allen sonstigen von ihm bereitgestellten relevanten Informationen beruhten. Dieser Ansatz ist von der Rechtsprechung des Gerichts bestätigt worden, z. B. in den Urteilen vom 30. Januar 2007, France Télécom/Kommission (T‑340/03, EU:T:2007:22, Rn. 131 bis 137), vom 10. April 2008, Deutsche Telekom/Kommission (T‑271/03, EU:T:2008:101, Rn. 208 bis 211), und vom 13. Dezember 2018, Slovak Telekom/Kommission (T‑851/14, EU:T:2018:929, Rn. 220 bis 235).

333    Unter diesen Umständen ist die erste Rüge zurückzuweisen.

334    Zur zweiten Rüge, mit der geltend gemacht wird, der vierteljährliche Referenzzeitraum sei nicht der geeignetste Zeitraum, um die Preis-Kosten-Analyse durchzuführen, ist darauf hinzuweisen, dass in Bereichen, in denen komplexe wirtschaftliche Beurteilungen erforderlich sind, der Unionsrichter nicht nur die sachliche Richtigkeit der angeführten Beweise, ihre Zuverlässigkeit und ihre Kohärenz prüfen muss, sondern auch kontrollieren muss, ob diese Beweise alle relevanten Daten darstellen, die bei der Beurteilung einer komplexen Situation heranzuziehen waren, und ob sie die aus ihnen gezogenen Schlüsse untermauern können. Der Unionsrichter muss insoweit die Rechtmäßigkeitskontrolle auf der Grundlage der vom Kläger zur Stützung seiner Klagegründe vorgelegten Beweise vornehmen (vgl. Urteil vom 10. Juli 2014, Telefónica und Telefónica de España/Kommission, C‑295/12 P, EU:C:2014:2062, Rn. 54 und 56 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

335    Im vorliegenden Fall benannte die Kommission in den Erwägungsgründen 609, 610 und 630 bis 633 des angefochtenen Beschlusses die Beweise, die sie veranlasst hatten, einen vierteljährlichen Referenzzeitraum festzulegen, und sie erläuterte die Gründe für die Zurückweisung der Einwände der Klägerin.

336    Vorab ist festzustellen, dass sich die Angaben in den Tabellen 28 bis 30, 44 und 45 des angefochtenen Beschlusses in Bezug auf die Festlegung der Einkaufszeiträume zwar nicht völlig einheitlich präsentieren, doch geht aus ihnen hervor, dass der am häufigsten verwendete Zeitraum in der Tat das Quartal ist. Zudem war für die Kunden bei der Einreichung ihrer Ansprüche auf finanzielle Anreize das Quartal maßgeblich und wurden die AVC‑Kostenabgaben von Qualcomm ebenfalls auf Quartalsbasis bereitgestellt. Außerdem hat die Klägerin weder in ihren Schriftsätzen noch in ihren Antworten auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte und die ergänzende Mitteilung der Beschwerdepunkte, auf die sie sich beruft, Argumente oder Beweise vorgetragen, die ihre Auffassung stützen, dass die Kommission einen Referenzzeitraum von sechs Monaten oder einem Jahr hätte verwenden müssen.

337    Auch die übrigen von der Klägerin angeführten Gesichtspunkte lassen nicht den Schluss zu, dass die Kommission einen Fehler beging, als sie einen vierteljährlichen Referenzzeitraum für die Durchführung der Preis-Kosten-Analyse festlegte.

338    Zum einen ist es der Klägerin nicht gelungen, darzutun, wie das Problem der verspäteten Verbuchung, das den gesamten maßgeblichen Zeitraum betrifft, durch eine Änderung des Referenzzeitraums hätte gelöst werden können, wie von ihr behauptet.

339    Zum anderen würde, selbst wenn es zuträfe, dass, wie die Klägerin geltend macht, die Berücksichtigung eines längeren Referenzzeitraums die Analyse nur dann verfälschen könnte, wenn Preise berücksichtigt würden, die sich auf einen Zeitraum beziehen, der über den Zeitraum der Verdrängung hinausgeht, dies nicht bedeuten, dass zwangsläufig der Referenzzeitraum festgelegt werden müsste, den die Klägerin vorschlägt. Die Kommission traf ihre Wahl in Bezug auf die Optionen eines vierteljährlichen, halbjährlichen oder jährlichen Referenzzeitraums im vorliegenden Fall nämlich anhand der Daten und Umstände, die für die Tätigkeit der Klägerin am relevantesten waren. Es ist der Klägerin nicht gelungen, nachzuweisen, dass die Festlegung eines vierteljährlichen Referenzzeitraums fehlerhaft war.

340    Unter diesen Umständen ist die zweite Rüge zurückzuweisen.

341    Was die dritte Rüge betrifft, mit der geltend gemacht wird, die Wiederaufbereitung der durchschnittlichen Verkaufspreise im angefochtenen Beschluss sei unnötig, da in Bezug auf die in ihren Buchführungsdaten eingetragenen durchschnittlichen Verkaufspreise die Differenz zum Ergebnis der Berechnungen der Kommission jedenfalls minimal sei, ist den Erwägungsgründen 614, 739, 740, 774, 775 und 922 des angefochtenen Beschlusses zu entnehmen, dass die Differenz zwischen den in der Buchführung der Klägerin aufgeführten Preisen und den von der Kommission rekonstruierten Preisen sehr häufig gering gewesen sei. Dies ist von den Parteien in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen bestätigt worden.

342    Die Klägerin weist jedoch nicht nach, dass dieser Umstand die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses beeinträchtigt. Denn auch wenn die durchschnittlichen Verkaufspreise in den Buchführungsdaten der Klägerin und die durchschnittlichen Verkaufspreise, wie sie von der Kommission rekonstruiert wurden, nur geringfügig voneinander abweichen, kann daraus nicht abgeleitet werden, dass die Kommission bei der Rekonstruktion der durchschnittlichen Verkaufspreise einen Fehler beging. Unter diesen Umständen ist die vorliegende Rüge zurückzuweisen.

343    Darüber hinaus ist das Vorbringen der Klägerin, die Preis-Kosten-Analyse, der ihre Angaben zugrunde gelegen hätten, habe nicht kostendeckende Preise nur zeitweise und für eine sehr kurze Dauer identifiziert und sei daher nicht mit der Feststellung einer Zuwiderhandlung vereinbar, in keiner Weise substantiiert. Die Klägerin legt nämlich nicht dar, was sie unter einer zeitweisen Verdrängung versteht und warum diese Art der Verdrängung ihrer Ansicht nach keinen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht darstellen kann.

344    Nach alledem sind die dritte Rüge und der erste Teil des fünften Klagegrundes insgesamt zurückzuweisen.

 Zum zweiten Teil: Fehler im angefochtenen Beschluss in Bezug auf die „Wiederaufbereitung“

345    Die Klägerin stützt diesen Teil auf fünf Rügen.

346    Sie macht als Erstes geltend, dass die Kommission für die Berechnung der „tatsächlich gezahlten“ Preise zu Unrecht einige finanzielle Anreize aus den Quartalen, in denen sie im Buchhaltungssystem von Qualcomm verbucht worden seien, in Quartale übertragen habe, in denen die betreffenden Einheiten an den Kunden versandt worden seien, und zwar auf der Grundlage einer unsachgemäßen Manipulation der von Huawei und ZTE bei Qualcomm eingereichten Ansprüche auf finanzielle Anreize, die sich in „Dokumentenpaketen“ befunden hätten, die die Zuverlässigkeit der Preis-Kosten-Analyse nicht gewährleisten könnten.

347    Die Begründung der fehlenden Zuverlässigkeit der fraglichen „Dokumentenpakete“ sei in der Antwort auf die ergänzende Mitteilung der Beschwerdepunkte aufgeführt, in der die Klägerin dargelegt habe, dass die „Dokumentenpakete“ von Kunden sehr detailliert erstellt worden seien und diese Kunden nicht mehr in der Lage gewesen seien, sie zu erläutern, als die Kommission 2017 von ihnen Erläuterungen angefordert habe. Ferner seien die „Dokumentenpakete“ unvollständig sowie mitunter widersprüchlich und fehlerhaft.

348    Als Zweites wirft die Klägerin der Kommission vor, einen unzulässigen retrospektiven Ansatz gewählt zu haben, indem sie Rücklagen übertragen habe und dabei angenommen habe, dass Qualcomm die Ansprüche auf finanzielle Anreize zum Zeitpunkt des Verkaufs mit völliger Sicherheit hätte vorhersehen können.

349    Insoweit ergebe die Feststellung im 620. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses keinen Sinn, wonach es darauf ankomme, dass Qualcomm bereit gewesen sei, Anreize für den Kauf aller Einheiten zu setzen, die a priori unter bestimmte, finanzielle Anreize vorsehende Verträge fielen. Die Anwendung von US-GAAP impliziere, dass Qualcomm zum Zeitpunkt des Eingangs und Versands von Chip-Bestellungen verpflichtet gewesen sei, davon auszugehen, dass alle Chip-Einheiten für jeden potenziell anwendbaren finanziellen Anreiz qualifiziert seien, ohne dass ihr die geringste Unsicherheit zugestanden worden wäre. Dies bedeute nicht, dass Qualcomm angenommen habe, dass für alle Einheiten der maximale finanzielle Anreiz gewährt werde.

350    Als Drittes beanstandet die Klägerin, der Ansatz der Kommission sei widersprüchlich, da sie zum einen die in der Buchführung von Qualcomm enthaltenen Preise als „ungeeignet“ abgelehnt habe und zum anderen auf eben diese Preise bei zwei entscheidenden Berechnungen selektiv zurückgegriffen habe, und zwar bei der Berechnung des Preises von Chips, für die keine „Dokumentenpakete“ existierten, und bei der Berechnung für die Zuweisung zusätzlicher FuE‑Kosten im Rahmen der Preis-Kosten-Analyse.

351    Als Viertes macht die Klägerin geltend, der Ansatz der Kommission widerspreche dem Beschluss C(2014) 7465 final vom 15. Oktober 2014 in einem Verfahren nach Artikel 102 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union und Artikel 54 des EWR-Abkommens (Sache AT.39523 – Slovak Telekom), in dem die Kommission die Auffassung vertreten habe, im Interesse der Rechtssicherheit sei es besser, Beurteilungen auf der Grundlage der von dem betreffenden Unternehmen verwendeten Kostendaten vorzunehmen statt auf der Grundlage von Daten, die auf komplexen, im Nachhinein vorgenommenen Anpassungen und Berechnungen beruhten.

352    Als Fünftes trägt die Klägerin vor, die Methode der Kommission führe zu Preisen, die in bestimmten Fällen offensichtlich nicht die von Qualcomms Kunden „tatsächlich gezahlten“ Preise seien. Beispielsweise bestehe überhaupt keine Unsicherheit in Bezug auf den tatsächlichen Preis, den Huawei für die nicht versandten Bestellungen von [vertraulich] Einheiten des MDM8200-Chips von Qualcomm gezahlt habe, für die der pauschale Endpreis von [vertraulich] USD je Chip, nach Abzug jeglicher finanziellen Anreize, vereinbart worden sei; hingegen belaufe sich der Preis, den die Kommission nach ihren Manipulationen rekonstruiert habe, auf [vertraulich] USD je Chip. Auch habe Huawei im ersten Quartal 2011 für den MDM8200-Chip einen Preis in Höhe von [vertraulich] USD je Chip gezahlt, während die Kommission auf der Grundlage ihrer fehlerhaften Methode zu dem Ergebnis gelangt sei, dass der durchschnittliche Nettoverkaufspreis für diesen Chip [vertraulich] USD je Chip betragen habe.

353    Ferner könne die Kommission nicht erläutern, warum der durchschnittliche Nettoverkaufspreis des wichtigsten Anreizes im ersten Quartal 2011 nicht mit dem durchschnittlichen Nettoverkaufspreis des in der Folie von [vertraulich] genannten wichtigsten Anreizes vereinbar sei: Bei den beiden neu aufbereiteten Preisen, die die Kommission zu rechtfertigen suche, indem sie sich auf die Folie der Präsentation von [vertraulich] vom 4. August 2010 stütze, handle es sich offensichtlich nicht um „tatsächliche“ Preise.

354    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

355    Was die erste Rüge betrifft, mit der im Wesentlichen geltend gemacht wird, dass die „Dokumentenpakete“, die die von Huawei und ZTE bei Qualcomm eingereichten Ansprüche auf finanzielle Anreize beinhalteten, die Zuverlässigkeit der Preis-Kosten-Analyse nicht gewährleisten könnten, genügt im Einklang mit den Ausführungen der Kommission die Feststellung, dass die Klägerin die betreffenden Dokumente selbst bei der Ausstellung von Gutschriften und der Erstellung ihres Jahresabschlusses verwendete, wie aus dem 597. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, ohne dass die Klägerin dem widersprochen hätte. Da die Klägerin keine weiteren Gesichtspunkte vorgetragen hat, ist diese Rüge somit zurückzuweisen.

356    Zur zweiten Rüge, mit der geltend gemacht wird, die Kommission habe einen unzulässigen retrospektiven Ansatz gewählt, indem sie Rücklagen übertragen habe und dabei angenommen habe, dass Qualcomm die Ansprüche auf finanzielle Anreize zum Zeitpunkt des Verkaufs mit völliger Sicherheit hätte vorhersehen können, ist festzustellen, dass die Methode der Kommission entgegen dem Vorbringen der Klägerin nicht auf Parametern beruht, die Qualcomm nicht beurteilen konnte. Die Preise von Qualcomm waren nämlich als Bruttopreise ausgewiesen, auf die die finanziellen Anreize, d. h. die Preisnachlässe, angewandt wurden. Somit wusste Qualcomm, wenn sie Preisentscheidungen traf, wie hoch der niedrigste Stückpreis sein könnte, wenn alle finanziellen Anreize gewährt würden. Wie die Kommission zu Recht geltend macht, diente diese Berechnung lediglich dazu, auf der Grundlage von Angaben, über die Qualcomm verfügte und die sie bei der Erstellung ihres Jahresabschlusses verwendete, den tatsächlich von Huawei und ZTE gezahlten Preis zu ermitteln. Diese Erwägungen reichen aus, um die vorliegende Rüge zurückzuweisen.

357    Für die Zurückweisung der dritten Rüge, mit der geltend gemacht wird, der Ansatz der Kommission sei in Bezug auf die Preise von Qualcomm widersprüchlich, genügt der Hinweis, dass diese Rüge auf der irrigen Annahme beruht, im angefochtenen Beschluss sei festgestellt worden, dass die in der Buchführung von Qualcomm enthaltenen Preise „ungeeignet“ seien. In den Erwägungsgründen 603, 613 und 618 des angefochtenen Beschlusses, auf die sich die Klägerin beruft, benennt die Kommission nämlich eindeutig, welche Elemente der in der Buchführung enthaltenen Preise sie für ungeeignet hält, ohne die Möglichkeit auszuschließen, sie nach Vornahme der notwendigen Anpassungen auf der Grundlage anderer Informationsquellen zu verwenden.

358    Was die vierte Rüge betrifft, es liege ein Widerspruch zum Beschluss C(2014) 7465 final vom 15. Oktober 2014 in einem Verfahren nach Artikel 102 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union und Artikel 54 des EWR-Abkommens (Sache AT.39523 – Slovak Telekom) vor, hat sich die Kommission zwar in einigen Fällen zunächst auf die Zahlen gestützt, die sich in den Geschäftsbüchern des beherrschenden Unternehmens befanden, was manchmal ausreichte, doch wenn diese Zahlen nicht verfügbar waren oder den Marktgegebenheiten nicht entsprachen, ermittelte sie geeignete repräsentative Werte, die sich auch auf alle relevanten, vom beherrschenden Unternehmen bereitgestellten Daten stützten. Wie oben in Rn. 332 dargelegt, ist dieser Ansatz vom Gericht bestätigt worden. Die Rüge ist daher zurückzuweisen.

359    Zur fünften Rüge, wonach die Methode der Kommission zu Preisen führe, die in bestimmten Fällen offensichtlich nicht die von Qualcomms Kunden „tatsächlich gezahlten“ Preise seien, ist in Bezug auf das erste Beispiel der Klägerin festzustellen, dass die Folie, auf die die Kommission ihre Verteidigung stützt (Anlage A.2.2.19 der Klageschrift), tatsächlich belegt, dass sich der Preis, den Huawei für den Chip MDM8200 nach Anwendung des finanziellen Anreizes zahlte, auf [vertraulich] (aufgerundet auf [vertraulich]) USD je Chip belief, was dem von der Kommission berechneten Preis entspricht, der im 743. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genannt ist. Was das zweite Beispiel betrifft, wird durch das von der Kommission angeführte Dokument (Anlage A.2.4.12 der Klageschrift), mit dem sie den Nachweis erbringen möchte, dass die von [vertraulich] gebilligten Preise sukzessive geändert wurden, wie in der Antwort der Kommission auf Fragen des Gerichts klargestellt, bestätigt, dass der Huawei im ersten Quartal 2011 mitgeteilte Preis für den MDM8200-Chip unter demjenigen lag, der [vertraulich] präsentiert wurde, und dem von der Kommission errechneten tatsächlichen Preis in Höhe von [vertraulich] USD entsprach.

360    Somit hat die Klägerin nicht nachgewiesen, dass die Methode der Kommission und die Ergebnisse, zu denen sie im angefochtenen Beschluss gelangte, fehlerhaft waren. Unter diesen Umständen ist die vorliegende Rüge zurückzuweisen.

361    Folglich ist der zweite Teil des fünften Klagegrundes zurückzuweisen. Da auch der erste Teil dieses Klagegrundes zurückgewiesen worden ist (siehe oben, Rn. 344), ist der Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

 Zum sechsten Klagegrund: „unrichtige Zuweisung der nicht wiederkehrenden Konzeptionsaufwendungen“

362    Mit dem vorliegenden Klagegrund macht die Klägerin geltend, die Kommission habe bei ihrer Beurteilung der NWK-Zahlungen „offensichtliche Tatsachen- und Rechtsfehler begangen sowie den Grundsatz der Rechtssicherheit, die Unschuldsvermutung und den Grundsatz in dubio pro reo verletzt“. Außerdem sei der angefochtene Beschluss unzureichend begründet, da eine Vielzahl wichtiger Argumente, die Qualcomm im Verwaltungsverfahren vorgebracht habe, nicht „berücksichtigt“ worden seien. Dadurch habe die Kommission gegen ihre „Pflicht zur ordnungsgemäßen Verwaltung“ verstoßen.

363    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

364    Nach Art. 21 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und Art. 76 Buchst. d der Verfahrensordnung muss die Klageschrift den Streitgegenstand und eine kurze Darstellung der geltend gemachten Klagegründe enthalten, und für die Zulässigkeit einer Klage ist es erforderlich, dass sich die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf denen sie beruht, zumindest in gedrängter Form, aber zusammenhängend und verständlich, aus dem Wortlaut der Klageschrift selbst ergeben.

365    Diese Angaben müssen hinreichend klar und deutlich sein, um dem Beklagten die Vorbereitung seines Verteidigungsvorbringens und dem Gericht die Entscheidung über die Klage zu ermöglichen. Ebenso muss jeder Antrag in einer Weise begründet sein, die sowohl dem Beklagten als auch dem Richter die Beurteilung seiner Begründetheit ermöglicht (Urteil vom 13. Dezember 2018, Slovak Telekom/Kommission, T‑851/14, EU:T:2018:929, Rn. 74 und 75 [nicht veröffentlicht]).

366    Im vorliegenden Fall kann das Vorbringen der Klägerin im Rahmen des sechsten Klagegrundes zwar so verstanden werden, dass es sich auf Beurteilungsfehler bezieht, die die Kommission zum einen in Bezug auf die NWK-Zahlung an ZTE (erster Teil) und zum anderen in Bezug auf die NWK-Zahlung an Huawei (zweiter Teil) begangen haben soll, doch enthalten die von der Klägerin erhobenen Vorwürfe keine Angaben, die eine Beurteilung der Begründetheit der Vorwürfe ermöglichen. Folglich ist das Vorbringen der Klägerin zu diesen Vorwürfen, insbesondere zum Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit, den Grundsatz der Unschuldsvermutung und den Grundsatz in dubio pro reo, als unzulässig anzusehen, da es nicht hinreichend substantiiert ist, um seine Begründetheit beurteilen zu können.

367    Zudem hat die Kommission nach der Rechtsprechung zwar gemäß Art. 296 AEUV beim Erlass eines Beschlusses zur Durchführung des Wettbewerbsrechts die sachlichen Gesichtspunkte, von denen die Rechtmäßigkeit des Beschlusses abhängt, sowie die rechtlichen Erwägungen anzuführen, die sie zum Erlass ihres Beschlusses veranlasst haben, doch braucht sie nicht auf alle sachlichen und rechtlichen Gesichtspunkte einzugehen, die im Verwaltungsverfahren behandelt worden sind. Die Begründung einer beschwerenden Entscheidung muss den Gerichtshof in die Lage versetzen, die Rechtmäßigkeit zu überprüfen, und dem Betroffenen die notwendigen Hinweise geben, aus denen er erkennen kann, ob die Entscheidung materiell rechtmäßig ist oder nicht (Urteil vom 11. Juli 1985, Remia u. a./Kommission, 42/84, EU:C:1985:327, Rn. 26). Im Licht dieser Rechtsprechung kann sich die Klägerin daher nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss nicht im Einzelnen auf alle von ihr im Verwaltungsverfahren erhobenen sachlichen oder rechtlichen Argumente eingegangen sei.

 Zum ersten Teil: NWK-Zahlung an ZTE

368    Zur Stützung des ersten Teils erhebt die Klägerin, nachdem sie, ohne sie zu bestreiten, die zeitliche Abfolge der Ereignisse u. a. im Zusammenhang mit der Vereinbarung mit ZTE über die nicht wiederkehrenden Konzeptionsaufwendungen und der an ZTE geleisteten NWK-Zahlung beschreibt, den Vorwurf, die Kommission habe zu Unrecht die Auffassung vertreten, dass die NWK-Zahlung einem Rabatt in Höhe von [vertraulich] USD je Einheit für die 2010 von ZTE eingekauften MDM6200-Chips gleichzusetzen sei, obwohl die Bewilligung im Dezember 2009 zu keinem Zeitpunkt in einer Vereinbarung förmlich festgehalten worden sei und ZTE auch nicht kommuniziert worden sei.

369    Nach Ansicht der Klägerin hätte die Kommission im Rahmen der Preis-Kosten-Analyse der MDM6200-Chips keine Verdrängung festgestellt, wenn sie diesen Rabatt je Einheit im Hinblick auf ZTE nicht berücksichtigt hätte.

370    Die Klägerin macht als Erstes geltend, dass die Bewilligung einer Reihe möglicher Anreize für ZTE Ende 2009 und im Mai 2010 Teil eines umfangreicheren Pakets gewesen sei, das Anreize für ZTE enthalten habe und nicht auf das Spitzensegment des Marktes für UMTS-Chips beschränkt gewesen sei.

371    Was als Zweites die Auffassung der Kommission betrifft, die NWK-Zahlung an ZTE sei mit einem Rabatt je Einheit für die von ZTE 2010 eingekauften MDM6200-Chips gleichzusetzen, trägt die Klägerin die folgenden Argumente vor.

372    Erstens hätten sich die Voraussetzungen für die Bewilligung zwischen Dezember 2009 und Mai 2010 im Zuge einer wohlüberlegten Neubewertung verändert, was dazu geführt habe, dass die NWK-Zahlung an ZTE nicht mehr als Rabatt angesehen werden könne. Die Kommission sehe die pauschale Zahlung von [vertraulich] USD als einen Rabatt in Höhe von [vertraulich] USD je Chip an, d. h. als einen deutlich höheren Rabatt als den Rabatt in Höhe von [vertraulich] USD je Chip, den Qualcomm angeblich im Dezember 2009 vorgesehen habe.

373    Zweitens habe die Kommission keinen Beweis dafür vorgelegt, dass Qualcomm beabsichtigt habe oder sich auch nur darüber im Klaren gewesen sei, dass ZTE ein finanzieller Anreiz in Form eines Rabatts von [vertraulich] USD je Chip gewährt werde, und sie habe auch nicht nachgewiesen, dass ZTE Kenntnis von einem solchen Rabatt je Einheit gehabt habe. Folglich sei es nicht möglich, dass die NWK-Zahlung an ZTE Letztere dazu veranlasst habe, im Jahr 2010 MDM6200-Chips zu kaufen. Vielmehr habe die Kommission selbst den Beweis dafür erbracht, dass der Preis dieser an ZTE verkauften Chips aus Sicht von Qualcomm höher gewesen sei als derjenige, der sich aus einem Rabatt in Höhe von [vertraulich] USD je Chip ergeben hätte.

374    Drittens sei dadurch, dass der angefochtene Beschluss die NWK-Zahlung an ZTE wie einen Rabatt behandle, der ZTE pro Chip gewährt worden sei, ein künstlich aufgeblähter Rabatt in Höhe von [vertraulich] USD konstruiert worden, weil eben die NWK-Zahlung unabhängig von der Anzahl der verkauften Einheiten gewesen sei und gleichzeitig die Nachfrage von ZTE nach MDM6200-Chips im Jahr 2010 nur ein kleiner Bruchteil dessen gewesen sei, was Qualcomm im Dezember 2009 an Nachfrage erwartet habe, was die Kommission dazu veranlasst habe, die Zahlung von [vertraulich] USD auf einen kleinen Bruchteil der in den E‑Mails vom Dezember 2009 genannten 1 250 000 Einheiten zu verteilen. Nach Ansicht der Klägerin wären, wenn die fragliche Zahlung ZTE tatsächlich zum Kauf von mehr Einheiten des MDM6200-Chips veranlasst hätte, der implizite Rabatt je Einheit niedriger und die Feststellung eines Preises unterhalb der „Kosten“ unwahrscheinlicher gewesen.

375    Die Klägerin macht viertens geltend, dass die Kommission, obwohl sie im angefochtenen Beschluss einräume, dass die aufgeblähte Zahl auf die geringe Nachfrage von ZTE für den MDM6200-Chip zurückgehe, dann mutmaße, dass die geringere Nachfrage einer der Gründe dafür gewesen sein könne, dass Qualcomm bei der [vertraulich] Besprechung vom 24. Mai 2010 einer Änderung der Zahlungsbedingungen zugestimmt habe. Qualcomm habe jedoch einen Schriftverkehr vom Mai 2010 ausgemacht, dem zufolge ZTE für jenes Jahr einen Bedarf von 475 000 Einheiten des MDM6200-Chips vorgesehen habe. Nach Ansicht von Qualcomm hätte diese Zahl, wenn sie auf die Zahlung von [vertraulich] USD angewandt worden wäre, zu einem hypothetischen Rabatt in Höhe von [vertraulich] USD je Einheit zum Zeitpunkt der Bewilligung im Mai 2010 geführt, und die von ZTE für den MDM6200-Chip gezahlten Preise lägen konsequent oberhalb der LRAIC des angefochtenen Beschlusses.

376    Fünftens wäre, selbst wenn Qualcomm mit der NWK-Zahlung einen Rabatt je Einheit in Höhe von [vertraulich] USD hätte gewähren wollen, dies jedenfalls aus wirtschaftlicher Sicht nicht relevant gewesen, denn die Zahlung habe ZTE zu keinem Zeitpunkt dazu veranlasst, MDM6200-Chips zu kaufen, statt Chips von einem Wettbewerber zu beziehen, da der Betrag des finanziellen Anreizes im Voraus festgelegt worden sei und sich nicht entsprechend der Menge an gekauften Chips erhöht habe.

377    Sechstens sei durch den Umstand, dass Qualcomm im Februar 2011 der Bitte von ZTE, die Frist für den Erwerb der Qualifikation als Betreiberin von Geräten für den MDM8200A-Chip bis zum 30. Juni 2011 zu verlängern, nachgekommen sei, einen entsprechenden Antrag für Geräte mit einem MDM6200-Chip jedoch abgelehnt habe, der Nachweis erbracht, dass die Pauschalzahlung vertraglich und tatsächlich an den MDM8200A-Chip gebunden gewesen sei, was auch durch den internen Schriftverkehr von Qualcomm belegt werde.

378    Als Drittes rügt die Klägerin einen Widerspruch im angefochtenen Beschluss zwischen erstens den Feststellungen zur Verdrängung und zweitens der Feststellung einer Erhöhung des Preises und der Marge für die an ZTE verkauften MDM6200-Chips. Auch bei der Aufteilung der angeblichen FuE‑Kosten zwischen den MDM6200-Chips und den MDM6600-Chips im Jahr 2010 liege eine Unregelmäßigkeit vor, da die Preise, die die Kommission bei der Berechnung für die an ZTE verkauften MDM6200-Chips verwendet habe, nicht um den Rabatt aus den NWK-Kosten reduziert worden seien.

379    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

380    Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission insbesondere in den Erwägungsgründen 677 bis 693 des angefochtenen Beschlusses die Berechnung der von ZTE und Huawei gezahlten Preise vornimmt und im Einklang mit den Erwägungen insbesondere in den Abschnitten 12.4.2.3, 12.4.2.4, 12.4.2.6 und 12.4.2.11 des angefochtenen Beschlusses die zwei Rabatte neu zuweist, die Qualcomm diesen beiden Kunden aufgrund der NWK-Kosten gewährt hatte. Die Kommission stellt fest, dass, auch wenn jeder Rabatt formal als ein Rabatt verbucht worden sei, der für die an ZTE und Huawei verkauften MDM8200A-Chips gelte, Beweise aus dem betreffenden Zeitraum belegten, dass Qualcomm in Wahrheit zum einen beabsichtigt habe, eine für die Verkäufe im Jahr 2010 geltende Pauschalzahlung in Höhe von [vertraulich] USD (ursprünglich in Höhe von [vertraulich] USD) an ZTE zu leisten, um Letztere dazu zu bewegen, Lösungen einzukaufen und zu erarbeiten, die auf dem MDM6200-Chip basierten, und zum anderen, Huawei einen rückwirkenden Rabatt in Form einer Pauschalzahlung in Höhe von [vertraulich] USD zu gewähren, um den Preis für die Einheiten des MDM8200-Chips zu senken, die Huawei bei Qualcomm erworben hatte und die sich jedoch als so kostspielig erwiesen hatten, dass es Huawei nicht möglich gewesen sei, den Zuschlag für Ausschreibungen auf dem nachgelagerten Markt zu erhalten.

381    Was die NWK-Zahlung an ZTE betrifft, beruft sich die Kommission, um zu ihrem Ergebnis zu gelangen, in den Abschnitten 12.4.2.4, 12.4.2.6 und 12.4.2.11 des angefochtenen Beschlusses auf interne Dokumente von Qualcomm, die ihrer Meinung nach belegen, dass Qualcomm ZTE keinen niedrigeren Preis als Huawei habe anbieten können und befürchtet habe, den Preis für den MDM6200-Chip, der zu diesem Zeitpunkt noch nicht auf dem Markt gewesen sei, zu früh zu senken. Folglich sei ab Dezember 2009 vorgeschlagen worden, die Frage der Preisfestsetzung in Form von einmaligen Rabatten infolge von NWK-Kosten anzugehen, wobei ein Teil an die Bedingung geknüpft gewesen sei, dass ZTE die Qualifikation als Betreiberin von Geräten für den MDM8200A-Chip erhalte, und der andere Teil an die Bedingung, dass ZTE die Qualifikation als Betreiberin von Geräten für den MDM6200-Chip erhalte, und zwar beides vor dem 31. Dezember 2010 (die Frist wurde später im Hinblick auf die Zertifizierung des MDM8200A-Chips auf den 30. Juni 2011 verschoben). Diese Zahlung habe in Wirklichkeit dazu gedient, für jeden MDM6200-Chip, den Qualcomm ZTE 2010 habe verkaufen wollen, den Preis um [vertraulich] USD je Chip zu senken. Nach einem erheblichen Rückgang der Bestellungen von ZTE verglichen mit den Prognosen von Qualcomm habe sich der tatsächlich gewährte Preisnachlass auf [vertraulich] USD je Chip belaufen.

382    Als Erstes ist festzustellen, dass die Tatsache, dass eine Reihe von Anreizen für verschiedene Chips, einschließlich Chips, die nicht für das Spitzensegment des Marktes für UMTS-Chips verwendet wurden, von Qualcomm im Hinblick auf ZTE eingeführt wurden, nicht bedeutet, dass nicht einige dieser Anreize bei der zur Beurteilung der Verdrängung durchzuführenden Preis-Kosten-Analyse berücksichtigt werden können.

383    Als Zweites ist der Darstellung der Klägerin zu entnehmen, dass der Unterschied zwischen dem im Dezember 2009 und dem im Mai 2010 bewilligten Anreiz darin besteht, dass der erste Anreiz eine Zahlung in Höhe von [vertraulich] USD beinhaltete, zahlbar bei Unterzeichnung der Vereinbarung, sowie eine Zahlung in Höhe von [vertraulich] USD, die an die Bedingung geknüpft war, dass ZTE die Qualifikation als Betreiberin von Geräten für den MDM8200A-Chip erhielt, und der zweite Anreiz eine Zahlung in Höhe von [vertraulich] USD beinhaltete, die an die Bedingung geknüpft war, dass ZTE die Qualifikation als Betreiberin von Geräten für den MDM6200-Chip erhielt. Die Klägerin legt jedoch nicht dar, inwiefern der Umstand, dass sich „die Voraussetzungen für die Bewilligung zwischen Dezember … und Mai … verändert [hätten]“, Ausdruck „einer wohlüberlegten Neubewertung“ gewesen sein soll, und erläutert auch nicht, wie dieser Umstand ihr im Rahmen der Beurteilung der Verdrängung nutzen könnte.

384    Vielmehr ist, wie in den Erwägungsgründen 501 und 502 des angefochtenen Beschlusses dargelegt, der internen Kommunikation zwischen leitenden Mitarbeitern (wie dem Leiter des Produktmanagements QCT und den Vizepräsidenten für Finanzen und Vertrieb) im Dezember 2009 zu entnehmen, dass erstens die Preise, die ZTE für den MDM6200-Chip angeboten wurden, nicht niedriger sein konnten als die Preise, die Huawei angeboten wurden, und Qualcomm keine „starke Abweichung der Preise“ wünschte, zweitens Qualcomm Verluste in Bezug auf den MDM6200-Chip aufgrund der Zusammenarbeit von ZTE und Icera befürchtete und drittens die geplante Lösung aus einer NWK-Zahlung in Verbindung mit den Chips MDM6200 oder MDM8200A bestand, „um zu verhindern, dass Icera ihren Umsatz stark erhöht“. Um diese Sorge auszuräumen, wurde im Vorschlag „ZTE MDM6200 Price Proposal“ vom Dezember 2009 eine Lösung ausgearbeitet, die in gewisser Hinsicht keine „starke Abweichung der Preise“ darstellte, da es sich nicht um eine preisliche Abweichung handelte, sondern um einen finanziellen Anreiz, der eine Zahlung beinhaltete, die an die Qualifikation als Betreiber von Geräten für den MDM8200A-Chip und an den Kauf einer bestimmten Anzahl von Einheiten des MDM6200-Chips gebunden war, und die Möglichkeit vorsah, die Zahlung zurückzuhalten, wenn eine der Bedingungen nicht erfüllt war.

385    Außerdem ist der Präsentation bei dem Treffen [vertraulich] vom 8. Februar 2010, d. h. nach der Bewilligung im Dezember 2009, zu entnehmen, dass die Zahlung, die damals offiziell sowohl für den MDM8200A-Chip als auch für den MDM6200-Chip bestimmt sein sollte, in Wirklichkeit ausschließlich dazu diente, den Preis für den MDM6200-Chip zu senken.

386    Ferner ist in Übereinstimmung mit der Kommission festzustellen, dass die ursprünglich vorgeschlagene Bedingung, die vorsah, dass ZTE 2010 [vertraulich] MDM6200-Chip-Einheiten kaufte (was den damaligen Prognosen für die Nachfrage von ZTE entsprach), in der Bewilligung von [vertraulich] nicht förmlich geregelt wurde. Im Mai 2010 wurde jedoch aufgrund des Umstands, dass die Prognosen für die Nachfrage von ZTE auf 475 000 Einheiten gesunken waren, durch [vertraulich] die Struktur der NWK-Zahlungen geändert. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin deutet außerdem nichts darauf hin, dass diese Änderungen mit einer veränderten Zielsetzung der Zahlungen einhergingen, die ZTE zum Einkauf von MDM6200-Chips bewegen sollten. Wäre nämlich ursprünglich, im Dezember 2009, oder im Mai 2010 beabsichtigt gewesen, den Verkauf des MDM8200A-Chips zu fördern, wäre es nicht erforderlich oder logisch gewesen, den Rabatt für MDM8200A-Chips um [vertraulich] auf [vertraulich] USD (d. h. um 60 %) zu senken. Dagegen war es, als die Prognosen für ZTEs Bedarf an MDM6200-Chips erheblich korrigiert wurden, da der Bedarf von [vertraulich] Einheiten auf unter [vertraulich] Einheiten gesunken war, aus Sicht von Qualcomm nicht mehr gerechtfertigt, ZTE den ursprünglich vorgesehenen Rabatt von [vertraulich] USD anzubieten.

387    Die veränderte Struktur der NWK-Zahlungen erlaubte es jedoch, eine Zahlung beizubehalten, die einem Rabatt in Höhe von [vertraulich] USD je Einheit entsprach und formal an MDM8200A-Chips gebunden war (in Wirklichkeit jedoch für MDM6200-Chips bestimmt war), und gleichzeitig die Verdopplung der Zahlung (die dann auf [vertraulich] gestiegen wäre) für den Fall vorzuschlagen, dass der Kunde vor Ende 2010 eine Zertifizierung als Betreiber für den MDM6200-Chip erhalten würde, d. h. wenn sich ZTE im Lauf des Jahres 2010 für die Entwicklung einer MDM6200-Lösung einsetzen würde. Die Kommission weist zu Recht darauf hin, dass die Weigerung von Qualcomm, die Frist für die Qualifikation als Betreiberin für MDM6200-Chips im Februar 2011 zu verlängern, mit dieser Struktur und der Feststellung von Qualcomm im Einklang stehe, wonach der Einsatz von ZTE für den MDM6200-Chip im Jahr 2010 nicht ausreiche, um sich den Rest der Rabatte im Zusammenhang mit den NWK-Kosten verdient zu haben.

388    Zum Vorbringen der Klägerin, wonach der Umstand, dass es Qualcomm im Februar 2011 abgelehnt habe, die Frist für den Erwerb der Qualifikation als Betreiber von Geräten für den MDM6200-Chip zu verlängern, beweise, dass die NWK-Zahlung vertraglich und tatsächlich an den MDM8200A-Chip gebunden gewesen sei, ist festzustellen, dass dieser Umstand und somit die Tatsache, dass Qualcomm ZTE nicht den damit verbundenen Betrag von [vertraulich] USD auszahlte, völlig im Einklang mit der ursprünglichen Absicht von Qualcomm stehen, einen Rückforderungsmechanismus für einen Teil der NWK-Zahlung vorzusehen, falls ZTE nicht die geplanten Mengen an MDM6200-Chips kaufen würde.

389    Was den Umstand betrifft, dass die NWK-Zahlung an ZTE als Rabatt pro Einheit behandelt wurde, lässt sich kein Fehler der Kommission ausmachen, weder in Bezug auf die Verbuchung dieser Zahlung bei den entsprechenden Einheiten noch in Bezug auf die Berechnung des Rabatts oder die Beurteilung des Kontextes.

390    Um die Höhe der NWK-Zahlung an ZTE zu quantifizieren, müssen zunächst alle Zahlungen im Zusammenhang mit bestellten und gelieferten MDM6200-Chips, d. h. 145 775 Einheiten, erfasst werden, indem der Gesamtbetrag der Zahlungen durch den Gesamtbetrag der bestellten und gekauften Einheiten geteilt wird.

391    Dass die NWK-Zahlung an ZTE letztlich zu einem Rabatt pro Einheit führt, der dreimal höher ist als der ursprünglich vorgesehene Rabatt, beruht lediglich darauf, dass sich die Anzahl der von ZTE bestellten und gekauften MDM6200-Chips verglichen mit der von Qualcomm vorgesehenen Menge, nämlich [vertraulich] Einheiten, erheblich verringert hat. Da der Betrag des finanziellen Anreizes im Voraus festgelegt worden war, erhielt jeder Chip einen viel höheren Preisnachlass als ursprünglich geplant. Mit anderen Worten ist diese Erhöhung des pro Chip gewährten Rabatts nur ein Nebeneffekt der fehlerhaften Verkaufsprognose von Qualcomm in Bezug auf ZTE.

392    Was den Umstand betrifft, dass ZTE nicht gewusst habe, dass die für sie bestimmte NWK-Zahlung als Rabatt pro Einheit behandelt werden würde, ist es nach der Rechtsprechung nicht erforderlich, dass der Kunde eines Unternehmens in beherrschender Stellung die Methode kennt, die verwendet wird, um einen Preis unterhalb der Kosten anzuwenden. Es genügt nämlich, dass zum einen die Preis-Kosten-Analyse einen höheren Preis als den gewählten Kostenmaßstab aufweist und zum anderen die Absicht besteht, einen bestimmten Wettbewerber zu verdrängen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. Juli 1991, AKZO/Kommission, C‑62/86, EU:C:1991:286, Rn. 71 und 72).

393    Ferner ist in Bezug auf das Argument, die Zahlung habe ZTE nicht dazu veranlasst, mehr Chips zu kaufen, darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof im Urteil vom 12. Mai 2022, Servizio Elettrico Nazionale u. a. (C‑377/20, EU:C:2022:379, Rn. 53 und die dort angeführte Rechtsprechung), festgestellt hat, dass die Einstufung einer Praxis eines Unternehmens in beherrschender Stellung als missbräuchlich nicht von dem Nachweis abhängt, dass, wenn die Praxis eines solchen Unternehmens auf die Verdrängung seiner Wettbewerber vom betreffenden Markt angelegt ist, dies auch erreicht worden ist und es folglich auf dem Markt zu einer konkreten Verdrängungswirkung gekommen ist. Art. 102 AEUV soll nämlich die missbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung auf dem Binnenmarkt oder auf einem wesentlichen Teil desselben durch ein oder mehrere Unternehmen ahnden, unabhängig davon, ob sich eine solche Ausnutzung als erfolgreich erwiesen hat oder nicht.

394    Als Drittes ist das Vorbringen der Klägerin zu Widersprüchen im angefochtenen Beschluss nur grob skizziert, so dass sich schwer nachvollziehen lässt, inwieweit etwaige Widersprüche die Rechtmäßigkeit des Beschlusses beeinträchtigen könnten. Aus diesem Grund ist das Vorbringen für unzulässig zu erklären. Jedenfalls steht die Erklärung der Kommission, dass die Erhöhung des Preises und der Marge der im maßgeblichen Zeitraum an ZTE verkauften MDM6200-Chips auf die Rabatte im Zusammenhang mit den NWK-Zahlungen zurückzuführen sei, völlig im Einklang mit der übrigen Argumentation der Kommission. Was die behauptete Unregelmäßigkeit bei der Aufteilung der FuE‑Kosten zwischen den MDM6200-Chips und den MDM6600-Chips im Jahr 2010 betrifft, genügt der Hinweis, dass die Gründe, die die Kommission zu diesem Vorgehen veranlasst haben und die von der Klägerin im Übrigen nur pauschal bestritten werden, im 841. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ausführlich und glaubhaft erläutert werden.

395    Nach alledem ist der erste Teil des sechsten Klagegrundes zurückzuweisen.

 Zum zweiten Teil: NWK-Zahlung an Huawei

396    Die Klägerin macht geltend, dass, selbst wenn man davon ausgehe, dass sie die NWK-Zahlung an Huawei als „Ausgleich“ für die bei Huawei bereits angesammelten MDM8200-Chipbestände angesehen habe, sich die Zahlung auf bereits gekaufte Chips bezogen habe und daher Huawei nicht dazu habe veranlassen können, mehr von diesen Chips zu kaufen. Wie zudem der Antwort von Huawei auf ein Auskunftsverlangen der Kommission zu entnehmen sei, hätten die Bedingungen der mit Huawei geschlossenen Vereinbarung über die nicht wiederkehrenden Konzeptionsaufwendungen und diese Zahlung im Zusammenhang mit der Qualifikation als Betreiberin von Geräten für den MDM8200A-Chip keinen Anreiz für Huawei gesetzt, MDM8200-Chips zu kaufen, sondern vielmehr einen Anreiz für den Kauf von MDM8200A-Chips, und zwar für unbestimmte Zeit.

397    Ganz allgemein beanstandet die Klägerin, die Kommission habe im 1142. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses den Satz aus der ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte gestrichen, der eine ausdrückliche „Quasi-Behauptung“ der „Verschleierung“ in Bezug auf die NWK-Zahlungen an ZTE und Huawei enthalte, auf die Qualcomm im Rahmen des Verwaltungsverfahrens eingegangen sei, während der Rest des Erwägungsgrundes in Bezug auf die NWK-Zahlungen unverändert geblieben sei. Die Streichung des Satzes stelle einen Begründungsmangel dar, der zudem erkennen lasse, dass die Kommission nicht den Nachweis dafür erbringen könne, dass Qualcomm den Marktausschluss von Icera beabsichtigt habe.

398    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

399    Vorab ist festzustellen, dass die Kommission in Bezug auf die NWK-Zahlung an Huawei in Abschnitt 12.4.2.3 des angefochtenen Beschlusses auf interne Dokumente von Qualcomm verweist, die ihrer Ansicht nach belegen, dass, da sich mehrere leitende Mitarbeiter von Qualcomm dagegen ausgesprochen hatten, dem Druck von Huawei nachzugeben, die erhebliche Preisnachlässe für MDM8200-Chips forderte, Qualcomm schließlich einen rückwirkenden Preisnachlass für Lieferungen des MDM8200-Chips nach dem 23. November 2009 gewährte sowie einen „MDM8200A NWK“ bewilligte, d. h. eine Zahlung, die offiziell dazu diente, NWK-Kosten zu decken, die mit der Zertifizierung eines bestimmten Endgeräts mit dem MDM8200A-Chip zusammenhingen, in Höhe von [vertraulich] (später [vertraulich]) USD. Nach Auffassung der Kommission stand die NWK-Zahlung, obwohl sie formal an den Erhalt einer Zertifizierung als Betreiber für den MDM8200A-Chip gebunden gewesen sei, in ausdrücklichem Zusammenhang mit dem MDM8200-Bestand von Huawei und ermöglichte die Anwendung eines rückwirkenden Preisnachlasses pro Einheit.

400    Was als Erstes das Vorbringen der Klägerin betrifft, Huawei habe die MDM8200-Chips bereits gekauft gehabt und daher nicht durch die an sie gerichtete NWK-Zahlung dazu veranlasst werden können, mehr von diesen Chips zu kaufen, so kann dem nicht gefolgt werden. Aus den Dokumenten und Schreiben, die u. a. in den Erwägungsgründen 480 bis 486 des angefochtenen Beschlusses erwähnt sind, ergibt sich nämlich, dass dieser Anreiz Huawei gewährt wurde, um ihr zu helfen, sich der überschüssigen MDM8200-Chips zu entledigen, und zwar in einem Kontext, in dem sich Huawei zunehmend auf den Wettbewerbsdruck durch Icera berief, insbesondere durch den ICE8042-Chip, um günstigere Konditionen zu erhalten.

401    Außerdem ist den Dokumenten und Schreiben, die u. a. in den Erwägungsgründen 480 bis 486 des angefochtenen Beschlusses erwähnt sind, zu entnehmen, dass Qualcomm sich nicht in einer Position befand, in der sie die Forderungen von Huawei ignorieren konnte, was belegt, dass die Preisverhandlungen noch zu dem Zeitpunkt stattfanden, als Qualcomm beschloss, Huawei die NWK-Zahlung zuzugestehen, und die Verkaufsbedingungen für die MDM8200-Chips zu diesem Zeitpunkt noch nicht endgültig festgelegt waren.

402    Zum Vorbringen der Klägerin, die Bedingungen der Vereinbarung über die nicht wiederkehrenden Konzeptionsaufwendungen und die NWK-Zahlung an Huawei hätten keinen Anreiz für Huawei gesetzt, MDM8200-Chips zu kaufen, sondern einen Anreiz für den Kauf von MDM8200A-Chips, ist mit der Kommission darauf hinzuweisen, dass die Antworten von Huawei auf die Fragen der Kommission nicht belegen, dass Huawei davon ausging, dass sich die Zahlung auf MDM8200A-Chips beziehe. Vielmehr beschränkt sich, wie dem 681. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu entnehmen ist, die Antwort von Huawei darauf, die Bedingungen der Vereinbarung wiederzugeben, und diese stellen keinen Nachweis in Bezug auf den tatsächlichen Zweck der Zahlung dar. Aus den Beweisen, die in den Erwägungsgründen 482 und 679 des angefochtenen Beschlusses genannt sind, und dem Eingeständnis von Qualcomm in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte geht jedoch hervor, dass die Zahlung als rückwirkender Rabatt für MDM8200-Chips dienen sollte. Außerdem wird die Behauptung von Qualcomm, Huawei sei davon ausgegangen, dass sich die fragliche Zahlung auf MDM8200A-Chips beziehe, durch die Beweise aus dem betreffenden Zeitraum widerlegt, die in den Erwägungsgründen 491, 527 und 543 des angefochtenen Beschlusses genannt sind und denen zufolge Huawei Qualcomm gebeten hatte, die Rabatte im Zusammenhang mit den NWK-Kosten anzupassen, um einem von ihr identifizierten zusätzlichen Bestand an MDM8200-Chipeinheiten Rechnung zu tragen. Aus diesen Beweisen ergibt sich, dass Huawei durchaus bekannt war, dass die NWK-Zahlung in Wahrheit als Rabatt für MDM8200-Chips – und nicht für MDM8200A-Chips – dienen sollte.

403    Was schließlich die ausdrückliche „Quasi-Behauptung“ der „Verschleierung“ in Bezug auf die NWK-Zahlungen an ZTE und Huawei betrifft, die in der ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte aufgestellt worden sein soll, ist es zwar zutreffend, dass zum einen im letzten Satz von Rn. 771 der ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte danach gefragt wurde, ob der Umstand, dass Qualcomm die NWK-Kosten für die Chips nicht richtig verbucht habe, einen Versuch darstelle, den mit der Zahlung dieser Kosten verbundenen Rabatt zu verschleiern, und zum anderen diese Frage im angefochtenen Beschluss nicht wieder aufgegriffen wurde. Allerdings kann der Kritik der Klägerin, wonach die Streichung des Satzes einen Begründungsmangel darstelle, der zudem erkennen lasse, dass die Kommission nicht den Nachweis dafür erbringen könne, dass Qualcomm den Marktausschluss von Icera beabsichtigt habe, nicht gefolgt werden.

404    Insoweit genügt nämlich der Hinweis, dass die Kommission im Licht der oben in Rn. 307 angeführten Rechtsprechung nicht verpflichtet war, im angefochtenen Beschluss im Einzelnen auf alle von ihr im Verwaltungsverfahren erhobenen sachlichen oder rechtlichen Argumente einzugehen. Wie zudem die Kommission zu Recht geltend macht, beweist die Streichung des letzten Satzes von Rn. 771 der ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte entgegen dem Vorbringen der Klägerin, dass die Kommission die Antwort von Qualcomm im Verwaltungsverfahren berücksichtigte, ohne dass sich dies jedoch auf den Nachweis von Qualcomms Absicht, Icera vom relevanten Markt auszuschließen, ausgewirkt hätte.

405    In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen ist der zweite Teil des sechsten Klagegrundes zurückzuweisen. Da auch der erste Teil dieses Klagegrundes zurückgewiesen worden ist (siehe oben, Rn. 395), ist der Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

 Zum siebten Klagegrund: „Fehlen eines angemessenen Vergleichsmaßstabs für die Referenzkosten“

406    Der siebte Klagegrund besteht aus drei Teilen, erstens Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit und den Grundsatz in dubio pro reo, zweitens die Rüge, dass das LRAIC‑Kriterium kein angemessener Vergleichsmaßstab sei, und drittens der Vorwurf, dass die von der Kommission errechneten LRAIC nicht den „echten“ LRAIC entsprächen, und mit diesem Klagegrund wird geltend gemacht, dass die Behandlung der Kosten im angefochtenen Beschluss mit zahlreichen Fehlern behaftet sei und Verstöße gegen allgemeine Rechtsgrundsätze vorlägen.

 Vorbemerkungen

407    In Abschnitt 12.6 des angefochtenen Beschlusses erläuterte die Kommission in Bezug auf die untersuchungsgegenständlichen Chips die Gründe, aus denen sie der Ansicht war, dass die LRAIC den für die Preis-Kosten-Analyse am besten geeigneten Kostenmaßstab bildeten. Bei der Berechnung der LRAIC berücksichtigte die Kommission zum einen die Herstellungskosten, die je nach Menge der produzierten Chips variierten und somit die relevante variable Komponente der LRAIC darstellten (Abschnitt 12.6.2 des Beschlusses), und zum anderen die FuE‑Kosten von Qualcomm, wie sie in der Datenbank zu den FuE‑Kosten von Qualcomm [vertraulich] verbucht waren, wodurch der größte feste Bestandteil der Grenzkosten für die Herstellung eines Chips erfasst wurde (Abschnitt 12.6.3 des Beschlusses). Die Kommission fügte hinzu, dass andere Arten von Fixkosten, wie die Vertriebskosten, nicht einbezogen worden seien, weshalb die von ihr errechneten LRAIC unter den ATC von Qualcomm lägen.

408    Angesichts der vom Unionsrichter in diesem Bereich aufgestellten Kriterien seien die LRAIC im vorliegenden Fall der Kostenmaßstab, der sich am besten eigne, um den Mindestkostendeckungsgrad für Qualcomm in Bezug auf die fraglichen Produkte zu berechnen. Da es sich bei Qualcomm um ein Unternehmen handle, das verschiedene Produkte anbiete und Verbundvorteile nutzen könne, könnten mehrere Produkte die gleichen Produktionstätigkeiten erfordern, so dass sich die Zahl der gelieferten Produkte nicht auf die relevanten Kosten auswirke (im Folgenden: Gemeinkosten). Folglich würden diese Kosten im Rahmen der LRAIC nicht berücksichtigt, da die LRAIC nur die Produktionskosten enthielten, die den untersuchungsgegenständlichen Produkten eigen seien. Daher liege auch der Durchschnitt aller von Qualcomm getragenen variablen und fixen Kosten im Zusammenhang mit der Herstellung eines spezifischen Produkts, d. h. die LRAIC, für jedes Produkt unter den ATC.

409    Die Kommission vertritt im angefochtenen Beschluss die Auffassung, dass die Aussage, die LRAIC lägen für jedes Produkt unter den ATC, nicht dadurch in Frage gestellt werde, dass jeder Chip möglicherweise Übertragungseffekte im Bereich FuE zugunsten künftiger Chips auslöse oder von diesen profitiere. Die Übertragungseffekte, von denen ein konkreter Chip profitiere, würden möglicherweise in etwa ausgeglichen durch die Übertragungseffekte, die dieser Chip selbst wieder zugunsten künftiger Chips auslöse. Daher seien die FuE‑Kosten für einen Chip nicht um die Übertragungseffekte reduziert worden, die dieser Chip möglicherweise zugunsten künftiger Chips auslöse. In Bezug auf die Chips MDM8200 und MDM8200A habe die Kommission ihre Aufteilung der Entwicklungskosten jedoch angepasst, da sie berücksichtigt habe, dass den Akten zufolge der MDM8200-Chip viel mehr Übertragungseffekte für den MDM8200A-Chip ausgelöst habe, als ihm selbst zugutegekommen seien.

410    Konkret stützte sich die Kommission bei der Berechnung der AVC auf den Parameter der „durchschnittlichen Stückkosten“, die den Angaben von Qualcomm entnommen wurden und nach zwei Buchführungskriterien dargestellt werden konnten: Das erste Kriterium entsprach den durchschnittlichen Stückkosten der in einem bestimmten Quartal verkauften Chips und das zweite Kriterium entsprach den Stückkosten der Chips, die Qualcomm (bei Fertigungsbetrieben) im Lauf eines bestimmten Quartals gekauft hatte. Ursprünglich hatte die Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte das erste Kriterium angewandt. Später verwendete sie in der ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte und im angefochtenen Beschluss das zweite Kriterium, wobei sie einige Anpassungen vornahm, die vor allem dazu dienten, ein Problem bei der Bestandsbuchführung zu lösen.

411    Bei der Berechnung der FuE‑Kosten, die Qualcomm für jeden Chip entstanden, bezeichnete die Kommission dagegen bestimmte Kostenelemente in der [vertraulich], die Qualcomm zur Verbuchung und Zuordnung bestimmter Fixkosten zu einzelnen Chips verwendete, als „inkrementell“ in Bezug auf den betreffenden Chip. Die Bezeichnung als „inkrementell“ erfolgte auf der Grundlage eines internen Dokuments von Qualcomm, in dem dieser Begriff verwendet worden war, und zwar in der internen Präsentation „[vertraulich]“ in Bezug auf [vertraulich] (im Folgenden: der [vertraulich]), sowie basierend auf Erklärungen von Qualcomm im Rahmen des Verwaltungsverfahrens, die die Kostenkategorien betrafen, die in diesem Dokument als „inkrementell“ angesehen worden seien.

 Zum ersten Teil: Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit und den Grundsatz in dubio pro reo

412    Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe den Grundsatz der Rechtssicherheit, den Grundsatz der Unschuldsvermutung und den Grundsatz in dubio pro reo verletzt, als sie zwei unterschiedliche Ansätze – zum einen Top-down und zum anderen Bottom-up – verwendet habe, um die Gesamtinvestitionen von Qualcomm im Bereich FuE zum einen in der Mitteilung der Beschwerdepunkte und zum anderen in der ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte und im angefochtenen Beschluss zu bewerten. Insbesondere habe die Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte eingeräumt, dass die [vertraulich] für eine Preis-Kosten-Analyse ungeeignet sei. Dessen ungeachtet habe die Kommission in der ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte und im angefochtenen Beschluss Daten aus dieser Datenbank verwendet, und die darin angewandte Methode führe zu Margen, die sich zwischen Chips und von Quartal zu Quartal stark von den Margen in der Mitteilung der Beschwerdepunkte unterschieden.

413    Da in der Mitteilung der Beschwerdepunkte zum einen sowie der ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte und dem angefochtenen Beschluss zum anderen unterschiedliche Methoden verwendet worden seien, habe die Klägerin, als sie ihre relevanten Entscheidungen in Bezug auf die Preisgestaltung für Chips und FuE‑Investitionen getroffen habe, nicht vorhersehen können, welche Methode die Kommission letztlich verwenden werde und zu welchen Ergebnissen sie gelangen werde. Selbst die Kommission sei nach einer Untersuchung von mehr als fünf Jahren nicht in der Lage gewesen, die grundlegenden Elemente der schließlich im angefochtenen Beschluss verwendeten Methode oder ihre Ergebnisse vorherzusehen.

414    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

415    Vorab ist in Übereinstimmung mit den Ausführungen oben in den Rn. 364 bis 366 festzustellen, dass die Vorwürfe der Klägerin zum Verstoß gegen den Grundsatz der Unschuldsvermutung und den Grundsatz in dubio pro reo als unzulässig anzusehen sind, da sie nicht hinreichend substantiiert sind, um ihre Begründetheit beurteilen zu können.

416    Zudem ist als Erstes zum Vorbringen der Klägerin, mit dem diese im Wesentlichen geltend macht, in der Mitteilung der Beschwerdepunkte zum einen sowie der ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte und dem angefochtenen Beschluss zum anderen seien unterschiedliche Methoden verwendet worden, darauf hinzuweisen, dass nach der oben in Rn. 146 angeführten Rechtsprechung bis zum Erlass einer endgültigen Entscheidung die Kommission in Anbetracht insbesondere der schriftlichen oder mündlichen Äußerungen der Beteiligten entweder einzelne oder auch sämtliche bis dahin gegen diese erhobenen Beschwerdepunkte fallen lassen und damit ihre Auffassung zugunsten der Beteiligten ändern kann oder umgekehrt beschließen kann, neue Beschwerdepunkte hinzuzufügen, sofern sie den betreffenden Unternehmen Gelegenheit gibt, hierzu Stellung zu nehmen. Dies gilt ebenso für die Methode, die die Kommission in ihrer Preis-Kosten-Analyse verwendet.

417    Es ist nämlich daran zu erinnern, dass nach ständiger Rechtsprechung der Grundsatz der Rechtssicherheit zwar verlangt, dass Rechtsvorschriften klar und bestimmt sein müssen und die unter das Unionsrecht fallenden Tatbestände und Rechtsbeziehungen voraussehbar sein müssen (vgl. Urteil vom 15. September 2005, Irland/Kommission, C‑199/03, EU:C:2005:548, Rn. 69 und die dort angeführte Rechtsprechung; Urteil vom 29. März 2012, Spanien/Kommission, T‑398/07, EU:T:2012:173, Rn. 107), doch ergibt sich aus der vorläufigen Natur der Methode, die in der Mitteilung der Beschwerdepunkte zur Bestimmung des für die Preis-Kosten-Analyse am besten geeigneten Kostenmaßstabs verwendet wurde, dass der endgültige Beschluss der Kommission nicht allein deshalb für nichtig erklärt werden kann, weil die Ergebnisse im Zusammenhang mit der Anwendung einer anderen Methode in der ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte und im angefochtenen Beschluss nicht mit den Ergebnissen identisch sind, die bei der ursprünglich in der Mitteilung der Beschwerdepunkte vorgesehenen Methode erzielt worden wären (vgl. entsprechend Urteil vom 5. Dezember 2013, SNIA/Kommission, C‑448/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:801, Rn. 43).

418    Zudem bestreitet die Klägerin im vorliegenden Fall nicht, dass sie im Verwaltungsverfahren und insbesondere nach dem Versand der ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte Gelegenheit hatte, sich zu der im angefochtenen Beschluss anzuwendenden Methode zu äußern.

419    Darüber hinaus begnügt sich die Klägerin mit dem Hinweis auf den „Top-down“- und „Bottom-up“-Charakter der von der Kommission angewandten Methoden sowie auf einen Unterschied zwischen den erforderlichen Margen zwischen Chips und von Quartal zu Quartal, ohne – abgesehen von einem Verweis auf ihre im Verwaltungsverfahren eingereichten und der Klageschrift beigefügten Schriftsätze – näher darzulegen, was genau der Unterschied zwischen dem „Top-down“- und dem „Bottom-up“-Ansatz ist und welche praktischen Auswirkungen diese Ansätze haben. Insoweit ist mit der Kommission festzustellen, dass die Methode, die im angefochtenen Beschluss (und in der ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte) angewandt wurde, auf den tatsächlichen FuE‑Kosten beruht, die Qualcomm selbst für jeden Chip verbucht hat. Aus diesem Grund war die Kommission der Ansicht, dass diese Methode die FuE‑Kosten, die tatsächlich bei der Entwicklung jedes Chips anfielen, getreuer abbilde als die Methode, die in der Mitteilung der Beschwerdepunkte angewandt worden war.

420    Selbst wenn man daher annimmt, dass die von der Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte angewandten Analysemethoden und die von ihr in der ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte und im angefochtenen Beschluss angewandten Analysemethoden zu unterschiedlichen Ergebnissen führen, wie die Klägerin behauptet, lässt dies im vorliegenden Fall nicht den Schluss zu, dass die Kommission einen Fehler beging, als sie im angefochtenen Beschluss eine Methode anwandte, die auf den tatsächlichen FuE‑Kosten beruhte, die Qualcomm selbst für jeden Chip verbucht hatte. Das Argument kann daher nicht durchgreifen.

421    Was als Zweites das ausschließlich zur Stützung des behaupteten Verstoßes gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit geltend gemachte Vorbringen der Klägerin betrifft, sie habe, als sie ihre Entscheidungen über den Preis der Chips und die FuE‑Investitionen getroffen habe, nicht wissen können, welche Methode die Kommission zur Festlegung des relevanten Kostenmaßstabs verwenden werde, hatte die Kommission in der ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte erläutert, dass die Berechnung der LRAIC geändert worden sei, um Einwänden der Klägerin Rechnung zu tragen, die diese in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte zu der in der Mitteilung der Beschwerdepunkte vorgenommenen Berechnung der LRAIC vorgebracht habe.

422    Insoweit ist festzustellen, dass zwar die Berücksichtigung der Kosten des beherrschenden Unternehmens es diesem erlaubt, angesichts der besonderen Verantwortung, die ihm nach Art. 102 AEUV obliegt, die Rechtmäßigkeit seines eigenen Verhaltens zu beurteilen, und somit im Einklang mit dem allgemeinen Grundsatz der Rechtssicherheit steht (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 14. Oktober 2010, Deutsche Telekom/Kommission, C‑280/08 P, EU:C:2010:603, Rn. 202, und vom 17. Februar 2011, Teliasonera Sverige, C‑52/09, EU:C:2011:83, Rn. 44), dies jedoch nicht dazu führt, dass die Kommission keine Anpassungen vornehmen kann, die auf den Preis- und Kostenaufstellungen des beherrschenden Unternehmens sowie allen sonstigen von ihm bereitgestellten relevanten Informationen beruhen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 30. Januar 2007, France Télécom/Kommission, T‑340/03, EU:T:2007:22, Rn. 131 bis 137; vom 10. April 2008, Deutsche Telekom/Kommission, T‑271/03, EU:T:2008:101, Rn. 208 bis 211, und vom 13. Dezember 2018, Slovak Telekom/Kommission, T‑851/14, EU:T:2018:929, Rn. 220 bis 235).

423    Folglich verlangt der Grundsatz der Rechtssicherheit nicht, dass dem beherrschenden Unternehmen detaillierte Prognosen vorliegen, welche Methode die Kommission zur Berechnung seiner Kosten genau anwenden wird. Die von der Kommission gewählte Methode muss nämlich den besonderen Umständen des Einzelfalls und insbesondere den Informationen Rechnung tragen, die ihm das beherrschende Unternehmen zur Verfügung stellt.

424    Nach alledem ist der erste Teil des siebten Klagegrundes zurückzuweisen.

 Zum zweiten Teil: Rüge, das LRAICKriterium sei kein angemessener Kostenmaßstab

425    Nach Ansicht der Klägerin hätte die Kommission davon ausgehen müssen, dass die AVC oder die durchschnittlichen vermeidbaren Kosten (average avoidable costs, im Folgenden: AAC) und nicht die LRAIC der angemessenste Kostenmaßstab für die Preis-Kosten-Analyse in der vorliegenden Rechtssache seien.

426    Als Erstes basierten die Preisentscheidungen auf den Wettbewerbsbedingungen, wie sie zu einem Zeitpunkt vorgelegen hätten, zu dem die FuE‑Kosten von Qualcomm bereits „versunken“ (sunk costs) gewesen seien, d. h. die Kosten hätten nicht mehr vermieden werden können. Preise unterhalb der LRAIC ermöglichten häufig eine kurzfristige Gewinnmaximierung und brächten keine Gewinneinbußen mit sich.

427    Als Zweites seien die LRAIC für eine statische Welt konzipiert, da sie auf ein bestimmtes Produkt ausgerichtet seien und bisherige oder künftige verwandte Produkte nicht berücksichtigt würden. In einem dynamischen Sektor wie dem Halbleitersektor mit zeitübergreifenden Übertragungseffekten sei ihre Verwendung jedoch nicht angemessen.

428    Als Drittes habe der Umstand, dass die Missbrauchsvorwürfe in der vorliegenden Rechtssache äußerst begrenzt seien (nur der Verkauf von drei Chips an zwei Kunden in einigen Quartalen sei betroffen) nämlich zur Folge, dass die „echten“ LRAIC den AAC oder AVC entsprächen oder sehr nah daran lägen.

429    Die Kommission sei insoweit zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Produkte des relevanten Marktes lediglich geringe Grenzkosten oder variable Kosten verursacht hätten, obwohl sie selbst mehrfach erklärt habe, dass die AVC ein wichtiger Wettbewerbsparameter seien.

430    Als Viertes sei die Entscheidung der Kommission, ihre Analyse auf die LRAIC und nicht auf die ATC zu stützen, entgegen dem Vorbringen der Kommission nicht günstiger für die Klägerin. Es sei unwahrscheinlich, dass die – korrekt berechneten – ATC höher seien als die LRAIC, da die LRAIC auch Gemeinkosten umfassten, ihre Einnahmen aus dem Patentlizenzgeschäft außer Acht ließen und nachträglich manipuliert worden seien, was die LRAIC des MDM8200A-Chips erheblich aufgebläht habe.

431    Die Kommission und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

432    Vorab ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht, wenn bei ihm gemäß Art. 263 AEUV eine Klage auf Nichtigerklärung einer Entscheidung gemäß Art. 102 AEUV erhoben wird, grundsätzlich aufgrund der vom Kläger zur Stützung seiner Klagegründe vorgelegten Beweise eine umfassende Prüfung der Frage vorzunehmen hat, ob die Tatbestandsmerkmale der Wettbewerbsvorschriften erfüllt sind, und bei dieser Kontrolle nicht auf den Wertungsspielraum verweisen kann, über den die Kommission aufgrund der ihr im Bereich der Wettbewerbspolitik durch den EU-Vertrag und den AEU-Vertrag übertragenen Rolle verfügt, um von einer eingehenden rechtlichen wie tatsächlichen Kontrolle abzusehen (vgl. entsprechend Urteil vom 11. September 2014, MasterCard u. a./Kommission, C‑382/12 P, EU:C:2014:2201, Rn. 155 und 156).

433    Außerdem ist der Umstand, dass die Kommission eine Methode verwendete, die auf Preisen oberhalb der AVC und unterhalb der ATC beruhte, nur eine Folge der Rechtsprechung. Dem Gerichtshof zufolge sind nämlich Preise, die unter den AVC liegen und mit deren Hilfe ein beherrschendes Unternehmen versucht, einen Konkurrenten auszuschalten, als missbräuchlich anzusehen. Ein beherrschendes Unternehmen hat nämlich nur dann ein Interesse, derartige Preise zu praktizieren, wenn es seine Konkurrenten ausschalten will, um danach unter Ausnutzung seiner Monopolstellung seine Preise wieder anzuheben, denn jeder Verkauf bringt für das Unternehmen einen Verlust in Höhe seiner gesamten Fixkosten (d. h. der Kosten, die ungeachtet der produzierten Mengen konstant bleiben) und zumindest eines Teils der variablen Kosten je produzierte Einheit mit sich. Auch Preise, die unter den ATC – d. h. Fixkosten plus variable Kosten –, jedoch über den AVC liegen, sind als missbräuchlich anzusehen, wenn sie im Rahmen eines Plans festgesetzt wurden, der die Ausschaltung eines Konkurrenten zum Ziel hat. Diese Preise können nämlich Unternehmen vom Markt verdrängen, die vielleicht ebenso leistungsfähig sind wie das beherrschende Unternehmen, wegen ihrer geringeren Finanzkraft jedoch nicht dem auf sie ausgeübten Konkurrenzdruck standhalten können (Urteil vom 3. Juli 1991, AKZO/Kommission, C‑62/86, EU:C:1991:286, Rn. 71 und 72).

434    Diese Rechtsprechung ist in mehreren späteren Urteilen bestätigt worden, in denen durchgängig zum einen festgestellt worden ist, dass Preise, die unter den AVC liegen, grundsätzlich als missbräuchlich anzusehen sind, da bei einem Unternehmen in beherrschender Stellung davon auszugehen ist, dass es mit der Anwendung solcher Preise kein anderes wirtschaftliches Ziel als die Ausschaltung seiner Mitbewerber verfolgt. Zum anderen sind Preise, die unter den ATC, jedoch über den AVC liegen, nur dann als missbräuchlich anzusehen, wenn sie im Rahmen eines Plans zur Verdrängung eines Mitbewerbers festgesetzt werden (Urteile vom 14. November 1996, Tetra Pak/Kommission, C‑333/94 P, EU:C:1996:436, Rn. 41, und vom 2. April 2009, France Télécom/Kommission, C‑202/07 P, EU:C:2009:214, Rn. 109).

435    Im Licht der auf das Urteil vom 3. Juli 1991, AKZO/Kommission (C‑62/86, EU:C:1991:286, Rn. 71 und 72), zurückgehenden Rechtsprechung war die Kommission somit im vorliegenden Fall bei der Feststellung des Missbrauchs einer beherrschenden Stellung verpflichtet, zum einen festzustellen, dass die Preise der Klägerin unter den ATC lagen, und zum anderen zu beweisen, dass die Klägerin die Absicht hatte, einen Mitbewerber auszuschließen. Wie oben in den Rn. 408 und 409 dargelegt, stellte die Kommission im angefochtenen Beschluss fest, dass die LRAIC von Qualcomm für jedes Produkt unter ihren ATC lägen.

436    Insoweit ist entgegen dem Vorbringen der Klägerin im Rahmen ihrer vierten Rüge festzustellen, dass es im Wesentlichen ausgeschlossen ist, dass die ATC unter den LRAIC liegen, da die ATC u. a. alle Gemeinkosten beinhalten, während die LRAIC nur die mit den betreffenden spezifischen Produkten verbundenen Kosten erfassen. Selbst wenn die Kommission bestimmte Gemeinkosten zu Unrecht als produktspezifische Kosten angesehen hätte, könnte die Klägerin nämlich nicht mit Erfolg geltend machen, dass die LRAIC höher sein könnten als die ATC.

437    Zudem ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission in Abschnitt 12.7.5.2 des angefochtenen Beschlusses die ATC berechnete und feststellte, dass sie höher seien als die LRAIC. Qualcomm hat diesen Abschnitt nicht in Frage gestellt und auch keine andere Berechnungsmethode vorgeschlagen. Somit kann, da die LRAIC für die Klägerin günstiger sind als die ATC, nicht beanstandet werden, dass die Kommission für ihre Preis-Kosten-Analyse die LRAIC und nicht die ATC verwendete. Wie zudem die Streithelferin zu Recht hervorhebt, musste die Kommission nicht feststellen, ob die Preise der Klägerin auch unter den AVC oder den LRAIC lagen, da sie sich dafür entschieden hatte, zu prüfen, ob Qualcomm die Absicht hatte, einen Mitbewerber auszuschließen. Daraus folgt, dass die vierte Rüge der Klägerin keinen Erfolg haben kann.

438    Was die drei anderen Rügen betrifft, mit denen die Klägerin geltend macht, dass die LRAIC als Kostenmaßstab ungeeignet seien, ist mit der Kommission darauf hinzuweisen, dass eine Preisberechnung, die ausschließlich auf den variablen Kosten beruht, ungeeignet ist, um das Vorliegen von Verdrängungspreisen in einem Sektor festzustellen, in dem, wie insbesondere aus den Erwägungsgründen 109 bis 119 und 280 bis 284 des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, die FuE‑Tätigkeiten und die starke Präsenz geistiger Eigentumsrechte erhöhte FuE‑Kosten mit sich bringen, die bei einer nur auf variablen Kosten beruhenden Berechnung nicht berücksichtigt wären.

439    Insbesondere wird nicht bestritten, dass, wie die Kommission im 787. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ausführte, die Halbleiterindustrie durch geringe variable Kosten (z. B. im Zusammenhang mit der Herstellung von Chips) und hohe Fixkosten (z. B. im Zusammenhang mit den erforderlichen FuE‑Investitionen für die Konzeption und Entwicklung von Chips) gekennzeichnet ist, die zum Zeitpunkt der Vermarktung der Produkte größtenteils versunken sind. Würden die produktspezifischen versunkenen Kosten, wie z. B. FuE‑Investitionen, nicht berücksichtigt, wäre für Kosten, die im Zusammenhang mit dem Markteintritt und dem Wettbewerb auf dem Markt entstehen, der Markt nicht realistisch abgebildet, so dass es sehr schwierig, wenn nicht gar unmöglich wäre, einen Fall der Verdrängung mit dem Ziel der Ausschaltung eines Mitbewerbers aufzudecken.

440    Da die LRAIC die produktspezifischen fixen und variablen Kosten umfassen, die sowohl vor als auch während des Zeitraums des missbräuchlichen Verhaltens anfielen, sind sie der Kostenmaßstab, der im vorliegenden Fall am besten geeignet war, um den Mindestkostendeckungsgrad in Bezug auf die untersuchungsgegenständlichen Produkte zu berechnen (780. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

441    Darüber hinaus kann dem Argument der Klägerin, der Verkauf zu einem Preis oberhalb der AVC, jedoch unterhalb der LRAIC könne eine kurzfristige Gewinnmaximierung darstellen, nicht gefolgt werden. Es ist nämlich in Übereinstimmung mit der Kommission festzustellen, dass nach der einschlägigen Rechtsprechung ein Preis, der über den AVC, jedoch unter den ATC liegt (die im vorliegenden Fall über den LRAIC liegen), nur dann missbräuchlich ist, wenn damit die Absicht verfolgt wird, einen Mitbewerber auszuschließen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. Juli 1991, AKZO/Kommission, C‑62/86, EU:C:1991:286, Rn. 71 und 72). Wie im 785. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses dargelegt, hat die Kommission genau das nachgewiesen. Die Klägerin wandte nämlich zum einen Preise an, die unter den LRAIC lagen, und zum anderen verfolgte sie damit den Plan, Icera auszuschließen. Folglich wird durch das Vorbringen, dass mit Preisen oberhalb der AVC legitime Zwecke verfolgt werden könnten, lediglich die von der einschlägigen Rechtsprechung vorgenommene Differenzierung anerkannt und nicht nachgewiesen, dass die LRAIC im vorliegenden Fall als Kostenmaßstab ungeeignet seien.

442    Was die Behauptung der Klägerin betrifft, die LRAIC seien im vorliegenden Fall ein ungeeigneter Kostenmaßstab, da die Zuwiderhandlung nur von begrenzter Tragweite sei, ist festzustellen, dass in Bezug auf eine Verdrängungspraxis mit einer Dauer von zwei Jahren in einem Sektor, der, wie die Klägerin selbst bestätigt hat (vgl. u. a. Rn. 333 und 337 der Antwort der Klägerin auf die ergänzende Mitteilung der Beschwerdepunkte, Anlagen A.2.2 und A.2.4 der Klageschrift sowie Rn. 715 bis 723 der Antwort der Klägerin auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte), durch kurze Innovationszyklen gekennzeichnet ist, die hohe FuE‑Investitionen erfordern, das Außerachtlassen jeglicher Kosten im Zusammenhang mit der Entwicklung der Produkte, auf die sich die mutmaßliche Verdrängungspraxis bezieht, dazu führen würde, dass ein erheblicher Teil der Kosten, die sowohl die Preisentscheidungen des beherrschenden Unternehmens als auch diejenigen seiner Konkurrenten bestimmen, unberücksichtigt bliebe. Wenn es tatsächlich zuträfe, dass, wie die Klägerin behauptet, in Sektoren mit „hoher FuE‑Intensität“ Unternehmen die optimalen Preise auf einem Niveau festlegen könnten, das keine Deckung sämtlicher, mit einem bestimmten Produkt verbundener FuE‑Kosten ermöglicht, würde dies die Rentabilität ihrer Aktivitäten ernsthaft in Frage stellen. Diese Kosten spielen jedoch eine wichtige Rolle bei der Strategie der Preisgestaltung, vor allem auf Märkten, die durch eine rasche Abfolge von Produkten gekennzeichnet sind, bei der ältere Produkte innerhalb relativ kurzer Zeit durch innovativere Produkte ersetzt werden. Dabei hat der Umstand, dass eine FuE‑Aktivität von früheren Ergebnissen profitieren kann bzw. künftige Entwicklungen oder Entdeckungen erleichtern kann, nicht zur Folge, dass diese Investitionen nicht berücksichtigt werden können, sondern, dass die Kosten sorgfältig zwischen verschiedenen Produkten aufzuteilen sind.

443    Im Licht dieser Erwägungen sind die Rügen der Klägerin zu der von ihr behaupteten Ungeeignetheit der LRAIC als Kostenmaßstab zurückzuweisen. Denn auch wenn die Kommission im Bereich der Wettbewerbspolitik über einen Wertungsspielraum verfügt, der Gegenstand einer eingehenden rechtlichen wie tatsächlichen Kontrolle durch das Gericht ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. September 2014, MasterCard u. a./Kommission, C‑382/12 P, EU:C:2014:2201, Rn. 156), lässt das Vorbringen der Klägerin nicht den Schluss zu, dass die Kommission einen Fehler beging, als sie sich dafür entschied, nicht die AVC oder AAC als Kostenmaßstab zu verwenden.

444    Nach alledem ist der zweite Teil des siebten Klagegrundes zurückzuweisen.

 Zum dritten Teil: Rüge, die von der Kommission errechneten LRAIC entsprächen nicht den „echten“ LRAIC

445    Die Klägerin stützt den dritten Teil auf acht Rügen.

446    Als Erstes wirft sie der Kommission vor, bei der Definition der LRAIC einen Fehler begangen zu haben, da nicht berücksichtigt worden sei, dass aufgrund der Übertragungseffekte von einem Chip auf den anderen die Kosten, die für diese Klassifikation in Betracht kämen, aufgrund ihrer unspezifischen Natur nicht einem bestimmten Chip zugeordnet werden könnten und deshalb gar nicht in die Berechnung der LRAIC einbezogen werden könnten.

447    Als Zweites beanstandet die Klägerin einen Widerspruch zwischen den Begründungen, die die Kommission in der ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte für ihre Berechnungen angegeben habe, und den entsprechenden Begründungen im angefochtenen Beschluss. In der ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte berufe sich die Kommission darauf, dass die in der Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte festgestellten „durch das Buchführungssystem verursachten Verzerrungen“ beseitigt werden müssten, während sie im angefochtenen Beschluss behaupte, es müsse auf die erhobenen Kritikpunkte eingegangen werden. Die Klägerin beanstandet insbesondere, dass die Rekonstruktion der AVC durch die Kommission im angefochtenen Beschluss zu kompliziert sei und die Kommission den Parameter der durchschnittlichen Stückkosten (average unit costs, im Folgenden: AUC) in ihren Berechnungen nicht angepasst habe, was im Widerspruch zu der Methode stehe, die sie in ihren Antworten auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte und die ergänzende Mitteilung der Beschwerdepunkte befürwortet habe.

448    Als Drittes macht die Klägerin geltend, die [vertraulich] sei nicht geeignet, um ihre inkrementellen FuE‑Kosten zu ermitteln, da die [vertraulich] nur für die interne Verwaltung und die Buchführung verwendet werde und nicht für die Analyse der Kommission entwickelt oder angepasst worden sei.

449    Als Viertes beanstandet die Klägerin, die Kommission habe bestimmte, in der [vertraulich] verbuchte Kosten, nämlich die Kosten der Kategorien [vertraulich] und [vertraulich], als „inkrementelle“ Kosten behandelt, obwohl es sich nicht um inkrementelle Kosten handle, da sie nur aus Gründen der [vertraulich] Zuordnung einem bestimmten Chip zugewiesen worden seien und nicht, weil sie speziell mit diesem Chip verbunden seien.

450    Hierzu trägt die Klägerin erstens vor, es sei zu unterscheiden zwischen Kosten, die einem Chip direkt zugeordnet würden, und Kosten, die durch nachträgliche Zuweisung zugeordnet würden, d. h. bei Letzteren erfolge die Zuordnung nicht deshalb, weil davon ausgegangen werde, dass sie mit einem bestimmten Chip verbunden seien, sondern nur aufgrund eines einfachen internen Zuweisungsmechanismus. Der Klägerin zufolge hätten die Mitarbeiter von QCT [vertraulich].

451    Somit seien Hardwarekosten, die nicht direkt einem Chip zugeordnet würden, d. h. die [vertraulich] in der Kategorie [vertraulich], die [vertraulich].

452    Ebenso ergäben sich Softwarekosten ab September 2009 aus [vertraulich].

453    Angesichts der Besonderheiten von FuE im Halbleitersektor sei es selbst bei den in der [vertraulich] direkt bei einem Chip verbuchten Kosten möglich, dass sie nicht wirklich spezifisch für diesen Chip seien. Nach Ansicht der Klägerin hätte die Kommission jedenfalls keine Verdrängung feststellen können, wenn sie nur die einem Chip direkt zugeordneten FuE‑Kosten als „inkrementelle“ oder „produktspezifische“ Kosten angesehen hätte.

454    Konkret liefere die Kommission keine stichhaltige Begründung in Bezug auf die Einstufung der Kosten der Kategorien [vertraulich] und [vertraulich] als „inkrementell“ und beschränke sich darauf, zum einen die Verwendung des englischen Wortes „incremental“ in einem einzigen, ihr vorliegenden Dokument von Qualcomm, nämlich dem [vertraulich], anzuführen und zum anderen sich auf Erläuterungen zu berufen, die Qualcomm im Verwaltungsverfahren abgegeben habe, was beweise, dass sie keine unabhängige Bewertung vorgenommen habe.

455    Zweitens macht die Klägerin in Bezug auf den [vertraulich], den die Kommission verwendet habe, um unter den Kategorien der von der Klägerin getragenen Kosten die Kategorie der inkrementellen Kosten zu ermitteln, geltend, dass sich dieses Dokument auf einen bestimmten Chip bezogen habe, den [vertraulich], der nicht Gegenstand der Untersuchung sei, nicht im selben Zeitraum wie die untersuchungsgegenständlichen Chips entwickelt worden sei und im Gegensatz zu diesen kein „Slim“-Modem sei. Andererseits enthielten mehrere im Besitz der Kommission befindliche Dokumente, einschließlich derjenigen, die die untersuchungsgegenständlichen Chips beträfen, keinen Hinweis auf inkrementelle Kosten.

456    Zudem sei der [vertraulich] auf April 2011 datiert, d. h. die wichtigsten Entscheidungen über FuE‑Investitionen in Bezug auf die betreffenden Chips seien vor diesem Zeitpunkt getroffen worden.

457    Darüber hinaus verkenne die Kommission im 847. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses eine im [vertraulich] enthaltene Stelle, an der sich ein Verweis auf die als „inkrementell“ eingestuften FuE‑Kosten befinde, und lege sie falsch aus. Nach Ansicht der Klägerin hätte die Kommission auch den in jenem Dokument enthaltenen Verweis auf den Begriff „inkrementelle Portfoliomarge“ berücksichtigen müssen, was ein besseres Verständnis des englischen Wortes „incremental“ ermöglicht hätte. Außerdem macht die Klägerin geltend, sie habe niemals erklärt, dass, wie die Kommission im 848. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses behaupte, der Ausdruck [vertraulich] bei Qualcomm allgemeiner verwendet werde als in diesem Dokument.

458    Drittens habe sie mehrfach erklärt, dass mehr als [vertraulich] der [vertraulich] USD, die zu Unrecht bei den Kosten [vertraulich] und [vertraulich] verbucht worden seien und von der Kommission als „inkrementell“ für die Chips MDM8200 und MDM8200A angesehen worden seien, in Wirklichkeit mit der Entwicklung von [vertraulich] zusammenhingen, die in keinerlei Hinsicht spezifisch für einen Chip sei. Insoweit, [vertraulich], weise darauf hin, dass [vertraulich], was belege, dass diese [vertraulich] USD nicht spezifisch für einen bestimmten Chip seien.

459    Zudem seien die Begründungen, mit denen ihre dazu vorgetragenen Argumente im angefochtenen Beschluss zurückgewiesen worden seien, nicht plausibel.

460    Als Fünftes beanstandet die Klägerin, die Kommission habe einen Fehler begangen, als sie Qualcomms Einnahmen aus dem Patentlizenzgeschäft nicht berücksichtigt habe. Sie macht im Wesentlichen geltend, die Kommission hätte die mit den betreffenden Chips verbundenen FuE‑Kosten ausschließen müssen, da sie im Zusammenhang mit der Erlangung von Patenten entstanden seien, die Qualcomm in ihr Portfolio lizenzierter Patente aufgenommen habe, und somit nicht als spezifisch für die betreffenden Chips angesehen werden könnten. Die Kommission habe zu Unrecht die Auffassung vertreten, dass zum einen [vertraulich] und zum anderen die durch diese Lizenzen erzielten inkrementellen Einnahmen nicht den geringsten messbaren Einfluss auf die Einnahmen aus dieser Tätigkeit haben könnten.

461    Dagegen habe die Kommission in Fn. 1238 des angefochtenen Beschlusses selbst festgestellt, dass [vertraulich]. Es gehe nicht darum, ob die Einnahmen aus dem Patentlizenzgeschäft mehr oder weniger messbare Auswirkungen auf die Einnahmen aus dem Technologielizenzgeschäft haben könnten. Vielmehr sei zu prüfen, ob die fragliche FuE wirklich „inkrementell“ im Hinblick auf die drei betreffenden Chips sei und zu Patenten führe, die anschließend angemeldet würden, mit der Folge, dass diese FuE nicht spezifisch für diese Chips sei.

462    Ebenso wenig könne man einen direkten Zusammenhang zwischen den betreffenden Chips und den Softwarepatenten herstellen, da die mit den Softwarepatenten verbundenen Kosten nicht direkt mit einem bestimmten Chip verbunden seien.

463    Als Sechstes macht die Klägerin geltend, der angefochtene Beschluss stütze sich auf einen Auszug aus dem [vertraulich], der keine der dort genannten Kosten bestimmten Kunden zuordne. Dennoch sei die Kommission der Ansicht, dass es sich bei den mit der Entwicklung der betreffenden Chips verbundenen FuE‑Kosten um „inkrementelle“ Kosten für Huawei und ZTE gehandelt habe. Eine Preis-Kosten-Analyse, die sich nur auf Huawei und ZTE beziehe, müsse jedoch alle FuE‑Kosten ausschließen, was letztlich für die Verwendung der AVC oder AAC spreche.

464    Insbesondere lasse sich erstens aus dem Umstand, dass die Verkäufe an andere Kunden als ZTE und Huawei die Entwicklung der fraglichen Chips nicht gerechtfertigt hätten, nicht folgern, dass die Verkäufe an Huawei und ZTE ausgereicht hätten, um die Entwicklung dieser Chips zu rechtfertigen. Zweitens habe die Kommission in den Erwägungsgründen 131, 132 und 354 des angefochtenen Beschlusses selbst eingeräumt, dass der MDM8200-Chip in Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen als ZTE und Huawei entwickelt worden sei. Drittens werde die Behauptung, dass die mit dem MDM8200A-Chip verbundene FuE als spezifisch für ZTE und Huawei anzusehen sei, schwerlich durch die Daten zu den Verkäufen des MDM8200A-Chips an ZTE und Huawei gestützt, wie sie im 980. Erwägungsgrund und in der Tabelle 58 des angefochtenen Beschlusses wiedergegeben seien. Viertens stützten die von der Kommission in Fn. 1277 des Beschlusses genannten Dokumente keinesfalls die Auffassung der Kommission. Fünftens sei Qualcomm [vertraulich].

465    Als Siebtes beanstandet die Klägerin, die Kommission habe nachträgliche Manipulationen vorgenommen, indem sie die in der [vertraulich] erfassten Kosten anderen Chips zugeordnet habe, u. a. durch Zuweisung der Kosten des MDM8200-Chips an den MDM8200A-Chip, wodurch die LRAIC für den MDM8200A-Chip von [vertraulich] auf [vertraulich] USD gestiegen seien; nach Auffassung der Klägerin lägen die Preise für den MDM8200A-Chip ohne diese Manipulation nicht unterhalb der Kosten. Die Klägerin macht erstens im Wesentlichen geltend, es sei unstreitig, dass Qualcomm die Entscheidung, den MDM8200A-Chip zu entwickeln, unabhängig von und nach ihrer Entscheidung, den Chip MDM8200 zu entwickeln, getroffen habe und die beiden Chips kein gemeinsames Projekt gewesen seien, wie sich aus der Tabelle in Buchst. a des 880. Erwägungsgrundes des angefochtenen Beschlusses ergebe.

466    Zweitens weist die Klägerin darauf hin, dass sie zahlreiche Chips nach dem MDM8200-Chip und dem MDM8200A-Chip entwickelt habe, die ebenfalls mit der HSPA+-Technologie und fortschrittlicheren Technologien kompatibel gewesen seien. Darüber hinaus gebe es nichts, was die Beziehung zwischen dem MDM8200-Chip und dem MDM8200A-Chip „einzigartig“ machen würde: Es sei nicht einzigartig oder ungewöhnlich, dass zwei Chips auf technischer Ebene eng miteinander verbunden seien.

467    Drittens sei es zwar zutreffend, dass bis zu einem bestimmten Zeitpunkt, zwischen 2013 und 2015, [vertraulich], dies sei jedoch nur einem Schreibfehler geschuldet, der damals nicht sonderlich problematisch gewesen sei. Außerdem sei der angefochtene Beschluss widersprüchlich in Bezug auf die Behandlung der MDM8200-Chips und MDM8200A-Chips einerseits und andererseits des MDM6200-Chips, bei dem es sich ebenfalls um einen angeblichen „Spitzenchip“ handle, der eng mit anderen Chips von Qualcomm verbunden sei, insbesondere mit dem zuvor entwickelten QSC6295-Chip.

468    Viertens habe die Kommission keine Anstrengungen unternommen, um die fragliche Technologie und die betreffenden FuE‑Tätigkeiten zu untersuchen oder ihre Manipulationen bestimmten Einträgen oder Kostenkategorien in der [vertraulich] zuzuordnen.

469    Als Achtes beanstandet die Klägerin, die Kommission habe die „inkrementellen“ Kosten zu Unrecht auf der Grundlage der Einnahmen und nicht auf der Grundlage des Verkaufsvolumens aufgeteilt.

470    Zunächst einmal sei die fragliche Methode in keiner Weise durch die rechts- oder wirtschaftswissenschaftliche Literatur gedeckt. Außerdem führe sie dazu, dass den Verkäufen aufgrund der bloßen Tatsache, dass die Preise in einem bestimmten Zeitraum relativ hoch seien, zusätzliche Kosten zugewiesen würden, was der Feststellung von – tatsächlich nicht vorliegenden – Verdrängungspreisen erheblich Vorschub leiste. Schließlich sei bei einem echten Verdrängungstest zu prüfen, ob das Unternehmen seine Preise anschließend erhöhe (was die Klägerin nicht getan habe), und dies führe nach der genannten Methode dazu, dass weniger FuE‑Kosten den angeblich auf Verdrängung ausgerichteten Verkäufen zugeordnet würden, da sie stattdessen in den Zeitraum des Verlustausgleichs übertragen würden. Dies ergebe in wirtschaftlicher Hinsicht keinen Sinn und sei nicht mit dem Begriff „Verlustausgleich“ vereinbar.

471    Darüber hinaus habe die Kommission einen Fehler begangen, als sie die fragliche Methode als eine „Schätzung der Preisentwicklung eines Chips“ definiert habe und dabei außer Acht gelassen habe, dass es sich bei den LRAIC um einen Kostenmaßstab und keinen Preismaßstab handle.

472    Zudem verfolge die fragliche Methode ein „bewegliches Ziel“, dem zufolge sie, wenn sie ihre Preise erhöht hätte, um den Vorwurf der Verdrängung auszuräumen, zugleich höhere Einnahmen erzielt hätte, mit der Folge, dass jedem Quartal höhere FuE‑Kosten zugeordnet worden wären, so dass sie in jedem Fall der Verdrängung bezichtigt worden wäre. Ferner beanstandet die Klägerin die „unvorhersehbaren und paradoxen Ergebnisse“, zu denen die angepasste Methode der Kommission führe. Eine am Volumen orientierte Aufteilung hätte nach Auffassung der Klägerin zu praktisch keinen Preisen unterhalb der Kosten geführt.

473    Die Kommission und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

474    Was die erste Rüge betrifft, mit der ein Fehler bei der Definition der LRAIC beanstandet wird, erkannte die Kommission im angefochtenen Beschluss an, dass es in der Chipbranche im Zuge der Optimierung von Produkten zu Übertragungseffekten kommen könne. Dies ändert jedoch nichts daran, dass der Klägerin Kosten entstanden sind, die speziell mit der Entwicklung eines bestimmten Chips zusammenhängen, und dass es ihr nicht möglich gewesen wäre, den Chip auf den Markt zu bringen, ohne diese Kosten zu tragen. Folglich beging die Kommission trotz der Übertragungseffekte keinen Fehler, als sie sich dafür entschied, die inkrementellen Entwicklungskosten zu berücksichtigen, die konkret mit dem fraglichen Produkt verbunden waren.

475    Außerdem wurden von der Kommission, da sie sich bei der Bemessung der Kosten auf die [vertraulich] stützte, wie dem 835. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu entnehmen ist, nur die Kosten berücksichtigt, die die Klägerin unmittelbar oder mittelbar für die Entwicklung der betreffenden Chips verbucht hatte. Soweit konkrete Beweise für Übertragungseffekte vorlagen, wurden sie von der Kommission berücksichtigt, wie in Abschnitt 12.6.3.2 des angefochtenen Beschlusses in Bezug auf die Übertragungseffekte bei den FuE‑Kosten zwischen den Chips MDM8200 und MDM8200A dargelegt.

476    Was etwaige Übertragungseffekte in allgemeinerer Hinsicht betrifft, stellte die Kommission im 783. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses fest, dass es mangels Informationen, die ihr die Quantifizierung der Übertragungseffekte hätten ermöglichen können, am vernünftigsten sei, davon auszugehen, dass die einem bestimmten Chip zugutegekommenen Übertragungseffekte durch die Übertragungseffekte, die dieser bestimmte Chip auf andere Chips habe, in etwa ausgeglichen würden. Daher hatten die durch diesen Chip erzeugten Übertragungseffekte nicht zur Folge, dass die mit ihm verbundenen Entwicklungskosten unberücksichtigt blieben.

477    Somit ist die vorliegende Rüge zurückzuweisen.

478    Was die zweite Rüge betrifft, mit der die Klägerin einen Widerspruch zwischen den Begründungen, die die Kommission in der ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte für ihre Berechnungen angegeben habe, und den entsprechenden Begründungen im angefochtenen Beschluss beanstandet, genügt die Feststellung, dass diese Rüge, selbst wenn sie begründet wäre, nicht zur Rechtswidrigkeit der fraglichen Methode führen könnte. Sie ist daher als ins Leere gehend zurückzuweisen.

479    Zur dritten Rüge, mit der die Klägerin geltend macht, die [vertraulich] sei nicht geeignet, um ihre inkrementellen FuE‑Kosten zu ermitteln, ist festzustellen, dass die Klägerin in dieser Datenbank die Kosten – Chip für Chip – für die Zwecke der internen Verwaltung und der Buchführung erfasst. In Anbetracht dessen, dass die Kosten pro Chip zugeordnet werden und Qualcomm die Datenbank für interne Zwecke verwendet, ist die Klägerin eine Erklärung schuldig geblieben, aus welchem Grund die Datenbank für die Rekonstruktion der Kosten durch die Kommission ungeeignet sein soll. Wie zudem im 845. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses festgestellt, hat die Klägerin selbst Informationen aus dieser Datenbank entnommen, um die Auskunftsverlangen zur Quantifizierung der Kosten zu beantworten.

480    Was außerdem das Vorbringen von Qualcomm betrifft, sämtliche in der [vertraulich] enthaltenen Daten seien nicht für die Berechnung der LRAIC für die Zwecke des Wettbewerbsrechts angelegt, genügt der Hinweis, dass dies die Kommission nicht daran hindert, sich auf die Datenbank zu stützen, soweit sie Informationen enthält, die für ihre Untersuchung relevant sind.

481    Selbst wenn man annimmt, dass die Kommission zunächst beschlossen hatte, die [vertraulich] nicht in der Mitteilung der Beschwerdepunkte zu verwenden, und in der ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte keine Erklärung für ihren Meinungswechsel abgab, genügt der Hinweis, dass sich die Klägerin im Licht der oben in Rn. 367 angeführten Rechtsprechung nicht mit Erfolg darauf berufen kann, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss nicht im Einzelnen auf alle von ihr im Verwaltungsverfahren erhobenen sachlichen oder rechtlichen Argumente einging. Die vorliegende Rüge ist somit zurückzuweisen.

482    Was die vierte Rüge betrifft, wonach bestimmte, in der [vertraulich] verbuchte Kosten zu Unrecht als „inkrementelle“ Kosten behandelt worden seien, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der angefochtene Beschluss in Abschnitt 12.6.3.1 eine Erläuterung enthält, wie der feste Bestandteil der Qualcomm bei der Produktion jedes Chips entstandenen Kosten bemessen wurde, der in die Berechnung der LRAIC einfloss. Im 835. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses sind nämlich die verschiedenen Kategorien von FuE‑Kosten aufgeführt, die in der genannten Datenbank jedem Chip – entweder unmittelbar in Bezug auf die Entwicklung eines bestimmten Produkts oder nachträglich – zugeordnet sind.

483    Wie außerdem oben in Rn. 411 dargelegt, wird im angefochtenen Beschluss in den Erwägungsgründen 836 und 837 darauf hingewiesen, dass die Kommission bei der Auswahl der Elemente, die als „inkrementelle“ Kosten in die Kostenanalyse einzubeziehen seien, die Verwendung des englischen Worts „incremental“ im [vertraulich] zugrunde gelegt habe und in diesem Zusammenhang Qualcomm in Frage 8.3 des Auskunftsverlangens gemäß Beschluss vom 30. Januar 2017 aufgefordert habe, für die fraglichen Chips die gleichen Informationen zur inkrementellen FuE zu liefern wie für die [vertraulich]. Die in der Antwort übermittelten Informationen finden sich in der Anlage A.15.1 zur Klageschrift.

484    Schließlich wurden die inkrementellen Kosten von der Kommission rekonstruiert, indem sie die Kosten [vertraulich] und die Kosten [vertraulich] zusammenrechnete, d. h. alle Komponenten der Kosten, die in der Datenbank in Anlage A.15.1 zur Klageschrift enthalten waren, mit Ausnahme derjenigen, die als Kosten [vertraulich] verbucht waren, da Qualcomm diese Kosten, obwohl sie in der genannten Datenbank aufgeführt waren, vom Gesamtbetrag der Kosten „Incremental (d. h. nach derselben [Methode] des [vertraulich])“ in dieser Datenbank abgezogen hatte.

485    Insoweit ist festzustellen, dass die Elemente, die in dem von der Klägerin beanstandeten Datenbankauszug enthalten sind, im 835. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zusammengefasst wurden und von der Kommission auf der Grundlage der von Qualcomm gelieferten Informationen ermittelt wurden.

486    Die Klägerin hat nämlich als Erstes in ihrer Antwort vom Dezember 2013 auf das Auskunftsverlangen vom 10. Juli 2013 und insbesondere in ihrer Antwort auf Frage 19 zu den wichtigsten Etappen bei der Entwicklung der ersten MDM-Chips und den damit verbundenen Kosten, als Zweites in ihrer Antwort auf die Fragen 8 und 9 des Auskunftsverlangens vom 13. Oktober 2014 (Anlage A.4.8.b zur Klageschrift), Rn. 38 ff., und als Drittes in ihrer Antwort auf Frage 8.3 des Auskunftsverlangens gemäß Beschluss vom 30. Januar 2017 (Anlage A.4.10.b zur Klageschrift) stets die gleichen Elemente vorgelegt, unabhängig davon, ob sie nach [vertraulich] eingestuft werden sollten oder nicht.

487    Anders gesagt werden die verschiedenen Kostenkategorien in den Antworten der Klägerin gleichbleibend identifiziert und einem bestimmten Chip zugeordnet, und da sich die in den verschiedenen Antworten befindlichen Tabellen nicht widersprechen (außer in Bezug auf die Kosten [vertraulich]), können diese Kategorien somit als Kosten angesehen werden, die für diesen Chip „inkrementell“ sind. Der einzige Unterschied zwischen der Anwendung und der Nichtanwendung der Methode besteht nämlich aus der Berücksichtigung bzw. fehlenden Berücksichtigung des letztgenannten Kostenelements, das die Kommission jedenfalls von ihren Berechnungen ausgenommen hat.

488    Unter diesen Umständen kann der bloße Umstand, dass das englische Wort „incremental“ im [vertraulich] in Bezug auf bestimmte Kosten verwendet oder nicht verwendet wird, nicht das entscheidende Kriterium für die Frage sein, ob diese Kosten in die Berechnung der LRAIC einbezogen werden können. Vielmehr sind das Wesen der Kosten selbst (d. h., ob sie einer Kategorie von Kosten angehören, die im Allgemeinen als inkrementelle Kosten angesehen werden) sowie die von der Klägerin in ihren Antworten angewandte Klassifikationsmethode zu berücksichtigen.

489    Folglich ist festzustellen, dass die für die Berechnung der LRAIC zu berücksichtigenden Elemente im angefochtenen Beschluss auf der Grundlage der Antworten und Erläuterungen der Klägerin im Verwaltungsverfahren korrekt rekonstruiert wurden. Zudem ist zu beachten, dass die Klägerin in ihrer Antwort auf Frage 19 des Auskunftsverlangens vom 10. Juli 2013 (die erste insoweit relevante Antwort vom Dezember 2013) (Anlage A.4.3 zur Klageschrift) in keiner Weise auf die Kostenzuordnung Bezug genommen hatte oder darauf, dass in der Praxis einige der Kosten keinen bestimmten Chips zuzuordnen seien.

490    Außerdem wies die Klägerin im Zusammenhang mit den Kosten der Softwareentwicklung in den Rn. 90 und 92 der Antwort auf Frage 19 des Auskunftsverlangens vom 10. Juli 2013 (Anlage A.4.3 zur Klageschrift) im Wesentlichen darauf hin, dass die Lebensdauer einer Software eng mit der Lebensdauer eines bestimmten Chips verbunden sei und die damit zusammenhängenden Kosten an die wirtschaftliche Lebensdauer dieses Chips gebunden seien, womit sie die Feststellung im 860. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses bestätigte, wonach dieser Teil der [vertraulich] eine solide Grundlage für die Ermittlung der einem bestimmten Chip zuzuordnenden FuE‑Kosten im Zusammenhang mit der Entwicklung einer Software darstelle. Dies schließt im Übrigen nicht aus, dass ein Teil einer Software später für nachfolgende Chips verwendet werden kann.

491    Ferner ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin im Verwaltungsverfahren und in der Klageschrift ihren Vorbehalt in Bezug auf die Kostenzuordnung relativ ungenau formuliert hat.

492    Diese Ungenauigkeit bei der Bestimmung der Kostenkategorien, die nicht inkrementell seien, untergräbt die Glaubhaftigkeit des Vorbringens der Klägerin, zumal so gut wie keine FuE‑Kosten einem bestimmten Chip zugeordnet werden könnten, wenn man ihrer Argumentation folgte.

493    Was den Beweiswert der von der Kommission herangezogenen Beweise betrifft, hängen die Glaubhaftigkeit eines Schriftstücks und damit sein Beweiswert von seiner Herkunft, den Umständen seiner Entstehung, seinem Adressaten und seinem Inhalt ab (Urteile vom 15. März 2000, Cimenteries CBR u. a./Kommission, T‑25/95, T‑26/95, T‑30/95 bis T‑32/95, T‑34/95 bis T‑39/95, T‑42/95 bis T‑46/95, T‑48/95, T‑50/95 bis T‑65/95, T‑68/95 bis T‑71/95, T‑87/95, T‑88/95, T‑103/95 und T‑104/95, EU:T:2000:77, Rn. 1053 und 1838, sowie vom 12. Juli 2011, Hitachi u. a./Kommission, T‑112/07, EU:T:2011:342, Rn. 70).

494    Im vorliegenden Fall stützte sich die Kommission bei der Rekonstruktion der Preise auf die von der Klägerin selbst vorgelegten Tabellen und Antworten, einschließlich der Zahlen aus der [vertraulich], und darüber hinaus wandte sie nur Klassifikationskriterien an, die die Klägerin bereits selbst verwendet hatte. Da diese Daten von der Klägerin selbst stammen, ist davon auszugehen, dass sie hinreichend glaubhaft sind, um die Rekonstruktion der Preise durch die Kommission zu stützen.

495    Unter diesen Umständen genügt es nicht, dass das betroffene Unternehmen auf einen Umstand hinweist, der den Beweiswert dieser Beweismittel erschüttern könnte. Vielmehr muss das betroffene Unternehmen rechtlich hinreichend nachweisen, dass zum einen der von ihm angeführte Umstand vorliegt und zum anderen dieser Umstand den Beweiswert der Beweismittel, auf die sich die Kommission stützt, in Frage stellt (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 26. September 2018, Infineon Technologies/Kommission, C‑99/17 P, EU:C:2018:773, Rn. 65 bis 67).

496    In der vorliegenden Rechtssache wiederholt die Klägerin jedoch lediglich die Argumente, die sie im Verwaltungsverfahren geltend machte, indem sie ihre Antwort auf das Auskunftsverlangen vom 13. Oktober 2014 zugrunde legt und darauf beharrt, dass die bereitgestellten Daten nicht für eine Antitrust-Analyse verwendet werden könnten, ohne zur Stützung ihres Vorbringens ein weiteres Dokument als Nachweis dafür vorzulegen, dass eine andere Klassifikationsmethode geeigneter gewesen sei als die von der Kommission gewählte Methode. Mangels eines solchen Nachweises ist festzustellen, dass sowohl bei einer direkten als auch bei einer indirekten Verbuchung die Kosten, die die Klägerin selbst in ihrer Antwort auf die Frage der Kommission ermittelte, grundsätzlich in Bezug auf jeden der fraglichen Chips als inkrementell anzusehen sind.

497    Zudem ist mit der Kommission darauf hinzuweisen, dass sich die Wahl einer bestimmten Buchungsmethode (direkt oder indirekt, d. h. durch Zuordnung) seitens des beherrschenden Unternehmens auf die Analyse seiner Kosten auswirken könnte. Selbst wenn nämlich ein bestimmtes Kostenelement tatsächlich auf einer Zuordnung beruhen sollte, könnte dies für sich genommen nicht seiner Einbeziehung in die LRAIC‑Berechnung entgegenstehen. Andernfalls könnte sich ein beherrschendes Unternehmen jederzeit einer Preis-Kosten-Analyse entziehen, indem es sich darauf beriefe, dass Zuordnungen zu spezifischen Kosten nicht möglich seien. Zudem bilden die Zuordnungen in der vorliegenden Rechtssache ab, wie die Klägerin selbst die Kosten beurteilt, die mit einem bestimmten Chip in Zusammenhang zu bringen sind.

498    Was die FuE‑Kosten in Höhe von [vertraulich] USD betrifft, die für den MDM8200-Chip verbucht worden seien, sich in Wirklichkeit jedoch auf [vertraulich] bezögen, trug die Klägerin diesen Gesichtspunkt erstmals in der Antwort auf die ergänzende Mitteilung der Beschwerdepunkte vor. Bis dahin hatte die Kommission keinen Grund, die Richtigkeit der empfangenen Daten in Frage zu stellen, zumal Art. 18 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1/2003 die betroffenen Unternehmen verpflichtet, vollständige, sachlich richtige und nicht irreführende Auskünfte zu erteilen.

499    Denn dass diese Kosten in Bezug auf den MDM8200-Chip verbucht worden waren, geht eindeutig aus der [vertraulich] und den Antworten der Klägerin hervor, die grundsätzlich als besonders verlässliche Beweise anzusehen sind, da sie den Interessen der Erklärenden zuwiderlaufen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. März 2011, Siemens/Kommission, T‑110/07, EU:T:2011:68, Rn. 54 und 75). Vor diesem Hintergrund gibt es nur einen von der Klägerin vorgelegten Beweis, und zwar das Dokument „[vertraulich]“ vom 9. Juli 2009 (Anlage A.18.1 zur Klageschrift), dessen Fn. 20 den Ausschluss des Betrags von [vertraulich] USD betrifft, da er [vertraulich] entspreche. Wie die Kommission im 851. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses feststellte, enthält dieses Dokument eine Tabelle, in der die FuE‑Kosten des MDM8200-Chips mit den FuE‑Kosten des MDM8200A-Chips verglichen werden, der in Bezug auf die Kosten als nicht wettbewerbsfähig („not cost competitive“) angesehen wird. Die Tabelle weist jedoch offenbar nur nach, dass der genannte Betrag für den [vertraulich] beim Vergleich der Kosten der zwei Chips in der Präsentation nicht berücksichtigt wird, sie beweist aber nicht, dass diese spezifischen Kosten bei der Berechnung der Kosten in Bezug auf den MDM8200-Chip nicht berücksichtigt wurden oder nicht hätten berücksichtigt werden dürfen. Davon abgesehen werden die Argumente der Klägerin durch kein Dokument untermauert und können für sich genommen die zuvor von der Klägerin selbst vorgelegten Beweise nicht in Frage stellen. Unter diesen Umständen sind sie zurückzuweisen. Folglich ist die vorliegende Rüge zurückzuweisen.

500    Zur fünften Rüge, mit der geltend gemacht wird, die Kommission habe einen Fehler begangen, als sie Qualcomms Einnahmen aus dem Patentlizenzgeschäft nicht berücksichtigt habe, ist festzustellen, dass, selbst wenn man annimmt, dass die Klägerin ihr Lizenzvergabesystem geändert hatte, dies nicht bedeutet, dass sie im maßgeblichen Zeitraum keine Lizenz in Bezug auf ihr gesamtes Patentportfolio gewährte. Jedenfalls stellt die Klägerin nicht in Frage, dass [vertraulich], wie Fn. 1238 des angefochtenen Beschlusses zu entnehmen ist.

501    Zudem ist festzustellen, dass die Klägerin einerseits behauptet, ungefähr [vertraulich] Patente und Patentanmeldungen ermittelt zu haben, von denen „viele“ „ganz oder teilweise“ durch Arbeiten entstanden sein „könnten“, die nach Ansicht der Kommission spezifisch für die fraglichen Chips seien. Andererseits werden von der Klägerin weder diese Patente und Patentanmeldungen identifiziert noch die damit erzielten Einnahmen quantifiziert. Vielmehr beschränkt sie sich auf die Behauptung, dass es vor allem bei den softwarebezogenen Patenten nicht möglich sei, diejenigen zu identifizieren, die mit den fraglichen Chips in Zusammenhang stünden. Unter diesen Umständen reicht das Vorbringen der Klägerin nicht aus, um die Feststellungen der Kommission in Frage zu stellen. Folglich ist die vorliegende Rüge zurückzuweisen.

502    Was die sechste Rüge betrifft, mit der im Wesentlichen Fehler bei der Berücksichtigung der mit der Entwicklung der Qualcomm-Chips verbundenen FuE‑Kosten beanstandet werden, ist festzustellen, dass, wie aus dem angefochtenen Beschluss, insbesondere seinem 862. Erwägungsgrund und allgemein Abschnitt 12.6.3 des Beschlusses, eindeutig hervorgeht, die Verkäufe an Huawei und ZTE für den Ausgleich der FuE‑Kosten von grundlegender Bedeutung waren.

503    Zudem war es, wie im 888. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ausgeführt, angemessen, die mit FuE verbundenen inkrementellen Kosten bei der Bemessung der Kosten im Rahmen der Beurteilung, ob die Verkäufe an Huawei und ZTE zu nicht kostendeckenden Preisen erfolgt waren, zu berücksichtigen, da die Verkaufsprognosen in Bezug auf Huawei und ZTE einen bedeutenden Anteil der erwarteten Nachfrage ausmachten, die die Entwicklung der Chips in erster Linie rechtfertigte. Darüber hinaus beliefen sich, entgegen dem Vorbringen der Klägerin, die Prognosen für die Verkäufe der Chips MDM8200, MDM6200 und MDM8200A an andere Kunden auf eine Größenordnung, die, auch wenn diese Verkäufe ebenfalls zum Ausgleich der inkrementellen Entwicklungskosten beitrugen, die Entwicklung dieser Produkte nicht gerechtfertigt hätte. Dieses Ergebnis wird auch durch die Dokumente bestätigt, die in Fn. 1277 des angefochtenen Beschlusses genannt sind.

504    Folglich ist die vorliegende Rüge zurückzuweisen.

505    Was die siebte Rüge betrifft, wonach die Kommission nachträgliche Manipulationen vorgenommen habe, indem sie die in der [vertraulich] erfassten Kosten anderen Chips zugeordnet habe, hat die Klägerin selbst eingeräumt, dass bis Dezember 2013 bei den mit der Software für die Chips MDM8200 und MDM8200A verbundenen Kosten, so wie in der genannten [vertraulich] verbucht, nicht danach unterschieden worden sei, ob sie mit dem einen oder dem anderen dieser beiden Chips zusammenhingen (Fn. 78 der Antwort auf das Auskunftsverlangen vom 13. Oktober 2014).

506    Außerdem sind, obwohl die Entwicklung des MDM8200A-Chips im April 2009 begann, in der Tabelle aus der [vertraulich], die in Anlage A.15.1 zur Klageschrift enthalten ist, diesem Chip vor dem letzten Quartal des Jahres 2009 keine Kosten zugewiesen, und auch ab diesem Zeitpunkt bleiben die Kosten für diesen Chip auf niedrigem Niveau verglichen mit den Kosten der Chips MDM8200 und MDM6200. Angesichts der technischen Ähnlichkeit der beiden Chips und ihrer gemeinsamen Vermarktung bestätigt dieser Umstand die Argumente der Kommission im 880. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, die das Bestehen einer einzigartigen Beziehung zwischen dem MDM8200-Chip und dem MDM8200A-Chip belegen, die nicht mit der Beziehung vergleichbar ist, die zwischen dem MDM8200-Chip und einem beliebigen anderen, die HSPA+-Technologie unterstützenden Chip hätte existieren können.

507    Darüber hinaus weist die Streithelferin zu Recht darauf hin, dass der angefochtene Beschluss eine „Lebensdauer-Rentabilitätsanalyse“ enthält, die die Rentabilität aller Verkäufe des MDM8200-Chips und des MDM8200A-Chips während ihrer gesamten Lebensdauer und in Bezug auf alle Kunden untersucht und der zu entnehmen ist, dass die während der Lebensdauer dieser beiden Chips erzielten Einnahmen nicht ausgereicht haben, um ihre FuE‑Herstellungs- und -Entwicklungskosten zu decken. Folglich hätte die Preisgestaltung von Qualcomm für diese beiden Chips es einem ebenso leistungsfähigen Lieferanten niemals ermöglicht, seine Kosten für einen konkurrierenden Chip zu decken.

508    Unter diesen Umständen ist die vorliegende Rüge zurückzuweisen.

509    Zur achten Rüge, mit der geltend gemacht wird, die Kommission habe die „inkrementellen“ Kosten zu Unrecht auf der Grundlage der Einnahmen und nicht auf der Grundlage des Verkaufsvolumens aufgeteilt, ist erstens festzustellen, dass die Kommission zwar nur eine Quelle anführt, die für die gewählte Methode spricht, nämlich die Verrechnungspreisleitlinien der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) für multinationale Unternehmen und Steuerverwaltungen von 2017 in Fn. 1293 des angefochtenen Beschlusses, doch führt die Klägerin überhaupt keine Studien oder Leitlinien zur Stützung der von ihr vorgeschlagenen alternativen Methode an. Soweit die Klägerin außerdem mit dem Argument, die Methode der Kommission leiste der Feststellung von – tatsächlich nicht vorliegenden – Verdrängungspreisen erheblich Vorschub, geltend macht, dass die Methode zu einer künstlichen Feststellung von Verdrängungspreisen führe, trägt sie nichts vor, was diese Behauptung stützen könnte.

510    Zweitens genügt die Feststellung, dass, wie die Kommission zu Recht hervorhebt, das Vorbringen der Klägerin, die Methode der Kommission führe dazu, dass weniger FuE‑Kosten den angeblich auf Verdrängung ausgerichteten Verkäufen zugeordnet würden, da sie stattdessen in den Zeitraum des Verlustausgleichs übertragen würden, die genannte Methode nicht ungeeignet erscheinen lässt. Die Methode der Kommission hat nämlich zur Folge, dass die Zuordnung dieser Kosten aufgrund des Umstands erfolgt, dass die Preise in einem bestimmten Zeitraum, insbesondere in der ersten Zeit der Vermarktung der Chips, relativ hoch sind und daher die Einnahmen ebenfalls hoch sind. Hingegen führt die von der Klägerin vorgeschlagene Methode zu einer anteiligen einheitlichen Zuordnung der Kosten, so dass jede Einheit (unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt innerhalb der Lebensdauer eines Chips sie verkauft wird) den gleichen Kostenbetrag ausgleichen muss. Wie die Kommission im 917. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu Recht feststellt, war dieser Ansatz in Anbetracht der Entwicklung der Chippreise für den vorliegenden Fall nicht geeignet, da er dazu geführt hätte, dass ein erheblicher Teil der Entwicklungskosten auf das Ende des Produktlebenszyklus und somit auf einen Zeitpunkt, zu dem die Preise und Margen tendenziell niedrig sind, übertragen worden wäre, was zu einer großen Zahl falsch positiver Ergebnisse beim Preis-Kosten-Kriterium geführt hätte.

511    Was drittens den von der Kommission verwendeten Ausdruck „proxy for the price evolution of a chipset“ zur Definition der von ihr gewählten Methode betrifft, kann dem Vorbringen der Klägerin, die Kommission habe damit außer Acht gelassen, dass es sich bei den LRAIC um einen Kostenmaßstab und keinen Preismaßstab handle, nicht gefolgt werden, da sich der Ausdruck nur darauf bezieht, dass mit dieser Methode das Preisprofil im Zeitverlauf berücksichtigt werden soll, so dass Zeiträume, für die angenommen wird, dass mit den Chips höhere Einnahmen erzielt werden, auch einen größeren Anteil der Kosten zugewiesen bekommen.

512    Viertens ist zum Vorbringen der Klägerin, die Methode der Kommission verfolge ein „bewegliches Ziel“, festzustellen, dass, wie im 935. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses dargelegt, diese Problematik auch bei der von der Klägerin vorgeschlagenen Methode auftritt, da jedes Mal, wenn die Preise in einigen oder allen Quartalen des Lebenszyklus eines Produkts steigen, das Verkaufsvolumen dieses Produkts sinkt, so dass jede verkaufte Einheit einen größeren Anteil der festen Entwicklungskosten des Produkts tragen muss. Dementsprechend kann es sein, dass höhere Preise nicht hoch genug sind, um die Referenzkosten zu übersteigen, die sich im Wege einer mengenbasierten Zuordnung der Entwicklungskosten ergeben.

513    Fünftens ist das Vorbringen der Klägerin, eine am Volumen orientierte Aufteilung hätte zu praktisch keinen Preisen unterhalb der Kosten geführt, nicht stichhaltig. Wie die Kommission zu Recht ausführt, ist Tabelle 13 in Anlage A.2.4.5 zur Klageschrift nämlich zu entnehmen, dass dies zwar für MDM8200A-Chips zutrifft, nicht jedoch für MDM8200-Chips oder MDM6200-Chips. Denn die auf Verdrängung ausgerichteten Verkäufe der MDM6200-Chips von Qualcomm an ZTE erfolgten zu einem so niedrigen – unterhalb der AVC liegenden – Preis, dass eine einfache Aufteilung der Kosten anhand des Volumens und nicht der Einnahmen nichts daran ändern würde, dass Qualcomm Preise unterhalb der Kosten anwandte (891. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Gleiches gilt für die MDM8200-Chips. Die Aufteilung der Kosten anhand der Menge und nicht der Einnahmen führt für Qualcomm nicht zu wesentlich anderen Ergebnissen. Mithin ist die vorliegende Rüge zurückzuweisen.

514    Nach alledem ist der dritte Teil des siebten Klagegrundes zurückzuweisen. Da auch die anderen Teile dieses Klagegrundes zurückgewiesen worden sind (siehe oben, Rn. 424 und 444), ist der Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

 Zum neunten Klagegrund: „offensichtliche Beurteilungs- und Rechtsfehler“ in Bezug auf die Feststellung, die von der Klägerin praktizierten Preise hätten Icera ausgeschlossen und den Verbrauchern einen Schaden zugefügt

515    Der vorliegende Klagegrund besteht aus vier Teilen. Mit dem ersten Teil wird geltend gemacht, die Kommission habe den sogenannten „ebenso leistungsfähigen“ Wettbewerber nicht analysiert. Im zweiten Teil wird beanstandet, es bestehe ein Widerspruch zwischen der Feststellung einer Abschottung im angefochtenen Beschluss und den tatsächlichen Ergebnissen von Icera im maßgeblichen Zeitraum. Mit dem dritten Teil wird geltend gemacht, es sei kein Beweis für die angebliche finanzielle Verdrängung erbracht worden, da Icera im maßgeblichen Zeitraum zusätzliche Mittel beschafft habe, von Nvidia übernommen worden und weiterhin auf dem Markt tätig gewesen sei. Mit dem vierten Teil wird vorgetragen, es sei der Klägerin nicht möglich gewesen, den von Iceras Technologie ausgehenden Wettbewerb auszuschalten.

516    Da der zweite, der dritte und der vierte Teil im Wesentlichen das Argument fehlender Auswirkungen des beanstandeten Verhaltens betreffen, werden sie gemeinsam geprüft.

 Zum ersten Teil: keine Analyse des sogenannten „ebenso leistungsfähigen“ Wettbewerbers durch die Kommission

517    Nach Auffassung der Klägerin hat die Kommission den sogenannten „ebenso leistungsfähigen“ Wettbewerber weder auf dem relevanten Markt noch im Spitzensegment dieses Marktes analysiert und insofern die einschlägige Rechtsnorm nicht beachtet, wie sich aus dem Vorbringen im Rahmen des dritten Klagegrundes ergebe. Dabei habe die Kommission außerdem nicht geprüft, ob der Umfang der Markterfassung durch das beanstandete Verhalten groß genug gewesen sei, um wettbewerbswidrige Auswirkungen entfalten zu können, wie es der Gerichtshof im Urteil vom 6. September 2017, Intel/Kommission (C‑413/14 P, EU:C:2017:632), verlangt habe.

518    Zudem sei Icera jedenfalls keine „ebenso leistungsfähige“ Wettbewerberin gewesen, denn da sie außerhalb des Spitzensegments des Marktes für UMTS-Chips nicht wettbewerbsfähig gewesen sei, wäre es ihr nicht möglich gewesen, einen erheblichen Teil der Nachfrage auf dem betreffenden Markt zu befriedigen. Ein „ebenso leistungsfähiger“ Wettbewerber müsse zumindest in der Lage sein, das gesamte Angebot des beherrschenden Unternehmens zu reproduzieren.

519    Die Kommission und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

520    Nach der Rechtsprechung zu Verdrängungspreisen sind Preise, die unter den AVC liegen, als missbräuchlich anzusehen, da ein beherrschendes Unternehmen nur dann ein Interesse hat, derartige Preise zu praktizieren, wenn es seine Konkurrenten ausschalten will. Auch Preise, die unter den ATC, jedoch über den AVC liegen, sind als missbräuchlich anzusehen, wenn sie im Rahmen eines Plans festgesetzt wurden, der die Ausschaltung eines Konkurrenten zum Ziel hat, da diese Preise Unternehmen vom Markt verdrängen können, die vielleicht ebenso leistungsfähig sind wie das beherrschende Unternehmen, wegen ihrer geringeren Finanzkraft jedoch nicht dem auf sie ausgeübten Konkurrenzdruck standhalten können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. Juli 1991, AKZO/Kommission, C‑62/86, EU:C:1991:286, Rn. 70 bis 72).

521    Daraus ergibt sich zum einen, dass eine Missbrauchsvermutung besteht, wenn ein Unternehmen in beherrschender Stellung Preise anwendet, die unter den AVC liegen, und die Kommission ist in einem solchen Fall nicht verpflichtet, eine andere Analyse als den Vergleich der Preise des beherrschenden Unternehmens mit bestimmten Kosten dieses Unternehmens durchzuführen. Zum anderen ist die Kommission, wenn ein Unternehmen in beherrschender Stellung Preise anwendet, die unter den ATC, aber über den AVC liegen, verpflichtet, im Rahmen des Nachweises eines Missbrauchs die Preise des beherrschenden Unternehmens mit bestimmten Kosten dieses Unternehmens zu vergleichen und zu beweisen, dass ein Plan existiert, der die Ausschaltung eines Konkurrenten zum Ziel hat, da derartige Preise als solche im Wesentlichen geeignet sind, ebenso leistungsfähige Wettbewerber vom Markt zu verdrängen. Folglich ist die Kommission keineswegs verpflichtet, zusätzlich zu diesem Nachweis weitere Analysen vorzunehmen, insbesondere um wettbewerbswidrige Auswirkungen der beanstandeten Praxis zu beweisen.

522    Entgegen dem Vorbringen der Klägerin ist die Kommission somit im Rahmen ihrer Analyse, ob ein Unternehmen in beherrschender Stellung Verdrängungspreise anwendet, nicht verpflichtet, zu prüfen, ob der Umfang der Markterfassung durch die beanstandete Praxis groß genug ist, um wettbewerbswidrige Auswirkungen entfalten zu können. Im vorliegenden Fall kann der Kommission daher nicht mit Erfolg vorgeworfen werden, dass sie diese Prüfung nicht vornahm.

523    Insoweit ergibt sich außerdem aus den Rn. 72 und 73 der Mitteilung der Kommission in Bezug auf Erläuterungen zu den Prioritäten der Kommission bei der Anwendung von Artikel [102 AEUV] auf Fälle von Behinderungsmissbrauch durch marktbeherrschende Unternehmen (ABl. 2009, C 45, S. 7, im Folgenden: Mitteilung über die Prioritäten), dass es für das marktbeherrschende Unternehmen möglicherweise leichter ist, Kampfpreise anzuwenden, wenn es mit den niedrigen Preisen selektiv auf bestimmte Abnehmer zugeht, da dies seine eigenen Verluste in Grenzen hält, und eine Kampfpreisstrategie des marktbeherrschenden Unternehmens hingegen weniger wahrscheinlich ist, wenn ein niedriger Preis allgemein über lange Zeit angewandt wird. Daraus folgt, dass bei Verdrängungspreisen der Umfang der Markterfassung durch das beanstandete Verhalten im Allgemeinen gering ist und dass, wenn nur Verdrängungspraktiken sanktioniert werden könnten, die einen hinreichend großen Teil des Marktes betreffen, sich jede selektive Verdrängungspraxis dem Verbot des Art. 102 AEUV entziehen könnte, obwohl sie zur Ausschaltung eines ebenso leistungsfähigen Wettbewerbers führen könnte. Nach der Rechtsprechung muss die Anwendung auf Verdrängung ausgerichteter Preise jedoch geahndet werden können, sobald die Gefahr einer Ausschaltung der Konkurrenten besteht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. November 1996, Tetra Pak/Kommission, C‑333/94 P, EU:C:1996:436, Rn. 44).

524    Darüber hinaus geht ebenfalls aus der Rechtsprechung hervor, dass die Anwendung des Kriteriums des „ebenso leistungsfähigen“ Wettbewerbers in der Prüfung besteht, ob die Preispolitik eines Unternehmens in beherrschender Stellung einen Wettbewerber, der genauso leistungsfähig ist wie dieses Unternehmen, vom Markt zu verdrängen droht, und dass dieses Kriterium auf einem Vergleich der von einem Unternehmen in beherrschender Stellung angewandten Preise mit bestimmten Kosten, die diesem Unternehmen entstanden sind, und einer Analyse der Strategie dieses Unternehmens beruht (Urteile vom 27. März 2012, Post Danmark, C‑209/10, EU:C:2012:172, Rn. 28, und vom 6. Oktober 2015, Post Danmark, C‑23/14, EU:C:2015:651, Rn. 53 und 54).

525    Im Rahmen einer Untersuchung zu potenziellen Verdrängungspreisen ist daher die Analyse des „ebenso leistungsfähigen“ Wettbewerbers bereits in der Analyse enthalten, mit der die Kommission die Preise eines Unternehmens in beherrschender Stellung mit bestimmten Kosten dieses Unternehmens vergleicht, um festzustellen, ob das Unternehmen Preise unterhalb der ATC, jedoch oberhalb der AVC angewandt hat.

526    Soweit nämlich das Unternehmen in beherrschender Stellung seine Preise unterhalb der ATC, jedoch oberhalb der AVC festsetzt, ist es einem „ebenso leistungsfähigen“ Wettbewerber aufgrund seiner geringeren Finanzkraft grundsätzlich nicht möglich, mit diesen Preisen zu konkurrieren, ohne langfristig untragbare Verluste zu erleiden. Solche Preise sind daher geeignet, einen „ebenso leistungsfähigen“ Wettbewerber auszuschließen, was dem Nachweis entspricht, den die Kommission im Rahmen der Anwendung des Kriteriums des „ebenso leistungsfähigen“ Wettbewerbers erbringen muss, um das Verdrängungspotenzial einer wettbewerbswidrigen Praxis zu beweisen.

527    Wenn die Kommission also, wie im vorliegenden Fall, ordnungsgemäß nachgewiesen hat, dass das Unternehmen in beherrschender Stellung Preise angewandt hat, die unterhalb der ATC, jedoch oberhalb der AVC lagen, hat sie damit implizit das Kriterium des „ebenso leistungsfähigen“ Wettbewerbers angewandt, was ausreicht, um den ersten Teil des neunten Klagegrundes zurückzuweisen.

 Zu den anderen Teilen, mit denen im Wesentlichen fehlende Auswirkungen des beanstandeten Verhaltens geltend gemacht werden

528    Im Rahmen des zweiten Teils trägt die Klägerin vor, Icera habe in Wirklichkeit im maßgeblichen Zeitraum floriert, wodurch die Behauptung der Kommission widerlegt werde, der zufolge das beanstandete Verhalten Icera in einem entscheidenden Stadium ihrer Entwicklung daran gehindert habe, Zugang zu Huawei oder ZTE zu erhalten, von denen ihre Entwicklungschancen im Spitzensegment des Marktes für UMTS-Chips abgehangen hätten.

529    Zur Stützung des dritten Teils macht die Klägerin geltend, Icera habe im maßgeblichen Zeitraum zusätzliche Mittel erhalten, u. a. aufgrund der Übernahme durch Nvidia, was die Behauptung der Kommission entkräfte, Icera sei aufgrund des beanstandeten Verhaltens gezwungen gewesen, Verlustverkäufe durchzuführen und ihr Risikokapital aufzubrauchen.

530    Zur Stützung des vierten Teils trägt die Klägerin vor, das beanstandete Verhalten habe nicht dazu führen können, den von Iceras Technologie ausgehenden Wettbewerb auszuschalten. Dass sich Icera vom Markt zurückgezogen habe, habe nur begrenzte bis keine Auswirkungen auf die von ihr für ihre „Spitzen“-UMTS-Chips oder jegliche anderen UMTS-Chips berechneten Preise gehabt, insbesondere weil die Technologie und das Know-how von Icera übertragbar gewesen seien, so dass Iceras Verschwinden vom Markt den Wettbewerb nicht beeinträchtigt habe.

531    Die Kommission und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

532    Es ist festzustellen, dass die Kommission, wie sie in ihren Schriftsätzen ausführt, nur der Vollständigkeit halber in Abschnitt 12.7.4 des angefochtenen Beschlusses nachwies, dass das beanstandete Verhalten wettbewerbswidrige Auswirkungen gehabt habe, was die Klägerin im Rahmen der vorliegenden Teile bestreitet. Nach ständiger Rechtsprechung ist jedoch die Rüge einer angeblich über die Sache hinausgehenden Begründung der Entscheidung ohne Weiteres als unbeachtlich zurückzuweisen, da sie nicht zur Nichtigerklärung der Entscheidung führen kann (Urteile vom 8. Mai 2003, T. Port/Kommission, C‑122/01 P, EU:C:2003:259, Rn. 17, und vom 8. Juli 2004, Dalmine/Kommission, T‑50/00, EU:T:2004:220, Rn. 146), so dass diese Teile jedenfalls ins Leere gehen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. März 2012, Telefónica und Telefónica de España/Kommission, T‑336/07, EU:T:2012:172, Rn. 283).

533    Daher sind die Teile zwei bis vier des neunten Klagegrundes zurückzuweisen. Da auch der erste Teil dieses Klagegrundes zurückgewiesen worden ist (siehe oben, Rn. 527), ist der Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

 Zum zehnten Klagegrund: „offensichtliche Fehler bei der Beurteilung“ der Sach- und Rechtslage, Begründungsmangel sowie Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und des Grundsatzes der ordnungsgemäßen Verwaltung, soweit die Kommission festgestellt habe, dass die Preisgestaltung der Klägerin der Umsetzung eines Plans zum Ausschluss von Icera gedient habe

534    Der zehnte Klagegrund besteht aus drei Teilen. Mit dem ersten Teil wird geltend gemacht, die „Schadenstheorie“, die die Kommission anhand der im angefochtenen Beschluss genannten Dokumente entwickelt habe, sei widersprüchlich. Mit dem zweiten Teil wird beanstandet, einige interne Dokumente, auf die sich die Kommission im angefochtenen Beschluss gestützt habe, um die Absicht, einen Wettbewerber auszuschalten, nachzuweisen, seien falsch interpretiert und fehlerhaft dargestellt. Mit dem dritten Teil wird geltend gemacht, dass der Mitarbeiter der Klägerin, der mehrere interne Dokumente verfasst habe, auf die sich die Kommission zum Nachweis des Vorliegens einer Verdrängungsstrategie berufen habe, eine untergeordnete Position einnehme und nicht befugt sei, über Preise zu entscheiden.

535    Die Kommission und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

536    Im 1118. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses stellte die Kommission fest, dass sie sich zum Nachweis der Absicht der Klägerin, einen Wettbewerber auszuschalten, nicht nur auf die Dokumente gestützt habe, die ausdrücklich in dem speziell diese Absicht betreffenden Abschnitt 12.8 des Beschlusses genannt seien, sondern auch auf andere in Abschnitt 12.4.2 des Beschlusses genannte Beweise und auf die Zusammenhänge, die sie zwischen diesen Beweisen und ihrer Preis-Kosten-Analyse in dem Beschluss in Bezug auf den MDM8200-Chip (Erwägungsgründe 954 bis 956 des angefochtenen Beschlusses), den MDM6200-Chip (Erwägungsgründe 968 bis 971 des angefochtenen Beschlusses) und den MDM8200A-Chip (Erwägungsgründe 977 bis 978 des angefochtenen Beschlusses) habe herstellen können. Sie erklärte insoweit im 1118. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, ohne dass ihr die Klägerin in diesem Punkt widersprochen hat, alle diese Beweise und Erwägungsgründe seien Bestandteil ihrer auf den Nachweis der Verdrängungsabsicht der Klägerin gerichteten Analyse.

537    Sodann wies die Kommission anhand von direkten Beweisen, d. h. internen Dokumenten der Klägerin (Abschnitt 12.8.1 des angefochtenen Beschlusses), und indirekten Beweisen, d. h. Begleitumständen (Abschnitt 12.8.2 des angefochtenen Beschlusses), nach, dass die Klägerin mit der Anwendung von Verdrängungspreisen in Bezug auf Huawei und ZTE für die Chips MDM8200, MDM6200 und MDM8200A beabsichtigt hatte, einen Wettbewerber auszuschalten.

538    Was insbesondere die direkten Beweise betrifft, ist dem 1120. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu entnehmen, dass die Kommission aus den in Abschnitt 12.4.2 des Beschlusses zusammengefassten Beweisen neun interne E‑Mail-Korrespondenzen auswählte, die ihrer Meinung nach besonders gut veranschaulichten, dass das obere Management der Klägerin einen Plan zur Ausschaltung von Icera verfolgt habe, und die sie in den Erwägungsgründen 1121 bis 1137 des angefochtenen Beschlusses darlegte.

539    Es handelt sich konkret um folgende E‑Mail-Korrespondenzen:

–        ein E‑Mail-Austausch vom Dezember 2008, in dem es u. a. heißt: „Wir sollten Icera bei Huawei strategisch keine Chance geben“, „[f]alls Icera ZTE bekommt, können wir ZTE zurückdrängen, indem wir auf dem Markt mit Huawei arbeiten“, und „[b]itte erwägen Sie einen zusätzlichen [Preisnachlass] in Höhe von 2 % bis 3 %, um sicherzugehen, dass wir bei Huawei einen Anteil von 100 % haben“ (1121. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses);

–        ein E‑Mail-Austausch vom Februar 2009 mit den folgenden Inhalten: Präventivmaßnahmen, die verhindern sollten, dass Icera ein ausreichendes Volumen erreicht; ein Preiskrieg; die von Icera ausgehende Bedrohung und dass Icera bei einem der wichtigsten Hersteller von Originalgeräten kein Durchbruch gelingen dürfe; sowie „Icera bei ZTE plattzumachen“ (1122. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses);

–        ein E‑Mail-Austausch vom Dezember 2009 in Bezug auf eine Preissenkung für den MDM6200-Chip für ZTE sowie den Umstand, dass die Klägerin nicht zulassen dürfe, dass Icera der Abschluss vieler Verträge gelinge und sie damit ihre Position ausbaue (1124. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses);

–        ein E‑Mail-Austausch vom Dezember 2009, in dem es darum geht, dem Preis keine Bedeutung zukommen zu lassen, damit der MDM8200-Chip „die Lücke schließt“ (1125. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses);

–        ein E‑Mail-Austausch vom Januar 2010, in dem der Icera-Chip 8042 als größte Bedrohung für die Klägerin dargestellt wird und u. a. eine Zusammenarbeit mit Huawei vorgeschlagen wird, um Icera mit dem MDM6200-Chip zu besiegen, das begrenzte Risikokapital von Icera zu verbrauchen und den ICE8042-Chip bei ZTE „plattzumachen“ (1127. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses);

–        ein E‑Mail-Austausch vom Januar 2010, in dem es heißt: „Wir müssen unsere Positionierung bei wichtigen Kunden schützen“, „ZTE und Huawei haben oberste Priorität, und das chinesische Team arbeitet an Problemen, die bei diesen Kunden auftreten“ und „kurzfristig muss eine Anpassung der Preise für die Chips MDM6200 und MDM8200A erfolgen, um den Anstieg des Volumens bei Icera 2010 einzudämmen“; ferner ist diesem E‑Mail-Austausch eine Präsentation beigefügt, in der vorgeschlagen wird, Icera etwa sechs Monate auszupressen, um ihr sehr begrenztes Risikokapital [Venture Capital] aufzubrauchen (1128. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses);

–        ein E‑Mail-Austausch vom Juni 2010 mit der Aussage: „Die Strategie, mit den beiden Chips MDM6200 und MDM8200A Druck auf den ICE8042-Chip auszuüben, hat sich bewährt“ (1132. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses);

–        ein E‑Mail-Austausch vom Dezember 2010 zur Strategie für den MDM8200A-Chip bei Huawei und ZTE, in dem eine Schätzung des Verkaufsvolumens von Icera in Bezug auf ZTE für den Fall vorgenommen wird, dass die Klägerin nichts unternimmt und ZTE, abgesehen von normalen Preisanpassungen, keine besondere Unterstützung zukommen lässt (1134. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses);

–        ein E‑Mail-Austausch vom Mai 2011, in dem ein leitender Angestellter der Klägerin angesichts der finanziellen Schwierigkeiten von Icera sein Zögern in Bezug auf zusätzliche Preisnachlässe für den MDM8200A-Chip zum Ausdruck bringt (1136. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

540    Was die indirekten Beweise betrifft, stützte sich die Kommission auf die folgenden fünf Begleitumstände: das äußerst zielgerichtete Vorgehen im Rahmen des beanstandeten Verhaltens, das erhebliche Ausmaß der Verlustverkäufe der Klägerin in dem strategisch ausgesprochen wichtigen Spitzensegment des Marktes für UMTS-Chips, die ununterbrochene Fortsetzung des beanstandeten Verhaltens im maßgeblichen Zeitraum, die zwei NWK-Zahlungen zur Verschleierung eines Preisnachlasses für die Chips MDM8200 und MDM6200 sowie die finanziellen Opfer der Klägerin in Bezug auf Preise und Beschaffung. Die Kommission stellte insoweit im 1138. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses fest, dass diese indirekten Beweise für sich genommen ausreichten, um nachzuweisen, dass die Klägerin beabsichtigte, Icera vom relevanten Markt zu verdrängen.

541    Sofern bestimmte Gründe einer Entscheidung für sich genommen diese rechtlich hinreichend rechtfertigen können, wirken sich etwaige Mängel der übrigen Begründung des Rechtsakts nach gefestigter Rechtsprechung keinesfalls auf dessen verfügenden Teil aus (Urteile vom 21. September 2005, EDP/Kommission, T‑87/05, EU:T:2005:333, Rn. 144, und vom 29. März 2012, Telefónica und Telefónica de España/Kommission, T‑336/07, EU:T:2012:172, Rn. 283).

542    In der vorliegenden Rechtssache ist daher zu prüfen, ob der zehnte Klagegrund nicht ins Leere geht, soweit die Klägerin beanstandet, die Kommission habe Fehler begangen, als sie festgestellt habe, dass die Preisgestaltung der Klägerin der Umsetzung eines Plans zum Ausschluss von Icera gedient habe.

543    Zunächst ist zu den direkten Beweisen festzustellen, dass die Klägerin im Rahmen des zweiten Teils des vorliegenden Klagegrundes ausdrücklich nur die von der Kommission vorgenommene Auslegung von vier der neun E‑Mail-Korrespondenzen beanstandet, zu denen im angefochtenen Beschluss festgestellt wurde, dass sie die Absicht, Icera zu verdrängen, besonders gut veranschaulichten, d. h. der E‑Mail-Austausch vom Februar 2009 (der zweite direkte Beweis), die E‑Mail-Korrespondenzen vom Januar 2010 (der fünfte und sechste direkte Beweis) und der E‑Mail-Austausch vom Juni 2010 (der siebte direkte Beweis).

544    Was den Mitarbeiter betrifft, der im dritten Teil des vorliegenden Klagegrundes erwähnt wird und der eine untergeordnete Position eingenommen haben soll, ist dieser nur an den E‑Mail-Korrespondenzen vom Februar 2009 (d. h. am zweiten direkten Beweis), am zweiten E‑Mail-Austausch vom Dezember 2009 (d. h. am vierten direkten Beweis) und an den zwei E‑Mail-Korrespondenzen vom Januar 2010 (d. h. am fünften und sechsten direkten Beweis), nicht jedoch an den E‑Mail-Korrespondenzen vom Dezember 2008 (d. h. am ersten direkten Beweis), am ersten E‑Mail-Austausch vom Dezember 2009 (d. h. am dritten direkten Beweis), am E‑Mail-Austausch vom Juni 2010 (d. h. am siebten direkten Beweis), am E‑Mail-Austausch vom Dezember 2010 (d. h. am achten direkten Beweis) und am E‑Mail-Austausch vom Mai 2011 (d. h. am neunten direkten Beweis) beteiligt.

545    Folglich erhebt die Klägerin in der Klageschrift zur Stützung des vorliegenden Klagegrundes keinen Vorwurf in Bezug auf die im angefochtenen Beschluss durch die Kommission vorgenommene Auslegung der E‑Mail-Korrespondenzen vom Dezember 2008 (d. h. des ersten direkten Beweises), des ersten E‑Mail-Austausches vom Dezember 2009 (d. h. des dritten direkten Beweises), des E‑Mail-Austausches vom Dezember 2010 (d. h. des achten direkten Beweises) und des E‑Mail-Austausches vom Mai 2011 (d. h. des neunten direkten Beweises).

546    Die vorgenannten E‑Mail-Korrespondenzen bestätigen jedoch für sich genommen, dass die Klägerin eine Strategie zur Ausschaltung von Icera verfolgte.

547    Wie nämlich oben in Rn. 539 dargelegt, bezieht sich der E‑Mail-Austausch vom Dezember 2008 (d. h. der erste direkte Beweis) darauf, dass Icera bei Huawei keine „Chance“ gegeben werden solle; dass für den Fall, dass Icera ZTE erhalte, ZTE durch eine Zusammenarbeit mit Huawei zurückgedrängt werden solle; und dass Huawei ein zusätzlicher Preisnachlass in Höhe von 2 % oder 3 % gewährt werden solle, um einen 100 %igen Anteil in Bezug auf diese Kundin sicherzustellen. Somit wird Icera in diesem Austausch eindeutig genannt, ebenso wie die Notwendigkeit, Maßnahmen in Bezug auf Icera zu ergreifen, und zwar durch eine Zusammenarbeit der Klägerin mit Huawei und die Gewährung eines zusätzlichen Preisnachlasses zugunsten von Huawei, damit Icera keine „Chance“ bei dieser Kundin habe.

548    Ferner war die Kommission berechtigt, sich auf den E‑Mail-Austausch vom Dezember 2008 zu stützen, auch wenn er einige Monate vor dem Beginn des maßgeblichen Zeitraums stattfand. Nach der Rechtsprechung kann die Kommission nämlich Umstände berücksichtigen, die außerhalb des Zuwiderhandlungszeitraums festgestellt worden sind, wenn diese Umstände Teil des Bündels von Indizien sind, auf das sich die Kommission zum Beweis dieser Zuwiderhandlung beruft (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 2. Februar 2012, Denki Kagaku Kogyo und Denka Chemicals/Kommission, T‑83/08, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:48, Rn. 193, und vom 16. Juni 2015, FSL u. a./Kommission, T‑655/11, EU:T:2015:383, Rn. 178). Im Übrigen ist es durchaus denkbar, dass die konkrete Umsetzung einer Strategie zur Verdrängung eines Wettbewerbers gewisse Zeit erfordern kann und daher einige Monate nach Ausarbeitung der Strategie stattfindet.

549    Der erste E‑Mail-Austausch vom Dezember 2009 (d. h. der dritte direkte Beweis) bezieht sich auf einen Preisnachlass für den MDM6200-Chip zugunsten von ZTE und darauf, dass die Klägerin nicht zulassen dürfe, dass Icera der Abschluss vieler Verträge gelinge und sie damit ihre Position ausbaue. Somit wird Icera in diesem Austausch eindeutig genannt, ebenso wie die Notwendigkeit, Maßnahmen in Bezug auf Icera zu ergreifen, und zwar durch einen Preisnachlass für ZTE, um zu verhindern, dass Icera ihre Position ausbaue und insbesondere mit dieser Kundin Verträge abschließe.

550    Im E‑Mail-Austausch vom Dezember 2010 (d. h. das achte direkte Beweismittel) wird auf eine besondere Unterstützung von ZTE hingewiesen, bei der es sich nicht um normale Preisanpassungen handle. Zudem wird in diesem E‑Mail-Austausch Icera eindeutig genannt, ebenso wie Prognosen für die Lieferungen von Icera an ZTE für den Fall, dass ZTE, abgesehen von normalen Preisanpassungen, keine besondere Unterstützung gewährt werde.

551    Der E‑Mail-Austausch vom Mai 2011 (d. h. das neunte direkte Beweismittel) betrifft finanzielle Schwierigkeiten von Icera, die bei einem leitenden Angestellten der Klägerin Zweifel aufkommen ließen, ob zusätzliche Preisnachlässe für den MDM8200A-Chip zu gewähren seien, was belegt, dass die finanzielle Lage von Icera die Preispolitik der Klägerin im maßgeblichen Zeitraum beeinflusst hatte.

552    Da die Klägerin die Auslegung der oben in Rn. 545 genannten E‑Mail-Korrespondenzen durch die Kommission im angefochtenen Beschluss nicht in Frage stellt, geht der vorliegende Klagegrund ins Leere, soweit sie geltend macht, die Kommission habe Fehler begangen, als sie festgestellt habe, dass die Preisgestaltung der Klägerin der Umsetzung eines Plans zum Ausschluss von Icera gedient habe. Selbst wenn der Klägerin nämlich in Bezug auf die Kritik an der von der Kommission vorgenommenen Auslegung einiger, von der Kommission als direkte Beweise angeführter E‑Mail-Korrespondenzen zu folgen wäre, lässt sich jedoch anhand der Beweise, die die Klägerin nicht beanstandet, für sich genommen belegen, dass sie beabsichtigte, Icera zu verdrängen.

553    Jedenfalls stützte sich die Kommission im angefochtenen Beschluss auch auf indirekte Beweise, um die Verdrängungsabsicht der Klägerin nachzuweisen.

554    Wie dem von der Klägerin nicht beanstandeten 1138. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu entnehmen ist, reichen die indirekten Beweise aus, um nachzuweisen, dass die Klägerin die Verdrängung von Icera beabsichtigte.

555    Zudem stützt sich die Klägerin im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes auf drei Teile, von denen keiner das Bündel indirekter Beweise beanstandet, auf das sich Abschnitt 12.8.2 des angefochtenen Beschlusses bezieht, denn der erste Teil betrifft die von der Kommission entwickelte „Schadenstheorie“, der zweite stellt die Auslegung und Darstellung einiger direkter Beweise, d. h. bestimmter interner Dokumente der Klägerin, durch die Kommission in Frage und der dritte bezieht sich auf die untergeordnete Position eines Mitarbeiters, der einige Dokumente verfasst hat, die die Kommission als direkte Beweise heranzog.

556    Da das Bündel indirekter Beweise, auf das sich die Kommission in Abschnitt 12.8.2 des angefochtenen Beschlusses stützt, für sich genommen ausreicht, um nachzuweisen, dass die Klägerin beabsichtigte, Icera zu verdrängen, hat der Umstand, dass die Klägerin diese Beweise im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes nicht in Frage stellt, zur Folge, dass dieser Klagegrund ins Leere geht, soweit die Klägerin geltend macht, die Kommission habe Fehler begangen, als sie festgestellt habe, dass die Preisgestaltung der Klägerin der Umsetzung eines Plans zum Ausschluss von Icera gedient habe.

557    Jedenfalls muss nach der Rechtsprechung im Fall der Anwendung von Preisen unterhalb der ATC durch ein Unternehmen in beherrschender Stellung die Kommission für den Nachweis des Missbrauchs eine Reihe gewichtiger übereinstimmender Anhaltspunkte darlegen, die die Feststellung ermöglichen, dass das Unternehmen beabsichtigte, einen Wettbewerber zu verdrängen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 6. Oktober 1994, Tetra Pak/Kommission, T‑83/91, EU:T:1994:246, Rn. 151, und vom 30. Januar 2007, France Télécom/Kommission, T‑340/03, EU:T:2007:22, Rn. 197). Es muss, gestützt auf genaue und konkrete Analyse- und Beweiselemente, der Nachweis dafür erbracht werden, dass das Verhalten zumindest geeignet war, Verdrängungswirkungen zu erzeugen (vgl. Urteil vom 21. Dezember 2023, European Superleague Company, C‑333/21, EU:C:2023:1011, Rn. 130).

558    Angesichts eines auf den ersten Blick ausreichenden Bündels an Indizien obliegt es der Klägerin, in der Klageschrift eine andere, vollständige und schlüssige Erklärung vorzutragen, die den verschiedenen, im angefochtenen Beschluss angeführten Gesichtspunkten eine andere Bedeutung zu verleihen vermag (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Dezember 2012, Almamet/Kommission, T‑410/09, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:676, Rn. 145).

559    Im vorliegenden Fall hat die Kommission der Klägerin u. a. die Anwendung von Preisen unterhalb der LRAIC, aber oberhalb der AVC zur Last gelegt. Um in diesem Fall eine Zuwiderhandlung nachzuweisen, musste die Kommission daher u. a. gewichtige Anhaltspunkte dafür vorlegen, dass die Klägerin beabsichtigte, Icera zu verdrängen, was in Abschnitt 12.8 des angefochtenen Beschlusses erfolgte.

560    Wie oben in Rn. 538 dargelegt, beruft sich die Kommission in Abschnitt 12.8.1 des angefochtenen Beschlusses auf mehrere interne Dokumente der Klägerin, und zwar neun E‑Mail-Korrespondenzen, die ihrer Meinung nach besonders gut veranschaulichen, dass eine Strategie existierte, Icera vom relevanten Markt zu verdrängen.

561    Wie oben in Rn. 545 dargelegt, hat die Klägerin in der Klageschrift zur Stützung des vorliegenden Klagegrundes keinen Vorwurf in Bezug auf die im angefochtenen Beschluss durch die Kommission vorgenommene Auslegung der E‑Mail-Korrespondenzen vom Dezember 2008 (d. h. des ersten direkten Beweises), des ersten E‑Mail-Austausches vom Dezember 2009 (d. h. des dritten direkten Beweises), des E‑Mail-Austausches vom Dezember 2010 (d. h. des achten direkten Beweises) und des E‑Mail-Austausches vom Mai 2011 (d. h. des neunten direkten Beweises) erhoben. Wie jedoch oben in Rn. 546 festgestellt, belegen diese E‑Mail-Korrespondenzen für sich genommen, dass eine Strategie zur Verdrängung von Icera bestand, insbesondere im Licht der in Abschnitt 12.4.2 des Beschlusses genannten Dokumente.

562    Was die fünf weiteren E‑Mail-Korrespondenzen betrifft, deren Auslegung durch die Kommission in der Klageschrift ausdrücklich beanstandet wird, stellen sie eine Reihe gewichtiger übereinstimmender Anhaltspunkte dar, die die Feststellung ermöglichen, dass die Klägerin beabsichtigte, Icera zu verdrängen.

563    Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Kommission mit den in Abschnitt 12.8.1 des angefochtenen Beschlusses angeführten direkten Beweisen die Absicht der Klägerin, Icera zu verdrängen, und nicht die – in anderen Abschnitten des Beschlusses behandelten – übrigen Tatbestandsmerkmale der Zuwiderhandlung nachweisen wollte, wie u. a. das Vorliegen von Verdrängungspreisen in Bezug auf die drei betreffenden Chips. Folglich ist im vorliegenden Fall zu prüfen, ob die internen Dokumente, auf die sich die Kommission stützt, tatsächlich ein Bündel gewichtiger übereinstimmender Anhaltspunkte darstellen, die in der Gesamtschau die Feststellung ermöglichen, dass die Klägerin die Verdrängung von Icera beabsichtigte, und jegliche anderen Erwägungen sind insoweit nicht relevant.

564    Dabei sind die Formulierungen, die in jeder dieser E‑Mail-Korrespondenzen verwendet wurden, besonders aufschlussreich in Bezug auf die Absicht der Klägerin, Icera zu verdrängen.

565    Als Erstes enthält der E‑Mail-Austausch vom Februar 2009 den ausdrücklichen Hinweis darauf, dass Icera eine „Bedrohung“ darstelle, sowie eine Aufstellung von Präventivmaßnahmen, um zu verhindern, dass Icera ein ausreichendes Volumen erreicht und ihr bei den wichtigsten Herstellern von Originalgeräten der Durchbruch gelingt. Darüber hinaus wird in diesem E‑Mail-Austausch davon gesprochen, Icera bei ZTE „plattzumachen“ und ihr bei Huawei keine „Chance“ zu geben. Somit wird Icera in diesem Austausch eindeutig genannt, ebenso wie die Notwendigkeit, Maßnahmen zu ergreifen, um zu verhindern, dass sie ein ausreichendes Volumen erreicht, und um sie insbesondere bei den zwei Kunden Huawei und ZTE zu verdrängen.

566    Die Klägerin wendet sich gegen die Schlussfolgerungen, die die Kommission aus dem E‑Mail-Austausch vom Februar 2009 gezogen hat, und macht geltend, der Austausch habe drei Monate vor Beginn der Zuwiderhandlung stattgefunden, nehme nicht auf die Preisgestaltung für die drei betreffenden Chips Bezug und widerlege die „Theorie der indirekten Verdrängung“.

567    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission nach der oben in Rn. 548 angeführten Rechtsprechung Umstände berücksichtigen kann, die außerhalb des Zuwiderhandlungszeitraums festgestellt worden sind, wenn diese Umstände Teil des Bündels von Indizien sind, auf das sich die Kommission zum Beweis dieser Zuwiderhandlung beruft. Zudem kann die Absicht, einen Wettbewerber zu verdrängen, durchaus mehrere Monate vor der konkreten Umsetzung einer solchen Verdrängungsstrategie zum Ausdruck gebracht werden. Außerdem ist es nicht relevant, dass der E‑Mail-Austausch vom Februar 2009 nicht auf die Preisgestaltung für die drei betreffenden Chips Bezug nimmt und nach Auffassung der Klägerin die „Theorie der indirekten Verdrängung“ widerlegt, da diese Gesichtspunkte die Absicht der Klägerin, Icera zu verdrängen, nicht in Frage stellen können. Zwar enthält der E‑Mail-Austausch keine detaillierten Angaben in Bezug auf die gegenüber Icera zu ergreifenden Maßnahmen, gleichwohl werden Präventivmaßnahmen gegenüber Icera ausdrücklich vorgeschlagen.

568    Als Zweites werden im ersten E‑Mail-Austausch vom Januar 2010 (d. h. dem fünften direkten Beweis) erneut Icera und konkret ihr Chip ICE8042 als größte Bedrohung für die Klägerin genannt, und es werden Maßnahmen aufgeführt, die die Klägerin zur Verdrängung von Icera durchzuführen habe, nämlich mit Huawei zusammenzuarbeiten und das begrenzte Risikokapital von Icera aufzubrauchen. Somit wird Icera in diesem Austausch eindeutig genannt, ebenso wie die Notwendigkeit, Maßnahmen zu ergreifen, um sie zu verdrängen, insbesondere bei Huawei.

569    Im zweiten E‑Mail-Austausch vom Januar 2010 (d. h. dem sechsten direkten Beweis) werden Maßnahmen genannt, die den Anstieg des Volumens bei Icera eindämmen und die Positionierung der Klägerin bei ihren wichtigen Kunden – Huawei und ZTE wird insoweit „Priorität“ eingeräumt – schützen sollen, insbesondere durch eine Anpassung der Preise für die Chips MDM6200 und MDM8200A. Darüber hinaus wird in einer dem E‑Mail-Austausch beigefügten Präsentation vorgeschlagen, Icera sechs Monate „auszupressen“, um ihr begrenztes Kapital aufzubrauchen. Somit wird Icera auch in diesem Austausch eindeutig genannt, ebenso wie die Notwendigkeit, Maßnahmen zu treffen, um sie bei Huawei und ZTE zu verdrängen, u. a. durch eine Anpassung der Preise für die Chips MDM6200 und MDM8200A.

570    Die Klägerin versucht, die Schlussfolgerungen der Kommission zu den E‑Mail-Korrespondenzen vom Januar 2010 in Frage zu stellen, indem sie eine lange Reihe verschiedener Behauptungen aufstellt, z. B. dass die Kommission bei der von ihr entwickelten „Schadenstheorie“ den von HiSilicon ausgeübten Wettbewerb, obwohl er in der E‑Mail vom 1. Januar 2010 thematisiert werde, nicht berücksichtigt habe, der Chip MDM8200 nicht erwähnt werde und die E‑Mails vorwiegend die Konkurrenz durch Vodafone zum Gegenstand gehabt hätten. Diese Behauptungen sind jedoch als nicht relevant anzusehen, da sie die Absicht der Klägerin, Icera zu verdrängen, nicht in Frage stellen können.

571    Zudem bestreitet die Klägerin nicht, dass die E‑Mail-Korrespondenzen vom Januar 2010 Maßnahmen – insbesondere auf dem Gebiet der Preisgestaltung – benennen, die in Bezug auf Huawei und ZTE zu ergreifen seien, um das Wachstum von Icera einzudämmen und sie dazu zu bringen, ihre begrenzten Mittel aufzubrauchen. Zwar wendet sich die Klägerin in diesem Zusammenhang gegen die Auslegung des Begriffs „auspressen“ durch die Kommission, der ihrer Meinung nach nicht bedeute, „den Geldhahn zuzudrehen“, nichtsdestoweniger bezieht sich jedoch der Satz, in dem diese Formulierung verwendet wird, nämlich „Icera etwa [sechs] Monate auszupressen, um ihr sehr begrenztes Risikokapital [Venture Capital] aufzubrauchen“, eindeutig auf eine Strategie, die das finanzielle Ausbluten von Icera zum Ziel hatte. Die Klägerin bietet auch keine andere Auslegung des Begriffs „auspressen“ an, mit der sich die Schädlichkeit dieser Strategie für Icera widerlegen ließe.

572    Als Drittes nimmt der E‑Mail-Austausch vom Juni 2010 (d. h. der siebte direkte Beweis) ausdrücklich darauf Bezug, dass der Chip ICE8042 von Icera bei Huawei und ZTE an Bedeutung verliere und die „Strategie, mit den beiden Chips MDM6200 und MDM8200A Druck auf den ICE8042-Chip auszuüben, … sich bewährt“ habe. Folglich hatte die Klägerin sehr wohl eine Strategie in Bezug auf Huawei und ZTE umgesetzt, die auf den Chips MDM6200 und MDM8200A beruhte und gegen Icera gerichtet war.

573    Die Klägerin stützt sich insoweit auf eine Reihe verschiedener Behauptungen, die nicht relevant sind, da sie das Vorliegen ihrer Absicht, Icera zu verdrängen, an sich nicht in Frage stellen können, und beruft sich etwa darauf, dass der Chip MDM8200, die Vereinbarung mit ZTE über die nicht wiederkehrenden Konzeptionsaufwendungen und die von Icera im Mai 2010 angekündigte zusätzliche Eigenkapitalfinanzierung nicht erwähnt worden seien. Damit bestreitet die Klägerin jedoch nicht, dass im E‑Mail-Austausch vom Juni 2010 von einer gegen Icera gerichteten Strategie in Bezug auf Huawei und ZTE die Rede ist, die die Chips MDM6200 und MDM8200A betraf und auch tatsächlich umgesetzt wurde, da sie sich bewährt habe.

574    Als Viertes macht die Klägerin zur Stützung des dritten Teils des vorliegenden Klagegrundes geltend, die Kommission berufe sich auf Dokumente, die von einem Mitarbeiter in untergeordneter Position erstellt worden seien, der in Bezug auf die Preise über keine Befugnisse oder Einflussmöglichkeiten verfügt habe und daher keine wesentliche Rolle bei der Umsetzung der Strategie zur Verdrängung von Icera habe spielen können. Insoweit geht aus Abschnitt 12.8.1 des angefochtenen Beschlusses hervor, dass dieser Mitarbeiter an den E‑Mail-Korrespondenzen vom Februar 2009, Dezember 2009 und Januar 2010 beteiligt war.

575    In Bezug auf den E‑Mail-Austausch vom Februar 2009 (d. h. den zweiten direkten Beweis) ist dem 1122. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu entnehmen, dass der betreffende Mitarbeiter seine „Analyse der von Icera ausgehenden Bedrohung“ einem Mitglied des oberen Managements der Klägerin zukommen ließ, das die Analyse genehmigte und an andere Mitglieder des oberen Managements weiterleitete.

576    Was den zweiten E‑Mail-Austausch vom Dezember 2009 (d. h. den vierten direkten Beweis) betrifft, bestreitet die Klägerin nicht, dass ein Mitglied ihres oberen Managements vorschlug, dem Preis keine Bedeutung zukommen zu lassen, damit der MDM8200-Chip „die Lücke schließt“.

577    In Bezug auf die E‑Mail-Korrespondenzen vom Januar 2010 (d. h. der fünfte und der sechste direkte Beweis) und den darin enthaltenen Vorschlag des betreffenden Mitarbeiters, Icera „auszupressen“, um ihr begrenztes Kapital aufzubrauchen, steht fest, dass diese E‑Mails an mehrere Mitglieder des oberen Managements der Klägerin gerichtet waren. Außerdem wurde der Vorschlag in einer Präsentation dieses Mitarbeiters wiederholt, die einem Bericht über die „Prüfung von Icera“ beigefügt war, den ein Mitglied des oberen Managements der Unternehmensleitung der Klägerin übermittelt hatte.

578    Somit waren sehr wohl Mitglieder des oberen Managements der Klägerin, die in Bezug auf die Preise über Befugnisse und Einflussmöglichkeiten verfügten, in diese E‑Mail-Korrespondenzen involviert, aus denen hervorgeht, dass die Verdrängung von Icera beabsichtigt war.

579    Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Kommission in Abschnitt 12.8.1 des angefochtenen Beschlusses anhand von direkten Beweisen, die ein Bündel gewichtiger übereinstimmender Anhaltspunkte darstellen, rechtlich hinreichend nachwies, dass die Klägerin die Absicht hatte, Icera zu verdrängen, und daher hat die Kommission ihre Begründungspflicht nicht verletzt.

580    Schließlich ist festzustellen, dass die Klägerin keine Anhaltspunkte dafür vorträgt, dass die Kommission den Anspruch auf rechtliches Gehör und den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung verletzte, als sie feststellte, dass die Preisgestaltung der Klägerin der Umsetzung eines Plans zum Ausschluss von Icera gedient habe.

581    Folglich ist der vorliegende Klagegrund zurückzuweisen.

 Zum elften Klagegrund: „offensichtliche Fehler bei der Beurteilung“ der Sach- und Rechtslage sowie Begründungsmangel, soweit die Kommission die von der Klägerin vorgetragene objektive Rechtfertigung zurückgewiesen habe

582    Zur Stützung des elften Klagegrundes trägt die Klägerin die folgenden Argumente vor.

583    Als Erstes macht sie geltend, die Kommission habe nicht berücksichtigt, dass sie, als sie die beanstandeten Preissenkungen eingeräumt habe, sich lediglich den „aggressiven“ Preisen ihrer Konkurrentin Icera angepasst habe, und außer Acht gelassen, dass die von ihr praktizierten Preise oberhalb ihrer AVC gelegen hätten und somit rentabel und gerechtfertigt gewesen seien. In Bezug auf den vierten und den achten bis zehnten Klagegrund trägt sie erneut vor, dass sie jedenfalls keinen „Plan“ zur Verdrängung von Icera umgesetzt habe.

584    Als Zweites macht die Klägerin geltend, die Kommission hätte berücksichtigen müssen, dass die Preissenkungen für den MDM8200-Chip Huawei aufgrund des von ihr ausgeübten erheblichen Drucks gewährt worden seien und dazu gedient hätten, erstens Huawei zu helfen, ihre nicht ausgeführten Bestellungen sowie ihre überschüssigen und veralteten Lagerbestände abzuverkaufen, und zweitens auf der Preisebene mit Geräten von ZTE zu konkurrieren, die einen Chip von Icera enthielten.

585    Als Drittes trägt die Klägerin vor, sie habe der Kommission im Verwaltungsverfahren ausführlich erläutert, dass sie ihre eigenen MDM8200-Chipbestände als überschüssig und veraltet betrachte. Daher habe sie für alle wichtigen Kunden den Preis für diesen Chip gesenkt, was Huawei benachteiligt habe und sie schließlich dazu bewogen habe, Huawei für frühere Bestellungen einen Preisnachlass zu gewähren. Dass die Bestellungen dieser Chips 2010 und 2011 erfolgt seien, ändere nichts daran, dass ihre Entscheidung, den Chippreis zur Ankurbelung der Nachfrage zu senken, objektiv gerechtfertigt gewesen sei. Entgegen dem Vorbringen der Kommission habe sie sehr wohl allen anderen wichtigen Kunden Preisnachlässe gewährt, und diese Kunden hätten in der Tat von Preisen profitiert, die den durchschnittlichen Verkaufspreisen entsprochen hätten, die Huawei zugestanden worden seien.

586    Angesichts dieser Umstände sei das beanstandete Verhalten objektiv gerechtfertigt gewesen und habe die Kommission einen Fehler begangen, als sie im angefochtenen Beschluss eine gegenteilige Auffassung ohne stichhaltige Begründung vertreten habe.

587    Die Kommission und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

588    Art. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 ist im Wesentlichen zu entnehmen, dass in allen Verfahren zur Anwendung der Art. 101 und 102 AEUV die Beweislast für eine Zuwiderhandlung gegen diese Bestimmungen der Partei oder der Behörde obliegt, die diesen Vorwurf erhebt, und die Beweislast für eine objektive Rechtfertigung dem Unternehmen obliegt, das sich darauf beruft.

589    Zudem ergibt sich im Wesentlichen aus dem 5. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1/2003, dass es zwar der Partei oder Behörde, die den Vorwurf einer Zuwiderhandlung gegen die Art. 101 oder 102 AEUV erhebt, obliegt, diese Zuwiderhandlung nachzuweisen, andererseits jedoch das Unternehmen, das sich gegenüber der Feststellung einer Zuwiderhandlung auf eine Rechtfertigung berufen möchte, im Einklang mit den einschlägigen rechtlichen Anforderungen den Nachweis zu erbringen hat, dass die Voraussetzungen für diese Rechtfertigung erfüllt sind.

590    Folglich muss ein Unternehmen wie die Klägerin, das sich auf eine objektive Rechtfertigung, einschließlich Effizienzsteigerungen, in Bezug auf ein Verhalten beruft, das a priori gegen Art. 102 AEUV verstößt, selbst den rechtlich hinreichenden Nachweis dafür erbringen.

591    Im vorliegenden Fall obliegt es somit der Klägerin, rechtlich hinreichend nachzuweisen, dass dieses Verhalten dennoch als objektiv gerechtfertigt anzusehen ist.

592    Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Verhalten nicht missbräuchlich, wenn es durch wettbewerbsfördernde Vorteile gerechtfertigt ist oder berechtigten Interessen dient. Das Unternehmen in beherrschender Stellung kann dazu insbesondere den Nachweis erbringen, dass entweder sein Verhalten objektiv notwendig ist oder dass die dadurch hervorgerufene Verdrängungswirkung durch Effizienzvorteile ausgeglichen oder sogar übertroffen werden kann, die auch dem Verbraucher zugutekommen. Insoweit hat das beherrschende Unternehmen erstens nachzuweisen, dass durch sein Verhalten Effizienzvorteile erzielt werden können, indem es das Vorliegen und den Umfang der Effizienzvorteile nachweist, zweitens, dass die Effizienzvorteile die wahrscheinlich negativen Auswirkungen seines Verhaltens auf den Wettbewerb und die Interessen der Verbraucher auf dem betroffenen Markt oder den betroffenen Märkten ausgleichen, drittens, dass dieses Verhalten für das Erreichen der Effizienzvorteile notwendig ist, und viertens, dass es einen wirksamen Wettbewerb nicht ausschaltet, indem es alle oder die meisten bestehenden Quellen tatsächlichen oder potenziellen Wettbewerbs zum Versiegen bringt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. März 2012, Post Danmark, C‑209/10, EU:C:2012:172, Rn. 40 bis 42 und die dort angeführte Rechtsprechung). Anhand dieser Grundsätze sind die von der Klägerin vorgebrachten Rechtfertigungen zu beurteilen.

593    Vorab ist festzustellen, dass die Klägerin in keiner Weise erläutert, inwiefern, im Sinne der oben in Rn. 592 angeführten Rechtsprechung, die ihr vorgeworfene Anwendung von Kampfpreisen „objektiv notwendig“ gewesen sein soll oder mit Vorteilen für Verbraucher verbunden gewesen sein soll, die den tatsächlichen oder potenziellen Marktausschluss von Icera als Folge der Kampfpreise hätten ausgleichen können, oder inwieweit das Verhalten für das Erzielen der behaupteten Effizienzvorteile für die Verbraucher „notwendig“ gewesen sein soll.

594    Die drei Rechtfertigungen, die die Klägerin für ihre Anwendung von Kampfpreisen anführt, nämlich erstens eine Anpassung an die „aggressiven“ Preise von Icera und die Anwendung von Preisen oberhalb der AVC, zweitens die Huawei zugestandenen Preissenkungen für den Chip MDM8200, um Huawei zu helfen, ihre überschüssigen und veralteten Lagerbestände von diesem Chip abzuverkaufen, und drittens die Huawei eingeräumten Preissenkungen für diesen Chip, um ihre eigenen überschüssigen und veralteten Lagerbestände von dem Chip abzuverkaufen, sind kein Nachweis dafür, dass das beanstandete Verhalten objektiv notwendig war oder die dadurch hervorgerufene Verdrängungswirkung in Bezug auf Icera durch Effizienzvorteile ausgeglichen oder sogar übertroffen werden konnte, die auch dem Verbraucher zugutekamen.

595    Hierzu in der mündlichen Verhandlung befragt, hat die Klägerin lediglich darauf hingewiesen, dass Huawei Druck ausgeübt habe, um niedrigere Preise für den MDM8200-Chip angeboten zu bekommen, und die Gefahr bestanden habe, dass Huawei, gegebenenfalls auf gerichtlichem Weg, bestimmte Bestellungen stornieren würde. Im Licht der oben in Rn. 592 angeführten Rechtsprechung sind diese Umstände jedoch keine objektive Rechtfertigung für einen Missbrauch, der unter das Verbot des Art. 102 AEUV fällt.

596    Folglich hat die Klägerin keinen hinreichenden Beweis im Sinne von Art. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 und der oben in Rn. 592 angeführten Rechtsprechung dafür erbracht, dass das beanstandete Verhalten objektiv gerechtfertigt war, was genügt, um den elften Klagegrund zurückzuweisen, ohne dass geprüft werden muss, ob die Kommission Tatsachen‑, Rechts- und Beurteilungsfehler begangen und gegen ihre Begründungspflicht verstoßen hat, als sie die Rechtfertigungen der Klägerin im Verwaltungsverfahren zurückwies.

597    Jedenfalls sind die Ausführungen in Abschnitt 12.9 des angefochtenen Beschlusses hinreichend begründet und nicht mit Beurteilungs- oder Tatsachenfehlern behaftet.

598    In Bezug auf die Anpassung an die „aggressiven“ Preise von Icera genügt der Hinweis, dass die Rechtsprechung kein generelles Recht eines beherrschenden Unternehmens, sich an die Preise der Konkurrenz anzupassen, anerkennt; dies gilt insbesondere dann, wenn dieses Recht dazu führen würde, den Rückgriff auf Verdrängungspreise zu rechtfertigen, die im Übrigen nach dem Vertrag verboten sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. Januar 2007, France Télécom/Kommission, T‑340/03, EU:T:2007:22, Rn. 182).

599    Überdies ist ein solches Verhalten nicht deshalb, weil es für die Klägerin „vernünftig“ gewesen sein soll, sich den Preisen von Icera anzupassen, objektiv „gerechtfertigt“ im Sinne der oben in Rn. 592 angeführten Rechtsprechung bezüglich der Erzielung von Effizienzvorteilen. Nur weil ein Verhalten aus Sicht des sich so verhaltenden Unternehmens als wirtschaftlich „vernünftig“ angesehen werden kann, ist es nicht zwangsläufig objektiv gerechtfertigt im Sinne des Wettbewerbsrechts.

600    Was die Anwendung von Preisen oberhalb der AVC betrifft, liegt nach der Rechtsprechung, die auf das Urteil vom 3. Juli 1991, AKZO/Kommission (C‑62/86, EU:C:1991:286, Rn. 71 und 72), zurückgeht, ein Missbrauch einer beherrschenden Stellung vor, wenn ein beherrschendes Unternehmen Preise unterhalb der ATC, jedoch oberhalb der AVC anwendet und dies im Rahmen eines Plans geschieht, der die Ausschaltung eines Konkurrenten zum Ziel hat. Wird eine solche Verdrängungsstrategie verfolgt, wie vorliegend der Fall, ist es somit unerheblich, dass die praktizierten Preise „rentabel und gerechtfertigt“ gewesen sein sollen, da sie oberhalb der AVC gelegen hätten.

601    In Bezug auf die Preissenkungen für den Chip MDM8200, die Huawei gewährt wurden, um ihr beim Abverkauf der überschüssigen und veralteten Lagerbestände dieses Chips zu helfen, ist festzustellen, dass sie nur die Preise betreffen, die Huawei für den MDM8200-Chip angeboten wurden. Somit versucht die Klägerin mit ihren Erklärungen nicht, die Verdrängungspreise, die ZTE gewährt wurden, oder die Verdrängungspreise für die Chips MDM6200 und MDM8200A zu rechtfertigen.

602    Was außerdem die Preissenkungen für den MDM8200-Chip betrifft, die Huawei gewährt wurden, um ihr beim Abverkauf ihrer überschüssigen und veralteten Bestände an diesem Chip zu helfen, ist festzustellen, dass, wie die Kommission im 1185. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ausführt, Huawei in den Jahren 2010 und 2011 bei Qualcomm neue Bestellungen für diesen Chip aufgab und die Klägerin dies auf eine entsprechende Frage in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat. Folglich beging die Kommission keinen Fehler, als sie feststellte, es sei wenig glaubhaft, dass die Preissenkungen gewährt worden seien, um Huawei beim Abverkauf überschüssiger Bestände in Bezug auf einen veralteten Chip zu helfen.

603    Ebenso ist es im Hinblick auf die Preissenkungen, die die Klägerin Huawei gewährte, um ihren eigenen überschüssigen und veralteten Bestand an diesem Chip abzuverkaufen, wenig glaubhaft, dass die Preissenkungen diesem Zweck dienten. Denn wäre dies der Fall gewesen, hätte die Klägerin, wie die Kommission zu Recht geltend macht, allen Kunden Preisnachlässe für diesen Chip gewährt. Tabelle 74 des angefochtenen Beschlusses ist jedoch zu entnehmen, dass diese Preisnachlässe nur Huawei gewährt wurden und ihr Preise angeboten wurden, die wesentlich niedriger waren als die Preise, die die Klägerin ihren anderen Hauptkunden anbot. Außerdem geht aus dem 1185. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervor, dass die Klägerin im August 2010 neue Einheiten des MDM8200-Chips herstellen musste, um die Nachfrage von Huawei zu decken, was die Klägerin auf eine entsprechende Frage in der mündlichen Verhandlung ebenfalls bestätigt hat. Schließlich ist das Vorbringen der Klägerin, die Preissenkungen für Huawei hätten auch dazu gedient, den mit einem Icera-Chip versehenen Geräten von ZTE die Stirn zu bieten, nur eine Bestätigung der von der Kommission festgestellten indirekten Verdrängung.

604    Folglich ist der elfte Klagegrund in jedem Fall zurückzuweisen.

 Zum dritten Klagegrund: „Rechtsfehler durch Nichtanwendung der richtigen Rechtsnorm“

605    Der dritte Klagegrund besteht aus drei Teilen. Mit dem ersten Teil macht die Klägerin geltend, es lägen ein „offensichtlicher Rechtsfehler“ und ein Verstoß gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauens in die Rechtsvorschriften vor, da die Klägerin nicht die in der Mitteilung über die Prioritäten festgelegte „richtige Rechtsnorm“ angewandt habe. Im zweiten Teil wird eine fehlerhafte Anwendung der Rechtsprechung zu Verdrängungspreisen und allgemein zur Preisgestaltung gerügt. Mit dem dritten Teil wird ein Verstoß gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und der Vorhersehbarkeit beanstandet.

 Zum ersten Teil: Nichtanwendung der in der Mitteilung über die Prioritäten festgelegten „richtigen Rechtsnorm“

606    Die Klägerin ist der Auffassung, der Mitteilung über die Prioritäten sei zu entnehmen, dass es bei der Untersuchung einer potenziellen Verdrängungspraxis eines Unternehmens in beherrschender Stellung um die Frage gehe, ob die Praxis zur Verdrängung eines „ebenso leistungsfähigen“ Wettbewerbers führen könne. Gemäß dieser Mitteilung müsse die Kommission bei der Untersuchung außerdem nachweisen, dass das Unternehmen in beherrschender Stellung zum einen bei dieser Praxis bewusst Verluste erlitten oder auf kurzfristige Gewinne verzichtet habe und es zum anderen habe hoffen können, die Verluste nach dem Zeitraum der mutmaßlichen Verdrängung wieder auszugleichen. Da sich die Kommission öffentlich verpflichtet habe, die Bestimmungen der Mitteilung einzuhalten, habe sie bei den betroffenen Unternehmen berechtigte Erwartungen geweckt.

607    Außerdem ermächtige die Mitteilung über die Prioritäten die Kommission nicht dazu, ein Unternehmen zu bestrafen, das gutgläubig ein Verhalten an den Tag gelegt habe, das sich schlussendlich als weniger rentabel erwiesen habe als ursprünglich angenommen. Schließlich sei Rn. 66 der Mitteilung über die Prioritäten zu entnehmen, dass sich die Kommission nur ausnahmsweise auf schriftliche Beweise stützen dürfe, wenn diese die Existenz einer Kampfpreisstrategie hinreichend klar belegten.

608    Im vorliegenden Fall habe die Kommission die Mitteilung über die Prioritäten nicht angewandt, was dadurch belegt sei, dass weder in der Mitteilung der Beschwerdepunkte noch in der ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte oder im Sachverhaltsschreiben auf die Mitteilung über die Prioritäten Bezug genommen werde. Anknüpfend an den vierten und den achten bis zehnten Klagegrund macht die Klägerin außerdem geltend, die Kommission habe im angefochtenen Beschluss in keiner Weise dargelegt, dass sie bewusst Verluste hingenommen habe, keine Analyse des „ebenso leistungsfähigen“ Wettbewerbers vorgenommen und Beweise außer Acht gelassen, die belegten, dass Huawei und ZTE ohne das beanstandete Verhalten jedenfalls nicht bei Icera eingekauft hätten. Unter Verweis auf den elften Klagegrund trägt die Klägerin ferner vor, die Kommission habe einen offensichtlichen Beurteilungs- und Tatsachenfehler begangen, als sie die objektive Rechtfertigung der Klägerin zurückgewiesen habe. Schließlich macht sie unter Bezugnahme auf den zehnten und den elften Klagegrund geltend, sie habe das beanstandete Verhalten in gutem Glauben an den Tag gelegt, da sie nicht habe vorhersehen können, welche Methode die Kommission im angefochtenen Beschluss zur Aufteilung der FuE‑Kosten verwenden werde, und vernünftigerweise davon habe ausgehen können, dass sich ihre Preispolitik rentieren werde.

609    Folglich habe die Kommission einen „offensichtlichen Rechtsfehler“ begangen und gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit, des Vertrauensschutzes und der ordnungsgemäßen Verwaltung sowie die Begründungspflicht verstoßen.

610    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

611    Vorab ist darauf hinzuweisen, dass in der Mitteilung über die Prioritäten lediglich die Vorgehensweise der Kommission bei der Auswahl der Fälle, die sie vorrangig zu behandeln beabsichtigt, umrissen wird und dass die Verwaltungspraxis der Kommission für die nationalen Wettbewerbsbehörden und Gerichte keine Bindungswirkung entfaltet (Urteil vom 6. Oktober 2015, Post Danmark, C‑23/14, EU:C:2015:651, Rn. 52) und keine Aussage über die Rechtslage getroffen werden soll (Urteil vom 13. Dezember 2018, Deutsche Telekom/Kommission, T‑827/14, EU:T:2018:930, Rn. 114).

612    Folglich beschränkt die Mitteilung über die Prioritäten das Ermessen der Kommission, genau wie jedes andere Dokument, das, auch wenn es nicht verbindlich ist, den allgemeinen Prüfungsrahmen festlegt, den die Kommission bei der Entscheidung über eine Intervention anwendet. Dementsprechend kann die Kommission im Einzelfall nicht ohne Angabe von Gründen davon abweichen. In einem solchen Fall kommt der Beachtung der Garantien, die die Unionsrechtsordnung in Verwaltungsverfahren gewährt, wozu auch die Begründungspflicht gehört, eine umso größere Bedeutung zu (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 10. November 2017, Icap u. a./Kommission, T‑180/15, EU:T:2017:795, Rn. 289 und die dort angeführte Rechtsprechung).

613    Somit ist zu prüfen, ob die Kommission, wie die Klägerin behauptet, im vorliegenden Fall von dem in der Mitteilung über die Prioritäten festgelegten allgemeinen Prüfungsrahmen abwich und dies nicht begründete.

614    Was als Erstes das Argument der Klägerin betrifft, mit dem sie im Wesentlichen geltend macht, die Kommission habe nicht geprüft, ob die beanstandete Praxis zum Ausschluss eines „ebenso leistungsfähigen“ Wettbewerbers im Sinne der Mitteilung über die Prioritäten habe führen können, ergibt sich aus der Prüfung des ersten Teils des neunten Klagegrundes und insbesondere aus den Rn. 524 bis 527 des vorliegenden Urteils, dass die Analyse des „ebenso leistungsfähigen“ Wettbewerbers bereits in der Analyse enthalten ist, mit der die Kommission die Preise eines beherrschenden Unternehmens mit bestimmten Kosten dieses Unternehmens vergleicht, um festzustellen, ob das Unternehmen Verdrängungspreise angewandt hat, und die Kommission, wenn sie, wie vorliegend der Fall, nachgewiesen hat, dass das beherrschende Unternehmen solche Preise praktizierte, dadurch implizit diese Analyse vorgenommen hat, was genügt, um das Argument zurückzuweisen.

615    Im Übrigen geht aus Rn. 26 der Mitteilung über die Prioritäten hervor, dass die fehlende Deckung der LRAIC, die vorliegend im angefochtenen Beschluss durch die Kommission nachgewiesen wurde, darauf hindeutet, dass das Unternehmen nicht alle (zurechenbaren) fixen Kosten für die Herstellung der Ware bzw. die Erbringung der Dienstleistungen deckt und dass ein ebenso leistungsfähiger Wettbewerber vom Markt ausgeschlossen werden könnte, was bestätigt, dass die Kommission beim Vergleich der Preise und Kosten des beherrschenden Unternehmens implizit, jedoch zwangsläufig eine Analyse des „ebenso leistungsfähigen“ Wettbewerbers vorgenommen hat.

616    Was als Zweites das Vorbringen der Klägerin betrifft, die Kommission habe gemäß der Mitteilung über die Prioritäten nachweisen müssen, dass das Unternehmen in beherrschender Stellung bewusst Verluste erlitten oder auf kurzfristige Gewinne verzichtet habe, ist Rn. 66 der Mitteilung zu entnehmen, dass die Kommission zum Nachweis der bewusst erlittenen Verluste in manchen Fällen die Existenz einer Kampfpreisstrategie anhand von direkten Beweisen wie Schriftstücken des marktbeherrschenden Unternehmens nachweisen kann (z. B. präziser Plan, Verluste hinzunehmen, um einen Wettbewerber vom Markt auszuschließen).

617    Wie die Prüfung des zehnten Klagegrundes ergeben hat, hat sich die Kommission in Abschnitt 12.8.1 des angefochtenen Beschlusses in der Tat auf Dokumente der Klägerin gestützt, die eindeutig belegen, dass die Klägerin beabsichtigte, Icera auszuschließen, und sie diesen Plan durch die Huawei und ZTE gewährten Preisnachlässe umsetzte, was genügt, um das vorliegende Argument zurückzuweisen, mit dem im Wesentlichen geltend gemacht wird, der Plan, Verluste hinzunehmen, sei im angefochtenen Beschluss nicht nachgewiesen. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin ist Rn. 66 der Mitteilung über die Prioritäten keineswegs zu entnehmen, dass sich die Kommission nur ausnahmsweise auf schriftliche Beweise zum Nachweis der Existenz einer Kampfpreisstrategie stützen dürfe. Vielmehr verwendet die Kommission in dieser Randnummer den Ausdruck „in manchen Fällen“ und nicht „in manchen Ausnahmefällen“ oder „ausnahmsweise“ und erst recht nicht die Formulierung „unter außergewöhnlichen Umständen“, die sich in Fn. 50 der Mitteilung über die Prioritäten findet. In Fn. 44 der Mitteilung, die sich auf deren Rn. 66 bezieht, führt die Kommission außerdem zwei Urteile an, in denen das Gericht bestätigt hat, dass sich die Kommission auf solche schriftlichen Beweise stützen durfte, und zwar die Urteile vom 6. Oktober 1994, Tetra Pak/Kommission (T‑83/91, EU:T:1994:246, Rn. 151 und 171), und vom 30. Januar 2007, France Télécom/Kommission (T‑340/03, EU:T:2007:22, Rn. 198 bis 215).

618    Was als Drittes das Vorbringen der Klägerin betrifft, die Kommission sei nach der Mitteilung über die Prioritäten verpflichtet gewesen, nachzuweisen, dass das Unternehmen in beherrschender Stellung habe hoffen können, die im Verdrängungszeitraum hingenommenen Verluste nach diesem Zeitraum wieder auszugleichen, ist Rn. 70 der Mitteilung lediglich zu entnehmen, dass das marktbeherrschende Unternehmen davon ausgehen kann, dass seine Marktmacht nach der Anwendung von Kampfpreisen größer sein wird, als wenn es auf ein solches Verhalten verzichtet, d. h., wenn davon auszugehen ist, dass sich das erbrachte Opfer für das Unternehmen lohnt. Im Übrigen kann nach der Rechtsprechung ein Verhalten missbräuchlich sein, ohne dass gesondert festgestellt werden müsste, dass das betreffende Unternehmen vernünftigerweise damit rechnen konnte, dass es die erzielten Verluste wieder ausgleichen würde (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Oktober 1994, Tetra Pak/Kommission, T‑83/91, EU:T:1994:246, Rn. 150), was genügt, um das vorliegende Argument zurückzuweisen.

619    Als Viertes ist in Bezug auf das Argument der Klägerin, gemäß der Mitteilung über die Prioritäten dürfe sie nicht von der Kommission bestraft werden, da sie nicht habe vorhersehen können, welche Methode die Kommission im angefochtenen Beschluss zur Aufteilung der FuE‑Kosten verwenden werde, und daher in gutem Glauben gehandelt habe, darauf hinzuweisen, dass im Rahmen der Prüfung des zehnten Klagegrundes festgestellt worden ist, dass die Kommission keinen Fehler beging, als sie feststellte, dass die Preisgestaltung der Klägerin der Umsetzung eines Plans zum Ausschluss von Icera gedient habe, was ausreicht, um das vorliegende Argument zurückzuweisen.

620    Was als Fünftes das Argument der Klägerin betrifft, weder in der Mitteilung der Beschwerdepunkte noch in der ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte oder im Sachverhaltsschreiben werde auf die Mitteilung über die Prioritäten Bezug genommen, legt die Klägerin nicht dar, inwiefern dies darauf schließen lasse, dass die Kommission den in der Mitteilung festgelegten allgemeinen Prüfungsrahmen für die Entscheidung über eine Intervention verkannt habe. Außerdem ist die Kommission nach der Mitteilung über die Prioritäten keineswegs verpflichtet, sich bei ihren Entscheidungen über den Missbrauch einer beherrschenden Stellung ausdrücklich auf die Mitteilung zu beziehen. Folglich ist das vorliegende Argument zurückzuweisen.

621    Als Sechstes ist zum Vorbringen der Klägerin, die Kommission habe nicht berücksichtigt, dass Huawei und ZTE ohne das beanstandete Verhalten jedenfalls nicht mehr Einkäufe bei Icera getätigt hätten, und die von der Klägerin vorgetragenen objektiven Rechtfertigungsgründe für ihr Verhalten außer Acht gelassen, festzustellen, dass die Klägerin nicht darlegt, inwiefern die Kommission dadurch den in der Mitteilung über die Prioritäten festgelegten allgemeinen Prüfungsrahmen für die Entscheidung über eine Intervention verkannt haben soll.

622    Nach alledem ist der erste Teil des dritten Klagegrundes zurückzuweisen.

 Zum zweiten Teil: fehlerhafte Anwendung der Rechtsprechung zu Verdrängungspreisen und allgemein zur Preisgestaltung

623    Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Kommission die Rechtsprechung zu Verdrängungspreisen und allgemein zur Preisgestaltung verkenne, d. h. die Rechtsprechung zur anwendbaren Rechtsnorm. Zur Stützung dieser Behauptung legt sie mehrere Urteilsauszüge vor, die sie für relevant hält, und macht geltend, die Kommission habe im angefochtenen Beschluss keine Analyse des „ebenso leistungsfähigen“ Wettbewerbers vorgenommen, obwohl die Analyse nach der Rechtsprechung geboten sei.

624    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

625    Die Klägerin beschränkt sich darauf, Auszüge aus der Rechtsprechung wiederzugeben, ohne darzulegen, inwiefern der angefochtene Beschluss von der dort festgelegten Rechtsnorm abweichen soll, abgesehen von der Analyse des „ebenso leistungsfähigen“ Wettbewerbers, auf die sie sich beruft, um der Kommission nach Anführung des Urteils vom 6. September 2017, Intel/Kommission (C‑413/14 P, EUC:2017:632), zum einen vorzuwerfen, diese Analyse nicht vorgenommen zu haben, und zum anderen, den Umfang der Markterfassung durch die beanstandete Praxis nicht geprüft zu haben.

626    Aus der Prüfung des ersten Teils des neunten Klagegrundes und insbesondere aus den Rn. 524 bis 527 des vorliegenden Urteils ergibt sich jedoch, dass die Analyse des „ebenso leistungsfähigen“ Wettbewerbers bereits in der Analyse enthalten ist, mit der die Kommission die Preise eines beherrschenden Unternehmens mit bestimmten Kosten dieses Unternehmens vergleicht, um festzustellen, ob das Unternehmen Verdrängungspreise angewandt hat, und dass, da die Kommission im vorliegenden Fall nachgewiesen hat, dass das beherrschende Unternehmen solche Preise praktizierte, und dadurch implizit diese Analyse vorgenommen hat, dies genügt, um den Vorwurf der Klägerin, die Analyse sei im angefochtenen Beschluss nicht vorgenommen worden, zurückzuweisen.

627    Darüber hinaus ist die Kommission, wie oben in den Rn. 521 bis 523 dargelegt, nach der oben in Rn. 520 angeführten Rechtsprechung im Rahmen ihrer Analyse, ob ein Unternehmen in beherrschender Stellung Verdrängungspreise anwendet, nicht verpflichtet, auch zu prüfen, ob der Umfang der Markterfassung durch die beanstandete Praxis groß genug ist, um wettbewerbswidrige Auswirkungen entfalten zu können, was genügt, um das Argument der Klägerin, diese Prüfung sei nicht durchgeführt worden, zurückzuweisen.

628    Folglich ist der zweite Teil des dritten Klagegrundes zurückzuweisen.

 Zum dritten Teil: Verstoß gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und der Vorhersehbarkeit

629    Unter Bezugnahme auf den siebten und den achten Klagegrund macht die Klägerin geltend, die Kommission habe im angefochtenen Beschluss eine künstliche und neuartige Preis-Kosten-Analyse vorgenommen, die sich in Bezug auf zwei der betreffenden Chips von der Preis-Kosten-Analyse in der Mitteilung der Beschwerdepunkte unterscheide und in Bezug auf den dritten Chip unvorhersehbar gewesen sei. Dadurch habe die Kommission gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und der Vorhersehbarkeit verstoßen.

630    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

631    Zur Stützung des vorliegenden Teils beschränkt sich die Klägerin darauf, Behauptungen, die sie im Rahmen des ersten Teils des vorliegenden Klagegrundes und des siebten und achten Klagegrundes, auf die sie ausdrücklich Bezug nimmt, vorgetragen hat, pauschal zu wiederholen, ohne konkrete Ausführungen zu machen.

632    Folglich ist der dritte Teil des dritten Klagegrundes als unzulässig zurückzuweisen.

633    Nach alledem ist der dritte Klagegrund zurückzuweisen.

 Zum vierten Klagegrund, mit dem geltend gemacht wird, die „Kampfpreis-Theorie“ sei „unlogisch und nicht durch Beweise erhärtet“

634    Der vierte Klagegrund besteht aus 13 Teilen. Mit dem ersten Teil wird beanstandet, dass die „Kampfpreis-Theorie“ der Kommission, der zufolge „zielgerichtete und selektive“ Kampfpreise vorlägen, von der Definition des Marktes losgelöst und angepasst worden sei, um zu einem im Voraus festgelegten Ergebnis zu gelangen. Der zweite Teil enthält den Vorwurf, die „Kampfpreis-Theorie“ sei in sich widersprüchlich und unzureichend begründet. Mit dem dritten Teil wird geltend gemacht, die Kommission habe nicht nachgewiesen, dass das Verhalten der Klägerin unvernünftig gewesen sei und sie eine Verdrängungsstrategie verfolgt habe. Im vierten Teil trägt die Klägerin vor, ihre Preise seien höher gewesen als die Preise von Icera und daher liege keine Marktabriegelung vor. Mit dem fünften Teil wird geltend gemacht, die Kommission habe entscheidende Entlastungsbeweise nicht berücksichtigt. Der sechste Teil betrifft den Vorwurf, es sei kein Beweis für die finanzielle Verdrängung erbracht worden. Mit dem siebten Teil wird geltend gemacht, die „Kampfpreis-Theorie“ sei neu, fehlerhaft und nicht begründet. Der achte Teil betrifft „offensichtliche Beurteilungsfehler“ in Bezug auf die direkte Verdrängung zwischen dem dritten Quartal 2010 und dem zweiten Quartal 2011. Mit dem neunten Klagegrund wird geltend gemacht, die Kommission habe die wirtschaftlichen Umstände in Bezug auf den MDM8200-Chip verkannt. Mit dem zehnten Teil wird beanstandet, die „Kampfpreis-Theorie“ sei unlogisch und widerspreche den Grundregeln der Wirtschaft. Mit dem elften Teil macht die Klägerin geltend, die Kommission habe nicht nachgewiesen, dass die im maßgeblichen Zeitraum erlittenen Verluste ausgeglichen worden seien, und nicht angegeben, zu welchem Zeitpunkt die Verdrängung geendet habe. Mit dem zwölften Teil wird geltend gemacht, dass das Kriterium des „ebenso leistungsfähigen“ Wettbewerbers nicht angewandt worden sei und die gute Performance von Icera im maßgeblichen Zeitraum die „Kampfpreis-Theorie“ entkräfte. Mit dem 13. Teil rügt die Klägerin, die Kommission habe einen Fehler begangen, indem echter Wettbewerb verurteilt werde.

 Vorbemerkungen

635    Abschnitt 12 des angefochtenen Beschlusses enthält die Analyse der Kommission in Bezug auf den Missbrauch, den sie der Klägerin vorwirft.

636    Im Einzelnen beginnt die Kommission in Abschnitt 12.1 des angefochtenen Beschlusses damit, die einschlägigen allgemeinen Grundsätze in Erinnerung zu rufen, insbesondere in Bezug auf Verdrängungspreise. Anschließend fasst sie in Abschnitt 12.2 des Beschlusses zusammen, wie sie diese allgemeinen Grundsätze in den Abschnitten 12.3 bis 12.11 des Beschlusses angewandt hat, was die Klägerin als „Kampfpreis-Theorie“ bezeichnet.

637    Insoweit erläutert die Kommission im 334. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, dass sie zu dem Ergebnis gelangt sei, dass Qualcomm zwischen dem 1. Juli 2009 und dem 30. Juni 2011 bestimmte Mengen von dreien ihrer UMTS-Chips, den Chips MDM8200, MDM6200 und MDM8200A, an zwei ihrer Hauptkunden, Huawei und ZTE, zu Preisen geliefert habe, die unterhalb ihrer Kosten gelegen hätten, um Icera zu verdrängen, ihre Hauptkonkurrentin im Spitzensegment des Marktes für UMTS-Chips. Mit diesem Vorgehen habe die Klägerin verhindern wollen, dass Icera, ein kleines Start-up mit finanziellen Einschränkungen, den Ruf und die Größe erlange, die notwendig gewesen seien, um Qualcomm in ihrer beherrschenden Stellung auf dem genannten Markt herauszufordern. Da die Klägerin für ihr Verhalten keine stichhaltige objektive Rechtfertigung vorgetragen habe, liege insofern im genannten Zeitraum ein Missbrauch einer beherrschenden Stellung unter Verstoß gegen Art. 102 AEUV und Art. 54 des EWR-Abkommens vor.

 Zum ersten Teil, wonach die „Kampfpreis-Theorie“ der Kommission, der zufolge „zielgerichtete und selektive“ Kampfpreise vorlägen, von der Definition des Marktes losgelöst und angepasst worden sei, um zu einem im Voraus festgelegten Ergebnis zu gelangen

638    Die Klägerin macht unter Verweis auf den zehnten Klagegrund geltend, dass das beanstandete Verhalten weder zielgerichtet noch selektiv gewesen sei und die „Kampfpreis-Theorie“ der Kommission von der Definition des relevanten Marktes losgelöst sei, da die Theorie, die sich nur auf das – im Übrigen schlecht definierte – Spitzensegment dieses Marktes beziehe, einige Chips, die die Klägerin als „Spitzenchips“ betrachte, vom Spitzensegment ausnehme.

639    Zudem habe die Kommission die „Kampfpreis-Theorie“ als Hilfskonstruktion entwickelt, denn die Theorie stehe in keinem Zusammenhang mit der Beschwerde. Die Chips MDM8200 und MDM8200A seien vor und nach dem maßgeblichen Zeitraum an andere Kunden als Huawei und ZTE zu Preisen verkauft worden, die unter den von der Kommission berechneten LRAIC lägen, was die Theorie in Frage stelle.

640    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

641    Was zunächst die Behauptung der Klägerin betrifft, das beanstandete Verhalten sei weder zielgerichtet noch selektiv gewesen, ist darauf hinzuweisen, dass sich aus den von der Kommission zugrunde gelegten direkten Beweisen, die oben in den Rn. 538 und 539 im Rahmen der Prüfung des zehnten Klagegrundes näher untersucht worden sind, ergibt, dass die Klägerin Huawei und ZTE, die in den Dokumenten eindeutig genannt werden, Preisnachlässe gewährte, um Icera daran zu hindern, diese zwei wichtigen Kunden zu gewinnen, und dadurch vom Markt auszuschließen. Daher kann die Klägerin nicht mit Recht geltend machen, dass ihr Verhalten weder zielgerichtet noch selektiv gewesen sei.

642    Ebenso wenig Erfolg haben kann das Vorbringen der Klägerin, die „Kampfpreis-Theorie“ der Kommission, die sich nur auf das Spitzensegment beziehe, sei von der Definition des Marktes losgelöst. Rn. 64 der Mitteilung über die Prioritäten ist nämlich zu entnehmen, dass im Bereich der Verdrängung ein marktbeherrschendes Unternehmen durch sein Verhalten dann ein Opfer erbringt, wenn es für seine gesamte oder einen Teil seiner Produktion die Preise senkt. Folglich kann sich das auf Verdrängung ausgerichtete Verhalten durchaus nur auf ein begrenztes Segment des betreffenden Marktes statt auf den gesamten Markt beziehen. Insoweit kann nach der Rechtsprechung das auf Verdrängung gerichtete Verhalten sogar auf einem anderen als dem betreffenden Markt stattfinden, der seinerseits nicht streng definiert wurde (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. Juli 1991, AKZO/Kommission, C‑62/86, EU:C:1991:286, Rn. 35 und 45).

643    Folglich war die Kommission zum einen berechtigt, im angefochtenen Beschluss ein Verhalten zu ahnden, das auf ein Segment des relevanten Marktes beschränkt war, und zum anderen nicht verpflichtet, dieses Segment genau einzugrenzen, so wie sie dies in Bezug auf den relevanten Markt tun musste, um das Vorliegen einer beherrschenden Stellung zu prüfen.

644    Was außerdem den Vorwurf betrifft, die „Kampfpreis-Theorie“ der Kommission stehe in keinem Zusammenhang mit der Beschwerde, ist Rn. 55 der Bekanntmachung der Kommission über die Behandlung von Beschwerden durch die Kommission gemäß Artikel [101] und [102 AEUV] (ABl. 2004, C 101, S. 65) zu entnehmen, dass in der ersten Phase, die sich an die Einreichung der Beschwerde anschließt, die Kommission die Beschwerde prüft und gegebenenfalls weitere Informationen einholt, um zu entscheiden, wie mit der Beschwerde zu verfahren ist, es in dieser Phase zu einem informellen Meinungsaustausch zwischen der Kommission und dem Beschwerdeführer kommen kann, um die sachlichen und rechtlichen Fragen der Beschwerde abzuklären, und die Kommission dem Beschwerdeführer eine erste Reaktion zukommen lassen kann, um ihm die Möglichkeit einzuräumen, sein Vorbringen unter Berücksichtigung dieser Reaktion zu präzisieren.

645    Im vorliegenden Fall geht aus den Erwägungsgründen 11 bis 13 des angefochtenen Beschlusses hervor, dass nach der Aktualisierung und Überarbeitung der Beschwerde mehrere Kontakte zwischen Icera und der Kommission stattfanden, was schließlich im Juni 2012 dazu führte, dass Icera den Vorwurf der Verdrängung erhob, was die Klägerin selbst einräumt. Im Licht von Rn. 55 der Bekanntmachung der Kommission über die Behandlung von Beschwerden durch die Kommission nach Artikel [101] und [102 AEUV] ist es als übliche Praxis anzusehen, dass ein Beschwerdeführer, wie im vorliegenden Fall, sein Vorbringen aus der Beschwerde präzisiert, um der ersten Reaktion der Kommission Rechnung zu tragen. Zudem ergibt sich aus der Notwendigkeit, die Anwendung der Wettbewerbsregeln wirksam zu überwachen, dass die Kommission nicht an den Rahmen und an die rechtlichen Beurteilungen gebunden sein kann, die vom Beschwerdeführer vorgetragen wurden. Jedenfalls legt die Klägerin nicht dar, inwiefern der Umstand, dass Icera ihre Verdrängungsvorwürfe erst relativ spät vorgebracht hat, die von der Kommission nach einer eingehenden Untersuchung im angefochtenen Beschluss vertretene, von der Klägerin so genannte „Kampfpreis-Theorie“ in Frage stellen könnte.

646    Was schließlich das Vorbringen der Klägerin betrifft, sie habe vor und nach dem maßgeblichen Zeitraum für die Chips MDM8200 und MDM8200A bei anderen Kunden als Huawei und ZTE Preise unterhalb der LRAIC angewandt, hat die Klägerin in keiner Weise erläutert, inwiefern die von ihr als „Kampfpreis-Theorie“ bezeichnete Lösung im angefochtenen Beschluss dadurch in Frage gestellt werden könnte. Vielmehr scheint es, dass die Kommission, wenn sie Beweise dafür gefunden hätte, dass die Klägerin außerhalb des maßgeblichen Zeitraums gegenüber anderen Kunden Verdrängungspreise anwandte, dies hätte berücksichtigen können, um ihre Theorie zu untermauern oder zeitlich auszudehnen.

647    Nach alledem ist der erste Teil des vierten Klagegrundes zurückzuweisen.

 Zum zweiten Teil: Rüge, die „Kampfpreis-Theorie“ der Kommission sei in sich widersprüchlich und unzureichend begründet

648    Die Klägerin macht geltend, der angefochtene Beschluss enthalte mehrere Widersprüche und Unstimmigkeiten.

649    Sie trägt als Erstes vor, dass die „Kampfpreis-Theorie“, die sich auch aus dem 993. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ergebe, wonach sie zunächst die MDM8200-Chips verwendet habe, um ihre Kunden Huawei und ZTE von diesen Chips zu den fortschrittlicheren Chips MDM6200 und MDM8200A zu migrieren, und anschließend ihre Preisstrategie auf den MDM8200A-Chip konzentriert habe, da sie mit dem MDM6200-Chip zu Beginn nicht erfolgreich gewesen sei, nicht mit einer auf den Verdrängungspreisen basierenden „Schadenstheorie“ vereinbar sei, da eine solche Feststellung lediglich veranschauliche, dass von der Klägerin ein starker Wettbewerbsdruck durch die Einführung neuer Produkte ausgegangen sei.

650    Als Zweites macht die Klägerin geltend, die Kommission werfe ihr im angefochtenen Beschluss vor, sie habe das streitige Verhalten an den Tag gelegt, um Icera daran zu hindern, sich einen guten Ruf aufzubauen, obwohl aus einem internen Dokument, das in dem Beschluss erwähnt werde, hervorgehe, dass sie der Ansicht gewesen sei, dass es Icera mehrere Monate nach dem maßgeblichen Zeitraum gelungen sei, die reputationsbedingten Hürden zu überwinden, was die „Kampfpreis-Theorie“ der Kommission in Frage stelle.

651    Als Drittes könne die Kommission nicht, ohne sich zu widersprechen, zum einen in den Erwägungsgründen 411 bis 419 des angefochtenen Beschlusses feststellen, dass der MDM6200-Chip im maßgeblichen Zeitraum kommerziell nicht erfolgreich gewesen sei, und zum anderen im 420. Erwägungsgrund des Beschlusses behaupten, dass sie sich in ihrer Strategie gegenüber ZTE auf diesen Chip gestützt habe. Ebenso wenig könne die Kommission zum einen im 959. Erwägungsgrund des Beschlusses feststellen, dass der MDM8200-Chip auch nach dem Inverkehrbringen des MDM8200A-Chips seine Bedeutung für den Wettbewerb behalten habe, und zum anderen im 420. Erwägungsgrund des Beschlusses behaupten, dass der MDM8200A-Chip das maßgebliche Produkt geworden sei, auf das sie sich bei der Umsetzung ihrer Strategie in den Jahren 2010 und 2011 gestützt habe.

652    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

653    Vorab ist festzustellen, dass der vorliegende Teil als ins Leere gehend zurückzuweisen ist, denn selbst wenn die drei Argumente, die zu seiner Stützung vorgetragen worden sind, begründet wären, würde dies die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses nicht beeinträchtigen.

654    Die Feststellung der Kommission, dass die Klägerin Kampfpreise anwandte, um ihre Konkurrentin Icera auszuschalten, was genügt, um einen Missbrauch durch die Klägerin nachzuweisen (Urteil vom 3. Juli 1991, AKZO/Kommission, C‑62/86, EU:C:1991:286, Rn. 70 und 71), wird nämlich nicht dadurch widerlegt, dass von der Klägerin ein starker Wettbewerbsdruck durch die Einführung neuer Produkte ausgegangen sein soll, Icera sich einen guten Ruf aufgebaut habe oder die Klägerin ihre Verdrängungsstrategie weder auf den MDM6200-Chip wegen seines mangelnden kommerziellen Erfolgs noch auf den MDM8200-Chip nach der Einführung des MDM8200A-Chips habe stützen können.

655    Daher ist der zweite Teil des vierten Klagegrundes zurückzuweisen.

 Zum dritten Teil: fehlender Nachweis der Kommission, dass das Verhalten der Klägerin unvernünftig gewesen sei und sie eine Verdrängungsstrategie verfolgt habe

656    Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe im angefochtenen Beschluss nicht nachgewiesen, dass ihr Verhalten, abgesehen von dem Wunsch, Icera zu verdrängen, irrational gewesen sei, oder dass ihre Preise der Durchführung eines Plans zum Ausschluss von Icera gedient hätten. Die wenigen Dokumente, auf die sich die Kommission stütze, um das Bestehen eines solchen Plans nachzuweisen, stammten von Mitarbeitern in untergeordneter Position, die nicht befugt gewesen seien, über die Preise zu entscheiden. Die Kommission habe keinen einzigen Beweis für ein Opfer der Klägerin erbracht, obwohl sie nach der Mitteilung über die Prioritäten verpflichtet sei, das Vorliegen eines Opfers nachzuweisen.

657    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

658    Im Rahmen des vorliegenden Teils wiederholt die Klägerin lediglich Argumente, die sie im Rahmen des ersten Teils des dritten Klagegrundes in Bezug auf den Vorwurf, es sei kein Nachweis für ein Opfer der Klägerin erbracht worden, oder im Rahmen des zehnten Klagegrundes in Bezug auf den Vorwurf, es sei nicht nachgewiesen worden, dass eine Strategie zur Verdrängung von Icera bestanden habe, vorgetragen hat.

659    Diese Argumente sind im Rahmen der Prüfung des ersten Teils des dritten Klagegrundes und des zehnten Klagegrundes zurückgewiesen worden und sind, soweit sie zur Stützung des dritten Teils des vierten Klagegrundes geltend gemacht werden, aus denselben Gründen zurückzuweisen, was genügt, um den vorliegenden Teil zurückzuweisen.

 Zum vierten Teil, wonach die Preise der Klägerin über den Preisen von Icera gelegen hätten

660    Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe im angefochtenen Beschluss zum einen eingeräumt, dass die Preise der Klägerin über den Preisen von Icera gelegen hätten, und zum anderen behauptet, dass die Chips von Icera qualitativ hochwertiger gewesen seien. Insoweit vertritt die Klägerin die Auffassung, dass es, wenn dies zutreffe, für sie folgerichtig gewesen sei, ihre Chippreise zu senken, um die geringere Qualität ihrer Produkte auszugleichen, was die Kommission außer Acht gelassen habe.

661    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

662    Es sei daran erinnert, dass ein Unternehmen in beherrschender Stellung diese Position missbraucht, wenn es Preise unterhalb der AVC oder Preise unterhalb der ATC, jedoch oberhalb der AVC anwendet und diese Preise im Rahmen einer Strategie zur Verdrängung eines Wettbewerbers festgesetzt werden (Urteil vom 3. Juli 1991, AKZO/Kommission, C‑62/86, EU:C:1991:286, Rn. 70 bis 72).

663    Im vorliegenden Fall ergibt sich aus der Prüfung des fünften bis achten und des zehnten Klagegrundes, dass die Kommission ordnungsgemäß nachgewiesen hat, dass die Klägerin Verdrängungspreise anwandte, um ihre Konkurrentin Icera auszuschalten, was genügt, um den Missbrauch einer beherrschenden Stellung durch die Klägerin nachzuweisen.

664    Zudem ergibt sich aus der Prüfung des elften Klagegrundes, dass die Kommission bei der Zurückweisung der von der Klägerin vorgebrachten objektiven Rechtfertigungsgründe, einschließlich der Behauptung der Klägerin, ihre Verdrängungspreise seien eine Reaktion auf die aggressiven Preise von Icera, keinen Fehler beging und nicht gegen ihre Begründungspflicht verstieß.

665    Somit kann der Kommission nicht mit Erfolg vorgeworfen werden, sie habe außer Acht gelassen, dass die Verdrängungspreise der Klägerin durch die niedrigeren Preise von Icera oder die geringere Qualität der Produkte der Klägerin gerechtfertigt gewesen seien. Außerdem werden bei der Beurteilung der Frage, ob Verdrängungspreise vorliegen, nicht die Preise und Kosten des Unternehmens, gegen das sich die Verdrängungspreise richten, oder die Qualität der betreffenden Produkte zugrunde gelegt, sondern die Preise und Kosten des beherrschenden Unternehmens.

666    Folglich ist der vierte Teil des vierten Klagegrundes zurückzuweisen.

 Zum fünften Teil, wonach die Kommission entscheidende Entlastungsbeweise nicht berücksichtigt habe

667    Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe mehrere „entscheidende“ Entlastungsbeweise nicht berücksichtigt, nämlich erstens, dass Huawei und ZTE erklärt hätten, dass sie auch ohne das beanstandete Verhalten nicht mehr Einkäufe bei Icera getätigt hätten, zweitens, dass die Chips von Icera technisch veraltet gewesen seien und Icera jedenfalls nicht schneller als sie einen LTE‑Chip habe entwickeln können, und drittens, dass Icera im maßgeblichen Zeitraum nicht vom Markt verdrängt worden sei, da es ihr gelungen sei, bedeutende externe Investitionen anzuziehen und sie von Nvidia übernommen worden sei.

668    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

669    Nach der Rechtsprechung missbraucht ein Unternehmen in beherrschender Stellung seine Position, wenn es Preise unterhalb der AVC oder Preise unterhalb der ATC, jedoch oberhalb der AVC anwendet und diese Preise im Rahmen einer Strategie zur Verdrängung eines Wettbewerbers festgesetzt werden (Urteil vom 3. Juli 1991, AKZO/Kommission, C‑62/86, EU:C:1991:286, Rn. 70 bis 72). Im vorliegenden Fall ergibt sich u. a. aus der Prüfung des fünften bis achten und des zehnten Klagegrundes, dass die Kommission ordnungsgemäß nachgewiesen hat, dass die Klägerin Verdrängungspreise anwandte, um ihre Konkurrentin Icera auszuschalten, was genügt, um den Missbrauch einer beherrschenden Stellung durch die Klägerin nachzuweisen.

670    Folglich konnte das Ergebnis der Kommission, es liege ein Missbrauch vor, das auf der Feststellung beruhte, die Klägerin habe Preise unterhalb ihrer Kosten angewandt, um ihre Konkurrentin Icera zu verdrängen, nicht durch die Umstände, selbst wenn sie erwiesen wären, beeinflusst werden, dass die zwei von dem beanstandeten Verhalten betroffenen Kunden auch ohne dieses Verhalten in jedem Fall nicht mehr Einkäufe bei Icera getätigt hätten, die Technologie von Icera veraltet gewesen sein soll und Icera im maßgeblichen Zeitraum externe Finanzierungen erhalten habe und übernommen worden sei. Dies gilt umso mehr, als die drei Umstände, auf die sich die Klägerin beruft, außerhalb von ihr lagen und von ihr nicht beeinflusst werden konnten, so dass sie nicht zur Folge haben können, dass die Klägerin von einer Sanktion für ihre Zuwiderhandlung befreit wird.

671    Jedenfalls beschränkt sich die Klägerin darauf, die drei fraglichen Umstände als „entscheidend“ zu bezeichnen, ohne jedoch darzulegen, inwiefern sie, wenn sie von der Kommission berücksichtigt worden wären, die von der Klägerin als „Kampfpreis-Theorie“ bezeichnete Lösung hätten in Frage stellen können.

672    Folglich ist der fünfte Teil des vierten Klagegrundes zurückzuweisen.

 Zum sechsten Teil: kein Nachweis einer finanziellen Verdrängung

673    Die Klägerin macht geltend, die im angefochtenen Beschluss beanstandete Verdrängung werde nicht durch glaubhafte Beweise untermauert und vielmehr dadurch widerlegt, dass Icera im maßgeblichen Zeitraum von Nvidia übernommen worden sei. Sie habe das Vorliegen einer „finanziellen Verdrängung“ im Verwaltungsverfahren bestritten, was die Kommission dazu veranlasst habe, diesen Vorwurf im angefochtenen Beschluss aufzugeben und sich auf den Vorwurf einer „herkömmlichen Verdrängung“ zu beschränken.

674    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

675    Für die Zurückweisung des vorliegenden Teils genügt die Feststellung, dass die Kommission, wie die Klägerin selbst einräumt, den angefochtenen Beschluss nicht auf den Vorwurf einer finanziellen Verdrängung gestützt hat, sondern auf eine herkömmliche Verdrängung, d. h. auf einen Fall, in dem ein Unternehmen in beherrschender Stellung Preise unterhalb seiner Kosten anwendet, um einen Konkurrenten zu verdrängen.

676    Folglich geht das Vorbringen der Klägerin zum fehlenden Nachweis einer finanziellen Verdrängung ins Leere, und der sechste Teil des vierten Klagegrundes ist zurückzuweisen.

 Zum siebten Teil: Neuheit, Fehlerhaftigkeit und Unbegründetheit der „Kampfpreis-Theorie“

677    Die Klägerin ist der Auffassung, die „Kampfpreis-Theorie“ der Kommission, wonach sie Huawei MDM8200-Chips zu Verdrängungspreisen geliefert habe, damit Huawei die Mobilfunkbetreiber davon überzeugen könne, ihre mit den Chips der Klägerin ausgestatteten Geräte gegenüber den mit Icera-Chips ausgestatteten Geräten von ZTE zu bevorzugen, sei unhaltbar.

678    Die Kommission habe sich die „Kampfpreis-Theorie“ nur deshalb ausgedacht, weil sie für den Zeitraum von Juli 2009 bis Juni 2010 nur in Bezug auf Huawei und nicht auf ZTE Beweise für Verdrängungspreise bei MDM8200-Chips gefunden habe.

679    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

680    Es ist daran zu erinnern, dass sich u. a. aus der Prüfung des fünften bis achten und des zehnten Klagegrundes ergibt, dass die Kommission ordnungsgemäß nachgewiesen hat, dass die Klägerin u. a. in Bezug auf Huawei Verdrängungspreise für den MDM8200-Chip anwandte, um ihre Konkurrentin Icera auszuschalten, was die Klägerin im Rahmen des vorliegenden Teils nicht bestreitet.

681    Das Vorbringen der Klägerin in Bezug auf die Feststellung der Kommission, sie habe zunächst nur Huawei und noch nicht ZTE Verdrängungspreise angeboten, damit die mit ihrem Chip ausgestatteten Geräte von Huawei gegenüber den mit Icera-Chips ausgestatteten Geräten von ZTE bevorzugt würden, geht ins Leere, da es nicht geeignet ist, die von der Klägerin als „Kampfpreis-Theorie“ bezeichnete Lösung in Frage zu stellen.

682    Die Klägerin macht außerdem geltend, die Kommission habe die „Kampfpreis-Theorie“ nur deshalb entwickelt, weil sie für den Zeitraum von Juli 2009 bis Juni 2010 nur in Bezug auf Huawei und nicht auf ZTE Beweise für Verdrängungspreise bei MDM8200-Chips gefunden habe. Für den Nachweis eines Missbrauchs reichte es jedoch aus, die Anwendung von Verdrängungspreisen gegenüber Huawei mit der Absicht, Icera zu verdrängen, darzulegen. Die Sanktionierung der Klägerin setzte somit keineswegs voraus, dass die Kommission nachwies, dass Verdrängungspreise auch gegenüber ZTE vorlagen.

683    Folglich ist der siebte Teil des vierten Klagegrundes zurückzuweisen.

 Zum achten Teil: „offensichtliche Beurteilungsfehler“ in Bezug auf die direkte Verdrängung zwischen dem dritten Quartal 2010 und dem zweiten Quartal 2011

684    Unter Bezugnahme auf den sechsten und den siebten Klagegrund macht die Klägerin drei Fehler der Kommission geltend, wobei zwei die Zuordnung der FuE‑Kosten betreffen und einer die Zuweisung der NWK-Zahlung an ZTE betrifft.

685    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

686    Das Vorbringen ist im Rahmen der Prüfung des sechsten und des siebten Klagegrundes geprüft und zurückgewiesen worden, was genügt, um den achten Teil des vierten Klagegrundes zurückzuweisen.

 Zum neunten Teil: Verkennung der wirtschaftlichen Umstände in Bezug auf den MDM8200-Chip durch die Kommission

687    Die Klägerin macht geltend, beim MDM8200-Chip seien technische Probleme aufgetreten, was dazu geführt habe, dass Huawei überschüssige Bestände an diesem Chip angehäuft habe, und daher sei es für sie völlig vernünftig gewesen, Preissenkungen für diesen Chip zu gewähren. Die Preisnachlässe seien nicht mit der Absicht, eine Konkurrentin zu verdrängen, gewährt worden.

688    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

689    Wie sich u. a. aus der Prüfung des fünften bis achten und des zehnten Klagegrundes ergibt, hat die Kommission ordnungsgemäß nachgewiesen, dass die Klägerin Verdrängungspreise anwandte, um ihre Konkurrentin Icera auszuschalten. Zudem ergibt sich aus der Prüfung des elften Klagegrundes, dass die Kommission bei der Zurückweisung der von der Klägerin vorgebrachten objektiven Rechtfertigungsgründe, einschließlich der Behauptung der Klägerin, sie habe die Verdrängungspreise angewandt, um Huawei zu helfen, ihren überschüssigen Bestand an MDM8200-Chips aufzulösen, keinen Fehler beging und nicht gegen ihre Begründungspflicht verstieß. Wie die Kommission außerdem in ihren Schriftsätzen zu Recht feststellt, bedeutet der Umstand, dass ein auf Verdrängung gerichtetes Verhalten möglicherweise vernünftig ist, nicht, dass dieses Verhalten rechtmäßig ist.

690    Folglich kann der Kommission nicht mit Erfolg vorgeworfen werden, dass sie die wirtschaftlichen Umstände in Bezug auf den MDM8200-Chip, d. h. die technischen Probleme dieses Produkts, außer Acht gelassen habe.

691    Daher ist der neunte Teil des vierten Klagegrundes zurückzuweisen.

 Zum zehnten Teil, wonach die „Kampfpreis-Theorie“ unlogisch sei und den Grundregeln der Wirtschaft widerspreche

692    Um nachzuweisen, dass die „Kampfpreis-Theorie“ unlogisch sei und den Grundregeln der Wirtschaft widerspreche, weist die Klägerin darauf hin, dass ihre Preise über den Preisen von Icera gelegen hätten und die von ihr zu Verdrängungspreisen verkauften Chipmengen im maßgeblichen Zeitraum im Vergleich zu den Chipmengen, die auf dem relevanten Markt und im Spitzensegment dieses Marktes verkauft worden seien, zu vernachlässigen gewesen seien.

693    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

694    Wie sich u. a. aus der Prüfung des fünften bis achten und des zehnten Klagegrundes ergibt, hat die Kommission ordnungsgemäß nachgewiesen, dass die Klägerin Verdrängungspreise im Sinne des Urteils vom 3. Juli 1991, AKZO/Kommission (C‑62/86, EU:C:1991:286), anwandte, um ihre Konkurrentin Icera auszuschalten, was für den Nachweis eines Missbrauchs durch die Klägerin genügt. Wie bereits oben im Rahmen der Prüfung des vierten Teils dieses Klagegrundes festgestellt, kann der Kommission nicht mit Erfolg vorgeworfen werden, sie habe außer Acht gelassen, dass die Verdrängungspreise der Klägerin über den Preisen von Icera lagen.

695    Zudem ist die Kommission, wie oben der Prüfung des ersten Teils des neunten Klagegrundes und insbesondere den Rn. 521 bis 523 zu entnehmen ist, im Rahmen ihrer Analyse, ob ein Unternehmen in beherrschender Stellung Verdrängungspreise anwendet, nicht verpflichtet, zu prüfen, ob der Umfang der Markterfassung durch die beanstandete Praxis groß genug ist, um wettbewerbswidrige Auswirkungen entfalten zu können.

696    Folglich ist der zehnte Teil des vierten Klagegrundes zurückzuweisen.

 Zum elften Teil: wonach die Kommission nicht nachgewiesen habe, dass die im maßgeblichen Zeitraum erlittenen Verluste ausgeglichen worden seien, und nicht angegeben habe, zu welchem Zeitpunkt die Verdrängung geendet habe

697    Unter Bezugnahme auf den dritten Klagegrund macht die Klägerin als Erstes geltend, die Kommission habe nicht nachgewiesen, dass sie ihre Verluste in der Zeit nach dem Zeitraum der Zuwiderhandlung ausgeglichen habe, obwohl ihr gemäß der Mitteilung über die Prioritäten dieser Nachweis obliege. Als Zweites wirft sie der Kommission vor, sie habe im angefochtenen Beschluss nicht nachgewiesen, wann ihre angebliche Verdrängungsabsicht geendet habe.

698    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

699    Wie sich aus der Prüfung des dritten Klagegrundes und insbesondere aus Rn. 618 des vorliegenden Urteils ergibt, ist die Kommission insbesondere nach der Mitteilung über die Prioritäten nicht verpflichtet, nachzuweisen, dass das beherrschende Unternehmen die Verluste aus dem Zeitraum der Verdrängung ausgeglichen hat.

700    Außerdem ist die Kommission nicht verpflichtet, einen Endpunkt zu bestimmen, der das Ende der Verdrängung markiert, und der Umstand, dass sie im angefochtenen Beschluss für den Zeitraum nach dem 30. Juni 2011 keine Analyse mehr vornahm, bedeutet lediglich, dass sie ab diesem Zeitpunkt keine ausreichenden Beweise mehr für ein Verdrängungsverhalten der Klägerin gefunden hat.

701    Der elfte Teil des vierten Klagegrundes ist daher zurückzuweisen.

 Zum zwölften Teil: wonach das Kriterium des „ebenso leistungsfähigen“ Wettbewerbers nicht angewandt worden sei und die gute Performance von Icera im maßgeblichen Zeitraum die „Kampfpreis-Theorie“ entkräfte

702    Unter Bezugnahme auf den neunten Klagegrund macht die Klägerin zunächst geltend, die Kommission habe keine Analyse des „ebenso leistungsfähigen“ Wettbewerbers durchgeführt. Sodann führt sie aus, die Kommission habe Beweise außer Acht gelassen, die belegten, dass Icera im maßgeblichen Zeitraum nicht vom Markt ausgeschlossen worden sei und sogar sehr gute Ergebnisse erzielt habe, was die „Kampfpreis-Theorie“ in Frage stelle.

703    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

704    Zunächst ergibt sich aus der Prüfung des ersten Teils des neunten Klagegrundes und insbesondere aus den Rn. 524 bis 527 des vorliegenden Urteils, dass die Analyse des „ebenso leistungsfähigen“ Wettbewerbers in der Analyse enthalten ist, mit der die Kommission die Preise eines beherrschenden Unternehmens mit bestimmten Kosten dieses Unternehmens vergleicht, um festzustellen, ob das Unternehmen Verdrängungspreise angewandt hat, und dass, da die Kommission im vorliegenden Fall nachgewiesen hat, dass das beherrschende Unternehmen solche Preise praktizierte, und dadurch implizit diese Analyse vorgenommen hat, dies genügt, um den Vorwurf der Klägerin, die Analyse des „ebenso leistungsfähigen“ Wettbewerbers sei im angefochtenen Beschluss nicht vorgenommen worden, zurückzuweisen.

705    Sodann ist festzustellen, dass die Kommission, wie oben in den Rn. 520 und 521 dargelegt, nicht nachweisen muss, dass ein Verdrängungsverhalten tatsächlich wettbewerbswidrige Auswirkungen hatte, was genügt, um die Rüge zurückzuweisen, Icera sei im maßgeblichen Zeitraum nicht wirksam verdrängt worden.

706    Folglich ist der zwölfte Teil des vierten Klagegrundes zurückzuweisen.

 Zum 13. Teil: Fehler der Kommission durch Verurteilung echten Wettbewerbs

707    Die Klägerin macht geltend, sie habe lediglich an einem intensiven, jedoch normalen „Leistungswettbewerb“ teilgenommen und die – im vorliegenden Fall geahndeten – niedrigen Preise seien in Wirklichkeit wettbewerbsfördernd. Dies sei der erste Fall, in dem die Kommission eine Verdrängung wegen mangelnder Deckung der FuE‑Kosten feststelle.

708    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

709    Wie sich aus der Prüfung des zehnten Klagegrundes ergibt, wies die Kommission im angefochtenen Beschluss ordnungsgemäß nach, dass die Klägerin in Bezug auf Huawei und ZTE für die Chips MDM8200, MDM6200 und MDM8200A Verdrängungspreise anwandte, um Icera auszuschließen, und die Kommission stützte sich dabei sowohl auf direkte Beweise, nämlich interne Dokumente der Klägerin, als auch auf indirekte Beweise, d. h. Begleitumstände. Folglich kann die Klägerin nicht mit Recht geltend machen, dass sie in Wirklichkeit zugunsten des Wettbewerbs gehandelt habe.

710    Darüber hinaus ist zum Vorbringen der Klägerin, dies sei der erste Fall, in dem die Kommission eine Verdrängung wegen mangelnder Deckung der FuE‑Kosten feststelle, darauf hinzuweisen, dass dieses Argument im Rahmen des siebten Klagegrundes geprüft und zurückgewiesen worden ist und, soweit es zur Stützung des vorliegenden Teils geltend gemacht wird, aus den dort genannten Gründen zurückzuweisen ist.

711    Folglich ist der 13. Teil des vierten Klagegrundes zurückzuweisen. Da auch die zwölf anderen Teile dieses Klagegrundes zurückgewiesen worden sind, ist der Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

 Zum achten Klagegrund: „offensichtlich fehlerhafte Preis-Kosten-Analyse“

712    Der achte Klagegrund besteht aus drei Teilen. Der erste Teil betrifft den Ausgangspunkt der Preis-Kosten-Analyse. Die zweite Teil bezieht sich auf die grundlegendsten Fehler bei der Preis-Kosten-Analyse. Der dritte Teil betrifft die unterlassene Berichtigung dieser Fehler im angefochtenen Beschluss.

713    Da der zweite und der dritte Teil des vorliegenden Klagegrundes beide im Wesentlichen Fehler betreffen, die die Kommission bei der Preis-Kosten-Analyse begangen haben soll und im angefochtenen Beschluss nicht berichtigt habe, werden sie gemeinsam geprüft.

 Vorbemerkungen

714    In Abschnitt 12.7.1 des angefochtenen Beschlusses nahm die Kommission eine quartalsbezogene Preis-Kosten-Analyse für die drei genannten Chips in Bezug auf die zwei betroffenen Kunden vor, um zu prüfen, ob die Klägerin Preise unterhalb der AVC oder LRAIC angewandt hatte.

715    In Abschnitt 12.7.1.1 des angefochtenen Beschlusses erläuterte die Kommission zunächst, dass die AVC eines Chips zu Beginn seines Lebenszyklus besonders hoch seien und sich erst stabilisierten, wenn der Chip in das Stadium der Massenproduktion eintrete. Aus diesem Grund habe die Kommission bei ihrer Preis-Kosten-Analyse die Quartale außer Acht gelassen, die dem Stadium der Massenproduktion vorausgingen, und dieser Ansatz sei für die Klägerin vorteilhaft, da die Preis-Kosten-Analyse für die früheren Quartale angesichts der künstlich erhöhten Produktionskosten zu Beginn des Handelskreislaufs zur Feststellung von Verdrängungspreisen geführt hätte (940. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Schließlich bestimmte die Kommission das Quartal, in dem jeder der drei betreffenden Chips ihrer Ansicht nach das Stadium der Massenproduktion erreicht hatte, das den Ausgangspunkt ihrer Analyse bilden würde, d. h. das dritte Quartal 2009 für den Chip MDM8200 und das dritte Quartal 2010 für die Chips MDM6200 und MDM8200A (Erwägungsgründe 941 bis 943 des angefochtenen Beschlusses).

716    Anschließend führte die Kommission ihre Preis-Kosten-Analyse durch und kam zu dem Ergebnis, dass die Klägerin vom 1. Juli 2009 bis zum 30. Juni 2011 für die drei genannten Chips und im Hinblick auf die beiden betroffenen Kunden Verdrängungspreise angewandt habe, wie sich insbesondere aus den Tabellen 55 bis 57 des angefochtenen Beschlusses ergibt.

 Zum ersten Teil: Ausgangspunkt der Preis-Kosten-Analyse

717    Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe den Ausgangspunkt der Preis-Kosten-Analyse falsch bestimmt und unzureichend begründet.

718    Konkret wirft die Klägerin der Kommission vor, sie habe willkürlich und ohne angemessene Begründung die Auffassung vertreten, dass ein Chip zu dem Zeitpunkt, zu dem ein signifikanter Anstieg seines Produktionsvolumens zu beobachten sei, in das Stadium der Massenproduktion eintrete. Nach Ansicht der Klägerin hätte die Kommission stattdessen den Zeitpunkt berücksichtigen müssen, zu dem ein signifikanter und dauerhafter Rückgang der AVC des Chips zu verzeichnen sei, denn erst wenn sich die AVC stabilisiert hätten, habe der Chip seine volle Produktionskapazität erreicht.

719    Die Klägerin macht geltend, gemäß ihrem Ansatz auf der Grundlage eines signifikanten Rückgangs der AVC habe der MDM8200-Chip erst im zweiten Quartal 2010 das Stadium der Massenproduktion erreicht, während die Chips MDM8200A und MDM6200 dieses Stadium erst im ersten Quartal 2011 erreicht hätten.

720    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

721    Vorab ist festzustellen, dass die Parteien nicht bestreiten, dass die AVC eines Chips im Allgemeinen zu Beginn seines Lebenszyklus sehr hoch sind, anschließend mit steigender Produktion erheblich zurückgehen und sich im letzten Abschnitt seines Lebenszyklus stabilisieren. Die Parteien vertreten jedoch unterschiedliche Auffassungen zu der Frage, ab welchem Zeitpunkt des Lebenszyklus eines Chips die Kommission ihre Preis-Kosten-Analyse ordnungsgemäß durchführen kann, um festzustellen, ob Verdrängungspreise angewandt wurden.

722    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass sich die Klägerin darauf beschränkt, einen anderen Ansatz vorzuschlagen, ohne jedoch darzulegen, inwiefern der Ansatz der Kommission im angefochtenen Beschluss fehlerhaft sein soll oder warum der Ausgangspunkt der Preis-Kosten-Analyse auf den Zeitpunkt fallen soll, an dem sich ein signifikanter und dauerhafter Rückgang der AVC eines Chips beobachten lässt. Außerdem führt der Umstand, dass die von der Kommission angewandte Methode für die Klägerin nicht günstiger ist als die von der Klägerin vorgeschlagene Methode oder sich die zwei Methoden nicht ähnlich sind, nicht dazu, dass die Feststellungen der Kommission fehlerhaft sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. März 2012, Telefónica und Telefónica de España/Kommission, T‑336/07, EU:T:2012:172, Rn. 225), was genügt, um diesen ersten Teil zurückzuweisen.

723    Nach alledem ist der erste Teil zurückzuweisen.

 Zu den übrigen Teilen: die im angefochtenen Beschluss nicht berichtigten grundlegendsten Fehler bei der Preis-Kosten-Analyse

724    Zur Stützung des zweiten Teils trägt die Klägerin vor, wenn die grundlegendsten Fehler bei der Preis-Kosten-Analyse korrigiert würden, würde die Preis-Kosten-Analyse nur noch zur Feststellung von Preisen unterhalb der LRAIC für den MDM8200-Chip führen, und zwar in Bezug auf Huawei in drei Quartalen und in Bezug auf ZTE in einem einzigen Quartal. Die Klägerin verweist auf den vierten, den sechsten und den siebten Klagegrund und erklärt, dass die grundlegendsten Fehler die „Kampfpreis-Theorie“, die Berechnung der Preise und die Berechnung der Kosten beträfen.

725    Zur Stützung des dritten Teils macht sie geltend, die Kommission habe die von ihr vorgeschlagenen Berichtigungen in Bezug auf die grundlegendsten Fehler der Preis-Kosten-Analyse zu Unrecht und ohne hinreichende Begründung zurückgewiesen. Konkret wirft sie der Kommission zum einen unter Bezugnahme auf den neunten Klagegrund vor, keine Analyse des „ebenso leistungsfähigen“ Wettbewerbers vorgenommen zu haben, was ihre Preis-Kosten-Analyse verfälsche, und zum anderen wendet sie sich unter Bezugnahme auf den sechsten und den siebten Klagegrund gegen die Feststellungen in den Erwägungsgründen 994 ff. des angefochtenen Beschlusses.

726    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

727    Die Klägerin trägt zur Stützung des zweiten und des dritten Teils des achten Klagegrundes nichts Neues vor und beschränkt sich darauf, relativ vage auf einige andere Klagegründe zu verweisen, u. a. in Bezug auf Fehler bei der Entwicklung der „Kampfpreis-Theorie“ im angefochtenen Beschluss, die Berechnung der Preise und Kosten durch die Kommission sowie die fehlende Analyse des „ebenso leistungsfähigen“ Wettbewerbers. Diese Argumente sind jedoch im Rahmen der Prüfung des vierten Klagegrundes in Bezug auf die beanstandeten Fehler der im angefochtenen Beschluss entwickelten „Kampfpreis-Theorie“, im Rahmen der Prüfung des sechsten und des siebten Klagegrundes in Bezug auf die beanstandeten Fehler bei der Berechnung der Preise und Kosten durch die Kommission und im Rahmen des ersten Teils des neunten Klagegrundes in Bezug auf die fehlende Analyse des „ebenso leistungsfähigen“ Wettbewerbers zurückgewiesen worden, was genügt, um den zweiten und den dritten Teil des achten Klagegrundes zurückzuweisen.

728    Folglich sind der zweite und der dritte Teil des achten Klagegrundes zurückzuweisen. Da auch der erste Teil dieses Klagegrundes zurückgewiesen worden ist (siehe oben, Rn. 723), ist der Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

 Zum zwölften Klagegrund: unzureichende Begründung des angefochtenen Beschlusses

729    Die Klägerin macht einen Verstoß gegen Art. 41 der Charta und Art. 296 AEUV wegen unzureichender Begründung des angefochtenen Beschlusses geltend.

730    Konkret beanstandet sie als Erstes, dass der angefochtene Beschluss widersprüchlich sei sowie unvollständige Bewertungen und vage Erklärungen enthalte, und die Klägerin verweist insoweit auf Anlage A.12 zur Klageschrift, in der sie ein Verzeichnis der Unstimmigkeiten erstellt habe.

731    Als Zweites trägt die Klägerin vor, die Kommission gebe im angefochtenen Beschluss Erklärungen ab, die nicht fundiert seien, und übernehme die Behauptungen der Beschwerdeführerin, ohne sie kritisch zu hinterfragen.

732    Als Drittes beruft sich die Klägerin auf Beispiele, in denen die Kommission bestimmte, im Verwaltungsverfahren vorgebrachte Argumente außer Acht gelassen und erst recht nicht ernsthaft geprüft habe, nämlich erstens das Argument in Bezug auf die Ungeeignetheit der Fragen, die im Rahmen von Auskunftsverlangen zur Abgrenzung des relevanten Marktes gestellt worden seien, zweitens das Argument in Bezug auf die nicht marginale Bedeutung der Entwicklungskosten der fraglichen Chips für Huawei und ZTE, drittens das Argument, dass keines der Dokumente, die die Kommission zum Nachweis der Verdrängungsabsicht der Klägerin verwendet habe, einen Hinweis auf den MDM8200-Chip enthalte, viertens das Argument in Bezug auf die indirekte Verdrängung und fünftens das Argument, die Klägerin habe lediglich ihre Preise den Preisen von Icera angeglichen.

733    Als Viertes macht die Klägerin geltend, die Kommission habe die Methode zur Berechnung der Referenzkosten, die sie im Verwaltungsverfahren vorgeschlagen habe, nicht erwähnt und sie, ohne dies zu erläutern, nicht im angefochtenen Beschluss berücksichtigt.

734    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

735    Gemäß Art. 41 Abs. 1 Buchst. c der Charta ist die Verwaltung verpflichtet, ihre Entscheidungen zu begründen. Ebenso bestimmt Art. 296 AEUV, dass die Rechtsakte der Union mit einer Begründung zu versehen sind.

736    Nach gefestigter Rechtsprechung muss die in Art. 296 AEUV vorgeschriebene Begründung von Rechtsakten der Unionsorgane der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Organs, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrolle durchführen kann. Das Begründungserfordernis ist anhand aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen, insbesondere des Inhalts des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und des Interesses, das die Adressaten des Rechtsakts oder andere unmittelbar und individuell von ihm betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Anforderungen des Art. 296 AEUV genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (vgl. Urteil vom 10. März 2016, HeidelbergCement/Kommission, C‑247/14 P, EU:C:2016:149, Rn. 16 und die dort angeführte Rechtsprechung).

737    Ferner ist darauf hinzuweisen, dass das Vorliegen einer Begründung von der Stichhaltigkeit der Begründung zu unterscheiden ist. Folglich gehen Rügen und Argumente, die sich gegen die materielle Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses richten, im Rahmen eines Klagegrundes, mit dem eine fehlende oder unzureichende Begründung gerügt wird, ins Leere (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Juli 2018, Nexans France und Nexans/Kommission, T‑449/14, EU:T:2018:456, Rn. 164).

738    Was die erste Rüge betrifft, mit der Widersprüche, unvollständige Bewertungen und vage Erklärungen im angefochtenen Beschluss beanstandet werden, ist festzustellen, dass der angefochtene Beschluss entgegen dem Vorbringen der Klägerin nicht mit den in Anlage A.12 zur Klageschrift aufgeführten Widersprüchen, unvollständigen Bewertungen und vagen Erklärungen behaftet ist, was genügt, um diese Rüge zurückzuweisen.

739    In Bezug auf die zweite Rüge, mit der nicht fundierte Erklärungen und unkritisch übernommene Behauptungen der Beschwerdeführerin im angefochtenen Beschluss beanstandet werden, ist festzustellen, dass diese Rüge die materielle Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses in Frage stellt und daher im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes ins Leere geht.

740    Was die dritte Rüge betrifft, mit der geltend gemacht wird, die Kommission habe bestimmte, im Verwaltungsverfahren vorgebrachte Argumente außer Acht gelassen, so hat die Klägerin im Rahmen des zweiten Klagegrundes (in Bezug auf die Fragen im Rahmen von Auskunftsverlangen zur Abgrenzung des relevanten Marktes), des vierten Klagegrundes (in Bezug auf die indirekte Verdrängung), des siebten Klagegrundes (in Bezug auf die Entwicklungskosten), des zehnten Klagegrundes (in Bezug auf die Verdrängungsabsicht) und des elften Klagegrundes (in Bezug auf die Anpassung an die Preise von Icera) alle diese Argumente vorgetragen, und das Gericht hat diese Argumente im Rahmen der Prüfung der genannten Klagegründe gesondert untersucht und zurückgewiesen, was genügt, um die vorliegende Rüge zurückzuweisen.

741    Was zudem die Rüge der Klägerin betrifft, die Kommission habe die fraglichen Argumente nicht ernsthaft geprüft, ist festzustellen, dass diese Rüge die materielle Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses in Frage stellt und daher im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes ins Leere geht.

742    Zur vierten Rüge, wonach die Kommission die Methode zur Berechnung der Referenzkosten, die sie im Verwaltungsverfahren vorgeschlagen habe, nicht im angefochtenen Beschluss erwähnt habe und außer Acht gelassen habe, ist festzustellen, dass die Kommission ihre Begründungspflicht nicht dadurch verletzte, dass sie im vorliegenden Fall ihre eigene Methode zur Berechnung der Referenzkosten anwandte, ohne die Methode zu berücksichtigen, die die Klägerin vorgeschlagen haben will. Außerdem erläuterte die Kommission im vorliegenden Fall in Abschnitt 12.6 des angefochtenen Beschlusses klar und eindeutig ihre Methode zur Berechnung der Referenzkosten sowie die Gründe, aus denen sie diese Methode für die geeignetste hielt. Die vorliegende Rüge ist daher zurückzuweisen.

743    Folglich ist der zwölfte Klagegrund zurückzuweisen.

 Zum 13. Klagegrund: „offensichtliche Beurteilungsfehler“, fehlende Grundlage und Begründungsmangel des angefochtenen Beschlusses in Bezug auf die Dauer der Zuwiderhandlung

744    Im Rahmen des 13. Klagegrundes beanstandet die Klägerin sowohl den von der Kommission festgelegten Zeitpunkt des Beginns der Zuwiderhandlung als auch den von ihr festgelegten Zeitpunkt des Endes der Zuwiderhandlung.

745    In Bezug auf den Beginn der Zuwiderhandlung bezieht sich die Klägerin auf die im Rahmen des achten Klagegrundes vorgetragenen Argumente und macht geltend, die Kommission könne den Beginn nicht auf den 1. Juli 2009 datieren, da der MDM8200-Chip erst im zweiten Quartal 2010 das Stadium der Massenproduktion erreicht habe und die Chips MDM8200A und MDM6200 dieses Stadium erst im ersten Quartal 2011 erreicht hätten.

746    Was das Ende der Zuwiderhandlung betrifft, knüpft die Klägerin an ihr Vorbringen zum vierten und zum zehnten Klagegrund an und macht geltend, die Kommission könne diesen Zeitpunkt nicht auf den 30. Juni 2011 datieren.

747    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

748    Die Klägerin verweist im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes lediglich auf ihr Vorbringen zum vierten, zum achten und zum zehnten Klagegrund. Hierzu in der mündlichen Verhandlung befragt, hat die Klägerin ausdrücklich bestätigt, dass sich der vorliegende Klagegrund auf kein gesondertes, nicht zur Begründung eines anderen Klagegrundes vorgebrachtes Argument stütze.

749    Die Argumente zur Stützung des vierten, des achten und des zehnten Klagegrundes, auf die die Klägerin im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes verweist, sind alle zurückgewiesen worden, was genügt, um den 13. Klagegrund zurückzuweisen.

 Zum 14. Klagegrund: „offensichtliche Fehlerhaftigkeit“ des angefochtenen Beschlusses bezogen auf die Verhängung und die Berechnung der Geldbuße

750    Dieser Klagegrund besteht aus sieben Teilen. Mit dem ersten Teil wird geltend gemacht, die Zuwiderhandlung sei nicht vorsätzlich oder fahrlässig begangen worden. Mit dem zweiten Teil werden Beurteilungs- und Rechtsfehler, ein Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit und ein Begründungsmangel bei der Ermittlung der Umsätze gerügt. Der dritte Teil betrifft „offensichtliche Beurteilungsfehler“ und offensichtliche Rechtsfehler und beanstandet insoweit, die Auswirkungen der Zuwiderhandlung seien nicht beurteilt worden. Der vierte Teil betrifft Beurteilungs- und Rechtsfehler sowie eine Verletzung der Begründungspflicht in Bezug auf die Schwere der Zuwiderhandlung. Der fünfte Teil betrifft „offensichtliche Beurteilungsfehler“ und offensichtliche Rechtsfehler sowie eine Verletzung der Begründungspflicht in Bezug auf den Zusatzbetrag der Geldbuße. Der sechste Teil betrifft Beurteilungs- und Rechtsfehler in Bezug auf fehlende mildernde Umstände nach den Leitlinien von 2006 sowie eine Verletzung der Begründungspflicht in Bezug auf Vorsatz oder Fahrlässigkeit. Mit dem siebten Klagegrund wird ein Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gerügt.

 Vorbemerkungen

751    Im angefochtenen Beschluss entschied die Kommission, eine Geldbuße gegen die Klägerin zu verhängen, die anhand der in den Leitlinien von 2006 aufgestellten Grundsätze berechnet wurde.

752    Sie ermittelte zunächst auf der Grundlage der von der Klägerin vorgelegten Daten den Wert der direkten und indirekten Verkäufe von UMTS-Chips, d. h. der von der Zuwiderhandlung betroffenen Güter, im EWR durch die Klägerin. Sie stützte sich insoweit auf den tatsächlichen Wert der betreffenden Umsätze, indem sie den Wert der von der Klägerin im maßgeblichen Zeitraum realisierten Umsätze von UMTS-Chips zusammenrechnete, d. h. im zweiten Quartal 2009, im gesamten Jahr 2010 und im ersten Quartal 2011. Bei der Festsetzung des Grundbetrags der Geldbuße wandte sie einen Schweregrad von [vertraulich] an, wobei sie die Gesichtspunkte, die sie bei der Festlegung dieses Prozentsatzes berücksichtigt hatte, im angefochtenen Beschluss erläuterte.

753    Sodann erhöhte die Kommission den Grundbetrag der Geldbuße um einen Zusatzbetrag zwecks Abschreckung in Höhe von [vertraulich] der durchschnittlichen Umsätze der Klägerin mit UMTS-Chips im EWR im maßgeblichen Zeitraum, d. h. [vertraulich] der Hälfte des tatsächlichen Werts der betreffenden Umsätze, wie zuvor ermittelt. In den Erwägungsgründen 1274 bis 1278 des angefochtenen Beschlusses erläuterte die Kommission die Faktoren, die sie bei der Festsetzung dieses Prozentsatzes berücksichtigt hatte.

754    Schließlich gelangte die Kommission zu dem Ergebnis, dass mangels erschwerender oder mildernder Umstände der Betrag der Geldbuße nicht angepasst werden müsse.

755    In Anbetracht dieser Erwägungen setzte die Kommission die gegen die Klägerin verhängte Geldbuße auf 242 042 000 Euro fest und wies darauf hin, dass angesichts des Umsatzes in Höhe von 19 105 Mio. Euro, den die Klägerin im letzten Wirtschaftsjahr vor Erlass des angefochtenen Beschlusses erzielt habe, die Geldbuße die in Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 festgelegte Obergrenze von 10 % nicht überschreite.

756    Im vorliegenden Fall hält es das Gericht für zweckmäßig, mit der Prüfung des zweiten Teils des vorliegenden Klagegrundes zu beginnen.

 Zum zweiten Teil: Beurteilungs- und Rechtsfehler, Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit und Begründungsmangel bei der Ermittlung der Umsätze

757    Zur Stützung des zweiten Teils trägt die Klägerin drei Argumente vor. Als Erstes macht sie geltend, die Kommission sei bei der Bewertung ihrer indirekten Verkäufe von UMTS-Chips im EWR von Ziff. 15 der Leitlinien von 2006 abgewichen, da sie Daten verwendet habe, die das Kalenderjahr und nicht das letzte Steuerjahr beträfen.

758    Als Zweites rügt die Klägerin, die Kommission sei von den Ziff. 13 und 24 der Leitlinien von 2006 abgewichen, da sie die Umsätze zugrunde gelegt habe, die im gesamten maßgeblichen Zeitraum realisiert worden seien, und nicht die Umsätze des letzten vollständigen Steuerjahrs, und dies noch nicht einmal begründet habe.

759    Drittens beanstandet die Klägerin, sie habe keine Gelegenheit erhalten, der Kommission ihre Stellungnahme zu der von der Kommission geplanten Methode zur Schätzung ihrer Umsätze zukommen zu lassen.

760    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. Sie erwidert als Erstes, dass sie zur Bestimmung des Werts der Umsätze der Klägerin die Daten habe verwenden müssen, die die Klägerin ihr 2015, d. h. in tempore non suspecto, als es noch nicht um die Berechnung der Geldbuße gegangen sei, für das Kalenderjahr vorgelegt habe, statt der von der Klägerin 2019 gelieferten Daten zum letzten Steuerjahr, die anschließend mehrfach aufgrund zahlreicher Fehler berichtigt worden seien und daher als wenig verlässlich erachtet worden seien. Es sei ihr nicht möglich gewesen, die Umsätze im letzten Steuerjahr auf der Grundlage der für das Kalenderjahr vorgelegten Daten zu schätzen, da die Klägerin ihr zu keinem Zeitpunkt eine Aufschlüsselung dieser Umsätze nach Quartalen übermittelt habe, was ihr die Schätzung ermöglicht hätte.

761    Als Zweites erläutert die Kommission in der Gegenerwiderung in Bezug auf die Heranziehung der Umsätze für den gesamten maßgeblichen Zeitraum, dass sie ihre Berechnungen nicht auf das letzte vollständige Jahr der Zuwiderhandlung habe stützen können, da die von der Klägerin übermittelten Daten zur Rekonstruktion des Marktes aggregierte Zahlen für das Kalenderjahr enthalten hätten. Seit dem ersten Auskunftsverlangen vom 5. Februar 2019 habe sie die Klägerin aufgefordert, ihr die Umsätze mit UMTS-Chips für jedes vollständige Wirtschaftsjahr von 2009 bis 2011 mitzuteilen, d. h. für den gesamten Zeitraum, und es sei für die Klägerin somit ersichtlich gewesen, dass sie den gesamten Zeitraum und nicht nur das letzte Wirtschaftsjahr habe heranziehen wollen.

762    Als Drittes macht die Kommission geltend, die Klägerin habe die Möglichkeit gehabt, zu der von ihr geplanten Methode Stellung zu nehmen, da sie die Klägerin am 13. Juni 2019 darüber informiert habe, so dass sie es ihr möglich gewesen sei, eine Stellungnahme zu übermitteln.

763    Was das erste Argument der Klägerin betrifft, die Kommission habe Daten verwendet, die das Kalenderjahr und nicht das letzte Steuerjahr beträfen, ist Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 zu entnehmen, dass die Kommission zur Festsetzung des Grundbetrags der Geldbuße den Wert der von dem betreffenden Unternehmen im relevanten räumlichen Markt innerhalb des EWR verkauften Waren oder Dienstleistungen verwendet, die mit dem Verstoß in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang stehen, und im Regelfall der Umsatz im letzten vollständigen Geschäftsjahr, in dem das Unternehmen an der Zuwiderhandlung beteiligt war, zugrunde zu legen ist.

764    Gemäß Ziff. 15 der Leitlinien von 2006 bestimmt die Kommission den Umsatz eines Unternehmens mittels der zuverlässigsten Daten, die von diesem Unternehmen verfügbar sind, und gemäß Ziff. 16 der Leitlinien kann die Kommission, wenn die von einem Unternehmen zur Verfügung gestellten Daten unvollständig oder unzuverlässig sind, den Umsatz mittels der erhaltenen Teildaten oder jeder anderen von ihr als einschlägig oder geeignet erachteten Information bestimmen.

765    Folglich ist die Kommission nicht verpflichtet, die Umsätze im letzten Steuerjahr zugrunde zu legen, da es sich dabei nur um eine Möglichkeit und keine Verpflichtung handelt, wie aus der Formulierung „im Regelfall“ in Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 hervorgeht, die das Bestehen einer Möglichkeit bestätigt. Außerdem sieht Ziff. 16 der Leitlinien vor, dass die Kommission bei Zweifeln an der Zuverlässigkeit der vom betreffenden Unternehmen vorgelegten Daten jede andere von ihr als einschlägig oder geeignet erachtete Information verwenden kann, um den Umsatz des fUnternehmens zu bestimmen.

766    Im vorliegenden Fall steht fest, dass die Kommission bei der Berechnung des Grundbetrags der Geldbuße die Angaben zu den Umsätzen der Klägerin je Kalenderjahr und nicht die Angaben zu den Umsätzen je Steuerjahr zugrunde legte und in den Erwägungsgründen 1246 bis 1266 des angefochtenen Beschlusses ausführlich begründete, warum sie so vorgegangen war, nämlich u. a. weil sie die Zuverlässigkeit der Angaben der Klägerin zu ihren Umsätzen je Steuerjahr anzweifelte.

767    Außerdem wäre die Klägerin, als die Kommission ihr am 13. Juni 2019 mitteilte, dass sie die Daten zu den Umsätzen je Kalenderjahr zugrunde legen wolle, durchaus in der Lage gewesen, die – nach Quartalen aufgeschlüsselten – Daten zu den Umsätzen je Kalenderjahr vorzulegen, was der Kommission ermöglicht hätte, anhand dieser Informationen die Umsätze der Klägerin im Steuerjahr 2010 zu berechnen. Die Klägerin hat dies versäumt und kann der Kommission daher nicht mit Erfolg vorwerfen, Daten nicht verwendet zu haben, die ihr nicht vorlagen.

768    Folglich beging die Kommission keinen Fehler und keinen Verstoß gegen ihre Begründungspflicht, als sie sich dafür entschied, die Angaben der Klägerin zu ihren Umsätzen je Kalenderjahr und nicht je Steuerjahr zu verwenden.

769    Was das zweite Argument der Klägerin betrifft, die Kommission habe die Umsätze während der gesamten Dauer der Zuwiderhandlung verwendet und nicht die Umsätze im letzten Steuerjahr, ist Ziff. 24 der Leitlinien von 2006 zu entnehmen, dass, um der Dauer der Mitwirkung der einzelnen Unternehmen an der Zuwiderhandlung in voller Länge Rechnung zu tragen, der nach dem Umsatz ermittelte Wert mit der Anzahl der Jahre multipliziert wird, die das Unternehmen an der Zuwiderhandlung beteiligt war.

770    Im vorliegenden Fall ist unstreitig, dass die Kommission den Grundbetrag der Geldbuße berechnete, indem sie die Umsätze der Klägerin im maßgeblichen Zeitraum, d. h. im zweiten Halbjahr 2009, im Jahr 2010 und im ersten Halbjahr 2011, zusammenrechnete, und nicht, indem sie die Umsätze im letzten Kalenderjahr mit der Anzahl der Jahre multiplizierte, an denen das Unternehmen an der Zuwiderhandlung beteiligt war, d. h. zwei Jahre.

771    Anders als Ziff. 13 der Leitlinien, die der Kommission die Möglichkeit einräumt, andere Umsätze als die des letzten Steuerjahrs heranzuziehen, sieht Ziff. 24 der Leitlinien keine Ausnahme vor.

772    Zwar erlaubt Ziff. 37 der Leitlinien von 2006 der Kommission grundsätzlich, von der in den Leitlinien vorgesehenen Methode abzuweichen, doch muss sie in einem solchen Fall besonders begründen, warum sie von der Methode abweicht.

773    Nach der Rechtsprechung ergibt sich nämlich zum einen, dass, wenn die Kommission beschließt, von der in den Leitlinien von 2006 dargelegten allgemeinen Methodik, durch die sie sich in der Ausübung ihres Ermessens bei der Festsetzung der Höhe von Geldbußen selbst gebunden hat, abzuweichen, indem sie sich auf Ziff. 37 der Leitlinien stützt, das Begründungserfordernis umso strenger zu beachten ist, und zum anderen, dass die Leitlinien Verhaltensnormen darstellen, die einen Hinweis auf die zu befolgende Verwaltungspraxis enthalten, von der die Kommission im Einzelfall nicht ohne Angabe von Gründen abweichen kann, die insbesondere mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung vereinbar sind. Diese Begründung muss umso genauer sein, als Ziff. 37 der Leitlinien sich nur vage auf die „besonderen Umstände eines Falles“ bezieht und der Kommission einen weiten Ermessensspielraum einräumt, um eine ausnahmsweise Anpassung der Grundbeträge der Geldbußen der betroffenen Unternehmen vorzunehmen. In einem solchen Fall kommt der Beachtung der Garantien, die die Unionsrechtsordnung in Verwaltungsverfahren gewährt, wozu auch die Begründungspflicht gehört, eine umso größere Bedeutung zu (vgl. Urteil vom 13. Dezember 2016, Printeos u. a./Kommission, T‑95/15, EU:T:2016:722, Rn. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung).

774    Die Kommission erläutert zwar in der Tat, warum sie die Umsätze des Kalenderjahrs 2010 und nicht die des letzten Steuerjahrs zugrunde legte, doch liefert sie keine Begründung dafür, dass sie die während der gesamten Dauer der Zuwiderhandlung erzielten Umsätze verwendete (und nicht die – angesichts der zweijährigen Dauer der Zuwiderhandlung mit zwei multiplizierten – Umsätze im letzten Jahr der Zuwiderhandlung), denn sie beschränkt sich auf die Erklärung, dass sie ihre Berechnungen nicht auf das letzte vollständige Jahr der Zuwiderhandlung habe stützen können, da ihr nur aggregierte Zahlen für das Kalenderjahr vorgelegen hätten. Die Kommission hätte nämlich durchaus die Umsätze im letzten Kalenderjahr der Zuwiderhandlung zugrunde legen können, die ihr vorlagen und die sie für zuverlässig hielt, und diesen Wert mit der Anzahl der Jahre der Zuwiderhandlung, d. h. zwei, multiplizieren können.

775    Nach der Rechtsprechung ist die Begründung dem Betroffenen außerdem grundsätzlich gleichzeitig mit der ihn beschwerenden Entscheidung mitzuteilen. Das Fehlen der Begründung kann nicht dadurch geheilt werden, dass der Betroffene die Gründe für die Entscheidung während des Verfahrens vor den Unionsinstanzen erfährt (Urteile vom 29. September 2011, Elf Aquitaine/Kommission, C‑521/09 P, EU:C:2011:620, Rn. 149; vom 19. Juli 2012, Alliance One International und Standard Commercial Tobacco/Kommission, C‑628/10 P und C‑14/11 P, EU:C:2012:479, Rn. 74, sowie vom 13. Dezember 2016, Printeos u. a./Kommission, T‑95/15, EU:T:2016:722, Rn. 46). Daraus folgt, dass die von der Kommission im vorliegenden Verfahren und konkret in der Gegenerwiderung abgegebene Erklärung hinsichtlich der Gründe, aus denen sie von Ziff. 24 der Leitlinien von 2006 abwich, selbst wenn sie überzeugen sollte, jedenfalls die insoweit fehlende Begründung im angefochtenen Beschluss nicht heilen könnte.

776    Somit wich die Kommission im angefochtenen Beschluss ungerechtfertigterweise von der in den Leitlinien von 2006 vorgeschriebenen Methode ab, indem sie sich im vorliegenden Verfahren und in der Gegenerwiderung auf eine unzureichende Begründung gestützt hat.

777    Was das dritte Argument der Klägerin betrifft, sie habe keine Gelegenheit gehabt, sich zu der Methode zu äußern, die die Kommission zur Festsetzung des Grundbetrags der Geldbuße habe anwenden wollen, steht fest, dass die Klägerin am 13. Juni 2019 über diese Methode informiert wurde und ihr insbesondere mitgeteilt wurde, dass die Kommission die Angaben zu den Umsätzen je Kalenderjahr verwenden wollte. Die Klägerin hatte daher die Möglichkeit, sich dazu zu äußern.

778    Entgegen dem Vorbringen der Kommission konnte die Klägerin jedoch nicht allein deshalb, weil die Kommission sie aufgefordert hatte, ihr die Umsätze mit UMTS-Chips für jedes vollständige Wirtschaftsjahr zwischen 2009 und 2011 zu übermitteln, d. h. für den gesamten maßgeblichen Zeitraum, damit rechnen, dass die Kommission den Grundbetrag der Geldbuße anhand der im gesamten maßgeblichen Zeitraum erzielten Umsätze berechnen würde.

779    Nach alledem ist dem vorliegenden Teil und damit dem 14. Klagegrund teilweise stattzugeben. Folglich ist Art. 2 des angefochtenen Beschlusses für nichtig zu erklären, ohne dass die anderen Teile des vorliegenden Klagegrundes geprüft zu werden brauchen, da sie alle auf die Nichtigerklärung dieser Bestimmung gerichtet sind.

 Zum 15. Klagegrund: „offensichtliche Fehler bei der Beurteilung“ der Sach- und Rechtslage sowie Begründungsmangel des angefochtenen Beschlusses, soweit er die Zuständigkeit der Kommission und eine Beeinträchtigung des Handels feststelle

780    Der vorliegende Klagegrund besteht aus zwei Teilen. Mit dem ersten Teil wird geltend gemacht, die Kommission sei für die Anwendung von Art. 102 AEUV nicht zuständig. Der zweite Teil betrifft die Frage, ob das beanstandete Verhalten den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigte.

 Zum ersten Teil: fehlende Zuständigkeit der Kommission für die Anwendung von Art. 102 AEUV

781    Die Klägerin ist der Auffassung, die Kommission habe sich im angefochtenen Beschluss zu Unrecht für zuständig erklärt, Art. 102 AEUV anzuwenden, und sie begründet dies wie folgt.

782    Als Erstes macht sie geltend, das beanstandete Verhalten sei nicht im EWR durchgeführt worden, da keine Direktverkäufe der betreffenden Chips im oder in den EWR erfolgt seien.

783    Als Zweites trägt sie vor, aus den im Rahmen des neunten Klagegrundes dargelegten Gründen sei das beanstandete Verhalten nicht geeignet gewesen, im EWR wettbewerbswidrige Verdrängungswirkungen zu entfalten. Und selbst wenn dies der Fall gewesen wäre, wären die Verdrängungswirkungen jedenfalls nicht erheblich, unmittelbar und vorherzusehen gewesen.

784    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

785    In Bezug auf eine außerhalb des EWR gezeigte Verhaltensweise lässt sich die Zuständigkeit der Kommission zur Feststellung und Ahndung eines Verstoßes gegen Art. 102 AEUV völkerrechtlich entweder mit dem Kriterium der Durchführung oder mit dem Kriterium der qualifizierten Auswirkungen begründen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. September 2017, Intel/Kommission, C‑413/14 P, EU:C:2017:632, Rn. 40 bis 47; vgl. in diesem Sinne und entsprechend auch Urteil vom 12. Juli 2018, Brugg Kabel und Kabelwerke Brugg/Kommission, T‑441/14, EU:T:2018:453, Rn. 95 bis 97).

786    Insoweit ist auch zu beachten, dass die Kriterien der Durchführung und der qualifizierten Auswirkungen alternativ und nicht kumulativ sind (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 6. September 2017, Intel/Kommission, C‑413/14 P, EU:C:2017:632, Rn. 62 bis 64, und vom 12. Juli 2018, Brugg Kabel und Kabelwerke Brugg/Kommission, T‑441/14, EU:T:2018:453, Rn. 98).

787    Im vorliegenden Fall stützte sich die Kommission in Abschnitt 13 des angefochtenen Beschlusses zur völkerrechtlichen Begründung ihrer Zuständigkeit für die Feststellung und Ahndung eines Verstoßes gegen Art. 102 AEUV sowohl auf das Kriterium der Durchführung (1203. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses) als auch auf das Kriterium der qualifizierten Auswirkungen (Erwägungsgründe 1204 bis 1210 des angefochtenen Beschlusses).

788    In Bezug auf das Kriterium der Durchführung stellte die Kommission im 1203. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses fest, dass es erfüllt sei, da die Klägerin gewusst habe oder hätte wissen müssen, dass die von Huawei und ZTE montierten Geräte, die einen ihrer Basisband-Chips enthielten, auch im EWR in den Verkehr gebracht würden, was durch mehrere Beweise aus der Zeit des zur Last gelegten Sachverhalts und insbesondere eine Antwort der Klägerin im Verwaltungsverfahren sowie einige interne Dokumente der Klägerin bestätigt werde.

789    Die Klägerin bestreitet nicht, dass Huawei und ZTE, an die sie Chips zu Verdrängungspreisen verkauft hatte, die Chips in Geräte einbauten, die im EWR in den Verkehr gebracht wurden, und sie bestreitet auch nicht, dass sie dies wusste oder hätte wissen müssen, was der Grund dafür ist, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss feststellte, dass das Kriterium der Durchführung erfüllt sei.

790    Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass im EWR keine Direktverkäufe stattgefunden hätten, da dieser Umstand von der Kommission im angefochtenen Beschluss nicht für den Nachweis, dass das Kriterium der Durchführung erfüllt sei, herangezogen wird.

791    Folglich beging die Kommission keinen Fehler, als sie feststellte, dass das Kriterium der Durchführung im vorliegenden Fall erfüllt sei.

792    Da das Kriterium der Durchführung und das Kriterium der qualifizierten Auswirkungen alternative Kriterien sind, wie sich aus der oben in Rn. 786 angeführten Rechtsprechung ergibt, muss, da die Klägerin die Feststellung der Kommission, wonach das Kriterium der Durchführung erfüllt sei, nicht widerlegen konnte, nicht geprüft werden, ob die Kommission zu Recht der Auffassung war, dass das andere Kriterium, d. h. das Kriterium der qualifizierten Auswirkungen, ebenfalls erfüllt sei, da das Kriterium der Durchführung für sich genommen die Zuständigkeit der Kommission für die Anwendung von Art. 102 AEUV begründen kann.

793    Nach alledem ist der erste Teil des 15. Klagegrundes zurückzuweisen.

 Zum zweiten Teil: Auswirkungen des beanstandeten Verhaltens auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten

794    Die Klägerin bezieht sich auf ihr Vorbringen zum neunten Klagegrund und macht geltend, die Kommission sei im 1216. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu Unrecht zu dem Ergebnis gelangt, dass das beanstandete Verhalten nennenswerte Auswirkungen auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten gehabt habe.

795    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

796    Nach ständiger Rechtsprechung sind für die Beurteilung der Frage, ob der Missbrauch einer beherrschenden Stellung zu einer Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten führen kann, die Auswirkungen auf die Struktur eines wirksamen Wettbewerbs im Binnenmarkt zu berücksichtigen (vgl. Urteil vom 4. Mai 1988, Bodson, 30/87, EU:C:1988:225, Rn. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung).

797    Danach sind Praktiken, die auf die Verdrängung des größten im Binnenmarkt ansässigen Wettbewerbers vom Markt gerichtet sind, ihrer Art nach geeignet, die Wettbewerbsstruktur im Binnenmarkt und damit den Handel zwischen Mitgliedstaaten im Sinne des Art. 102 AEUV zu beeinträchtigen (Urteil vom 8. Oktober 1996, Compagnie maritime belge transports u. a./Kommission, T‑24/93 bis T‑26/93 und T‑28/93, EU:T:1996:139, Rn. 203).

798    Außerdem ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass eine wettbewerbswidrige Praxis, die ein Zwischenerzeugnis betrifft, geeignet ist, den Handel im Binnenmarkt zu beeinträchtigen, auch wenn das Zwischenerzeugnis selbst nicht Gegenstand des Handels zwischen Mitgliedstaaten ist, sondern nur den Ausgangsstoff für ein anderes Erzeugnis darstellt, das anderswo in der Union vertrieben wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. Januar 1985, Clair, 123/83, EU:C:1985:33, Rn. 29).

799    Im vorliegenden Fall ergibt sich aus der Prüfung des zehnten Klagegrundes, dass die Kommission rechtlich hinreichend nachgewiesen hat, dass das beanstandete Verhalten darauf gerichtet war, Icera auszuschalten, die größte Wettbewerberin der Klägerin, die zum maßgeblichen Zeitpunkt in der Union ansässig war, was die Streithelferin in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich bestätigt hat. Ferner betraf das Verhalten UMTS-Chips, d. h. Zwischenerzeugnisse, die für MBB-Geräte bestimmt waren, die u. a. in der Union vertrieben wurden, was die Klägerin nicht wirksam bestritten hat.

800    Folglich beging die Kommission keinen Fehler und keinen Verstoß gegen die Begründungspflicht, als sie im angefochtenen Beschluss feststellte, dass das beanstandete Verhalten geeignet gewesen sei, Auswirkungen auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu haben. Der zweite Teil des 15. Klagegrundes ist daher zurückzuweisen.

801    Nach alledem ist der 15. Klagegrund zurückzuweisen.

 Zum Antrag auf Aufhebung oder Herabsetzung der Geldbuße

802    Die Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung ermächtigt das Gericht, über die reine Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Sanktion hinaus, die nur die Abweisung der Nichtigkeitsklage oder die Nichtigerklärung des angefochtenen Rechtsakts ermöglicht, die Beurteilung der Kommission durch seine eigene Beurteilung zu ersetzen und demgemäß den angefochtenen Rechtsakt, auch ohne ihn für nichtig zu erklären, unter Berücksichtigung aller tatsächlichen Umstände abzuändern und insbesondere den Betrag der Geldbuße herabzusetzen oder zu erhöhen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 8. Februar 2007, Groupe Danone/Kommission, C‑3/06 P, EU:C:2007:88, Rn. 61 und 62, sowie vom 3. September 2009, Prym und Prym Consumer/Kommission, C‑534/07 P, EU:C:2009:505, Rn. 86).

803    Im Rahmen der Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung hat das Gericht die Höhe der Geldbuße unter Berücksichtigung aller Umstände des konkreten Falls festzusetzen. Dies setzt nach Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 die Berücksichtigung der Schwere und der Dauer der Zuwiderhandlung unter Wahrung der Grundsätze u. a. der Verhältnismäßigkeit und der individuellen Sanktionsfestsetzung voraus (vgl. Urteil vom 21. Januar 2016, Galp Energía España u. a./Kommission, C‑603/13 P, EU:C:2016:38, Rn. 90 und die dort angeführte Rechtsprechung).

804    Im Rahmen seiner Begründungspflicht hat das Gericht auch ausführlich darzulegen, welche Faktoren es bei der Festsetzung der Geldbuße berücksichtigt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. September 2016, Trafilerie Meridionali/Kommission, C‑519/15 P, EU:C:2016:682, Rn. 52).

805    Im vorliegenden Fall ist nach Auffassung des Gerichts bei der Bestimmung des Betrags der Geldbuße, die gegen die Klägerin zu verhängen ist, weil sie zwei Jahre lang selektive Verdrängungspreise anwandte, um ihre größte Konkurrentin auszuschalten, unter Berücksichtigung der Prüfung des zweiten Teils des 14. Klagegrundes wie folgt vorzugehen.

 Vorbemerkung

806    Auch wenn das Gericht nicht an die Leitlinien der Kommission für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen gebunden ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. September 2016, Trafilerie Meridionali/Kommission, C‑519/15 P, EU:C:2016:682, Rn. 52 bis 55), ist im vorliegenden Fall die Methode anzuwenden, die in den Leitlinien von 2006 vorgesehen ist und von der Klägerin nicht beanstandet wird.

 Festsetzung des Grundbetrags der Geldbuße

807    Da Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 keine Verpflichtung enthält, den Umsatz im letzten Steuerjahr zugrunde zu legen, wie oben in den Rn. 763 bis 765 dargelegt, ist im vorliegenden Fall der Umsatz zu berücksichtigen, den die Klägerin im letzten Kalenderjahr der Zuwiderhandlung auf dem Markt für UMTS-Chips im EWR erzielte, d. h. im Kalenderjahr 2010. Die Wahl dieses Kalenderjahrs ist nämlich dadurch gerechtfertigt, dass im vorliegenden Fall die von der Klägerin für jedes Steuerjahr vorgelegten Daten aus den in den Erwägungsgründen 1246 bis 1266 des angefochtenen Beschlusses erläuterten Gründen nicht verlässlich sind.

808    Insoweit geht aus der von den Parteien nicht beanstandeten Tabelle 75 des angefochtenen Beschlusses hervor, dass sich der Umsatz der Klägerin mit UMTS-Chips im Kalenderjahr 2010 im EWR auf [vertraulich] belief.

 Schwere der Zuwiderhandlung

809    Was den zu berücksichtigenden Anteil am Umsatz betrifft, ist allen maßgeblichen Umständen des Falls Rechnung zu tragen, insbesondere der weltweiten wirtschaftlichen Bedeutung des UMTS-Marktes, der Art der von der Klägerin begangenen Zuwiderhandlung, dem Umstand, dass sich die beanstandete Praxis gegen die einzige Wettbewerberin richtete, die die Klägerin im Spitzensegment dieses Marktes herausfordern konnte, dem Umstand, dass das Verhalten auch andere potenzielle neue Marktteilnehmer abschrecken konnte, und der geografischen Reichweite der Zuwiderhandlung, die weltweite Bedeutung hatte und den gesamten EWR einschloss.

810    Daher ist ein Schweregrad von 11 % anzuwenden, so dass sich ein Betrag in Höhe von [vertraulich] ergibt.

 Anzahl der Jahre der Zuwiderhandlung

811    Aus Ziff. 24 der Leitlinien von 2006 ergibt sich, dass, um der Dauer der Mitwirkung der einzelnen Unternehmen an der Zuwiderhandlung in voller Länge Rechnung zu tragen, der nach dem Umsatz ermittelte Wert mit der Anzahl der Jahre multipliziert wird, die das Unternehmen an der Zuwiderhandlung beteiligt war.

812    Da die Zuwiderhandlung im vorliegenden Fall zwei Jahre andauerte (1295. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses), ist der nach dem Umsatz ermittelte Wert mit zwei zu multiplizieren, so dass sich ein Betrag in Höhe von [vertraulich] ergibt.

 Zusatzbetrag

813    Gemäß Ziff. 25 der Leitlinien von 2006 kann ein Betrag zwischen 15 % und 25 % des Umsatzes dem Grundbetrag der Geldbuße hinzugefügt werden, um Unternehmen gleicher Größe, die über identische Ressourcen verfügen, davon abzuhalten, ähnliche wettbewerbswidrige Verhaltensweisen wie das im betreffenden Fall geahndete Verhalten an den Tag zu legen.

814    Im vorliegenden Fall ist das Gericht der Auffassung, dass das Ziel der Abschreckung durch einen Betrag gewährleistet werden kann, der unter dem in Ziff. 25 der Leitlinien von 2006 genannten Prozentsatz liegt, dem lediglich Hinweischarakter zukommt.

815    Daher ist dem Grundbetrag der Geldbuße ein Zusatzbetrag in Höhe von 11 % des Umsatzes der Klägerin mit UMTS-Chips im EWR im Kalenderjahr 2010, so wie er der von den Parteien nicht beanstandeten Tabelle 75 des angefochtenen Beschlusses zu entnehmen ist, hinzuzufügen, so dass sich ein Betrag in Höhe von [vertraulich] ergibt.

 Mildernde oder erschwerende Umstände

816    Im vorliegenden Fall kann keiner der Umstände, auf die die Klägerin allgemein verweist, zu einer Verringerung der Geldbuße nach Ziff. 29 der Leitlinien führen, und in Anbetracht sämtlicher einschlägigen Umstände ist eine Anpassung des Grundbetrags der Geldbuße nicht angemessen.

817    Darüber hinaus ist das Gericht ebenso wie die Kommission im angefochtenen Beschluss der Ansicht, dass eine Erhöhung der Geldbuße wegen erschwerender Umstände im vorliegenden Fall nicht angezeigt ist.

818    Folglich ist der Betrag der Geldbuße nicht wegen mildernder oder erschwerender Umstände anzupassen.

 Ergebnis zum Betrag der Geldbuße

819    Nach alledem wird der Betrag der gegen die Klägerin verhängten Geldbuße auf 238 732 659,33 Euro festgesetzt.

 Kosten

820    Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Ferner trägt nach Art. 134 Abs. 3 der Verfahrensordnung jede Partei ihre eigenen Kosten, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt. Das Gericht kann jedoch entscheiden, dass eine Partei außer ihren eigenen Kosten einen Teil der Kosten der Gegenpartei trägt, wenn dies in Anbetracht der Umstände des Einzelfalls gerechtfertigt erscheint.

821    Im vorliegenden Fall sind sowohl die Klägerin als auch die Kommission teilweise unterlegen.

822    Unter diesen Umständen sind der Klägerin neun Zehntel ihrer eigenen Kosten sowie neun Zehntel der Kosten der Kommission und sämtliche Kosten der Streithelferin aufzuerlegen. Die Kommission trägt ein Zehntel ihrer eigenen Kosten und ein Zehntel der Kosten der Klägerin.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Erste erweiterte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Art. 2 des Beschlusses C(2019) 5361 final der Kommission vom 18. Juli 2019 in einem Verfahren nach Art. 102 AEUV und Art. 54 des EWR-Abkommens (Sache AT.39711 – Qualcomm [Verdrängungspreise]) wird für nichtig erklärt.

2.      Die in Art. 2 dieses Beschlusses gegen die Qualcomm Inc. verhängte Geldbuße wegen des von ihr begangenen, in Art. 1 des Beschlusses festgestellten Verstoßes wird auf 238 732 659,33 Euro festgesetzt.

3.      Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4.      Qualcomm trägt neun Zehntel ihrer eigenen Kosten sowie neun Zehntel der Kosten der Europäischen Kommission und sämtliche Kosten der Nvidia Corp.

5.      Die Europäische Kommission trägt ein Zehntel ihrer eigenen Kosten sowie ein Zehntel der Kosten von Qualcomm.

Spielmann

Mastroianni

Gâlea

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 18. September 2024.

Der Kanzler

 

Der Präsident

V. Di Bucci

 

D. Spielmann

Inhaltsverzeichnis

Vorgeschichte des Rechtsstreits

Hintergrund der Rechtssache

Verwaltungsverfahren

Inhalt des angefochtenen Beschlusses

Betroffene Produkte

Relevanter Markt

Beherrschende Stellung

Missbrauch einer beherrschenden Stellung

– Keine Rechtfertigung

– Einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung

– Zuständigkeit der Kommission

– Sanktion

Verfahren und Anträge der Parteien

Verfahren

Anträge der Parteien

Rechtliche Würdigung

Zum ersten Klagegrund: Verfahrensfehler

Zum ersten Teil: Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung

– Vorbemerkungen

– Zur ersten Rüge: überlange Dauer der Untersuchung

– Zur zweiten Rüge: Unvollständigkeit und Ungenauigkeit der Akten

– Zur dritten Rüge: parteiische Untersuchung

Zum zweiten Teil: Verletzung der Verteidigungsrechte und des Grundsatzes der Waffengleichheit

– Vorbemerkungen

– Zur ersten Rüge: unzureichende Akteneinsicht

– Zur zweiten Rüge: unzureichender Inhalt der übermittelten Akten

Zum zweiten Klagegrund: „offensichtliche Fehler bei der Beurteilung“ der Sach- und Rechtslage und Verstoß gegen die Begründungspflicht im Hinblick auf die Abgrenzung des relevanten Marktes und die beherrschende Stellung der Klägerin im maßgeblichen Zeitraum

Zum ersten Teil: Mängel des angefochtenen Beschlusses bei der Abgrenzung des relevanten Marktes

– Vorbemerkungen

– Zur ersten Rüge: offensichtliche Beurteilungs- und Rechtsfehler der Kommission, da sie sich auf eine Auswahl vager Antworten auf unklare Fragen gestützt habe

– Zur zweiten Rüge: offensichtliche Beurteilungs- und Rechtsfehler der Kommission, da sie das Vorliegen einer Substitutionskette nicht geprüft habe

– Zur dritten Rüge: offensichtliche Beurteilungs- und Rechtsfehler der Kommission bei der Schlussfolgerung, dass sie den SSNIP-Test nicht anwenden müsse

Zum zweiten Teil: direkter Wettbewerbsdruck durch das für den Eigenbedarf produzierte Angebot auf dem freien Markt

Zum dritten Teil: indirekter Wettbewerbsdruck durch das für den Eigenbedarf produzierte Angebot auf dem freien Markt

Zum vierten Teil: beherrschende Stellung der Klägerin im maßgeblichen Zeitraum

Zum fünften Teil: Abgrenzung des Spitzensegments des Marktes für UMTS-Chips, auf dem die Analyse der Kommission beruhe

Zum fünften Klagegrund: „offensichtliche Beurteilungsfehler“ und Verstoß gegen die Begründungspflicht in Bezug auf die Rekonstruktion „tatsächlich gezahlter“ Preise

Zum ersten Teil: unnötige „Wiederaufbereitung der Preise“ im angefochtenen Beschluss

Zum zweiten Teil: Fehler im angefochtenen Beschluss in Bezug auf die „Wiederaufbereitung“

Zum sechsten Klagegrund: „unrichtige Zuweisung der nicht wiederkehrenden Konzeptionsaufwendungen“

Zum ersten Teil: NWK-Zahlung an ZTE

Zum zweiten Teil: NWK-Zahlung an Huawei

Zum siebten Klagegrund: „Fehlen eines angemessenen Vergleichsmaßstabs für die Referenzkosten“

Vorbemerkungen

Zum ersten Teil: Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit und den Grundsatz in dubio pro reo

Zum zweiten Teil: Rüge, das LRAIC Kriterium sei kein angemessener Kostenmaßstab

Zum dritten Teil: Rüge, die von der Kommission errechneten LRAIC entsprächen nicht den „echten“ LRAIC

Zum neunten Klagegrund: „offensichtliche Beurteilungs- und Rechtsfehler“ in Bezug auf die Feststellung, die von der Klägerin praktizierten Preise hätten Icera ausgeschlossen und den Verbrauchern einen Schaden zugefügt

Zum ersten Teil: keine Analyse des sogenannten „ebenso leistungsfähigen“ Wettbewerbers durch die Kommission

Zu den anderen Teilen, mit denen im Wesentlichen fehlende Auswirkungen des beanstandeten Verhaltens geltend gemacht werden

Zum zehnten Klagegrund: „offensichtliche Fehler bei der Beurteilung“ der Sach- und Rechtslage, Begründungsmangel sowie Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und des Grundsatzes der ordnungsgemäßen Verwaltung, soweit die Kommission festgestellt habe, dass die Preisgestaltung der Klägerin der Umsetzung eines Plans zum Ausschluss von Icera gedient habe

Zum elften Klagegrund: „offensichtliche Fehler bei der Beurteilung“ der Sach- und Rechtslage sowie Begründungsmangel, soweit die Kommission die von der Klägerin vorgetragene objektive Rechtfertigung zurückgewiesen habe

Zum dritten Klagegrund: „Rechtsfehler durch Nichtanwendung der richtigen Rechtsnorm“

Zum ersten Teil: Nichtanwendung der in der Mitteilung über die Prioritäten festgelegten „richtigen Rechtsnorm“

Zum zweiten Teil: fehlerhafte Anwendung der Rechtsprechung zu Verdrängungspreisen und allgemein zur Preisgestaltung

Zum dritten Teil: Verstoß gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und der Vorhersehbarkeit

Zum vierten Klagegrund, mit dem geltend gemacht wird, die „Kampfpreis-Theorie“ sei „unlogisch und nicht durch Beweise erhärtet“

Vorbemerkungen

Zum ersten Teil, wonach die „Kampfpreis-Theorie“ der Kommission, der zufolge „zielgerichtete und selektive“ Kampfpreise vorlägen, von der Definition des Marktes losgelöst und angepasst worden sei, um zu einem im Voraus festgelegten Ergebnis zu gelangen

Zum zweiten Teil: Rüge, die „Kampfpreis-Theorie“ der Kommission sei in sich widersprüchlich und unzureichend begründet

Zum dritten Teil: fehlender Nachweis der Kommission, dass das Verhalten der Klägerin unvernünftig gewesen sei und sie eine Verdrängungsstrategie verfolgt habe

Zum vierten Teil, wonach die Preise der Klägerin über den Preisen von Icera gelegen hätten

Zum fünften Teil, wonach die Kommission entscheidende Entlastungsbeweise nicht berücksichtigt habe

Zum sechsten Teil: kein Nachweis einer finanziellen Verdrängung

Zum siebten Teil: Neuheit, Fehlerhaftigkeit und Unbegründetheit der „Kampfpreis-Theorie“

Zum achten Teil: „offensichtliche Beurteilungsfehler“ in Bezug auf die direkte Verdrängung zwischen dem dritten Quartal 2010 und dem zweiten Quartal 2011

Zum neunten Teil: Verkennung der wirtschaftlichen Umstände in Bezug auf den MDM8200-Chip durch die Kommission

Zum zehnten Teil, wonach die „Kampfpreis-Theorie“ unlogisch sei und den Grundregeln der Wirtschaft widerspreche

Zum elften Teil: wonach die Kommission nicht nachgewiesen habe, dass die im maßgeblichen Zeitraum erlittenen Verluste ausgeglichen worden seien, und nicht angegeben habe, zu welchem Zeitpunkt die Verdrängung geendet habe

Zum zwölften Teil: wonach das Kriterium des „ebenso leistungsfähigen“ Wettbewerbers nicht angewandt worden sei und die gute Performance von Icera im maßgeblichen Zeitraum die „Kampfpreis-Theorie“ entkräfte

Zum 13. Teil: Fehler der Kommission durch Verurteilung echten Wettbewerbs

Zum achten Klagegrund: „offensichtlich fehlerhafte Preis-Kosten-Analyse“

Vorbemerkungen

Zum ersten Teil: Ausgangspunkt der Preis-Kosten-Analyse

Zu den übrigen Teilen: die im angefochtenen Beschluss nicht berichtigten grundlegendsten Fehler bei der Preis-Kosten-Analyse

Zum zwölften Klagegrund: unzureichende Begründung des angefochtenen Beschlusses

Zum 13. Klagegrund: „offensichtliche Beurteilungsfehler“, fehlende Grundlage und Begründungsmangel des angefochtenen Beschlusses in Bezug auf die Dauer der Zuwiderhandlung

Zum 14. Klagegrund: „offensichtliche Fehlerhaftigkeit“ des angefochtenen Beschlusses bezogen auf die Verhängung und die Berechnung der Geldbuße

Vorbemerkungen

Zum zweiten Teil: Beurteilungs- und Rechtsfehler, Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit und Begründungsmangel bei der Ermittlung der Umsätze

Zum 15. Klagegrund: „offensichtliche Fehler bei der Beurteilung“ der Sach- und Rechtslage sowie Begründungsmangel des angefochtenen Beschlusses, soweit er die Zuständigkeit der Kommission und eine Beeinträchtigung des Handels feststelle

Zum ersten Teil: fehlende Zuständigkeit der Kommission für die Anwendung von Art. 102 AEUV

Zum zweiten Teil: Auswirkungen des beanstandeten Verhaltens auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten

Zum Antrag auf Aufhebung oder Herabsetzung der Geldbuße

Vorbemerkung

Festsetzung des Grundbetrags der Geldbuße

Schwere der Zuwiderhandlung

Anzahl der Jahre der Zuwiderhandlung

Zusatzbetrag

Mildernde oder erschwerende Umstände

Ergebnis zum Betrag der Geldbuße

Kosten




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