T-596/22 – PGI Spain u. a./ Kommission

T-596/22 – PGI Spain u. a./ Kommission

CURIA – Documents

Language of document : ECLI:EU:T:2025:251

Vorläufige Fassung

URTEIL DES GERICHTS (Dritte erweiterte Kammer)

12. März 2025(*)

„ Staatliche Beihilfen – Maßnahme zur Senkung der Großhandelspreise für Strom auf der iberischen Halbinsel – Energiekrise – Beschluss, keine Einwände zu erheben – Keine ernsthaften Schwierigkeiten – Gleichbehandlungsgrundsatz – Verhältnismäßigkeit – Berechtigtes Vertrauen “

In der Rechtssache T‑596/22,

PGI Spain, SL mit  Sitz in Barcelona (Spanien),

Berry Superfos Pamplona, SA mit Sitz in Navarra (Spanien),

Promens Packaging, SA mit  Sitz in Barcelona,

RPC Envases, SA mit Sitz in Madrid (Spanien),

Zeller Plastik España, SL mit  Sitz in Barcelona,

vertreten durch Rechtsanwalt P. Holtrop,

Klägerinnen,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch T. Scharf, I. Georgiopoulos und C.‑M. Carrega als Bevollmächtigte,

Beklagte,

unterstützt von

Königreich Spanien, vertreten durch A. Gavela Llopis und M. Morales Puerta als Bevollmächtigte,

Streithelfer,

erlässt

DAS GERICHT (Dritte erweiterte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten M. van der Woude, der Richterin P. Škvařilová-Pelzl, des Richters I. Nõmm (Berichterstatter), der Richterin G. Steinfatt und des Richters D. Kukovec,

Kanzler: A. Marghelis, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und im Anschluss an die mündliche Verhandlung vom 17. September 2024

folgendes

Urteil

1        Mit ihrer Klage nach Art. 263 AEUV begehren die Klägerinnen – PGI Spain, SL, Berry Superfos Pamplona, SA, Promens Packaging, SA, RPC Envases, SA und Zeller Plastik España, SL – die Nichtigerklärung des Beschlusses C(2022) 3942 final der Kommission vom 8. Juni 2022 über die staatliche Beihilfe SA.102454 (2022/N) – Spanien und SA.102569 (2022/N) – Portugal – Mechanismus zur Anpassung der Produktionskosten für die Senkung des Großhandelspreises für Strom auf dem iberischen Markt (im Folgenden: angefochtener Beschluss).

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

2        Das Königreich Spanien und die Portugiesische Republik meldeten bei der Europäischen Kommission am 20. bzw. 23. Mai 2022 eine Maßnahme zur Senkung des Großhandelspreises für Strom auf der iberischen Halbinsel durch Subventionierung der Kosten der Einsatzstoffe fossiler Brennstofftechnologien an (im Folgenden: angemeldete Maßnahme).

3        Mit dem angefochtenen Beschluss beschloss die Kommission nach Art. 4 Abs. 3 der Verordnung (EU) 2015/1589 des Rates vom 13. Juli 2015 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Art. 108 AEUV (ABl. 2015, L 248, S. 9), keine Einwände zu erheben.

4        Im angefochtenen Beschluss beschrieb die Kommission als Erstes die wesentlichen Merkmale der angemeldeten Maßnahme. Insbesondere stellte sie Folgendes fest:

–        Die angemeldete Maßnahme sei vor dem Hintergrund der Krisen zu sehen, denen die nationalen und internationalen Energiemärkte in den letzten Jahrzehnten ausgesetzt gewesen seien und die zu einem Anstieg der Preise für fossile Brennstoffe, insbesondere für Erdgas, geführt hätten (Rn. 4 und 5).

–        Dies habe sich auf Haushalte und kleine und mittlere Unternehmen ausgewirkt, die in Spanien unter regulierte Verträge fielen, nämlich unter den „precio voluntario para el pequeño consumidor“ (PVPC, freiwilliger Preis für Kleinverbraucher) und den regulierten Rabatt für bestimmte schutzbedürftige Verbraucher mit der Bezeichnung „Bono social“ (im Folgenden zusammen: die regulierten Verträge), sowie auf praktisch alle Arten von Wirtschaftstätigkeiten (Rn. 6 und 7).

–        Der tägliche Strommarkt in der EU beruhe auf einer Grenzpreismethode, bei der der Strompreis von der letzten Erzeugungsquelle bestimmt werde, die zur Deckung der Nachfrage zu einem bestimmten Zeitpunkt erforderlich sei, d. h. häufig von fossil befeuerten Kraftwerken, die aufgrund ihrer hohen Betriebskosten die teuersten Kraftwerke seien (Rn. 20 bis 23 und 34).

–        Die angemeldete Maßnahme bestehe darin, Zahlungen an die Betreiber fossil befeuerter Kraftwerke auf der iberischen Halbinsel zu leisten, um die Strompreise auf dem Großhandelsmarkt und folglich auch auf dem Einzelhandelsmarkt zu senken (Rn. 24 und 33 bis 39).

–        Die angemeldete Maßnahme werde insbesondere durch einen Beitrag (im Folgenden: Beitrag) finanziert, der von der Operador del Mercado Ibérico de la Energía-Polo Español SA (OMIE) den Käufern auf dem Stromgroßhandelsmarkt, d. h. den Stromversorgern und den Verbrauchern, die auf dem Großhandelsmarkt direkt Strom für den Eigenbedarf kauften (im Folgenden: Direktverbraucher), im Verhältnis zu der von ihnen gekauften Strommenge auferlegt werde (Rn. 25 und 44).

–        Bestimmte Käufer auf dem Stromgroßhandelsmarkt seien von der Zahlung des Beitrags befreit, und zwar insbesondere diejenigen, die vor dem 26. April 2022 Verträge zu einem festen Preis geschlossen hätten, sofern sie bestimmte Bedingungen erfüllten und insbesondere ihre Verträge bei der OMIE anmeldeten (im Folgenden: Beitragsbefreiung) (Rn. 45 Buchst. d bis Rn. 48).

5        Als Zweites prüfte die Kommission die Einstufung der angemeldeten Maßnahme nach Art. 107 Abs. 1 AEUV. Sie war zwar der Auffassung, dass die angemeldete Maßnahme in den Anwendungsbereich dieser Bestimmung falle, doch werde die Beitragsbefreiung nicht von dieser Schlussfolgerung erfasst. Insoweit stellte sie fest, dass Käufer auf dem Großhandelsmarkt, die vor Erlass der angemeldeten Maßnahme Strombezugsverträge geschlossen hätten, nicht von den Auswirkungen dieser Maßnahme profitieren würden, und folgerte daraus, dass die Befreiung ihnen keinen selektiven Vorteil verschaffe und daher keine staatliche Beihilfe darstelle (Rn. 97 bis 106 des angefochtenen Beschlusses).

6        Als Drittes prüfte die Kommission die Vereinbarkeit der angemeldeten Maßnahme mit dem Binnenmarkt nach Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV. Sie stellte insbesondere fest, dass die Maßnahme erforderlich, geeignet und verhältnismäßig sei (Rn. 107 bis 154 des angefochtenen Beschlusses) und dass sie nicht gegen einschlägige Bestimmungen des Unionsrechts, insbesondere der Verordnung (EU) 2019/943 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juni 2019 über den Elektrizitätsbinnenmarkt (ABl. 2019, L 158, S. 54) und der Richtlinie (EU) 2019/944 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juni 2019 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Änderung der Richtlinie 2012/27/EU (ABl. 2019, L 158, S. 125), verstoße (Rn. 174 bis 192).

 Anträge der Parteien

7        Die Klägerinnen beantragen,

–        den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

8        Die Kommission und das Königreich Spanien beantragen,

–        die Klage abzuweisen;

–        den Klägerinnen die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

9        Die Klägerinnen sind spanische Unternehmen, die ihren Strom nicht direkt auf dem Stromgroßhandelsmarkt, sondern über einen Stromversorger erwerben. Um die Stabilität des Preises für die Stromlieferung zu gewährleisten, schlossen die Klägerinnen Strombezugsverträge. Für einen Teil der Stromversorgung schlossen die Klägerinnen Verträge, an denen ein anderes Unternehmen als ihr physischer Stromlieferant beteiligt war und die auf Ausgleichszahlungen basierten, die sich nach der Differenz zwischen dem Marktpreis und dem im Vertrag festgelegten Preis richten. Sie bezeichnen diese Art von Strombezugsverträgen als finanzielle.

10      Die Klägerinnen rügen als Beteiligte und zur Wahrung ihrer Verfahrensrechte aus Art. 108 Abs. 2 AEUV und Art. 1 Buchst. h der Verordnung 2015/1589, dass die Kommission nicht festgestellt habe, dass die angemeldete Maßnahme ernsthafte Schwierigkeiten aufwerfe, die die Eröffnung eines förmlichen Prüfverfahrens rechtfertigen könnten.

11      Die Rechtmäßigkeit eines auf Art. 4 Abs. 3 der Verordnung 2015/1589 gestützten Beschlusses wie des angefochtenen Beschlusses, keine Einwände zu erheben, hängt davon ab, ob die Beurteilung der Informationen und Angaben, über die die Kommission in der Phase der vorläufigen Prüfung der angemeldeten Maßnahme verfügte, objektiv Anlass zu Bedenken hinsichtlich der an der Einstufung dieser Maßnahme als Beihilfe und an ihrer Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt hätte geben müssen, da solche Bedenken zur Eröffnung eines förmlichen Prüfverfahrens führen müssen, an dem sich die Beteiligten im Sinne von Art. 1 Buchst. h dieser Verordnung beteiligen können (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 2. September 2021, Kommission/Tempus Energy und Tempus Energy Technology, C‑57/19 P, EU:C:2021:663, Rn. 38, und vom 5. September 2024, Slowenien/Kommission, C‑447/22 P, EU:C:2024:678, Rn. 53).

12      Beantragt ein Kläger die Nichtigerklärung eines Beschlusses, keine Einwände zu erheben, rügt er im Wesentlichen, dass die Entscheidung der Kommission über die fragliche Beihilfe getroffen worden sei, ohne dass die Kommission das förmliche Prüfverfahren eingeleitet habe, und dass diese dadurch seine Verfahrensrechte verletzt habe. Um mit seinem Antrag auf Nichtigerklärung durchzudringen, kann der Kläger jedes Mittel anführen, das geeignet ist, zu zeigen, dass die Beurteilung der Informationen und Angaben, über die die Kommission in der Phase der vorläufigen Prüfung der angemeldeten Maßnahme verfügte, Anlass zu Bedenken hinsichtlich der Einstufung der Beihilfe oder ihrer Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt hätte geben müssen. Das Anführen solcher Argumente kann aber weder den Gegenstand der Klage noch die Voraussetzungen ihrer Zulässigkeit ändern. Vielmehr liegt im Bestehen von Bedenken hinsichtlich der Qualifikation oder der Vereinbarkeit gerade der Nachweis, der zu erbringen ist, um zu zeigen, dass die Kommission verpflichtet war, das förmliche Prüfverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV zu eröffnen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 2. September 2021, Kommission/Tempus Energy und Tempus Energy Technology, C‑57/19 P, EU:C:2021:663, Rn. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung).

13      Der Nachweis für das Bestehen solcher Bedenken, der sowohl in den Umständen des Erlasses des Beschlusses, keine Einwände zu erheben, als auch in ihrem Inhalt zu suchen ist, ist von demjenigen, der die Nichtigerklärung dieses Beschlusses beantragt, anhand eines Bündels übereinstimmender Indizien zu erbringen (Urteile vom 2. September 2021, Kommission/Tempus Energy und Tempus Energy Technology, C‑57/19 P, EU:C:2021:663, Rn. 40, und vom 5. September 2024, Slowenien/Kommission, C‑447/22 P, EU:C:2024:678, Rn. 51).

14      Wenn die Prüfung durch die Kommission im Vorprüfungsverfahren unzureichend oder unvollständig war, stellt dies insbesondere einen Anhaltspunkt für das Bestehen ernsthafter Schwierigkeiten bei der Beurteilung der in Rede stehenden Maßnahme dar, bei deren Bestehen die Kommission das förmliche Prüfverfahren eröffnen muss (Urteile vom 2. September 2021, Kommission/Tempus Energy und Tempus Energy Technology, C‑57/19 P, EU:C:2021:663, Rn. 41, und vom 5. September 2024, Slowenien/Kommission, C‑447/22 P, EU:C:2024:678, Rn. 52).

15      Zudem ist die Rechtmäßigkeit eines am Ende des vorläufigen Prüfungsverfahrens getroffenen Beschlusses, keine Einwände zu erheben, von den Unionsgerichten nicht nur anhand der Informationen zu prüfen, über die die Kommission bei Erlass der Entscheidung verfügte, sondern auch anhand derjenigen, über die sie verfügen konnte (vgl. Urteil vom 2. September 2021, Kommission/Tempus Energy und Tempus Energy Technology, C‑57/19 P, EU:C:2021:663, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

16      Zu den Informationen, über die die Kommission „verfügen konnte“, zählen die Informationen, die für die von ihr gemäß der in Rn. 11 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung vorzunehmende Beurteilung maßgeblich erschienen und die ihr auf Verlangen im Verwaltungsverfahren hätten vorgelegt werden können (Urteile vom 2. September 2021, Kommission/Tempus Energy und Tempus Energy Technology, C‑57/19 P, EU:C:2021:663, Rn. 43, und vom 5. September 2024, Slowenien/Kommission, C‑447/22 P, EU:C:2024:678, Rn. 54).

17      Die Kommission hat nämlich das Verfahren zur Prüfung der beanstandeten Maßnahmen sorgfältig und unvoreingenommen zu führen, damit sie beim Erlass eines abschließenden Beschlusses, in dem das Vorliegen und gegebenenfalls die Unvereinbarkeit oder Rechtswidrigkeit der Beihilfe festgestellt wird, über möglichst vollständige und verlässliche Informationen verfügt (Urteile vom 2. September 2021, Kommission/Tempus Energy und Tempus Energy Technology, C‑57/19 P, EU:C:2021:663, Rn. 44, und vom 5. September 2024, Slowenien/Kommission, C‑447/22 P, EU:C:2024:678, Rn. 55).

18      Der Gerichtshof hat zwar entschieden, dass es bei der Prüfung des Vorliegens und der Rechtmäßigkeit einer staatlichen Beihilfe erforderlich sein kann, dass die Kommission gegebenenfalls über eine bloße Prüfung der ihr zur Kenntnis gebrachten rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkte hinausgeht; aus dieser Rechtsprechung kann jedoch nicht abgeleitet werden, dass es der Kommission obliegt, aus eigener Initiative, wenn keine dahin gehenden Anhaltspunkte vorliegen, alle Informationen zusammenzutragen, die einen Zusammenhang mit der Sache aufweisen könnten, mit der sie befasst ist, auch wenn solche Informationen öffentlich zugänglich sind (Urteile vom 2. September 2021, Kommission/Tempus Energy und Tempus Energy Technology, C‑57/19 P, EU:C:2021:663, Rn. 45, und vom 5. September 2024, Slowenien/Kommission, C‑447/22 P, EU:C:2024:678, Rn. 56).

19      Die Klägerinnen stützen ihre Klage auf fünf Klagegründe, mit denen sie erstens ein fehlendes Verständnis der angemeldeten Maßnahme durch die Kommission, zweitens Fehler bei der Beurteilung der Angemessenheit und Verhältnismäßigkeit der angemeldeten Maßnahme, drittens einen Verstoß gegen Art. 10 der Verordnung 2019/943 und Art. 5 der Richtlinie 2019/944, viertens einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und fünftens eine Verletzung des Grundsatzes des berechtigten Vertrauens geltend machen.

20      Indirekt werfen die Klägerinnen der Kommission vor, kein förmliches Prüfverfahren in Bezug auf die angemeldete Maßnahme eröffnet zu haben, obwohl Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit dieser Maßnahme mit dem Binnenmarkt bestanden hätten – und zwar weil der Anwendungsbereich der Beitragsbefreiung nur auf Käufer auf dem Stromgroßhandelsmarkt beschränkt gewesen sei und nicht auch Käufer auf dem Einzelhandelsmarkt erfasst habe und weil eine solche Beschränkung sich negativ auf Käufer auf dem Einzelhandelsmarkt ausgewirkt habe, die – wie die Klägerinnen – finanzielle Strombezugsverträge geschlossen hätten, auf die sich die Beitragskosten über ihren physischen Stromversorger niedergeschlagen hätten, ohne dass sie von einer Senkung ihres Strompreises profitiert hätten.

 Beweismittel und Vorbringen der Klägerinnen vom 10. August 2023

21      Die Kommission und das Königreich Spanien sind der Ansicht, dass die von den Klägerinnen am 10. August 2023 in Erwiderung auf den Streithilfeschriftsatz des Königreichs Spanien vorgelegten Beweismittel und vorgebrachten Argumente als unzulässig, weil verspätet, zurückgewiesen werden sollten. Die Kommission fügt hinzu, dass sie jedenfalls ins Leere gingen, da sie zeitlich dem angefochtenen Beschluss nachfolgten und daher für dessen Rechtmäßigkeitsprüfung nicht berücksichtigt werden könnten.

22      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerinnen bei der Einreichung ihrer Erklärungen am 10. August 2023 neue Beweismittel vorgelegt haben: Diese bezogen sich zum einen auf die nach Erlass des angefochtenen Beschlusses vorgenommene Änderung der angemeldeten Maßnahme, die es den Käufern auf dem Stromeinzelhandelsmarkt nunmehr ermöglicht, ihre Strombezugsverträge für den Zeitraum Mai bis Dezember 2023 bei der OMIE anzumelden, und zum anderen auf den Beschluss der Kommission vom 25. April 2023, keine Einwände gegen diese Änderung der Maßnahme zu erheben.

23      Es ist nicht erforderlich, sich mit der Frage zu befassen, ob diese neuen Gesichtspunkte und das damit verbundene Vorbringen ihrer Art nach verspätet sind und daher unzulässig sein könnten; vielmehr genügt der Hinweis darauf, dass solche Gesichtspunkte jedenfalls nicht im Rahmen der Prüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses berücksichtigt werden können, wie die Kommission zu Recht geltend macht.

24      Aus der oben in Rn. 15 angeführten Rechtsprechung ergibt sich nämlich, dass der angefochtene Beschluss anhand der Informationen zu beurteilen ist, über die die Kommission zum Zeitpunkt seines Erlasses verfügen konnte. Hierin liegt eine besondere Anwendung des allgemeineren Grundsatzes, wonach im Rahmen einer Nichtigkeitsklage die Rechtmäßigkeit eines Rechtsakts der Union anhand der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seines Erlasses zu beurteilen ist, so dass Handlungen nach Erlass eines Beschlusses dessen Gültigkeit nicht beeinflussen können (vgl. Urteil vom 17. Oktober 2019, Alcogroup und Alcodis/Kommission, C‑403/18 P, EU:C:2019:870, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung).

25      Die von den Klägerinnen am 10. August 2023 vorgelegten Beweismittel und folglich ihr diesbezügliches Vorbringen können daher im Rahmen der Prüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses nicht berücksichtigt werden.

 Erster und vierter Klagegrund, die sich auf ein fehlendes Verständnis der Kommission hinsichtlich der angemeldeten Maßnahme bzw. deren diskriminierenden Charakter stützen

26      Das Gericht ist der Ansicht, dass diese beiden Klagegründe gemeinsam geprüft werden sollten.

27      Mit dem ersten Klagegrund machen die Klägerinnen geltend, dass die Prüfung der Funktionsweise der angemeldeten Maßnahme durch die Kommission ungenau sei, da daraus nicht klar hervorgehe, ob die Kommission berücksichtigt habe, dass auch Käufer auf dem Einzelhandelsmarkt Absicherungsmechanismen für ihren Strombezug nutzten – einschließlich finanzieller Strombezugsverträge –, die denen der Käufer auf dem Großhandelsmarkt gleichwertig seien. In diesem Zusammenhang führen sie aus, dass die Nutzung solcher Verträge aus der rechtlichen Struktur des Strommarktes nach Unionsrecht resultiere und eine einfache und gängige Vertragsform darstelle, die die Kommission nicht hätte ignorieren dürfen.

28      Die Klägerinnen folgern daraus, dass sich die Kommission in einer Situation der Unsicherheit hinsichtlich der genauen Bestimmung der Akteure befunden habe, die in den Genuss der Befreiung kommen könnten. Dies habe sie dazu veranlasst, eine Beihilferegelung zu genehmigen, deren Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht zweifelhaft sei. In diesem Zusammenhang weisen sie darauf hin, dass die Kommission zwar angebe, sich bei ihrer Beurteilung auf die vom Königreich Spanien und von der Portugiesischen Republik in ihrer Anmeldung übermittelten sowie auf die von diesen Mitgliedstaaten vorgelegten zusätzlichen Informationen gestützt zu haben, dass diese verschiedenen Informationen für die Klägerinnen jedoch nicht zugänglich gewesen seien. Sie beantragen daher, dass die Kommission die Anmeldungen sowie alle anderen relevanten, ihr von den genannten Mitgliedstaaten übermittelten Informationen über die angemeldete Maßnahme zu den Akten nehme.

29      Im Rahmen des vierten Klagegrundes werfen die Klägerinnen der Kommission vor, nicht geprüft zu haben, ob die angemeldete Maßnahme mit dem Diskriminierungsverbot vereinbar sei. In diesem Zusammenhang machen sie im Wesentlichen geltend, dass der relevante Vergleichsmaßstab nicht der Kauf auf dem Großhandels- oder Einzelhandelsmarkt sein könne, sondern dass auf die „Fähigkeit, seine Stromversorgung abzusichern und absichern zu lassen“, als Maßstab hätte abgestellt werden müssen; sie betonen die großen Ähnlichkeiten zwischen der Situation, in der sie sich befänden, und der der Direktverbraucher auf dem Großhandelsmarkt, d. h. der Unternehmen, die für ihren Bedarf Strom auf diesem Markt erwerben.

30      Die Kommission, unterstützt vom Königreich Spanien, ist der Ansicht, dass diese beiden Klagegründe nicht auf das Vorhandensein ernsthafter Schwierigkeiten hindeuten.

31      In der Zusammenschau ergibt sich aus diesen beiden Klagegründen, dass die Klägerinnen im Wesentlichen drei Rügen vorbringen, um das Vorliegen ernsthafter Schwierigkeiten, die die Eröffnung eines förmlichen Prüfverfahrens gerechtfertigt hätten, zu belegen. Erstens sind sie der Ansicht, dass sich dem angefochtenen Beschluss entnehmen lasse, dass hinsichtlich der genauen Bestimmung der für eine Befreiung in Frage kommenden Stromkäufer eine Unsicherheit bestehe. Zweitens bringen sie vor, dass der Kommission nicht entgangen sein könne, dass einige Abnehmer auf dem Stromeinzelhandelsmarkt die Preisstabilität ihrer Versorgung durch finanzielle Strombezugsverträge sicherstellten. Drittens seien die Käufer auf dem Einzelhandelsmarkt, die auf solche Verträge zurückgriffen, in einer vergleichbaren Situation wie Direktverbraucher auf dem Großhandelsmarkt, so dass die angemeldete Maßnahme gegen das Diskriminierungsverbot verstoße.

32      Als Erstes ist festzustellen, dass sich insbesondere aus den Rn. 4 bis 7, 24 und 33 bis 39 des angefochtenen Beschlusses ergibt, dass zum einen das Ziel der angemeldeten Maßnahme darin besteht, eine Senkung der Strompreise herbeizuführen, und zwar vor dem Hintergrund eines starken Aufwärtsdrucks auf die Brennstoffpreise, der seinerseits mit einer Krisensituation zusammenhängt, mit der die nationalen und internationalen Energiemärkte konfrontiert waren. Zum anderen soll dieses Ziel durch die Subventionierung bestimmter Stromquellen erreicht werden, um einen Preisrückgang auf dem Großhandelsmarkt zu bewirken, der wiederum zu einem Preisrückgang auf dem Einzelhandelsmarkt führen soll.

33      Was erstens die subventionierten Energiequellen betrifft, so geht aus den Rn. 33 bis 39 des angefochtenen Beschlusses hervor, dass die angemeldete Maßnahme darauf abzielt, die Produktionskosten der mit fossilen Brennstoffen betriebenen Kraftwerke zu senken und dadurch bei den täglichen Auktionen, insbesondere auf dem Großhandelsmarkt für Strom, zu niedrigeren Geboten zu führen. Gemäß Rn. 43 ist die Berechnung der entsprechenden Subvention und ihre tatsächliche Abwicklung Sache der OMIE.

34      Was zweitens die Käufer auf dem Stromgroßhandelsmarkt betrifft, so ergibt sich zum einen aus Rn. 44 des angefochtenen Beschlusses, dass diese als Nutznießer der Preissenkung auf dem Großhandelsmarkt zu einem Beitrag herangezogen werden, der die Kosten der Maßnahme teilweise deckt und dessen Höhe von der OMIE auf Grundlage des Umfangs ihrer Käufe auf dem Großhandelsmarkt festgelegt wird. Zum anderen geht aus Rn. 45 Buchst. d des angefochtenen Beschlusses und aus Art. 8 Abs. 3 der angemeldeten Maßnahme hervor, dass sie für den Teil ihrer Strombezüge, für den sie vor dem 26. April 2022 Stromlieferverträge zu festen Preisen geschlossen haben, von der Zahlung dieses Beitrags befreit sind, sofern sie diese Verträge der OMIE innerhalb der in der Maßnahme angegebenen Fristen melden. Aus den Rn. 46 bis 48 des angefochtenen Beschlusses geht außerdem hervor, dass diese Befreiung vorübergehenden Charakter hat, da sie nicht mehr gelten soll, wenn die Verträge verlängert werden.

35      Was drittens die Käufer auf dem Einzelhandelsmarkt betrifft, so ergibt sich aus einer Zusammenschau namentlich der Rn. 6, 35, 49, 50 und 134 des angefochtenen Beschlusses, dass eine Differenzierung danach vorgenommen wird, ob diese Käufer regulierte Verträge geschlossen haben oder nicht, d. h. ob es sich um Verbraucher handelt, die vom PVPC‑Tarif und vom „Bono social“-Rabatt profitieren.

36      Die Weitergabe sowohl der Senkung des Strompreises als auch der Höhe des Beitrags ist nur bei regulierten Verträgen zwingend vorgeschrieben. Bei nicht regulierten Verträgen mit dynamischen Preisen, d. h. bei Verträgen, bei denen sich die Änderungen der Großhandelspreise direkt in den Verbraucherpreisen widerspiegeln, gingen die Urheber der angemeldeten Maßnahme davon aus, dass sowohl der Rückgang des Strompreises auf dem Großhandelsmarkt als auch die Höhe des Beitrags direkt an die Endverbraucher weitergegeben würden. Bei anderen Arten von nicht regulierten Verträgen waren sie der Ansicht, dass sich die Weitergabe der Senkung des Großhandelsmarktpreises und des Beitrags aus dem Wettbewerb ergeben werde, da es auf dem spanischen und dem portugiesischen Markt eine hohe Anzahl von Einzelhandelsanbietern gebe.

37      Als Zweites ist folglich die Rüge, dass die Befreiung im angefochtenen Beschluss hinsichtlich ihrer Reichweite unklar sei, in tatsächlicher Hinsicht unbegründet. Aus den vorstehenden Rn. 34 und 35 ergibt sich nämlich zum einen, dass die genannte Befreiung ausschließlich für Käufer auf dem Großhandelsmarkt gilt, die vor dem 26. April 2022 Stromlieferverträge zu Festpreisen geschlossen haben, und zum anderen, dass die Auswirkungen – sowohl der Preissenkung auf dem Großhandelsmarkt als auch der möglichen Beitragszahlungsverpflichtung – auf die von Endverbrauchern geschlossenen Verträge (die keine regulierten Verträge sind) dem Wettbewerb auf dem Einzelhandelsmarkt unterliegen.

38      Insbesondere in Bezug auf die Rn. 48, 80, 104 und 142 des angefochtenen Beschlusses, die von den Klägerinnen insofern hervorgehoben wurden, als sie im Wesentlichen implizierten, dass bestimmte Käufer auf dem Einzelhandelsmarkt von der Beitragszahlung befreit werden könnten, ist festzustellen, dass sie nicht in diesem Sinne ausgelegt werden können.

39      Erstens steht Rn. 48 des angefochtenen Beschlusses im Zusammenhang mit dessen oben in Rn. 34 genannten Rn. 44 bis 48, die sich auf den Beitrag beziehen, dem die Käufer auf dem Stromgroßhandelsmarkt unterliegen, sowie auf deren etwaige Befreiung. Insbesondere wird dort der Standpunkt der portugiesischen und der spanischen Behörden dargelegt, wonach diese Befreiung vorübergehender Natur sei, da sie nicht mehr gelten solle, wenn die Stromlieferverträge zu Festpreisen verlängert werden. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass deren Laufzeit in der Regel ein Jahr betrage.

40      Zweitens wird in Rn. 80 des angefochtenen Beschlusses lediglich auf die in Rn. 49 des angefochtenen Beschlusses getroffene und oben in Rn. 35 erwähnte Unterscheidung hingewiesen, was die Weitergabe des Beitragsbetrags betrifft: Diese ist für Verbraucher mit regulierten Verträgen obligatorisch und wird bei den übrigen erwartet.

41      Drittens geht aus Rn. 104 des angefochtenen Beschlusses unmissverständlich hervor, dass sich dieser ausschließlich auf Käufer auf dem Großhandelsmarkt bezieht. Genauer gesagt wird dort die Frage geprüft, ob die Befreiung derjenigen, die vor Inkrafttreten der angemeldeten Maßnahme Stromlieferverträge zu festen Preisen geschlossen haben, diesen einen selektiven Vorteil im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV verschaffen kann.

42      Was schließlich viertens Rn. 142 des angefochtenen Beschlusses betrifft, so genügt es, darauf hinzuweisen, dass die Kommission in deren erstem Satz ausdrücklich darauf Bezug nimmt, dass „die Maßnahme die Käufer auf dem Stromgroßhandelsmarkt für den Teil ihrer Stromkäufe, für den sie vor dem 26. April 2022 Stromlieferverträge zu festen Preisen geschlossen haben, von der Verpflichtung zur Zahlung des Beitrags befreit“. Daher können die nachfolgenden Ausführungen zur Bedeutung der Minderung von Preisrisiken durch finanzielle Absicherungen nicht so verstanden werden, dass sie, wie die Klägerinnen behaupten, nahelegen, dass alle zu Absicherungszwecken geschlossenen Verträge, einschließlich derjenigen von Käufern auf dem Einzelhandelsmarkt, berücksichtigt werden sollten, um zu vermeiden, dass die Beitragskosten, wenn auch indirekt, auf sie abgewälzt werden.

43      Was als Drittes die Rüge betrifft, wonach die Kommission nicht berücksichtigt habe, dass Käufer auf dem Einzelhandelsmarkt auf finanzielle Strombezugsverträge rekurrierten, so kann auch diese Rüge keinen Erfolg haben.

44      Zwar weisen finanzielle Strombezugsverträge der Art, wie sie von den Klägerinnen geschlossen wurden, Besonderheiten auf, die im Hinblick auf die Funktionsweise der angemeldeten Maßnahme für die Käufer auf dem Einzelhandelsmarkt, die sie geschlossen haben, eine Weitergabe der Höhe des Beitrags, nicht aber der Senkung des Strompreises bedeuten. Denn zwar folgt aus der angemeldeten Maßnahme, dass die Kosten des Beitrags vom physischen Lieferer weitergegeben werden; indessen folgt aus der Anwendung eines Vertrags mit einem anderen Unternehmen, der auf Ausgleichszahlungen entsprechend der Differenz zwischen dem Marktpreis und dem in diesem Vertrag festgelegten Preis beruht, dass diese Käufer nicht von der von den Urhebern der angemeldeten Maßnahme erwarteten allgemeinen Senkung des Strompreises profitieren.

45      Es ist jedoch festzustellen, dass die Klägerinnen nicht dartun, dass es Anhaltspunkte dafür gebe, dass bestimmte von Käufern auf dem Einzelhandelsmarkt geschlossene Strombezugsverträge aufgrund ihrer Struktur nicht oder nur schlecht für eine Weitergabe der gesenkten Strompreise an den Großhandelsmarkt geeignet gewesen wären – also Anhaltspunkte, die geeignet gewesen wären, zu rechtfertigen, dass die Kommission unter Heranziehung der oben in Rn. 18 angeführten Rechtsprechung über die bloße Prüfung der ihr zur Kenntnis gebrachten tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte hinausgeht.

46      Erstens betonen die Klägerinnen in ihren Schriftsätzen lediglich, dass die Kommission „wohl über die Existenz langfristiger [Strombezugsverträge] Bescheid weiß“, und leiten diese Kenntnis aus der sich aus dem Unionsrecht ergebenden Möglichkeit für einen Verbraucher ab, diese Art von Stromlieferungsmodalitäten zu wählen. Eine solche Behauptung ist jedoch kein Beleg dafür, dass zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses durch die Kommission allgemein bekannt gewesen wäre, dass Abnehmer auf dem Einzelhandelsmarkt auf finanzielle Strombezugsverträge zurückgriffen.

47      Zweitens ist festzustellen, dass die Klägerinnen allgemein auf bestimmte Dokumente der Kommission verweisen, ohne die Passagen dieser Dokumente zu benennen, die sich auf die Förderung von Vertragsstrukturen beziehen, die den von ihnen bevorzugten gleichwertig sind. Dies gilt für den Vorschlag der Kommission vom 14. März 2023 für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnungen (EU) 2019/943 und (EU) 2019/942 sowie der Richtlinien (EU) 2018/2001 und (EU) 2019/944 zur Verbesserung der Gestaltung der Elektrizitätsmärkte in der EU (COM/2023/148 final) oder die Arbeitsunterlage der Kommission vom 18. Mai 2022 mit dem Titel „Leitlinien für die Mitgliedstaaten zu bewährten Verfahren zur Beschleunigung der Genehmigungsverfahren für Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien und zur Förderung von Strombezugsverträgen“ (SWD/2022/149 final). Diese Dokumente heben zwar hervor, inwiefern der Abschluss von Strombezugsverträgen von Interesse sein kann, gehen aber nicht auf den besonderen Fall von Verträgen wie dem von den Klägerinnen geschlossenen ein. Diese beziehen sich im Übrigen auch auf keine bestimmte Stelle in den Dokumenten.

48      Insoweit ist das einzige von den Klägerinnen vorgelegte Beweismittel, das nach ihrer Darstellung ihre vertragliche Versorgungsstruktur betrifft, eine Studie, die im Auftrag der Europäischen Investitionsbank (EIB) und der Kommission durchgeführt wurde. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass es sich dabei um eine vorausschauende Analyse handelt, die sich mit den Möglichkeiten der Entwicklung von Bezugsverträgen für erneuerbare Energien – einschließlich solcher, wie sie von den Klägerinnen geschlossen wurden – in der Union befasst. Sie ist daher nicht geeignet, darzutun, dass der Rückgriff auf diese Art von Strombezugsverträgen durch Käufer auf dem Einzelhandelsmarkt allgemein bekannt war, so dass die Kommission deren Existenz bei der Prüfung der angemeldeten Maßnahme von sich aus hätte berücksichtigen müssen.

49      Was als Viertes die Rüge eines Verstoßes gegen das Diskriminierungsverbot betrifft, so kann sie, soweit die Klägerinnen darin die Beschränkung des Anwendungsbereichs der Beitragsbefreiung allein auf Käufer auf dem Großhandelsmarkt beanstanden, ebenfalls keinen Erfolg haben.

50      Hierzu ist erstens festzustellen, dass eine solche Kritik darauf hinausläuft, der Kommission vorzuwerfen, dass sie nicht festgestellt habe, dass der Anwendungsbereich der Beitragsbefreiung dazu führe, allein den Käufern auf dem Großhandelsmarkt einen selektiven Vorteil zu verleihen, und somit eine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV darstelle.

51      Die Beurteilung des die Selektivität des Vorteils betreffenden Merkmals zielt nämlich gerade darauf ab, festzustellen, dass eine unterschiedliche Behandlung vorliegt, die im Wesentlichen als diskriminierend eingestuft werden kann. Dabei muss festgestellt werden, ob die fragliche nationale Maßnahme im Rahmen einer bestimmten rechtlichen Regelung geeignet ist, „bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige“ gegenüber anderen zu begünstigen, die sich im Hinblick auf das mit der betreffenden Regelung verfolgte Ziel in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden (vgl. Urteil vom 21. Dezember 2016, Kommission/World Duty Free Group SA u. a., C‑20/15 P und C‑21/15 P, EU:C:2016:981, Rn. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung).

52      Zweitens ist zum einen festzustellen, dass die Kommission in den Rn. 97 bis 101, 104 und 105 des angefochtenen Beschlusses geprüft hat, ob die genannte Befreiung eine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV darstellt, und zu dem Ergebnis gelangt ist, dass dies nicht der Fall sei, da das diesem Begriff innewohnende Merkmal der Selektivität in Bezug auf die Befreiung nicht erfüllt sei. Zum anderen geht insbesondere aus Rn. 104 des angefochtenen Beschlusses hervor, dass sich die Kommission nur ausdrücklich zu der Frage geäußert hat, ob die unterschiedliche Behandlung von Käufern auf dem Großhandelsmarkt, je nachdem, ob sie in den Genuss einer Befreiung kamen oder nicht, einen selektiven Vorteil begründet, aber nicht auf das etwaige Vorliegen eines selektiven Vorteils aufgrund des Ausschlusses der Käufer auf dem Einzelhandelsmarkt von der Befreiung eingegangen ist.

53      Drittens war es jedoch angesichts der Logik der angemeldeten Maßnahme, wie im angefochtenen Beschluss ausgeführt (siehe oben, Rn. 32 bis 36), offensichtlich, dass sich die Käufer auf dem Großhandels- und dem Einzelhandelsmarkt nicht in einer vergleichbaren Situation befanden, was die Art und Weise betrifft, in der sich die Preissenkung der Großhandelsmarktpreise und die Beitragszahlung auf den Strompreis auswirken sollten; daher musste die Kommission nicht ausdrücklich darüber befinden, ob die Beschränkung des Anwendungsbereichs der Beitragsbefreiung allein auf Käufer auf dem Großhandelsmarkt einen selektiven Vorteil darstelle.

54      Die Käufer auf dem Großhandelsmarkt erwerben zum einen ihren Strom unmittelbar zu dem Preis, der sich aus diesem Markt ergibt. Der Vorteil, den sie genießen, hängt gerade von der von der OMIE berechneten Differenz zwischen dem Marktpreis, wie er sich aus der Subventionierung bestimmter Energiequellen ergibt, und dem Preis, der ohne eine solche Subventionierung erzielt worden wäre, ab. Ebenso ist es Aufgabe der OMIE, gerade die Beitragshöhe sowie die Befreiung für die Käufer, die nicht in der Lage waren, von der Preissenkung zu profitieren, zu bestimmen.

55      Zum anderen wird der Preis auf dem Stromeinzelhandelsmarkt auf der Grundlage von Angebot und Nachfrage auf diesem zweiten Markt gebildet. Wie in Rn. 36 dargelegt, wurde diese Überlegung von den Urhebern der angemeldeten Maßnahme berücksichtigt, da sie davon ausgingen, dass sich – mit Ausnahme regulierter Verträge – der Rückgang des Strompreises, aber auch die Beitragshöhe aufgrund des Wettbewerbs auf diesem Markt indirekt auf die Verbraucher auswirken werde, wobei sie auf die große Zahl von Anbietern im Einzelhandel in Spanien und Portugal verwiesen.

56      Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass die dritte Rüge der Klägerinnen das Vorliegen ernsthafter Schwierigkeiten nicht darzutun vermag, die die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens rechtfertigen könnten.

57      Diese Schlussfolgerung wird auch nicht durch das Vorbringen der Klägerinnen widerlegt, wonach sie sich in einer vergleichbaren Situation wie Direktverbraucher auf dem Großhandelsmarkt befänden.

58      Zum einen beruht ein solches Vorbringen auf der Annahme, dass die Kommission von sich aus die Besonderheit von Käufern auf dem Einzelhandelsmarkt hätte berücksichtigen müssen, die auf finanzielle Strombezugsverträge zurückgreifen. Aus den oben in den Rn. 43 bis 48 dargelegten Gründen kann ein solche Annahme jedoch nicht in Betracht gezogen werden.

59      Zum anderen ist der Stromkauf durch Direktverbraucher auf dem Großhandelsmarkt jedenfalls seinem Zweck nach dem der Klägerinnen ähnlich, da er für den Eigenverbrauch und nicht für die Stromversorgung von nachfolgenden Abnehmern erfolgt; dieser Kauf findet aber auf zwei unterschiedlichen Märkten statt, auf denen die Preisfestsetzung nicht der gleichen Logik folgt, wie oben in den Rn. 53 und 54 dargelegt.

60      Nach alledem sind der erste und der vierte Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.

61      Was den Antrag der Klägerinnen betrifft, der im Wesentlichen darauf gerichtet ist, die vom Königreich Spanien und von der Portugiesischen Republik vorgenommenen Anmeldungen sowie den Schriftwechsel dieser Mitgliedstaaten mit der Kommission zu den Akten zu nehmen, ist daran zu erinnern, dass es Sache des Gerichts ist, die Zweckdienlichkeit der von einer der Hauptparteien beantragten prozessleitenden Maßnahmen zu beurteilen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Juli 1999, Séché/Kommission, T‑112/96 und T‑115/96, EU:T:1999:134, Rn. 284).

62      Die antragstellende Partei muss, damit das Gericht feststellen kann, ob die Anordnung der Vorlage bestimmter Unterlagen dem ordnungsgemäßen Ablauf des Verfahrens dienlich wäre, die erbetenen Dokumente bezeichnen und dem Gericht zumindest einen Anhaltspunkt dafür geben, dass diese Dokumente für das Verfahren zweckdienlich sind (Urteil vom 17. Dezember 1998, Baustahlgewebe/Kommission, C‑185/95 P, EU:C:1998:608, Rn. 93; vgl. auch Urteil vom 16. Oktober 2013, TF1/Kommission, T‑275/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:535, Rn. 117 und die dort angeführte Rechtsprechung). So muss die genannte Partei insbesondere präzise und relevante Indizien vorbringen, die erklären können, inwiefern die fraglichen Dokumente für die Entscheidung des Rechtsstreits von Interesse sein konnten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. Juli 2016, Oikonomopoulos/Kommission, T‑483/13, EU:T:2016:421, Rn. 253 [nicht veröffentlicht]).

63      Erstens ist zum einen festzustellen, dass die Klägerinnen Zugang zum Text der angemeldeten Maßnahme hatten, und ist zum anderen aus den bei der Prüfung des vorliegenden Klagegrundes dargelegten Gründen festzustellen, dass die Maßnahme auf einer klaren Logik beruht, die auf der Unterscheidung zwischen Käufen auf dem Großhandels- und dem Einzelhandelsmarkt basiert.

64      Zweitens zielt der Antrag der Klägerinnen auf prozessleitende Maßnahmen aufgrund seines Umfangs darauf ab, dass die Dokumente der Verwaltungsakte der Kommission in das Verfahren eingebracht werden, obwohl die Klägerinnen selbst in ihrer Eigenschaft als Beteiligte kein Recht auf Zugang zu dieser Akte haben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. Juni 2010, Kommission/Technische Glaswerke Ilmenau, C‑139/07 P, EU:C:2010:376, Rn. 58).

65      Drittens hätten die Klägerinnen unter diesen Umständen Anhaltspunkte vorlegen müssen, die die Annahme bestätigen, dass über den Wortlaut der angemeldeten Maßnahme hinaus die Frage, dass Käufer auf dem Einzelhandelsmarkt auf finanzielle Strombezugsverträge zurückgriffen, im Rahmen des Austauschs im Zusammenhang mit der Anmeldung erörtert wurde, was sowohl die Kommission als auch das Königreich Spanien bestreiten. Es ist jedoch festzustellen, dass solche Anhaltspunkte fehlen.

66      Der Antrag der Klägerinnen auf prozessleitende Maßnahmen muss daher zurückgewiesen werden.

 Zweiter Klagegrund, mit dem im Wesentlichen die Unverhältnismäßigkeit der angemeldeten Maßnahme geltend gemacht wird

67      Die Klägerinnen machen im Wesentlichen geltend, dass die Kommission hätte feststellen müssen, dass die angemeldete Maßnahme nicht geeignet und verhältnismäßig sei, und daher das förmliche Prüfverfahren hätte eröffnen müssen. Sie rügen diesbezüglich erstens einen angeblichen Ausschluss bestimmter Arten der Strompreisabsicherung, nämlich der Verwendung finanzieller Strombezugsverträge, vom Anwendungsbereich der Befreiung, zweitens, dass die Möglichkeit, die Befreiung in Anspruch zu nehmen, allein auf Käufer auf dem Großhandelsmarkt beschränkt sei, und drittens, dass die Kommission die Auswirkungen der angemeldeten Maßnahme auf Endverbraucher, die sich in der gleichen Lage wie die Klägerinnen befänden, nicht berücksichtigt habe.

68      Die Kommission, die vom Königreich Spanien unterstützt wird, weist einleitend darauf hin, dass sie nicht verpflichtet gewesen sei, die Situation von Stromkäufern auf dem Einzelhandelsmarkt zu berücksichtigen, die sich in der Lage der Klägerinnen befänden. Sie ist jedenfalls der Ansicht, dass die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der angemeldeten Maßnahme keine ernsthaften Schwierigkeiten aufgeworfen habe.

69      Vorab ist darauf hinzuweisen, dass, soweit der vorliegende Klagegrund auf der Annahme beruht, dass die Kommission die besondere Situation von Käufern auf dem Einzelhandelsmarkt hätte berücksichtigen müssen, die Verträge des von den Klägerinnen bevorzugten Typs geschlossen haben, er von vornherein aus Gründen zurückzuweisen ist, die den oben in den Rn. 43 bis 48 dargelegten entsprechen.

70      Auch das Vorbringen der Klägerinnen, dass die angemeldete Maßnahme eine bestimmte Art von Strombezugsverträgen vom Anwendungsbereich der Befreiung ausgeschlossen habe, beruht auf einer falschen Lesart des angefochtenen Beschlusses. Aus den oben in den Rn. 33 bis 35 dargelegten Gründen hängt der Anwendungsbereich der in Rn. 45 Buchst. d des angefochtenen Beschlusses vorgesehenen Befreiung nicht von der Art der geschlossenen Verträge ab, sondern von dem Markt, auf dem der Strom gekauft wird.

71      Daher ist nur die Frage relevant, ob die Beschränkung der Beitragsbefreiung allein auf Käufer auf dem Großhandelsmarkt unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit eine ernsthafte Schwierigkeit aufwirft.

72      Der in Art. 5 Abs. 4 EUV verankerte Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangt, dass die Rechtsakte der Unionsorgane nicht die Grenzen dessen überschreiten, was für die Erreichung der mit der betreffenden Regelung verfolgten legitimen Ziele angemessen und erforderlich ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. Mai 1984, Denkavit Nederland, 15/83, EU:C:1984:183, Rn. 25), wobei zu beachten ist, dass, wenn mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stehen, die am wenigsten belastende zu wählen ist und dass die verursachten Nachteile gegenüber den angestrebten Zielen nicht unangemessen sein dürfen (Urteil vom 30. April 2019, Italien/Rat [Fangquoten für Schwertfisch im Mittelmeer], C‑611/17, EU:C:2019:332, Rn. 55).

73      Die Einhaltung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit im Rahmen einer Maßnahme umfasst somit drei Komponenten. Die erste Komponente betrifft die Angemessenheit, d. h. die Eignung zur Erreichung des verfolgten legitimen Ziels. Die zweite Komponente betrifft die Notwendigkeit der Maßnahme und impliziert, dass dieses legitime Ziel nicht durch ebenso angemessene, aber weniger einschneidende Mittel erreicht werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. September 2013, Dansk Jurist- og Økonomforbund, C‑546/11, EU:C:2013:603, Rn. 69). Die dritte Komponente schließlich, die manchmal als „Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne“ bezeichnet wird, betrifft die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme, d. h. das Fehlen von Nachteilen, die außer Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 7. März 2013, Polen/Kommission, T‑370/11, EU:T:2013:113, Rn. 89, und vom 26. September 2014, Romonta/Kommission, T‑614/13, EU:T:2014:835, Rn. 74).

74      Was insbesondere das Erfordernis der Notwendigkeit der angemeldeten Maßnahme betrifft, so ergibt sich aus ständiger Rechtsprechung, dass die Kommission nicht verpflichtet ist, abstrakt sämtliche denkbaren Alternativmaßnahmen zu prüfen: Denn zwar muss der betreffende Mitgliedstaat die Gründe für den Erlass der fraglichen Beihilferegelung, insbesondere hinsichtlich der gewählten Förderkriterien, eingehend erläutern, er ist aber nicht verpflichtet, positiv nachzuweisen, dass keine andere – per definitionem hypothetische – Maßnahme das verfolgte Ziel hätte besser erreichen können. Wenn der genannte Mitgliedstaat keiner solchen Verpflichtung unterliegt, kann auch ein Kläger nicht vom Gericht verlangen, dass es der Kommission auferlegt, sich an die Stelle der nationalen Behörden zu setzen und diese hypothetische normative Prüfung vorzunehmen, um jede denkbare Alternative zu untersuchen (vgl. Urteil vom 6. Mai 2019, Scor/Kommission, T‑135/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:287, Rn. 94 und die dort angeführte Rechtsprechung).

75      Da die Klägerinnen mit dem vorliegenden Klagegrund die Bewertung der Verhältnismäßigkeit einer Beihilferegelung in Frage stellen, die die Kommission als mit Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV vereinbar angesehen hat, ist außerdem darauf hinzuweisen, dass die Kommission bei der Anwendung von Art. 107 Abs. 3 AEUV über ein weites Ermessen verfügt, dessen Ausübung komplexe wirtschaftliche und soziale Wertungen voraussetzt (vgl. Urteil vom 29. Juli 2019, Bayerische Motoren Werke und Freistaat Sachsen/Kommission, C‑654/17 P, EU:C:2019:634, Rn. 80 und die dort angeführte Rechtsprechung), so dass sich die gerichtliche Nachprüfung auf die Überprüfung der Beachtung der Verfahrens- und Begründungsvorschriften sowie auf die Kontrolle der inhaltlichen Richtigkeit der Tatsachen, des Fehlens von offensichtlichen Fehlern bei der Bewertung, des Fehlens von Rechtsfehlern und von Ermessensmissbrauch beschränkt (vgl. Urteil vom 22. Dezember 2008, Regie Networks, C‑333/07, EU:C:2008:764, Rn. 78 und die dort angeführte Rechtsprechung).

76      Als Erstes ist, wie oben in Rn. 32 hervorgehoben, festzustellen, dass die angemeldete Maßnahme darauf abzielt, eine Senkung der Strompreise vor dem Hintergrund eines starken Aufwärtsdrucks auf Brennstoffpreise zu erreichen, der aus einem Krisenkontext herrührt, mit dem sich die nationalen und internationalen Märkte auseinandersetzen müssen. Dass dieser Kontext tatsächlich gegeben ist und sich tatsächlich auf die Preise auswirkt, wird von den Klägerinnen zum einen nicht in Frage gestellt. Zum anderen steht ein solches Ziel im Einklang mit dem in Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV vorgesehenen Ziel der „Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats“.

77      Als Zweites versucht die angemeldete Maßnahme, wie ebenfalls oben in Rn. 32 hervorgehoben, dieses Ziel durch die Subventionierung bestimmter Stromquellen zu erreichen, um einen Preisrückgang auf dem Großhandelsmarkt zu erreichen, der wiederum zu einem Preisrückgang auf dem Einzelhandelsmarkt führen soll. Wie oben aus den Rn. 33 bis 35 und 53 bis 56 hervorgeht, unterliegt die Weitergabe der Preissenkung auf dem Einzelhandelsmarkt, außer bei regulierten Verträgen, dem Wettbewerb auf diesem Markt.

78      In diesem Zusammenhang konnte die Kommission erstens in den Rn. 131 bis 134 des angefochtenen Beschlusses ohne offensichtlichen Beurteilungsfehler feststellen, dass ohne die angemeldete Maßnahme der Wettbewerb es nicht ermögliche, diese legitimen Ziele zu erreichen.

79      Zweitens ist festzustellen, dass sowohl Art. 3 Buchst. a und b der Verordnung 2019/943 als auch Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2019/944 die freie Strompreisbildung auf der Grundlage von Angebot und Nachfrage fördern. In den genannten Artikeln heißt es: „Preise werden auf der Grundlage von Angebot und Nachfrage gebildet“, „[d]ie Marktvorschriften begünstigen die freie Preisbildung und vermeiden Maßnahmen, mit denen eine Preisbildung auf der Grundlage von Angebot und Nachfrage verhindert wird“, „[d]en Versorgern steht es frei, den Preis, zu dem sie ihre Kunden mit Elektrizität beliefern, zu bestimmen“, und „[d]ie Mitgliedstaaten ergreifen geeignete Maßnahmen, um für wirksamen Wettbewerb zwischen den Versorgern zu sorgen“.

80      Es ist mithin festzustellen, dass die angemeldete Maßnahme insofern, als sie das direkte Eingreifen der nationalen Behörden auf die Preisbildung auf dem Großhandelsmarkt beschränkt und – außer bei regulierten Verträgen – nicht auf den Einzelhandelsmarkt ausdehnt, den Grundsatz der freien Strompreisbildung auf der Grundlage von Angebot und Nachfrage im Sinne der Verordnung 2019/943 und der Richtlinie 2019/944 so weit wie möglich wahrt.

81      Soweit die Klägerinnen drittens geltend machen, dass die Senkung des Strompreises auf dem Einzelhandelsmarkt dadurch hätte angestrebt werden müssen, dass den Käufern auf diesem Markt die Möglichkeit eingeräumt werde, ihre Strombezugsverträge anzumelden, um als solche von der Beitragszahlung befreit zu werden, führen sie einen alternativen Ansatz zu dem von den Mitgliedstaaten bevorzugten und von der Kommission gebilligten Ansatz an, der unter Heranziehung der oben in Rn. 74 angeführten Rechtsprechung nicht berücksichtigt werden kann.

82      In jedem Fall ist festzustellen, dass der Ansatz, auf den sich die Klägerinnen beziehen, noch weiter von der Logik des sich aus der Richtlinie 2019/944 und der Verordnung 2019/943 ergebenden Grundsatzes der freien Preisbildung abweicht und daher nicht als notwendig im Sinne der oben in Rn. 73 angeführten Rechtsprechung angesehen werden kann.

83      Nach alledem ist der zweite Klagegrund zurückzuweisen.

 Dritter Klagegrund, mit dem die Verletzung der Verordnung 2019/943 und der Richtlinie 2019/944 durch die angemeldete Maßnahme geltend gemacht wird

84      Die Klägerinnen machen geltend, dass die angemeldete Maßnahme, da sie vom Grundsatz der freien Preisbildung abweiche, den in Art. 5 Abs. 4 der Richtlinie 2019/944 enthaltenen Voraussetzungen für eine Ausnahme von der Anwendung dieses Grundsatzes hätte entsprechen müssen, was aufgrund der Auswirkungen der angemeldeten Maßnahme auf Stromverbraucher, die sich in der gleichen Lage wie die Klägerinnen befänden, nicht der Fall gewesen sei.

85      Es ist festzustellen, dass der vorliegende Klagegrund ausschließlich auf der Annahme beruht, dass die Kommission die Lage von Stromkäufern auf dem Einzelhandelsmarkt hätte berücksichtigen müssen, die finanzielle Strombezugsverträge geschlossen haben. Der vorliegende Klagegrund ist daher von vornherein aus Gründen, die den oben in den Rn. 43 bis 48 dargelegten entsprechen, zurückzuweisen, wie die Kommission und das Königreich Spanien zu Recht geltend machen.

 Fünfter Klagegrund, mit dem eine Verletzung des Grundsatzes des berechtigten Vertrauens geltend gemacht wird

86      Die Klägerinnen betonen, dass die Kommission und die Union im Allgemeinen den Abschluss von finanziellen Strombezugsverträgen, insbesondere im Hinblick auf die Förderung erneuerbarer Energien, gefördert hätten. Sie folgern daraus, dass sie berechtigterweise hätten erwarten können, nicht schlechter behandelt zu werden als Unternehmen, die nicht versucht hätten, die Marktrisiken abzusichern, sich besser zu organisieren und weniger umweltschädlich zu sein.

87      Die Kommission, die vom Königreich Spanien unterstützt wird, macht geltend, dass bei den Klägerinnen kein berechtigtes Vertrauen hätte entstehen können.

88      Nach ständiger Rechtsprechung gehört der Grundsatz des berechtigten Vertrauens zu den Grundprinzipien der Union, und die Möglichkeit, sich auf ihn zu berufen, steht jedem Wirtschaftsteilnehmer offen, bei dem ein Organ durch präzise Zusicherungen begründete Erwartungen geweckt hat (vgl. Urteil vom 24. Oktober 2013, Kone u. a./Kommission, C‑510/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:696, Rn. 76 und die dort angeführte Rechtsprechung).

89      Präzise, nicht an Bedingungen geknüpfte und übereinstimmende Auskünfte von zuständiger und zuverlässiger Seite stellen unabhängig von der Form ihrer Mitteilung solche Zusicherungen dar. Dagegen kann niemand eine Verletzung dieses Grundsatzes geltend machen, dem die Verwaltung keine bestimmten Zusicherungen geben kann (vgl. Urteil vom 14. Februar 2006, TEA-CEGOS u. a./Kommission, T‑376/05 und T‑383/05, EU:T:2006:47, Rn. 88 und die dort angeführte Rechtsprechung).

90      Es ist festzustellen, dass das Vorbringen der Klägerinnen auf der Annahme beruht, dass die Kommission bei ihnen ein berechtigtes Vertrauen geweckt habe, dass Endverbraucher, die auf finanzielle Strombezugsverträge zurückgegriffen hätten, mindestens genauso günstig behandelt würden wie diejenigen, die Verträge anderer Art geschlossen hätten.

91      Insoweit genügt es, darauf hinzuweisen, dass die Klägerinnen aus denselben Gründen wie den oben in den Rn. 46 bis 48 dargelegten keinen Nachweis dafür erbringen, dass die Lage von Verbrauchern, die auf finanzielle Strombezugsverträge zurückgreifen, nach präzisen, nicht an Bedingungen geknüpften und übereinstimmenden Informationen von zuständigen und zuverlässigen Stellen bei der Wahrnehmung der Befugnisse der Kommission zur Prüfung staatlicher Beihilfen berücksichtigt werden würde.

92      Der fünfte Klagegrund ist daher zurückzuweisen.

93      Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass keiner der von den Klägerinnen vorgebrachten Gründe geeignet ist, nachzuweisen, dass die Kommission das Vorliegen ernsthafter Schwierigkeiten hätte feststellen müssen, die die Eröffnung des förmlichen Verfahrens zur Prüfung der angemeldeten Maßnahme impliziert hätten.

94      Die Klage ist daher abzuweisen.

 Kosten

95      Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerinnen unterlegen sind, sind ihnen gemäß dem Antrag der Kommission neben ihren eigenen Kosten die von der Kommission verauslagten Kosten aufzuerlegen.

96      Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung tragen die Mitgliedstaaten, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. Daher trägt das Königreich Spanien seine eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Dritte erweiterte Kammer)

für Recht erkannt:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die PGI Spain, SL, die Berry Superfos Pamplona, SA, die Promens Packaging, SA, die RPC Envases, SA und die Zeller Plastik España, SL tragen ihre eigenen Kosten sowie die Kosten der Europäischen Kommission.

3.      Das Königreich Spanien trägt seine eigenen Kosten.

Van der Woude

Škvařilová-Pelzl

Nõmm

Steinfatt

 

      Kukovec

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 12. März 2025.

Unterschriften



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