Vorläufige Fassung
URTEIL DES GERICHTS (Dritte Kammer)
19. November 2025(* )
„ Unionsmarke – Verfallsverfahren – Unionsbildmarke Lav – Art. 18 Abs. 1 und Art. 58 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EU) 2017/1001 – Nachweis der ernsthaften Benutzung – Beweiswürdigung – Unangemessene oder übermäßige Beweislast – Grundsatz der guten Verwaltung – Art. 41 der Charta der Grundrechte “
In der Rechtssache T‑564/24,
Gürok Turizm ve Madencilik AŞ mit Sitz in Kütahya (Türkei), vertreten durch Rechtsanwälte J. Erdozain López und J. Vicente Martínez sowie Rechtsanwältin M. López Camba,
Klägerin,
gegen
Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) , vertreten durch D. Stoyanova-Valchanova als Bevollmächtigte,
Beklagter,
andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des EUIPO:
Olav GmbH mit Sitz in Köln (Deutschland),
erlässt
DAS GERICHT (Dritte Kammer)
zum Zeitpunkt der Beratung unter Mitwirkung der Präsidentin P. Škvařilová-Pelzl (Berichterstatterin) sowie der Richter I. Nõmm und D. Kukovec,
Kanzler: J. Čuboň, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
auf die mündliche Verhandlung vom 7. Juli 2025
folgendes
Urteil
1 Mit ihrer Klage nach Art. 263 AEUV begehrt die Klägerin, die Gürok Turizm ve Madencilik AŞ, die Aufhebung der Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des Amts der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) vom 22. August 2024 (Sache R 215/2024‑4) (im Folgenden: angefochtene Entscheidung).
Vorgeschichte des Rechtsstreits
2 Die Klägerin ist Inhaberin der Unionsmarke Nr. 011224771, die am 25. März 2013 auf eine am 28. September 2012 von der Gürallar YAPI Malzemeleri Ve Kimya Sanayii Anonim Sirketi, ihrer Rechtsvorgängerin, eingereichte Anmeldung hin für das folgende Bildzeichen eingetragen wurde:
3 Die oben in Rn. 2 genannte Marke wurde für folgende Waren und Dienstleistungen der Klassen 8, 11, 19, 21, 35, 37, 39, 41 und 43 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:
– Klasse 8: „Handbetätigte Werkzeuge und Geräte; Messerschmiedewaren, Gabeln und Löffel; Hieb- und Stichwaffen; Rasierapparate; Essbestecke aus Edelmetallen oder damit plattiert, nämlich Messer, Löffel und Gabeln; nicht elektrische Eier- oder Käseschneider, nicht-elektrische Pizzaschneider, nicht elektrische Obst- und Gemüseschäler“;
– Klasse 11: „Beleuchtungs‑, Heizungs‑, Dampferzeugungs‑, Koch‑, Kühl‑, Trocken‑, Lüftungs- und Wasserleitungsgeräte sowie sanitäre Anlagen; Badewannen; Bidets; Badinstallationen; Duscheinfassungen; Urinale (sanitäre Einrichtungen); Toiletten [WC]; transportable Toiletten; Toiletten; Abwaschbecken, Spülen“;
– Klasse 19: „Baumaterialien (nicht aus Metall); Rohre (nicht aus Metall) für Bauzwecke; Asphalt, Pech und Bitumen; transportable Bauten (nicht aus Metall); Denkmäler (nicht aus Metall); Geformte Bau- und Straßenbaumaterialien aus Beton, Gips, Erde, Ton, Sand, Naturstein, Kunststein, Holz, Kunststoff oder synthetischen Materialien; Bauten, Maste, Absperrungen; natürliche oder synthetische nichtmetallische Oberflächenbeschichtungen für Bauzwecke in Form von Platten oder Streifen (heiß verklebbar); Glasziegel für Bauzwecke, Glasbausteine, Glasfliesen, Glasscheiben, Glaspaneele für Bauzwecke“;
– Klasse 21: „Geräte und Behälter für Haushalt und Küche; Kämme und Schwämme; Bürsten und Pinsel (ausgenommen für Malzwecke); Bürstenmachermaterial; Putzzeug; Stahlwolle; rohes oder teilweise bearbeitetes Glas (mit Ausnahme von Bauglas); Glaswaren, Porzellan und Steingut, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Schüsseln, [Glasbehälter], Keksdosen, Gläser, Tassen, Tabletts, Eierbecher, Kaffeetassen, Stieltöpfe, Karaffen, Kuchenformen, Teekannen, Tafelgeschirr (ausgenommen Messer, Gabeln und Löffel) aus Glas und Porzellan, nämlich [Schalen], Becher, Teller, Salz- und Pfefferstreuer, Saucieren, Kannen und Krüge und Vasen; Statuetten, Statuen und Kunstgegenstände aus Glas und Porzellan“;
– Klasse 35: „Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; Zusammenstellung für Dritte von Handwerkzeugen und Geräten (handbetätigt), Geräte zur Beleuchtung, zum Heizen, zur Dampferzeugung, zum Kochen, zum Kühlen, zum Trocknen, zum Belüften, für die Wasserversorgung und für sanitäre Zwecke, Baumaterialien, Rohre (nicht aus Metall) für Bauzwecke, transportable Bauten (nicht aus Metall), Denkmäler (nicht aus Metall), Haushalts- oder Küchengeräte und ‑behälter, Glaswaren, Porzellan- und Steingutware (ausgenommen deren Transport), um dem Verbraucher eine bequeme Ansicht und den Erwerb dieser Waren zu ermöglichen; alle vorstehend genannten Dienstleistungen können bereitgestellt werden von Einzelhandelsgeschäften, Großhandelsgeschäften, durch Versandhandelskataloge oder über elektronische Medien, beispielsweise über Websites oder Fernseheinkaufsprogramme“;
– Klasse 37: „Bauwesen; Reparaturwesen; Installationsarbeiten; Bauleistungen; Bauwesen, Reparaturwesen und Restaurierung“;
– Klasse 39: „Transportwesen; Verpackung und Lagerung von Waren; Veranstaltung von Reisen; Dienstleistungen einer Transportvermittlungsagentur in Form der Organisation von Ausflügen für Touristen, Dienstleistungen einer Frachtvermittlungsagentur in Form von Frachtmaklerdiensten, Dienstleistungen eines Schiffsmaklers in Form des Transports von Frachten mit Schiffen, Dienstleistungen eines Fremdenverkehrsbüros in Form von Dienstleistungen eines Reisebüros und von Reiseführungen, Reservierungs- und Buchungsdienstleistungen für Beförderungen und Reisen und Fahrkarten für Rundfahrten, Organisation von Rundfahrten“;
– Klasse 41: „Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Veranstaltung von Konferenzen, Symposien, Kongressen und Seminaren“:
– Klasse 43: „Dienstleistungen zur Verpflegung; Beherbergung von Gästen; Vermittlung von Gästeunterkünften, nämlich Betrieb von Hotels, Betrieb von Motels, eines Feriencamps, Dienstleistungen von Pensionen“.
4 Am 8. Dezember 2022 stellte die Olav GmbH, die andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer, gemäß Art. 58 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EU) 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke (ABl. 2017, L 154, S. 1) einen Antrag auf Erklärung des Verfalls der oben in Rn. 2 genannten Marke für alle Waren und Dienstleistungen, für die diese Marke eingetragen worden war, mit der Begründung, dass diese Marke nicht während eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren ernsthaft benutzt worden sei.
5 Mit Entscheidung vom 28. November 2023 gab die Nichtigkeitsabteilung dem Antrag teilweise statt und erklärte die angegriffene Marke für sämtliche oben in Rn. 3 genannten Waren für verfallen, mit Ausnahme von „Behältern für Haushalt und Küche; Glaswaren, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Schüsseln, Glasbehälter, Keksdosen, Gläser, Tassen, Kaffeetassen, Karaffen, Tafelgeschirr (ausgenommen Messer, Gabeln und Löffel) aus Glas, nämlich Schalen, Becher, Teller, Kannen und Krüge“ in Klasse 21.
6 Am 28. Januar 2024 legte die Olav GmbH nach den Art. 66 bis 71 der Verordnung 2017/1001 beim EUIPO Beschwerde gegen die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung ein, soweit die angegriffene Marke für die oben in Rn. 5 genannten Waren nicht für verfallen erklärt worden war.
7 Mit der angefochtenen Entscheidung hob die Beschwerdekammer die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung auf und stellte im Wesentlichen fest, dass die von der Klägerin vorgelegten Beweise nicht die Schwelle der Beweiskraft erreichten, die den Nachweis des Umfangs der Benutzung der angegriffenen Marke ermögliche, und dass das Fehlen zusätzlicher Erläuterungen und von Querverweisungen seitens der Klägerin dem entgegenstehe, dass diese Beweise als stichhaltig, objektiv und ausreichend angesehen werden könnten.
Anträge der Parteien
8 Die Klägerin beantragt im Wesentlichen,
– die angefochtene Entscheidung aufzuheben, soweit damit dem Antrag auf Erklärung des Verfalls für alle von der angegriffenen Marke erfassten Waren der Klasse 21 stattgegeben wurde;
– dem EUIPO die Kosten aufzuerlegen;
– der Olav GmbH die Kosten aufzuerlegen.
9 Das EUIPO beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben.
10 In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin ihre Anträge ergänzt und beantragt nunmehr hilfsweise, die angefochtene Entscheidung abzuändern.
11 Zudem hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass sie ihren Antrag, der Olav GmbH die Kosten aufzuerlegen, zurücknehme, da diese nicht Partei des Verfahrens vor dem Gericht sei, was im Sitzungsprotokoll vermerkt worden ist.
Rechtliche Würdigung
Zur Zulässigkeit bestimmter Anträge
Zur Zulässigkeit des Antrags der Klägerin auf Abänderung der angefochtenen Entscheidung
12 In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin beim Gericht einen weiteren, hilfsweise auf Abänderung der angefochtenen Entscheidung gerichteten Antrag gestellt. Die Klägerin beantragt im Wesentlichen, in Übereinstimmung mit der Nichtigkeitsabteilung auf der Grundlage der im vorgerichtlichen Verfahren vorgelegten Beweise festzustellen, dass die angegriffene Marke ernsthaft benutzt worden sei.
13 Nach Art. 21 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, der gemäß Art. 53 Abs. 1 dieser Satzung auf das Verfahren vor dem Gericht anwendbar ist, und Art. 76 der Verfahrensordnung des Gerichts muss die Klageschrift u. a. eine Bezeichnung des Streitgegenstands und die Anträge des Klägers enthalten. Die Anträge müssen genau und eindeutig formuliert sein, da andernfalls die Gefahr bestünde, dass das Gericht infra oder ultra petita entscheidet und die Rechte der beklagten Partei beeinträchtigt werden (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 21. Oktober 2015, Petco Animal Supplies Stores/HABM – Gutiérrez Ariza [PETCO], T‑664/13, EU:T:2015:791, Rn. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung). Außerdem können neue Anträge, die erstmals in der mündlichen Verhandlung gestellt werden, nicht zugelassen werden, da andernfalls dem Beklagten die Möglichkeit genommen würde, seine Antwort vorzubereiten, und so die Verteidigungsrechte verletzt würden (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 17. März 2005, Kommission/AMI Semiconductor Belgium u. a., C‑294/02, EU:C:2005:172, Rn. 75, und vom 15. September 2021, ADR Center/Kommission, T‑364/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:593, Rn. 65 und die dort angeführte Rechtsprechung).
14 Somit können nur die in der Klageschrift gestellten Anträge berücksichtigt werden, und die Begründetheit der Klage ist allein anhand der in der Klageschrift enthaltenen Anträge zu prüfen. Art. 84 Abs. 1 der Verfahrensordnung lässt neue Angriffs- und Verteidigungsmittel nur unter der Voraussetzung zu, dass sie auf rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte gestützt werden, die erst während des Verfahrens zutage getreten sind. Nach der Rechtsprechung gilt diese Voraussetzung erst recht für jede Änderung der Anträge, so dass in Ermangelung rechtlicher oder tatsächlicher Gesichtspunkte, die erst während des schriftlichen Verfahrens zutage getreten wären, nur die in der Klageschrift gestellten Anträge berücksichtigt werden können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Oktober 2015, PETCO, T‑664/13, EU:T:2015:791, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung).
15 Im vorliegenden Fall wird der Antrag auf Abänderung der angefochtenen Entscheidung aber auf keinen neuen Gesichtspunkt im Sinne von Art. 84 Abs. 1 der Verfahrensordnung gestützt, so dass, selbst wenn man davon ausgeht, dass die Klägerin ihre Anträge in der mündlichen Verhandlung anpassen wollte, eine solche Änderung mangels neuer rechtlicher oder tatsächlicher Gesichtspunkte, die erst während des Verfahrens zutage getreten wären, nicht zugelassen werden kann.
16 Folglich ist der hilfsweise Antrag der Klägerin auf Abänderung der angefochtenen Entscheidung, der erstmals vor dem Gericht in der mündlichen Verhandlung gestellt worden ist, unzulässig.
Zur Zulässigkeit des Antrags, mit dem sich das EUIPO den Anträgen der Klägerin anschließt
17 Mit seinem einzigen Antrag schließt sich das EUIPO dem Antrag der Klägerin auf Aufhebung der angefochtenen Entscheidung an.
18 Das EUIPO besitzt zwar keine Aktivlegitimation für eine Klage gegen eine Entscheidung einer Beschwerdekammer, doch kann es umgekehrt nicht verpflichtet sein, systematisch jede angefochtene Entscheidung einer Beschwerdekammer zu verteidigen oder zwingend die Abweisung jeder gegen eine solche Entscheidung gerichteten Klage zu beantragen. Es spricht daher nichts dagegen, dass sich das EUIPO einem Antrag des Klägers anschließt oder damit begnügt, die Entscheidung in das Ermessen des Gerichts zu stellen, wobei es zur Information des Gerichts alles vorbringen kann, was es für angebracht hält. Dagegen kann es weder Anträge stellen, die auf Aufhebung oder Abänderung der Entscheidung einer Beschwerdekammer in einem in der Klageschrift nicht geltend gemachten Punkt gerichtet sind, noch in der Klageschrift nicht geltend gemachte Angriffs‑ oder Verteidigungsmittel vorbringen (vgl. Urteil vom 25. Oktober 2005, Peek & Cloppenburg/HABM [Cloppenburg], T‑379/03, EU:T:2005:373, Rn. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung).
19 Im vorliegenden Fall wirft die Klägerin der Beschwerdekammer im Wesentlichen vor, im Rahmen eines Verfallsverfahrens eine Anforderung an die Beweisqualität gestellt zu haben, die so hoch sei, dass sie eine extrem schwere und wenig praktische Einschränkung für den Nachweis der ernsthaften Benutzung der angegriffenen Marke darstelle. Außerdem habe die Beschwerdekammer einen Beurteilungsfehler begangen, indem sie angenommen habe, dass die Beweise für den Umfang der Benutzung der Marke nicht ausreichten, um die Benutzung als ernsthaft anzusehen.
20 Das EUIPO unterstützt im Wesentlichen das Vorbringen der Klägerin und wirft der Beschwerdekammer vor, unter den spezifischen tatsächlichen Umständen des vorliegenden Falles eine unangemessene Anforderung an die Beweisqualität gestellt zu haben, so dass die angefochtene Entscheidung aufzuheben sei.
21 Folglich ist der einzige Antrag, mit dem sich das EUIPO den Anträgen der Klägerin anschließt, für zulässig zu erklären, da dieser Antrag und das ihn stützende Vorbringen nicht über den Rahmen der von der Klägerin vorgebrachten Anträge und Argumente hinausgehen.
Zur Begründetheit
22 Die Klägerin macht als einzigen Klagegrund einen Verstoß gegen Art. 58 Abs. 1 und 2 der Verordnung 2017/1001 geltend. Sie wirft der Beschwerdekammer im Wesentlichen vor, festgestellt zu haben, dass der Umfang der Benutzung der angegriffenen Marke angesichts der geringen Beweiskraft der vorgelegten Beweise nicht nachgewiesen werden könne, und ihr vorgeworfen zu haben, dass sie es unterlassen habe, zusätzliche Erläuterungen zu geben und ausreichend ausführliche Querverweisungen bezüglich aller zur Stützung ihres Vorbringens vorgelegten Nachweise zu erstellen.
23 Das EUIPO bringt ebenfalls vor, dass die Beschwerdekammer der Klägerin eine unangemessene Beweislast auferlegt habe.
24 Allerdings macht das EUIPO geltend, dass die von der Klägerin in den Rn. 41 und 42 der Klageschrift vorgebrachten Beweise und Argumente unzulässig seien, da sie erstmals vor dem Gericht vorgebracht worden seien.
25 Im vorliegenden Fall hat die Klägerin zum Beweis der ernsthaften Benutzung der angegriffenen Marke folgende Beweise vorgelegt:
– einen Screenshot einer Seite der Website „company.lav.com.tr“ vom April 2023 (Anlage 1);
– eine Auswahl undatierter Fotos, die Verpackungen der Waren zeigen, die oben in Rn. 5 genannt sind und verkäuflich sind (Anlage 2);
– einen Screenshot einer Seite der Website „company.lav.com.tr“ vom April 2023, die auf verschiedene Veröffentlichungen mehrerer Medien verweist (Anlage 3);
– eine Auswahl von Rechnungen, Packlisten und anderen Geschäftsdokumenten aus den Jahren 2017 bis 2022 (Anlagen 4 bis 9);
– zwei Warenkataloge, die das Element „lav“ enthalten, aus den Jahren 2014 und 2023 (Anlagen 10 und 11);
– einen Auszug aus dem türkischen Bulletin des Handelsregisters vom 10. April 2014 über die Verschmelzung der Klägerin in der vorliegenden Rechtssache als juristische Person mit der Gürallar YAPI Malzemeleri Ve Kimya Sanayii Anonim Sirketi (Anlage 12).
26 Die Klägerin macht erstens geltend, die Rn. 70 und 71 der angefochtenen Entscheidung wiesen eine widersprüchliche Begründung auf, da die Beschwerdekammer zum einen auf die Tätigkeit der Klägerin und deren Rechtsvorgängerin als Inhaberin der angegriffenen Marke in der Glasindustrie und im Export bestimmter der in Rede stehenden Waren in 140 Länder, darunter Spanien und Frankreich, sowie auf das Bestehen einer Vertriebs- und Verkaufsstelle in Italien hingewiesen habe, und zum anderen, in Rn. 72 dieser Entscheidung, zu dem Ergebnis gelangt sei, dass der einzige eindeutige Verweis auf das maßgebliche Gebiet sich auf die Türkei beziehe. Außerdem enthielten die in Rede stehenden Kataloge, wie sie in den Anlagen 10 und 11 wiedergegeben seien, Hinweise in spanischer und französischer Sprache, und die ausschließliche Verwendung von Englisch und Türkisch für die Kataloge sei im Vorhandensein einer einzigen für die internationale Verbreitung bestimmten Fassung begründet.
27 Zweitens macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, dass es sich bei den als Anlagen 4 bis 9 vorgelegten Dokumenten um eine Reihe von Zolldokumenten handle, die mit dem Element „lav“ – das sich auf diesen Dokumenten, die an in der gesamten Europäischen Union ansässige Unternehmen gerichtet seien, befinde – einen Hinweis auf die Benutzung der angegriffenen Marke enthielten. Zudem enthielten sämtliche Rechnungen einen gemeinsamen Verweis auf die von der angegriffenen Marke erfassten Waren, die durch dieselbe Textstruktur – die in den Großbuchstaben „LV“ gefolgt von einem Bindestrich vor dem spezifischen Verweis auf die betreffende Ware bestehe – identifiziert seien.
28 Drittens macht die Klägerin geltend, dass die Rechnungen über den Verkauf von Waren, die von der angegriffenen Marke erfasst seien, insgesamt 2 919 Zeilen mit dem Verweis LV enthielten, über den gesamten relevanten Zeitraum verteilt seien und sich auf einen Gesamtbetrag von mehr als 6,485 Mio. Euro beliefen.
29 Viertens wirft die Klägerin der Beschwerdekammer im Wesentlichen vor, einen Beurteilungsfehler begangen zu haben, indem sie in Rn. 76 der angefochtenen Entscheidung festgestellt habe, dass die vorgelegten Rechnungen nicht bewiesen, dass die angeblich mit der angegriffenen Marke versehenen Waren jemals in einer Verkaufsstelle in der Union angeboten, geschweige denn von einem Endverbraucher gekauft worden seien, und dass es überdies schwierig sei, festzustellen, wann die angeblich „nach Europa“ versandten Waren tatsächlich in einer Einzelhandelsverkaufsstelle verkauft worden seien. Außerdem hat die Beschwerdekammer nach Ansicht der Klägerin einen Rechtsfehler begangen, indem sie erstmals im vorgerichtlichen Verfahren die Auffassung vertreten habe, dass die Klägerin verpflichtet sei, den Nachweis für den Verkauf der in Rede stehenden Waren unmittelbar an Endverbraucher zu erbringen.
30 Fünftens rügt die Klägerin die Beurteilungen der Beschwerdekammer, die aus den Rn. 82 bis 84 der angefochtenen Entscheidung hervorgehen, wonach im Wesentlichen zwar die Warencodes und die Beschreibungen auf einer Rechnung auf Waren in einem Katalog verweisen könnten, die unter der Marke vertrieben würden, deren ernsthafte Benutzung nachzuweisen sei, diese Situation als solche aber hypothetisch sei und offensichtlich nicht dem für den stichhaltigen und objektiven Beweis der tatsächlichen und ausreichenden Benutzung gleichkomme, der für den Nachweis der ernsthaften Benutzung erforderlich sei.
31 Nach Ansicht der Klägerin war es nicht angemessen, von ihr zu verlangen, jede der 2 919 in den Rechnungen aufgeführten Zeilen, in denen die von der angegriffenen Marke erfassten Waren genannt seien, mit den Verweisen und Fotos in den Katalogen in Verbindung zu bringen. Sie macht außerdem geltend, dass es Warenbeschreibungen gebe, die mit den Verweisen verknüpft seien, die in den in den Anhängen 4 bis 9 enthaltenen Packlisten angeführt seien. Eine solche Vorgabe stelle eine extrem große Belastung dar und sei wenig praktikabel. Außerdem macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, dass die Beschwerdekammer keinen Grund gehabt habe, von einer Überprüfung der von der Nichtigkeitsabteilung vorgenommenen Querverweisungen abzusehen bzw. diese nicht selbst im Rahmen ihrer Prüfung vorzunehmen.
32 Sechstens ist die Klägerin, was den Umfang der Benutzung der angegriffenen Marke anbelangt, der Ansicht, dass die als Anlagen 4 bis 9 vorgelegten Beweise eine große Anzahl von Rechnungen enthielten, die für sich genommen ausreichten, um die beträchtliche Menge verkaufter Waren und damit den Umfang der Benutzung dieser Marke nachzuweisen.
33 Insbesondere macht die Klägerin geltend, dass sich die kumulierten Beträge der getätigten Verkäufe aus den an im maßgeblichen Gebiet ansässige Empfänger ausgestellten Rechnungen ergäben, was auch durch die zu deren Untermauerung vorgelegten Packlisten und Zolldokumente bestätigt werde. Außerdem bezögen sich die in Euro in Rechnung gestellten Beträge auf die Waren, auf denen das Element „lav“ angebracht sei.
34 Das EUIPO macht als Erstes geltend, dass die Beschwerdekammer entgegen dem Vorbringen der Klägerin keinen Beurteilungsfehler in Bezug auf die Adressaten der Rechnungen begangen habe und, im Wesentlichen, dass die Beschwerdekammer nicht angedeutet habe, dass sich die Benutzung an die Endverbraucher richten müsse, um als Benutzung nach außen anerkannt zu werden.
35 Als Zweites stellt das EUIPO in Bezug auf die Beweislast und das Beweismaß fest, dass die Beschwerdekammer erstens, in den Rn. 35 und 36 der angefochtenen Entscheidung, anerkannt habe, dass die in den Anlagen 4 bis 9 enthaltenen Dokumente größtenteils eindeutig seien und Warencodes sowie Verweise auf die angegriffene Marke enthielten, und zweitens, in den Rn. 49 und 50 der angefochtenen Entscheidung, dass die Rechnungen und Geschäftsdokumenten zeigten, dass die Waren von der Inhaberin dieser Marke oder mit ihrem Einverständnis an verschiedene Unternehmen in mehreren Mitgliedstaaten der Union verkauft worden seien, so dass die Beweise ausreichende Hinweise auf den räumlichen Umfang der behaupteten Benutzung lieferten, drittens, in Rn. 53 der angefochtenen Entscheidung, dass die angegriffene Marke in der Warenangabe auf den Rechnungen und Geschäftsdokumenten, in den Katalogen und auf den Screenshots von Seiten der Website der Klägerin erscheine und dass die Benutzung dieser Marke öffentlich, nach außen gerichtet und für die tatsächlichen oder potenziellen Kunden der Waren offensichtlich sei, und viertens, in Rn. 64 der angefochtenen Entscheidung, dass die vorgelegten Kataloge die Benutzung der angegriffenen Marke für eine Vielzahl mit dieser gekennzeichneter Waren zeigten.
36 Als Drittes hat das EUIPO ausgeführt, dass die Beschwerdekammer umgekehrt, in den Rn. 83, 84 und 87 der angefochtenen Entscheidung, festgestellt habe, dass die Klägerin den Umfang der Benutzung der angegriffenen Marke nicht nachgewiesen habe, da sie keine Erläuterungen oder Beweise vorgebracht habe, die es ermöglichen würden, eine eindeutige Verbindung zwischen den in den verschiedenen Rechnungen angegebenen konkreten Waren und den übrigen Dokumenten, einschließlich der verschiedenen Warencodes, herzustellen. Außerdem stellt das EUIPO fest, dass die Beschwerdekammer der Ansicht gewesen sei, dass die Querverweise den Rechnungen den erforderlichen Beweiswert hätten verleihen können, der in den Ausführungen der Klägerin gefehlt habe, und dass die Nichtigkeitsabteilung auf der Grundlage bloßer Wahrscheinlichkeitsannahmen oder Vermutungen entschieden habe.
37 Insoweit bringt das EUIPO – wie die Klägerin in der Klageschrift – vor, dass das Gericht bereits bestätigt habe, dass ein sorgfältiger Vergleich der Warencodes auf den Abbildungen von Waren auf Fotos und in Katalogen mit den Warencodes auf den Rechnungen nicht einer bloßen Wahrscheinlichkeitsschätzung oder bloßen Vermutung gleichkomme, sondern einen rationalen und logischen Prozess im Rahmen der Beurteilung der ernsthaften Benutzung impliziere (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. Juli 2024, W. B. Studio/EUIPO – E.Land Italy [BF BELFE], T‑54/23, nicht veröffentlicht, EU:T:2024:481, Rn. 60 und 61). Außerdem habe die Beschwerdekammer in den Rn. 79, 80, 82 und 83 der angefochtenen Entscheidung die Arbeit der Nichtigkeitsabteilung anerkannt und die Beschreibungen der Waren in den Dokumenten mit Verweisen auf die angegriffene Marke bestätigt. Diese Verweise umfassten auch eine kurze Beschreibung der Waren, anhand deren sich den Rechnungen gemäß den Erläuterungen der Klägerin vor der Nichtigkeitsabteilung und der Beschwerdekammer sieben Beispiele für Warencodes entnehmen ließen, die mit den Katalogen in Verbindung gebracht werden könnten. Die Klägerin habe nämlich in ihrer Stellungnahme vom 14. April 2023 betreffend den Nachweis der Benutzung und in ihrer Beschwerdebeantwortung vom 22. Mai 2024 erläutert, dass die auf den Seiten 122 bis 127 des als Anlage 10 vorgelegten Katalogs aufgeführten Referenznummern Gegenstand von Querverweisen zu den Rechnungen sein könnten. Sie habe außerdem eine Liste von Waren, auf die verwiesen werde und die auf den Abbildungen zu sehen seien, vorgelegt.
38 Vor diesem Hintergrund ist das EUIPO als Viertes der Ansicht, dass die Klägerin keinen Grund gehabt habe, zusätzliche Erläuterungen zu geben, um jeden der in den Rechnungen und in den Warenkatalogen genannten Artikel miteinander in Verbindung zu bringen, so dass die Beschwerdekammer unter den spezifischen Umständen dieser Rechtssache eine unangemessene Beweislast im Sinne der Verordnung 2017/1001 und der Rn. 31 des Urteils vom 19. Oktober 2022, Louis Vuitton Malletier/EUIPO – Wisniewski (Darstellung eines Schachbrettmusters II) (T‑275/21, nicht veröffentlicht, EU:T:2022:654), auferlegt habe.
39 Folglich hat das EUIPO keine Stellungnahme zum übrigen Vorbringen der Klägerin abgegeben und beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben.
40 Gemäß Art. 18 Abs. 1 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 2017/1001 und Art. 58 Abs. 1 Buchst. a dieser Verordnung wird eine Unionsmarke auf Antrag beim EUIPO für verfallen erklärt, wenn die Marke innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren in der Union für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, nicht ernsthaft benutzt worden ist und keine berechtigten Gründe für ihre Nichtbenutzung vorliegen.
41 Was die Kriterien für die Beurteilung der ernsthaften Benutzung anbelangt, gilt Art. 10 Abs. 3 der Delegierten Verordnung (EU) 2018/625 der Kommission vom 5. März 2018 zur Ergänzung der Verordnung 2017/1001 und zur Aufhebung der Delegierten Verordnung (EU) 2017/1430 (ABl. 2018, L 104, S. 1) gemäß Art. 19 Abs. 1 dieser Verordnung entsprechend für Verfallsverfahren. Art. 10 Abs. 3 dieser Delegierten Verordnung sieht vor, dass sich der Nachweis der Benutzung auf Ort, Zeit, Umfang und Art der Benutzung der angegriffenen Marke beziehen muss.
42 Außerdem beschränkt sich der Nachweis der ernsthaften Benutzung nach Art. 10 Abs. 4 der Delegierten Verordnung 2018/625 auf die Vorlage von Dokumenten und Beweisstücken wie Verpackungen, Etiketten, Preislisten, Katalogen, Rechnungen, Fotografien und Zeitungsanzeigen sowie auf die in Art. 97 Abs. 1 Buchst. f der Verordnung 2017/1001 genannten schriftlichen Erklärungen.
43 Im Rahmen eines Verfallsverfahrens obliegt der Nachweis der ernsthaften Benutzung der Marke grundsätzlich deren Inhaber (vgl. Urteil vom 23. Januar 2019, Klement/EUIPO, C‑698/17 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2019:48, Rn. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung).
44 Die ernsthafte Benutzung einer Marke lässt sich nicht mit Wahrscheinlichkeitsannahmen oder Vermutungen nachweisen, sondern muss auf konkreten und objektiven Umständen beruhen, die eine tatsächliche und ausreichende Benutzung der Marke auf dem betreffenden Markt belegen. Daher ist eine umfassende Beurteilung unter Berücksichtigung aller relevanten Faktoren des Einzelfalls vorzunehmen, die eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den berücksichtigten Faktoren impliziert (vgl. Urteil vom 8. Juli 2020, Euroapotheca/EUIPO – General Nutrition Investment [GNC LIVE WELL], T‑686/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:320, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).
45 Es ist nicht erforderlich, dass jedes Beweismittel Angaben über jeden der vier Aspekte enthält, auf die sich der Nachweis der ernsthaften Benutzung beziehen muss, also Ort, Zeit, Art und Umfang der Benutzung. Ein Bündel von Beweismitteln kann geeignet sein, die nachzuweisenden Tatsachen zu belegen, auch wenn jedes einzelne dieser Beweismittel für sich genommen nicht geeignet wäre, den Nachweis zu erbringen, dass diese Tatsachen zutreffen (vgl. Urteil vom 5. März 2019, Meblo Trade/EUIPO – Meblo Int [MEBLO], T‑263/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:134, Rn. 84 und die dort angeführte Rechtsprechung). Außerdem ist bei der Prüfung der Ernsthaftigkeit der Benutzung einer Marke eine umfassende Beurteilung unter Berücksichtigung aller verfügbaren Umstände vorzunehmen. Somit ist keine isolierte Prüfung der einzelnen Beweise vorzunehmen, sondern diese sind gemeinsam zu prüfen, um zur wahrscheinlichsten und stimmigsten Auslegung zu gelangen (vgl. Urteil vom 21. November 2013, Recaro/HABM – Certino Mode [RECARO], T‑524/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:604, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung).
46 Da, wie in der mündlichen Verhandlung bestätigt worden ist, Zeit, Ort und Art der Benutzung der angegriffenen Marke im Rahmen des vorliegenden Verfahrens nicht in Frage gestellt werden, sind zunächst die von den Parteien vorgelegten Beweise und vorgebrachten Argumente zu prüfen, soweit sie den Umfang der ernsthaften Benutzung und die der Inhaberin dieser Marke obliegende Beweislast für diese Benutzung betreffen.
47 Unter diesen Umständen ist erstens darauf hinzuweisen, dass zwischen den Parteien unstreitig ist und aus den Rn. 6 und 40 der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, dass sich der für die Zeit der Benutzung der angegriffenen Marke maßgebliche Zeitraum vom 8. Dezember 2017 bis zum 7. Dezember 2022 erstreckt.
48 Zweitens geht aus den Rn. 49 und 50 der angefochtenen Entscheidung hervor, dass die von der Klägerin – einem außerhalb der Union, nämlich in der Türkei, ansässigen Unternehmen – vorgelegten Beweise belegen, dass ihre Waren von ihr oder mit ihrem Einverständnis von anderen Händlern an verschiedene Unternehmen in mehreren Mitgliedstaaten der Union verkauft wurden, darunter insbesondere Deutschland, Österreich, Belgien, Bulgarien, Kroatien, Dänemark, Spanien, Irland, Italien, Griechenland, Ungarn, Litauen, Malta, den Niederlanden, Polen, die Tschechische Republik, Rumänien, die Slowakei und Schweden, und dass als Währung auf den verschiedenen Rechnungen und Geschäftsdokumenten überwiegend der Euro angegeben war.
49 Was drittens die Art der Benutzung der angegriffenen Marke anbelangt, geht aus den Rn. 51 bis 64 der angefochtenen Entscheidung hervor, dass die Beweise genügend Beispiele für die Benutzung dieser Marke enthielten, um zu der Feststellung zu gelangen, dass die Marke für Waren als Hinweis auf deren betriebliche Herkunft benutzt wurde.
50 Viertens hat die Beschwerdekammer in den Rn. 51 bis 53 der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass die angegriffene Marke im geschäftlichen Verkehr als Marke benutzt worden sei, insbesondere, da diese Marke öffentlich, nach außen und für tatsächliche oder potenzielle Kunden der in Rede stehenden Waren offensichtlich im Unionsgebiet benutzt worden sei. Insbesondere kam die Beschwerdekammer zu dem Ergebnis, dass eine offensichtliche Verbindung zwischen dieser Benutzung als Hinweis auf die betriebliche Herkunft und als Werbemittel auf der einen Seite und den maßgeblichen Waren der Klasse 21, die Gegenstand der Beschwerde seien, auf der anderen Seite hinreichend nachgewiesen worden sei.
51 Fünftens hat die Beschwerdekammer in den Rn. 54 bis 62 der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass die von der Klägerin vorgelegten Beweise im Wesentlichen die Benutzung des Zeichens in seiner eingetragenen Form belegten.
52 In Bezug auf den Umfang der Benutzung der angegriffenen Marke war die Beschwerdekammer jedoch im Gegensatz zur Nichtigkeitsabteilung der Ansicht, dass sie auf der Grundlage der Beweise in ihrer Gesamtheit nicht zu dem Ergebnis gelangen könne, dass die ernsthafte Benutzung dieser Marke für die maßgeblichen Waren, die Gegenstand der Beschwerde seien, hinreichend nachgewiesen worden sei und dass diese Benutzung in diesem Sinne auch nicht mit bloßen Wahrscheinlichkeitsannahmen oder Vermutungen nachgewiesen werden könne.
53 Insoweit hat die Beschwerdekammer erstens bezüglich der als Anlagen 10 und 11 vorgelegten Kataloge in den Rn. 71 bis 73 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass diese in englischer und türkischer Sprache vorgelegt worden seien, dass sie sich auf die Jahre 2014 und 2023 bezögen und dass sie die angegriffene Marke klar in Form einer Wortmarke oder eines Bildzeichens in Bezug auf verschiedene Glaswaren zeigten, dass aber keine Schlussfolgerung hinsichtlich des Umfangs einer solchen Benutzung gezogen werden könne, da es schwierig gewesen sei, die Orte festzustellen, an denen die Kataloge gedruckt oder veröffentlicht worden seien, oder die Orte und die Art ihrer Verbreitung nachzuweisen. Außerdem hat die Beschwerdekammer festgestellt, dass die Kataloge nicht belegten, dass die in Rede stehenden Waren im maßgeblichen Zeitraum und im maßgeblichen Gebiet tatsächlich unter der angegriffenen Marke angeboten worden seien. Insoweit hat die Beschwerdekammer der Klägerin auch vorgeworfen, keine zusätzlichen Informationen vorgelegt zu haben.
54 Zweitens war die Beschwerdekammer der Ansicht, dass sich die von der Klägerin vorgelegten Beweise zwar stark auf die als Anlagen 4 bis 9 vorgelegten Rechnungen und Geschäftsdokumente stützten, aus denen die tatsächlichen Verkäufe der in Rede stehenden Waren hervorgingen. Jedoch hat sie festgestellt, dass diese Dokumente nicht den erforderlichen Beweiswert hätten, da es im Wesentlichen unmöglich gewesen sei, die spezifischen Waren, die unter die verschiedenen Warencodes fielen, sowie deren Handelsvolumen und die Häufigkeit und die Dauer der Verkäufe zu bestimmen, und da diese Rechnungen nicht belegten, dass die angeblich mit der angegriffenen Marke versehenen Waren jemals in einer Verkaufsstelle in der Union angeboten worden seien und erst recht nicht, dass sie von einem Endverbraucher gekauft worden seien. Darüber hinaus hat die Beschwerdekammer der Klägerin vorgeworfen, keine Rechnungen über Verkäufe an örtliche Händler oder an Endverbraucher, keine Fotos guter Qualität von Produkten in Einzelhandelsgeschäften im Gebiet der Union und auch keine Kataloge oder sonstiges Werbematerial vorgelegt zu haben, die die Benutzung gegenüber dem Verbraucher in der Union belegen würden.
55 In diesem Sinne hat die Beschwerdekammer drittens, in Rn. 83 der angefochtenen Entscheidung, der Klägerin im Wesentlichen vorgeworfen, dass sie es unterlassen habe, nähere Angaben zum Inhalt der Rechnungen und zu den darin konkret aufgeführten Waren zu machen, und damit die von der Nichtigkeitsabteilung erstellten Verweisungen ignoriert habe. Die Beschwerdekammer war daher der Ansicht, dass die Klägerin nicht in der Lage sei, eine klare, zum Ausdruck gebrachte und nachgewiesene Verbindung darzulegen, anhand deren sich feststellen ließe, auf welche Waren der Kataloge die Codes verwiesen, und dass es unmöglich sei, aus diesen Codes die konkreten Waren, um die es sich handle, und den Umfang ihrer Benutzung abzuleiten. Nach Ansicht der Beschwerdekammer beeinträchtigte und schwächte das Fehlen solcher Erläuterungen den Beweiswert der Rechnungen. In Rn. 84 der angefochtenen Entscheidung hat sie außerdem festgestellt, dass die vorgelegten Beweise in ihrer Gesamtheit nicht ausreichten, um eine Gesamtheit stichhaltiger und objektiver Beweise für die tatsächliche Benutzung zu bilden. Außerdem genüge diese Gesamtheit nicht den Anforderungen an den Nachweis der ernsthaften Benutzung der angegriffenen Marke. Folglich sah sich die Beschwerdekammer im Wesentlichen gezwungen, ihre Prüfung zu beschränken, da diese in Ermangelung schlüssiger Beweise nicht auf Wahrscheinlichkeitsannahmen oder Vermutungen habe gestützt werden können.
56 Viertens schließlich hat die Beschwerdekammer der Klägerin in Rn. 85 der angefochtenen Entscheidung vorgeworfen, Dokumente von äußerst geringer Qualität vorgelegt zu haben, die sogar deren Lesbarkeit und Verständlichkeit beeinträchtige, und in Rn. 86 dieser Entscheidung, Rechnungen vorgelegt zu haben, in denen Warencodes aufgeführt seien, in denen der Hinweis „lv-“ als Verweis auf die angegriffene Marke nicht enthalten sei. Folglich war die Beschwerdekammer der Ansicht, dass die in Rechnung gestellten Gesamtbeträge nicht dem ausschließlichen Verkauf der von dieser Marke erfassten Waren entsprächen.
57 Nach der Rechtsprechung und wie aus obigen Rn. 43 bis 45 hervorgeht kann ein Beweismittel, auch wenn sein Beweiswert begrenzt ist, da es für sich genommen nicht mit Sicherheit belegt, ob und wie die betreffenden Waren auf den Markt gebracht wurden, und daher für sich allein nicht ausschlaggebend ist, gleichwohl bei der Gesamtwürdigung der Ernsthaftigkeit der Benutzung berücksichtigt werden. So verhält es sich beispielsweise, wenn das Beweismittel die anderen relevanten Faktoren des konkreten Falls untermauert (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. März 2014, Anapurna/HABM – Annapurna [ANNAPURNA], T‑71/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:105, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung).
58 Im vorliegenden Fall ist als Erstes festzustellen, dass die Beschwerdekammer alle von der Klägerin vorgelegten Beweise leicht prüfen konnte und auf dieser Grundlage unter Angabe von Gründen Zeit, Ort und Benutzung der angegriffenen Marke bestimmt hat. Insbesondere hat die Beschwerdekammer in den Rn. 35 und 36 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass die in den Anlagen 4 bis 9 enthaltenen Dokumente größtenteils eindeutig seien und Warencodes enthielten und dass darin die angegriffene Marke erwähnt sei. Außerdem hat die Beschwerdekammer auch festgestellt, dass die in den vorgelegten Dokumenten enthaltenen Schlüsselinformationen klar und verständlich seien, wodurch sie für die Zwecke des Verfahrens im Wesentlichen eindeutig und ausreichend seien.
59 Somit hat sich die Beschwerdekammer in ihrer Begründung widersprochen, indem sie der Klägerin in den Rn. 84 bis 86 der angefochtenen Entscheidung vorgeworfen hat, Beweismittel von geringer Qualität vorgelegt zu haben, die keine stichhaltigen und objektiven Beweise für die Benutzung der angegriffenen Marke darstellten.
60 Als Zweites ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer die angefochtene Entscheidung auch widersprüchlich begründet hat, indem sie in den Rn. 72 und 73 dieser Entscheidung festgestellt hat, dass die als Anlagen 10 und 11 vorgelegten Kataloge nicht belegten, dass die in Rede stehenden Waren tatsächlich im maßgeblichen Gebiet zum Verkauf angeboten worden seien, obwohl sie zuvor in den Rn. 70 und 71 der Entscheidung auf der Grundlage dieser Kataloge festgestellt hatte, dass die Klägerin in der Glasindustrie tätig sei und ihre Waren in 140 Länder, darunter Mitgliedstaaten der Union, exportiere, und dabei außerdem festgestellt hatte, dass es eine Vertriebs- und Verkaufsstelle für einen Teil dieser Waren in Italien gebe.
61 Als Drittes ist festzustellen, dass aus Rn. 76 der angefochtenen Entscheidung entgegen der Auffassung des EUIPO hervorgeht, dass die Beschwerdekammer als Nachweis für die Benutzung der angegriffenen Marke jeden Beweis verlangen wollte, der den Verkauf der in Rede stehenden Waren an Endverbraucher im Gebiet der Union belegen könnte. Die Auffassung, eine Markenbenutzung nach außen im Sinne der Rechtsprechung sei notwendigerweise eine Benutzung gegenüber dem Endverbraucher, liefe aber darauf hinaus, dass Marken, die allein in Beziehungen zwischen Unternehmen benutzt werden, vom Schutz der Verordnung Nr. 2017/1001 ausgenommen würden. Die maßgeblichen Verkehrskreise, an die sich Marken richten können, umfassen nämlich nicht nur Endverbraucher, sondern auch Fachkreise, Industriekunden und andere professionelle Anwender (vgl. Urteil vom 1. März 2023, Worldwide Brands/EUIPO – Wan [CAMEL], T‑552/21, nicht veröffentlicht, EU:T:2023:98, Rn. 88 und die dort angeführte Rechtsprechung).
62 Somit hat die Beschwerdekammer einen Rechtsfehler begangen, indem sie von der Klägerin im Wesentlichen verlangt hat, zum Nachweis der ernsthaften Benutzung der angegriffenen Marke den Nachweis für den Verkauf der in Rede stehenden Waren an Endverbraucher zu erbringen. Daraus folgt außerdem, dass der Nachweis des Verkaufs der in Rede stehenden Waren an Endverbraucher im vorliegenden Fall nicht relevant ist, so dass die von der Klägerin in den Rn. 41 und 42 der Klageschrift vorgebrachten Beweise und Argumente zurückzuweisen sind, ohne dass über deren Zulässigkeit entschieden werden müsste.
63 Als Viertes ist darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdekammer in Rn. 88 der angefochtenen Entscheidung zu dem Ergebnis gelangt ist, dass die Akte, selbst bei einer Gesamtbetrachtung, keine ausreichenden Beweise enthalte, aus denen sich der Umfang der Benutzung der angegriffenen Marke für die in Rede stehenden Waren ableiten ließe.
64 Hierzu ist erstens festzustellen, dass mit den Anlagen 10 und 11 zwar nicht eindeutig und unmissverständlich nachgewiesen werden kann, dass die angegriffene Marke im maßgeblichen Gebiet und während des maßgeblichen Zeitraums benutzt wurde. Da jedoch nach der Rechtsprechung davon auszugehen ist, dass sich die Vermarktungsdauer eines Erzeugnisses im Allgemeinen über einen bestimmten Zeitraum erstreckt und die Kontinuität der Benutzung zu den Angaben gehört, anhand deren zu ermitteln ist, ob die Benutzung tatsächlich dazu bestimmt war, einen Marktanteil hinzuzugewinnen oder zu halten, sind Unterlagen, die nicht dem maßgeblichen Zeitraum entstammen, keineswegs unerheblich, sondern gemeinsam mit den anderen Umständen zu berücksichtigen und zu bewerten, denn sie können den Nachweis einer tatsächlichen und ernsthaften geschäftlichen Verwertung der Marke erbringen (vgl. Urteil vom 16. Juni 2015, Polytetra/HABM – EI du Pont de Nemours [POLYTETRAFLON], T‑660/11, EU:T:2015:387, Rn. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung).
65 Im vorliegenden Fall belegten die Anlagen 10 und 11, wie die Beschwerdekammer in Rn. 53 der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausgeführt hat, die offensichtliche und nach außen gerichtete Benutzung der angegriffenen Marke im geschäftlichen Verkehr zwischen 2014 und 2023, d. h. über einen längeren und weitergehenden Zeitraum als den maßgeblichen Zeitraum, was ein relevantes Indiz für die Beurteilung des Umfangs der Benutzung unter den Umständen des vorliegenden Falles darstellte. Daraus folgt, dass die Beschwerdekammer einen Beurteilungsfehler begangen hat, indem sie es unterlassen hat, im Rahmen der Beurteilung des Umfangs der Benutzung die Anlagen 10 und 11 zusammen mit sämtlichen Verweisen und relevanten Beweisen, die sich aus den Anlagen 4 bis 9 ergaben, angemessen und umfassend zu prüfen.
66 Zweitens hat die Beschwerdekammer in den Rn. 49 und 50 der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass sämtliche Rechnungen und Geschäftsdokumente zeigten, dass die in Rede stehenden Waren von der Klägerin oder mit deren Einverständnis an verschiedene Unternehmen in mehreren Mitgliedstaaten der Union verkauft worden seien und dass diese Belege hinreichende Angaben zum räumlichen Umfang der behaupteten Benutzung lieferten. Außerdem hat die Beschwerdekammer in Rn. 53 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass die angegriffene Marke in der Angabe der Waren auf den Rechnungen und Geschäftsdokumenten, in den Katalogen und auf den Screenshots von Seiten der Website der Klägerin erscheine und dass die Benutzung der angegriffenen Marke öffentlich, nach außen gerichtet und für das Publikum der Union offensichtlich sei. Schließlich ist die Beschwerdekammer in Rn. 64 der angefochtenen Entscheidung zu dem Ergebnis gelangt, dass die Kataloge die Benutzung der angegriffenen Marke für eine Vielzahl von mit dieser gekennzeichneten Waren belegten.
67 Aus der Akte des EUIPO geht hervor, dass die Klägerin 902 Seiten Rechnungen vorlegte, die sich auf den Verkauf einer Vielzahl von von der angegriffenen Marke erfassten Waren beziehen, wobei sich die meisten der aufgeschlüsselten Verweise durch die Benutzung des Elements „lv“ vor dem Code der betreffenden Ware ausdrücklich auf die angegriffene Marke beziehen und die betreffende Ware durch einen Abgleich mit den als Anlagen 10 und 11 vorgelegten Katalogen bestimmt werden kann.
68 Unter den Umständen des vorliegenden Falles wäre es nämlich unangemessen, anzunehmen, dass die von einem Unternehmen vertriebenen Waren nicht eindeutig anhand ihres Warencodes in den Katalogen ihres Herstellers identifiziert werden können, weil es angeblich unmöglich war, den Ort des Drucks dieser Kataloge und ihre tatsächliche Verbreitung im maßgeblichen Gebiet während des maßgeblichen Zeitraums zu ermitteln. Zudem kann, wie aus der oben in Rn. 64 angeführten Rechtsprechung hervorgeht, gerade der Umstand, dass die Waren über einen längeren Zeitraum als den maßgeblichen Zeitraum zum Verkauf angeboten wurden, die Argumente für den Umfang der Benutzung der angegriffenen Marke bekräftigen.
69 Drittens kommt, wie sich aus der oben in Rn. 37 angeführten Rechtsprechung und einer ständigen Rechtsprechung ergibt, der sorgfältige Vergleich der Warencodes auf den Abbildungen der Waren auf Fotos und in Katalogen mit den Warencodes auf den Rechnungen nicht einer bloßen Wahrscheinlichkeitsschätzung oder bloßen Vermutung gleich, sondern impliziert einen rationalen und logischen Prozess im Rahmen der Beurteilung der ernsthaften Benutzung (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 27. April 2022, LG Electronics/EUIPO – Anferlux-Electrodomésticos [SmartThinQ], T‑181/21, nicht veröffentlicht, EU:T:2022:247, Rn. 91, vom 6. September 2023, Weider Germany/EUIPO – Den i Nosht [YIPPIE!], T‑45/22, nicht veröffentlicht, EU:T:2023:513, Rn. 42, und vom 17. Juli 2024, W.B. Studio/EUIPO – E.Land Italy [BELFE], T‑50/23, nicht veröffentlicht, EU:T:2024:480, Rn. 60 und 61). Insoweit hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung zu Recht darauf hingewiesen, dass die Beschwerdekammer und erst recht die Nichtigkeitsabteilung nicht ihre Befugnisse überschritten haben, indem sie aus eigener Initiative oder aufgrund einer Gesamtwürdigung der ihnen vorgelegten Beweise eine Verbindung zwischen den Abbildungen der Waren auf den Fotos und in den Katalogen auf der einen Seite und den Rechnungen für diese Waren auf der anderen Seite hergestellt haben, indem sie sich auf die jeweilige Angabe der Artikelcodes dieser Waren stützten, die sich als identisch erwiesen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. Juli 2024, BF BELFE, T‑54/23, nicht veröffentlicht, EU:T:2024:481, Rn. 61).
70 Folglich hat die Beschwerdekammer einen Beurteilungsfehler begangen, indem sie in Rn. 87 der angefochtenen Entscheidung festgestellt hat, dass die Nichtigkeitsabteilung ihre Prüfung des Umfangs der Benutzung der angegriffenen Marke auf Schlussfolgerungen gestützt habe, die sie aus vorgelegten Beweisen gezogen habe, ohne deren Inhalt vollständig zu kennen, und dass sie somit auf der Grundlage von Wahrscheinlichkeitsannahmen oder Vermutungen entschieden habe.
71 Insbesondere geht zum einen aus den Rn. 81 und 82 der angefochtenen Entscheidung und zum anderen aus den S. 11 bis 13 der Stellungnahme der Klägerin vom 14. April 2023 bezüglich des Nachweises der Benutzung sowie aus den S. 12 und 13 ihrer Beschwerdebeantwortung vom 22. Mai 2024 hervor, dass sie der Nichtigkeitsabteilung und der Beschwerdekammer mitgeteilt und erläutert hatte, dass die Referenznummern der Waren auf den S. 122 und 127 des Katalogs in Anlage 10 Gegenstand von Querverweisungen zu den Rechnungen sein könnten, und eine Liste der Waren, auf die verwiesen wird und die auf den Abbildungen dargestellt sind, vorgelegt hatte. Darüber hinaus ist außerdem festzustellen, dass die Beschwerdekammer auch nicht klar und ausreichend begründet hat, weshalb sie von den Beurteilungen der Nichtigkeitsabteilung abgewichen ist und die Stichhaltigkeit der von dieser erstellten Querverweisungen verneint hat, die es der Nichtigkeitsabteilung ermöglicht hatten, auf der Grundlage von Faktoren, die sie als konkret und wesentlich erachtet hatte, den Umfang der Benutzung der angegriffenen Marke zu bestimmen. Folglich ist die Entscheidung der Beschwerdekammer auch mit einem Begründungsmangel behaftet.
72 Somit geht viertens aus den Rn. 81 bis 83 der angefochtenen Entscheidung hervor, dass die Erläuterungen der Klägerin vor der Nichtigkeitsabteilung und dann vor der Beschwerdekammer geeignet waren, den Verkauf mehrerer der oben in Rn. 5 genannten Waren im maßgeblichen Zeitraum und in Mengen und Beträgen aufzuzeigen, die ausreichend hoch waren, um auf eine fortgesetzte, tatsächliche und konsequente Benutzung der angegriffenen Marke für die in Rede stehenden Waren gemäß der Rechtsprechung zu schließen, wonach eine Marke im Sinne von Art. 58 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung 2017/1001 ernsthaft benutzt wird, wenn sie entsprechend ihrer Hauptfunktion – die Ursprungsidentität der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen wurde, zu garantieren – benutzt wird, um für diese Waren oder Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern, unter Ausschluss symbolischer Verwendungen, die allein der Wahrung der durch die Marke verliehenen Rechte dienen (Urteil vom 3. Juli 2019, Viridis Pharmaceutical/EUIPO, C‑668/17 P, EU:C:2019:557, Rn. 38; vgl. auch entsprechend Urteil vom 11. März 2003, Ansul, C‑40/01, EU:C:2003:145, Rn. 43).
73 Jedenfalls geht, wie die Klägerin geltend macht, aus den Anlagen 4 bis 9 klar hervor, dass Waren der angegriffenen Marke zwischen 2017 und 2022 im maßgeblichen Gebiet verkauft wurden. In Übereinstimmung mit dem Vorbringen der Klägerin kann nämlich festgestellt werden, dass sich die Rechnungen, da sie 2 919 Zeilen mit dem Verweis LV enthalten, somit, wie aus obiger Rn. 67 hervorgeht, auf den Verkauf von von der Klägerin vertriebenen Waren beziehen, deren Gesamtbetrag sich auf mehr als 6,485 Mio. Euro beläuft, verteilt über den maßgeblichen Zeitraum.
74 Des Weiteren wollte die Beschwerdekammer, indem sie der Klägerin in den Rn. 72 und 83 der angefochtenen Entscheidung vorgeworfen hat, absichtlich keine zusätzlichen Informationen vorgelegt oder bewusst entschieden zu haben, keine näheren Angaben zu den in den Rechnungen enthaltenen genauen Verweisen zu machen, der Klägerin den Rn. 73 bis 85 dieser Entscheidung zufolge vorschreiben, die Aufgabe zu erfüllen, Querverweise zwischen allen 2 919 Zeilen der Rechnungen und jeder der entsprechenden, in den Katalogen aufgeführten Waren zu erstellen. Außerdem hat die Beschwerdekammer, wie in der mündlichen Verhandlung bestätigt worden ist, keine zusätzlichen Informationen oder Erläuterungen angefordert, so dass sie der Klägerin nicht vorwerfen kann, sie habe es vorsätzlich unterlassen, Beweise oder Tatsachen vorzubringen, wie ihr dies nach Ansicht der Beschwerdekammer oblag. Die Beschwerdekammer war vernünftigerweise in der Lage, den Umfang der ernsthaften Benutzung der angegriffenen Marke auf der Grundlage aller ihr vorgelegten Beweise in ihrer Gesamtheit bzw. auf der Grundlage der verschiedenen Indizien, die in den aufeinanderfolgenden Phasen ihrer Prüfung festgestellt worden waren, oder auch anhand der Angaben, die die Klägerin in ihren aufeinanderfolgenden Schreiben gemacht hatte und die die Nichtigkeitsabteilung übernommen hatte, zu beurteilen.
75 Unter diesen Umständen ist daher zum einen festzustellen, dass die Beschwerdekammer einen Beurteilungsfehler hinsichtlich des Umfangs der Prüfung der von der Klägerin zum Nachweis des Umfangs der Benutzung der angegriffenen Marke vorgelegten Beweise begangen hat, und zum anderen, dass sie der Klägerin im Rahmen eines Verfahrens zur Erklärung des Verfalls wegen fehlender ernsthafter Benutzung eine übermäßige Anforderung an die Beweisqualität und eine unangemessene Beweislast auferlegen wollte.
76 Insoweit ist fünftens festzustellen, dass der Nachweis einer ernsthaften Benutzung der angegriffenen Marke zwar grundsätzlich deren Inhaber obliegt und nicht von Amts wegen vom EUIPO zu führen ist (Urteil vom 26. September 2013, Centrotherm Systemtechnik/HABM und centrotherm Clean Solutions, C‑610/11 P, EU:C:2013:593, Rn. 63). Wie jedoch oben in Rn. 42 ausgeführt worden ist, beschränkt sich der Nachweis der ernsthaften Benutzung auf die Vorlage von Beweisstücken wie Preislisten, Kataloge oder Rechnungen, was im vorliegenden Fall gegeben ist.
77 Außerdem muss nach der oben in Rn. 44 angeführten Rechtsprechung der Nachweis der ernsthaften Benutzung auf konkreten und objektiven Umständen beruhen, die eine tatsächliche und ausreichende Benutzung der Marke auf dem betreffenden Markt belegen. Dieses Erfordernis eines sicheren Beweises darf jedoch weder zu einer unangemessenen oder übermäßigen Beweislast führen noch auf Anforderungen an die Beweisqualität gestützt werden, die strenger sind als die in der Rechtsprechung zu Art. 18 Abs. 1 und Art. 58 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung 2017/1001 genannten Voraussetzungen.
78 Zunächst ist das in seiner Klagebeantwortung vorgebrachte Vorbringen des EUIPO zurückzuweisen, das im Wesentlichen auf den Erkenntnissen aus dem Urteil vom 5. Oktober 2022, Puma/EUIPO – CMS (CMS Italy) (T‑711/20, nicht veröffentlicht, EU:T:2022:604), beruht, das ein auf Art. 8 Abs. 5 der Verordnung 2017/1001 gestütztes Verfahren wegen Beeinträchtigung der Wertschätzung betrifft, das ein gegenüber dem vorliegenden Verfahren eigenständiges Verfahren darstellt und dessen spezifische Anforderungen hier nicht entsprechend angewandt werden können.
79 Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdekammer in Rn. 83 der angefochtenen Entscheidung einen sehr strengen Ansatz verfolgt und von der Klägerin verlangt, eine klare Verbindung zwischen den verschiedenen Codes der Rechnungen und den betreffenden Waren herzustellen, der „erläutert, zum Ausdruck gebracht und nachgewiesen“ werden müsse. Die Beschwerdekammer kann jedoch nicht ohne einen Rechtsfehler zu begehen im Rahmen eines Verfallsverfahrens gemäß Art. 18 Abs. 1 und Art. 58 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung 2017/1001 eine Anforderung an die Beweisqualität auferlegen, die über die zulässige Schwelle für den Nachweis einer tatsächlichen und ausreichenden Benutzung, die durch ausreichende Umstände oder ein Bündel hinreichender Indizien, die sich aus der Wechselbeziehung zwischen den verschiedenen relevanten Faktoren im Sinne der oben in den Rn. 44 und 45 angeführten Rechtsprechung ergeben, bestätigt wird, hinausgeht.
80 Sechstens ist, wie auch das EUIPO in seiner Klagebeantwortung ausgeführt hat (siehe oben, Rn. 38), darauf hinzuweisen, dass die Anwendung der gesetzlichen Anforderungen bezüglich der Beweislast, die in einem Verfallsverfahren zum Nachweis der ernsthaften Benutzung der angegriffenen Marke der Markeninhaber trägt, nicht dazu führen darf, dass diesem eine unangemessene Beweislast auferlegt wird.
81 Die Auferlegung einer unangemessenen oder übermäßigen Beweislast kann nämlich zu einer Verletzung des Rechts auf eine gute Verwaltung führen, das zu den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts gehört und auch in Art. 41 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert ist (vgl. entsprechend Urteile vom 19. Oktober 2022, Darstellung eines Schachbrettmusters II, T‑275/21, nicht veröffentlicht, EU:T:2022:654 , Rn. 31, und vom 6. März 2024, Lidl Stiftung/EUIPO – MHCS [Schattierung der Farbe Orange], T‑652/22, nicht veröffentlicht, EU:T:2024:152, Rn. 87, sowie Beschluss vom 1. Juli 2025, Santos/EUIPO [Form einer Zitruspresse], T‑668/24, nicht veröffentlicht, EU:T:2025:668, Rn. 31).
82 Nach alledem ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer erstens, wie sich aus obigen Rn. 58 bis 60 ergibt, die angefochtene Entscheidung mehrfach widersprüchlich begründet hat, zweitens, wie sich aus obigen Rn. 67 bis 75 ergibt, mehrere Beurteilungs- und Rechtsfehler bei der Prüfung der Beweise für den Umfang der Benutzung der angegriffenen Marke begangen hat und drittens der Klägerin daher unter Verstoß gegen Art. 18 Abs. 1 und Art. 58 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung 2017/1001 eine übermäßige Anforderung an die Beweisqualität und damit eine unangemessene Beweislast auferlegt hat, so dass dem einzigen Klagegrund der Klägerin stattzugeben und die angefochtene Entscheidung aufzuheben ist.
Kosten
83 Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.
84 Da die angefochtene Entscheidung aufgehoben wird, hat das EUIPO gemäß dem Antrag der Klägerin seine eigenen Kosten sowie die Kosten der Klägerin zu tragen.
Aus diesen Gründen hat
DAS GERICHT (Dritte Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des Amtes der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) vom 22. August 2024 (Sache R 215/2024 ‑4) wird aufgehoben.
2. Das EUIPO trägt neben seinen eigenen Kosten die Kosten der Gürok Turizm ve Madencilik AŞ.
Škvařilová-Pelzl
Nõmm
Kukovec
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 19. November 2025.
Unterschriften