Vorläufige Fassung
URTEIL DES GERICHTS (Zehnte erweiterte Kammer)
4. Dezember 2024(* )
„ Subventionen – Ausweitung des eingeführten endgültigen Ausgleichszolls auf die Einfuhren bestimmter gewebter oder genähter Erzeugnisse aus Glasfasern mit Ursprung in China auf aus Marokko versandte Einfuhren dieser Erzeugnisse – Antiumgehungsuntersuchung – Umgehung – Europa-Mittelmeer-Assoziierungsabkommen EG-Marokko – Art. 33 Buchst. a der Verordnung (EU) 2016/1037 – Befugnismissbrauch – Voraussetzungen für die Feststellung einer Umgehung – Art. 23 Abs. 3 der Verordnung 2016/1037 – Änderung, die sich aus einer Praxis, einem Fertigungsprozess oder einer Arbeit ergibt, für die es außer der Einführung des Zolls keine hinreichende Begründung oder wirtschaftliche Rechtfertigung gab – Montagevorgang – Fertigstellung – Begriff ‚Wertzuwachs‘ – Eingeführte gleichartige Ware oder Teile dieser Ware, der bzw. denen die Subvention weiterhin zugute kommt – Rechtsfehler – Offensichtlicher Beurteilungsfehler – Grundsatz der Nichtdiskriminierung – Gleichbehandlung – Grundsatz der guten Verwaltung – Art. 28 Abs. 1 und 3 der Verordnung 2016/1037 – Verwendung verfügbarer Informationen “
In der Rechtssache T‑246/22,
PGTEX Morocco mit Sitz in Tanger (Marokko), vertreten durch Rechtsanwältin P. Vander Schueren, Rechtsanwalt E. Gergondet und Rechtsanwältin A. Nosowicz,
Klägerin,
unterstützt durch
LM Wind Power A/S mit Sitz in Kolding (Dänemark), vertreten durch Rechtsanwälte B. Servais und V. Crochet,
Streithelferin,
gegen
Europäische Kommission, vertreten durch G. Luengo und J. Zieliński als Bevollmächtigte,
Beklagte,
unterstützt durch
Tech-Fab Europe e. V. mit Sitz in Frankfurt am Main (Deutschland), vertreten durch Rechtsanwälte L. Ruessmann und J. Beck,
Streithelfer,
erlässt
DAS GERICHT (Zehnte erweiterte Kammer)
unter Mitwirkung der Präsidentin O. Porchia (Berichterstatterin) sowie der Richter M. Jaeger, L. Madise, P. Nihoul und S. Verschuur,
Kanzler: I. Kurme, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
auf die mündliche Verhandlung vom 16. Januar 2024
folgendes
Urteil
1 Mit ihrer Klage nach Art. 263 AEUV begehrt die Klägerin, PGTEX Morocco, die Nichtigerklärung der Durchführungsverordnung (EU) 2022/301 der Kommission vom 24. Februar 2022 zur Ausweitung des mit der Durchführungsverordnung (EU) 2020/776 eingeführten endgültigen Ausgleichszolls auf die Einfuhren bestimmter gewebter und/oder genähter Erzeugnisse aus Glasfasern (glass fibre fabrics, im Folgenden „GFF“) mit Ursprung in der Volksrepublik China (im Folgenden „VR China“) auf aus Marokko versandte Einfuhren von GFF, ob als Ursprungserzeugnis Marokkos angemeldet oder nicht, und zur Einstellung der Untersuchung betreffend die mutmaßliche Umgehung der mit der Durchführungsverordnung (EU) 2020/776 eingeführten Ausgleichsmaßnahmen gegenüber den Einfuhren von GFF mit Ursprung in Ägypten durch aus Marokko versandte Einfuhren von GFF, ob als Ursprungserzeugnisse Marokkos angemeldet oder nicht (ABl. 2022, L 46, S. 31, im Folgenden: angefochtene Durchführungsverordnung).
I. Vorgeschichte des Rechtsstreits
2 Die Klägerin, eine Gesellschaft marokkanischen Rechts mit Sitz in einer Freihandelszone in Tanger (Marokko), die zur chinesischen Unternehmensgruppe PGTEX gehört, ist eine Herstellerin und Exporteurin bestimmter gewebter und/oder genähter Erzeugnisse aus Glasfasern (glass fibre fabrics, im Folgenden: GFF), die sie u. a. in die Europäische Union ausführt.
3 Bei GFF handelt es sich um Erzeugnisse aus durch Weben und/oder durch Nähen zusammengefügten Endlosfilamenten oder Garnen aus Glasfasern (im Folgenden: Glasfaserrovings), auch mit weiteren Elementen – ausgenommen Erzeugnisse, die imprägniert oder vorimprägniert (Prepreg) sind, und ausgenommen offenmaschige Gewebe mit einer Maschenweite von mehr als 1,8 × 1,8 Millimeter (mm) und einem Gewicht von mehr als 35 Gramm pro Quadratmeter (g/m²). Diese Erzeugnisse werden in einer Vielzahl von Anwendungen eingesetzt, u. a. bei der Herstellung von Rotorblättern für Windkraftanlagen, Sportgeräten und Ausrüstungen für Boote und LKWs sowie in Kanalsanierungssystemen.
4 Am 16. Mai 2019 leitete die Europäische Kommission auf der Grundlage von Art. 10 der Verordnung (EU) 2016/1037 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2016 über den Schutz gegen subventionierte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Union gehörenden Ländern (ABl. 2016, L 176, S. 55, im Folgenden: Antisubventions-Grundverordnung) eine Antisubventionsuntersuchung betreffend die Einfuhren von GFF mit Ursprung in China und Ägypten in die Union ein (im Folgenden: Antisubventionsuntersuchung).
5 Die Antisubventionsuntersuchung führte zur Durchführungsverordnung (EU) 2020/776 der Kommission vom 12. Juni 2020 zur Einführung endgültiger Ausgleichszölle auf GFF mit Ursprung in der VR China und Ägypten und zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) 2020/492 der Kommission zur Einführung endgültiger Antidumpingzölle betreffend die Einfuhren bestimmter GFF mit Ursprung in der VR China und Ägypten (ABl. 2020, L 189, S. 1). Mit dieser Durchführungsverordnung führte die Kommission einen residualen Ausgleichszoll in Höhe von 30,7 % auf die Einfuhren von GFF aus China ein.
6 Am 19. Mai 2021 erhielt die Kommission einen Antrag gemäß Art. 23 Abs. 4 und Art. 24 Abs. 5 der Antisubventions-Grundverordnung auf Untersuchung der mutmaßlichen Umgehung der gegenüber den Einfuhren von GFF mit Ursprung in China und Ägypten eingeführten Ausgleichsmaßnahmen und auf zollamtliche Erfassung dieser Einfuhren.
7 Der fragliche Antrag wurde vom Streithelfer zur Unterstützung der Kommission, Tech-Fab Europe e. V., einem Verband von GFF‑Herstellern in der Union, eingereicht.
8 Da die Kommission nach Unterrichtung der Mitgliedstaaten zu dem Schluss gelangt war, dass genügend Beweise vorlägen, um die Einleitung einer Untersuchung (im Folgenden: Antiumgehungsuntersuchung) gemäß Art. 23 der Antisubventions-Grundverordnung zu rechtfertigen, erließ sie die Durchführungsverordnung (EU) 2021/863 vom 28. Mai 2021 zur Einleitung einer Untersuchung betreffend die mutmaßliche Umgehung der mit der Durchführungsverordnung 2020/776 eingeführten Ausgleichsmaßnahmen gegenüber den Einfuhren bestimmter GFF mit Ursprung in der VR China und Ägypten durch aus Marokko versandte Einfuhren bestimmter GFF, ob als Ursprungserzeugnisse Marokkos angemeldet oder nicht, und zur zollamtlichen Erfassung dieser Einfuhren (ABl. 2021, L 190, S. 76).
9 Der von der Antiumgehungsuntersuchung erfasste Zeitraum erstreckte sich vom 1. Januar 2019 bis zum 31. Dezember 2020 (im Folgenden: Untersuchungszeitraum). Vor 2019 gab es keine nennenswerten Ausfuhrmengen an GFF aus Marokko in die Union. Für den genannten Zeitraum wurden Daten erhoben, um u. a. die behauptete Veränderung des Handelsgefüges infolge der Einführung der Ausgleichsmaßnahmen gegenüber der betroffenen Ware sowie das Vorliegen einer Praxis, eines Fertigungsprozesses oder einer Arbeit zu untersuchen, für die es außer der Einführung des Zolls keine hinreichende Begründung oder wirtschaftliche Rechtfertigung gab. Für den Zeitraum vom 1. Januar 2020 bis zum 31. Dezember 2020 (im Folgenden: Betrachtungszeitraum) wurden detailliertere Daten erhoben, um zu prüfen, ob die Einfuhren die Abhilfewirkung der geltenden Maßnahmen im Hinblick auf die Preise oder Mengen untergruben und ob Subventionierungspraktiken vorlagen.
10 Im Laufe der Antiumgehungsuntersuchung übermittelte die PGTEX-Gruppe, bestehend aus der Klägerin und ihren verbundenen Unternehmen in China, nämlich der PGTEX China Co. Ltd (im Folgenden: PGTEX China) und der Chongqing Polycomp International Corporation (im Folgenden: CPIC), das ausgefüllte Formular für Unternehmen, die eine Befreiung beantragen (im Folgenden: Formular für den Antrag auf Befreiung). PGTEX China füllte auch das Formular für ausführende Hersteller aus. Am 8. September 2021 antwortete die Gruppe auf die von der Kommission am 13. August 2021 versandte Anforderung noch fehlender Informationen (im Folgenden: Antwort auf die Anforderung noch fehlender Informationen).
11 Mit Schreiben vom 5. Oktober 2021 teilte die Kommission der Klägerin mit, dass sie beabsichtige, sich gemäß Art. 28 der Antisubventions-Grundverordnung auf verfügbare Informationen zu stützen. Am 12. Oktober 2021 antwortete die Klägerin auf dieses Schreiben (im Folgenden: Antwort auf das Schreiben zu Art. 28).
12 Am 15. Oktober 2021 übermittelte die Klägerin weitere Informationen, um nachzuweisen, dass die in Marokko durchgeführte Verarbeitung nicht als Montagevorgang eingestuft werden konnte und als solche wirtschaftlich gerechtfertigt war (im Folgenden: zusätzliche Dokumentation).
13 Am 20. Dezember 2021 legte die Kommission ihr Dokument mit Hintergrundinformationen vor, in dem sie die Ausweitung der für Einfuhren von GFF mit Ursprung in China und Ägypten geltenden Ausgleichsmaßnahmen auf aus Marokko versandte Einfuhren von GFF empfahl und den Antrag der Klägerin auf Befreiung von diesen Zöllen ablehnte. Am 7. Januar 2022 legte die Klägerin ihre Stellungnahme zum Dokument mit Hintergrundinformationen vor (im Folgenden: Stellungnahme zum Dokument mit Hintergrundinformationen).
14 Parallel dazu beantragte die Klägerin am 29. Dezember 2021 die Hinzuziehung des Anhörungsbeauftragten, da sie der Ansicht war, dass im Dokument mit Hintergrundinformationen durch die Anwendung der verfügbaren Informationen ihr gegenüber nicht auf die in der Antwort auf das Schreiben zu Art. 28 enthaltene Stellungnahme eingegangen worden sei. Am 10. Januar 2022 fand eine Anhörung mit der Kommission und am darauffolgenden 12. Januar mit dem Anhörungsbeauftragten statt. Dieser legte seinen Bericht am 25. Januar 2022 vor.
15 Am 24. Februar 2022 erließ die Kommission die angefochtene Durchführungsverordnung.
II. Anträge der Verfahrensbeteiligten
16 Die Klägerin beantragt,
– die angefochtene Durchführungsverordnung für nichtig zu erklären, soweit sie sie betrifft;
– der Kommission die Kosten aufzuerlegen.
17 Die Streithelferin zur Unterstützung der Klägerin, die LM Wind Power A/S, beantragt,
– der Nichtigkeitsklage stattzugeben;
– der Kommission die auf die Streithilfe entfallenden Kosten aufzuerlegen.
18 Die Kommission beantragt,
– die Klage als unbegründet abzuweisen;
– der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.
19 Der Streithelfer zur Unterstützung der Kommission beantragt,
– die Klage abzuweisen;
– der Klägerin die auf die Streithilfe entfallenden Kosten aufzuerlegen.
III. Rechtliche Würdigung
20 Die Klägerin stützt die vorliegende Klage auf fünf Klagegründe, mit denen Folgendes geltend gemacht wird:
– Erstens Verstoß gegen das Europa-Mittelmeer-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Königreich Marokko andererseits (ABl. 2000, L 70, S. 2) in der geänderten Fassung (im Folgenden: Assoziierungsabkommen), Verstoß gegen Art. 33 Buchst. a der Antisubventions-Grundverordnung und Befugnismissbrauch, weil mit der angefochtenen Durchführungsverordnung Ausgleichszölle auf von ihr in die Union ausgeführte GFF verhängt würden, ohne deren präferenziellen marokkanischen Ursprung zu berücksichtigen;
– zweitens Verletzung der Begründungspflicht, der Verteidigungsrechte und des Rechts auf eine gute Verwaltung, offensichtliche Beurteilungsfehler sowie Verstoß gegen Art. 28 Abs. 1 und 3 der Antisubventions-Grundverordnung in Bezug auf die Verwendung der verfügbaren Informationen;
– drittens offensichtliche Beurteilungsfehler und Verstoß gegen Art. 23 Abs. 3 der Antisubventions-Grundverordnung, da die Kommission festgestellt habe, dass es außer der Einführung von Ausgleichszöllen keine hinreichende Begründung oder wirtschaftliche Rechtfertigung für die Errichtung ihrer Produktionsstätte in Marokko gebe, sowie Verletzung des Rechts auf eine gute Verwaltung, da die Kommission nicht sorgfältig und unparteiisch alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls untersucht habe;
– viertens offensichtliche Beurteilungsfehler und Verstoß gegen Art. 23 Abs. 3 der Antisubventions-Grundverordnung, Verstoß gegen die Grundsätze der Nichtdiskriminierung und der Gleichbehandlung sowie Verletzung des Rechts auf eine gute Verwaltung, da die Kommission zu dem Schluss gekommen sei, dass der in Marokko erfolgende Herstellungsprozess einen Montagevorgang darstelle;
– fünftens offensichtliche Beurteilungsfehler und Verstoß gegen Art. 23 Abs. 3 der Antisubventions-Grundverordnung, da die Kommission festgestellt habe, dass die aus Marokko in die Union ausgeführten GFF weiterhin mit Subventionen unterstützt würden, die chinesischen GFF‑Herstellern gewährt worden seien.
21 Zunächst sind der erste, der dritte, der vierte und der fünfte Klagegrund und dann gegebenenfalls der zweite Klagegrund zu prüfen.
A. Zum ersten Klagegrund
22 Zur Stützung des vorliegenden Klagegrundes bringen die Klägerin und die Streithelferin zu ihrer Unterstützung im Wesentlichen drei Rügen vor.
23 Mit der ersten Rüge trägt die Klägerin zunächst vor, dass die von ihr hergestellten GFF nach den anwendbaren Regeln des Assoziierungsabkommens als „Ursprungswaren“ Marokkos angesehen würden. Der präferenzielle Ursprung dieser GFF werde durch den von den marokkanischen Behörden gemäß den Art. 16 und 17 des Protokolls Nr. 4 des Assoziierungsabkommens ausgestellten Nachweis der Ursprungseigenschaft bestätigt, d. h. die Bescheinigungen EUR.1, deren Gültigkeit von der marokkanischen Zollverwaltung bestätigt worden sei. Im Übrigen werde dieser präferenzielle Ursprung nicht bestritten.
24 Daher habe die angefochtene Durchführungsverordnung durch die Erhebung von Ausgleichszöllen auf die Einfuhren von GFF der Klägerin mit präferenziellem Ursprung in Marokko nach Abschluss der Antiumgehungsuntersuchung und nicht der Antisubventionsuntersuchung gegen Art. 9 des Assoziierungsabkommens verstoßen, der die Erhebung von Zöllen und Abgaben gleicher Wirkung sowie folglich auch von Ausgleichszöllen auf solche Waren verbiete. Es gebe keine Ausnahmen von diesem Verbot, auf die sich die Kommission als „affirmatives Verteidigungsmittel“ berufen könne.
25 Mit der Ratifizierung des Assoziierungsabkommens habe sich die Union, so die Klägerin, verpflichtet, unabhängig von ihren eigenen Rechtsinstrumenten keine Ausgleichszölle auf Einfuhren „mit Ursprung in“ Marokko einzuführen. Jedenfalls gebiete es der Vorrang der von der Union geschlossenen völkerrechtlichen Verträge vor den Bestimmungen des abgeleiteten Unionsrechts, diese nach Möglichkeit in Übereinstimmung mit diesen Verträgen auszulegen (Urteil vom 10. September 1996, Kommission/Deutschland, C‑61/94, EU:C:1996:313, Rn. 52). Die Kommission könne die bloße Tatsache, dass es abgeleitetes Unionsrecht gebe, nicht als Rechtfertigung dafür auslegen, dass sie ermächtigt sei, die im Rahmen des Assoziierungsabkommens eingegangenen Verpflichtungen außer Acht zu lassen.
26 Mit der zweiten Rüge macht die Klägerin geltend, die angefochtene Durchführungsverordnung verstoße gegen Art. 33 Buchst. a der Antisubventions-Grundverordnung, da sie Ausgleichszölle auf Einfuhren „mit Ursprung in“ Marokko einführe und damit die Anwendung der im Assoziierungsabkommen vorgesehenen besonderen Regeln ausschließe.
27 Mit der dritten Rüge führt die Klägerin an, dass die angefochtene Durchführungsverordnung insoweit einen Missbrauch von Befugnissen darstelle, als sie allein darauf abziele, das in den Art. 36 ff. des Assoziierungsabkommens speziell vorgesehene Verfahren für staatliche Beihilfen zu umgehen. In der Durchführungsverordnung heiße es, dass sie in den Genuss der Weitergabe von Subventionen gekommen sei, die sie von ihren angeschlossenen Rohstofflieferanten erhalten habe. Bei der Feststellung der Gewährung staatlicher Beihilfen oder Subventionen zu ihren Gunsten hätte sich die Kommission aber auf Art. 36 des Assoziierungsabkommens berufen müssen. Folglich habe die Kommission einen Befugnismissbrauch begangen, als sie dieses Verfahren vermieden und stattdessen einseitig die angefochtene Durchführungsverordnung über die Auferlegung von Abhilfemaßnahmen mit der Begründung erlassen habe, dass sie „staatliche Beihilfen“ erhalten habe.
28 Schließlich fügt die Klägerin in diesem Zusammenhang hinzu, dass das von der Kommission mit dem Erlass der angefochtenen Durchführungsverordnung verfolgte Ziel zwar darin bestehe, die Wirksamkeit der gegenüber den Einfuhren von GFF mit Ursprung in China verhängten Maßnahmen zu gewährleisten, diese Durchführungsverordnung aber Zölle und Abgaben gleicher Wirkung auf die Einfuhren von GFF mit Ursprung in Marokko erhebe und damit gegen Art. 9 des Assoziierungsabkommens und Art. 33 der Antisubventions-Grundverordnung verstoße.
29 Die Kommission und der Streithelfer zu ihrer Unterstützung treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.
1. Vorbemerkungen
a) Zum Assoziierungsabkommen
30 Das Europa-Mittelmeer-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Königreich Marokko andererseits ist am 26. Februar 1996 in Brüssel geschlossen und im Namen der Europäischen Gemeinschaften mit dem Beschluss 2000/204/EG, EGKS des Rates und der Kommission vom 24. Januar 2000 über den Abschluss des Europa-Mittelmeer-Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Königreich Marokko andererseits (ABl. 2000, L 70, S. 1) genehmigt worden. Im Einklang mit seinem Art. 96 ist dieses Abkommen am 1. März 2000 in Kraft getreten, wie aus der im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlichten Unterrichtung hervorgeht (ABl. 2000, L 70, S. 228).
31 Gemäß seinem Art. 1 Abs. 1 wird mit dem Assoziierungsabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (im Assoziierungsabkommen mit Marokko zusammen als „Gemeinschaft“ bezeichnet) sowie ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Königreich Marokko andererseits eine Assoziation gegründet.
32 Nach seinem Art. 1 Abs. 2 zweiter Gedankenstrich ist es u. a. Ziel des Assoziierungsabkommens, „die Bedingungen für eine schrittweise Liberalisierung des Waren‑, des Dienstleistungs‑ und des Kapitalverkehrs“ festzulegen.
33 So bestimmt Art. 6 des Assoziierungsabkommens, der sich unter Titel II dieses Abkommens über den freien Warenverkehr befindet: „In einer Übergangszeit von höchstens 12 Jahren ab Inkrafttreten dieses Abkommens errichten die Gemeinschaft und Marokko gemäß den nachstehenden Modalitäten und im Einklang mit den Bestimmungen des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens von 1994 und der übrigen multilateralen Übereinkünfte über den Warenverkehr, die dem Übereinkommen zur Errichtung der WTO beigefügt sind …, schrittweise eine Freihandelszone.“
34 Zu diesem Zweck sieht Art. 9 des Assoziierungsabkommens, der gemäß der Überschrift von Titel II Kapitel I dieses Abkommens, in dem er enthalten ist, auf gewerbliche Waren Anwendung findet, vor: „Die Ursprungswaren Marokkos können frei von Zöllen und Abgaben gleicher Wirkung und ohne mengenmäßige Beschränkungen und Maßnahmen gleicher Wirkung in die Gemeinschaft eingeführt werden.“
35 Wie in Art. 29 des Assoziierungsabkommens klargestellt wird, sind die Bestimmung des Begriffs „Erzeugnisse mit Ursprung in“ oder „Ursprungserzeugnisse“ und die Methoden der Zusammenarbeit der Verwaltungen in diesem Bereich in Protokoll Nr. 4 des Abkommens festgelegt.
36 Außerdem sieht Art. 36 Abs. 1 in Titel IV Kapitel II („Wettbewerb und sonstige wirtschaftliche Bestimmungen“) des Assoziierungsabkommens vor: „Soweit sie geeignet sind, den Handel zwischen der Gemeinschaft und Marokko zu beeinträchtigen, sind mit dem ordnungsgemäßen Funktionieren dieses Abkommens unvereinbar … staatliche Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, vorbehaltlich der Ausnahmen gemäß dem Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl.“
b) Zur Regelung der Union zur Umgehung von Antisubventionsmaßnahmen
37 Die in Art. 23 der Antisubventions-Grundverordnung vorgesehene Regelung der Union zur Umgehung von Antisubventionsmaßnahmen gestattet es den Organen, Antisubventionszölle, die sie auf die Einfuhren einer Ware aus einem Drittland eingeführt haben, unter bestimmten Voraussetzungen auf die Einfuhren der gleichartigen Ware u. a. aus einem anderen Land auszuweiten, um eine Umgehung der Antisubventionsmaßnahmen zu verhindern.
38 Im Einzelnen hat Art. 23 („Umgehung“) der Antisubventions-Grundverordnung folgenden Wortlaut:
„(1) Die gemäß dieser Verordnung eingeführten Ausgleichszölle können ausgeweitet werden auf die Einfuhren der gleichartigen Ware aus Drittländern, geringfügig verändert oder nicht, auf die Einfuhren der geringfügig veränderten gleichartigen Ware aus dem von Maßnahmen betroffenen Land, oder auf die Einfuhren von Teilen dieser Ware, wenn eine Umgehung der geltenden Maßnahmen stattfindet.
(2) Ausgleichszölle, die den gemäß Artikel 15 Absatz 2 eingeführten residualen Ausgleichszoll nicht übersteigen, können auf die Einfuhren von Unternehmen in den von Maßnahmen betroffenen Ländern, für die ein unternehmensspezifischer Zoll gilt, ausgeweitet werden, wenn eine Umgehung der geltenden Maßnahmen stattfindet.
(3) Die Umgehung wird als eine Veränderung des Handelsgefüges zwischen Drittländern und der Union oder zwischen einzelnen Unternehmen in dem von Maßnahmen betroffenen Land und der Union definiert, die sich aus einer Praxis, einem Fertigungsprozess oder einer Arbeit ergibt, für die es außer der Einführung des Zolls keine hinreichende Begründung oder wirtschaftliche Rechtfertigung gibt, und wenn Beweise für eine Schädigung oder dafür vorliegen, dass die Abhilfewirkung des Ausgleichszolls im Hinblick auf die Preise und/oder Mengen der gleichartigen Ware untergraben wird, und die Subvention der eingeführten gleichartigen Ware und/oder Teilen dieser Ware weiterhin zugute kommt.
Als Praxis, Fertigungsprozess oder Arbeit im Sinne des Unterabsatzes 1 gelten unter anderem:
a) geringfügige Veränderungen der betroffenen Ware, damit sie unter Zollcodes fällt, für die die Maßnahmen normalerweise nicht gelten, sofern die Veränderungen ihre wesentlichen Eigenschaften nicht berühren,
b) der Versand der von Maßnahmen betroffenen Ware über Drittländer,
c) die Neuorganisation der Vertriebsmuster und ‑kanäle in dem von Maßnahmen betroffenen Land durch die Ausführer, so dass sie ihre Waren letztlich über Hersteller in die Union ausführen können, für die ein niedrigerer unternehmensspezifischer Zoll gilt als für die Waren der Ausführer.“
39 Wie aus dem 18. Erwägungsgrund der Antisubventions-Grundverordnung hervorgeht, ist diese Bestimmung mit der Begründung erlassen worden, dass, „[o]bwohl das Subventionsübereinkommen keine Bestimmungen über die Umgehung von Ausgleichsmaßnahmen [enthielt], … eine solche Umgehung in ähnliche[m] – wenn auch nicht in gleichem – Maße wie bei Antidumpingmaßnahmen möglich [war]“. In der gegenwärtigen wirtschaftlichen Realität, die durch eine zunehmende Globalisierung des internationalen Handels gekennzeichnet ist, wodurch Unternehmen zunehmend die Möglichkeit geboten wird, die Produktion von Gütern in verschiedene Länder zu verlagern, ist es für die Union nämlich immer wichtiger, über handelspolitische Schutzinstrumente zu verfügen, die geeignet sind, den Herausforderungen, die sich aufgrund dieses wirtschaftlichen Umfelds stellen, durch die Gewährleistung eines effizienten Schutzes des Wirtschaftszweigs der Union vor Einfuhren subventionierter Waren wirksam zu begegnen. Unter diesen Instrumenten spielen die Regeln zur Verhinderung der Umgehung von Maßnahmen eine Rolle bei der Gewährleistung der Effizienz der von der Union eingeführten Ausgleichsmaßnahmen (vgl. in diesem Sinne entsprechend Schlussanträge des Generalanwalts Pitruzzella in der Rechtssache Kommission/Kolachi Raj Industrial, C‑709/17 P, EU:C:2019:303, Nrn. 1 und 73).
2. Zur Begründetheit des ersten Klagegrundes: Verstoß gegen das Assoziierungsabkommen, Verstoß gegen Art. 33 Buchst. a der Antisubventions-Grundverordnung und Befugnismissbrauch, weil mit der angefochtenen Durchführungsverordnung Ausgleichszölle auf von der Klägerin in die Union ausgeführte GFF eingeführt werden, ohne deren präferenziellen marokkanischen Ursprung zu berücksichtigen
40 Im vorliegenden Fall ist zur Beantwortung des vorliegenden Klagegrundes im Wesentlichen festzustellen, ob die Kommission auf die in Art. 23 der Antisubventions-Grundverordnung vorgesehenen Regeln zur Verhinderung der Umgehung von Maßnahmen zurückgreifen konnte, um Ausgleichszölle, die sie auf die Einfuhren einer Ware aus einem Drittland (nämlich im vorliegenden Fall China) eingeführt hatte, auf die Einfuhren der gleichartigen Ware u. a. aus einem anderen Land (nämlich im vorliegenden Fall Marokko) auszuweiten, ohne die Tatsache zu berücksichtigen, dass die Union mit dem Königreich Marokko ein Assoziierungsabkommen unterzeichnet hatte.
41 Als Erstes ist zu bemerken, dass Art. 23 der Antisubventions-Grundverordnung es den Organen, wie oben in Rn. 37 hervorgehoben worden ist, gestattet, Ausgleichszölle, die sie auf die Einfuhren einer Ware aus einem Drittland eingeführt haben, unter bestimmten Voraussetzungen auf die Einfuhren der gleichartigen Ware u. a. aus einem anderen Land auszuweiten, um eine Umgehung der Antisubventionsmaßnahmen zu verhindern.
42 Darüber hinaus bezweckt eine Verordnung zur Ausweitung eines Ausgleichszolls nach der Rechtsprechung allein, dessen Wirksamkeit zu gewährleisten und seine Umgehung zu verhindern. Infolgedessen hat eine Maßnahme zur Ausweitung eines endgültigen Ausgleichszolls gegenüber dem ursprünglichen Rechtsakt, mit dem der Zoll eingeführt wurde, nur akzessorischen Charakter zur Flankierung der wirksamen Durchführung der endgültigen Maßnahmen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. September 2019, Kommission/Kolachi Raj Industrial, C‑709/17 P, EU:C:2019:717, Rn. 96 und die dort angeführte Rechtsprechung).
43 Als Zweites ist hervorzuheben, dass das Assoziierungsabkommen, wie aus einer Auslegung der oben in den Rn. 31 bis 34 genannten Bestimmungen hervorgeht, auf die schrittweise Errichtung einer Freihandelszone zwischen der Union und Marokko abzielt. Dieses Abkommen ist nämlich geschlossen worden, um den freien Warenverkehr zwischen der Union und Marokko insbesondere durch die Beseitigung von Zöllen und Abgaben gleicher Wirkung zu fördern.
44 Daher sind das Assoziierungsabkommen und Art. 23 der Antisubventions-Grundverordnung zwei handelspolitische Instrumente der Union, die unterschiedlichen Zwecken und Logiken folgen. Denn während es sich beim ersten um ein Kooperationsinstrument zur Förderung des freien Verkehrs von Waren aus Marokko in der Union handelt, ist das zweite ein handelspolitisches Schutzinstrument zur Ahndung unlauterer Handelspraktiken, die die Wirksamkeit der bereits geltenden Antisubventionsmaßnahmen gegenüber Drittländern beeinträchtigen könnten.
45 Im vorliegenden Fall hat die Kommission die Ansicht vertreten, die PGTEX-Gruppe habe in Marokko eine Praxis zur Umgehung des gemäß der Durchführungsverordnung 2020/776 durch die angefochtene Durchführungsverordnung auf die Einfuhren von GFF aus China eingeführten Ausgleichszolls umgesetzt, und diesen Ausgleichszoll auf aus Marokko versandte GFF ausgeweitet. Im Übrigen lässt sich der so ausgeweitete Zoll, der nur die Wirksamkeit des gegen die Volksrepublik China verhängten Ausgleichszolls gewährleisten soll, nicht von Letzterem trennen und ergänzt ihn (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil vom 8. November 2005, Jersey Produce Marketing Organisation, C‑293/02, EU:C:2005:664, Rn. 70).
46 Daher zielt die Kommission mit der angefochtenen Durchführungsverordnung auf die chinesischen Unternehmen der PGTEX-Gruppe ab und will diese, da das Königreich Marokko mit der Union das Assoziierungsabkommen geschlossen hat, daran hindern, sich auf das Hoheitsgebiet Marokkos zu berufen, um sich dem auf die chinesischen Einfuhren von GFF eingeführten Ausgleichszoll zu entziehen.
47 In diesem Sinne ist zu beachten, dass das Assoziierungsabkommen keine Bestimmungen enthält, die es einer der Vertragsparteien des Abkommens verbieten, Antiumgehungsmaßnahmen zu ergreifen. Angesichts von Verhaltensweisen wie den oben in Rn. 46 beschriebenen hindert das Abkommen die Union somit nicht daran, zu prüfen, ob alle Voraussetzungen für die Anwendung von Art. 23 der Antisubventions-Grundverordnung erfüllt sind, und – sofern festgestellt wird, dass diesen Voraussetzungen tatsächlich Genüge getan wird – anschließend auf Antiumgehungsmaßnahmen zurückzugreifen, um den besagten Verhaltensweisen entgegenzuwirken.
48 Eine andere Auslegung wäre geeignet, der Union ein handelspolitisches Schutzinstrument vorzuenthalten, das für die Gewährleistung eines effizienten Schutzes des Wirtschaftszweigs der Union von entscheidender Bedeutung ist, und Marokko in eine „Freizone“ zu verwandeln, in der kommerzielle Anbieter alle Arten von Operationen zur Umgehung von Antisubventionsmaßnahmen durchführen könnten, was im vorliegenden Fall den gegenseitigen Verpflichtungen zuwiderliefe, die das Königreich Marokko und die Union im Rahmen des Assoziierungsabkommens eingegangen sind.
49 Unter Berücksichtigung des Vorstehenden ist daher festzustellen, dass die Kommission auf die in Art. 23 der Antisubventions-Grundverordnung vorgesehenen Regeln zur Verhinderung der Umgehung von Maßnahmen zurückgreifen konnte, weshalb der erste Klagegrund zurückzuweisen ist.
B. Zum dritten bis fünften Klagegrund
50 Die vorliegenden Klagegründe beziehen sich auf die Prüfung der Voraussetzungen für die Anwendung von Art. 23 der Antisubventions-Grundverordnung auf den vorliegenden Fall.
51 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission, wie aus dem 32. Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung hervorgeht, nach Art. 23 Abs. 3 der Antisubventions-Grundverordnung prüfte, ob im vorliegenden Fall ein Umgehungstatbestand vorliegt, indem sie nacheinander untersuchte,
– ob sich das Handelsgefüge zwischen den Drittländern (nämlich China, Ägypten und Marokko) und der Union verändert hatte (erste Voraussetzung),
– ob sich diese Veränderung aus einer Praxis, einem Fertigungsprozess oder einer Arbeit ergab, für die es außer der Einführung des Zolls keine hinreichende Begründung oder wirtschaftliche Rechtfertigung gab (zweite Voraussetzung),
– ob Beweise für eine Schädigung oder dafür vorlagen, dass die Abhilfewirkung des Zolls im Hinblick auf die Preise oder Mengen der gleichartigen Ware unterlaufen wurde (dritte Voraussetzung), und ob die Subvention der eingeführten gleichartigen Ware oder Teilen dieser Ware weiterhin zugute kam (vierte Voraussetzung).
52 Im vorliegenden Fall stellte die Kommission im 33. Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung fest, dass „[i]n Artikel 23 Absatz 3 Unterabsatz 2 der [Antisubventions‑]Grundverordnung … Montagevorgänge nicht ausdrücklich als Praxis, Fertigungsprozess oder Arbeit aufgeführt [werden], die/der eine Umgehung darstellt“, dass aber „in [diesem Unterabsatz] ausdrücklich der [Ausdruck] ‚unter anderem‘ verwendet [wird], der bedeutet, dass eine nicht erschöpfende Liste möglicher Umgehungspraktiken genannt wird“, und dass er „[d]aher … auch für Umgehungspraktiken [gilt], die in dem betreffenden Artikel nicht ausdrücklich aufgeführt sind, zum Beispiel Montagevorgänge“. „Da die … im Antrag [auf Untersuchung] vorgelegten Beweise Anhaltspunkte für Montagevorgänge in Marokko enthielten, prüfte die Kommission [im Rahmen der zweiten in Rede stehenden Voraussetzung] entsprechend …, ob die Kriterien des Artikels 13 Absatz 2 der [Verordnung (EU) 2016/1036] erfüllt waren und untersuchte insbesondere, … ob der Montagevorgang seit oder kurz vor der Einleitung der Antisubventionsuntersuchung begonnen oder erheblich ausgeweitet wurde[, ob] die verwendeten Teile ihren Ursprung in dem von Maßnahmen betroffenen Land hatten[, ob] der Wert dieser Teile 60 % oder mehr des Gesamtwerts der Teile der montierten Ware ausmachte und ob der Wert, der während der Montage oder Fertigstellung den verwendeten eingeführten Teilen hinzugefügt wurde, mehr als 25 % der Herstellkosten betrug.“
53 Im vorliegenden Fall beanstandet die Klägerin weder die Prüfung der ersten noch der dritten oben in Rn. 51 erwähnten Voraussetzung. Sie rügt hingegen die Prüfung der zweiten und der vierten in derselben Randnummer genannten Voraussetzung.
1. Vorbemerkungen
54 Nach der Rechtsprechung verfügen die Unionsorgane im Bereich der gemeinsamen Handelspolitik, besonders im Bereich handelspolitischer Schutzmaßnahmen, wegen der Komplexität der von ihnen zu prüfenden wirtschaftlichen, politischen und rechtlichen Sachverhalte über ein weites Ermessen. Die gerichtliche Kontrolle einer entsprechenden Beurteilung ist daher auf die Prüfung der Fragen zu beschränken, ob die Verfahrensvorschriften eingehalten wurden, ob der Sachverhalt, der der beanstandeten Entscheidung zugrunde gelegt wurde, zutreffend festgestellt ist und ob keine offensichtlich fehlerhafte Beurteilung dieses Sachverhalts und kein Befugnismissbrauch vorliegen (vgl. Urteil vom 26. Januar 2017, Maxcom/Chin Haur Indonesia, C‑247/15 P, C‑253/15 P und C‑259/15 P, EU:C:2017:61, Rn. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung).
2. Zur Begründetheit des dritten Klagegrundes: o ffensichtliche Beurteilungsfehler und Verstoß gegen Art. 23 Abs. 3 der Antisubventions-Grundverordnung, da die Kommission festgestellt habe, dass es außer der Einführung von Ausgleichszöllen keine hinreichende Begründung oder wirtschaftliche Rechtfertigung für die Errichtung der Produktionsstätte der Klägerin in Marokko gebe, sowie Verletzung des Rechts auf eine gute Verwaltung, da die Kommission nicht sorgfältig und unparteiisch alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls untersucht habe
55 Der vorliegende Klagegrund besteht im Wesentlichen aus zwei Teilen.
56 Im Rahmen des ersten Teils macht die Klägerin ebenso wie die Streithelferin zu ihrer Unterstützung zunächst geltend, dass die angefochtene Durchführungsverordnung auf offensichtlichen Beurteilungsfehlern beruhe und gegen Art. 23 Abs. 3 der Antisubventions-Grundverordnung verstoße, da die Kommission zu dem Schluss gelangt sei, dass es außer der Einführung von Ausgleichszöllen keine hinreichende Begründung oder wirtschaftliche Rechtfertigung für die Errichtung ihrer Produktionsstätte in Marokko gebe.
57 Erstens trägt die Klägerin vor, sie habe im Laufe der Antiumgehungsuntersuchung ausführlich erläutert und nachgewiesen, dass die Errichtung ihrer Produktionsstätte in Marokko wirtschaftlich motiviert und gerechtfertigt gewesen sei. Die Errichtung der Produktionsstätte sei u. a. das Ergebnis des seit langem bestehenden Expansionsplans der PGTEX-Gruppe, zu der sie gehöre. Dieser Plan sehe [vertraulich ](1 ) vor. Die Kommission habe sich einer rein zeitlichen Korrelation bedient, um klare und stichhaltige Beweise dafür zurückzuweisen, dass die Entscheidung, ihre Produktionsstätte in Marokko zu errichten, auf wirtschaftlichen und logistischen Aspekten beruht habe und nicht auf die Einleitung der Antidumping- und der Antisubventionsuntersuchung zurückzuführen gewesen sei. Zudem habe die Kommission auch die Beweise unberücksichtigt gelassen, die sie vorgelegt habe, um zu erläutern, dass die Errichtung ihrer Produktionsstätte in Marokko [vertraulich ] verzögert worden sei.
58 Zweitens macht die Klägerin geltend, dass ihre Produktionsstätte zwar im Oktober 2019 in Marokko errichtet worden sei, dem Errichtungsprozess aber mehrere Vorstufen vorausgegangen seien, was zeige, dass die Entscheidung über die Errichtung der Produktionsstätte lange vor Einleitung einer Untersuchung getroffen und mit dieser Errichtung nicht beabsichtigt oder bezweckt worden sei, die handelspolitischen Schutzmaßnahmen der Union zu umgehen. Insbesondere sei die Entscheidung, eine Produktionsstätte in Marokko zu errichten, [vertraulich ] getroffen worden.
59 Drittens habe die Kommission, so die Klägerin, einen Fehler begangen, als sie das Argument der Streithelferin zu ihrer Unterstützung zurückgewiesen habe, wonach ihre Produktionsstätte in Marokko errichtet worden sei, um [vertraulich ] zu bedienen. Die zusätzliche Dokumentation bestätige nämlich, dass bereits im Monat [vertraulich ] Gespräche über die Errichtung eines Werks in Marokko stattgefunden hätten – u. a. mit dem Ziel, einen wichtigen lokalen Kunden zu beliefern. Darüber hinaus habe sie im Laufe der Anhörung zum Dokument mit Hintergrundinformationen vom 10. Januar 2021 erläutert, dass sie mit ihrer Niederlassung in Marokko auf die steigende Nachfrage nach [vertraulich ] habe reagieren wollen, dass der Betrachtungszeitraum einer AnlaufPhase entspreche und dass diese Phase durch die COVID‑19‑Pandemie, die zu Verzögerungen bei den Qualifikations‑ und Werksprüfungsprozessen in Marokko geführt habe, beeinträchtigt worden sei.
60 Viertens sei die angefochtene Durchführungsverordnung fehlerhaft, wenn darin festgestellt werde, dass die mögliche Einführung von Antidumpingzöllen, wie der Jahresbericht für das Jahr 2019 von PGTEX China ausdrücklich bestätige, der Grund für die Errichtung ihrer Produktionsstätte in Marokko gewesen sei. In diesem Bericht, so die Klägerin, werde darauf hingewiesen, dass ihre Produktionsstätte nicht nur errichtet worden sei, um „infolge der von der Union gegen [die Volksrepublik] China geführten Antidumpinguntersuchung aktiv Maßnahmen zu ergreifen“, sondern auch, um „ihre Internationalisierungsstrategie zu optimieren und weiter anzupassen, den Marktanteil der Waren in Europa und den Vereinigten Staaten zu konsolidieren und zu erhöhen, die Kundennachfrage zu befriedigen sowie die Versorgung der Kunden zu schützen“. Der Bericht deute somit nicht auf eine „Umgehung“ hin, sondern auf „Maßnahmen“, die als Reaktion auf die Antidumpinguntersuchung ergriffen worden und durch eine „Internationalisierungsstrategie“, die „Kundennachfrage“ und den Willen gerechtfertigt gewesen seien, „die Versorgung der Kunden zu schützen“. Der fragliche Bericht habe daher darauf abgezielt, Investoren zu beruhigen und ihnen zu signalisieren, dass sie nicht von Antidumping- oder Ausgleichsmaßnahmen betroffen gewesen sei, da die PGTEX-Gruppe bereits geplant gehabt habe, den Unionsmarkt über ein Werk in Marokko zu bedienen.
61 In diesem Zusammenhang fügt die Streithelferin zur Unterstützung der Klägerin hinzu, dass die Einführung des Zolls, wie aus dem in Art. 23 der Antisubventions-Grundverordnung enthaltenen Satzteil „für die es außer der Einführung des Zolls keine hinreichende Begründung oder wirtschaftliche Rechtfertigung gibt“ hervorgehe, der Hauptgrund, wenn nicht der einzige Grund für die betreffende Praxis, den betreffenden Fertigungsprozess oder die betreffende Arbeit sein müsse. Es reiche nämlich nicht aus, wenn die Einführung des Zolls einer der Gründe für die Praxis, den Fertigungsprozess oder die Arbeit sei. Es müsse nachgewiesen werden, dass die anderen möglichen Ursachen oder wirtschaftlichen Rechtfertigungen nicht genügten, so dass die Einführung des Zolls der Hauptgrund für die Praxis, den Fertigungsprozess oder die Arbeit sei.
62 Im Übrigen sei die Klägerin nicht das einzige Unternehmen, das sich in Marokko niedergelassen habe, um Hersteller von Rotorblättern für Windkraftanlagen zu beliefern. Dank des Assoziierungsabkommens unterlägen die Einfuhren aus Marokko in die Union keinen Zöllen, während auf die Einfuhren von GFF aus China Regelzölle in Höhe von bis zu 7 % erhoben würden. Daher sei Marokko besser als China in der Lage, GFF herzustellen und in die Union auszuführen. Aus diesem Grund sei die Errichtung der Produktionsstätte der Klägerin in Marokko unabhängig von der Einleitung der Antisubventionsuntersuchung erfolgt, damit die Klägerin die wachsende Nachfrage nach GFF in Marokko befriedigen und die Union beliefern könne, ohne Regelzöllen unterworfen zu werden. Außer der Einführung von Zöllen gebe es somit eine hinreichende Begründung oder wirtschaftliche Rechtfertigung für die Niederlassung der Klägerin in Marokko, da dieses Unternehmen selbst dann gegründet worden wäre, wenn keine Antisubventionsuntersuchung betreffend die Einfuhren von GFF mit Ursprung in China eingeleitet worden wäre.
63 Im Rahmen des zweiten Teils führt die Klägerin an, dass die angefochtene Durchführungsverordnung das Recht auf eine gute Verwaltung verletze, da die Kommission nicht sorgfältig und unparteiisch alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls untersucht habe, indem sie sich u. a. erstens geweigert habe, Dokumente zu berücksichtigen, aus denen hervorgehe, dass ihre Niederlassung in Marokko lange vor Einleitung der Antidumping‑ bzw. Ausgleichsuntersuchung geplant gewesen sei, zweitens die Stellungnahme der marokkanischen Behörden außer Acht gelassen habe, wonach bereits seit [vertraulich ] und damit vor Einleitung einer Untersuchung Kontakte mit diesen Behörden stattgefunden hätten, drittens das Vorbringen der Streithelferin zu ihrer Unterstützung und weitere bei den Akten befindliche Schriftstücke zurückgewiesen habe, die zeigten, dass ihr Werk in Marokko errichtet worden sei, um [vertraulich ] zu bedienen, sowie viertens den Jahresbericht für das Jahr 2019 von PGTEX China nicht richtig analysiert habe.
64 Die Kommission und der Streithelfer zu ihrer Unterstützung treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.
65 Bevor die beiden Teile des vorliegenden Klagegrundes nacheinander untersucht werden, ist darauf hinzuweisen, wie die Kommission im vorliegenden Fall die zweite Voraussetzung, die für die Feststellung einer Umgehung erforderlich ist (vgl. oben Rn. 50), geprüft hat. Insbesondere sollten kurz die Erwägungsgründe der angefochtenen Durchführungsverordnung dargestellt werden, in denen die Kommission die Ansicht vertreten hat, dass es außer der Einführung von Ausgleichszöllen keine hinreichende Begründung oder wirtschaftliche Rechtfertigung für die Errichtung der Produktionsstätte der Klägerin in Marokko gebe.
a) Zur Prüfung der Frage, ob es in der angefochtenen Durchführungsverordnung außer der Einführung von Ausgleichszöllen keine hinreichende Begründung oder wirtschaftliche Rechtfertigung für die Errichtung der Produktionsstätte der Klägerin in Marokko gibt
66 Nachdem die Kommission im 61. Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung festgestellt hatte, dass „[d]er Anstieg der Ausfuhren von GFF aus Marokko in die Union … eine Veränderung des Handelsgefüges zwischen Marokko und der Union im Sinne des Artikels 23 Absatz 3 der [Antisubventions‑]Grundverordnung dar[stellt], gemeinsam mit dem deutlichen Anstieg der chinesischen Ausfuhren von Glasfaserrovings nach Marokko im Jahr 2020 im Vergleich mit 2019“, wies sie im 62. Erwägungsgrund dieser Durchführungsverordnung auf Folgendes hin: „Nach Artikel 23 Absatz 3 der [Antisubventions‑]Grundverordnung muss sich die Veränderung des Handelsgefüges aus einer Praxis, einem Fertigungsprozess oder einer Arbeit ergeben, für die es außer der Einführung des Zolls keine hinreichende Begründung oder wirtschaftliche Rechtfertigung gibt.“
67 Daher prüfte die Kommission die zweite für die Feststellung einer Umgehung in Bezug auf die Errichtung der Produktionsstätte der Klägerin in Marokko erforderliche Voraussetzung.
68 Im 64. Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung stellte die Kommission insoweit fest, dass „[n]ach Angaben der marokkanischen Behörden … die erste Kontaktaufnahme durch [die PGTEX-Gruppe] hinsichtlich der Errichtung eines Werks in Marokko am 20. März 2019 statt[gefunden hatte], einen Monat nach Einleitung der [Antidumpinguntersuchung] … und zwei Monate vor der Einleitung der [Antisubventionsuntersuchung]“, dass „[die Klägerin] … am 2. Oktober 2019 gegründet [worden war], etwa fünf Monate nach Einleitung der Antisubventionsuntersuchung“, und dass „[d]ieser zeitliche Zusammenhang … [die Kommission zu der Annahme veranlasst hatte], dass die mögliche Einführung der Zölle der Grund für die Gründung [der Klägerin gewesen] war“.
69 Im 65. Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung fügte die Kommission hinzu, dass „[a]uf der Grundlage der von [der Klägerin] übermittelten Verkaufslisten … im Jahr 2020 alle [ihre] Ausfuhrverkäufe … auf den Unionsmarkt [gelangt waren], wobei nur ein geringer Anteil [ihrer] Produktion im Jahr 2020 auf dem [marokkanischen Markt] verkauft [worden war]“, und dass „[ihre] gesamten Ausfuhren im Jahr 2020 [zudem] an Abnehmer in der Union verkauft [worden waren], die früher von PGTEX China versorgt [worden waren]“. Dies veranlasste die Kommission zu der Annahme, dass „die mögliche Einführung der Zölle der Grund für die Gründung [der Klägerin gewesen] war“, was „im Jahresbericht [für das Jahr] 2019 von PGTEX China ausdrücklich bestätigt [worden war]“.
70 Zudem wies die Kommission im 67. Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung das von der PGTEX-Gruppe vorgebrachte Argument zurück, wonach es für die Errichtung der Klägerin eine hinreichende Begründung und wirtschaftliche Rechtfertigung gebe. Sie stellte insoweit insbesondere fest, dass „aus der von [der PGTEX-Gruppe] am 15. Oktober 2021 übermittelten Dokumentation [hervorgegangen war], dass [diese] Gruppe lange vor Einleitung der [Antisubventionsuntersuchung] analysiert hatte, in welchem Land sie ein Unternehmen gründen sollte“, und dass „[v]erschiedene mögliche Länder … in Betracht gezogen [worden waren], darunter auch Marokko“. Jedoch änderte dies nach Auffassung der Kommission nichts an der Tatsache, dass die Klägerin „am 2. Oktober 2019 gegründet [worden war], etwa sieben Monate nach Einleitung [der besagten Untersuchung]“, dass „[d]ieser zeitliche Zusammenhang … darauf hin[gedeutet hatte], dass die [Untersuchung] ein Grund für die Gründung [der Klägerin gewesen] war“, dass „[d]ies … zudem von einer Erklärung der marokkanischen Behörden bestätigt [worden war], dass ihr Kontakt zu PGTEX hinsichtlich der Errichtung eines Werks seit dem 20. März 2019 bestehe, also direkt nach Einleitung der [fraglichen Untersuchung]“, und dass „[d]ies [belegt hatte], dass der offizielle Kontakt zu den marokkanischen Behörden zur Gründung eines Unternehmens in Marokko auf März 2019 zurückging, also direkt nach Einleitung [derselben Untersuchung]“.
71 Schließlich wies die Kommission im 69. Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung das Argument der Streithelferin zur Unterstützung der Klägerin zurück, wonach die PGTEX-Gruppe ihr marokkanisches Werk errichtet habe, um [vertraulich ] zu bedienen, und es daher für diese Errichtung eine andere wirtschaftliche Rechtfertigung als die Vermeidung von Ausgleichszöllen gebe. Sie verwies insoweit zum einen auf Beweise, denen zufolge für die Gründung des Unternehmens keine wirtschaftliche Rechtfertigung außer den derzeit geltenden Ausgleichszöllen vorlag, wie etwa den Jahresbericht für das Jahr 2019 von PGTEX China, und hob zum anderen hervor, dass alle Ausfuhrverkäufe der Klägerin an die Union durchgeführt und nur ein geringfügiger Anteil ihrer Produktion auf dem marokkanischen Markt verkauft worden sei.
72 Angesichts dessen gelangte die Kommission im 70. Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung zu dem Schluss, dass „die [Antiumgehungsuntersuchung], abgesehen von der Vermeidung der Zahlung der derzeit geltenden [Ausgleichszölle], keine hinreichende Begründung oder wirtschaftliche Rechtfertigung für die beschriebene Errichtung einer Produktionsstätte für GFF in Marokko [ergeben hatte]“.
b) Zum ersten Teil: o ffensichtliche Beurteilungsfehler und Verstoß gegen Art. 23 Abs. 3 der Antisubventions-Grundverordnung, da die Kommission zu dem Schluss gelangt sei, dass es außer der Einführung von Ausgleichszöllen keine hinreichende Begründung oder wirtschaftliche Rechtfertigung für die Errichtung der Produktionsstätte der Klägerin in Marokko gebe
73 Die Klägerin beanstandet die im 70. Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung enthaltene Schlussfolgerung (vgl. oben Rn. 72) und macht im Wesentlichen geltend, dass sie im Laufe der Untersuchung ausführlich erläutert und nachgewiesen habe, dass die Errichtung ihrer Produktionsstätte in Marokko durch andere Gründe als den Willen, die derzeit geltenden handelspolitischen Schutzmaßnahmen zu umgehen, motiviert und wirtschaftlich gerechtfertigt gewesen sei. Die Kommission habe sich einer rein zeitlichen Korrelation bedient, um klare und stichhaltige Beweise dafür zurückzuweisen, dass die Entscheidung, ihre Produktionsstätte in Marokko zu errichten, auf wirtschaftlichen und logistischen Aspekten beruht habe und nicht auf die Einleitung der Antisubventionsuntersuchung zurückzuführen gewesen sei.
74 Was als Erstes den Zeitpunkt der Errichtung der Produktionsstätte der Klägerin in Marokko angeht, so ist zu bemerken, dass, wie die Kommission zu Recht vorträgt, die von der Klägerin vorgelegten Beweise, nämlich die zwischen PGTEX, CPIC und Kunden zwischen dem [vertraulich ] ausgetauschten E‑Mails, zeigen, dass Marokko zusammen mit anderen Ländern als potenzieller Standort für die Errichtung eines Werks in Betracht gezogen wurde, wie die Klägerin im Übrigen selbst einräumt. Wie von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung bestätigt worden ist, geht aus diesem E‑Mail-Verkehr aber nicht hervor, dass zwischen [vertraulich ], d. h. vor Einleitung der Antisubventionsuntersuchung, eine wirkliche Entscheidung getroffen worden ist, ihre Produktionsstätte in Marokko zu errichten. Ebenso wenig deutet der Schriftwechsel zwischen den Führungskräften von CPIC nach einem Besuch in Marokko im [vertraulich ] darauf hin, dass im [vertraulich ] eine Entscheidung über die Errichtung einer solchen Produktionsstätte in Marokko getroffen worden ist. Insbesondere ist anzumerken, dass es sich bei der im Anhang der zusätzlichen Dokumentation vorgelegten „Machbarkeitsstudie“, die auf den [vertraulich ] datiert sein soll, lediglich um einen internen Vermerk über Treffen zur Bewertung der Investitionen von CPIC in Marokko handelt. Aus diesem Dokument geht nicht hervor, dass bereits damals eine Entscheidung getroffen worden ist, die die Errichtung dieser Produktionsstätte in Marokko zum Gegenstand hat.
75 Als Zweites ergibt sich klar aus der Stellungnahme der marokkanischen Behörden, dass „[die Klägerin] im Oktober 2019 gegründet worden ist“. Diese Behörden heben zwar hervor, dass dem Prozess der Errichtung der Produktionsstätte der Klägerin wie bei jeder Unternehmensgründung „mehrere Vorstufen wie Machbarkeitsstudien vorausgegangen sind, die belegen, dass die Standortentscheidung von PGTEX weit vor der Einführung der Maßnahmen lag und nicht zum Ziel oder Zweck hatte, die handelspolitischen Schutzmaßnahmen der [Union] zu umgehen“, stellen jedoch klar, dass „der Kontakt zwischen PGTEX und [ihnen] hinsichtlich der Errichtung eines PGTEX-Werks in Marokko seit dem 20. März 2019 besteht, also direkt nach [Einleitung] der [Antidumpinguntersuchung]“. Daher hat die Kommission keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, als sie im 67. Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung festgestellt hat, dass „der offizielle Kontakt zu [denselben] Behörden zur Gründung eines Unternehmens in Marokko auf März 2019 zurückging, also direkt nach Einleitung der [Untersuchung]“.
76 Als Drittes bestätigt das Vorbringen der Klägerin, mit dem erläutert werden soll, weshalb die Errichtung ihrer Produktionsstätte in Marokko auf Oktober 2019 verschoben worden ist (vgl. oben Rn. 57), lediglich die Schlussfolgerung der Kommission, wonach diese Produktionsstätte fünf Monate nach Einleitung der Antisubventionsuntersuchung fertiggestellt worden sei.
77 Folglich besteht, wie die Kommission im 67. Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung zu Recht festgestellt hat, ein zeitlicher Zusammenhang zwischen der Einleitung der Antisubventionsuntersuchung und der Errichtung der Produktionsstätte der Klägerin in Marokko. Ein solcher zeitlicher Zusammenhang ist nach der Rechtsprechung geeignet, die Vermutung zu rechtfertigen, dass die Errichtung einer Produktionsstätte in dem Land, aus dem die Waren ausgeführt werden, die Anwendung handelspolitischer Maßnahmen verhindern soll (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Dezember 1989, Brother International, C‑26/88, EU:C:1989:637, Rn. 29).
78 Wie aus der Rechtsprechung ferner hervorgeht, obliegt demnach bei einem solchen zeitlichen Zusammenhang dem betreffenden Wirtschaftsteilnehmer der Nachweis, dass eine Produktionsstätte aus einem sachgerechten Grund und nicht in dem Willen, den Folgen der betreffenden Maßnahmen zu entgehen, in dem Land errichtet worden ist, aus dem die Waren ausgeführt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Dezember 1989, Brother International, C‑26/88, EU:C:1989:637, Rn. 29).
79 Die Klägerin macht in diesem Zusammenhang im Wesentlichen geltend, dass die Errichtung ihrer Produktionsstätte in Marokko die Verwirklichung eines seit langem bestehenden Expansionsplans der PGTEX-Gruppe, zu der sie gehöre, zum Ziel gehabt habe [vertraulich ]. Insbesondere solle mit dieser Errichtung ein wichtiger lokaler Kunde beliefert und ganz allgemein auf die steigende Nachfrage nach [vertraulich ] reagiert werden. Folglich habe die Kommission einen Fehler begangen, als sie das Argument der Streithelferin zu ihrer Unterstützung zurückgewiesen habe, wonach die Gruppe ihr marokkanisches Werk errichtet habe, um die [vertraulich ] zu bedienen.
80 Darüber hinaus verweist die Klägerin zum Beweis der oben in Rn. 79 erwähnten Behauptungen auf ihren Schriftverkehr mit CPIC und Kunden sowie auf die Vorlage des Expansionsplans der PGTEX-Gruppe betreffend die [vertraulich ] der zusätzlichen Dokumentation und auf die Dias für die Anhörung zum Dokument mit Hintergrundinformationen vom 10. Januar 2021.
81 Insoweit ist jedoch zum einen anzumerken, dass der Schriftverkehr, der der zusätzlichen Dokumentation von der Klägerin als Anhang beigefügt worden ist, keinen Verweis auf einen wirklichen Expansionsplan der PGTEX-Gruppe [vertraulich ] enthält. Wie oben in Rn. 74 festgestellt worden ist, beweist dieser Schriftverkehr nämlich lediglich, dass Marokko zusammen mit anderen Ländern als potenzieller Standort für die Errichtung eines Werks in Betracht gezogen wurde.
82 Zum anderen reicht – wenn unterstellt wird, dass mit der Vorlage des Expansionsplans der PGTEX-Gruppe [vertraulich ] nachgewiesen werden kann, dass der Plan tatsächlich umgesetzt worden ist – dies nicht für den Nachweis aus, dass sich ein solcher Plan auf Marokko erstreckte. Die Klägerin hat nämlich kein Dokument vorgelegt, das sich auf die Expansionspläne der Gruppe in Marokko bezieht. Wie in der mündlichen Verhandlung bestätigt worden ist, enthalten die Dias für die Anhörung zum Dokument mit Hintergrundinformationen vom 10. Januar 2021 – weit davon entfernt, den Nachweis für die Umsetzung des fraglichen Plans zu erbringen – lediglich die unbelegte Behauptung der Klägerin, dass ihre Gründung [vertraulich ].
83 Außerdem ist hervorzuheben, dass die Klägerin die Beweise, auf die sich die Kommission gestützt hat, um das Argument zurückzuweisen, wonach die PGTEX-Gruppe ihr marokkanisches Werk errichtet habe, um die Märkte [vertraulich ] zu bedienen, nicht in Zweifel zieht. Insbesondere stellt die Klägerin die im 65. Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung enthaltene Feststellung, dass „[a]uf der Grundlage der von [ihr] übermittelten Verkaufslisten … im Jahr 2020 alle [ihre] Ausfuhrverkäufe … auf den Unionsmarkt [gelangten], wobei nur ein geringer Anteil [ihrer] Produktion im Jahr 2020 auf dem [marokkanischen Markt] verkauft wurde“, nicht in Frage.
84 Auch die Behauptung der Klägerin, wonach im Jahresbericht für das Jahr 2019 von PGTEX China darauf hingewiesen werde, dass ihre Produktionsstätte in Marokko nicht nur errichtet worden sei, um „infolge der von der Union gegen [die Volksrepublik] China geführten Antidumpinguntersuchung aktiv Maßnahmen zu ergreifen“, sondern auch, um „ihre Internationalisierungsstrategie zu optimieren und weiter anzupassen“, steht nicht im Widerspruch zur Feststellung der Kommission, dass die Errichtung der Produktionsstätte beschlossen worden sei, um aktiv auf die Antidumpinguntersuchung der Union gegen [die Volksrepublik] China zu reagieren. Diese Behauptung kann auch nicht für den Nachweis genügen, dass sich die Klägerin im Einklang mit der oben in Rn. 78 angeführten Rechtsprechung aus einem sachgerechten Grund und nicht in dem Willen, den fraglichen Antisubventionsmaßnahmen zu entgehen, in Marokko niedergelassen hat.
85 Daher ist festzustellen, dass es der Klägerin nicht gelungen ist, die im 70. Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung enthaltene Schlussfolgerung der Kommission in Frage zu stellen, wonach „die [Antiumgehungsuntersuchung], abgesehen von der Vermeidung der Zahlung der derzeit geltenden [Ausgleichszölle], keine hinreichende Begründung oder wirtschaftliche Rechtfertigung für die beschriebene Errichtung einer Produktionsstätte für GFF in Marokko [ergeben hatte]“.
86 Demnach kann die Klägerin der Kommission nicht vorwerfen, einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen oder gegen Art. 23 Abs. 3 der Antisubventions-Grundverordnung verstoßen zu haben.
87 Folglich ist der erste Teil des dritten Klagegrundes als unbegründet zurückzuweisen.
c) Zum zweiten Teil: Verletzung des Rechts auf eine gute Verwaltung, da die Kommission nicht sorgfältig und unparteiisch alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls untersucht habe
88 Die Klägerin wirft der Kommission vor, nicht sorgfältig und unparteiisch alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls untersucht zu haben. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung im Bereich handelspolitischer Schutzmaßnahmen, in dem die Unionsorgane über ein weites Ermessen verfügen (vgl. oben Rn. 54), der Beachtung der Garantien, die die Unionsrechtsordnung in den Verwaltungsverfahren gewährt, eine umso größere Bedeutung zukommt. Zu diesen Garantien gehört insbesondere die Verpflichtung des zuständigen Organs, sorgfältig und unparteiisch alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls zu untersuchen (vgl. Urteil vom 24. Mai 2012, JBF RAK/Rat, T‑555/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:262, Rn. 112 und die dort angeführte Rechtsprechung).
89 Aus der Analyse des ersten Teils des dritten Klagegrundes geht insoweit erstens hervor, dass weder die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen noch die Stellungnahme der marokkanischen Behörden belegen, dass die Errichtung der Produktionsstätte der Klägerin in Marokko lange vor Einleitung der Antisubventionsuntersuchung gegen die Volksrepublik China in Betracht gezogen worden ist, zweitens, dass die Kommission das Argument der Streithelferin zur Unterstützung der Klägerin fehlerfrei zurückweisen konnte, wonach die PGTEX-Gruppe ihr marokkanisches Werk errichtet habe, um die Märkte [vertraulich ] zu bedienen, und es daher für die Gründung des Unternehmens eine andere wirtschaftliche Rechtfertigung als den Willen gebe, die derzeit geltenden Ausgleichszölle zu vermeiden, sowie drittens, dass die Kommission den Jahresbericht für das Jahr 2019 von PGTEX China korrekt analysiert hat.
90 Unter diesen Umständen kann die Klägerin nicht wirksam geltend machen, die Kommission sei ihrer Verpflichtung, sorgfältig und unparteiisch alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls zu untersuchen, nicht nachgekommen.
91 Folglich sind der vorliegende Teil und der dritte Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.
3. Zur Begründetheit des vierten Klagegrundes: o ffensichtliche Beurteilungsfehler, Verletzung des Rechts auf eine gute Verwaltung, Verstoß gegen die Grundsätze der Nichtdiskriminierung und der Gleichbehandlung sowie Verstoß gegen Art. 23 Abs. 3 der Antisubventions-Grundverordnung, da die Kommission zu dem Schluss gekommen sei, dass der von der Klägerin in Marokko erfolgende Herstellungsprozess einen Montagevorgang darstelle
92 Der vorliegende Klagegrund besteht aus drei Teilen.
93 Mit dem ersten Teil will die Klägerin im Wesentlichen der Einbeziehung des Begriffs „Montagevorgang“ im Sinne von Art. 13 der Verordnung (EU) 2016/1036 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2016 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Union gehörenden Ländern (ABl. 2016, L 176, S. 21, im Folgenden: Antidumping-Grundverordnung) in den Anwendungsbereich von Art. 23 Abs. 3 Unterabs. 2 der Antisubventions-Grundverordnung entgegentreten. Mit dem zweiten Teil will sie in Frage stellen, dass im vorliegenden Fall Montagevorgänge in Marokko im Sinne von Art. 13 Abs. 2 der Antidumping-Grundverordnung vorliegen. Mit dem dritten Teil schließlich wendet sie sich gegen die Prüfung des in Art. 13 Abs. 2 Buchst. b der letztgenannten Verordnung erwähnten Kriteriums des Wertzuwachses durch die Kommission.
a) Zum ersten Teil: o ffensichtliche Beurteilungsfehler und Verstoß gegen Art. 23 Abs. 3 der Antisubventions-Grundverordnung, da die Kommission den Begriff „Montagevorgang“ im Sinne von Art. 13 Abs. 2 der Antidumping-Grundverordnung entsprechend angewandt habe
94 Als Erstes machen die Klägerin und die Streithelferin zu ihrer Unterstützung geltend, dass der unterschiedliche Wortlaut von Art. 23 Abs. 3 Unterabs. 2 der Antisubventions-Grundverordnung, in dem von Montagevorgängen nicht die Rede sei, und Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 4 der Antidumping-Grundverordnung, in dem diese Vorgänge ausdrücklich erwähnt würden, weder auf eine einfache Auslassung zurückgehe noch bedeutungslos sei. Hätte der Unionsgesetzgeber gewollt, dass die Praxis, der Fertigungsprozess oder die Arbeit im Sinne von Art. 23 Abs. 3 Unterabs. 2 der Antisubventions-Grundverordnung Montagevorgänge umfassten, hätte er ausdrücklich darauf hingewiesen, wie er es in Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 4 der Antidumping-Grundverordnung getan habe. Somit sei davon auszugehen, dass diese vorsätzliche Unterlassung der Schlussfolgerung entgegenstehe, wonach die Ausgleichsmaßnahmen durch Montagevorgänge „umgangen“ werden könnten.
95 Darüber hinaus bedeute die Tatsache, dass in Art. 23 Abs. 3 Unterabs. 2 der Antisubventions-Grundverordnung der Ausdruck „unter anderem“ verwendet werde, nicht, dass die angeblichen Umgehungspraktiken aufgrund von Montagevorgängen unter diese Vorschrift subsumiert werden könnten. Die Antisubventions-Grundverordnung und die Antidumping-Grundverordnung seien auf Vorschlag der Kommission am selben Tag erlassen worden. Außerdem habe das Europäische Parlament für beide Rechtsakte denselben Berichterstatter benannt, und auf Ratsebene sei derselbe Vorsitz für beide Rechtsakte zuständig gewesen. Jedenfalls gehe der Unterschied zwischen den Regeln zur Umgehung von Antidumping- und Antisubventionsmaßnahmen auf eine einzige Verordnung zurück, mit der die früheren Antidumping- und Antisubventions-Grundregeln geändert worden seien, nämlich die Verordnung (EG) Nr. 461/2004 des Rates vom 8. März 2004 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 384/96 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern und der Verordnung (EG) Nr. 2026/97 über den Schutz gegen subventionierte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern (ABl. 2004, L 77, S. 12). Folglich sei dieser Unterschied zu berücksichtigen.
96 Als Zweites trägt die Klägerin vor, dass eine Erweiterung des Anwendungsbereichs der Ausgleichszölle wegen ursprungsverleihender Montagevorgänge darauf hinauslaufen würde, solche Zölle auf Subventionen anzuwenden, die weder vom Ursprungsland noch vom Ausfuhrland gewährt worden seien. Mit der angefochtenen Durchführungsverordnung würden beispielsweise Ausgleichszölle auf Waren erhoben, die von China und nicht von ihrem Ursprungs- und Ausfuhrland, nämlich Marokko, subventioniert worden seien.
97 Das rechtliche Erfordernis, wonach Subventionen vom Ursprungs- oder Ausfuhrland gewährt werden müssten, um ausgeglichen zu werden, rechtfertige als solches den unterschiedlichen Wortlaut von Art. 13 Abs. 2 der Antidumping-Grundverordnung und Art. 23 Abs. 3 der Antisubventions-Grundverordnung. Geringfügige Veränderungen, Umladungen oder die Neuorganisation der Vertriebskanäle in dem von Maßnahmen betroffenen Land (d. h. eine Praxis, ein Fertigungsprozess oder eine Arbeit zur Umgehung von Maßnahmen, die sowohl unter die Antisubventions-Grundverordnung als auch unter die Antidumping-Grundverordnung fielen) führten im Gegensatz zu Montagevorgängen (d. h. einer Praxis, einem Fertigungsprozess oder einer Arbeit zur Umgehung von Maßnahmen, die lediglich unter die Antidumping-Grundverordnung fielen) nicht zu einer Veränderung im Ursprungs- oder Ausfuhrland der Waren.
98 Der unterschiedliche Wortlaut von Art. 13 Abs. 2 der Antidumping-Grundverordnung und Art. 23 Abs. 3 der Antisubventions-Grundverordnung sei somit auch durch die unterschiedlichen Ziele der beiden Instrumente gerechtfertigt, was bedeute, dass die in Art. 13 Abs. 2 der Antidumping-Grundverordnung vorgesehene Regel für Montagevorgänge nicht entsprechend auf Art. 23 Abs. 3 der Antisubventions-Grundverordnung angewandt werden könne.
99 Die bloße Tatsache, dass das Ziel der Vorschrift zur Verhinderung der Umgehung von Maßnahmen darin bestehe, die Wirksamkeit dieser Maßnahmen zu gewährleisten, gestatte es jedoch weder der Kommission noch dem Gericht, sich als Unionsgesetzgeber aufzuspielen und den Wortlaut der Antisubventions-Grundverordnung durch die Einbeziehung von Montagevorgängen abzuändern. Es gebe einen Grund dafür, dass diese Vorgänge nicht unter Art. 23 Abs. 3 Unterabs. 2 der Antisubventions-Grundverordnung fielen, nämlich die Tatsache, dass es entgegen Art. 13 der Antidumping-Grundverordnung nicht möglich wäre, die Kriterien der Teile und des Wertzuwachses richtig anzuwenden. Subventionen, die Teile im Ursprungsland erhielten, könnten deren Wert nämlich erheblich mindern und das Kriterium von 60 % des Gesamtwerts der Teile unwirksam machen.
100 Da der Wortlaut von Art. 23 Abs. 3 der Antisubventions-Grundverordnung Montagevorgänge ausnehme und eine entsprechende Einbeziehung dem Kontext und den Zielen der Antisubventions-Grundverordnung zuwiderliefe, könne das in Art. 13 Abs. 2 der Antidumping-Grundverordnung genannte Kriterium der Montagevorgänge folglich nicht entsprechend angewandt werden, um eine Umgehung der Ausgleichszölle festzustellen. Darüber hinaus rechtfertige nichts eine entsprechende Anwendung der Kriterien des Gesamtwerts der Teile (d. h. 60 %) und des Wertzuwachses (d. h. 25 %).
101 Als Drittes wundert sich die Klägerin darüber, dass die Kommission, die beide Grundverordnungen vorgeschlagen sowie Art. 13 der Antidumping-Grundverordnung und Art. 23 der Antisubventions-Grundverordnung verfasst habe, im Zusammenhang mit der Entstehungsgeschichte dieser Rechtsakte kein einziges Dokument vorgelegt habe, dem sich entnehmen lasse, weshalb Montagevorgänge im Wortlaut von Art. 23 der Antisubventions-Grundverordnung ausgespart worden seien. Daher ersucht sie das Gericht um Anforderung dieser Dokumente durch den Erlass einer prozessleitenden Maßnahme.
102 Die Kommission und der Streithelfer zu ihrer Unterstützung treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.
103 Mit dem vorliegenden Teil will die Klägerin im Wesentlichen die von der Kommission im 33. Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung angestellten Erwägungen beanstanden (vgl. oben Rn. 52). Insbesondere wirft sie der Kommission vor, den Begriff „Montagevorgang“ im Sinne von Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 4 der Antidumping-Grundverordnung bei der Prüfung der Frage angewandt zu haben, ob im vorliegenden Fall eine Umgehung im Sinne von Art. 23 Abs. 3 Unterabs. 2 der Antisubventions-Grundverordnung stattgefunden hatte, obwohl Montagevorgänge nicht ausdrücklich zu der Praxis, dem Fertigungsprozess oder der Arbeit zählen, die nach dieser Vorschrift eine Umgehung der Antisubventionsmaßnahmen darstellen.
104 Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 4 der Antidumping-Grundverordnung hat insoweit folgenden Wortlaut:
„Als Praxis, Fertigungsprozess oder Arbeit im Sinne des Unterabsatzes 3 gelten unter anderem:
a) geringfügige Veränderungen der betroffenen Ware, so dass sie unter Zollcodes fällt, für die die Maßnahmen normalerweise nicht gelten, sofern die Veränderungen ihre wesentlichen Eigenschaften nicht berühren;
b) der Versand der von Maßnahmen betroffenen Ware über Drittländer;
c) die Neuorganisation der Vertriebsmuster und ‑kanäle durch die Ausführer oder Hersteller in dem von Maßnahmen betroffenen Land, so dass sie ihre Waren letztlich über Hersteller in die Union ausführen können, für die ein niedrigerer unternehmensspezifischer Zoll gilt als für die Waren der Ausführer;
d) unter den in Absatz 2 genannten Umständen, die Montage von Teilen durch einen Montagevorgang in der Union oder einem Drittland.“
105 Dagegen hat Art. 23 Abs. 3 Unterabs. 2 der Antisubventions-Grundverordnung folgenden Wortlaut:
„Als Praxis, Fertigungsprozess oder Arbeit im Sinne des Unterabsatzes 1 gelten unter anderem:
a) geringfügige Veränderungen der betroffenen Ware, damit sie unter Zollcodes fällt, für die die Maßnahmen normalerweise nicht gelten, sofern die Veränderungen ihre wesentlichen Eigenschaften nicht berühren,
b) der Versand der von Maßnahmen betroffenen Ware über Drittländer,
c) die Neuorganisation der Vertriebsmuster und ‑kanäle in dem von Maßnahmen betroffenen Land durch die Ausführer, so dass sie ihre Waren letztlich über Hersteller in die Union ausführen können, für die ein niedrigerer unternehmensspezifischer Zoll gilt als für die Waren der Ausführer.“
106 Aus dem Wortlaut von Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 4 der Antidumping-Grundverordnung und Art. 23 Abs. 3 Unterabs. 2 der Antisubventions-Grundverordnung geht hervor, dass Montagevorgänge, wie die Kommission im 33. Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung einräumt, in Art. 23 Abs. 3 Unterabs. 2 der Antisubventions-Grundverordnung nicht ausdrücklich als Praxis, Fertigungsprozess oder Arbeit aufgeführt werden, die/der eine Umgehung darstellt.
107 Die Tatsache, dass in Art. 23 Abs. 3 Unterabs. 2 der Antisubventions-Grundverordnung nicht auf Montagevorgänge verwiesen wird, bedeutet jedoch nicht, dass der Unionsgesetzgeber, wie die Klägerin behauptet, die Absicht hatte, Montagevorgänge vom Anwendungsbereich dieses Artikels auszunehmen.
108 Da in Art. 23 Abs. 3 Unterabs. 2 der Antisubventions-Grundverordnung ausdrücklich der Begriff „unter anderem“ verwendet wird, ist mit der Kommission im 33. Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung nämlich davon auszugehen, dass eine nicht erschöpfende Liste möglicher Umgehungspraktiken genannt wird. Daher kann Abs. 3 Unterabs. 2 des besagten Artikels auch für Umgehungspraktiken gelten, die in dem betreffenden Artikel nicht ausdrücklich aufgeführt sind, zum Beispiel Montagevorgänge.
109 Diese Auslegung wird durch die Rechtsprechung untermauert, wonach Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 4 der Antidumping-Grundverordnung eine nicht erschöpfende Liste der in Unterabs. 1 dieses Artikels genannten Praktiken, Fertigungsprozesse oder Arbeiten enthält und die verschiedenen Arten von Umgehungspraktiken darin nur als Beispiele aufgeführt sind, wie durch den Ausdruck „unter anderem“ verdeutlicht wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. April 2018, Asia Leader International [Cambodia]/Kommission, T‑462/15, EU:T:2018:196, Rn. 56).
110 Eine solche Auslegung, die mit dem Art. 23 der Antisubventions-Grundverordnung zugrunde liegenden Ziel, die Wirksamkeit der geltenden Antisubventionsmaßnahmen zu gewährleisten (vgl. oben Rn. 42), im Einklang steht, kann durch die übrigen von der Klägerin vorgebrachten Argumente nicht in Frage gestellt werden.
111 Was zunächst das Argument der Klägerin betrifft, wonach die Antidumping-Grundverordnung und die Antisubventions-Grundverordnung am selben Tag erlassen und veröffentlicht worden seien, so dass das Fehlen eines Verweises auf Montagevorgänge in Art. 23 Abs. 3 Unterabs. 2 der Antisubventions-Grundverordnung nicht als eine einfache Auslassung verstanden werden könne, so ist zu bemerken, dass der unterschiedliche Wortlaut von Art. 13 der Antidumping-Grundverordnung und Art. 23 der Antisubventions-Grundverordnung entgegen dem Vorbringen der Klägerin auf die Antidumping- und die Antisubventionsverordnung zurückgeht, die Vorgängerinnen der jetzigen Verordnungen sind, nämlich die Verordnung (EG) Nr. 384/96 des Rates vom 22. Dezember 1995 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern (ABl. 1996, L 56, S. 1) bzw. die Verordnung (EG) Nr. 2026/97 des Rates vom 6. Oktober 1997 über den Schutz gegen subventionierte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern (ABl. 1997, L 288, S. 1).
112 Daher kann der Umstand, dass Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 4 der Antidumping-Grundverordnung und Art. 23 Abs. 3 Unterabs. 2 der Antisubventions-Grundverordnung zu unterschiedlichen Zeiten und in unterschiedlichen Kontexten konzipiert und abgefasst worden sind, ihren unterschiedlichen Wortlaut erklären.
113 Jedenfalls kann der Ausdruck „unter anderem“ in Art. 23 Abs. 3 Unterabs. 2 der Antisubventions-Grundverordnung, wie oben in Rn. 108 festgestellt worden ist, dahin ausgelegt werden, dass Montagevorgänge in den Anwendungsbereich dieses Artikels einbezogen werden können und Art. 13 Abs. 2 der Antidumping-Grundverordnung angewandt werden kann, wenn nachgewiesen wird, dass Antisubventionsmaßnahmen durch solche Vorgänge umgangen worden sind, was im Übrigen im 18. Erwägungsgrund der Antisubventions-Grundverordnung bestätigt wird (vgl. oben Rn. 39).
114 Was sodann das Argument der Klägerin angeht, wonach der Ausschluss von Montagevorgängen vom Anwendungsbereich von Art. 23 der Antisubventions-Grundverordnung dadurch gerechtfertigt sei, dass eine gegenteilige Lösung im Wesentlichen darauf hinausliefe, Ausgleichszölle auf Subventionen zu erheben, die weder vom Ursprungs- noch vom Ausfuhrland gewährt worden seien, so ist hervorzuheben, dass die Kommission im vorliegenden Fall – anders als die Klägerin zu argumentieren versucht – nicht von Marokko gewährte Subventionen ausgleichen will, sondern festgestellt hat, dass Glasfaserrovings in China mehrere Subventionen erhielten und von der Klägerin in Marokko zur Herstellung ihrer eigenen GFF montiert oder fertiggestellt würden, und deshalb die bereits auf GFF aus China angewandten Ausgleichsmaßnahmen auf GFF aus Marokko ausweitet.
115 Was schließlich das Argument der Klägerin betrifft, wonach die Aussparung von Montagevorgängen in Art. 23 Abs. 3 Unterabs. 2 der Antisubventions-Grundverordnung dadurch gerechtfertigt sei, dass es ohne diese Aussparung nicht möglich wäre, die Kriterien der Teile und des Wertzuwachses richtig anzuwenden, so genügt – der Kommission folgend – die Feststellung, dass die Klägerin weder in ihren Schriftsätzen noch in der mündlichen Verhandlung erläutert hat, weshalb Subventionen, die Teile im Ursprungsland erhalten, deren Wert erheblich mindern und das Kriterium von 60 % des Gesamtwerts der Teile unwirksam machen könnten.
116 Folglich ist festzustellen, dass die Kommission Montagevorgänge ohne einen offensichtlichen Beurteilungsfehler oder einen Verstoß gegen Art. 23 Abs. 3 der Antisubventions-Grundverordnung in den Rahmen dieser Vorschrift einbezogen und für die Prüfung der Frage, ob im vorliegenden Fall eine Umgehung der geltenden Antisubventionsmaßnahmen vorlag, auf die in Art. 13 Abs. 2 der Antidumping-Grundverordnung genannten Voraussetzungen verwiesen hat.
117 Daher ist der vorliegende Teil zurückzuweisen, ohne dass über den Antrag der Klägerin auf eine prozessleitende Maßnahme (vgl. oben Rn. 101) entschieden zu werden braucht.
b) Zum zweiten Teil: o ffensichtliche Beurteilungsfehler, Verstoß gegen Art. 23 Abs. 3 der Antisubventions-Grundverordnung und Verletzung des Rechts auf eine gute Verwaltung, da die Kommission zu dem Schluss gekommen sei, dass der von der Klägerin in Marokko erfolgende Herstellungsprozess einen Montagevorgang darstelle
118 Die Klägerin – ebenso wie die Streithelferin zu ihrer Unterstützung – beanstandet die in den Erwägungsgründen 76, 77 und 79 der angefochtenen Durchführungsverordnung enthaltene Schlussfolgerung der Kommission, wonach ihre GFF in Marokko aus Glasfaserrovings, die sie allesamt von ihrem Mutterunternehmen in China kaufe, im Näh-Strickverfahren, d. h. einer Fertigstellung, die unter den Begriff des Montagevorgangs im Sinne von Art. 13 der Antidumping-Grundverordnung falle, hergestellt würden.
119 In diesem Zusammenhang gibt die Klägerin zunächst Erläuterungen zur Art des Herstellungsprozesses und zu anderen in Marokko ausgeübten Tätigkeiten. Sie erläutert insbesondere, dass die GFF in Marokko im Näh-Strickverfahren aus ungefärbten Rovings hergestellt würden, wobei Rovings und GFF zwei verschiedene Produkte mit unterschiedlicher Zusammensetzung, unterschiedlichen Eigenschaften und unterschiedlichen Endverwendungen seien sowie zwei völlig unterschiedlichen Wirtschaftszweigen entsprächen, dass das Verfahren zur Herstellung von GFF mehrere Stufen umfasse, die sorgfältig konzipiert und kalibriert werden müssten, um die für den jeweiligen Verwendungszweck gewünschten Eigenschaften zu erreichen, dass die Herstellung von GFF Design-Audits, Produkt‑, Fabrik‑ und Ausrüstungszertifizierungen sowie Stichprobenprüfungen unterliege, um die strengen Kundenanforderungen zu erfüllen, wobei die GFF in der Praxis nach den Anforderungen der einzelnen Kunden maßgefertigt würden, dass die Herstellung von GFF eine spezielle Ausrüstung und Fachkenntnisse sowie eine besondere Ausbildung erfordere, die über einen einfachen Montagevorgang hinausgingen und unter Berücksichtigung der besonderen Verwendungszwecke von GFF unerlässlich seien, und dass die Liste mit schwerwiegenden Mängeln, die GFF für die Kunden unbrauchbar machten, die Komplexität des Verfahrens zu ihrer Herstellung belege.
120 Daher habe die Kommission einen Fehler begangen, als sie das Verfahren zur Herstellung von GFF in Marokko und die damit zusammenhängenden Tätigkeiten im 79. Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung als Fertigstellung eingestuft habe, die zu den Montagevorgängen im Sinne von Art. 13 der [Antidumping‑]Grundverordnung zähle. Auch wenn beide Begriffe nicht verwechselt werden dürften, stelle der Herstellungsprozess weder einen Montagevorgang noch eine Fertigstellung dar.
121 Die Klägerin macht insoweit erstens geltend, die Kommission habe einen Fehler begangen, als sie den Begriff „Montagevorgang“ mit dem Begriff „Fertigstellung“ gleichgesetzt habe. Diese Begriffe unterschieden sich, da sie in der Antidumping-Grundverordnung, in der sie erwähnt würden, durch die Konjunktion „oder“, die auf eine Alternative hindeute, getrennt seien. Daher lasse nichts den Schluss zu, dass die Definition in Art. 13 Abs. 2 der Verordnung unterschiedslos für Montagevorgänge und Fertigstellungen gelte.
122 Zweitens sei unter „Montage“ ein „Verfahren [zu verstehen], das darin besteht, die Elemente einer Maschine oder eines Werks zusammenzufügen“, weshalb das Verfahren zur Herstellung von GFF in Marokko und die damit zusammenhängenden Tätigkeiten weit über das bloße Zusammenfügen von Elementen hinausgingen, so dass sie nicht als Montagevorgang eingestuft werden könnten.
123 Drittens habe die Kommission – wenn unterstellt werde, dass Art. 13 Abs. 2 der Antidumping-Grundverordnung auf Fertigstellungen anwendbar sei – in der angefochtenen Durchführungsverordnung zu Unrecht angenommen, dass es sich bei den von der Klägerin vorgenommenen Fertigungsprozessen um Fertigstellungen handle, d. h. Vorgänge, die darauf abzielten, etwas zu beenden. Die Klägerin hebt hervor, dass sie die Umwandlung der Rovings in GFF nicht lediglich beende. Vielmehr stelle sie aus den Rovings eine völlig neue Ware mit anderen physikalischen und technischen Eigenschaften, anderen Endverwendungen sowie anderen Preisklassen her. Insbesondere könne ihr Verfahren zur Herstellung von GFF in Marokko mit dem ähnlichen, aber einfacheren Verfahren zur Herstellung von Baumwollgeweben aus Baumwollgarn verglichen werden. Die Rovings würden nämlich auf die gleiche Weise genäht und gestrickt wie Baumwollgarne für die Herstellung von Baumwollgeweben. Ebenso wenig wie diese Gewebe einfach „fertige“ Baumwollgarne seien, seien GFF nicht einfach „fertige“ Rovings, sondern das Ergebnis eines komplexen Herstellungsprozesses, der eine spezielle Ausrüstung und spezielle Fachkenntnisse erfordere. Im Übrigen werde die grundlegend unterschiedliche Natur von „Rovings“ und „GFF“ sowohl vom Wirtschaftszweig der Union in dem 2019 eingereichten Antidumpingantrag betreffend GFF‑Einfuhren aus China und Ägypten als auch von der Kommission selbst durch die Einführung handelspolitischer Schutzmaßnahmen gegenüber Rovings und GFF anerkannt.
124 Die Kommission und der Streithelfer zu ihrer Unterstützung treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.
125 Im vorliegenden Fall stellte die Kommission im 76. Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung fest, dass „Glasfaserrovings … der wichtigste Rohstoff zur Herstellung von GFF [sind]“, dass „[die Klägerin] … 100 % der Glasfaserrovings, die [sie] [verwendet hatte], von [ihrem] verbundenen Mutterunternehmen in China [gekauft hatte]“, dass „[b]ei dem Näh-Strickverfahren, bei dem es sich um eine Fertigstellung in Marokko handelt, … diese Glasfaserrovings in GFF umgewandelt [worden waren]“ und dass „[d]en von [der Klägerin] übermittelten Informationen nach … die Glasfaserrovings nahezu 100 % des Gesamtwerts der Teile der montierten bzw. fertiggestellten Ware im Sinne von Artikel 13 Absatz 2 Buchstabe b der Antidumping-Grundverordnung aus[machten]“.
126 Die Kommission zog daher im 77. Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung den Schluss, dass „das Verfahren in Marokko eine Fertigstellung (Montage) darstellt und dass das in Artikel 13 Absatz 2 Buchstabe b der Antidumping-Grundverordnung festgelegte 60 %-Kriterium – angesichts des Wortlauts von Art. 23 Abs. 3 der [Antisubventions‑]Grundverordnung, wie [im 33. Erwägungsgrund] [der angefochtenen Durchführungsverordnung] dargestellt, analog angewandt – erfüllt war“.
127 Außerdem stellte die Kommission im 79. Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung klar, dass „[d]ie [im 76. Erwägungsgrund] beschriebene Praxis … als Fertigstellung eingestuft werden [kann], die unter den Begriff ‚Montagvorgänge‘ nach Artikel 13 der [Antidumping‑]Grundverordnung fällt“.
128 Ferner ist daran zu erinnern, dass nach Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 4 der Antidumping-Grundverordnung „[a]ls Praxis, Fertigungsprozess oder Arbeit im Sinne des Unterabsatzes 3 [, die eine Umgehung darstellen könnten,] … unter anderem [gelten]: … unter den in Absatz 2 genannten Umständen, die Montage von Teilen durch einen Montagevorgang in der Union oder einem Drittland“.
129 Gemäß Art. 13 Abs. 2 Buchst. b der Antidumping-Grundverordnung wird „[e]in Montagevorgang in der Union oder in einem Drittland … als Umgehung der geltenden Maßnahmen angesehen, wenn … der Wert [der] Teile 60 v. H. oder mehr des Gesamtwerts der Teile der montierten Ware ausmacht; als Umgehung gilt jedoch nicht der Fall, in dem der Wert, der während der Montage oder Fertigstellung den verwendeten eingeführten Teilen hinzugefügt wurde, mehr als 25 v. H. der Herstellkosten beträgt“.
130 Im vorliegenden Fall ist zu prüfen, ob der Begriff „Montagevorgang“, wie die Kommission und der Streithelfer zu ihrer Unterstützung befürworten, weit ausgelegt werden muss, so dass er auch Fertigstellungen umfasst, oder, wie die Klägerin vorschlägt, eng auszulegen ist, so dass Fertigstellungen nicht unter den Begriff „Montagevorgang“ fallen.
131 Insoweit ist zu bemerken, dass die Antidumping-Grundverordnung, wie die Kommission hervorhebt, weder den Begriff „Montagevorgang“ noch den Begriff „Fertigstellung“ definiert. In der Verordnung ist auch nicht festgelegt, ob eine Fertigstellung unter den Begriff „Montagevorgang“ fällt.
132 Nach ständiger Rechtsprechung sind bei der Auslegung einer Unionsvorschrift nicht nur ihr Wortlaut, sondern auch ihr Zusammenhang und die Ziele zu berücksichtigen, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt werden (vgl. Urteil vom 12. September 2019, Kommission/Kolachi Raj Industrial, C‑709/17 P, EU:C:2019:717, Rn. 82 und die dort angeführte Rechtsprechung).
133 Zum Kontext ist zu sagen, dass Fertigstellungen im Gegensatz zu Montagevorgängen in Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 4 der Antidumping-Grundverordnung nicht als Praxis, Fertigungsprozess oder Arbeit aufgeführt werden, die eine Umgehung im Sinne von Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 3 derselben Verordnung darstellen können.
134 Der Begriff „Fertigstellung“, bei dem es sich, wie in der mündlichen Verhandlung bestätigt worden ist, um einen autonomem Begriff handelt, der der Regelung der Union zur Verhinderung der Umgehung von Maßnahmen eigen ist, findet sich jedoch in Art. 13 Abs. 2 Buchst. b der Antidumping-Grundverordnung, wonach eine Umgehung ausgeschlossen ist, wenn „der Wert, der während der Montage oder Fertigstellung den verwendeten eingeführten Teilen hinzugefügt wurde, mehr als 25 v. H. der Herstellkosten beträgt“. Im Übrigen ist in diesem Zusammenhang zu betonen, dass keine weitere Bestimmung der Antidumping-Grundverordnung auf Fertigstellungen verweist.
135 Der Verweis auf die Fertigstellung im Rahmen von Art. 13 Abs. 2 Buchst. b der Antidumping-Grundverordnung, d. h. im Rahmen des Teils dieser Vorschrift, in dem die Voraussetzungen aufgeführt sind, unter denen ein Montagevorgang als Umgehung der geltenden Maßnahmen angesehen wird, spricht allerdings für die Auffassung der Kommission, wonach Fertigstellungen in den Anwendungsbereich von Art. 13 Abs. 2 der Antidumping-Grundverordnung fallen. Fertigstellungen können nämlich als eine Variante von Montagevorgängen ausgelegt werden.
136 Zum einen steht diese Auslegung im Einklang mit dem Ziel, das der Regelung der Union zur Umgehung zugrunde liegt, nämlich dem Ziel, die Wirksamkeit der von der Union erlassenen Antisubventionsmaßnahmen zu gewährleisten und zu verhindern, dass sie umgangen werden (vgl. oben Rn. 42). Zum anderen wird sie durch den Umstand untermauert, dass der Gesetzgeber, wie sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergibt, den Unionsorganen hinsichtlich der Definition der Umgehung einen weiten Spielraum lassen wollte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. September 2014, Simon, Evers & Co., C‑21/13, EU:C:2014:2154, Rn. 48).
137 Im Übrigen kann die vorstehende Auslegung nicht durch die Auffassung der Klägerin in Frage gestellt werden, wonach sich die Begriffe „Montage“ und „Fertigstellung“, die beide in der Antidumping-Grundverordnung erwähnt würden und durch die Konjunktion „oder“ getrennt seien, unterschieden, weshalb der Begriff „Fertigstellung“ nicht mit dem Begriff „Montagevorgang“ gleichgesetzt werden könne. Denn auch wenn sich die beiden in Rede stehenden Begriffe unterscheiden, wie die Verwendung der Konjunktion „oder“ bestätigt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. Mai 2013, Trelleborg Industrie und Trelleborg/Kommission, T‑147/09 und T‑148/09, EU:T:2013:259, Rn. 83), hindert dies nicht daran, den Begriff „Fertigstellung“ als einen Begriff anzusehen, der unter den Begriff „Montage“ subsumiert werden kann, und somit anzuerkennen, dass Fertigstellungen als Montagevorgänge im Sinne von Art. 13 Abs. 2 der Antidumping-Grundverordnung gelten. Im Übrigen gibt es nach der Rechtsprechung eine Vielzahl von Vorgängen, die unter den Begriff „Montage“ fallen (Urteil vom 13. Dezember 1989, Brother International, C‑26/88, EU:C:1989:637, Rn. 20).
138 Folglich ist festzustellen, dass Art. 13 der Antidumping-Grundverordnung sowohl für Montagevorgänge als auch für Fertigstellungen gilt, wobei Letztere eine Variante der Ersteren sind.
139 Nach dieser Klarstellung ist zu prüfen, ob das von der Klägerin in Marokko durchgeführte Näh-Strickverfahren, wie in den Erwägungsgründen 76, 77 und 79 der angefochtenen Durchführungsverordnung ausgeführt, im vorliegenden Fall als „Fertigstellung eingestuft werden [kann], die unter den Begriff ‚Montagevorgänge‘ nach Art. 13 der [Antidumping‑]Grundverordnung fällt“ (vgl. oben Rn. 125 bis 127).
140 Die Klägerin tritt einer solchen Einstufung entgegen. Sie trägt insoweit, worauf oben in Rn. 122 hingewiesen worden ist, vor, dass das Verfahren zur Herstellung von GFF in Marokko und die damit zusammenhängenden Tätigkeiten weit über das bloße Zusammenfügen von Elementen (bzw. die Montage) und Fertigstellungen hinausgingen. Insbesondere hebt sie zunächst hervor, dass sie die Umwandlung der Rovings in GFF nicht lediglich beende, sondern aus den Rovings eine völlig neue Ware mit anderen physikalischen und technischen Eigenschaften, anderen Endverwendungen sowie anderen Preisklassen herstelle. Sodann seien GFF nicht einfach „fertige“ Rovings, sondern das Ergebnis eines komplexen, aus mehreren Stufen bestehenden Herstellungsprozesses, der eine spezielle Ausrüstung und spezielle Fachkenntnisse sowie eine besondere Ausbildung erfordere. Schließlich würden die GFF, deren Liste mit schwerwiegenden Mängeln, die sie unbrauchbar machten, die Komplexität des Herstellungsprozesses belege, nach den Anforderungen der einzelnen Kunden maßgefertigt.
141 Vorab ist festzuhalten, dass die Antidumping-Grundverordnung kein aus der fehlenden Komplexität des Herstellungsprozesses hergeleitetes allgemeines Kriterium für die Frage vorsieht, ob ein Montagevorgang eine Umgehung im Sinne von Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 3 dieser Verordnung darstellen kann. Die Umstände, unter denen ein Montagevorgang in der Union oder in einem Drittland als Umgehung der geltenden Maßnahmen angesehen wird, sind in Abs. 2 dieses Artikels beschrieben, der auf den Anteil der verwendeten Teile aus dem Land, für das Maßnahmen gelten, und auf den Wert verweist, der diesen Teilen durch den fraglichen Vorgang hinzugefügt wurde.
142 Folglich wirken sich, wie die Kommission zu Recht hervorhebt, die von der Klägerin angeführten Umstände, dass es sich bei den GFF um neue Waren mit anderen physikalischen und technischen Eigenschaften, anderen Endverwendungen und anderen Preisklassen handle, sowie die Tatsache, dass die GFF das Ergebnis eines komplexen mehrstufigen Herstellungsprozesses seien, der eine spezielle Ausrüstung und spezielle Fachkenntnisse sowie eine besondere Ausbildung erfordere, selbst wenn sie als nachgewiesen unterstellt werden, nicht auf die Einstufung des Verfahrens zur Herstellung von GFF in Marokko als Montagevorgang oder Fertigstellung aus. Gleiches gilt für den Umstand, dass die GFF in verschiedenen Industriebereichen unterschiedlich verwendet würden und für sie eine sehr lange Liste möglicher Mängel existiere, die sie für Kunden unbrauchbar machen könnten, sowie den Umstand, dass sie nach den Anforderungen der einzelnen Kunden, die darüber hinaus ein gründliches Designprüfungs- und Zertifizierungsverfahren durchführten, maßgefertigt würden.
143 Daher hat die Kommission weder einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen noch gegen Art. 13 Abs. 1 und 2 der Antidumping-Grundverordnung verstoßen, als sie die von der Klägerin in Marokko durchgeführten Vorgänge anhand des Begriffs „Fertigstellung“ und nicht anhand des Begriffs „Montage“ geprüft und diese Vorgänge als Fertigstellung angesehen hat. Aufgrund der von der Klägerin vorgebrachten Gesichtspunkte kann schließlich keine Verletzung des Rechts auf eine gute Verwaltung festgestellt werden.
144 Folglich ist der vorliegende Teil als unbegründet zurückzuweisen.
c) Zum dritten Teil: o ffensichtliche Beurteilungsfehler, Verstoß gegen Art. 23 Abs. 3 der Antisubventions-Grundverordnung, Verletzung des Rechts auf eine gute Verwaltung sowie Verstoß gegen die Grundsätze der Nichtdiskriminierung und der Gleichbehandlung bei der Feststellung des Schwellenwerts für den Wertzuwachs im Rahmen der Montagevorgänge
145 Zur Stützung des vorliegenden Teils des vierten Klagegrundes erhebt die Klägerin im Wesentlichen drei Rügen.
146 Mit der ersten Rüge macht die Klägerin geltend, die angefochtene Durchführungsverordnung beruhe auf offensichtlichen Beurteilungsfehlern und verstoße gegen Art. 23 Abs. 3 der Antisubventions-Grundverordnung, da sie ihre Fixkosten, insbesondere die Abschreibungs- und Mietkosten, im Rahmen der Feststellung des Schwellenwerts für den Wertzuwachs bei den verwendeten eingeführten Teilen im Sinne von Art. 13 Abs. 2 Buchst. b der Antidumping-Grundverordnung entsprechend dem Grad der Kapazitätsauslastung berichtige.
147 Als Erstes sei es rechtlich unzulässig und sachlich falsch, die Fixkosten zu berichtigen, um die Kapazitätsauslastung widerzuspiegeln.
148 Zum einen gebe es keine Rechtsvorschrift, die es der Kommission gestatte, die Fixkosten entsprechend dem Grad der Kapazitätsauslastung zu berichtigen. Insbesondere sei eine Berichtigung der Fixkosten nach Maßgabe der Kapazitätsauslastung inkohärent, da die Fixkosten per Definition nicht von den hergestellten Mengen oder der genutzten Kapazität abhingen. Daher stehe die von der Kommission vorgenommene Berichtigung im Widerspruch zur bewährten buchhalterischen Definition der „Fixkosten“ und verzerre die Wertsteigerungsermittlung.
149 Im Rahmen der Erwiderung wendet sich die Klägerin auch gegen die von der Kommission unter Berücksichtigung des Kontexts und des Zwecks von Art. 13 Abs. 2 Buchst. b der Antidumping-Grundverordnung vorgeschlagene Auslegung des Begriffs „Wertzuwachs“. Sie macht zunächst geltend, dieser Begriff sei im Zusammenhang mit dem Begriff „Herstellkosten“ zu sehen, der im selben Satz der erwähnten Vorschrift vorkomme. Da der letztgenannte Begriff in Art. 2 der Antidumping-Grundverordnung definiert sei, bedeute ein Verweis auf Kosten im Kontext von Art. 13 Abs. 2 Buchst. b dieser Verordnung, dass die Begriffe „Wertzuwachs“ und „entstandene Kosten“ identisch seien und eine Berichtigung der entstandenen Kosten gemäß dem Wertzuwachs nur auf der Grundlage von Art. 2 Abs. 5 der Verordnung vorgenommen werden könne. Dieser Artikel sehe aber keine Berichtigung vor, wenn die Kosten auf der Grundlage von Buchführungsunterlagen berechnet würden, die nach allgemein anerkannten Buchführungsgrundsätzen erstellt worden seien und die mit der Herstellung und dem Verkauf der betreffenden Ware zusammenhängenden Kosten in angemessener Weise berücksichtigten, auch wenn diese Kosten unter Berücksichtigung der tatsächlichen Kapazitätsauslastungsrate niedrig oder hoch erschienen. Dasselbe Verbot gelte für den Wertzuwachs, der in einem Kostenkontext zu sehen sei.
150 Zum anderen gebe es keinen sachlichen Grund für eine Berichtigung der Fixkosten. Bei dieser Methode, so die Klägerin, könnten Abschreibungs- und Mietkosten nur dann vollständig berücksichtigt werden, wenn sie voll ausgelastet sei, was in der Praxis nie vorkomme; zudem würden Abschreibungskosten nur insoweit berichtigt, als die Abschreibungskosten für GFF‑Maschinen, die nicht während des gesamten Jahres 2020 in Betrieb gewesen seien, nicht berücksichtigt werden könnten. Die Klägerin fügt hinzu, dass die von der Kommission im 84. Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung gegebene Begründung für die Berichtigung der Fixkosten durch die Tatsachen nicht gestützt werde, da die Kommission nicht festgestellt habe, dass ihre Maschinen 300 Tage lang in Betrieb gewesen seien. Die GFF‑Maschinen seien erst ab dem Zeitpunkt ihrer Installation und nur für die Dauer ihres Betriebs abgeschrieben worden. Die Abschreibungskosten, die sie der Kommission gemeldet habe, spiegelten somit den Zeitraum wider, in dem die GFF‑Maschinen tatsächlich genutzt und abgeschrieben worden seien.
151 Als Zweites gebe es keinen Grund, die Mietkosten für das „Werk – Phase 2“ von den bei der Wertsteigerungsermittlung berücksichtigten Mietkosten auszunehmen, weil dieses Werk [vertraulich ], die einzige von ihr hergestellte Ware, enthalten habe. Da sowohl das „Werk – Phase 1“ als auch das „Werk – Phase 2“ zur Herstellung der betreffenden Ware genutzt worden seien, gebe es keinen Grund, die Mietkosten für das „Werk – Phase 2“ auszunehmen. Sämtliche Mietkosten trügen zum Wertzuwachs bei der Fertigware bei.
152 Als Drittes habe die Kommission die drei verschiedenen von ihr vorgeschlagenen Methoden zur Wertsteigerungsermittlung aus falschen Gründen zurückgewiesen. Insbesondere beruhe die Zurückweisung der ersten Methode aus den im 86. Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung dargelegten Gründen auf einem offensichtlichen Beurteilungsfehler. Die Klägerin weist insoweit darauf hin, dass sie erläutert habe, weshalb der März ursprünglich nicht als erster Produktionsmonat angegeben worden sei. Daher habe die Kommission keine Anhaltspunkte gehabt, um die vorgelegten Informationen in Frage zu stellen. In Bezug auf die zweite und die dritte Methode macht die Klägerin geltend, die von der Kommission herangezogene Kapazitätsauslastungsrate von [vertraulich ] sei auf der Grundlage ihrer Gesamtkapazität unter Berücksichtigung aller GFF‑Maschinen und insbesondere derjenigen ermittelt worden, die nicht während des gesamten Jahres 2020 in Betrieb gewesen seien. Daher sei diese Rate für die Kapazitätsauslastungsrate für das gesamte Jahr 2020 in Wirklichkeit weniger repräsentativ. Die Kommission könne die von ihr vorgeschlagenen Lösungen somit nicht mit der Begründung zurückweisen, dass sie für die Kapazitätsauslastungsrate für das gesamte Jahr 2020 nicht repräsentativ seien, ohne ihre eigene Methode in Frage zu stellen.
153 Mit der zweiten Rüge führt die Klägerin an, die Tatsache, dass die Fixkosten berichtigt worden seien, um die Kapazitätsauslastung widerzuspiegeln, und dafür [vertraulich ] der Abschreibungs‑ und Mietkosten für das „Werk – Phase 1“ herangezogen worden seien, sei diskriminierend. Im Wesentlichen wirft sie der Kommission vor, diese habe eine Diskriminierung zwischen ihr und dem Wirtschaftszweig der Union vorgenommen, indem sie die Herstellkosten dieses Wirtschaftszweigs bei der Berechnung des Zielpreises in der Ausgangsuntersuchung nicht berichtigt habe, obwohl der Wirtschaftszweig der Union für den Untersuchungszeitraum eine geringe Kapazitätsauslastung angegeben habe.
154 Mit der dritten Rüge macht die Klägerin geltend, die angefochtene Durchführungsverordnung verletze ihr Recht auf eine gute Verwaltung, da sie nicht sorgfältig und unparteiisch alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls untersuche und eine Kostenberichtigung vornehme, ohne ihre Erläuterungen zur Nutzung der Maschinen und zu den Mietkosten zu berücksichtigen.
155 Die Kommission und der Streithelfer zu ihrer Unterstützung treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.
156 Der vorliegende Teil bezieht sich im Wesentlichen auf die Ermittlung des Werts, der im Sinne von Art. 13 Abs. 2 Buchst. b der Antidumping-Grundverordnung während der Montage oder Fertigstellung den verwendeten eingeführten Teilen hinzugefügt wurde.
157 Nach Art. 13 Abs. 2 Buchst. b der Antidumping-Grundverordnung gilt „als Umgehung … nicht der Fall, in dem der Wert, der während der Montage oder Fertigstellung den verwendeten eingeführten Teilen hinzugefügt wurde, mehr als 25 v. H. der Herstellkosten beträgt“.
158 Bevor mit der Prüfung der drei von der Klägerin zur Stützung des vorliegenden Teils erhobenen Rügen begonnen wird, ist auf die einschlägigen Erwägungsgründe der angefochtenen Durchführungsverordnung hinzuweisen.
1) Zur Wertsteigerungsermittlung in der angefochtenen Durchführungsverordnung
159 Im 80. Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung wies die Kommission darauf hin, dass der Klägerin zufolge „[deren] Wertschöpfungskosten den Schwellenwert von 25 % [überstiegen]“. Sie stellte insoweit klar, dass „[d]ie beiden wichtigsten [von der Klägerin herangezogenen] Kostenpositionen bei der Wertsteigerungsermittlung … die Abschreibungs- und Mietkosten [waren], die Teil der von [der Klägerin] in dem Formular für den Antrag auf Befreiung übermittelten Finanzdaten des Betrachtungszeitraums darstellten“.
i) Zu den Abschreibungskosten
160 In Bezug auf die Abschreibungskosten machte die Klägerin, wie aus dem 81. Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung hervorgeht, geltend, dass „weniger als zehn GFF‑Maschinen … in ihren Räumlichkeiten installiert seien und das[s] jede davon 300 von 360 Tagen im Jahr 2020 in Betrieb gewesen sei“. Daher „berechnete [das Unternehmen] den Abschreibungsbetrag für den Betrachtungszeitraum auf der Grundlage [dreier] Elemente, [nämlich des] Anschaffungswert[s], … 9,5 % als Prozentsatz der Wertberichtigung, um die Nutzungsdauer … zu berücksichtigen, [und der] bereits genannten 300 aus insgesamt 360 Tagen, an denen die Maschinen in Betrieb waren“.
161 Aus dem 82. Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung ergibt sich, dass die Kommission der von der Klägerin verwendeten Methode der Berechnung der Abschreibungskosten im Rahmen der Wertsteigerungsermittlung im Sinne von Art. 13 Abs. 2 Buchst. b der Antidumping-Grundverordnung nicht zustimmte.
162 Im 82. Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung wird insoweit auf Folgendes hingewiesen:
„[D]ie Verwendung von 300 Tagen als Element zur Berechnung des Abschreibungsbetrages [kann] nach internationalen Rechnungslegungsstandards zwar akzeptabel sein, hat jedoch dazu geführt, dass der von [der Klägerin] im Rahmen der Wertsteigerungsermittlung berechnete Abschreibungsbetrag aus verschiedenen Gründen zu hoch angesetzt wurde. Zunächst war die Kapazitätsauslastung (tatsächliche Produktion in kg geteilt durch die tatsächliche Produktionskapazität in kg) der GFF‑Maschinen im Jahr 2020 niedrig … In Anbetracht der niedrigen Kapazitätsauslastung wurden die gemeldeten Abschreibungskosten daher als zu hoch angesetzt betrachtet. Zweitens wurden vier der GFF‑Maschinen erst im November 2019 von Shanghai nach Tanger befördert und konnten daher im Jahr 2020 angesichts der Transportzeit zwischen Shanghai und Tanger und des Zeitraums für die Abladung, der Montage und der Prüfung einer jeden dieser vier GFF‑Maschinen nicht 300 Tage lang laufen. Drittens brachte [die Klägerin] in [ihrem] Formular für den Antrag auf Befreiung vor, dass die Produktion erst im April 2020 begann. Wenn dies zutrifft, konnte die gesamte Laufzeit für die montierten GFF‑Maschinen höchstens 270 Tage betragen (von April 2020 bis Dezember 2020), ohne überhaupt die Stillstandzeiten, die durch Abschaltungen wegen notwendiger Wartung, freier Tage und Urlaube verursacht werden, zu berücksichtigen. Infolgedessen gelangte die Kommission zu dem Schluss, dass die für die Berechnung der Wertschöpfungskosten zu berücksichtigenden Abschreibungskosten deutlich niedriger sein könnten als die von [der Klägerin] berechneten Abschreibungskosten.“
163 Aus den Erwägungsgründen 85 und 86 der angefochtenen Durchführungsverordnung geht hervor, dass die Kommission auch die Verwendung der nachstehenden drei von der PGTEX-Gruppe vorgeschlagenen alternativen Methoden zurückwies, nämlich
– Anpassung der Kapazität zur Wiedergabe dieser Monate, in denen die relevanten GFF‑Maschinen nicht in Betrieb waren,
– Verwendung nur der Kostendaten von Dezember 2020, also dem Monat im Untersuchungszeitraum, in dem die meisten GFF‑Maschinen in Betrieb waren, mit Ausnahme der Maschine [vertraulich ],
– Verwendung der Kostendaten für den Zeitraum von Juli bis Dezember 2020, da [vertraulich ].
164 Insbesondere wird im 86. Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung Folgendes festgestellt:
– „Der Monat März 2020 wurde von [der Klägerin] in Anhang 7.2 [ihres] Schreibens vom 12. Oktober 2021 nicht als einer der Produktionsmonate genannt. [Diese] erklärte am 12. Oktober 2021 zum ersten Mal, … dass im März 2020 Produktion stattgefunden habe, aber dass diese Produktion im März 2020 erst in den Produktionsdaten für den Monat April 2020 erfasst worden sei. Dies bedeutet, dass die Kommission andere Fehler und/oder Verzögerungen bei der Erfassung der monatlichen Produktion nicht ausschließen konnte. …
– Die Verwendung der Kostendaten nur von Dezember 2020 konnte auch nicht akzeptiert werden, da die Kapazitätsauslastungsrate für den Monat Dezember 2020 für die Kapazitätsauslastungsrate für das gesamte Jahr 2020 nicht repräsentativ war.
– Die Verwendung der Kostendaten für den Zeitraum von Juli bis Dezember 2020 konnte aus demselben Grund wie der für die zweite vorgeschlagene Alternative angegebene auch nicht akzeptiert werden. Die Kapazitätsauslastungsrate für den Zeitraum von Juli bis Dezember 2020 war für die Kapazitätsauslastungsrate für das gesamte Jahr 2020 nicht repräsentativ.“
165 Folglich gelangte die Kommission im 86. Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung zu dem Schluss, dass „die Kapazitätsauslastungsrate für das gesamte Jahr 2020 der geeignetste Indikator war, um den vollständig erfasste[n] Abschreibungssatz im Rahmen der Wertsteigerungsermittlung vernünftig zu reduzieren“.
ii) Zu den Mietkosten
166 Zu den Mietkosten stellte die Kommission im 91. Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung Folgendes fest:
„… übermittelte [die Klägerin] trotz der wesentlichen Mietkosten, die [ihr] 2020 entstanden, keine Mietverträge in [ihrer] Antwort im Formular für den Antrag auf Befreiung. … In [ihrem] Formular für den Antrag auf Befreiung teilte [sie] der Kommission mit, dass [sie] alle [ihre] GFF‑Maschinen an einem Standort montiert hatte (Werk – Phase 1). Ursprünglich gab [sie] an, nur dieses eine Werk gemietet zu haben, da [sie] nach eigenen Angaben ‚nur einen Produktionsstandort‘ habe, obwohl das Formular für den Antrag auf Befreiung einen Punkt enthält, in dem die Anschriften aller Produktionsstandorte anzugeben sind. Anschließend übermittelte [die Klägerin] jedoch zwei Mietverträge [in ihrer] Antwort auf [die] … Anforderung noch fehlender Informationen, aus denen hervorging, dass [sie] im Betrachtungszeitraum zwei verschiedene Räumlichkeiten von zwei verschiedenen Gebäudeeigentümern mietete. Da [die Klägerin] vorher in [ihrem] Formular für den Antrag auf Befreiung behauptet hatte, dass die GFF‑Maschinen, die im Jahr 2020 liefen, nur in einem dieser zwei gemieteten Werke montiert waren, hätten die Mietbeträge, die im Jahr 2020 für das zweite Werk (Werk – Phase 2) entstanden sind, von den Miet- und Wertschöpfungskosten ausgeschlossen werden müssen. Aufgrund der niedrigen Kapazitätsauslastung konnte die Kommission zudem im Rahmen der Wertschöpfungsberechnung auch die Gesamtmietkosten für das Werk – Phase 1 nicht akzeptieren, da es aufgrund der Tatsache, dass die GFF‑Maschinen im ersten Quartal 2020 nicht in Betrieb waren und in den anderen Quartalen 2020 nicht bei voller Kapazität liefen, nicht vollständig genutzt wurde. Aus diesen Gründen akzeptierte die Kommission die gemeldeten Gesamtmietkosten nicht.“
167 Vor der Kommission argumentierte die PGTEX-Gruppe, dass die Kommission offensichtliche Beurteilungsfehler gemacht und unter Verstoß gegen Art. 13 Abs. 2 der Antidumping-Grundverordnung gehandelt habe, da sie nicht die vollständigen Mietkosten berücksichtigt habe (92. Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung).
168 Wie aus dem 93. Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung hervorgeht, „wies [die Kommission] dieses Vorbringen auf der Grundlage folgender Angaben zurück, die [die PGTEX-Gruppe] im Laufe der Untersuchung gemacht hat“. Darin heißt es nämlich wie folgt:
„Zunächst verwies [die PGTEX-Gruppe] in ihrer Antwort auf [die] … Anforderung noch fehlender Informationen … nur auf das Werk – Phase 1 hinsichtlich ihrer [vertraulich ]. Zweitens gab [sie] in ihrer Antwort auf [die] … Anforderung noch fehlender Informationen … an, dass sich alle ihre GFF‑Maschinen, die 2020 in Betrieb waren, im Werk – Phase 1 befanden. Infolgedessen zog die Kommission den Schluss, dass sich keine dieser Maschinen, die im Jahr 2020 in Betrieb waren, im Werk – Phase 2 [befand]. Dies wurde von anderen Angaben [der Gruppe] in ihrer Antwort auf [die] … Anforderung noch fehlender Informationen … bestätigt.“
169 Daher gelangte die Kommission im 94. Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung zu dem Schluss, dass „[d]urch Berichtigung der gemeldeten Abschreibungs- und Mietkosten unter Berücksichtigung der obengenannten Fragen … der im Betrachtungszeitraum so ermittelte durchschnittliche Wertzuwachs unter dem Schwellenwert von 25 % [gelegen hatte], der in Artikel 13 Absatz 2 Buchstabe b der Antidumping-Grundverordnung festgesetzt ist“, und „[a]ndere Kostenpositionen … ebenfalls zu hoch angesetzt [worden waren], … jedoch nicht berichtigt [worden waren], da diese Berichtigungen einen noch niedrigeren Prozentsatz des Wertzuwachses ergeben hätten“.
2) Zur ersten Rüge: offensichtliche Beurteilungsfehler und Verstoß gegen Art. 13 Abs. 2 Buchst. b der Antidumping-Grundverordnung
170 Mit der vorliegenden Rüge wird im Wesentlichen die Vorfrage aufgeworfen, wie der Wertzuwachs im Sinne von Art. 13 Abs. 2 Buchst. b der Antidumping-Grundverordnung zu ermitteln ist und ob die Kommission bei der Ermittlung die Kosten berücksichtigen muss, die von dem Montagen oder Fertigstellungen durchführenden Unternehmen verbucht worden sind, oder ob sie diese Kosten unter Berücksichtigung der tatsächlichen Produktionskapazität des Unternehmens berichtigen kann.
171 Insoweit sei daran erinnert, dass die Antidumping-Grundverordnung keine Definition des Begriffs „Wertzuwachs“ enthält.
172 Im vorliegenden Fall sind sich die Verfahrensbeteiligten zwar darin einig, dass der Wertzuwachs im Sinne von Art. 13 Abs. 2 Buchst. b der Antidumping-Grundverordnung der Wert ist, der infolge der Montage oder Fertigstellung in das hergestellte Erzeugnis eingeht, streiten aber darüber, ob der besagte Begriff mit dem Begriff „entstandene Kosten“ oder gar „verbuchte Kosten“ übereinstimmt oder sich von diesem unterscheidet. Während die Klägerin insbesondere die Ansicht vertritt, dass die Begriffe „Wertzuwachs“ und „entstandene Kosten“ identisch seien und die Berichtigung der entstandenen Kosten gemäß dem Wertzuwachs nur aus den in Art. 2 Abs. 5 der Antidumping-Grundverordnung genannten Gründen vorgenommen werden könne, der die Produktionskapazitätsauslastungsrate jedoch nicht als Berichtigungskriterium vorsehe, trägt die Kommission vor, dass sich der Begriff „Wertzuwachs“ vom Begriff „entstandene Kosten“ unterscheide und sowohl Ziel als auch Wortlaut von Art. 13 Abs. 2 Buchst. b dieser Verordnung verlangten, dass die verbuchten Fixkosten berichtigt würden, um den Wert zu ermitteln, der den verwendeten eingeführten Teilen hinzugefügt wurde, und zwar insbesondere dann, wenn die Kapazitätsauslastung besonders niedrig sei.
173 Wie oben in Rn. 132 in Erinnerung gerufen worden ist, sind bei der Auslegung einer Unionsvorschrift nach ständiger Rechtsprechung nicht nur ihr Wortlaut, sondern auch ihr Zusammenhang und die Ziele zu berücksichtigen, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt werden (vgl. Urteil vom 12. September 2019, Kommission/Kolachi Raj Industrial, C‑709/17 P, EU:C:2019:717, Rn. 82 und die dort angeführte Rechtsprechung).
174 Im vorliegenden Fall geht aus Art. 13 Abs. 2 Buchst. b der Antidumping-Grundverordnung hervor, dass die Kommission ermitteln muss, ob „der Wert, der während der Montage oder Fertigstellung den verwendeten eingeführten Teilen hinzugefügt wurde, mehr als 25 v. H. der Herstellkosten beträgt“.
175 Der Umstand, dass der Begriff „Kosten“ im selben Satz von Art. 13 Abs. 2 Buchst. b der Antidumping-Grundverordnung wie der Wertzuwachs vorkommt, reicht aber nicht aus, um zu dem Schluss zu gelangen, dass die Begriffe „Wertzuwachs“ und „entstandene Kosten“ identisch sind und die Herstellkosten, die bei der Wertsteigerungsermittlung im Sinne dieser Vorschrift zu berücksichtigen sind, nur aus den in Art. 2 Abs. 5 der Verordnung genannten Gründen und unter den dort vorgesehenen Voraussetzungen berichtigt werden dürfen, wie die Klägerin geltend macht.
176 Zum einen scheint die von der Klägerin vorgeschlagene Auslegung nämlich nicht zu berücksichtigen, dass die Union mit Art. 2 Abs. 5 der Antidumping-Grundverordnung zwar den besonderen Verpflichtungen aus Art. 2.2.1.1 des Übereinkommens zur Durchführung des Artikels VI des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens 1994 (GATT) (ABl. 1994, L 336, S. 103) nachkommen wollte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. Februar 2013, Acron/Rat, T‑118/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:67, Rn. 66), die in Art. 13 dieser Verordnung enthaltene Regelung der Union zur Umgehung ihre Grundlage jedoch nicht in besagtem Übereinkommen findet, so dass sie als ein spezifisches unionsrechtliches RegelWerk anzusehen ist.
177 Daher muss eine Auslegung von Art. 13 Abs. 2 Buchst. b der Antidumping-Grundverordnung im Licht anderer Bestimmungen dieser Verordnung, wie beispielsweise deren Art. 2 Abs. 5, der eine Umsetzung der besonderen Verpflichtungen aus dem Übereinkommen zur Durchführung des Artikels VI des GATT in das Unionsrecht darstellt, eine andere Rechtfertigung finden als diejenige, die auf den bloßen Umstand gestützt wird, dass der Begriff „Herstellkosten“ im selben Satz wie der Begriff „Wertzuwachs“ vorkommt.
178 Zum anderen steht die von der Klägerin vorgeschlagene Auslegung nicht im Einklang mit dem Ziel, das der in Art. 23 der Antisubventions-Grundverordnung verankerten Antiumgehungsregelung zugrunde liegt, nämlich die Wirksamkeit der von der Union erlassenen Ausgleichsmaßnahmen zu gewährleisten und zu verhindern, dass sie umgangen werden (vgl. oben Rn. 42). In einer Situation wie der, in der sich die Klägerin im vorliegenden Fall befindet, deren Abschreibungskosten auf der Grundlage der theoretischen Höchstlaufzeit sämtlicher der [vertraulich ] GFF‑Maschinen im gesamten Betrachtungszeitraum, d. h. im Jahr 2020, berechnet und verbucht worden sind, obwohl die GFF‑Maschinen in diesem Zeitraum in Wirklichkeit lediglich mit [vertraulich ] ihrer Kapazität gelaufen sind, schlagen sich die so verbuchten Abschreibungskosten nämlich nicht vollständig im Wertzuwachs der verwendeten eingeführten Teile nieder. Daher würde ein Ausschluss der Möglichkeit, die Abschreibungskosten zu berichtigen, um der geringen Kapazitätsauslastung der Maschinen Rechnung zu tragen, letztlich dazu führen, dass das Unternehmen die Höhe des Werts, der den verwendeten eingeführten Teilen hinzugefügt wurde, aufblähen könnte. Eine Maschine, die ungenutzt bleibt, führt nämlich zu Abschreibungskosten, die verbucht werden, fügt den im Rahmen einer Montage oder Fertigstellung verwendeten eingeführten Teilen aber keinen Wert hinzu.
179 Daher erfordern Kontext und Ziel von Art. 13 der Antidumping-Grundverordnung, dass bei der Wertsteigerungsermittlung nur die mit der tatsächlichen Herstellung von GFF zusammenhängenden Kosten oder sogar nur die Abschreibungs- und Mietkosten berücksichtigt werden, die mit dem Betrieb der Maschinen zusammenhängen, die wirklich zur Herstellung der im Betrachtungszeitraum tatsächlich verwendeten eingeführten Teile genutzt worden sind.
180 Abgesehen davon ist festzustellen, ob die Berichtigung der Abschreibungs- und Mietkosten, wie sie im vorliegenden Fall von der Kommission vorgenommen worden ist, an einem offensichtlichen Beurteilungsfehler leidet.
181 Wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung klargestellt hat, wirft sie der Kommission vor, die von ihr gemeldeten Abschreibungs- und Mietkosten unter Anwendung einer Kapazitätsauslastungsrate von [vertraulich ] für das gesamte Jahr 2020 berichtigt zu haben.
182 Wenn der Zweck der von der Kommission vorgenommenen Berichtigung der Abschreibungs- und Mietkosten, so die Klägerin, darin bestehe, die tatsächliche Nutzung der GFF‑Maschinen widerzuspiegeln, entspreche diese Rate nicht dem verfolgten Zweck, da sie auf der Grundlage der theoretischen Höchstkapazität aller ihrer GFF‑Maschinen, einschließlich derjenigen, die nicht in Betrieb gewesen seien, ermittelt worden sei. Daher hätte die Kommission, wenn sie die Kosten berichtigen wolle, die anderen von ihr vorgelegten Methoden zur Berechnung der Abschreibungskosten berücksichtigen müssen, und zwar insbesondere die erste Methode, in der sie im Wesentlichen vorschlage, die Kosten unter Berücksichtigung der Anzahl der Monate des Betrachtungszeitraums zu berichtigen, in denen jede GFF‑Maschine tatsächlich in Betrieb gewesen sei.
183 In diesem Zusammenhang ist als Erstes hervorzuheben, dass die Unionsorgane, worauf oben in Rn. 54 hingewiesen worden ist, nach der Rechtsprechung im Bereich der gemeinsamen Handelspolitik, besonders im Bereich handelspolitischer Schutzmaßnahmen, wegen der Komplexität der von ihnen zu prüfenden wirtschaftlichen, politischen und rechtlichen Sachverhalte über ein weites Ermessen verfügen. Die gerichtliche Kontrolle einer entsprechenden Beurteilung ist daher auf die Prüfung der Fragen zu beschränken, ob die Verfahrensvorschriften eingehalten wurden, ob der Sachverhalt, der der beanstandeten Entscheidung zugrunde gelegt wurde, zutreffend festgestellt ist und ob keine offensichtlich fehlerhafte Beurteilung dieses Sachverhalts und kein Befugnismissbrauch vorliegen.
184 Als Zweites beruhten die der Kommission von der Klägerin gemeldeten Abschreibungskosten, wie aus dem 81. Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung hervorgeht (vgl. oben Rn. 160), auf der theoretischen Höchstkapazität ihrer Maschinen. Insoweit ist klarzustellen, dass die Klägerin in der Klageschrift zwar behauptet, dass die der Kommission von ihr gemeldeten Abschreibungskosten den Zeitraum widerspiegelten, in dem die GFF‑Maschinen tatsächlich genutzt und abgeschrieben worden seien, aber nichts vorträgt, was diese Behauptung stützen könnte. Im Übrigen widersprechen bestimmte Angaben in der Akte einer solchen Behauptung. Denn zum einen erscheint diese im Licht der in der Antwort auf das Schreiben zu Art. 28 enthaltenen Feststellung, dass die Klägerin „die Anzahl der Tage, an denen die [GFF]-Maschinen in Betrieb waren, nicht erfasst hat“, wenig glaubhaft. Zum anderen wird diese Feststellung von der Klägerin selbst widerlegt, da sie in der Klageschrift anerkennt, dass die Fixkosten, die ihr im Jahr 2020 tatsächlich für die GFF‑Produktion entstanden sind, „auf der Grundlage der lokal allgemein anerkannten Rechnungslegungsgrundsätze verbucht werden“ und „[d]ie [Kommission] – weit davon entfernt, dies zu bestreiten – einräumt, dass ‚die Verwendung von 300 Tagen als Element zur Berechnung des Abschreibungsbetrages nach internationalen Rechnungslegungsstandards … akzeptabel sein kann‘“.
185 Als Drittes können, wie die Kommission vorträgt, Abschreibungskosten, die auf der Grundlage der theoretischen Höchstlaufzeit sämtlicher der [vertraulich ] GFF‑Maschinen im gesamten Betrachtungszeitraum berechnet worden sind, nur dann als ein Wert angesehen werden, der den verwendeten eingeführten Teilen hinzugefügt wurde, wenn die Maschinen im gesamten Betrachtungszeitraum tatsächlich mit ihrer theoretischen Höchstkapazität gelaufen sind, was jedoch im vorliegenden Fall aus den im 82. Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung dargelegten Gründen (vgl. oben Rn. 162) und insbesondere deshalb nicht der Fall gewesen ist, weil dieser Zeitraum einer Phase des Aufbaus der Produktionsstätte der Klägerin entsprach.
186 Die Kommission, die der Ansicht war, dass die von der Klägerin vorgelegten Abschreibungs- und Mietkosten den Wert, der den verwendeten eingeführten Teilen hinzugefügt worden war, nicht glaubhaft widerspiegeln konnten, hat diese Kosten daher berichtigt. Dafür hat sie die Kapazitätsauslastungsrate herangezogen, die von der Klägerin gemeldet und von ihr nicht beanstandet worden war (Erwägungsgründe 84 und 86 der angefochtenen Durchführungsverordnung).
187 Da sowohl die von der Klägerin auf der Grundlage der theoretischen Höchstkapazität ermittelten Abschreibungskosten als auch die Kapazitätsauslastung auf der Grundlage derselben Anzahl von GFF‑Maschinen berechnet worden sind, als ob diese im gesamten Betrachtungszeitraum in Betrieb gewesen wären, stellt es, wie die Kommission zu Recht feststellt, entgegen dem Vorbringen der Klägerin aber keinen Tatsachenfehler dar, wenn das eine zur Berichtigung des anderen verwendet wird.
188 Darüber hinaus hätten die drei anderen der Kommission von der Klägerin vorgeschlagenen Methoden zur Wertsteigerungsermittlung den Wert, der den verwendeten eingeführten Teilen hinzugefügt worden war, nicht besser widerspiegeln können.
189 Insoweit genügt der Hinweis, dass die Klägerin der Kommission mit der ersten Methode zur Wertsteigerungsermittlung vorgeschlagen hat, die auf der Grundlage einer Höchstlaufzeit von zwölf Monaten berechneten Abschreibungskosten unter Berücksichtigung der Anzahl der Monate, in denen jede Maschine im Jahr 2020 tatsächlich in Betrieb gewesen war, zu berichtigen. Damit diese Methode den Wert, der den verwendeten eingeführten Teilen tatsächlich hinzugefügt wurde, genau widerspiegelt, müssten die Abschreibungskosten aber auf der Grundlage der Anzahl der Monate berechnet werden, in denen die Maschinen tatsächlich genutzt worden sind – und nicht auf der Grundlage von zwölf Monaten, wie in der von der Klägerin vorgeschlagenen Berechnung –, was im Übrigen voraussetzt, dass die Anzahl der Monate bekannt ist, in denen die Maschinen tatsächlich genutzt worden sind.
190 Aus dem 86. Erwägungsgrund erster Gedankenstrich der angefochtenen Durchführungsverordnung und den Akten geht jedoch hervor, dass die Produktion im März 2020 von der Klägerin erst in ihren Produktionsdaten für den Monat April 2020 erfasst worden ist. Daher entsprechen die monatlichen Produktionsdaten für den Monat April nicht der tatsächlichen Produktion in diesem Monat, da ein Teil der Produktion des Monats April in Wirklichkeit im März stattgefunden hat.
191 Da die von der Klägerin vorgelegten monatlichen Produktionsdaten nicht mit Sicherheit erkennen ließen, in welchen Monaten des Betrachtungszeitraums die GFF‑Maschinen tatsächlich genutzt worden waren, hat die Kommission die erste von der Klägerin vorgeschlagene Methode zur Wertsteigerungsermittlung somit zu Recht zurückgewiesen.
192 Zur zweiten Methode zur Wertsteigerungsermittlung, bei der die Kostendaten für Dezember 2020 verwendet werden sollen, und zur dritten Methode, die darin besteht, die Kostendaten für den Zeitraum Juli bis Dezember 2020 zu verwenden, ist zu sagen, dass sich die Untersuchung, worauf die Kommission deutlich hingewiesen hat, auf das gesamte als Betrachtungszeitraum definierte Kalenderjahr 2020 bezog, da, wenn man sich auf einen Monat (nämlich den Monat Dezember) oder einen Sechsmonatszeitraum (nämlich den Zeitraum von Juli bis Dezember 2020) stützen würde, dies weder für die in den zwölf Monaten des Jahres 2020 durchgeführten Vorgänge repräsentativ wäre noch die Lücke zwischen der Art und Weise der Berechnung der Abschreibungskosten für einen oder sechs Monate auf der Grundlage der theoretischen Höchstkapazität einerseits und der tatsächlichen Produktivität der Maschinen, d. h. des Werts, der den verwendeten eingeführten Teilen hinzugefügt wurde, andererseits füllen könnte.
193 Nach alledem ist festzustellen, dass die Kommission ohne einen offensichtlichen Beurteilungsfehler oder einen Verstoß gegen Art. 13 der Antidumping-Grundverordnung die von der Klägerin berechneten Abschreibungskosten unter Berücksichtigung der tatsächlichen Kapazitätsauslastungsrate im Betrachtungszeitraum berichtigt und die drei anderen von der Klägerin vorgeschlagenen Methoden zur Wertsteigerungsermittlung außer Acht gelassen hat.
194 Diese Schlussfolgerung kann nicht durch das Argument der Klägerin in Frage gestellt werden, wonach es keinen Grund gebe, die Mietkosten für das „Werk – Phase 2“ von den bei der Wertsteigerungsermittlung berücksichtigten Mietkosten auszunehmen (vgl. oben Rn. 151). Zu bemerken ist nämlich, dass sich die GFF‑Maschinen, die 2020 in Betrieb waren, wie aus dem 93. Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung hervorgeht (vgl. oben Rn. 168), allesamt im „Werk – Phase 1“ befanden und, wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung anerkannt hat, erst nach 2020 GFF‑Maschinen im „Werk – Phase 2“ installiert worden sind.
195 Außerdem erkennt die Klägerin selbst an, dass der Plan für das „Werk – Phase 2“ auf das Vorhandensein von [vertraulich ] hindeutet. Im Übrigen hat die Kommission in der mündlichen Verhandlung insoweit klargestellt, ohne dass ihr die Klägerin widersprochen hat, dass diese nie darauf hingewiesen habe, dass GFF tatsächlich [vertraulich ] worden seien.
196 Daher konnte die Kommission feststellen, dass in diesem „Werk – Phase 2“ keine echte Produktionstätigkeit stattgefunden hatte, so dass sich die Mietkosten für das Werk nicht in einem Wert niederschlugen, der den verwendeten eingeführten Teilen hinzugefügt worden war. Da solche Kosten aus dem oben in Rn. 179 dargelegten Grund nicht mit der tatsächlichen Produktion von GFF zusammenhängen, können sie im Rahmen der Wertsteigerungsermittlung nämlich nicht berücksichtigt werden.
197 Somit ist festzustellen, dass die Kommission die Mietkosten für das „Werk – Phase 2“ ohne einen offensichtlichen Beurteilungsfehler von den bei der Wertsteigerungsermittlung berücksichtigten Mietkosten ausgenommen hat.
198 Nach alledem ist die vorliegende Rüge folglich zurückzuweisen.
3) Zur zweiten Rüge: Verstoß gegen die Grundsätze der Nichtdiskriminierung und der Gleichbehandlung
199 Die Klägerin führt im Wesentlichen an, dass die Berichtigung der Fixkosten, die von der Kommission vorgenommen worden sei, um die Kapazitätsauslastung unter Verwendung von [vertraulich ] der Abschreibungs- und Mietkosten für das „Werk – Phase 1“ widerzuspiegeln, im Vergleich zu ihrem Vorgehen in der Antisubventionsuntersuchung bei der Berechnung der Schadensspanne für den Wirtschaftszweig der Union diskriminierend sei (vgl. oben Rn. 153).
200 Insoweit ist einleitend festzuhalten, dass die Beachtung der Grundsätze der Gleichheit und der Nichtdiskriminierung nach ständiger Rechtsprechung verlangt, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden, es sei denn, dass eine derartige Behandlung objektiv gerechtfertigt ist (vgl. Urteil vom 13. Dezember 2007, Asda Stores, C‑372/06, EU:C:2007:787, Rn. 62 und die dort angeführte Rechtsprechung).
201 Im vorliegenden Fall habe die Kommission die Klägerin gegenüber dem Wirtschaftszweig der Union diskriminiert, da sie dessen Herstellkosten in der Antisubventionsuntersuchung bei der Berechnung der Schadensspanne auf der Grundlage des Zielpreises trotz der Feststellung einer geringen Produktionskapazitätsauslastung nicht berichtigt habe, während sie im Rahmen der angefochtenen Durchführungsverordnung eine solche Berichtigung zur Wertsteigerungsermittlung vorgenommen habe.
202 Insoweit ist zu bemerken, dass die Berücksichtigung der Herstellkosten bei der Berechnung der Schadensspanne des Wirtschaftszweigs der Union aufgrund subventionierter Einfuhren und die Berücksichtigung der Herstellkosten zur Ermittlung des Wertes, der im Sinne von Art. 13 Abs. 2 Buchst. b der Antidumping-Grundverordnung während einer Montage oder Fertigstellung den verwendeten eingeführten Teilen hinzugefügt wurde, für die Frage, ob eine Umgehung von Antisubventionsmaßnahmen vorliegt, in einem anderen Kontext und zu anderen Zwecken erfolgen, so dass die Klägerin, um die vorliegende Rüge hinreichend zu stützen, hätte erläutern müssen, inwiefern die Kommission durch die unterschiedliche Berücksichtigung dieser Kosten gegen die Grundsätze der Nichtdiskriminierung und der Gleichbehandlung hatte verstoßen können. Indem sich die Klägerin im Wesentlichen auf die Behauptung beschränkt hat, dass es keine Rechtfertigung für eine unterschiedliche Behandlung der Situation des Wirtschaftszweigs der Union in der Antisubventionsuntersuchung und ihrer eigenen Situation in der Antiumgehungsuntersuchung gebe und es sich bei den in der Antidumping-Grundverordnung genannten Kosten um solche handle, die nur einheitlich definiert werden könnten, hat sie hierfür jedoch keine hinreichende Erklärung geliefert.
203 Folglich ist die vorliegende Rüge zurückzuweisen.
4) Zur dritten Rüge: Verletzung des Rechts auf eine gute Verwaltung
204 Was die vorliegende Rüge betrifft, so geht aus der Analyse der übrigen Rügen oben in den Rn. 170 bis 203 hervor, dass die Kommission entgegen dem Vorbringen der Klägerin sorgfältig und unparteiisch alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls untersucht und die Berichtigung der Kosten unter Berücksichtigung der Erläuterungen der Klägerin zur Maschinennutzung und zu den Mietkosten vorgenommen hat.
205 Daher ist die vorliegende Rüge zurückzuweisen.
d) Ergebnis
206 Da alle von der Klägerin zur Stützung des vorliegenden Teils vorgebrachten Rügen zurückgewiesen worden sind, ist dieser Teil und damit der vierte Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.
4. Zur Begründetheit des fünften Klagegrundes: o ffensichtliche Beurteilungsfehler und Verstoß gegen Art. 23 Abs. 3 der Antisubventions-Grundverordnung, da die Kommission festgestellt habe, dass die aus Marokko in die Union ausgeführten GFF weiterhin mit Subventionen unterstützt würden, die chinesischen GFF ‑Herstellern gewährt worden seien
207 Die Klägerin beanstandet im Wesentlichen die Ausführungen der Kommission in den Erwägungsgründen 102 bis 105 der angefochtenen Durchführungsverordnung zur Prüfung der vierten für die Feststellung einer Umgehung erforderlichen Voraussetzung (vgl. oben Rn. 50), nämlich derjenigen, wonach gemäß Art. 23 Abs. 3 der Antisubventions-Grundverordnung „die Subvention der eingeführten gleichartigen Ware [oder] Teilen dieser Ware weiterhin zugute kommt“.
208 Hierzu macht die Klägerin als Erstes geltend, dass die von der Kommission im 102. Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung erwähnte Durchführungsverordnung 2020/776 nicht die Subventionierung von Rovings und Garnen betreffe, wie sie ihr von PGTEX China geliefert worden seien, sondern die Subventionierung von GFF, d. h. einer anderen Ware. Die in der Durchführungsverordnung 2020/776 getroffenen Feststellungen seien somit nur gültig, soweit sie sich auf GFF bezögen, und nicht, soweit sie Rovings und Garne beträfen. Da dies der Fall sei, gebe es keine „Subvention“, die von PGTEX China an sie hätte weitergegeben werden können.
209 Als Zweites führt die Klägerin an, dass die Antisubventions-Grundverordnung nicht für Montagevorgänge gelte, da diese nicht zu einer vom Ursprungs- oder Ausfuhrland gewährten Subvention führen könnten, die der angeblich umgangenen Ware weiterhin zugute komme. Dies hänge mit der Tatsache zusammen, dass jede ausgleichsfähige Subvention von dem Land gewährt werden müsse, in dem die Montagevorgänge stattfänden (im vorliegenden Fall das Königreich Marokko) oder aus dem die montierten Waren ausgeführt würden (im vorliegenden Fall ebenfalls das Königreich Marokko). Die Frage, ob „Artikel 23 Absatz 3 der [Antisubventions‑]Grundverordnung auch für … Montagevorgänge [gilt]“, sei irrelevant, da Subventionen nur dann ausgeglichen werden könnten, wenn sie vom Ursprungs- oder Ausfuhrland gewährt worden seien.
210 Als Drittes trägt die Klägerin vor, es gebe keine Rechtsgrundlage für die Annahme, dass eine Weitergabe von Subventionen zwischen verbundenen Parteien rechtlich vermutet werden könne. Die Heranziehung des Berichts des Berufungsgremiums der Welthandelsorganisation (WTO) vom 19. Januar 2004 in der Sache „United States – Final Countervailing Duty Determination with Respect to Certain Softwood Lumber from Canada“ (WT/DS 257/AB/R) (im Folgenden: Bericht des WTO-Berufungsgremiums) in der angefochtenen Durchführungsverordnung sei ungeeignet, um eine solche Vermutung zu begründen. Dieser Bericht beziehe sich auf einen bestimmten Fall, in dem der Vorteil aus der Subvention für den Rohstoff an die verarbeitete Ware weitergegeben werde. Hierbei handle es sich um einen völlig anderen Sachverhalt als bei den GFF, bei denen es keinen Beweis dafür gebe, dass der Rohstoff (d. h. die Rovings) subventioniert werde.
211 Außerdem habe die Kommission den Bericht des WTO-Berufungsgremiums nur teilweise wiedergegeben. Darin heiße es: „Sind die Rohstoffhersteller und die Hersteller der verarbeiteten Waren unter Wettbewerbsbedingungen tätig, kann die Weitergabe der Vorteile aus der Subvention für den Rohstoff von den unmittelbar Begünstigten an die mittelbar Begünstigten in nachgelagerten Bereichen nicht einfach unterstellt werden, sondern muss von der mit der Untersuchung befassten Behörde festgestellt werden.“ Die Klägerin stellt klar, dass ihre Einkäufe bei PGTEX China und der von dieser getätigte Einkauf bei CPIC in der vorliegenden Rechtssache unter Wettbewerbsbedingungen erfolgt seien, wie sie eindeutig nachgewiesen habe.
212 Schließlich macht die Klägerin geltend, die Behauptung, dass PGTEX China ihr „im Untersuchungszeitraum niedrigere Preise [berechnet habe] als anderen Abnehmern“, werde durch die Tatsachen der Antiumgehungsuntersuchung nicht gestützt. Auch die Behauptung, dass eine Weitergabe auf andere Weise als durch die Höhe der Preise für Rohstoffe erfolgt sein könne, z. B. durch die Erhebung von Managementgebühren, werde nicht gestützt. Die Behauptungen der Kommission seien somit nicht mehr und nicht weniger als theoretisch.
213 Die Kommission und der Streithelfer zu ihrer Unterstützung treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.
214 Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission in den Erwägungsgründen 102 bis 105 der angefochtenen Durchführungsverordnung Folgendes feststellte:
„… Gemessen an der Durchführungsverordnung (EU) 2020/776 der Kommission profitierten die chinesischen ausführenden Hersteller erwiesenermaßen von einer Reihe von Subventionsregelungen, die von der Regierung der VR China sowie den Regional- und Lokalregierungen in der VR China gewährt werden. Den Untersuchungsergebnissen zufolge erwuchs PGTEX China und CPIC ein Vorteil aus einer Reihe von Subventionsregelungen wie zinsvergünstigte Darlehen, Zuschussprogramme und steuerliche Vergünstigungen.
… Im Rahmen dieser Untersuchung wurden keine neuen Informationen bekannt, die die Schlussfolgerung der Ausgangsuntersuchung des Antisubventionsverfahrens infrage stellen würden, wonach diese Subventionsregelungen nicht mehr gelten.
… PGTEX China ist das Mutterunternehmen [der Klägerin], wobei [diese] 100 % der Glasfaserrovings, die [sie] verwendete, von [ihrem] verbundenen Mutterunternehmen PGTEX China kaufte, das diese[] wiederum von CPIC, dem Hersteller dieser Glasfaserrovings, kaufte.
… Eine Weitergabe von Subventionen zwischen verbundenen Parteien kann rechtlich vermutet werden, … insbesondere wenn das verbundene nachgelagerte Unternehmen die Fertigware montiert und in die Union ausgeführt hat. Da sowohl PGTEX China als auch [die Klägerin] GFF herstellen und ausführen und von CPIC hergestellte Glasfaserrovings verwenden, sollte bei der Festsetzung der Höhe der ihnen gewährten anfechtbaren Subventionen berücksichtigt werden, dass sie aufgrund ihrer Geschäftsbeziehung in der Lage sind, diese Vorteile nach eigenem Ermessen auf die in die Union ausgeführte betroffene Ware umzulegen.“
215 Die Kommission zog daher im 106. Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung den Schluss, dass „die Einfuhren der gleichartigen Ware und/oder Teile davon [im Einklang mit Art. 23 Abs. 3 der Antisubventions-Grundverordnung] weiterhin subventioniert werden“.
216 Darüber hinaus wies die Kommission im 107. Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung das Vorbringen der PGTEX-Gruppe zurück, wonach „keine Beweise dafür vorlägen, dass die Einfuhren von GFF aus Marokko weiterhin mit Subventionen unterstützt würden, die chinesischen GFF‑Herstellern gewährt worden seien“.
217 Die Kommission stellte im 108. Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung insoweit Folgendes klar:
„Auch wenn die [Antisubventionsuntersuchung] zunächst mit der Subventionierung von GFF zusammenhing, arbeitete [die PGTEX-Gruppe] an dieser Untersuchung uneingeschränkt mit. Diesbezüglich ergab die [Antisubventionsuntersuchung], dass sowohl CPIC als auch PGTEX China, die mit [der Klägerin] verbunden sind, von der chinesischen Regierung Subventionen erhielten. Wie bereits [im 33. Erwägungsgrund] [der angefochtenen Durchführungsverordnung] dargelegt, gilt Artikel 23 Absatz 3 der [Antisubventions‑]Grundverordnung zweitens auch für andere Umgehungspraktiken, die in dem betreffenden Artikel nicht ausdrücklich aufgeführt sind, zum Beispiel Montagevorgänge. Wie [im 105. Erwägungsgrund] [der Durchführungsverordnung] dargelegt, kann drittens eine Weitergabe von Subventionen zwischen verbundenen Parteien rechtlich vermutet werden, insbesondere wenn das verbundene nachgelagerte Unternehmen die Fertigware montiert und in die Union ausgeführt hat. Zudem kann eine Weitergabe an verbundene Unternehmen auf viele Arten stattfinden (beispielsweise durch Erhebung bestimmter Managementgebühren)[] und beschränkt sich nicht unbedingt auf die Höhe der Preise von Vorleistungen, die den Abnehmern berechnet werden. Auf jeden Fall ergab ein Vergleich von Preisen für Glasfaserrovings und ‑garne, dass PGTEX China [der Klägerin] ihrer [Antwort auf das Formular] zufolge im Untersuchungszeitraum niedrigere Preise berechnete als anderen Abnehmern.“
218 Im vorliegenden Fall tritt die Klägerin dieser Beurteilung entgegen und macht im Wesentlichen drei Rügen geltend. Mit der ersten Rüge trägt sie vor, die Durchführungsverordnung 2020/776 beziehe sich nicht auf Glasfaserrovings, sondern auf GFF, so dass im vorliegenden Fall keine Weitergabe einer Subvention zugunsten von Glasfaserrovings angenommen werden könne. Mit der zweiten Rüge vertritt sie die Auffassung, dass Subventionen nur dann Gegenstand von Ausgleichsmaßnahmen sein könnten, wenn sie vom Ursprungs- oder Ausfuhrland gewährt worden seien, was hier nicht der Fall sei. Mit der dritten Rüge ist sie der Ansicht, dass es keine Rechtsgrundlage für die Annahme gebe, dass eine Weitergabe von Subventionen zwischen verbundenen Parteien rechtlich vermutet werden könne, und die Transaktionen mit den verbundenen Parteien der Klägerin in China im vorliegenden Fall unter Wettbewerbsbedingungen stattgefunden hätten.
219 In Bezug auf die erste Rüge ist hervorzuheben, dass die Klägerin weder die Feststellung im 102. Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung, dass gemessen an der Durchführungsverordnung 2020/776 „die chinesischen ausführenden Hersteller erwiesenermaßen von einer Reihe von Subventionsregelungen [profitierten], die von der Regierung der VR China sowie den Regional- und Lokalregierungen in der VR China gewährt werden“, noch die Feststellung beanstandet, dass „PGTEX China und CPIC ein Vorteil aus einer Reihe von Subventionsregelungen wie zinsvergünstigte Darlehen, Zuschussprogramme und steuerliche Vergünstigungen [erwuchs]“.
220 Die Klägerin tritt auch nicht dem Argument der Kommission entgegen, wonach die in der Durchführungsverordnung 2020/776 getroffenen Feststellungen zur Subventionierung von GFF in der Durchführungsverordnung (EU) 2021/328 der Kommission vom 24. Februar 2021 zur Einführung eines endgültigen Ausgleichszolls auf die Einfuhren von Waren aus Endlosglasfaserfilamenten mit Ursprung in der Volksrepublik China im Anschluss an eine Auslaufüberprüfung nach Art. 18 der Verordnung 2016/1037 (ABl. 2021, L 65, S. 1) herangezogen worden seien. In der Durchführungsverordnung 2021/328 hat die Kommission speziell die Beibehaltung der Subventionierung aller ausführenden Hersteller von Glasfaserrovings in China, einschließlich der verbundenen Unternehmen der Klägerin in China, festgestellt. Aus dem 43. Erwägungsgrund dieser Verordnung geht nämlich hervor, dass „[d]ie Kommission … die Feststellungen der GFF‑[Durchführungsverordnung 2020/776] in Bezug auf den Vorteil heranziehen [konnte] und … der Auffassung [war], dass diese Feststellungen im Untersuchungszeitraum der Überprüfung für chinesische ausführende Hersteller von [Glasfaserrovings] galten“. Insbesondere hat die Kommission im 44. Erwägungsgrund der Durchführungsverordnung 2021/328 insoweit klargestellt, dass „keine der untersuchten Subventionspraktiken in direktem Zusammenhang mit der Herstellung oder Ausfuhr von GFF stand, sondern dass es sich vielmehr um Subventionen handelte, die dem gesamten Unternehmen oder der Gruppe chinesischer Unternehmen, die auch [Glasfaserrovings] herstellen, [zugute kamen]“, und dass „die Kommission im Rahmen der GFF‑Untersuchung [daher] zunächst den Vorteil [ermittelt hatte], der dem ausführenden Hersteller erwachsen war, und … diesen Vorteil dann seinem Gesamtumsatz für alle von ihm verkauften Waren, einschließlich [Glasfaserrovings], zu[gerechnet hatte]“.
221 Darüber hinaus ist in diesem Zusammenhang hervorzuheben, dass die Klägerin keine Beweise vorlegt, mit denen die Behauptung der Kommission in Frage gestellt werden soll, wonach die von der Regierung der VR China gewährten Subventionen, deren Vorliegen in der Durchführungsverordnung 2020/776 festgestellt worden ist, der Gesamtproduktion der gesamten PGTEX-Gruppe zugute kamen, unabhängig davon, ob es sich um GFF oder Glasfaserrovings handelte.
222 Daher kann die Klägerin nicht geltend machen, dass die von der Kommission in der Durchführungsverordnung 2020/776 vorgenommenen Beurteilungen nur insoweit gültig sind, als sie sich auf GFF und nicht auf Glasfaserrovings beziehen.
223 Zur zweiten Rüge ist zu sagen, dass, wie oben in Rn. 114 festgestellt worden ist, die Kommission im vorliegenden Fall – anders als die Klägerin zu argumentieren versucht – nicht von Marokko gewährte Subventionen ausgleichen, sondern gewährleisten will, dass die gegenüber den subventionierten chinesischen Einfuhren von GFF festgelegten Ausgleichsmaßnahmen nicht umgangen werden, nachdem sie festgestellt hatte, dass Glasfaserrovings, d. h. der Rohstoff für die GFF, in China mehrere Subventionen erhielten und von der Klägerin in Marokko zur Herstellung von GFF montiert oder fertiggestellt worden seien.
224 Was die dritte Rüge betrifft, so ist zu beachten, dass die Kommission im 105. Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung die Auffassung vertrat, dass „[e]ine Weitergabe von Subventionen zwischen verbundenen Parteien … rechtlich vermutet werden [kann], … insbesondere wenn das verbundene nachgelagerte Unternehmen die Fertigware montiert und in die Union ausgeführt hat“.
225 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission die in Rede stehende rechtliche Vermutung in der angefochtenen Durchführungsverordnung u. a. auf Rn. 146 des Berichts des WTO-Berufungsgremiums stützt. Wie vom Gericht festgestellt worden ist, geht aus dieser Randnummer hervor, dass die mit der Untersuchung betraute Behörde nachweisen muss, dass der Vorteil, der den Rohstoffherstellern durch eine finanzielle Beihilfe unmittelbar erwächst, zumindest teilweise an die Hersteller der von der Untersuchung betroffenen verarbeiteten Ware weitergegeben wird, wenn die Rohstoffhersteller und die nachgelagerten weiterverarbeitenden Unternehmen unter Wettbewerbsbedingungen tätig sind (Urteil vom 1. März 2023, Hengshi Egypt Fiberglass Fabrics und Jushi Egypt for Fiberglass Industry/Kommission, T‑480/20, im Rechtsmittelverfahren, EU:T:2023:90, Rn. 56). Die Kommission hat daraus abgeleitet, dass eine Weitergabe von Subventionen im Falle verbundener Unternehmen rechtlich vermutet werden könne, insbesondere wenn das nachgelagerte Unternehmen die Fertigware montiert und in die Union ausgeführt habe.
226 Um die vorstehende Schlussfolgerung in Frage zu stellen, macht die Klägerin zum einen im Wesentlichen geltend, es fehle im vorliegenden Fall der Nachweis, dass der Rohstoff für GFF, d. h. Glasfaserrovings, subventioniert werde, so dass die Weitergabe einer solchen Subvention nicht rechtlich vermutet werden könne. Zum anderen habe sie nachgewiesen, dass ihre Einkäufe bei PGTEX China sowie deren Einkäufe bei CPIC unter Wettbewerbsbedingungen erfolgt seien.
227 Ohne auf die Frage nach der Relevanz des Berichts des WTO-Berufungsgremiums einzugehen, geht aus der Prüfung der ersten Rüge jedoch zum einen hervor, dass die Kommission – von der Klägerin unwidersprochen – nachgewiesen hat, dass der bei der Herstellung der GFF verwendete Rohstoff subventioniert worden war (vgl. oben Rn. 219 bis 222).
228 Zum anderen geht, worauf die Kommission – von der Klägerin unwidersprochen – hinweist, aus der Antwort von PGTEX China auf das Vorabprüfungsschreiben, die der Klagebeantwortung als Anhang beigefügt ist, hervor, dass die der Klägerin in Rechnung gestellten Verkaufspreise stets unter den Preisen lagen, die unabhängigen Abnehmern in Rechnung gestellt wurden. Aus dieser Antwort ergibt sich nämlich, dass „der Weiterverkauf von Rovings und Garnen nicht die Haupttätigkeit von PGTEX China darstellt, so dass [diese] weder die Absicht hat, aus dem Weiterverkauf Gewinn zu erzielen, noch einen ‚Marktpreis‘ für den Weiterverkauf zu ermitteln braucht“, dass „PGTEX China zur Ermittlung des Verrechnungspreises die geschätzten Frachtkosten beim Weiterverkauf dieser Rohstoffe an [die Klägerin] auf die Preise für den Einkauf bei CPIC aufschlägt, da sie für die Beförderung der Rohstoffe nach Marokko zuständig ist“, und dass „[u]nabhängige Kunden beim Weiterverkauf der Rohstoffe einen höheren Preis akzeptieren konnten, weil es sich um gelegentliche Verkäufe in begrenzten Mengen handelt“.
229 Daher stützte sich die Kommission für die Feststellung, dass die vierte Voraussetzung für den Nachweis einer Umgehung im vorliegenden Fall erfüllt war, zu Recht auf die rechtliche Vermutung einer Weitergabe der fraglichen Subventionen.
230 In Anbetracht des Vorstehenden kann die Klägerin der Kommission somit nicht vorwerfen, einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen oder gegen Art. 23 Abs. 3 der Antisubventions-Grundverordnung verstoßen zu haben, als sie festgestellt hat, dass die aus Marokko in die Union ausgeführten GFF weiterhin mit Subventionen unterstützt würden, die chinesischen GFF‑Herstellern gewährt worden seien.
231 Folglich ist der fünfte Klagegrund zurückzuweisen.
C. Zum zweiten Klagegrund: Verletzung der Begründungspflicht, der Verteidigungsrechte der Klägerin und des Rechts auf eine gute Verwaltung, offensichtliche Beurteilungsfehler sowie Verstoß gegen Art. 28 Abs. 1 und 3 der Antisubventions-Grundverordnung in Bezug auf die Verwendung der verfügbaren Informationen
232 Der vorliegende Klagegrund besteht aus zwei Teilen. Im Rahmen des ersten Teils trägt die Klägerin vor, die Kommission habe die Begründungspflicht, ihre Verteidigungsrechte und das Recht auf eine gute Verwaltung verletzt, indem sie ihr gegenüber verfügbare Informationen angewandt habe. Im Rahmen des zweiten Teils macht sie geltend, die angefochtene Durchführungsverordnung beruhe auf offensichtlichen Beurteilungsfehlern und verstoße in Bezug auf die Verwendung dieser Informationen gegen Art. 28 Abs. 1 und 3 der Antisubventions-Grundverordnung.
233 Zur Stützung des ersten Teils erhebt die Klägerin im Wesentlichen drei Rügen.
234 Mit der ersten Rüge trägt die Klägerin vor, die Kommission sei ihrer Begründungspflicht hinsichtlich der Anwendung der verfügbaren Informationen nicht nachgekommen, indem sie die von ihr in der Antwort auf das Schreiben zu Art. 28 und in ihrer Stellungnahme zum Dokument mit Hintergrundinformationen vorgelegten Beweise ohne jede Erläuterung zurückgewiesen habe. Die Behauptungen in diesem Schreiben, im Dokument mit Hintergrundinformationen und in der angefochtenen Durchführungsverordnung seien trotz ihrer Antworten auf die einzelnen in deren 38. Erwägungsgrund genannten Punkte identisch geblieben.
235 Darüber hinaus macht die Klägerin in der Erwiderung geltend, die von der Kommission in der Klagebeantwortung zur Erläuterung des in der angefochtenen Durchführungsverordnung verfolgten Ansatzes vorgebrachten Rechtfertigungen seien neu und somit unzulässig, da sie in dieser Durchführungsverordnung nicht enthalten seien.
236 Mit der zweiten Rüge trägt die Klägerin vor, sie sei weder in die Lage versetzt worden, zu verstehen, weshalb die Kommission beschlossen habe, verfügbare Informationen anzuwenden, noch habe sie die Möglichkeit gehabt, tatsächlich hierzu Stellung zu nehmen, so dass die angefochtene Durchführungsverordnung ihre Verteidigungsrechte verletze.
237 Mit der dritten Rüge macht die Klägerin geltend, die angefochtene Durchführungsverordnung verletze das Recht auf eine gute Verwaltung, das dem zuständigen Organ vorschreibe, sorgfältig und unparteiisch alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls zu untersuchen. Die Kommission habe die Informationen, die sie in ihrer Antwort auf das Schreiben zu Art. 28 und in ihrer Stellungnahme zum Dokument mit Hintergrundinformationen übermittelt habe, in dieser Durchführungsverordnung nicht berücksichtigt.
238 Zur Stützung des zweiten Teils trägt die Klägerin vor, die Kommission habe offensichtliche Beurteilungsfehler begangen, als sie in der angefochtenen Durchführungsverordnung festgestellt habe, dass sie die „erforderlichen Informationen“ im Sinne von Art. 28 Abs. 1 der Antisubventions-Grundverordnung nicht vorgelegt habe.
239 Erstens habe sie Klarheit über alle angeforderten Auskünfte geschaffen.
240 Zweitens könnten die im 38. Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung genannten Informationen nicht als erforderlich im Sinne von Art. 28 Abs. 1 der Antisubventions-Grundverordnung und der Rechtsprechung eingestuft werden. Diese Informationen hätte sich die Kommission auf andere Weise beschaffen sowie durch Besuche und Fernabgleiche überprüfen können.
241 Drittens verstoße die angefochtene Durchführungsverordnung gegen Art. 28 Abs. 3 der Antisubventions-Grundverordnung, da die Kommission aus dem einfachen Grund beschlossen habe, verfügbare Informationen anzuwenden, dass die von ihr vorgelegten Informationen nicht die besten gewesen seien. Selbst wenn diese Informationen nicht als die „besten“ anzusehen sein sollten, wäre das kein hinreichender Grund für eine solche Anwendung. Zudem habe die Kommission mit ihrer Entscheidung, Art. 28 Abs. 1 der Antisubventions-Grundverordnung anzuwenden, einen Teil der von ihr übermittelten Informationen zu den Herstellkosten unberücksichtigt gelassen und verfügbare Informationen verwendet, die u. a. das Datum des Produktionsbeginns beträfen, obwohl sie im Falle von Zweifeln allein an der Zuverlässigkeit der übermittelten Informationen Art. 28 Abs. 3 dieser Verordnung hätte anwenden und somit die letztgenannten Informationen hätte akzeptieren müssen.
242 Die Kommission und der Streithelfer zu ihrer Unterstützung sind der Ansicht, dass der vorliegende Klagegrund vollumfänglich ins Leere gehe und jedenfalls unbegründet sei.
243 Zur Begründung der Wirkungslosigkeit des zweiten Klagegrundes führt die Kommission an, dass sie im Laufe der Antiumgehungsuntersuchung das Verfahren nach Art. 28 der Antisubventions-Grundverordnung eingeleitet habe, weil die im 38. Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung genannten Informationen auf eine Umladung hingedeutet hätten, die Möglichkeit, den Nachweis einer solchen Umladung zu führen, unter Berücksichtigung der unvollständigen und widersprüchlichen Art der von der Klägerin vorgelegten Informationen aber letztlich verworfen und sich auf den Nachweis einer Montage oder Fertigstellung konzentriert habe. Für diesen Nachweis habe sie keine verfügbaren Informationen gemäß Art. 28 der Antisubventions-Grundverordnung verwendet, mit Ausnahme bestimmter statistischer Daten von Eurostat und der Informationen der Klägerin, die von dieser jedoch nicht bestritten würden.
244 Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass es nach Art. 23 Abs. 4 der Antisubventions-Grundverordnung der Kommission obliegt, auf der Grundlage von Anscheinsbeweisen für Umgehungspraktiken eine Untersuchung einzuleiten. Lassen die im Laufe dieser Untersuchung ermittelten Tatsachen die Schlussfolgerung zu, dass eine solche Umgehung vorliegt, schlägt die Kommission dem Rat die Ausweitung der Antisubventionsmaßnahmen vor (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. September 2014, Simon, Evers & Co., C‑21/13, EU:C:2014:2154, Rn. 31).
245 Allerdings verleiht keine Bestimmung der Antisubventions-Grundverordnung der Kommission im Rahmen einer Untersuchung über das Vorliegen einer Umgehung die Befugnis, die von einem Antisubventionsantrag betroffenen Hersteller oder Ausführer zur Mitwirkung an der Untersuchung oder zur Erteilung von Auskünften zu zwingen. Die Kommission ist somit von der freiwilligen Mitarbeit der Betroffenen abhängig, um an die erforderlichen Informationen zu gelangen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. September 2014, Simon, Evers & Co., C‑21/13, EU:C:2014:2154, Rn. 32).
246 Deshalb hat der Unionsgesetzgeber in Art. 28 Abs. 1 der Antisubventions-Grundverordnung vorgesehen, dass für den Fall, dass eine interessierte Partei den Zugang zu den erforderlichen Informationen verweigert, die erforderlichen Auskünfte nicht erteilt oder die Untersuchung erheblich behindert, vorläufige oder endgültige positive oder negative Feststellungen auf der Grundlage der verfügbaren Fakten getroffen werden können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. September 2014, Simon, Evers & Co., C‑21/13, EU:C:2014:2154, Rn. 33).
247 Darüber hinaus ist in der Rechtsprechung klargestellt worden, dass Art. 28 Abs. 1 der Antisubventions-Grundverordnung die Nutzung der verfügbaren Informationen durch die Organe zum Nachteil der eigenen Informationen einer oder mehrerer interessierter Parteien betrifft (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. April 2015, VTZ u. a./Rat, T‑432/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:248, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).
248 Im vorliegenden Fall wird im 38. Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung Folgendes festgestellt:
„Die Fragebogenantworten [der Klägerin] und [ihrer] beiden chinesischen verbundenen Unternehmen …, einschließlich der Antwort auf [die Anforderung noch fehlender Informationen], waren [nach Auffassung der Kommission] aus den folgenden Gründen mangelhaft:
– [Die Klägerin] hat die im Formular für den Antrag auf eine Befreiung verlangten erforderlichen Informationen nicht vorgelegt. Insbesondere hat [sie] die notwendigen zugrunde liegenden Dokumente für [vertraulich ] Verkaufsvorgänge nicht übermittelt. Infolgedessen war die Kommission nicht in der Lage, das Vorbringen [der Klägerin], dass [sie ihre] Produktion erst im April 2020 aufgenommen habe, zu überprüfen.
– Obwohl die Kommission eine detaillierte Erklärung für die fehlenden Verkaufsrechnungsnummern angefordert hatte, erhielt sie nur eine allgemeine Erklärung für diese fehlenden Verkaufsrechnungsnummern. Die Kommission stellte zudem eine Differenz zwischen dem in den Verkaufslisten für den Betrachtungszeitraum gemeldeten Gesamtumsatz und dem im gesetzlichen Abschluss für 2020 gemeldeten Gesamtumsatz [fest]. Die Kommission war daher nicht in der Lage, die gemeldete Menge der Ausfuhrverkäufe in die Union zu bestätigen. Diesbezüglich stellte die Kommission ferner fest, dass den Eurostat-Einfuhrstatistiken zufolge die gemeldeten Ausfuhrverkäufe höher waren als die Gesamteinfuhren aus Marokko in die Union und dass [die Klägerin] [die] einzige bekannte Hersteller[in] in Marokko war, [die] die untersuchte Ware in die Union ausführte.
– Auch hinsichtlich des tatsächlichen Produktionsbeginns bei [der Klägerin] wurden widersprüchliche Informationen übermittelt. Die Informationen über den tatsächlichen Produktionsbeginn im Jahr 2020 waren notwendig, um den Anteil der entstandenen erheblichen Kosten (wie Abschreibungs- und Mietkosten) zu ermitteln, die der Herstellung der betreffenden Ware zugerechnet werden könnten.
– Zudem wurde in der Antwort auf [die Anforderung noch fehlender Informationen] keine zufriedenstellende Erklärung für die Gründe des deutlichen Anstiegs der Produktionsmenge im Juli 2020, die etwa [vertraulich ] höher war als die Produktionsmenge im Vormonat (Juni 2020), obwohl der Stromverbrauch in den beiden Monaten mehr oder weniger gleich blieb, übermittelt.
– PGTEX China übermittelte keine der angeforderten Informationen aus dem [GTS] hinsichtlich seiner Käufe von CPIC und seiner Verkäufe an [die Klägerin].“
249 Wie aus dem 39. Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung hervorgeht, unterrichtete die Kommission die PGTEX-Gruppe daher nach Art. 28 Abs. 4 der [Antisubventions‑]Grundverordnung am 5. Oktober 2021 darüber, dass die nicht erschöpfende Liste von Elementen, wie im 38. Erwägungsgrund der Durchführungsverordnung dargelegt, die Anwendung des besagten Artikels und die Verwendung der verfügbaren Informationen zur Folge haben konnte. Sie forderte die Gruppe auch auf, zur möglichen Anwendung dieses Artikels Stellung zu nehmen.
250 Wie sich aus dem 41. Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung ergibt, „analysierte [die Kommission] die von [der PGTEX-Gruppe] mit Schreiben vom 12. Oktober 2021 übermittelten Informationen und Dokumente“ und „kam zu dem Schluss, dass weder zufriedenstellende Antworten noch überzeugende Belege zu den meisten Elementen, die in ihrem Schreiben vom 5. Oktober 2021 angeführt [worden waren], übermittelt wurden“.
251 Dementsprechend ging die Kommission, wie aus dem 42. Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung hervorgeht, „davon aus, dass die von [der PGTEX-Gruppe] übermittelten Informationen teilweise unvollständig und widersprüchlich waren, [weshalb] sich die Kommission nicht gänzlich darauf verlassen [konnte]“, stellte aber fest, dass „die von [dieser Gruppe] übermittelten Daten nicht vollständig außer Acht gelassen [worden waren]“ und sie „sowohl die von [der Gruppe] übermittelten Verkaufs- als auch die Kostendaten als Ausgangspunkt ihrer Analyse [verwendet hatte]“.
252 Außerdem stellte die Kommission im 43. Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung klar: „Nach Artikel 28 Absatz 1 [Satz 1] und Artikel 28 Absatz 5 der [Antisubventions‑]Grundverordnung wurden die von [der PGTEX-Gruppe] übermittelten Informationen durch Daten ergänzt, die aus Datenbanken wie dem Global Trade Atlas [(GTA)] … und Eurostat entnommen wurden … Einfuhrdaten wurden aus Eurostat entnommen und der GTA wurde zur Bestimmung von Ausfuhrmengen von Glasfaserrovings aus [China] und Ägypten nach Marokko verwendet.“
253 Daher ergibt sich aus dem 38. Erwägungsgrund in Verbindung mit dem 43. Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung, dass die Kommission auf Einfuhrdaten aus Eurostat sowie Daten zu den Ausfuhrmengen von Glasfaserrovings aus China und Ägypten nach Marokko aus der Datenbank Global Trade Atlas (GTA) zurückgriff, um die Schwachstellen bei der Zuverlässigkeit der von der Klägerin übermittelten Informationen über die Menge der Ausfuhrverkäufe in die Union zu beheben, von der im 38. Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung die Rede ist. Die Kommission zog diese statistischen Daten u. a. für die Feststellung heran, ob das Handelsgefüge im vorliegenden Fall verändert worden war.
254 Aus dem 42. Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung geht ferner hervor, dass die von der PGTEX-Gruppe übermittelten Daten nicht außer Acht gelassen wurden und die Kommission sowohl die von dieser Gruppe übermittelten Verkaufs- als auch die Kostendaten als Ausgangspunkt ihrer Analyse verwendete (vgl. oben Rn. 251).
255 Im vorliegenden Fall beanstandet die Klägerin nicht die verfügbaren Informationen, die von der Kommission im Sinne von Art. 28 Abs. 1 der Antisubventions-Grundverordnung verwendet wurden. Insbesondere in Bezug auf die aus Eurostat und der GTA-Datenbank entnommenen Daten, die von der Kommission verwendet wurden, um im vorliegenden Fall eine Veränderung des Handels festzustellen, bringt die Klägerin in ihren Schriftsätzen kein Argument vor, mit dem die Richtigkeit dieser Daten ausdrücklich in Frage gestellt werden soll. Sie macht nämlich lediglich geltend, die Kommission habe im 86. Erwägungsgrund der angefochtenen Durchführungsverordnung den Monat März als Produktionsbeginn und damit die erste der anderen Methoden zur Berechnung der Abschreibungskosten gerade unter Berufung auf die im 38. Erwägungsgrund dieser Durchführungsverordnung vorgebrachten Argumente ausgeschlossen.
256 Aus der Prüfung des dritten Teils des vierten Klagegrundes (vgl. oben Rn. 189 bis 191) geht jedoch hervor, dass die Kommission die erste der anderen Methoden zur Berechnung der Abschreibungskosten nicht auf der Grundlage der verfügbaren Informationen gemäß Art. 28 Abs. 1 der Antisubventions-Grundverordnung ausschloss, sondern den Ausschluss damit begründete, dass die monatlichen Produktionsdaten, wie sie von der Klägerin verbucht worden waren, nicht immer der tatsächlichen Monatsproduktion entsprachen und deshalb nicht als zuverlässig angesehen werden konnten.
257 Im Übrigen hat die Klägerin auf Befragen in der mündlichen Verhandlung keine weiteren Argumente vorgebracht, mit denen die von der Kommission gemäß Art. 28 Abs. 1 der Antisubventions-Grundverordnung verwendeten verfügbaren Informationen in Frage gestellt werden sollen, so dass sie nicht geltend machen kann, ein Rückgriff auf diese Vorschrift beeinträchtige ihre Situation.
258 Daher ist der zweite Klagegrund als ins Leere gehend zurückzuweisen, ohne dass die Begründetheit der von der Klägerin zur Stützung dieses Klagegrundes vorgebrachten Teile geprüft zu werden braucht.
259 Nach alledem ist die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
IV. Kosten
260 Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag der Kommission neben ihren eigenen Kosten die der Kommission entstandenen Kosten aufzuerlegen.
261 Nach Art. 138 Abs. 3 der Verfahrensordnung tragen die Streithelfer ihre eigenen Kosten.
Aus diesen Gründen hat
DAS GERICHT (Zehnte erweiterte Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. PGTEX Morocco trägt neben ihren eigenen Kosten die der Europäischen Kommission entstandenen Kosten.
3. Die LM Wind Power A/S und der Tech-Fab Europe e. V. tragen ihre eigenen Kosten.
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 4. Dezember 2024.
Unterschriften
Inhaltsverzeichnis
I. Vorgeschichte des Rechtsstreits
II. Anträge der Verfahrensbeteiligten
III. Rechtliche Würdigung
A. Zum ersten Klagegrund
1. Vorbemerkungen
a) Zum Assoziierungsabkommen
b) Zur Regelung der Union zur Umgehung von Antisubventionsmaßnahmen
2. Zur Begründetheit des ersten Klagegrundes: Verstoß gegen das Assoziierungsabkommen, Verstoß gegen Art. 33 Buchst. a der Antisubventions-Grundverordnung und Befugnismissbrauch, weil mit der angefochtenen Durchführungsverordnung Ausgleichszölle auf von der Klägerin in die Union ausgeführte GFF eingeführt werden, ohne deren präferenziellen marokkanischen Ursprung zu berücksichtigen
B. Zum dritten bis fünften Klagegrund
1. Vorbemerkungen
2. Zur Begründetheit des dritten Klagegrundes: offensichtliche Beurteilungsfehler und Verstoß gegen Art. 23 Abs. 3 der Antisubventions-Grundverordnung, da die Kommission festgestellt habe, dass es außer der Einführung von Ausgleichszöllen keine hinreichende Begründung oder wirtschaftliche Rechtfertigung für die Errichtung der Produktionsstätte der Klägerin in Marokko gebe, sowie Verletzung des Rechts auf eine gute Verwaltung, da die Kommission nicht sorgfältig und unparteiisch alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls untersucht habe
a) Zur Prüfung der Frage, ob es in der angefochtenen Durchführungsverordnung außer der Einführung von Ausgleichszöllen keine hinreichende Begründung oder wirtschaftliche Rechtfertigung für die Errichtung der Produktionsstätte der Klägerin in Marokko gibt
b) Zum ersten Teil: offensichtliche Beurteilungsfehler und Verstoß gegen Art. 23 Abs. 3 der Antisubventions-Grundverordnung, da die Kommission zu dem Schluss gelangt sei, dass es außer der Einführung von Ausgleichszöllen keine hinreichende Begründung oder wirtschaftliche Rechtfertigung für die Errichtung der Produktionsstätte der Klägerin in Marokko gebe
c) Zum zweiten Teil: Verletzung des Rechts auf eine gute Verwaltung, da die Kommission nicht sorgfältig und unparteiisch alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls untersucht habe
3. Zur Begründetheit des vierten Klagegrundes: offensichtliche Beurteilungsfehler, Verletzung des Rechts auf eine gute Verwaltung, Verstoß gegen die Grundsätze der Nichtdiskriminierung und der Gleichbehandlung sowie Verstoß gegen Art. 23 Abs. 3 der Antisubventions-Grundverordnung, da die Kommission zu dem Schluss gekommen sei, dass der von der Klägerin in Marokko erfolgende Herstellungsprozess einen Montagevorgang darstelle
a) Zum ersten Teil: offensichtliche Beurteilungsfehler und Verstoß gegen Art. 23 Abs. 3 der Antisubventions-Grundverordnung, da die Kommission den Begriff „Montagevorgang“ im Sinne von Art. 13 Abs. 2 der Antidumping-Grundverordnung entsprechend angewandt habe
b) Zum zweiten Teil: offensichtliche Beurteilungsfehler, Verstoß gegen Art. 23 Abs. 3 der Antisubventions-Grundverordnung und Verletzung des Rechts auf eine gute Verwaltung, da die Kommission zu dem Schluss gekommen sei, dass der von der Klägerin in Marokko erfolgende Herstellungsprozess einen Montagevorgang darstelle
c) Zum dritten Teil: offensichtliche Beurteilungsfehler, Verstoß gegen Art. 23 Abs. 3 der Antisubventions-Grundverordnung, Verletzung des Rechts auf eine gute Verwaltung sowie Verstoß gegen die Grundsätze der Nichtdiskriminierung und der Gleichbehandlung bei der Feststellung des Schwellenwerts für den Wertzuwachs im Rahmen der Montagevorgänge
1) Zur Wertsteigerungsermittlung in der angefochtenen Durchführungsverordnung
i) Zu den Abschreibungskosten
ii) Zu den Mietkosten
2) Zur ersten Rüge: offensichtliche Beurteilungsfehler und Verstoß gegen Art. 13 Abs. 2 Buchst. b der Antidumping-Grundverordnung
3) Zur zweiten Rüge: Verstoß gegen die Grundsätze der Nichtdiskriminierung und der Gleichbehandlung
4) Zur dritten Rüge: Verletzung des Rechts auf eine gute Verwaltung
d) Ergebnis
4. Zur Begründetheit des fünften Klagegrundes: offensichtliche Beurteilungsfehler und Verstoß gegen Art. 23 Abs. 3 der Antisubventions-Grundverordnung, da die Kommission festgestellt habe, dass die aus Marokko in die Union ausgeführten GFF weiterhin mit Subventionen unterstützt würden, die chinesischen GFFHerstellern gewährt worden seien
C. Zum zweiten Klagegrund: Verletzung der Begründungspflicht, der Verteidigungsrechte der Klägerin und des Rechts auf eine gute Verwaltung, offensichtliche Beurteilungsfehler sowie Verstoß gegen Art. 28 Abs. 1 und 3 der Antisubventions-Grundverordnung in Bezug auf die Verwendung der verfügbaren Informationen
IV. Kosten