URTEIL DES GERICHTS (Zehnte Kammer)
30. April 2025(* )
„ Nichtigkeitsklage – Staatliche Beihilfen – Luftverkehrssektor – Dem Flughafen Frankfurt-Hahn von Deutschland gewährte Betriebsbeihilfe – Unmittelbarer Zuschuss zur Deckung der erwarteten Betriebsverluste des Flughafens im Zeitraum 2017‑2021 – Beschluss, keine Einwände zu erheben – Klage, die nicht auf den Schutz der Verfahrensrechte gerichtet ist – Unzulässigkeit “
In der Rechtssache T‑218/18 RENV,
Deutsche Lufthansa AG mit Sitz in Köln (Deutschland), vertreten durch Rechtsanwalt A. Martin-Ehlers,
Klägerin,
gegen
Europäische Kommission, vertreten durch C. Georgieva, L. Wildpanner und T. Maxian Rusche als Bevollmächtigte,
Beklagte,
unterstützt durch
Land Rheinland-Pfalz, vertreten durch Rechtsanwälte R. van der Hout und C. Wagner sowie Rechtsanwältin V. Lemonnier,
und
Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch J. Möller und R. Kanitz als Bevollmächtigte,
Streithelfer,
erlässt
DAS GERICHT (Zehnte Kammer)
unter Mitwirkung der Präsidentin O. Porchia sowie der Richter M. Jaeger und P. Nihoul (Berichterstatter),
Kanzler: S. Jund, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
auf die mündliche Verhandlung vom 10. Dezember 2024
folgendes
Urteil
1 Mit ihrer Klage nach Art. 263 AEUV beantragt die Klägerin, die Deutsche Lufthansa AG, die Nichtigerklärung des Beschlusses C(2017) 5289 final der Kommission vom 31. Juli 2017 über die staatliche Beihilfe SA.47969 (2017/N), die Deutschland dem Flughafen Frankfurt-Hahn in Form einer Betriebsbeihilfe gewährt hat (im Folgenden: angefochtener Beschluss).
Vorgeschichte des Rechtsstreits und Ereignisse nach Klageerhebung
2 Die Klägerin ist eine Fluggesellschaft mit Sitz in Deutschland, deren Haupttätigkeit in der Beförderung von Fluggästen besteht. Ihr wichtigster Drehkreuzflughafen ist der Flughafen Frankfurt am Main (Deutschland).
3 Der Flughafen Frankfurt-Hahn liegt in Deutschland, im Land Rheinland-Pfalz (im Folgenden: Land), ca. 120 km von der Stadt Frankfurt am Main und 115 km vom Flughafen Frankfurt am Main entfernt. Er befindet sich auch in der Nähe der Flughäfen Luxemburg (Luxemburg), Saarbrücken (Deutschland) und Köln-Bonn (Deutschland).
4 Der Flughafen Frankfurt-Hahn wird von der Flughafen Frankfurt-Hahn GmbH (im Folgenden: FFHG) betrieben. Von 2009 bis 2017 wurde das Kapital dieser Gesellschaft zu 82,5 % vom Land und zu 17,5 % vom Land Hessen (Deutschland) gehalten. Am 1. März 2017 verkaufte das Land seine Anteile an die HNA Airport Group GmbH, eine Gesellschaft der chinesischen HNA Group.
Streitige Beihilfe und angefochtener Beschluss
5 Am 7. April 2017 meldete die Bundesrepublik Deutschland bei der Europäischen Kommission an, dass sie beabsichtige, FFHG von 2018 bis 2022 in aufeinanderfolgenden Tranchen eine Betriebsbeihilfe zur Deckung der tatsächlichen betrieblichen Verluste von FFHG zwischen 2017 und 2021 in Höhe von höchstens 25,3 Mio. Euro zu gewähren (im Folgenden: streitige Beihilfe).
6 Am 31. Juli 2017 erließ die Kommission den angefochtenen Beschluss, in dem sie feststellte, dass das förmliche Prüfverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV nicht zu eröffnen sei.
7 Im angefochtenen Beschluss stufte die Kommission die streitige Beihilfe als staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV ein.
8 Die Kommission war jedoch der Ansicht, dass die streitige Beihilfe nach Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV mit dem Binnenmarkt vereinbar sei, da sie die Kriterien nach den Leitlinien für staatliche Beihilfen für Flughäfen und Luftverkehrsgesellschaften (ABl. 2014, C 99, S. 3, im Folgenden: Leitlinien für Luftfahrtbeihilfen) für Betriebsbeihilfen erfülle.
Weitere Beschlüsse zu Maßnahmen zugunsten des Flughafens Frankfurt-Hahn und von Ryanair
9 Der angefochtene Beschluss folgt auf zwei weitere Beschlüsse über Maßnahmen der Bundesrepublik Deutschland zugunsten des Flughafens Frankfurt-Hahn.
10 Am 1. Oktober 2014 erließ die Kommission nämlich den Beschluss (EU) 2016/789 über die staatliche Beihilfe SA.21121 (C 29/08) (ex NN 54/07) Deutschlands über die Finanzierung des Flughafens Frankfurt-Hahn und die finanziellen Beziehungen zwischen dem Flughafen und Ryanair (ABl. 2016, L 134, S. 46, im Folgenden: Beschluss Hahn I). In diesem Beschluss prüfte die Kommission zum einen das Vorliegen staatlicher Beihilfen im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV in Bezug auf erstens Maßnahmen zugunsten von FFHG, zweitens Maßnahmen zugunsten der Ryanair Ltd und drittens Maßnahmen zugunsten der Fluggesellschaften, die den Flughafen Frankfurt-Hahn nutzten. Zum anderen stellte die Kommission fest, dass einige der Maßnahmen zugunsten von FFHG staatliche Beihilfen darstellten, und kam zu dem Ergebnis, dass sie mit dem Binnenmarkt vereinbar seien. Dieser Beschluss war Gegenstand einer Nichtigkeitsklage der Klägerin vor dem Gericht, die mit Urteil vom 12. April 2019, Deutsche Lufthansa/Kommission (T‑492/15, EU:T:2019:252), mangels Klagebefugnis als unzulässig abgewiesen wurde. Das gegen dieses Urteil eingelegte Rechtsmittel wurde vom Gerichtshof mit Urteil vom 15. Juli 2021, Deutsche Lufthansa/Kommission (C‑453/19 P, EU:C:2021:608), zurückgewiesen.
11 Am 1. Oktober 2014 erließ die Kommission auch den Beschluss (EU) 2016/788 über die staatliche Beihilfe SA.32833 (11/C) (ex 11/NN) Deutschlands betreffend die Finanzierung des Flughafens Frankfurt-Hahn im Zeitraum 2009‑2011 (ABl. 2016, L 134, S. 1, im Folgenden: Beschluss Hahn II). In diesem Beschluss vertrat die Kommission die Auffassung, dass bestimmte Maßnahmen zugunsten von FFHG staatliche Beihilfen im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV darstellten, die auf der Grundlage von Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV mit dem Binnenmarkt vereinbar seien, und dass andere Maßnahmen keine staatlichen Beihilfen darstellten. Dieser Beschluss war Gegenstand einer Nichtigkeitsklage der Klägerin vor dem Gericht, die mit Beschluss vom 17. Mai 2019, Deutsche Lufthansa/Kommission (T‑764/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:349), mangels Klagebefugnis als unzulässig abgewiesen wurde. Das gegen diesen Beschluss eingelegte Rechtsmittel wurde mit Urteil vom 20. Januar 2022, Deutsche Lufthansa/Kommission (C‑594/19 P, EU:C:2022:40), zurückgewiesen.
12 Außerdem beschloss die Kommission am 26. Oktober 2018 aufgrund einer unter dem Aktenzeichen SA.43260 registrierten Beschwerde der Klägerin, hinsichtlich verschiedener Maßnahmen zugunsten des Flughafens Frankfurt-Hahn und von Ryanair ein förmliches Prüfverfahren zu eröffnen.
13 Am 9. September 2024 stellte die Kommission nach Abschluss dieses förmlichen Prüfverfahrens im Beschluss (EU) 2024/3021 in der Sache SA.43260 (2018/C) über die Maßnahmen Deutschlands zugunsten von [FFHG] und Ryanair DAC (ABl. L, 2024/3021) fest, dass bestimmte Maßnahmen zugunsten dieser Unternehmen mit dem Binnenmarkt unvereinbare Beihilfen darstellten.
14 Im Übrigen entschied die Kommission am selben Tag im Beschluss C/2024/7202 über die staatliche Beihilfe SA.115160 (2024/NN) – Deutschland – Maßnahmen in Bezug auf die Haitec AG, FFHG und Ryanair, dass wegen der Maßnahmen zugunsten von FFHG und Ryanair kein förmliches Prüfverfahren eingeleitet werden sollte.
Verfahren vor Zurückverweisung
Ursprüngliches Urteil
15 Mit Klageschrift, die am 29. März 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die unter dem Aktenzeichen T‑218/18 registrierte Klage auf Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses erhoben. Die Klägerin machte im Wesentlichen einen einzigen Klagegrund geltend, der aus vier Teilen besteht. Mit dem ersten Teil rügte sie einen Verfahrensfehler, mit dem zweiten Teil, dass die Kommission wesentliche Tatsachen der Rechtssache unberücksichtigt gelassen habe, mit dem dritten Teil, dass die Kommission anderweitige FFHG gewährte Beihilfeelemente nicht berücksichtigt habe, und mit dem vierten Teil „sonstige Fehler in der rechtlichen Bewertung“. Im Rahmen des letztgenannten Teils machte die Klägerin u. a. geltend, dass sich der Flughafen Frankfurt am Main und der Flughafen Frankfurt-Hahn entgegen den Ausführungen im angefochtenen Beschluss im selben Einzugsgebiet befänden.
16 Mit Urteil vom 19. Mai 2021, Deutsche Lufthansa/Kommission (T‑218/18, nicht veröffentlicht, im Folgenden: ursprüngliches Urteil, EU:T:2021:282), hat das Gericht ausgeführt, dass die Klägerin Beteiligte im Sinne von Art. 1 Buchst. h der Verordnung (EU) 2015/1589 des Rates vom 13. Juli 2015 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 108 [AEUV] (ABl. 2015, L 248, S. 9) sei und mit dem zweiten, dem dritten und dem vierten Teil des einzigen Klagegrundes eine Verletzung ihrer Verfahrensrechte geltend mache. Das Gericht hat die Klage daher für zulässig erklärt. In der Sache befand das Gericht hinsichtlich des Einzugsgebiets des Flughafens Frankfurt-Hahn, dass die Kommission nicht sämtliche nach den Leitlinien für Luftfahrtbeihilfen für ihre Beurteilung vorgeschriebenen Kriterien ordnungsgemäß berücksichtigt habe. Mithin habe die sich hieraus ergebende „unzureichend[e] und unvollständig[e]“ Prüfung es der Kommission nicht erlaubt, sich in die Lage zu versetzen, alle Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der in Rede stehenden Beihilfe mit dem Binnenmarkt zu beseitigen. Unter Zurückweisung aller anderen von der Klägerin geltend gemachten Rügen hat das Gericht somit dem vierten Teil des einzigen erstinstanzlichen Klagegrundes der Klägerin teilweise stattgegeben und den angefochtenen Beschluss deshalb für nichtig erklärt.
Rechtsmittelurteil
17 Mit Rechtsmittelschrift vom 29. Juli 2021 hat das Land gegen das ursprüngliche Urteil ein Rechtsmittel eingelegt, das unter dem Aktenzeichen C‑466/21 P in das Register eingetragen wurde.
18 Mit Rechtsmittelschriften vom 4. bzw. 15. Oktober 2021 haben die Klägerin und die Kommission Anschlussrechtsmittel eingelegt.
19 Mit Urteil vom 14. September 2023, Land Rheinland-Pfalz/Deutsche Lufthansa (C‑466/21 P, im Folgenden: Rechtsmittelurteil, EU:C:2023:666), hat der Gerichtshof das ursprüngliche Urteil insgesamt mit der Begründung aufgehoben, dass das Gericht bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Klage Rechtsfehler begangen und gegen die Begründungspflicht verstoßen habe, und zwar sowohl in Bezug auf die Beteiligteneigenschaft der Klägerin im Sinne von Art. 1 Buchst. h der Verordnung 2015/1589 als auch in Bezug auf die von ihr geltend gemachte Verletzung ihrer Verfahrensrechte.
20 Da der Gerichtshof der Ansicht war, dass der Rechtsstreit – da die Prüfung der Zulässigkeit der erstinstanzlichen Klage und gegebenenfalls ihrer Begründetheit Tatsachenwürdigungen voraussetzten, die den Erlass zusätzlicher prozessleitender Maßnahmen oder einer Beweisaufnahme durch den Gerichtshof erfordern würden – nicht zur Entscheidung reif sei, hat er die Rechtssache an das Gericht zurückverwiesen und die Kostenentscheidung vorbehalten.
Verfahren und Anträge der Parteien nach Zurückverweisung
21 Die Klägerin beantragt,
– den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären;
– der Kommission die Kosten aufzuerlegen.
22 Die Kommission, unterstützt durch das Land, beantragt,
– die Klage als unzulässig abzuweisen;
– hilfsweise, die Klage als unbegründet abzuweisen;
– der Klägerin sämtliche Kosten einschließlich der Kosten des Rechtsmittel- und des Anschlussrechtsmittelverfahrens aufzuerlegen.
Rechtliche Würdigung
23 Ohne förmlich eine Einrede der Unzulässigkeit zu erheben, macht die Kommission, unterstützt durch die Bundesrepublik Deutschland und das Land, in erster Linie geltend, dass die Klage wegen fehlender Klagebefugnis unzulässig sei. Hilfsweise trägt die Kommission vor, die Klage sei als unzulässig abzuweisen, weil sie zum einen gegen die in Art. 76 Buchst. d der Verfahrensordnung des Gerichts aufgestellten Anforderungen an die Kohärenz verstoße und zum anderen missbräuchlich sei.
24 Zu ihrer Klagebefugnis trägt die Klägerin in Abschnitt 6 der Klageschrift, der die Zulässigkeit der Klage betrifft, vor, dass die Klage auf die Wahrung ihrer Verfahrensrechte abziele und dass sie, da sie mit Ryanair, die von den FFHG gewährten Beihilfen profitiere, in einem scharfen Wettbewerb stehe, Beteiligte im Sinne von Art. 108 Abs. 2 AEUV und Art. 1 Buchst. h der Verordnung 2015/1589 sei. Außerdem wäre die Klage auch dann zulässig, wenn das Gericht zu dem Ergebnis käme, dass es im Rahmen der vorliegenden Klage „die Begründetheit der Betriebsbeihilfe nach Art. 108 Abs. 3 AEUV überprüfen“ müsste. In diesem Fall sei ihre Marktstellung wegen der Verlagerung der Tätigkeiten von Ryanair auf den Flughafen Frankfurt am Main durch die streitige Beihilfe spürbar beeinträchtigt worden.
25 Die Kommission, unterstützt durch die Bundesrepublik Deutschland und das Land, stellt die Klagebefugnis der Klägerin in Abrede. Sie ist im Wesentlichen der Ansicht, dass die Klägerin in der Klageschrift keine auf die Wahrung ihrer Verfahrensrechte gerichteten Klagegründe geltend gemacht habe, sondern Klagegründe, mit denen ein Verstoß gegen materielle Bestimmungen gerügt werde. Da sie im Übrigen keine Wettbewerberin des Flughafens Frankfurt-Hahn sei und die streitige Beihilfe nicht an Ryanair durchgeleitet worden sei, sei sie keine Beteiligte im Sinne von Art. 108 Abs. 2 AEUV und Art. 1 Buchst. h der Verordnung 2015/1589. Außerdem könne die Marktstellung der Klägerin nicht als durch die streitige Beihilfe spürbar beeinträchtigt angesehen werden, da kein Zusammenhang zwischen dieser Beihilfe und der Verlagerung der Tätigkeiten von Ryanair auf andere Flughäfen nachgewiesen worden sei.
26 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass Art. 263 Abs. 4 AEUV zwei Varianten vorsieht, in denen einer natürlichen oder juristischen Person die Klagebefugnis für eine Klage gegen eine nicht an sie gerichtete Unionshandlung zuerkannt wird. Zum einen kann eine derartige Klage erhoben werden, wenn diese Handlung die Person unmittelbar und individuell betrifft. Zum anderen kann eine solche Person gegen einen Rechtsakt mit Verordnungscharakter, der keine Durchführungsmaßnahmen nach sich zieht, klagen, sofern dieser Rechtsakt sie unmittelbar betrifft (vgl. Urteil vom 31. Januar 2023, Kommission/Braesch u. a., C‑284/21 P, EU:C:2023:58, Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung).
27 Da im vorliegenden Fall der angefochtene Beschluss eine Einzelbeihilfe betrifft, ist es ausgeschlossen, dass es sich bei diesem Beschluss um einen Rechtsakt mit Verordnungscharakter handelt.
28 Zu der Frage, ob die Klägerin von dem angefochtenen Beschluss im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV unmittelbar und individuell betroffen ist, ergibt sich aus der ständigen Rechtsprechung, dass eine Person, die nicht Adressat eines Beschlusses ist, nur dann geltend machen kann, von ihm individuell betroffen zu sein, wenn der Beschluss sie wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände berührt und sie daher in ähnlicher Weise individualisiert wie den Adressaten eines solchen Beschlusses (Urteile vom 15. Juli 1963, Plaumann/Kommission, 25/62, EU:C:1963:17, S. 238, und vom 31. Januar 2023, Kommission/Braesch u. a., C‑284/21 P, EU:C:2023:58, Rn. 51).
29 In Bezug auf einen beihilferechtlichen Kommissionsbeschluss ist auch darauf hinzuweisen, dass im Rahmen des in Art. 108 AEUV vorgesehenen Verfahrens zur Kontrolle staatlicher Beihilfen zwischen der Vorprüfungsphase nach Art. 108 Abs. 3 AEUV, die nur dazu dient, der Kommission eine erste Meinungsbildung über die teilweise oder völlige Vereinbarkeit der fraglichen Beihilfe mit dem Binnenmarkt zu ermöglichen, und der in Art. 108 Abs. 2 AEUV geregelten Prüfungsphase zu unterscheiden ist. Nur in dieser Phase, die es der Kommission ermöglichen soll, sich umfassende Kenntnis von allen Gesichtspunkten des Falles zu verschaffen, sieht der AEU‑Vertrag die Verpflichtung der Kommission vor, den Beteiligten eine Frist zur Äußerung zu setzen (Urteile vom 17. September 2015, Mory u. a./Kommission, C‑33/14 P, EU:C:2015:609, Rn. 94, und vom 31. Januar 2023, Kommission/Braesch u. a., C‑284/21 P, EU:C:2023:58, Rn. 52).
30 Wenn die Kommission, ohne das förmliche Prüfverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV zu eröffnen, mit einem Beschluss auf der Grundlage von Art. 108 Abs. 3 AEUV feststellt, dass eine Beihilfe mit dem Binnenmarkt vereinbar ist, können die Personen, denen diese Verfahrensgarantien zugutekommen, deren Beachtung nur durchsetzen, wenn sie die Möglichkeit haben, diesen Beschluss vor dem Unionsgericht anzufechten. Deshalb ist eine Klage auf Nichtigerklärung eines solchen Beschlusses, die von einem „Beteiligten“ im Sinne von Art. 108 Abs. 2 AEUV erhoben wird, zulässig, wenn der Kläger mit der Erhebung der Klage die Verfahrensrechte wahren möchte, die ihm nach der letztgenannten Bestimmung zustehen (vgl. Urteil vom 31. Januar 2023, Kommission/Braesch u. a., C‑284/21 P, EU:C:2023:58, Rn. 53 und die dort angeführte Rechtsprechung).
31 Stellt ein Kläger dagegen die Begründetheit eines auf der Grundlage von Art. 108 Abs. 3 AEUV oder nach Abschluss des förmlichen Prüfverfahrens getroffenen Beschlusses, mit dem eine Beihilfe beurteilt wird, in Frage, so kann der bloße Umstand, dass er als „Beteiligter“ im Sinne von Art. 108 Abs. 2 AEUV betrachtet werden kann, nicht für die Annahme der Zulässigkeit der Klage ausreichen. Der Kläger muss in diesem Fall dartun, dass ihm eine besondere Stellung im Sinne der oben in Rn. 28 angeführten Rechtsprechung zukommt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Stellung des Klägers auf dem betroffenen Markt durch die Beihilfe, die Gegenstand des betreffenden Beschlusses ist, spürbar beeinträchtigt wird (vgl. Urteil vom 15. Juli 2021, Deutsche Lufthansa/Kommission, C‑453/19 P, EU:C:2021:608, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).
32 Somit können im Bereich der staatlichen Beihilfen Klagen gegen einen Beschluss, die Vorprüfungsphase ohne Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens abzuschließen, je nach Fall zwei Gegenstände betreffen, für die hinsichtlich der Zulässigkeit unterschiedliche Regelungen gelten. In einem solchen Kontext ist es, wie sich aus dem in der vorstehenden Randnummer angeführten Urteil des Gerichtshofs ergibt, Sache des Klägers, in der Klageschrift den Klagegegenstand zu spezifizieren und gegebenenfalls anzugeben, ob seine Klagegründe auf die Wahrung seiner Verfahrensrechte abzielen, sei es, dass er ausdrücklich auf die Garantien Bezug nimmt, die ihm Art. 108 Abs. 2 AEUV bietet, oder dass er der Kommission ausdrücklich vorwirft, das förmliche Prüfverfahren nicht eröffnet zu haben.
33 Es ist nämlich nicht Sache der Unionsgerichte, eine Klage, mit der ausschließlich in Frage gestellt wird, ob ein Beschluss über die Beurteilung einer Beihilfe als solche begründet sei, dahin auszulegen, dass sie in Wirklichkeit auf die Wahrung der dem Kläger nach Art. 108 Abs. 2 AEUV zustehenden Verfahrensrechte abzielt, wenn der Kläger nicht ausdrücklich einen darauf gerichteten Klagegrund vorgebracht hat, da sonst der Gegenstand dieser Klage verändert würde (vgl. Urteil vom 2. September 2021, Ja zum Nürburgring/Kommission, C‑647/19 P, EU:C:2021:666, Rn. 115 und die dort angeführte Rechtsprechung).
34 Zwar führt eine solche Beschränkung seiner Befugnis zur Auslegung der Klagegründe nicht dazu, dass ein Unionsgericht daran gehindert wäre, die Sachargumente eines Klägers zu prüfen, um festzustellen, ob sie auch Bestandteile aufweisen, die einen ebenfalls von diesem Kläger vorgebrachten Klagegrund stützen, mit dem ausdrücklich auf die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens rechtfertigende Zweifel hingewiesen werde (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 24. Mai 2011, Kommission/Kronoply und Kronotex, C‑83/09 P, EU:C:2011:341, Rn. 56, und vom 27. Oktober 2011, Österreich/Scheucher-Fleisch u. a., C‑47/10 P, EU:C:2011:698, Rn. 47 bis 50).
35 In keinem Fall kann das Unionsgericht jedoch, wenn kein Klagegrund einer Verletzung der Verfahrensrechte aus Art. 108 Abs. 2 AEUV geltend gemacht wird, einen Klagegrund, der darauf abzielt, die Begründetheit des Beschlusses der Kommission, keine Einwände zu erheben, in einen Klagegrund einer Verletzung dieser Verfahrensrechte umdeuten (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 19. Dezember 2019, Lux-Rehab Non-Profit/Kommission, C‑747/18 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2019:1105, Rn. 20).
36 Aus dieser Rechtsprechung des Gerichtshofs im Bereich der staatlichen Beihilfen ergibt sich, dass es zwei Fälle geben kann, in denen davon auszugehen ist, dass eine Klage gegen einen Beschluss, die Vorprüfungsphase ohne Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens abzuschließen, auf die Wahrung der Verfahrensrechte des Klägers abzielt.
37 Im ersten Fall macht der Kläger einen Klagegrund geltend, der ausdrücklich auf die Wahrung seiner Verfahrensrechte abzielt. Das Unionsgericht kann dann prüfen, ob Argumente, die im Rahmen anderer Klagegründe vorgebracht wurden, auch wenn diese die Sache selbst betreffen, Gesichtspunkte zur Stützung dieses Klagegrundes liefern. Ist dies der Fall, so können diese Argumente für die Prüfung dieses auf das Verfahren bezogenen Klagegrundes herangezogen werden.
38 Im zweiten Fall macht der Kläger nicht ausdrücklich einen Klagegrund geltend, der speziell auf die Wahrung seiner Verfahrensrechte abzielt. Er muss dann für jedes geltend gemachte Argument angeben, ob es einen solchen Gegenstand hat oder ob es darauf gerichtet ist, die Begründetheit des streitigen Beschlusses in Frage zu stellen. Der Kläger muss eine Wahl zwischen diesen beiden Alternativen treffen und klarstellen, welches dieser Ziele er mit einem jeden Argument verfolgen will, nämlich die Wahrung der Verfahrensrechte oder die Anfechtung des Beschlusses in der Sache.
39 Die Modalitäten der Anwendung dieser Rechtsprechung sind im Rechtsmittelurteil näher erläutert worden. Nach Auffassung des Gerichtshofs kann sich das Gericht, wenn es mit einer Nichtigkeitsklage gegen einen Beschluss der Kommission, kein förmliches Prüfverfahren zu eröffnen, befasst ist, nicht auf die Feststellung beschränken, dass es aus einer Prüfung der Klageschrift insgesamt folgere, dass der Kläger eine Verletzung seiner Verfahrensrechte geltend mache. Das Gericht muss in seinem Urteil vielmehr ausdrücklich die Randnummern der Klageschrift bezeichnen, auf die es sich gestützt hat, um diese Beurteilung vorzunehmen, damit den Parteien ermöglicht wird, die Gründe zu erkennen, die diese Beurteilung rechtfertigen, und der Gerichtshof seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann (vgl. in diesem Sinne Rechtsmittelurteil, Rn. 104). Dabei muss das Gericht nach Auffassung des Gerichtshofs feststellen, mit welchem der vorgebrachten Argumente der Kläger speziell dartun wollte, dass die Kommission das förmliche Prüfverfahren hätte eröffnen müssen (vgl. in diesem Sinne Rechtsmittelurteil, Rn. 105).
40 Insoweit ergibt sich aus dem Rechtsmittelurteil und der oben in den Rn. 33 und 35 angeführten Rechtsprechung, dass das Gericht nicht verpflichtet sein kann, die Klagegründe und Argumente des Klägers durch Sammlung von in seinen Schriftsätzen verstreut enthaltenen Elementen zu rekonstruieren, da diese Klagegründe und Argumente sonst ergänzt, verzerrt oder beschnitten würden.
41 Ebenso wenig ist es Sache der Unionsgerichte, Mutmaßungen in Bezug auf die Argumentationsstränge und auf die genauen Erwägungen sowohl tatsächlicher als auch rechtlicher Art anzustellen, die den Rügen der Klage zugrunde liegen können.
42 Im Licht dieser Erwägungen sind die in der Klageschrift verwendeten Formulierungen zu prüfen.
43 Im vorliegenden Fall steht fest, dass der angefochtene Beschluss am Ende der Vorprüfungsphase nach Art. 108 Abs. 3 AEUV und Art. 4 Abs. 3 der Verordnung 2015/1589 erlassen wurde und somit erging, ohne dass das förmliche Prüfverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV eröffnet worden wäre.
44 Aus der Klageschrift ergibt sich, dass die Klägerin nicht ausdrücklich einen Klagegrund vorgebracht hat, der speziell darauf gerichtet wäre, die Verletzung ihrer Verfahrensrechte aus Art. 108 Abs. 2 AEUV geltend zu machen. In Abschnitt 6 der Klageschrift, der die Zulässigkeit der Klage betrifft, hat sie lediglich vorgetragen, dass die Klage zwei Gegenstände haben könne, nämlich die Wahrung ihrer Verfahrensrechte oder die Infragestellung der Begründetheit des angefochtenen Beschlusses. Die Klägerin hat außerdem darauf hingewiesen, dass sie in beiden Fällen die Zulässigkeitsvoraussetzungen erfülle, sei es, dass sie Beteiligte sei, oder dass ihre Marktstellung durch die streitige Beihilfe spürbar beeinträchtigt werde.
45 So führt die Klägerin in den Rn. 55 und 56 der Klageschrift aus, dass die Zulässigkeit der Klage nach Maßgabe des Urteils vom 17. September 2015, Mory u. a./Kommission (C‑33/14 P, EU:C:2015:609), und insbesondere nach Maßgabe der ersten in diesem Urteil beschriebenen Alternative zu beurteilen sei. Diese erste Alternative wird in Rn. 95 des genannten Urteils, die im Übrigen in Rn. 55 der Klageschrift wiedergegeben ist, wie folgt beschrieben:
„Stellt die Kommission, ohne das förmliche Prüfverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV einzuleiten, mit einer Entscheidung auf der Grundlage von Art. 108 Abs. 3 AEUV fest, dass eine Beihilfe mit dem Binnenmarkt vereinbar ist, können folglich die Personen, denen diese Verfahrensgarantien zugutekommen, deren Beachtung nur durchsetzen, wenn sie die Möglichkeit haben, diese Entscheidung vor dem Unionsrichter anzufechten. Deshalb erklärt dieser eine Klage auf Nichtigerklärung einer solchen Entscheidung, die von einem Beteiligten im Sinne von Art. 108 Abs. 2 AEUV erhoben wird, für zulässig, wenn der Kläger mit der Erhebung der Klage die Verfahrensrechte wahren möchte, die ihm nach der letztgenannten Bestimmung zustehen.“
46 Die Klägerin fügt in Rn. 56 der Klageschrift hinzu:
„So liegen die Umstände hier: Die Verfahrensrechte der Beteiligten, d. h. Wettbewerber, sind in Art. 24 der [Verordnung] 2015/1589 beschrieben. Dabei handelt es sich um das Recht auf Stellungnahme im Hauptprüfungsverfahren bzw. das Recht auf Beschwerde. Diese Elemente beschreiben im Wesentlichen das Recht auf Gehör. Dieses Recht hat die [Kommission] im vorliegenden Fall ebenso verletzt wie ihre Prüfungspflicht: Wie die Klägerin oben einleitend dargestellt hat und nachfolgend vertiefen wird, hat die [Kommission] wesentliche Sachverhaltselemente ausgeblendet, obwohl ihr dieser Sachverhalt bekannt war. Der Sachverhalt ist auch entscheidungserheblich: Im Falle einer Berücksichtigung dieses Sachverhalts wäre die [Kommission] zu einem anderen Ergebnis gekommen, nämlich dahingehend, dass die Betriebsbeihilfen gerade nicht genehmigungsfähig waren. …“
47 In Rn. 58 der Klageschrift geht die Klägerin jedoch auf die zweite im Urteil vom 17. September 2015, Mory u. a./Kommission (C‑33/14 P, EU:C:2015:609), angesprochene Alternative ein:
„Die Klage wäre aber selbst dann zulässig, wenn man einen anderen Maßstab anlegen würde, d. h. wenn das Gericht zu dem Ergebnis käme, dass es im Rahmen der vorliegenden Klage die Begründetheit der Betriebsbeihilfe nach Art. 108 Abs. 3 AEUV überprüfen müsste und damit die zweite Alternative des [Urteils vom 17. September 2015, Mory u. a./Kommission (C‑33/14 P, EU:C:2015:609, Rn. [97]),] zur Anwendung käme …“
48 Daraus ergibt sich, dass die Klägerin in ihrer Klageschrift nicht ausdrücklich einen Klagegrund geltend macht, der speziell auf die Wahrung ihrer Verfahrensrechte gerichtet ist, und dass sie in Abschnitt 6 der Klageschrift, der die Zulässigkeit der Klage betrifft, auch nicht den genauen Gegenstand des einzigen Klagegrundes im Hinblick auf die oben in den Rn. 29 bis 41 angeführte Rechtsprechung angibt.
49 Mithin ist es Sache der Klägerin, in der Klageschrift für jeden Teil des einzigen Klagegrundes anzugeben, ob er sich auf die Begründetheit des angefochtenen Beschlusses oder darauf bezieht, dass die Kommission das förmliche Prüfverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV nicht eröffnet hat.
50 Aus der Prüfung der Klageschrift ergibt sich, dass dieses Erfordernis im vorliegenden Fall für keinen der Teile des einzigen von der Klägerin geltend gemachten Klagegrundes erfüllt worden ist.
51 Im Rahmen des ersten Teils, mit dem ein Verfahrensfehler gerügt wird, macht die Klägerin geltend, das Land und die Bundesrepublik Deutschland hätten mit der Kommission eine Vereinbarung dahin geschlossen, nach der sich das Land verpflichtet habe, den Flughafen Frankfurt-Hahn zu privatisieren, wenn alle Maßnahmen zugunsten dieses Flughafens und von Ryanair, die Gegenstand der Beschlüsse Hahn I und Hahn II gewesen seien, von der Kommission nicht als staatliche Beihilfen angesehen oder für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt würden (erster Gedankenstrich in Rn. 14 der Klageschrift).
52 In diesem ersten Teil wird nicht angegeben, ob er auf die Wahrung der Verfahrensrechte der Klägerin oder darauf abzielt, die Begründetheit des angefochtenen Beschlusses in Frage zu stellen. Er ist daher nach der oben in den Rn. 29 bis 41 angeführten Rechtsprechung unzulässig.
53 Jedenfalls wird der erste Teil des einzigen Klagegrundes, obgleich er in Abschnitt 2 („Klageziel und Klagegründe“) der Klageschrift angekündigt wird, in Abschnitt 7 („Begründetheit der Klage“) der Klageschrift nicht weiter ausgeführt und besteht aus einer schlichten, nicht untermauerten Behauptung, ohne dass ein Gesichtspunkt angeführt würde, auf den sich das dort bloß Behauptete stützen könnte. In diesem Teil wird nämlich weder erläutert, inwiefern die angebliche Vereinbarung einem Verfahrensfehler gleichkomm e, noch, inwiefern sie die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses beeinträchtigen soll oder gegen welche Regeln verstoßen worden sein soll. Dieser Teil verstößt daher gegen Art. 76 Buchst. d der Verfahrensordnung. Nach der Rechtsprechung ist nach dieser Bestimmung in der Klageschrift nämlich darzulegen, worin der Klagegrund besteht, auf den die Klage gestützt wird, so dass seine bloß abstrakte Nennung den Erfordernissen der Verfahrensordnung nicht entspricht (Urteil vom 31. Mai 2018, Groningen Seaports u. a./Kommission, T‑160/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:317, Rn. 113).
54 Schließlich geht der erste Teil des einzigen Klagegrundes ins Leere, da er die in den Beschlüssen Hahn I und Hahn II in Rede stehenden Maßnahmen und nicht die streitige Beihilfe betrifft.
55 Der erste Teil des einzigen Klagegrundes ist daher zurückzuweisen.
56 Im Rahmen des zweiten Teils, der ebenfalls nicht in Abschnitt 7 („Begründetheit der Klage“) der Klageschrift näher ausgeführt wird, macht die Klägerin in Rn. 4 der Klageschrift Folgendes geltend:
„ … Die vollständige und richtige Darstellung des maßgeblichen und der [Kommission] im Übrigen auch bekannten Sachverhalts hat aber erhebliche Auswirkungen auf die rechtliche Bewertung. Tatsächlich hätte die rechtliche Bewertung der [Kommission] zwangsläufig negativ ausfallen müssen, wenn sie den maßgeblichen Sachverhalt geprüft und berücksichtigt hätte.“
57 In Rn. 14 zweiter Gedankenstrich der Klageschrift führt die Klägerin aus, die Kommission habe wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen, obwohl sie ihr bekannt gewesen seien und diese Sachverhaltselemente für die rechtliche Beurteilung des Falles von zentraler Bedeutung gewesen seien. Abschließend kommt sie zu dem Ergebnis, dass der Kommission diese Umstände bekannt gewesen seien oder hätten bekannt sein müssen, ohne dass die Kommission sie jedoch berücksichtigt hätte.
58 Anhand dieses Vorbringens lässt sich nicht feststellen, ob die Klägerin der Ansicht ist, dass die Berücksichtigung sämtlicher Umstände der Sache durch die Kommission diese hätte veranlassen müssen, Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses zu hegen – in diesem Fall wäre davon auszugehen, dass dieser zweite Teil des einzigen Klagegrundes auf die Wahrung ihrer Verfahrensrechte gerichtet ist – oder dass der angefochtene Beschluss mangels Berücksichtigung dieser Umstände mit tatsächlichen oder rechtlichen Fehlern behaftet ist – so dass davon auszugehen wäre, dass die Klägerin die Begründetheit des angefochtenen Beschlusses in Frage stellt.
59 Der zweite Teil des einzigen Klagegrundes ist daher nach der oben in den Rn. 29 bis 41 angeführten Rechtsprechung unzulässig.
60 Im Rahmen des dritten Teils wirft die Klägerin der Kommission vor, anderweitige Beihilfeelemente nicht berücksichtigt zu haben, obwohl sie ihr bekannt gewesen seien und für den angefochtenen Beschluss erheblich gewesen wären ( Rn. 15 der Klageschrift).
61 Im ersten Abschnitt („Einleitung“) der Klageschrift führt die Klägerin in Rn. 2 aus:
„Die [Kommission] hat diese Betriebsbeihilfen in Höhe von EUR 25,3 Mio. für FFHG genehmigt, ohne zu berücksichtigen, dass FFHG bereits in erheblichem Umfang Betriebs- und andere Beihilfen erhalten hat. Daher hätte die [Kommission] den Beschluss in dieser Form nicht erlassen dürfen. Zumindest aber hätte die [Kommission] das Hauptprüfungsverfahren eröffnen müssen.“
62 Außerdem führt die Klägerin in Abschnitt 7 („Begründetheit der Klage“) der Klageschrift nach einer kurzen Darstellung des dritten Teils in Rn. 61 aus:
„Der [Kommission] waren diese Umstände vor Erlass des angefochtenen Beschlusses bekannt. Sie hätte daher den angefochtenen Beschluss nicht erlassen dürfen, ohne diese Tatsachen bei ihrer Prüfung zu berücksichtigen. Hilfsweise ist festzuhalten, dass die [Kommission] jedenfalls dazu verpflichtet gewesen wäre, ein Hauptprüfungsverfahren einzuleiten, weil die Betriebsbeihilfen Anlass zu Bedenken hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt gaben, Art. 4 Abs. 4 der [Verordnung] 2015/1589.“
63 Auf der Grundlage dieser beiden Erwägungen erweist es sich als unmöglich, genau zu bestimmen, was die Klägerin erreichen möchte.
64 Zum einen weist die Klägerin darauf hin, dass der dritte Teil in erster Linie auf die Feststellung eines Fehlers in der Sache und, hilfsweise, auf die Wahrung ihrer Verfahrensrechte abziele. Zur Bezeichnung dessen, was sie in erster Linie beantrage, weist sie darauf hin, dass der angefochtene Beschluss erlassen worden sei, ohne verschiedene Tatsachen im Rahmen der Vorprüfungsphase zu berücksichtigen. Eine solche Formulierung findet sich auch in Rn. 56 der Klageschrift, der die Verteidigung ihrer Verfahrensrechte betrifft und in der die Klägerin auch darauf hinweist, dass die Kommission wesentliche Sachverhaltselemente ausgeblendet habe, obwohl ihr dieser Sachverhalt bekannt gewesen sei. In einem solchen Zusammenhang legt die Klägerin keine Klageschrift vor, die ausdrücklich zwischen dem Hauptantrag und dem hilfsweise gestellten Antrag unterscheidet.
65 Zum anderen wäre davon auszugehen, dass die Klageschrift einen zweifachen Gegenstand hat, wenn sich herausstellen sollte, dass die Klägerin die Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses in erster Linie wegen Rechtsverstößen, die dessen Begründetheit beeinträchtigen, und, hilfsweise, wegen Verletzung ihrer Verfahrensrechte beantragt. Die Berufung auf einen doppelten Gegenstand ist jedoch mit der oben in den Rn. 29 bis 39 angeführten Rechtsprechung unvereinbar, da jeder von ihnen hinsichtlich der Zulässigkeit und der Begründetheit der Klage unterschiedlichen Regeln unterliegt. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass es nicht Sache der Unionsgerichte ist, anstelle des Klägers zu entscheiden, welchen Antrag dieser tatsächlich stellen möchte und welche Regelung anzuwenden ist, um festzustellen, ob die Klage zulässig und begründet ist.
66 Folglich ist auch der dritte Teil des einzigen Klagegrundes in Anwendung der oben in den Rn. 29 bis 41 angeführten Rechtsprechung als unzulässig zurückzuweisen.
67 Das Gleiche gilt für den vierten Teil. Dieser Teil, der im Übrigen in Abschnitt 2 der Klageschrift nicht angekündigt wurde, wird in ihrem Abschnitt 7.3 ausgeführt. Er wird jedoch auch in Rn. 60 dritter Gedankenstrich der Klageschrift angesprochen, in dem dieser Abschnitt 7.3 erwähnt wird, und in Rn. 61, die in Anbetracht dessen, dass sie mit „[d]er [Kommission] waren diese Umstände … bekannt“ beginnt, auf Rn. 60 und somit den vierten Teil verweist.
68 Die Unklarheiten in Rn. 61 der Klageschrift sind jedoch oben in Bezug auf den dritten Teil beschrieben worden.
69 Rn. 60 der Klageschrift enthält die Behauptung, dass „die Begründung der [Kommission] für die vermeintliche Vereinbarkeit der Betriebsbeihilfen mit dem [Binnenmarkt] sachlich und rechtlich falsch [ist]“. Eine solche Formulierung ändert nichts an der Mehrdeutigkeit von Rn. 61 der Klageschrift und erlaubt auch nicht die Entscheidung darüber, ob mit den in Abschnitt 7.3 der Klageschrift geäußerten Beanstandungen in Bezug auf die Anwendung der verschiedenen in den Leitlinien für Luftfahrtbeihilfen genannten Vereinbarkeitsvoraussetzungen dargetan werden soll, dass die Kommission das förmliche Prüfverfahren hätte eröffnen müssen oder dass der angefochtene Beschluss mit Rechts- oder Tatsachenfehlern behaftet ist.
70 Nach alledem ist die Klage als unzulässig abzuweisen, ohne dass die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen der Klage geprüft werden müssen.
Kosten
71 Nach Art. 195 der Verfahrensordnung entscheidet das Gericht in seinen Entscheidungen nach Aufhebung und Zurückverweisung über die Kosten des Rechtsstreits vor dem Gericht und über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens vor dem Gerichtshof.
72 Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.
73 Da die Klägerin im Verfahren nach Zurückverweisung unterlegen ist, sind ihr die Kosten des Rechtsstreits vor dem Gericht aufzuerlegen.
74 Da die Klägerin auch im Rechtsmittelverfahren vor dem Gerichtshof unterlegen ist, sind ihr auch die Kosten dieses Verfahrens aufzuerlegen.
75 Nach Art. 138 Abs. 1 und 3 der Verfahrensordnung tragen die Streithelfer ihre eigenen Kosten.
Aus diesen Gründen hat
DAS GERICHT (Zehnte Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Deutsche Lufthansa AG trägt ihre eigenen Kosten sowie die Kosten der Europäischen Kommission.
3. Die Bundesrepublik Deutschland und das Land Rheinland-Pfalz (Deutschland) tragen ihre eigenen Kosten.
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 30. April 2025.
Der Kanzler
Der Präsident
V. Di Bucci
M. van der Woude