T-181/19 – Dickmanns/ EUIPO

T-181/19 – Dickmanns/ EUIPO

CURIA – Documents

Language of document : ECLI:EU:T:2019:796

BESCHLUSS DES GERICHTS (Sechste Kammer)

18. November 2019(*)

„Öffentlicher Dienst – Bedienstete auf Zeit – Vertrag auf bestimmte Zeit, der mit einer Auflösungsklausel versehen ist – Klausel, wonach der Vertrag endet, falls der Name des Bediensteten nicht in die Reserveliste eines Auswahlverfahrens aufgenommen wird – Rein bestätigender Rechtsakt – Beschwerdefrist – Unzulässigkeit“

In der Rechtssache T‑181/19

Sigrid Dickmanns, wohnhaft in Gran Alacant (Spanien), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt H. Tettenborn,

Klägerin,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch A. Lukošiūtė als Bevollmächtigte im Beistand von Rechtsanwalt B. Wägenbaur,

Beklagter,

wegen einer Klage nach Art. 270 AEUV zum einen auf Aufhebung der Entscheidung des EUIPO vom 4. Juni 2018 über die Ablehnung der Anträge der Klägerin, die in Art. 5 ihres Vertrags enthaltene Auflösungsklausel zu streichen, ihren Vertrag in einen unbefristeten Vertrag umzuqualifizieren, die Entscheidung vom 14. Dezember 2017 – falls erforderlich – aufzuheben und ihr eine zweite Verlängerung ihres Vertrags über den 30. September 2018 hinaus zu gewähren oder sie zumindest in das Verfahren für die zweite Verlängerung von Verträgen mit Zeitbediensteten gemäß den Leitlinien für die Verlängerung von Verträgen von Bediensteten auf Zeit vom 28. Januar 2016 einzubeziehen, und zum anderen auf Ersatz des der Klägerin nach ihrem Vorbringen entstandenen Schadens

erlässt

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

zum Zeitpunkt der Beratung unter Mitwirkung des Richters D. Spielmann (Berichterstatter) in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten, des Richters Z. Csehi und der Richterin O. Spineanu-Matei,

Kanzler: E. Coulon,

folgenden

Beschluss

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Die Klägerin, Frau Sigrid Dickmanns, wurde 2001 vom Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) als Bedienstete auf Zeit eingestellt, und zwar zunächst auf der Grundlage von Art. 2 Buchst. b der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Union (im Folgenden: BSB) und dann auf der Grundlage von Art. 2 Buchst. a der BSB.

2        Der letzte Vertrag der Klägerin als Bedienstete auf Zeit enthielt eine Auflösungsklausel, nach der ihr Vertrag zu den in Art. 47 der BSB genannten Bedingungen aufgelöst werde, falls sie nicht in die Reserveliste des nächsten vom Europäischen Amt für Personalauswahl (EPSO) für ihre Funktionsgruppe organisierten allgemeinen Auswahlverfahrens mit dem Spezialgebiet gewerbliches Eigentum aufgenommen werde.

3        Am 31. Oktober 2013 wurde die Bekanntmachung des allgemeinen Auswahlverfahrens OHIM/AST/02/13 zur Bildung einer Einstellungsreserve für 60 Dienstposten der Besoldungsgruppe AST 3 im Bereich des geistigen Eigentums (im Folgenden: streitiges Auswahlverfahren) veröffentlicht (ABl. 2013, C 317 A, S. 1, im Folgenden: Bekanntmachung des streitigen Auswahlverfahrens). In Abschnitt VI dieser Bekanntmachung hieß es, dass die Reserveliste bis zum 31. Dezember 2017 gültig sei.

4        Am 28. November 2013 teilte der Präsident des EUIPO der Klägerin mit, dass die in Art. 5 ihres Vertrags als Bedienstete auf Zeit vorgesehene Auflösungsklausel infolge der Bekanntmachung des streitigen Auswahlverfahrens als aktiviert gelte, falls ihr Name nicht auf der Reserveliste dieses Auswahlverfahrens erscheine.

5        Gegen die Entscheidung des Präsidenten des EUIPO vom 28. November 2013 erhob die Klägerin eine Aufhebungsklage, die unter der Rechtssachennummer F‑102/14 in das Register eingetragen und mit Urteil vom 15. Dezember 2015, Clarke u. a./HABM (F‑101/14 bis F‑103/14, EU:F:2015:151), für zulässig erklärt, aber als unbegründet abgewiesen wurde. Die Abweisung der Klage wurde im Rechtsmittelverfahren mit Urteil vom 27. Juni 2017, Clarke u. a./EUIPO (T‑89/16 P, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:436), bestätigt, wodurch die Entscheidung vom 28. November 2013, die im Zeitbedienstetenvertrag der Klägerin enthaltene Auflösungsklausel anzuwenden, bestandskräftig wurde.

6        Mit Schreiben vom 4. Juni 2014 entschied der Präsident des EUIPO in Anbetracht des Umstands, dass die Klägerin nicht in die Reserveliste des streitigen Auswahlverfahrens, an dem sie teilgenommen hatte, aufgenommen worden war, ihren Vertrag als Bedienstete auf Zeit mit einer sechsmonatigen Kündigungsfrist zu beenden (im Folgenden: Entscheidung vom 4. Juni 2014).

7        Die Reserveliste des streitigen Auswahlverfahrens wurde im Amtsblatt vom 4. Juli 2014 (ABl. 2014, C 209 A, S. 7) mit dem Hinweis veröffentlicht, dass sie bis zum 31. Dezember 2017 gelte. Die Klägerin macht geltend, der Direktor der Personalabteilung des EUIPO habe geäußert, dass die Reserveliste des Auswahlverfahrens bis mindestens 31. Dezember 2017 gültig sein werde und ihre Gültigkeit verlängert werden könne.

8        Die Klägerin erhob gegen die Entscheidung vom 4. Juni 2014 eine unter der Rechtssachennummer F‑65/15 in das Register eingetragene Klage, mit der sie die Aufhebung dieser Entscheidung und Schadensersatz begehrte. Mit Beschluss vom 3. September 2015, Dickmanns/HABM (F‑65/15, nicht veröffentlicht, EU:F:2015:97), stellte der Präsident der Dritten Kammer des Gerichts für den öffentlichen Dienst der Europäischen Union fest, dass der Gegenstand dieser Klage mit dem der die Entscheidung vom 28. November 2013 betreffenden Klage in der Rechtssache F‑102/14 verbunden sei. Das Verfahren in der Rechtssache F‑65/15 wurde deshalb bis zur verfahrensbeendenden Entscheidung in den oben in Rn. 5 genannten verbundenen Rechtssachen F‑101/14 bis F‑103/14 ausgesetzt.

9        Die Klage der Klägerin auf Aufhebung der Entscheidung vom 4. Juni 2014 (Rechtssache F‑65/15) wurde auf das Gericht übertragen und unter der Rechtssachennummer T‑550/16 in das Register eingetragen.

10      Am 3. August 2017 teilte die Klägerin dem Gericht mit, dass sie ihre Klage auf Aufhebung der Entscheidung vom 4. Juni 2014 zurücknehme. Mit Beschluss vom 6. September 2017, Dickmanns/EUIPO (T‑550/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:597), wurde die Rechtssache T‑550/16 im Register des Gerichts gestrichen.

11      Mit Schreiben vom 14. Dezember 2017, das am selben Tag mit E‑Mail bekannt gegeben wurde, teilte die Personaldirektorin des EUIPO der Klägerin mit, dass die Reserveliste aufgrund der Bekanntmachung des streitigen Auswahlverfahrens bis zum 31. Dezember 2017 gültig sei, dass beschlossen worden sei, ihre Gültigkeitsdauer nicht zu verlängern, und dass sie die Klägerin infolgedessen gemäß Art. 5 ihres Vertrags darüber informiere, dass dieser mit Ablauf von sechs Monaten nach dem 31. Dezember 2017, also am 30. Juni 2018, enden werde.

12      Gegen dieses Schreiben vom 14. Dezember 2017 wendet sich die Klägerin in zwei Verfahren.

13      Zum einen stellte die Klägerin mit Schreiben vom 25. Januar 2018 einen Antrag gemäß Art. 90 Abs. 1 des Statuts der Beamten der Europäischen Union (im Folgenden: Statut), die Entscheidung vom 14. Dezember 2017 aufzuheben, die in Art. 5 ihres letzten Vertrags enthaltene Klausel zu streichen und diesen Vertrag in einen unbefristeten Vertrag als Bedienstete auf Zeit umzuqualifizieren oder ihr zumindest eine Verlängerung ihres Vertrags über den 30. Juni 2018 hinaus zu gewähren.

14      Die vorliegende Klage betrifft dieses Verfahren.

15      Zum anderen legte die Klägerin mit Schreiben vom 14. März 2018 gegen das Schreiben vom 14. Dezember 2017 eine Beschwerde nach Art. 90 Abs. 2 des Statuts ein.

16      Mit Entscheidung vom 4. Juni 2018 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) lehnte das EUIPO den Antrag vom 25. Januar 2018 ab und wies die Beschwerde der Klägerin vom 14. März 2018 gegen das Schreiben vom 14. Dezember 2017 zurück.

17      Mit Klageschrift vom 14. September 2018 focht die Klägerin die Zurückweisung ihrer Beschwerde vom 14. März 2018 beim Gericht an und beantragte die Aufhebung des Schreibens vom 14. Dezember 2017. Diese Klage wurde mit Beschluss vom 11. Juni 2019, Dickmanns/EUIPO (T‑538/18, nicht veröffentlicht, mit Rechtsmittel angefochten, EU:T:2019:420), als unzulässig abgewiesen. Das Gericht stellte fest, dass das Schreiben vom 14. Dezember 2017 ein rein bestätigender Rechtsakt der bestandskräftig gewordenen Entscheidung vom 4. Juni 2014 gewesen sei und daher nicht Gegenstand einer Aufhebungsklage nach Art. 263 AEUV sein könne (Beschluss vom 11. Juni 2019, Dickmanns/EUIPO, T‑538/18, nicht veröffentlicht, mit Rechtsmittel angefochten, EU:T:2019:420, Rn. 41).

18      Zum Antrag der Klägerin vom 25. Januar 2018 führte das EUIPO in der angefochtenen Entscheidung aus, dass das Schreiben vom 14. Dezember 2017 die Entscheidung vom 4. Juni 2014, mit der der Vertrag der Klägerin aufgelöst worden sei, nur bestätige und demnach keine anfechtbare Handlung sei. Weiter habe die Klägerin mit ihrem Antrag vom 25. Januar 2018 den Beschluss vom 6. September 2017, Dickmanns/EUIPO (T‑550/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:597), in Frage gestellt, mit dem das Gericht ihre Rücknahme der Klage T‑550/16 gegen die Entscheidung vom 4. Juni 2014 festgestellt habe. Zudem stellte das EUIPO im Wesentlichen fest, dass die Anträge der Klägerin, die Klausel in Art. 5 ihres Vertrags zu streichen und diesen Vertrag in einen unbefristeten Vertrag umzuqualifizieren oder ihn zu verlängern, offensichtlich unzulässig und auf jeden Fall offensichtlich unbegründet seien.

19      Mit E‑Mail vom 13. Juni 2018 teilte das EUIPO der Klägerin mit, dass der Zeitpunkt der Beendigung ihres Vertrags unter Berücksichtigung ihrer Langzeiterkrankung auf den 30. September 2018 hinausgeschoben worden sei.

20      Mit Schreiben vom 3. September 2018 legte die Klägerin gemäß Art. 90 Abs. 2 des Statuts gegen die angefochtene Entscheidung Beschwerde ein, soweit ihre Anträge nach Art. 90 Abs. 1 des Statuts abgelehnt worden waren.

21      Mit E‑Mail vom 17. Dezember 2018 wies das EUIPO diese Beschwerde unter Hinweis auf die bereits in der angefochtenen Entscheidung gegebene Antwort zurück.

 Verfahren und Anträge der Parteien

22      Mit Klageschrift, die am 27. März 2019 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben.

23      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        das EUIPO zu verurteilen, ihr eine Schadensersatzzahlung für den durch die angefochtene Entscheidung entstandenen moralischen und immateriellen Schaden zu leisten;

–        die Kosten des Verfahrens dem EUIPO aufzuerlegen.

24      Mit gesondertem Schriftsatz, der am 30. Mai 2019 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat das EUIPO eine Einrede der Unzulässigkeit gemäß Art. 130 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts erhoben.

25      Das EUIPO beantragt,

–        die Klage als offensichtlich unzulässig abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

26      Am 17. Juli 2019 hat die Klägerin ihre schriftliche Stellungnahme zu dieser Einrede der Unzulässigkeit bei der Kanzlei des Gerichts eingereicht und die Zurückweisung der Einrede beantragt.

 Rechtliche Würdigung

27      Nach Art. 130 Abs. 1 und 7 seiner Verfahrensordnung kann das Gericht auf Antrag des Beklagten über die Unzulässigkeit vorab entscheiden.

28      Im vorliegenden Fall hält sich das Gericht aufgrund der Aktenlage für hinreichend informiert und beschließt, ohne Fortsetzung des Verfahrens zu entscheiden.

 Zum Aufhebungsantrag

29      Das EUIPO macht geltend, die Klage sei unzulässig, da die Beschwerde vom 3. September 2018 nicht fristgerecht eingelegt worden sei. Der Antrag vom 25. Januar 2018 sei am 25. Mai 2018 implizit zurückgewiesen worden, woraufhin die Frist für das Einreichen einer Beschwerde im Sinne des Art. 90 Abs. 2 des Statuts drei Monate später, nämlich am 25. August 2018, abgelaufen sei. Die Klägerin habe ihre Beschwerde im Sinne des Art. 90 Abs. 2 des Statuts aber erst am 3. September 2018, mithin mehr als drei Monate nach der impliziten Ablehnung des Antrags, erhoben.

30      Das EUIPO trägt hilfsweise vor, der Antrag auf Zurückziehung der Entscheidung vom 14. Dezember 2017 sei bereits Gegenstand der in der Rechtssache T‑538/18 erhobenen Klage und die anderen Teile dieses Antrags setzten die Existenz eines Vertrags voraus, der zum Zeitpunkt der Erhebung der Klage nicht mehr existiert habe. Zudem sei der Antrag vom 25. Januar 2018 nicht binnen angemessener Frist im Sinne der einschlägigen Rechtsprechung gestellt worden und stelle das Urteil vom 15. September 2011, Bennett u. a./HABM (F‑102/09, EU:F:2011:138), in Frage, das rechtskräftig geworden sei.

31      In ihrer Stellungnahme zur Einrede der Unzulässigkeit trägt die Klägerin vor, dass ihre Klage zulässig sei. Die Auslegung des EUIPO widerspreche erstens dem Wortlaut von Art. 90 des Statuts und zweitens dem Sinn und Zweck von Art. 90 Abs. 1 zweiter Gedankenstrich des Statuts sowie dem Ziel der Rechtssicherheit. Außerdem seien in der angefochtenen Entscheidung Gründe angeführt worden, daher sei die stillschweigende Ablehnung nicht nur einfach bestätigt worden. Im Übrigen beeinträchtige die vom EUIPO vorgenommene Auslegung massiv ihre Grundrechte auf ein faires Verfahren sowie auf eine gute Verwaltung. Schließlich bestreitet die Klägerin das hilfsweise Vorbringen des EUIPO betreffend die Unzulässigkeit ihres Antrags zu 1.

32      Nach Art. 90 Abs. 1 des Statuts kann jede Person, auf die das Statut Anwendung findet, einen Antrag auf Erlass einer sie betreffenden Entscheidung an die Anstellungsbehörde richten. Diese teilt dem Antragsteller ihre begründete Entscheidung binnen vier Monaten nach dem Tag der Antragstellung mit. Ergeht innerhalb dieser Frist kein Bescheid, so gilt dies als stillschweigende Ablehnung, gegen die eine Beschwerde nach Art. 90 Abs. 2 zulässig ist.

33      Nach Art. 90 Abs. 2 des Statuts kann sich jede Person, auf die dieses Statut Anwendung findet, innerhalb einer Frist von drei Monaten mit einer Beschwerde gegen eine sie beschwerende Maßnahme an die Anstellungsbehörde wenden. Gemäß dem dritten Gedankenstrich dieser Bestimmung beginnt diese Frist am Tag, an dem die Beantwortungsfrist abläuft, wenn sich die Beschwerde auf die stillschweigende Ablehnung eines nach Abs. 1 eingereichten Antrags bezieht.

34      Im vorliegenden Fall hatte die Klägerin ihren Antrag nach Art. 90 Abs. 1 des Statuts am 25. Januar 2018 gestellt. Da das EUIPO auf diesen Antrag vier Monate lang nicht reagiert hat, ist am 25. Mai 2018 gemäß Art. 90 Abs. 1 des Statuts eine stillschweigende Ablehnung ergangen.

35      Die Klägerin hat also nach Art. 90 Abs. 2 des Statuts über eine Frist von drei Monaten verfügt, um eine Beschwerde gegen diese stillschweigende Ablehnung einzulegen. Diese Frist ist am 25. August 2018 abgelaufen.

36      Die Klägerin hat aber vor Ablauf dieser Frist keine Beschwerde gegen diese stillschweigende Entscheidung eingelegt.

37      Im Übrigen weist die Klägerin darauf hin, dass die angefochtene Entscheidung im vorliegenden Fall mit Gründen versehen sei und demnach keine reine Bestätigung der stillschweigenden Ablehnung sei.

38      Der Umstand, dass die angefochtene Entscheidung eine Begründung enthält, die definitionsgemäß in der stillschweigenden Ablehnung des Antrags nicht enthalten war, kann aus der angefochtenen Entscheidung nur dann eine Handlung machen, die die Klagefrist wieder in Gang setzt, wenn diese Entscheidung eine Überprüfung der Lage der Klägerin aufgrund neuer rechtlicher oder tatsächlicher Umstände enthält. Das ist aber nur der Fall, wenn sich aus den Akten ergibt, dass sich die tatsächliche oder rechtliche Situation zwischen der stillschweigenden Ablehnung des Antrags und dem Erlass der angefochtenen Entscheidung geändert hat (Urteil vom 12. Dezember 2002, Morello/Kommission, T‑338/00 und T‑376/00, EU:T:2002:314, Rn. 34 und 35). Folglich ist die ausdrückliche Ablehnung eines Antrags, die nach der stillschweigenden Ablehnung desselben Antrags ergeht, grundsätzlich eine rein bestätigende Handlung und eröffnet daher keine neue Beschwerdefrist zugunsten der Klägerin (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 28. Oktober 2010, Marcuccio/Kommission, T‑32/09 P, EU:T:2010:457, Rn. 20).

39      Im vorliegenden Fall geht aus den Akten keineswegs hervor, dass sich die Situation der Klägerin geändert hat oder dass sie zwischen der stillschweigenden Ablehnung ihres Antrags und der angefochtenen Entscheidung überprüft worden wäre. Die angefochtene Entscheidung ist also eine reine Bestätigung der stillschweigenden Ablehnung.

40      Daraus folgt, dass das Vorbringen der Klägerin, die angefochtene Entscheidung sei mit Gründen versehen und keine reine Bestätigung der Ablehnung, zurückzuweisen ist.

41      Demnach sind die im Statut vorgesehenen Fristen im vorliegenden Fall nicht eingehalten worden, und die vorliegende Klage ist daher unzulässig.

42      Die anderen Argumente der Klägerin entkräften diese Feststellung nicht.

43      Sie trägt erstens vor, dass die Auslegung des EUIPO dem Wortlaut von Art. 90 Abs. 2 des Statuts widerspreche. Außerdem enthalte Art. 90 Abs. 1 und 2 keine Anhaltspunkte dafür, dass die Frist nicht „am Tag der Mitteilung der Entscheidung an den Empfänger“ im Sinne von Art. 90 Abs. 2 Satz 3 zweiter Gedankenstrich des Statuts zu laufen beginne.

44      Aus dem Wortlaut von Art. 90 Abs. 1 und 2 dritter Gedankenstrich des Statuts geht aber hervor, dass das viermonatige Schweigen des EUIPO zu einer stillschweigenden Ablehnung geführt hat, die die dreimonatige Beschwerdefrist in Gang gesetzt hat. Dass der Klägerin nach der stillschweigenden Ablehnung ihres Antrags eine ausdrückliche Ablehnungsentscheidung mitgeteilt worden ist, setzt keine neue Beschwerdefrist in Gang. Art. 91 Abs. 3 zweiter Gedankenstrich des Statuts, wonach, wenn „nach einer stillschweigenden Ablehnung, aber innerhalb der Frist für die Klage, eine ausdrückliche Entscheidung über die Ablehnung einer Beschwerde [ergeht], … die Frist für die Klage erneut zu laufen [beginnt]“, kann im Stadium des Antrags und vor Einreichung einer Beschwerde keine entsprechende Anwendung finden (vgl. Beschluss vom 17. November 2000, Martinelli/Kommission, T‑200/99, EU:T:2000:269, Rn. 11 und die dort angeführte Rechtsprechung).

45      Nach der Rechtsprechung entspricht die strikte Anwendung der Vorschriften der Europäischen Union über die Verfahrensfristen dem Erfordernis der Rechtssicherheit und der Notwendigkeit, jede Diskriminierung oder willkürliche Behandlung bei der Gewährung von Rechtsschutz zu vermeiden (vgl. Beschluss vom 17. Mai 2002, Deutschland/Parlament und Rat, C‑406/01, EU:C:2002:304, Rn. 20 und die dort angeführte Rechtsprechung). Die in Art. 90 des Statuts vorgeschriebenen Fristen für das Vorverfahren, auf die oben in den Rn. 32 und 33 hingewiesen wurde, sind zwingendes Recht und stehen nicht zur Disposition der Parteien oder des Gerichts, da sie die Klarheit und Sicherheit der Rechtsverhältnisse gewährleisten sollen (Urteil vom 8. Juli 2010, Sevenier/Kommission, T‑368/09 P, EU:T:2010:300, Rn. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung).

46      Entgegen dem Vorbringen der Klägerin entspricht die Auslegung des EUIPO demnach den geltenden Bestimmungen und verstößt nicht gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit.

47      Die Klägerin trägt zweitens vor, dass die Auslegung von Art. 90 Abs. 2 des Statuts durch das EUIPO dem Sinn und Zweck der Regelungen des Art. 90 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 des Statuts widerspreche, durch die der Antragsteller geschützt werden solle, wenn die Anstellungsbehörde ihre Pflicht, über einen Antrag innerhalb von vier Monaten zu entscheiden, nicht erfülle. Diese Auslegung widerspreche auch dem Ziel der Rechtssicherheit, das erfordere, dass der Antragsteller gegen jede ihn beschwerende Entscheidung der Anstellungsbehörde vorgehen könne.

48      Auch wenn das EUIPO die in Art. 90 Abs. 1 des Statuts vorgesehene Frist von vier Monaten, um über den Antrag der Klägerin zu entscheiden und eine ausdrückliche und begründete Ablehnung dieses Antrags zu erlassen, bedauerlicherweise hat verstreichen lassen, kann nicht davon ausgegangen werden, dass dadurch die strikte Anwendung der Vorschriften der Union über die anzuwendenden Verfahrensfristen beeinträchtigt wird, die gerade dem Erfordernis der Rechtssicherheit entspricht. Im vorliegenden Fall konnte die am 25. Mai 2018 ergangene und die Klägerin beschwerende stillschweigende Ablehnung sehr wohl innerhalb einer Frist, die am 25. August 2018 abgelaufen ist, mit einer Beschwerde angefochten werden.

49      Folglich ist der diesbezüglichen Argumentation der Klägerin nicht zu folgen.

50      Die Klägerin macht drittens geltend, dass die vom EUIPO vorgenommene Auslegung ihre Grundrechte auf ein faires Verfahren sowie auf eine gute Verwaltung massiv beeinträchtige. Insbesondere  ermögliche diese Auslegung dem EUIPO, eine ausdrückliche Entscheidung innerhalb einer längeren als der vorgesehenen viermonatigen Frist zu erlassen, was die Frist zur Anfechtung dieser Entscheidung entsprechend verkürze. Sie führt weiter aus, dass mit der vom EUIPO vertretenen Auslegung auch die Verpflichtung der Verwaltung, ihre Entscheidungen zu begründen und eine angemessene Frist einzuhalten, unter Verstoß gegen Art. 41 Abs. 1 und 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) und gegen das Recht auf eine gute Verwaltung nach Art. 41 der Charta ausgehöhlt werde.

51      Das Gericht weist jedoch darauf hin, dass der in Art. 6 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten niedergelegte und in der Unionsrechtsordnung durch Art. 47 der Charta anerkannte Grundsatz, dass jede Person ein Recht auf ein faires Verfahren hat, der Festlegung einer Frist für die Erhebung einer Klage nicht entgegensteht (vgl. Beschluss vom 5. Juli 2011, Coedo Suárez/Rat, F‑73/10, EU:F:2011:102, Rn. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung).

52      Zudem wird das in Art. 47 Abs. 1 und 2 verankerte Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und auf die Einhaltung einer angemessenen Frist in keiner Weise durch die strikte Anwendung der Vorschriften der Union über die Verfahrensfristen beeinträchtigt, die nach ständiger Rechtsprechung dem Erfordernis der Rechtssicherheit und der Notwendigkeit entspricht, jede Diskriminierung oder willkürliche Behandlung bei der Gewährung von Rechtsschutz zu vermeiden (Beschlüsse vom 17. Mai 2002, Deutschland/Parlament und Rat, C‑406/01, EU:C:2002:304, Rn. 20, und vom 5. Juli 2011, Coedo Suárez/Rat, F‑73/10, EU:F:2011:102, Rn. 43).

53      Zwar kann das EUIPO somit entsprechend dem Vorbringen der Klägerin eine ausdrückliche Entscheidung innerhalb einer längeren als der vorgesehenen viermonatigen Frist treffen, was die Frist für die Einlegung einer Beschwerde gegen diese ausdrückliche und begründete Entscheidung entsprechend verkürzt. Aber auch wenn man annimmt, dass ein solches Verhalten die Verfahrensrechte der Klägerin beeinträchtigt hat und bei der Entscheidung über die Tragung der Kosten des vorliegenden Rechtszugs zu berücksichtigen ist, ist es nicht zwangsläufig die Ursache für die Nichteinhaltung der Beschwerdefrist durch die Klägerin, deren Antrag vom 25. Januar 2018 am 25. Mai 2018 stillschweigend abgelehnt worden ist (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 5. Juli 2011, Coedo Suárez/Rat, F‑73/10, EU:F:2011:102, Rn. 42).

54      Nach alledem ist die Aufhebungsklage als unzulässig abzuweisen, da das Vorverfahren nicht eingehalten worden ist.

 Zum Antrag auf Schadensersatz

55      Die Klägerin macht geltend, sie habe durch die rechtswidrige Beendigung ihres Vertrags und wegen der Unsicherheit, des Stresses und des Verlusts an Lebensqualität, die damit einhergegangen seien, einen immateriellen Schaden erlitten.

56      Nach ständiger Rechtsprechung sind Anträge auf Ersatz des materiellen oder immateriellen Schadens zurückzuweisen, wenn sie eng mit Aufhebungsanträgen zusammenhängen, die ihrerseits als unzulässig oder unbegründet zurückgewiesen wurden (Urteil vom 15. Mai 1997, N/Kommission, T‑273/94, EU:T:1997:71‚ Rn. 159, und Beschluss vom 16. November 2018, OT/Kommission, T‑552/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:807‚ Rn. 89).

57      Im vorliegenden Fall ergibt sich aus der Klageschrift, dass der Schadensersatzantrag in engem Zusammenhang mit dem Aufhebungsantrag steht. Der immaterielle Schaden, für den die Klägerin Ersatz begehrt, wird nämlich mit den Rechtsverstößen begründet, mit denen die angefochtene Handlung behaftet sein soll.

58      Daher ist, nachdem die Aufhebungsklage für unzulässig erklärt worden ist, der Schadensersatzantrag ebenfalls zurückzuweisen.

59      Nach alledem ist die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

 Kosten

60      Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Andererseits kann nach Art. 135 Abs. 2 der Verfahrensordnung eine Partei, auch wenn sie obsiegt, zur Tragung eines Teils der Kosten oder sogar sämtlicher Kosten verurteilt werden, wenn dies wegen ihres Verhaltens, auch vor Klageerhebung, gerechtfertigt erscheint. Wie bereits entschieden worden ist, kann es durch die mangelnde Sorgfalt eines Organs im Vorverfahren gerechtfertigt sein, dieses zur Tragung sämtlicher Kosten zu verurteilen (vgl. entsprechend Beschluss vom 5. Juli 2011, Coedo Suárez/Rat, F‑73/10, EU:F:2011:102, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung).

61      Aus den oben angeführten Gründen ergibt sich, dass die Klägerin mit ihrer Klage unterlegen ist und das EUIPO ausdrücklich beantragt hat, ihr die Kosten aufzuerlegen.

62      Im vorliegenden Fall stellt das Gericht jedoch fest, dass das EUIPO die in Art. 90 Abs. 1 des Statuts vorgesehene Frist von vier Monaten hat verstreichen lassen, bevor es den von der Klägerin gestellten Antrag mit einer ausdrücklichen Entscheidung abgelehnt hat. Darüber hinaus hat das EUIPO die Antragstellerin in der ausdrücklichen Entscheidung nicht darauf hingewiesen, dass bereits eine stillschweigende Ablehnung ergangen war und dass die dreimonatige Beschwerdefrist ab dieser Entscheidung lief.

63      Vor diesem Hintergrund erscheint es bei angemessener Berücksichtigung der Umstände des Falles in Anbetracht von Art. 135 Abs. 2 der Verfahrensordnung geboten, dem EUIPO neben seinen eigenen Kosten die der Klägerin entstandenen Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

beschlossen:

1.      Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.

2.      Das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) trägt seine eigenen Kosten sowie die Kosten von Frau Sigrid Dickmanns.

Luxemburg, den 18. November 2019

Der Kanzler

 

In Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten

E. Coulon

 

D. Spielmann



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