Vorläufige Fassung
URTEIL DES GERICHTS (Neunte erweiterte Kammer)
11. Dezember 2024(* )
„ Institutionelles Recht – Vereinbarung zwischen dem Rat und den Gewerkschafts- und Berufsverbänden zur Durchführung von Art. 10c des Statuts – Verfahren zur Nachprüfung der Kriterien für die Anerkennung und Repräsentativität der Gewerkschafts- und Berufsverbände – Vermerk, mit dem die Ergebnisse des Nachprüfungsverfahrens mitgeteilt wurden – Begründungspflicht – Grundsatz der guten Verwaltung – Grundsatz der Erfüllung nach Treu und Glauben – Vereinigungsfreiheit “
In der Rechtssache T‑179/23,
Sektion Rat des Europäischen Beamtenbunds (EBB [Sektion Rat]) mit Sitz in Brüssel (Belgien), vertreten durch Rechtsanwälte A. Champetier und S. Rodrigues,
Klägerin,
gegen
Rat der Europäischen Union , vertreten durch M. Bauer und I. Demoulin als Bevollmächtigte,
Beklagter,
erlässt
DAS GERICHT (Neunte erweiterte Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten S. Papasavvas sowie der Richter L. Truchot (Berichterstatter), H. Kanninen, M. Sampol Pucurull und T. Tóth,
Kanzler: L. Ramette, Verwaltungsrat,
aufgrund des Beschlusses vom 9. Juni 2023, EBB Sektion Rat/Rat (T‑179/23 R, nicht veröffentlicht, EU:T:2023:328),
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
auf die mündliche Verhandlung vom 12. Juli 2024
folgendes
Urteil
1 Mit ihrer Klage beantragt die Klägerin, die Sektion Rat des Europäischen Beamtenbunds (EBB [Sektion Rat]), zum einen nach Art. 263 AEUV die Aufhebung des Vermerks des Rates der Europäischen Union vom 3. April 2023, der sich auf das Ergebnis des zweiten sie betreffenden Nachprüfungsverfahrens bezieht, soweit dieser Vermerk die Rechte aussetzt, die ihr als repräsentativem Gewerkschafts- und Berufsverband (im Folgenden: GBV) verliehen wurden (im Folgenden: angefochtene Entscheidung), und zum anderen nach Art. 268 AEUV den Ersatz des immateriellen Schadens, der ihr dadurch entstanden sein soll.
I. Vorgeschichte des Rechtsstreits
2 Art. 10c des Statuts der Beamten der Europäischen Union (im Folgenden: Statut) bestimmt: „Jedes Organ kann für sich mit den repräsentativen [GBV] sein Personal betreffende Vereinbarungen schließen. Diese Vereinbarungen dürfen weder Änderungen des Statuts oder Mittelbindungen nach sich ziehen noch sich auf die Arbeitsweise des Organs erstrecken. Die repräsentativen [GBV], die eine solche Vereinbarung unterzeichnet haben, werden in den einzelnen Organen unter Wahrung der im Statut festgelegten Befugnisse der Personalvertretung tätig.“
3 Zur Durchführung dieser Bestimmung unterzeichneten der Rat und mehrere GBV des Generalsekretariats des Rates (GSR), darunter die Klägerin, am 28. März 2006 in Brüssel (Belgien) ein Dokument mit dem Titel „Vereinbarung zwischen dem Rat der Europäischen Union und den Gewerkschafts- und Berufsverbänden des Personals des Generalsekretariats des Rates“ (im Folgenden: Vereinbarung) zur Festlegung der Kriterien für die Anerkennung und Repräsentativität der GBV des Rates.
4 Zum einen sieht Art. 2 der Vereinbarung, der die Anerkennung der GBV betrifft, den Grundsatz einer offiziellen Anerkennung der GBV des Personals des GSR vor. So werden nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. f der Vereinbarung diejenigen GBV anerkannt, die den Nachweis erbringen, dass sie im GSR über mindestens 60 Mitglieder verfügen, die bei den Wahlen zur Personalvertretung das aktive und passive Wahlrecht besitzen und gegenüber ihrem GBV beitragspflichtig sind (im Folgenden: Anerkennungsschwelle).
5 Gemäß Art. 13 der Vereinbarung haben die anerkannten GBV die Möglichkeit, die Übersetzungs‑, Vervielfältigungs‑, Verbreitungs- und Kommunikationsmittel des GSR, einschließlich einer „Homepage“ auf seiner Intranetseite, zu nutzen, Sitzungen außerhalb der Arbeitszeiten in den Räumlichkeiten des GSR abzuhalten, über ein Standardbüro zu verfügen, das mit den anderen anerkannten GBV geteilt wird, und ihren Verantwortlichen oder ihren Delegierten Sonderurlaub von höchstens vier Tagen im Jahr zur Teilnahme an Versammlungen oder Gewerkschaftskongressen außerhalb des GSR sowie einen besonderen Schulungsurlaub für die gewerkschaftliche Fortbildung ebenso wie für die berufliche Fortbildung zu gewähren.
6 Zum anderen bestimmt Art. 4 Abs. 1 der Vereinbarung, der die Repräsentativität der GBV betrifft, dass der Rat die anerkannten GBV als repräsentativ im GSR anerkennt, sofern sie bei diesem Organ über mindestens 300 Mitglieder verfügen, die bei den Wahlen zur Personalvertretung das aktive und passive Wahlrecht besitzen und gegenüber ihrem GBV beitragspflichtig sind. Dazu zählen auch höchstens 50 Mitglieder eines GBV, die ehemalige Beamte oder sonstige Bedienstete des GSR sind und ein Ruhegehalt der Gemeinschaften beziehen (im Folgenden: Repräsentativitätsschwelle).
7 Nach einem Dokument im Anhang der Vereinbarung mit dem Titel „Modalitäten für die Bereitstellung von Ressourcen an repräsentative GBV im Sinne von Artikel 4 der Vereinbarung“ (im Folgenden: Anhang) werden repräsentativen GBV des GSR vorübergehend Personal, Sekretariatsunterstützung, ausgestattete Büros und Mobiltelefone für jeden vollzeitlich zur Verfügung gestellten Bediensteten sowie ein gemeinsamer Zugang zu einem 27 m2 großen Mehrzweckraum zur Verfügung gestellt.
8 Außerdem sieht Art. 5 Abs. 1 der Vereinbarung, der die Prüfung bestimmter Kriterien für die Anerkennung und Repräsentativität der GBV betrifft, vor, dass die Anzahl der Mitglieder der GBV, die die Vereinbarung unterzeichnet haben (im Folgenden: mitunterzeichnende GBV), durch eidesstattliche Erklärung des Vorsitzenden jedes dieser GBV einer im gegenseitigen Einvernehmen ausgewählten unabhängigen Einrichtung mitgeteilt wird. Dabei ist anzugeben, wie viele Mitglieder Beamte oder sonstige Bedienstete des GSR sind und wie viele Personen ehemalige Beamte oder sonstige Bedienstete des Generalsekretariats des Rates sind, die ein Ruhegehalt der Gemeinschaften beziehen.
9 In dieser Bestimmung wird auch klargestellt, dass die oben in Rn. 8 genannte unabhängige Einrichtung prüfen muss, ob die mitunterzeichnenden GBV insbesondere die Schwellenwerte für die Anerkennung und Repräsentativität erreichen, und das relative Gewicht jedes repräsentativen GBV zu bestimmen hat (im Folgenden: Nachprüfungsverfahren). Nach Abschluss dieses Nachprüfungsverfahrens muss diese Einrichtung das Ergebnis ihrer Feststellungen den betreffenden GBV und der Anstellungsbehörde mitteilen, ohne jedoch irgendeine der im Rahmen dieses Verfahrens erlangten Informationen offenzulegen.
10 Schließlich bestimmt Art. 5 Abs. 3 Unterabs. 1 der Vereinbarung, dass die oben in Rn. 8 genannte eidesstattliche Erklärung und das Nachprüfungsverfahren alle drei Jahre und bei jedem Antrag auf Beitritt eines neuen GBV zu der Vereinbarung erfolgen.
11 Mit Vermerk vom 29. März 2022 unterrichtete die Generaldirektion „Organisationsentwicklung und Dienstleistungen“ des GSR die mitunterzeichnenden GBV über die Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens nach Art. 5 der Vereinbarung.
12 Am 3. und 17. Mai 2022 hielt das GSR Sitzungen mit den mitunterzeichnenden GBV ab, bei denen es ihnen den Entwurf eines Mandatsschreibens vorlegte, das an die in Art. 5 der Vereinbarung genannte unabhängige Einrichtung gerichtet werden sollte (im Folgenden: erstes Mandatsschreiben). In diesen Sitzungen äußerten die Vertreter der drei mitunterzeichnenden GBV den Wunsch, dass der von dieser Einrichtung für die Erstellung ihrer Mitgliederverzeichnisse zu berücksichtigende Stichtag (im Folgenden: erster Stichtag) auf den 31. Juli 2022 festgesetzt werden möge.
13 Am 17. Juni 2022 teilte GSR den mitunterzeichnenden GBV im Wesentlichen mit, dass sich ein in Brüssel ansässiger Gerichtsvollzieher (im Folgenden: Gerichtsvollzieher) bereit erklärt habe, das Nachprüfungsverfahren durchzuführen, und dass der erste Stichtag auf den 31. Mai 2022 festgesetzt worden sei.
14 Im September 2022 prüfte der Gerichtsvollzieher im Rahmen des oben in Rn. 13 genannten Nachprüfungsverfahrens (im Folgenden: erstes Nachprüfungsverfahren) die von den mitunterzeichnenden GBV übermittelten Informationen, um zu beurteilen, ob sie die Schwellenwerte für die Anerkennung und Repräsentativität erreichten.
15 Am 20. Oktober 2022 erstellte der Gerichtsvollzieher ein Protokoll, aus dem hervorgeht, dass die Klägerin am 31. Mai 2022 die Anerkennungsschwelle und folglich auch die Repräsentativitätsschwelle nicht erreicht habe (im Folgenden: erstes Protokoll).
16 Mit Vermerk vom 24. November 2022 (im Folgenden: Vermerk vom 24. November 2022) nahm die Generalsekretärin des Rates u. a. zur Kenntnis, dass die Klägerin die in Art. 2 Abs. 2 Buchst. f und Art. 4 Abs. 1 der Vereinbarung vorgesehenen Kriterien nicht erfülle, und forderte sie gemäß dem in Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Vereinbarung vorgesehenen Verfahren auf, diesen Kriterien innerhalb von drei Monaten zu entsprechen.
17 Am 30. November 2022 veröffentlichte das GSR in seinem Intranet eine Mitteilung, wonach die Klägerin im Gegensatz zu den beiden anderen mitunterzeichnenden GBV die in der Vereinbarung vorgesehenen Schwellenwerte für Anerkennung und Repräsentativität nicht mehr erreiche und über eine Frist von drei Monaten verfüge, um dieser Situation abzuhelfen.
18 Am 16. Januar 2023 übermittelte das GSR der Klägerin einen neuen Entwurf eines Mandatsschreibens an den Gerichtsvollzieher zur erneuten Nachprüfung ihrer Situation im Hinblick auf die Schwellenwerte für die Anerkennung und Repräsentativität (im Folgenden: zweites Nachprüfungsverfahren).
19 Am 19. Januar 2023 nahmen das GSR und die Klägerin an einer Sitzung teil, in der zum einen die Klägerin beantragte, dass der Gerichtsvollzieher im Rahmen des zweiten Nachprüfungsverfahrens das Verzeichnis ihrer Mitglieder auf der Grundlage eines Stichtags (im Folgenden: zweiter Stichtag) nach dem 17. April 2023 erstellen möge. Zum anderen wies das GSR darauf hin, dass dieser zweite Stichtag nach seiner Auslegung der Vereinbarung auf den 28. Februar 2023 festzusetzen sei, da dieser Zeitpunkt dem Ende der durch den Vermerk vom 24. November 2022 ausgelösten Dreimonatsfrist entspreche.
20 Im März 2023 prüfte der Gerichtsvollzieher im Rahmen des zweiten Nachprüfungsverfahrens die von der Klägerin übermittelten Informationen.
21 Am 28. März 2023 übermittelte der Gerichtsvollzieher der Klägerin ein zweites Protokoll vom 27. März 2023, aus dem hervorging, dass die Klägerin in Anbetracht der am 28. Februar bzw. 1. März 2023 erstellten amtlichen Verzeichnisse der Beamten und sonstigen Bediensteten sowie der ehemaligen Beamten und sonstigen Bediensteten die in der Vereinbarung vorgesehenen Anerkennungsvoraussetzungen, einschließlich des in Art. 2 Abs. 2 Buchst. f der Vereinbarung vorgesehenen Kriteriums, erfülle, aber nicht die in Art. 4 Abs. 1 dieser Vereinbarung vorgesehene Repräsentativitätsschwelle erreiche (im Folgenden: zweites Protokoll).
22 Mit der angefochtenen Entscheidung setzte das GSR die Klägerin von der Aussetzung der Rechte in Kenntnis, die sie nach Art. 14 der Vereinbarung als repräsentativer GBV hatte. Darüber hinaus teilte es ihr mit, dass sie in ihrer Eigenschaft als anerkannter GBV die nach Art. 13 der Vereinbarung vorgesehenen Mittel behalte.
II. Anträge der Parteien
23 Die Klägerin beantragt,
– die angefochtene Entscheidung aufzuheben;
– den Rat zur Zahlung von einem symbolischen Euro als Ersatz des angeblich erlittenen immateriellen Schadens zu verurteilen;
– dem Rat die Kosten aufzuerlegen.
24 Der Rat beantragt,
– die Klage abzuweisen;
– der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.
III. Rechtliche Würdigung
A. Zum Aufhebungsantrag
25 Die Klägerin stützt ihren Aufhebungsantrag im Wesentlichen auf drei Klagegründe, mit denen sie erstens einen Verstoß gegen Art. 5 der Vereinbarung und Regelwidrigkeiten im ersten Nachprüfungsverfahren, zweitens einen Verstoß gegen den sich aus der Vereinbarung ergebenden Geist der loyalen Zusammenarbeit, gegen den Grundsatz der guten Verwaltung, gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und gegen den Grundsatz der Vertragserfüllung nach Treu und Glauben und drittens eine Verletzung des Grundrechts der Vereinigungsfreiheit rügt.
26 Außerdem hat die Klägerin in Beantwortung einer prozessleitenden Maßnahme im Wesentlichen einen vierten Klagegrund geltend gemacht, mit dem sie eine unzureichende Begründung der angefochtenen Entscheidung rügt.
27 Da nach ständiger Rechtsprechung eine fehlende oder unzureichende Begründung eine Verletzung wesentlicher Formvorschriften im Sinne von Art. 263 AEUV darstellt und ein Gesichtspunkt zwingenden Rechts ist, den der Unionsrichter gegebenenfalls von Amts wegen prüfen muss (vgl. Urteil vom 12. Juli 2023, Eurecna/Kommission, T‑377/21, EU:T:2023:398, Rn. 18 und die dort angeführte Rechtsprechung), hält es das Gericht in Anbetracht der besonderen Umstände des vorliegenden Falles für angebracht, über den vierten Klagegrund zu entscheiden, bevor es die anderen drei von der Klägerin geltend gemachten Klagegründe nacheinander prüft.
1. Zum vierten Klagegrund: unzureichende Begründung der angefochtenen Entscheidung
28 Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, im zweiten Protokoll hätte klar angegeben werden müssen, wie viele Mitglieder der Gerichtsvollzieher zugrunde gelegt habe, um zu dem Ergebnis zu gelangen, dass die Klägerin die Repräsentativitätsschwelle nicht erreicht habe, da die Gültigkeit der angefochtenen Entscheidung von der Nichtbeachtung dieser Schwelle abhänge. Somit könne sie nicht ersehen, weshalb sie diese Schwelle nicht erreicht habe, und habe daher auch von dem wesentlichen Grund für die angefochtene Entscheidung keine Kenntnis, die sie in die Lage versetzen würde, ihre Rechte zu verteidigen, was einen Verstoß gegen die Begründungspflicht darstelle, der die Rechtsakte der Unionsorgane unterlägen.
29 Der Rat tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.
30 Nach gefestigter Rechtsprechung muss die nach Art. 296 AEUV und Art. 41 Abs. 2 Buchst. c der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) vorgeschriebene Begründung von Rechtsakten der Organe der Union der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Organs, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrolle durchführen kann. Das Begründungserfordernis ist anhand aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen, insbesondere des Inhalts des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und des Interesses, das die Adressaten des Rechtsakts oder andere unmittelbar und individuell von ihm betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Anforderungen der oben angeführten Vorschriften genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 31. Mai 2018, Groningen Seaports u. a./Kommission, T‑160/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:317, Rn. 78).
31 Zudem kann das Fehlen einer Begründung selbst dann festgestellt werden, wenn die fragliche Entscheidung bestimmte Begründungselemente enthält. So kommt eine in sich widersprüchliche oder unverständliche Begründung dem Fehlen einer Begründung gleich. Gleiches gilt, wenn die in der fraglichen Entscheidung enthaltenen Begründungselemente so lückenhaft sind, dass sie es dem Adressaten der Entscheidung im Kontext ihres Erlasses in keiner Weise ermöglichen, die Erwägungen ihres Urhebers nachzuvollziehen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Juni 2020, Kommission/Di Bernardo, C‑114/19 P, EU:C:2020:457, Rn. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung).
32 Im vorliegenden Fall wird in der angefochtenen Entscheidung erstens ausgeführt, dass der für die Durchführung des zweiten Nachprüfungsverfahrens benannte Gerichtsvollzieher seinen Bericht am 28. März 2023 vorgelegt habe und dass die Klägerin laut diesem Bericht die Voraussetzungen erfülle, um als anerkannte GBV, nicht aber als repräsentative GBV angesehen zu werden.
33 Zweitens geht aus den Angaben im zweiten Protokoll, auf das in der angefochtenen Entscheidung ausdrücklich Bezug genommen wird, hervor, dass die Klägerin insbesondere in Anbetracht eines am 28. Februar 2023 erstellten amtlichen Verzeichnisses der Beamten und sonstigen Bediensteten des GSR und eines anderen am 1. März 2023 erstellten amtlichen Verzeichnisses der ehemaligen Beamten und sonstigen Bediensteten des GSR zum einen die in Art. 2 Abs. 2 Buchst. f vorgesehene Anerkennungsschwelle von mindestens 60 Mitgliedern erreicht habe und zum anderen die in Art. 4 Abs. 1 der Vereinbarung vorgesehene Repräsentativitätsschwelle von mindestens 300 beitragspflichtigen Mitgliedern mit aktivem und passivem Wahlrecht bei den Wahlen zur Personalvertretung nicht erreicht habe, wobei die festgestellte Differenz nicht weniger als 20 Mitglieder betragen habe.
34 Somit ist festzustellen, dass die angefochtene Entscheidung, die in Anwendung der von der Klägerin mitunterzeichneten Vereinbarung erlassen wurde, ergangen ist, nachdem ihr der Gerichtsvollzieher am 28. März 2023 das zweite Protokoll in einem ihr bekannten Kontext übersandt hatte.
35 Außerdem wurden in der angefochtenen Entscheidung unter Bezugnahme u. a. auf die Vereinbarung und das zweite Protokoll sowohl die rechtlichen als auch die tatsächlichen Gesichtspunkte dargelegt, die in der Systematik dieser Entscheidung von wesentlicher Bedeutung waren und die sowohl die Klägerin als auch das Gericht in die Lage versetzten, deren Rechtmäßigkeit zu beurteilen.
36 Es trifft zu, dass weder in der angefochtenen Entscheidung noch im zweiten Protokoll gemäß Art. 5 Abs. 1 Unterabs. 2 der Vereinbarung die genaue Anzahl der Mitglieder erwähnt wird, auf deren Grundlage der Gerichtsvollzieher zu der Feststellung gelangte, dass die Klägerin die Repräsentativitätsschwelle nicht erreicht habe.
37 Aus der angefochtenen Entscheidung in Verbindung mit dem zweiten Protokoll geht jedoch hervor, dass die vom Gerichtsvollzieher erfasste Anzahl der Mitglieder der Klägerin zum einen die Anerkennungsschwelle erreicht oder überstiegen und zum anderen unter der Repräsentativitätsschwelle gelegen habe, wobei die festgestellte Differenz nicht weniger als 20 Mitglieder betragen habe: Mithin beläuft sich diese Mitgliederzahl auf zwischen 60 bis 280 Mitglieder.
38 Somit ist die Begründung der angefochtenen Entscheidung weder widersprüchlich noch unverständlich und lässt die Überlegungen ihres Urhebers klar und eindeutig erkennen.
39 Folglich ist der vierte Klagegrund, mit dem eine unzureichende Begründung gerügt wird, als unbegründet zurückzuweisen.
2. Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 5 der Vereinbarung und Regelwidrigkeiten im ersten Nachprüfungsverfahren
40 Der erste Klagegrund besteht im Wesentlichen aus zwei Teilen, mit denen erstens ein Verstoß gegen Art. 5 der Vereinbarung im ersten Nachprüfungsverfahren und zweitens Regelwidrigkeiten im ersten Protokoll geltend gemacht werden.
41 Der Rat tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.
42 Vorab ist festzustellen, dass die Klägerin mit ihrem Vorbringen zur Stützung des vorliegenden Klagegrundes inzident die Ordnungsmäßigkeit des ersten Nachprüfungsverfahrens, das den Rat zum Erlass des Vermerks vom 24. November 2022 veranlasst hat, sowie die Begründetheit dieses Vermerks beanstandet.
43 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung Maßnahmen rein vorbereitender Art als solche zwar nicht anfechtbar sind, dass jedoch ihnen etwa anhaftende rechtliche Mängel im Rahmen der Klage gegen die endgültige Handlung, deren Vorbereitung sie dienen, geltend gemacht werden können (vgl. Urteil vom 22. April 2021, thyssenkrupp Electrical Steel und thyssenkrupp Electrical Steel Ugo/Kommission, C‑572/18 P, EU:C:2021:317, Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung).
44 Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass sich der Vermerk vom 24. November 2022 aus der Anwendung von Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 2 der Vereinbarung ergibt, wonach jeder GBV, der repräsentativ war und die Repräsentativitätsschwelle nicht mehr erreicht, vom GSR aufgefordert wird, dem in Art. 4 Abs. 1 der Vereinbarung vorgesehenen Kriterium innerhalb einer Frist von höchstens drei Monaten zu entsprechen, da andernfalls seine Rechte als repräsentativer GBV ausgesetzt werden.
45 Somit entsprach der Vermerk vom 24. November 2022, der nicht den endgültigen Standpunkt des Rates zu der Frage enthielt, ob die Klägerin gemäß der Vereinbarung nach wie vor als repräsentativ anzusehen sei, gemäß Art. 6 der Vereinbarung einer Vorphase des Verfahrens, das zum Erlass der angefochtenen Entscheidung geführt hat, die diesen endgültigen Standpunkt ihrerseits zum Ausdruck bringt.
46 Da der Vermerk vom 24. November 2022 den Charakter einer Maßnahme rein vorbereitender Art hat, ist es folglich nach der oben in Rn. 43 angeführten Rechtsprechung zulässig, dass die Klägerin inzident das erste Nachprüfungsverfahren, das zum Erlass dieses Vermerks geführt hat, sowie die Begründetheit dieses Vermerks beanstandet.
a) Zum ersten Teil: Verstoß gegen Art. 5 der Vereinbarung im ersten Nachprüfungsverfahren
47 Die Klägerin stützt diesen Teil auf zwei Rügen, mit denen sie erstens einen Verstoß gegen Art. 5 Abs. 1 der Vereinbarung und zweitens einen Verstoß gegen deren Art. 5 Abs. 3 rügt.
1) Zur ersten Rüge: Verstoß gegen Art. 5 Abs. 1 der Vereinbarung
48 Die Klägerin macht zum einen geltend, dass der Rat den GBV aufgetragen habe, die unabhängige Einrichtung zur Durchführung des ersten Nachprüfungsverfahrens auszuwählen, und zum anderen, dass die GBV den Inhalt des ersten Mandatsschreibens nicht gebilligt hätten.
49 Insoweit ist erstens darauf hinzuweisen, dass Art. 5 Abs. 1 Unterabs. 1 der Vereinbarung, der die Nachprüfung bestimmter Kriterien für die Anerkennung und Repräsentativität der GBV betrifft, vorsieht, dass ihre Mitgliederzahl durch eine eidesstattliche Erklärung ihrer jeweiligen Vorsitzenden einer im gegenseitigen Einvernehmen ausgewählten unabhängigen Einrichtung mitgeteilt wird.
50 Im vorliegenden Fall geht aus dem oben in Rn. 11 genannten Vermerk hervor, dass das GSR die mitunterzeichnenden GBV am 29. März 2022 aufgefordert hat, im gegenseitigen Einvernehmen eine unabhängige Einrichtung zu benennen, und ihnen somit vorgeschlagen hat, die Durchführung des ersten Nachprüfungsverfahrens demselben Gerichtsvollzieher zu überantworten, der auch 2010 und 2014 herangezogen worden war.
51 Außerdem ergibt sich aus dem Protokoll der Sitzung des Rates und der mitunterzeichnenden GBV vom 3. Mai 2022, das in einer E‑Mail enthalten ist, die am selben Tag von einer Rechtsberaterin des zuständigen Referats der Generaldirektion „Organisationsentwicklung und Dienstleistungen“ an ihre Referatsleiterin gerichtet wurde, dass sich alle mitunterzeichnenden GBV mit dem Vorschlag des GSR einverstanden erklärt hatten, die Durchführung des ersten Nachprüfungsverfahrens demselben Gerichtsvollzieher zu überantworten, der auch für das vorangegangene Nachprüfungsverfahren herangezogen worden war.
52 Schließlich geht aus den Akten nicht hervor, dass die mitunterzeichnenden GBV beim GSR gegen die Benennung des Gerichtsvollziehers einen Protest eingelegt hätten, der Zweifel an der Beweiskraft der Angaben in dem oben in Rn. 51 erwähnten Protokoll der Sitzung vom 3. Mai 2022 hätte wecken können.
53 Somit ist das Vorbringen der Klägerin, der Rat habe die mit dem ersten Nachprüfungsverfahren betraute unabhängige Einrichtung allein und nicht im gegenseitigen Einvernehmen mit den genannten GBV ausgewählt, als sachlich unzutreffend zurückzuweisen.
54 Zweitens ist darauf hinzuweisen, dass weder Art. 5 Abs. 1 der Vereinbarung noch andere Bestimmungen dieser Vereinbarung eine Verpflichtung des Rates vorsehen, der unabhängigen Einrichtung, die mit der Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens betraut ist, ein Mandatsschreiben zu übermitteln, so dass keine Bestimmung dieser Vereinbarung den Rat verpflichtet hat, die Zustimmung der Mitunterzeichner der GBV zum Inhalt des ersten Mandatsschreibens einzuholen.
55 Folglich ist die erste Rüge unbegründet und zurückzuweisen.
2) Zur zweiten Rüge: Verstoß gegen Art. 5 Abs. 3 der Vereinbarung
56 Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, die angefochtene Entscheidung sei angesichts des dreijährigen Zeitplans für die Nachprüfung der Anerkennungs- und Repräsentativitätsschwellen verspätet ergangen.
57 Insoweit ergibt sich aus Art. 5 Abs. 3 der Vereinbarung, der die Prüfung bestimmter Kriterien für die Anerkennung und Repräsentativität der GBV betrifft, dass unbeschadet außerordentlicher Verfahren zur Nachprüfung der Anerkennungskriterien, die auf Antrag jedes anerkannten GBV durchgeführt werden können, die Nachprüfungsverfahren in Bezug auf GBV alle drei Jahre durchgeführt werden mussten. Außerdem sah Art. 16 Abs. 5 dieser Vereinbarung, der die Übergangs- und Schlussbestimmungen betraf, vor, dass die erste Prüfung der Kriterien für die Anerkennung und Repräsentativität gemäß Art. 5 der Vereinbarung innerhalb von sechs Monaten nach ihrer Unterzeichnung, d. h. spätestens am 28. September 2006, zu erfolgen hatte.
58 Im vorliegenden Fall geht aus den Akten hervor, dass nicht nur die ab der Unterzeichnung der Vereinbarung durchgeführten Nachprüfungsverfahren am 15. Mai 2007, am 24. Juni 2010 und am 14. Januar 2014 abgeschlossen wurden, so dass sie in Bezug auf den dreijährigen Zeitplan, der sich aus den oben in Rn. 57 genannten Vorschriften ergibt, verspätet sind, sondern dass auch vom 14. Januar 2014 bis zum ersten Nachprüfungsverfahren kein Nachprüfungsverfahren durchgeführt wurde.
59 Außerdem geht aus den Erläuterungen des Rates hervor, dass sich das erste Nachprüfungsverfahren durch die 2017 und 2018 geführten Verhandlungen über die Überarbeitung der Vereinbarung, die u. a. darauf abzielten, die Modalitäten für die Messung der Repräsentativität der mitunterzeichnenden GBV zu vereinfachen, und sodann durch die Covid-19-Pandemie verzögert hat.
60 Die Klägerin bestreitet zwar nicht den Inhalt dieser Erläuterungen, ist jedoch der Ansicht, dass sie nicht rechtfertigten, dass zwischen dem Abschluss der Verhandlungen über die Überarbeitung der Vereinbarung und dem Beginn der Covid-19-Pandemie keine Nachprüfung durchgeführt worden sei.
61 Es trifft zwar zu, dass die Vereinbarung keine Abweichung vom dreijährigen Zeitplan vorsieht, der sich aus ihrem Art. 5 Abs. 3 und aus ihrem Art. 16 Abs. 5 ergibt, doch ist zunächst festzustellen, dass der Zweck dieses Zeitplans darin besteht, in regelmäßigen Abständen die Nachprüfung der Voraussetzungen für die Anerkennung und Repräsentativität der GBV des Rates, wie sie in der Vereinbarung vorgesehen sind, zu gewährleisten, um strukturierte Beziehungen zwischen diesen GBV und diesem Organ zu gewährleisten, wobei der Ablauf der sich aus diesem Zeitplan ergebenden Frist nicht automatisch zum Verlust der Rechte führt, die die anerkannten und repräsentativen GBV genießen.
62 Außerdem ist festzustellen, dass die Unterzeichner der Vereinbarung keine Bestimmung vorgesehen haben, die geeignet wäre, die Nichtbeachtung des dreijährigen Zeitplans, der sich aus Art. 5 Abs. 3 und Art. 16 Abs. 5 der Vereinbarung ergibt, zu verhindern und zu ahnden. Mit der Festlegung dieses Zeitplans für die Durchführung der Nachprüfungsverfahren wollte der Rat mit Billigung der mitunterzeichnenden GBV weder diesen Zeitplan unter Androhung der Nichtigkeit dieser Verfahren vorschreiben noch diesen Bestimmungen zwingenden Charakter verleihen, sondern er wollte ein Ziel festlegen, damit die Voraussetzungen für die Anerkennung und Repräsentativität der GBV des Rates in regelmäßigen Abständen nachgeprüft werden.
63 Daher kann die Nichtbeachtung des in der Vereinbarung vorgesehenen Zeitplans nicht als Verletzung einer wesentlichen Formvorschrift angesehen werden, sondern ist diese als Verfahrensfehler zu betrachten.
64 Es ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung ein Verfahrensmangel nur dann zur Aufhebung der Entscheidung führt, die am Ende des fraglichen Verwaltungsverfahrens erlassen wird, wenn das Verfahren ohne diese Regelwidrigkeit zu einem anderen Ergebnis hätte führen können. In diesem Rahmen kann von einem Kläger, der einen Verfahrensmangel geltend macht, nicht der Nachweis verlangt werden, dass die Entscheidung des betreffenden Unionsorgans inhaltlich anders ausgefallen wäre, sondern nur, dass dies nicht völlig ausgeschlossen ist, wobei die Beurteilung dieser Frage zudem anhand der besonderen tatsächlichen und rechtlichen Umstände des Einzelfalls vorzunehmen ist (vgl. Urteil vom 6. Oktober 2021, AV und AW/Parlament, T‑43/20, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:666, Rn. 94 und die dort angeführte Rechtsprechung).
65 Es ist festzustellen, dass die Klägerin im vorliegenden Fall keinen Anfangsbeweis dafür erbringt, dass sie zu den Zeitpunkten, zu denen die Repräsentativitätsmessungen hätten durchgeführt werden sollen, wenn der in der Vereinbarung vorgesehene dreijährige Zeitplan eingehalten worden wäre, über eine ausreichende Anzahl von Mitgliedern verfügt hätte, um als repräsentativ angesehen zu werden. Folglich weist die Klägerin nicht nach, dass es nicht völlig ausgeschlossen war, dass die angefochtene Entscheidung ohne die geltend gemachte Regelwidrigkeit einen anderen Inhalt hätte haben können.
66 Im Übrigen hat das Fehlen eines Nachprüfungsverfahrens, wie der Rat geltend macht, keine negativen Auswirkungen auf die Situation der Klägerin gehabt, der die Mittel, die den repräsentativen GBV in den neun Jahren zwischen dem Nachprüfungsverfahren vom 14. Januar 2014 und den dem vorliegenden Rechtsstreit zugrunde liegenden Verfahren zur Verfügung gestellt wurden, ohne Unterbrechung zugutekommen konnten.
67 Folglich ist diese Rüge zurückzuweisen.
b) Zum zweiten Teil: Regelwidrigkeiten im ersten Protokoll
68 Die Klägerin stützt diesen Teil im Wesentlichen auf vier Rügen, mit denen sie erstens eine falsche Angabe im ersten Protokoll, zweitens die Nichtbeachtung des im ersten Mandatsschreiben vorgesehenen Zeitplans durch den Gerichtsvollzieher, drittens einen Fehler in Bezug auf den ersten Stichtag und viertens die Fehlerhaftigkeit des ersten Protokolls rügt.
1) Zur ersten Rüge: falsche Angabe im ersten Protokoll
69 Die Klägerin macht geltend, das erste Protokoll sei in tatsächlicher Hinsicht fehlerhaft, weil es darin heiße, dass das erste Mandatsschreiben im gegenseitigen Einvernehmen zwischen dem Rat und den mitunterzeichnenden GBV erstellt worden sei.
70 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass keine Bestimmung der Verträge den Unionsrichter verpflichtet, in jedem Fall die Begründetheit der Klagegründe oder Argumente zu prüfen, auf die die bei ihm gestellten Anträge gestützt werden. Vielmehr kann der Unionsrichter insbesondere aus Gründen einer effizienten Rechtspflege davon absehen, die Begründetheit von Klagegründen oder Argumenten zu prüfen, die als unzulässig oder ins Leere gehend zurückzuweisen sind (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 29. September 2022, HIM/Kommission, C‑500/21 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2022:741, Rn. 72 und 73).
71 Im vorliegenden Fall wird im ersten Protokoll zwar in den einleitenden Bemerkungen auf das „Mandatsschreiben des Rates im Einvernehmen mit den [GBV] zur Durchführung der Nachprüfung der Zahl der Mitglieder in den ‚Organisationen‘ im Sinne dieser Vereinbarung“ Bezug genommen, doch ergibt sich aus Rn. 54 des vorliegenden Urteils, dass keine Bestimmung der Vereinbarung eine Verpflichtung des Rates vorsah, die Zustimmung der GBV zu dem ersten an den Gerichtsvollzieher gerichteten Mandatsschreiben einzuholen.
72 Folglich hat die oben in Rn. 71 angeführte Angabe im ersten Protokoll, selbst unterstellt, dass sie nicht zuträfe, weder auf den Inhalt oder die Gültigkeit dieses Protokolls noch folglich auf die Rechtmäßigkeit des Vermerks vom 24. November 2022 und der angefochtenen Entscheidung Auswirkungen. Insoweit ist hinzuzufügen, dass die Klägerin nichts vorträgt, was belegen könnte, dass sich dieser Hinweis auf das erste Nachprüfungsverfahren oder das erste Protokoll ausgewirkt hätte.
73 Daher ist diese Rüge als ins Leere gehend zurückzuweisen.
2) Zur zweiten Rüge: Nichtbeachtung des im ersten Mandatsschreiben vorgesehenen Zeitplans durch den Gerichtsvollzieher
74 Die Klägerin macht geltend, das erste Nachprüfungsverfahren sei im September 2022 durchgeführt worden, obwohl es gemäß dem Auftrag, der dem Gerichtsvollzieher durch das erste Mandatsschreiben erteilt worden sei, spätestens am 31. Juli 2022 hätte abgeschlossen werden sollen.
75 Insoweit trifft es zwar zu, dass der Gerichtsvollzieher nach dem Wortlaut des ersten Mandatsschreibens das erste Nachprüfungsverfahren spätestens am 31. Juli 2022 abschließen sollte und dass aus dem ersten Protokoll hervorgeht, dass dieses Verfahren am 1., am 6., am 9. und am 29. September 2022 durchgeführt wurde, wobei das fragliche Protokoll am 20. Oktober 2022 erstellt wurde.
76 Erstens geht jedoch weder aus dem ersten Mandatsschreiben noch aus den Bestimmungen der Vereinbarung hervor, dass die Nichteinhaltung der am 31. Juli 2022 endenden Frist irgendeine Auswirkung auf die Ordnungsmäßigkeit des ersten Nachprüfungsverfahrens oder auf die Gültigkeit des ersten Protokolls haben sollte.
77 Zweitens geht aus dem ersten Protokoll hervor, dass der Gerichtsvollzieher im Rahmen des ersten Nachprüfungsverfahrens die Anzahl der Mitglieder jedes mitunterzeichnenden GBV erfasst hat, indem er den ersten Stichtag berücksichtigte, der gemäß dem ersten Mandatsschreiben auf den 31. Mai 2022 festgesetzt worden war.
78 Da der Gerichtsvollzieher nicht befugt war, bei der Erfassung der Anzahl der Mitglieder der mitunterzeichnenden GBV eine etwaige Entwicklung dieser Zahl nach dem ersten Stichtag, dem 31. Mai 2022, zu berücksichtigen, und er seine Feststellungen zu diesem Zeitpunkt beenden musste, geht folglich aus den Akten nicht hervor, dass die Nichtbeachtung des für die endgültige Erstellung seines Protokolls vorgesehenen Datums, des 31. Juli 2022, in irgendeiner Weise die Ordnungsmäßigkeit des ersten Nachprüfungsverfahrens oder die Gültigkeit des ersten Protokolls und folglich die Rechtmäßigkeit des Vermerks vom 24. November 2022 und der angefochtenen Entscheidung beeinträchtigt hätte.
79 Daher ist diese Rüge als ins Leere gehend zurückzuweisen.
3) Zur dritten Rüge: Fehler in Bezug auf den ersten Stichtag
80 Die Klägerin macht geltend, der Gerichtsvollzieher hätte gemäß dem ersten Mandatsschreiben für das erste Nachprüfungsverfahren den 31. August 2022 als ersten Stichtag zugrunde legen müssen, da dieser Tag und nicht der 31. Mai 2022 der letzte Tag des Monats vor der Durchführung des ersten Nachprüfungsverfahrens gewesen sei.
81 Insoweit ist erstens darauf hinzuweisen, dass zum einen die Vereinbarung nicht die Festlegung der Stichtage für die Nachprüfung der Voraussetzungen für die Anerkennung und Repräsentativität der GBV regelt und dass zum anderen der Gerichtsvollzieher gemäß dem ersten Mandatsschreiben verpflichtet war, sich bei der Durchführung des ersten Nachprüfungsverfahrens mit der Generaldirektion „Organisationsentwicklung und Dienstleistungen“ in Verbindung zu setzen, um ein amtliches Verzeichnis der Beamten und sonstigen Bediensteten sowie ein amtliches Verzeichnis der ehemaligen Beamten und sonstigen Bediensteten per 31. Mai 2022 zu erhalten.
82 Zweitens kann das Gericht nicht der von der Klägerin befürworteten Auslegung folgen, wonach der erste Stichtag, der bei der Erfassung der Anzahl der Mitglieder der mitunterzeichnenden GBV zu berücksichtigen sei, dem letzten Tag des Monats vor den konkreten Nachprüfungen des Gerichtsvollziehers habe entsprechen müssen, da eine solche Auslegung dazu geführt hätte, dass der Rat gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit und gegebenenfalls gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen hätte.
83 Es ist nämlich darauf hinzuweisen, dass das grundlegende Erfordernis der Rechtssicherheit in seinen verschiedenen Ausprägungen die Voraussehbarkeit der unter das Unionsrecht fallenden Tatbestände und Rechtsbeziehungen gewährleisten soll (vgl. Urteil vom 9. März 2023, Galeote und Watson/Parlament, C‑715/21 P und C‑716/21 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2023:190, Rn. 113 und die dort angeführte Rechtsprechung). Insbesondere ergibt sich aus dem Grundsatz der Rechtssicherheit, dass die Vorschriften des Unionsrechts eindeutig sein müssen und ihre Anwendung für die Betroffenen vorhersehbar sein muss (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 9. Juli 2015, Cabinet Medical Veterinar Dr. Tomoiagă Andrei, C‑144/14, EU:C:2015:452, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung).
84 Zudem ist der in Art. 20 der Charta verankerte Grundsatz der Gleichbehandlung ein allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts, der verlangt, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleichbehandelt werden dürfen, es sei denn, dass eine solche Behandlung objektiv gerechtfertigt ist (vgl. Urteil vom 14. Juli 2022, Kommission/VW u. a., C‑116/21 P bis C‑118/21 P, C‑138/21 P und C‑139/21 P, EU:C:2022:557, Rn. 95 und die dort angeführte Rechtsprechung).
85 Wäre die oben in Rn. 82 angeführte Auslegung vom Rat akzeptiert worden, hätte sie den Gerichtsvollzieher somit dazu veranlassen können, für jeden mitunterzeichnenden GBV unterschiedliche Stichtage festzulegen, falls der Gerichtsvollzieher aus praktischen Gründen, die mit der Verfügbarkeit ihrer Führungskräfte oder ihrer Vertreter zusammenhingen, nicht in der Lage gewesen wäre, im selben Monat die ihm obliegenden Nachprüfungsmaßnahmen durchzuführen.
86 Unter diesen Umständen hätte die Anwendung der oben in Rn. 82 genannten Auslegung dazu geführt, dass der Rat gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Rechtssicherheit verstoßen hätte, die ihn verpflichteten, einen ersten Stichtag festzulegen, der nicht nur für alle mitunterzeichnenden GBV derselbe, sondern auch klar und vorhersehbar zu sein hatte.
87 Folglich ist die vorliegende Rüge als unbegründet zurückzuweisen.
4) Zur vierten Rüge: Fehlerhaftigkeit des ersten Protokolls
88 Die Klägerin macht geltend, das erste Protokoll sei insofern fehlerhaft, als darin festgestellt werde, dass sie die Anerkennungsschwelle nicht erreiche, obwohl sie zum ersten Stichtag mindestens 221 Mitglieder nachgewiesen habe.
89 Insoweit trifft es zwar zu, dass der Rat mit dem Vermerk vom 24. November 2022 die im ersten Protokoll enthaltene Feststellung des Gerichtsvollziehers aufgegriffen hat, wonach sich aus dem ersten Nachprüfungsverfahren ergebe, dass die Klägerin die Anerkennungsschwelle nicht mehr erreiche.
90 Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass der Rat mit der angefochtenen Entscheidung die oben in Rn. 89 genannte Feststellung abgeändert und der Klägerin vielmehr mitgeteilt hat, dass sie die Rechte behalten werde, die sie als anerkannter GBV aus der Vereinbarung herleite.
91 Außerdem bestreitet die Klägerin nicht, dass ihr zwischen den Zeitpunkten der Annahme des Vermerks vom 24. November 2022 und des Erlasses der angefochtenen Entscheidung ihre Rechte als anerkannter GBV nicht vorenthalten wurden.
92 Folglich hätte der etwaige Fehler, mit dem das erste Protokoll behaftet sein soll, keine Auswirkung auf die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung, so dass die vorliegende Rüge als ins Leere gehend zurückzuweisen ist.
93 Folglich ist der zweite Teil des vorliegenden Klagegrundes und ist damit der erste Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.
3. Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen den sich aus der Vereinbarung ergebenden Geist der loyalen Zusammenarbeit, gegen den Grundsatz der guten Verwaltung, gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und gegen den Grundsatz der Vertragserfüllung nach Treu und Glauben
94 Die Klägerin stützt ihren zweiten Klagegrund im Wesentlichen auf drei Teile, mit denen sie erstens einen Verstoß gegen den Grundsatz der Vertragserfüllung nach Treu und Glauben, zweitens einen Verstoß gegen den Grundsatz der guten Verwaltung und insbesondere eine Verletzung der Sorgfalts- und Unparteilichkeitspflicht sowie drittens einen Verstoß gegen den „Geist der loyalen Zusammenarbeit“ im Licht des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit rügt.
95 Der Rat tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.
a) Zum ersten Teil: Verstoß gegen den Grundsatz der Vertragserfüllung nach Treu und Glauben
96 Die Klägerin macht geltend, dass die Vereinbarung, da es sich um ein auf vertraglicher Grundlage ausgehandeltes Dokument handele, nach dem Grundsatz der Vertragserfüllung nach Treu und Glauben oder nach dem Grundsatz der „Vertragstreue“ zu erfüllen sei, der einem allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts entspreche, der sich an den gemeinsamen Rechtstraditionen der Mitgliedstaaten orientiere.
97 Insbesondere wirft die Klägerin dem Rat vor, ein einseitiges Vorgehen gewählt zu haben, das eher eine hoheitliche Handlung als einen ausgehandelten Rechtsakt darstelle, indem er zum einen ihrem Antrag, den ersten Stichtag auf den 31. Juli 2022 zu verschieben, nicht stattgegeben habe und zum anderen das erste Nachprüfungsverfahren eingeleitet habe, ohne bestimmte Diskussions- bzw. Gesichtspunkte im Zusammenhang mit der Situation bestimmter Kategorien von Beamten zu berücksichtigen, die von den mitunterzeichnenden GBV geltend gemacht worden und noch nicht ausdiskutiert gewesen seien.
98 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung Maßnahmen, die das kollektive Interesse unmittelbar beeinträchtigen, das ein GBV im Rahmen seiner Beziehungen mit einem Organ vertritt, von einem GBV mit einer Aufhebungsklage nach Art. 263 AEUV angefochten werden können, auch wenn diese Maßnahmen in Anwendung einer Vereinbarung getroffen werden, die zwischen dem betreffenden Organ und den GBV geschlossen wurde (vgl. Beschluss vom 9. April 2014, Colart u. a./Parlament, F‑87/13, EU:F:2014:53, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung; vgl. auch in diesem Sinne Beschluss vom 31. März 2003, Hecq/Kommission, T‑227/02, EU:T:2003:89, Rn. 17 und die dort angeführte Rechtsprechung).
99 Somit ist festzustellen, dass die Klägerin nach dieser Rechtsprechung ihre Klage auf der Grundlage von Art. 263 AEUV erhoben hat, ohne dass diese Rechtsgrundlage vom Rat beanstandet worden wäre.
100 Daraus folgt, dass die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits implizit, aber notwendigerweise davon ausgegangen sind, dass die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht in die Zuständigkeit des für vertragliche Vereinbarungen zuständigen Gerichts fällt.
101 Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass es gemäß der Vereinbarung nicht Sache des Rates und der mitunterzeichnenden GBV ist, über Gesichtspunkte wie die Festlegung des Stichtags und die Entscheidung über die Einleitung des Nachprüfungsverfahrens zu verhandeln.
102 Folglich kann die Klägerin dem Rat nicht mit Erfolg vorwerfen, gegen den Grundsatz der Vertragserfüllung nach Treu und Glauben verstoßen zu haben, weil er den ersten Stichtag auf den 31. Mai 2022 festgesetzt und das erste Nachprüfungsverfahren eingeleitet habe, ohne bestimmte von den mitunterzeichnenden GBV aufgeworfene Fragen zu berücksichtigen.
103 Nach alledem ist das Vorbringen, mit dem ein Verstoß gegen den Grundsatz der Vertragserfüllung nach Treu und Glauben geltend gemacht wird, als ins Leere gehend zurückzuweisen.
b) Zum zweiten Teil: Verstoß gegen den Grundsatz der guten Verwaltung und insbesondere Verletzung der Sorgfalts- und Unparteilichkeitspflicht
104 Die Klägerin stützt ihr Vorbringen zum Verstoß gegen den Grundsatz der guten Verwaltung und insbesondere gegen die Sorgfalts- und Unparteilichkeitspflicht auf drei Rügen, mit denen sie erstens Regelwidrigkeiten bei der Einleitung des ersten Nachprüfungsverfahrens, zweitens die ratsseitige Nichtberücksichtigung der Schwierigkeiten der Klägerin beim Zugang zu den richtigen Informationen, die es ihr ermöglichten, den Anforderungen dieses Verfahrens zu genügen, und drittens die Veröffentlichung der Ergebnisse dieses Verfahrens durch den Rat am 30. November 2022 rügt.
1) Zur ersten Rüge: Regelwidrigkeiten bei der Einleitung des ersten Nachprüfungsverfahrens
105 Zur Stützung dieser Rüge trägt die Klägerin drei Argumente vor, und zwar erstens eine Verletzung der Sorgfaltspflicht, da der Rat das erste Nachprüfungsverfahren eingeleitet habe, ohne bestimmte Diskussions- bzw. Gesichtspunkte im Zusammenhang mit der Situation bestimmter Kategorien von Beamten zu berücksichtigen, zweitens eine Verletzung der Sorgfaltspflicht, da die Einleitung des ersten Nachprüfungsverfahrens und die Festlegung des ersten Stichtags nicht im Einvernehmen mit den mitunterzeichnenden GBV beschlossen worden seien, und drittens eine Verletzung der Pflicht zur Unparteilichkeit.
i) Zum ersten Argument: Verletzung der Sorgfaltspflicht, da der Rat das erste Nachprüfungsverfahren eingeleitet habe, ohne bestimmte Diskussions- bzw. Gesichtspunkte im Zusammenhang mit der Situation bestimmter Kategorien von Beamten zu berücksichtigen
106 Die Klägerin macht geltend, der Rat habe insofern die Sorgfaltspflicht verletzt, als er das erste Nachprüfungsverfahren eingeleitet habe, ohne bestimmte Diskussions- bzw. Gesichtspunkte im Zusammenhang mit der Situation bestimmter Kategorien von Beamten zu berücksichtigen, die von den mitunterzeichnenden GBV geltend gemacht worden und noch nicht ausdiskutiert gewesen seien, und zwar namentlich die Situation von abgeordneten oder dienstunfähigen Beamten und von Beamten, die aus dem Urlaub aus persönlichen Gründen oder aus dem Urlaub aus familiären Gründen zurückgekehrt seien.
107 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass das in Art. 41 der Charta vorgesehene Recht auf eine gute Verwaltung u. a. die durch Art. 41 Abs. 1 der Charta geschützte Pflicht zur Unparteilichkeit und die Pflicht, innerhalb angemessener Frist zu handeln, sowie die in der Rechtsprechung entwickelte Sorgfaltspflicht umfasst, die gebietet, dass die Organe sorgsam und umsichtig handeln und dabei alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls untersuchen (vgl. Urteil vom 16. Juni 2022, SGL Carbon u. a./Kommission, C‑65/21 P und C‑73/21 P bis C‑75/21 P, EU:C:2022:470, Rn. 30 und 31 und die dort angeführte Rechtsprechung).
108 Außerdem ergibt sich aus der oben in Rn. 64 angeführten Rechtsprechung, dass ein Verfahrensmangel nur dann zur Aufhebung der Entscheidung führt, die am Ende des fraglichen Verwaltungsverfahrens erlassen wird, wenn das Verfahren ohne diese Regelwidrigkeit zu einem anderen Ergebnis hätte führen können.
109 Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die angefochtene Entscheidung nach zwei aufeinanderfolgenden und getrennten Nachprüfungsverfahren gemäß Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 2 der Vereinbarung ergangen ist. Insbesondere entspricht die Zahl der Mitglieder, die der Rat berücksichtigt hat, um zu der endgültigen Schlussfolgerung zu gelangen, dass die Klägerin die Repräsentativitätsschwelle nicht erreicht habe, der Zahl, die der Gerichtsvollzieher zum zweiten Stichtag im Rahmen des zweiten Nachprüfungsverfahrens festgestellt hat.
110 Im vorliegenden Fall wird das erste Argument, das sich inzident gegen das erste Nachprüfungsverfahren richtet, von der Klägerin nicht erneut gegen das zweite Nachprüfungsverfahren vorgebracht.
111 So weist die Klägerin zum einen weder nach noch behauptet sie auch nur, dass der Rat es verweigert hätte, dass der Gerichtsvollzieher bei der Erfassung ihrer Mitglieder zum zweiten Stichtag 28. Februar 2023 Beamte berücksichtige, die abgeordnet oder dienstunfähig seien oder aus dem Urlaub aus persönlichen Gründen oder aus dem Urlaub aus familiären Gründen zurückgekehrt seien.
112 Zum anderen geht aus den Akten nicht hervor, dass die etwaige Weigerung des Rates, die besondere Situation bestimmter Kategorien von Beamten im Rahmen des ersten Nachprüfungsverfahrens zu berücksichtigen, im Rahmen des zweiten Nachprüfungsverfahrens einen Einfluss auf die Erfassung der Anzahl der Mitglieder der Klägerin durch den Gerichtsvollzieher gehabt hätte.
113 Folglich ist dieses erste Argument als ins Leere gehend zurückzuweisen.
ii) Zum zweiten Argument: Verletzung der Sorgfaltspflicht, da die Einleitung des ersten Nachprüfungsverfahrens nicht im Einvernehmen mit den mitunterzeichnenden GBV beschlossen worden sei
114 Die Klägerin macht geltend, zum Zeitpunkt der Einleitung des ersten Nachprüfungsverfahrens habe es ihr ihre Satzung nicht ermöglicht, eine Generalversammlung per Videokonferenz zu organisieren; die erste Generalversammlung habe nicht vor der Aufhebung der mit der Covid-19-Pandemie verbundenen Gesundheitsbeschränkungen im Mai 2022 zusammentreten können, und jeder Beschluss dieser Generalversammlung über die Höhe der Beiträge habe angesichts der vierteljährlichen Beitragsforderungen erst drei Monate später, nämlich im Juli 2022, wirksam werden können.
115 Somit habe der Rat durch die Weigerung, diese Schwierigkeiten zu berücksichtigen und den ersten Stichtag auf den 31. Juli 2022 zu verschieben, seine Sorgfaltspflicht verletzt, indem er nicht alle relevanten Gesichtspunkte der Akte sorgsam untersucht habe.
116 Ohne dass geprüft zu werden braucht, ob dieses Vorbringen stichhaltig ist, ist zunächst nicht ersichtlich, dass der Rat mit der Festlegung des ersten Stichtags auf den 31. Mai 2022 gegen seine Sorgfaltspflicht verstoßen hätte.
117 Erstens ist nämlich darauf hinzuweisen, dass Art. 5 der Vereinbarung den Rat nicht verpflichtet hat, die Zustimmung der mitunterzeichnenden GBV zum Zeitpunkt der Einleitung des Nachprüfungsverfahrens oder zu dem für die Nachprüfung der Anerkennungs- und Repräsentativitätsschwellen zugrunde gelegten Stichtag einzuholen.
118 Zweitens war der Rat nach keiner Bestimmung der Vereinbarung verpflichtet, den ersten Stichtag auf den letzten Tag des Monats vor der Unterzeichnung des ersten Mandatsschreibens festzusetzen, so dass es ihm freistand, einen nach der Absendung dieses Schreibens liegenden Stichtag festzusetzen, sofern er für alle mitunterzeichnenden GBV derselbe und rechtzeitig im Voraus festgelegt war. Eine solche Lösung hätte jedoch zur Folge gehabt, dass die Dauer des Nachprüfungsverfahrens verlängert und die Feststellungen des Gerichtsvollziehers verzögert worden wären.
119 In einem solchen Fall hätten die mitunterzeichnenden GBV nämlich zum einen eine zusätzliche Frist benötigt, um nach dem Stichtag die ihnen zur Verfügung stehenden Daten zu analysieren und dem Gerichtsvollzieher im Rahmen der eidesstattlichen Erklärung nach Art. 5 Abs. 1 der Vereinbarung zu übermitteln. Zum anderen hätte der Gerichtsvollzieher auch eine zusätzliche Frist benötigt, um diese und die vom Rat übermittelten Daten zu analysieren und zu überprüfen.
120 Drittens geht zwar aus den übereinstimmenden Angaben der Parteien hervor, dass die mitunterzeichnenden GBV bei der Übermittlung des Entwurfs des ersten Mandatsschreibens am 3. Mai 2022 Kenntnis von der Absicht des Rates erlangten, den ersten Stichtag auf den 31. Mai 2022 festzulegen, doch geht aus der obigen Rn. 11 hervor, dass die mitunterzeichnenden GBV bereits am 29. März 2022 über die Absicht des Rates unterrichtet worden waren, das erste Nachprüfungsverfahren einzuleiten, so dass sie für die Vorbereitung dieses Verfahrens über eine Frist von fast zwei Monaten verfügten, die unter den Umständen des vorliegenden Falles offenbar nicht unzureichend ist.
121 Sodann geht aus den Akten jedenfalls nicht hervor, dass eine etwaige Verletzung der Sorgfaltspflicht aufgrund der Weigerung des Rates, den ersten Stichtag auf den 31. Juli 2022 zu verschieben, einen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung hätte haben können.
122 Die Klägerin rügt zwar, dass der Rat im ersten Nachprüfungsverfahren nicht berücksichtigt habe, dass es ihr aufgrund der Beschränkungen im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie unmöglich gewesen sei, ihre Generalversammlung abzuhalten, um die Höhe der von ihren Mitgliedern geschuldeten Beiträge anzupassen.
123 Insoweit ist aber darauf hinzuweisen, dass der Gerichtsvollzieher im Rahmen des ersten und des zweiten Nachprüfungsverfahrens prüfen musste, ob die in Art. 2 Abs. 2 Buchst. e der Vereinbarung vorgesehene Voraussetzung erfüllt war, wonach die Mitglieder der mitunterzeichnenden GBV, um im Rahmen dieser Verfahren erfasst zu werden, monatlich Beiträge in Höhe von mindestens 0,2 % ihres Grundgehalts oder ihrer Grundrente entrichten müssen.
124 Da die mitunterzeichnenden GBV in Echtzeit keine Kenntnis von der Entwicklung der Dienstbezüge ihrer Mitglieder haben, die mit deren statutarischer oder persönlicher Situation zusammenhängen, ist es möglich, dass einige ihrer Mitglieder zu dem für die Durchführung des Nachprüfungsverfahrens gewählten Stichtag bei der Nachprüfung der Anerkennungs- oder Repräsentativitätsschwelle nicht erfasst werden können, weil die Höhe ihrer monatlichen Beiträge aufgrund der Entwicklung ihrer Dienstbezüge unter den oben in Rn. 123 genannten Prozentsatz gefallen ist.
125 Die Klägerin trägt jedoch nichts vor, was belegen könnte, dass sie am 31. Juli 2022 oder zum zweiten Stichtag in der Lage gewesen wäre, die Repräsentativitätsschwelle zu erreichen, obwohl ihr im zweiten Nachprüfungsverfahren eine zusätzliche Frist und eine neue Gelegenheit geboten worden ist, nach Maßgabe des neuen Stichtags, der auf den 28. Februar 2023 festgesetzt worden war, die Höhe der Beiträge ihrer Mitglieder anzupassen und ihre Zahl zu erhöhen.
126 Folglich hat der Rat dadurch, dass er den 31. Mai 2022 als ersten Stichtag bestimmt hat, seine Sorgfaltspflicht nicht verletzt.
iii) Zum dritten Argument: Verletzung der Pflicht zur Unparteilichkeit
127 Die Klägerin rügt eine Verletzung der Pflicht zur Unparteilichkeit, ohne jedoch ihr Vorbringen so hinreichend zu präzisieren, dass seine Begründetheit beurteilt werden könnte.
128 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 76 Buchst. d der Verfahrensordnung des Gerichts die im ersten Rechtszug eingereichte Klageschrift „die geltend gemachten Klagegründe und Argumente sowie eine kurze Darstellung der Klagegründe“ enthalten muss. Somit muss der Unionsrichter nach ständiger Rechtsprechung nicht auf ein Vorbringen einer Partei eingehen, das nicht hinreichend klar und bestimmt ist, soweit es nicht anderweitig ausgeführt und von einer spezifischen Argumentation, die es stützt, begleitet wird (vgl. Urteil vom 18. November 2021, Griechenland/Kommission, C‑107/20 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2021:937, Rn. 76 und die dort angeführte Rechtsprechung).
129 Folglich ist dieses dritte Argument als unzulässig zurückzuweisen, so dass die erste Rüge des vorliegenden Teils insgesamt zurückzuweisen ist.
2) Zur zweiten Rüge: ratsseitige Nichtberücksichtigung der Schwierigkeiten der Klägerin beim Zugang zu den richtigen Informationen, die es ihr ermöglichten, den Anforderungen des ersten und zweiten Nachprüfungsverfahrens zu genügen
130 Die Klägerin trägt vor, der Rat habe die Schwierigkeiten nicht berücksichtigt, auf die sie gestoßen sei, als sie Zugang zu den richtigen Informationen habe erlangen wollen, um den Anforderungen des ersten und des zweiten Nachprüfungsverfahrens genügen zu können, nämlich zu Informationen über die Höhe der an ihre Besoldungsgruppen gebundenen Dienstbezüge der Beamten, Bediensteten und Rentner.
131 Der Rat hätte ihr daher im ersten und im zweiten Nachprüfungsverfahren, gegebenenfalls in anonymisierter Form, Informationen über die Besoldungsgruppen der Beamten, Bediensteten und Rentner übermitteln müssen, um es ihr zu ermöglichen, den Beitragsanteil im Verhältnis zum Grundgehalt nachzuprüfen.
132 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass Art. 5 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Vereinbarung den mitunterzeichnenden GBV für die Zwecke der Nachprüfungsverfahren vorschrieb, dem Gerichtsvollzieher die Verzeichnisse ihrer im GSR tätigen Mitglieder unter Angabe ihrer Staatsangehörigkeiten, der von ihnen ausgeübten Funktionen, der Funktionsgruppen, denen sie angehörten, sowie ein Verzeichnis der ehemaligen Beamten und sonstigen Bediensteten des Generalsekretariats des Rates, die Inhaber von gemeinschaftsrechtlichen Ruhegehaltsansprüchen waren, zu übermitteln.
133 Darüber hinaus verpflichteten das erste und das zweite Mandatsschreiben den Gerichtsvollzieher, sich zur Durchführung des ersten und zweiten Nachprüfungsverfahrens mit der Generaldirektion „Organisationsentwicklung und Dienstleistungen“ in Verbindung zu setzen, um die amtlichen Verzeichnisse der Beamten und sonstigen Bediensteten sowie die amtlichen Verzeichnisse der ehemaligen Beamten und sonstigen Bediensteten zu erhalten, die zum ersten Stichtag, am 31. Mai 2022, bzw. zum zweiten Stichtag, am 28. Februar 2023, erstellt wurden (im Folgenden: vom Rat erstellte amtliche Verzeichnisse).
134 Insbesondere enthielten die vom Rat erstellten amtlichen Verzeichnisse Daten zu den Besoldungsgruppen und Dienstbezügen der Mitarbeiter und ehemaligen Mitarbeiter des GSR, um es dem Gerichtsvollzieher zu ermöglichen, die Beachtung der in Art. 2 Abs. 2 Buchst. e der Vereinbarung vorgesehene Voraussetzung nachzuprüfen, wonach die Mitglieder der mitunterzeichnenden GBV monatlich Beiträge in Höhe von mindestens 0,2 % ihres Grundgehalts oder ihrer Grundrente entrichten müssen.
135 Erstens ist festzustellen, dass keine Bestimmung der Vereinbarung die Übermittlung der in den vom Rat erstellten amtlichen Verzeichnissen enthaltenen Daten an die mitunterzeichnenden GBV vorsieht.
136 Zweitens geht aus den Akten nicht hervor, dass die Klägerin den Rat ersucht hätte, ihr für das erste und das zweite Nachprüfungsverfahren die von ihm erstellten amtlichen Verzeichnisse zu übermitteln.
137 Drittens hätte der Rat einem Antrag der Klägerin auf Übermittlung der von ihm erstellten amtlichen Verzeichnisse nicht stattgeben können, ohne gegen die Vertraulichkeitsklausel in Art. 5 Abs. 1 der Vereinbarung zu verstoßen.
138 Diese Klausel, die es dem Gerichtsvollzieher untersagte, die im Rahmen der Nachprüfungsverfahren erlangten Informationen offenzulegen, ermöglicht es nämlich, nicht nur die Geheimhaltung der Gewerkschaftszugehörigkeit der Beamten und sonstigen Bediensteten des GSR sowie seiner ehemaligen Beamten und sonstigen Bediensteten, sondern auch die Vertraulichkeit ihrer Dienstbezüge gemäß den Vorschriften der Verordnung (EU) 2018/1725 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2018 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 und des Beschlusses Nr. 1247/2002/EG (ABl. 2018, L 295, S. 39) zu gewährleisten.
139 Viertens macht die Klägerin zwar geltend, dass ihr die vom Rat erstellten amtlichen Verzeichnisse in anonymisierter Form hätten übermittelt werden können, doch ist nicht sicher, dass es ihr in einem solchen Fall unmöglich gewesen wäre, die in diesen Verzeichnissen aufgeführten Mitarbeiter und ehemaligen Mitarbeiter des GSR oder zumindest einige von ihnen anhand der Daten zu ihren Besoldungsgruppen und Bezügen zu identifizieren.
140 Folglich ist die vorliegende Rüge als unbegründet zurückzuweisen.
3) Zur dritten Rüge: Veröffentlichung der Ergebnisse des ersten Nachprüfungsverfahrens durch den Rat am 30. November 2022
141 Die Klägerin wirft dem Rat vor, er habe dadurch gegen den Grundsatz der guten Verwaltung verstoßen, dass er am 30. November 2022 in seinem Intranet die Ergebnisse des ersten Nachprüfungsverfahrens vorschnell und ohne sich mit ihr oder den beiden anderen betroffenen mitunterzeichnenden GBV abzustimmen, veröffentlicht habe, so dass sie weder Gelegenheit gehabt habe, dazu Stellung zu nehmen, noch dazu, dieses Verfahren gegebenenfalls anzufechten.
142 Zudem ist die Klägerin der Ansicht, dass diese Veröffentlichung einen anderen mitunterzeichnenden GBV ermutigt habe, eine Verunglimpfungskampagne gegen die Klägerin zu starten, indem am 23. Januar 2023 das erste Protokoll veröffentlicht worden sei, was es ihr noch schwerer gemacht habe, ihre Mitglieder erneut zu mobilisieren, um ihre Situation zu bereinigen.
143 Hierzu ist festzustellen, dass der Rat am 30. November 2022 in seinem Intranet einen kurzen Artikel über die Vereinbarung, die Voraussetzungen für die Anerkennung und Repräsentativität der mitunterzeichnenden GBV sowie über das erste Nachprüfungsverfahren verbreitet hat. Darin wurde darauf hingewiesen, dass der Gerichtsvollzieher kürzlich seinen Bericht vorgelegt und festgestellt habe, dass zwei namentlich genannte mitunterzeichnende GBV, anders als die Klägerin, die Schwellenwerte für die Anerkennung und Repräsentativität erreicht hätten. In diesem Artikel hieß es ferner, dass die Klägerin gemäß der Vereinbarung drei Monate Zeit habe, um diese Schwellenwerte zu erreichen und weiterhin in den Genuss der in der Vereinbarung vorgesehenen Rechte zu kommen.
144 Erstens macht die Klägerin zwar geltend, dass diese Information ohne vorhergehende Abstimmung mit den betreffenden GBV, und ohne sie darüber zu informieren, veröffentlicht worden sei, doch weist sie weder nach noch behauptet sie auch nur, dass der Rat verpflichtet gewesen sei, eine solche vorhergehende Abstimmung vorzunehmen und derartige Informationen zu erteilen. Jedenfalls gibt sie nicht an, inwiefern ein solcher Umstand einem Verstoß gegen den Grundsatz der guten Verwaltung gleichkäme.
145 Zweitens ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin zwar geltend macht, dass die vom Rat am 30. November 2022 in seinem Intranet verbreitete Veröffentlichung einen anderen mitunterzeichnenden GBV ermutigt habe, eine Verunglimpfungskampagne gegen die Klägerin zu starten, indem am 23. Januar 2023 der Inhalt des ersten Protokolls veröffentlicht worden sei, was es ihr erschwert habe, ihre Mitglieder im Hinblick auf das zweite Nachprüfungsverfahren erneut zu mobilisieren. Sie trägt jedoch nichts vor, was die Richtigkeit dieser Behauptung belegen könnte, da der von ihr vorgelegte Prospekt vom 23. Januar 2023 das Vorliegen einer Verunglimpfungskampagne gegen sie nicht belegt.
146 Daher ist die vorliegende Rüge als unbegründet und damit der zweite Teil insgesamt zurückzuweisen.
c) Zum dritten Teil: Verstoß gegen den „Geist der loyalen Zusammenarbeit“ im Licht des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit
147 Die Klägerin trägt vor, der Rat habe den „Geist der loyalen Zusammenarbeit“ im Licht des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit verkannt, da er ihr die in Nr. 4 des Anhangs vorgesehene Übergangsfrist von 18 Monaten hätte gewähren müssen, um es ihr zu ermöglichen, den Übergang von der Situation, die sich aus ihrem Status als anerkannter und repräsentativer GBV ergebe, zu der Situation zu regeln, die sich aus ihrem neuen Status als bloß anerkannter GBV ergebe.
148 Insoweit ist erstens darauf hinzuweisen, dass sich nach Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 1 EUV die Union und die Mitgliedstaaten nach dem Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit bei der Erfüllung der Aufgaben, die sich aus den Verträgen ergeben, gegenseitig achten und unterstützen.
149 Somit erlegt diese Bestimmung dem Rat keine Verpflichtung zur loyalen Zusammenarbeit in seinen Beziehungen zu einer juristischen Person wie der Klägerin auf.
150 Außerdem hat sich die Klägerin nicht auf eine andere Bestimmung des Unionsrechts berufen, die ein Organ in seinen Beziehungen zu den GBV zu einer „loyalen Zusammenarbeit“ verpflichten würde.
151 Insbesondere ist festzustellen, dass die Vereinbarung keine Verpflichtung des Rates und der mitunterzeichnenden GBV zu loyaler Zusammenarbeit vorsieht.
152 Folglich kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg auf den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit berufen und ist der vorliegende Teil, soweit er sich auf einen Verstoß gegen diesen Grundsatz stützt, als ins Leere gehend zurückzuweisen.
153 Zweitens ist in Bezug auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit darauf hinzuweisen, dass nach Art. 52 Abs. 1 der Charta „[j]ede Einschränkung der Ausübung der in dieser Charta anerkannten Rechte und Freiheiten … gesetzlich vorgesehen sein und den Wesensgehalt dieser Rechte und Freiheiten achten [muss]. Unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dürfen Einschränkungen nur vorgenommen werden, wenn sie erforderlich sind und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entsprechen.“ Zudem gehen gemäß Art. 5 Abs. 4 EUV nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit die Maßnahmen der Union inhaltlich wie formal nicht über das zur Erreichung der Ziele der Verträge erforderliche Maß hinaus.
154 Hierzu ist festzustellen, dass Nr. 4 des Anhangs vorsieht, dass dann, wenn sich die Aufteilung der zur Verfügung gestellten Bediensteten zwischen den repräsentativen GBV ändern sollte, die zur Verfügung gestellten Bediensteten während einer Übergangsfrist von 18 Monaten im Dienst bleiben können.
155 Somit ergibt sich aus dem Wortlaut dieser Bestimmung, dass sie nur für repräsentative GBV gilt. Auf diese Eigenschaft kann sich die Klägerin aufgrund des Erlasses der angefochtenen Entscheidung nicht mehr berufen.
156 Folglich hätte der Rat der Klägerin die in Nr. 4 des Anhangs vorgesehene Übergangsfrist von 18 Monaten versagen können, ohne dadurch gegen diese Bestimmung zu verstoßen und damit den rechtlichen Rahmen, den er sich selbst gesetzt hat, sowie den Grundsatz der Rechtssicherheit zu missachten.
157 Mithin kann die Klägerin nicht mit Erfolg geltend machen, dass die Weigerung des Rates, ihr die in Nr. 4 des Anhangs vorgesehene Übergangsfrist zu gewähren, einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit darstelle.
158 Daher ist der vorliegende Teil und damit der zweite Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.
4. Zum dritten Klagegrund: Verletzung des Grundrechts der Vereinigungsfreiheit
159 Die Klägerin macht geltend, die angefochtene Entscheidung verstoße gegen die Vereinigungsfreiheit, die durch Art. 12 Abs. 1 der Charta, durch deren Art. 27 und 28 sowie durch Art. 11 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden: EMRK) garantiert werde. Ihrer Ansicht nach behindert sie die Ausübung der Vereinigungsfreiheit ihrer Mitglieder, da sie unmittelbar bewirke, dass die Abordnung ihrer Vorsitzenden und die Zurverfügungstellung eines Sekretariatsassistenten endigten und ihr lediglich eine bloße E‑Mail-Adresse als Aktionsmittel überlassen werde.
160 Die Klägerin macht ferner geltend, dass sie, da ihre Vorsitzende nunmehr eine Vollzeitstelle im GSR antreten müsse, nicht mehr wie zuvor ihre gewerkschaftlichen Aufgaben im Dienst ihrer Mitglieder wahrzunehmen in der Lage sei, so dass die Klägerin nun dazu verdammt sei, dass ihre gegenwärtigen oder potenziellen Mitglieder ihr mit Desinteresse begegneten und sie einem „schleichenden Tod“ entgegensehe.
161 Der Rat tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.
162 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die in der EMRK niedergelegten Grundrechte zwar, wie Art. 6 Abs. 3 EUV bestätigt, als allgemeine Grundsätze Teil des Unionsrechts sind und dass nach Art. 52 Abs. 3 der Charta die in ihr enthaltenen Rechte, die den durch die EMRK garantierten Rechten entsprechen, die gleiche Bedeutung und Tragweite haben, wie sie ihnen in der EMRK verliehen werden; die EMRK stellt jedoch, solange die Union ihr nicht beigetreten ist, kein Rechtsinstrument dar, das formell in die Unionsrechtsordnung übernommen wurde (vgl. Urteil vom 22. Oktober 2020, Silver Plastics und Johannes Reifenhäuser/Kommission, C‑702/19 P, EU:C:2020:857, Rn. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung).
163 Dagegen ergibt sich aus den Erläuterungen zur Charta (ABl. 2007, C 303, S. 17), dass das in Art. 12 Abs. 1 der Charta garantierte Recht dem in Art. 11 EMRK garantierten Recht entspricht, dass es nach Art. 52 Abs. 3 der Charta die gleiche Bedeutung und die gleiche Tragweite wie dieses hat (Urteil vom 19. Oktober 2023, Aquino/Parlament, C‑534/22 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2023:802, Rn. 30).
164 Folglich ist der vorliegende Klagegrund anhand von Art. 12 Abs. 1 der Charta zu prüfen.
165 Somit ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 12 Abs. 1 der Charta „[j]ede Person … das Recht [hat], sich insbesondere im politischen, gewerkschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Bereich auf allen Ebenen frei und friedlich mit anderen zu versammeln und frei mit anderen zusammenzuschließen, was das Recht jeder Person umfasst, zum Schutz ihrer Interessen Gewerkschaften zu gründen und Gewerkschaften beizutreten“.
166 Darüber hinaus bestimmen die Art. 27 und 28 der Charta, dass „[f]ür die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer oder ihre Vertreter … auf den geeigneten Ebenen eine rechtzeitige Unterrichtung und Anhörung in den Fällen und unter den Voraussetzungen gewährleistet sein [muss], die nach dem Unionsrecht und den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten vorgesehen sind“, und dass „[d]ie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber oder ihre jeweiligen Organisationen … nach dem Unionsrecht und den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten das Recht [haben], Tarifverträge auf den geeigneten Ebenen auszuhandeln und zu schließen sowie bei Interessenkonflikten kollektive Maßnahmen zur Verteidigung ihrer Interessen, einschließlich Streiks, zu ergreifen“.
167 Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 24b des Statuts „[d]ie Beamten … Vereinigungsfreiheit [haben]; sie können insbesondere Gewerkschaften oder Berufsverbänden der europäischen Beamten angehören“.
168 In diesem Zusammenhang ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass es Sache der Unionsorgane ist, alles zu unterlassen, was die Ausübung der Vereinigungsfreiheit behindern könnte, die in den oben in den Rn. 165 bis 167 genannten Vorschriften anerkannt wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Januar 1990, Maurissen und Union syndicale/Rechnungshof, C‑193/87 und C‑194/87, EU:C:1990:18, Rn. 12).
169 Die in dieser Weise den Beamten und Bediensteten der Union zugestandene Vereinigungsfreiheit bedeutet, dass die GBV sich zur Verteidigung der beruflichen Interessen ihrer Mitglieder jeder erlaubten Tätigkeit widmen können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Januar 1990, Maurissen und Union syndicale/Rechnungshof, C‑193/87 und C‑194/87, EU:C:1990:18, Rn. 13 und die dort angeführte Rechtsprechung).
170 Daraus folgt zum einen, dass die Unionsorgane hinnehmen müssen, dass die GBV ihre Aufgaben der Vertretung und Konzertierung in allen das Personal interessierenden Bereichen wahrnehmen, und zum anderen, dass sie die Beamten oder sonstigen Bediensteten nicht in irgendeiner Form wegen ihrer Gewerkschaftsarbeit benachteiligen dürfen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Januar 1990, Maurissen und Union syndicale/Rechnungshof, C‑193/87 und C‑194/87, EU:C:1990:18, Rn. 14 und 15).
171 Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Klägerin nach der angefochtenen Entscheidung weiterhin über die in Art. 13 der Vereinbarung vorgesehenen Erleichterungen als anerkannter GBV im Hinblick auf die Ausübung ihrer Gewerkschaftsarbeit verfügt, so dass sie zwar weder über die gleichen Rechte noch über die gleichen Mittel verfügt wie eine repräsentative GBV, aber dennoch weiterhin die Möglichkeit hat, ihre Aufgaben der Vertretung und Konzertierung in allen das Personal interessierenden Fragen wahrzunehmen.
172 Außerdem hindert die angefochtene Entscheidung die Klägerin keineswegs daran, ihren Status als repräsentativer GBV wiederzuerlangen, wenn sie erneut die in der Vereinbarung vorgesehene Repräsentativitätsschwelle erreichen sollte.
173 Im Übrigen behindert die angefochtene Entscheidung weder die Freiheit der Mitglieder der Klägerin, sich friedlich mit anderen zu versammeln oder mit anderen zusammenzuschließen, um ihre Interessen zu verteidigen, noch ihr Recht auf rechtzeitige Unterrichtung und Anhörung, insbesondere im Rahmen der durch das Statut eigens eingerichteten Personalvertretung.
174 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 9 Abs. 3 des Statuts die Personalvertretung die Interessen des gesamten Personals gegenüber dem Organ, dem sie angehört, wahrnimmt, für eine ständige Fühlungnahme zwischen dem Organ und dem Personal sorgt und gleichzeitig zum reibungslosen Arbeiten der Dienststellen dadurch beiträgt, dass sie dem Personal die Möglichkeit gibt, seine Meinung zu manifestieren und sich zu äußern (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. Oktober 2023, Aquino/Parlament, C‑534/22 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2023:802, Rn. 32).
175 Schließlich hindert die angefochtene Entscheidung weder andere repräsentative GBV im Rat daran, die Interessen der Mitglieder der Klägerin bei Verhandlungen und beim Abschluss von Vereinbarungen wie den in Art. 10c des Statuts geregelten zu verteidigen, noch ihre Mitglieder daran, kollektive Maßnahmen zur Verteidigung ihrer Interessen, einschließlich Streiks, zu ergreifen.
176 Daher kann nicht davon ausgegangen werden, dass die angefochtene Entscheidung, die nicht aufgrund der Gewerkschaftsarbeit der Klägerin getroffen wird, sondern in Anwendung der Vereinbarung durch die Feststellungen des Gerichtsvollziehers gerechtfertigt ist, wonach die Klägerin sowohl zum ersten als auch zum zweiten Stichtag die in dieser Vereinbarung vorgesehene Repräsentativitätsschwelle nicht erreicht habe, darauf gerichtet ist, die Klägerin zu benachteiligen oder die Ausübung der Vereinigungsfreiheit ihrer Mitglieder sowie der Rechte, die Letztere nach Art. 12 Abs. 1 der Charta sowie nach deren Art. 27 und 28 besitzen, zu behindern.
177 Insoweit ist festzustellen, dass die Klägerin nicht vorgetragen und erst recht nicht nachgewiesen hat, dass die Bestimmungen der Vereinbarung, die in Abhängigkeit davon, ob es sich um repräsentative oder um anerkannte GBV handelt, die Bereitstellung von Ressourcen und Mitteln an die GBV regeln, um deren gewerkschaftliche Tätigkeit zu erleichtern, eine Einschränkung der Ausübung der durch die Art. 12, 27 und 28 der Charta sowie durch Art. 24b des Statuts garantierten Rechte darstellen.
178 Folglich ist der dritte Klagegrund als unbegründet und ist der Aufhebungsantrag insgesamt zurückzuweisen.
B. Zum Antrag auf Schadensersatz
179 Die Klägerin macht geltend, dass die vorschnelle Veröffentlichung der Ergebnisse des ersten Nachprüfungsverfahrens am 30. November 2022 ohne Abstimmung mit ihr oder mit den beiden anderen betroffenen mitunterzeichnenden GBV einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen den Grundsatz der guten Verwaltung ihr gegenüber darstelle, der ihr aufgrund der Schädigung ihres Rufes einen immateriellen Schaden zugefügt habe. Sie beantragt, den Rat dafür zur Zahlung eines symbolischen Euro zu verurteilen.
180 Der Rat tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.
181 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die außervertragliche Haftung der Union nach ständiger Rechtsprechung vom Vorliegen einer Reihe von Voraussetzungen abhängt, nämlich einem hinreichend qualifizierten Verstoß gegen eine Rechtsnorm, die bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, dem tatsächlichen Bestehen des Schadens und einem Kausalzusammenhang zwischen dem Verstoß gegen die dem Urheber der Handlung obliegende Verpflichtung und dem den geschädigten Personen entstandenen Schaden (vgl. Urteil vom 27. April 2023, Fondazione Cassa di Risparmio di Pesaro u. a./Kommission, C‑549/21 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2023:340, Rn. 113 und die dort angeführte Rechtsprechung).
182 Im vorliegenden Fall beruft sich die Klägerin zur Stützung des vorliegenden Schadensersatzantrags nur auf den nämlichen Rechtsverstoß, den sie zur Stützung ihres Aufhebungsantrags geltend gemacht hat, insbesondere auf die dritte Rüge des zweiten Teils des zweiten Klagegrundes, mit der ein Verstoß gegen den Grundsatz der guten Verwaltung aufgrund der Veröffentlichung der Ergebnisse des ersten Nachprüfungsverfahrens am 30. November 2022 gerügt wird.
183 Aus Rn. 146 des vorliegenden Urteils ergibt sich jedoch, dass die dritte Rüge des zweiten Teils des zweiten Klagegrundes, auf die der Aufhebungsantrag gestützt wird, als unbegründet zurückgewiesen worden ist.
184 Daher ist die erste oben in Rn. 181 genannte Voraussetzung für die außervertragliche Haftung der Union, nämlich das Vorliegen eines Verstoßes gegen eine Rechtsnorm, die bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, nicht erfüllt.
185 Folglich ist der Schadensersatzantrag zurückzuweisen, ohne dass die übrigen Voraussetzungen der Haftung der Unionsorgane geprüft zu werden brauchen.
IV. Kosten
186 Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des Rates die Kosten einschließlich der Kosten des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes aufzuerlegen.
Aus diesen Gründen hat
Das GERICHT (Neunte erweiterte Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Sektion Rat des Europäischen Beamtenbunds (EBB [Sektion Rat]) trägt die Kosten einschließlich der Kosten des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes.
Papasavvas
Truchot
Kanninen
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 11. Dezember 2024.
Unterschriften