C-632/24 P-R – Kommission/ Courtois u. a.

C-632/24 P-R – Kommission/ Courtois u. a.

CURIA – Documents

Language of document : ECLI:EU:C:2025:70

Vorläufige Fassung

DEBESCHLUSS DES VIZEPRÄSIDENTEN DES GERICHTSHOFS

4. Februar 2025(*)

„ Rechtsmittel – Vorläufiger Rechtsschutz – Art. 278 AEUV – Antrag auf Aussetzung der Durchführung eines Urteils des Gerichts der Europäischen Union – Zugang zu Dokumenten der Europäischen Kommission – Erklärungen über das Nichtvorliegen eines Interessenkonflikts durch die Mitglieder des Verhandlungsteams der Kommission für den Erwerb von Covid-19‑Impfstoffen – Beschluss der Kommission, mit dem die Kenntnisnahme von der Identität und der beruflichen Stellung dieser Personen verweigert wird “

In der Rechtssache C‑632/24 P–R

betreffend einen Antrag auf Aussetzung der Durchführung gemäß Art. 278 AEUV, eingereicht am 27. September 2024,

Europäische Kommission, vertreten durch A. Bouchagiar, M. Burón Pérez, G. Gattinara und A. Spina als Bevollmächtigte,

Antragstellerin,

andere Parteien des Verfahrens:

Fabien Courtois und die weiteren im Anhang namentlich aufgeführten Parteien(1), vertreten durch A. Durand, Avocat,

Kläger im ersten Rechtszug,

erlässt

DER VIZEPRÄSIDENT DES GERICHTSHOFS

nach Anhörung des Generalanwalts M. Szpunar

folgenden

Beschluss

1        Mit ihrem Antrag ersucht die Europäische Kommission den Gerichtshof, im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes gemäß Art. 278 AEUV die Aussetzung der Durchführung von Nr. 2 des Tenors des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 17. Juli 2024, Courtois u. a./Kommission (T‑761/21, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2024:477), anzuordnen, soweit darin der in Anwendung von Art. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (ABl. 2001, L 145, S. 43) ergangene Beschluss C(2022) 1359 final der Kommission vom 28. Februar 2022, mit dem Herrn Fabien Courtois und den weiteren im Anhang namentlich aufgeführten natürlichen Personen ein teilweiser Zugang zu bestimmten Dokumenten betreffend den Erwerb von Impfstoffen durch die Kommission im Rahmen der Covid-19-Pandemie gewährt wurde (im Folgenden: streitiger Beschluss), sowie die ihnen am 31. März 2022 übermittelte französische Fassung dieses Beschlusses insoweit für nichtig erklärt werden, als es die Kommission darin auf der Grundlage von Art. 4 Abs. 1 Buchst. b dieser Verordnung abgelehnt hat, einen weiter gehenden Zugang zu den von den Mitgliedern des Verhandlungsteams für den Erwerb von Covid-19‑Impfstoffen (im Folgenden: Verhandlungsteam) unterzeichneten Erklärungen über das Nichtvorliegen eines Interessenkonflikts zu gewähren.

2        Dieser Antrag wird parallel zu dem von der Kommission am 27. September 2024 nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union eingelegten und auf Aufhebung des angefochtenen Urteils im oben genannten Umfang gerichteten Rechtsmittel gestellt.

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

3        Die Vorgeschichte des Rechtsstreits wird in den Rn. 2 bis 17 des angefochtenen Urteils dargelegt. Sie lässt sich für die Zwecke des vorliegenden Verfahrens wie folgt zusammenfassen.

4        Am 17. Juni 2020 veröffentlichte die Kommission vor dem Hintergrund der mit der Covid-19-Pandemie einhergehenden Krise die Mitteilung „EU-Strategie für Covid-19‑Impfstoffe“ (COM[2020] 245 final). Diese Strategie sollte die Entwicklung, Herstellung und Bereitstellung von Impfstoffen gegen Covid-19 beschleunigen und beruhte auf zwei Säulen. Die erste Säule war die Sicherstellung einer ausreichenden Produktion von Impfstoffen in der Europäischen Union und damit einer ausreichenden Versorgung der Mitgliedstaaten durch Abnahmegarantien für Impfstoffhersteller über das Soforthilfeinstrument, das durch die Verordnung (EU) 2020/521 des Rates vom 14. April 2020 zur Aktivierung der Soforthilfe gemäß der Verordnung (EU) 2016/369 und zur Änderung von deren Bestimmungen unter Berücksichtigung des COVID-19-Ausbruchs (ABl. 2020, L 117, S. 3) aktiviert wurde. Die zweite bestand in der Anpassung des Rechtsrahmens der Union an die damals gegebene Dringlichkeit und in der Nutzung der damals bestehenden regulatorischen Flexibilität, um unter Einhaltung der Standards für die Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit von Impfstoffen die Entwicklung, Zulassung und Verfügbarkeit von Impfstoffen zu beschleunigen.

5        In diesem Zusammenhang wies die Kommission darauf hin, dass die Mitgliedstaaten von Anfang an in den Prozess eingebunden sein würden und dass alle teilnehmenden Mitgliedstaaten in einem Lenkungsausschuss vertreten sein würden, der die Kommission bis zur Unterzeichnung des Abnahmegarantievertrags in allen Bereichen unterstütze. Das Verhandlungsteam, bestehend aus der Kommission und Sachverständigen aus den Mitgliedstaaten, werde die Abnahmegarantien für Covid-19‑Impfstoffe aushandeln, wobei diese Verträge im Namen aller teilnehmenden Mitgliedstaaten geschlossen werden müssten. Die Kommission sei für das Vergabeverfahren im Namen der Mitgliedstaaten und die abzuschließenden Abnahmegarantieverträge verantwortlich.

6        Mit Schreiben vom 24. Mai 2021 an die Präsidentin der Kommission sowie mit E‑Mail vom selben Tag an das Generalsekretariat der Kommission beantragten zwei Anwälte „im Namen und im Interesse der von ihnen vertretenen ersten 86 000 Petenten der Plattform https://dejavu/legal/“, zu denen die Kläger im ersten Rechtszug gehören (im Folgenden: Antragsteller), gemäß der Verordnung Nr. 1049/2001 Zugang zu Dokumenten betreffend den Kauf von Impfstoffen im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie durch die Kommission für Rechnung der Mitgliedstaaten.

7        Dieser Erstantrag bezog sich auf die von der Kommission mit den Impfstoffherstellern unterzeichneten Kaufverträge, auf die Identität und die berufliche bzw. institutionelle Rolle der Vertreter der Union, die an den Verhandlungen mit diesen Herstellern teilgenommen hatten, sowie auf die Erklärungen über die Interessen zwischen diesen Vertretern und Herstellern.

8        Am 30. Juli 2021 antwortete die Generaldirektorin der Generaldirektion (GD) Gesundheit und Lebensmittelsicherheit der Kommission, dass sie 46 diesem Antrag entsprechende Dokumente ermittelt habe, darunter 22 von den Mitgliedern des Verhandlungsteams jeweils unterzeichnete Erklärungen über das Nichtvorliegen eines Interessenkonflikts (im Folgenden: Erklärungen über das Nichtvorliegen eines Interessenkonflikts), und dass ein teilweiser Zugang zu diesen Dokumenten gewährt werde, mit Ausnahme von 17 Dokumenten mit der Bezeichnung „Entwürfe für ein Term Sheet“.

9        In den Erklärungen über das Nichtvorliegen eines Interessenkonflikts wurde die Identität ihres Unterzeichners auf der Grundlage des Schutzes der Privatsphäre und der Integrität des Einzelnen nach Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 1049/2001 geschwärzt. Zudem wurde den Antragstellern nur ein einziges Exemplar übermittelt, mit der Begründung, dass sich die anderen Erklärungen nur in Bezug auf die Identität des Unterzeichners, seine Unterschrift und das Datum der Unterzeichnung unterschieden.

10      Am 13. August 2021 stellten die Antragsteller gemäß Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 einen Zweitantrag auf Überprüfung des Standpunkts der Kommission in Bezug auf alle Dokumente, zu denen ihnen der Zugang teilweise oder vollständig verweigert worden war.

11      Am 24. September 2021 führte das Ausbleiben einer Antwort auf diesen Antrag zu einer stillschweigenden ablehnenden Entscheidung gemäß Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1049/2001.

12      Am 28. Februar 2022 erließ die Kommission nach Anhörung der betroffenen pharmazeutischen Unternehmen gemäß Art. 4 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 den streitigen Beschluss, der den Antragstellern am 1. März 2022 in englischer Sprache zugestellt wurde. Insbesondere nahm die Kommission in diesem Beschluss Änderungen an der Zusammenstellung der Liste der dem Antrag auf Zugang entsprechenden Dokumente vor, behielt jedoch ihren Standpunkt in Bezug auf den teilweisen Zugang zu den Erklärungen über das Nichtvorliegen eines Interessenkonflikts bei.

13      Am 31. März 2022 wurde den Antragstellern die französische Fassung des streitigen Beschlusses übermittelt.

 Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

14      Mit Klageschrift, die am 6. Dezember 2021 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhoben die Antragsteller eine Klage auf Nichtigerklärung der stillschweigenden ablehnenden Entscheidung. In der Folge passten sie ihre Klageanträge dahingehend an, dass sie sich auch gegen den streitigen Beschluss sowie dessen französische Fassung richteten.

15      In Rn. 57 des angefochtenen Urteils wies das Gericht darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs personenbezogene Daten auf der Grundlage der Verordnung Nr. 1049/2001 nur dann an einen Dritten übermittelt werden dürften, wenn diese Übermittlung die in Art. 9 Abs. 1 Buchst. a oder b der Verordnung (EU) 2018/1725 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2018 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 und des Beschlusses Nr. 1247/2002/EG (ABl. 2018, L 295, S. 39) vorgesehenen Voraussetzungen erfülle und eine rechtmäßige Verarbeitung im Sinne der Anforderungen von Art. 5 dieser Verordnung darstelle.

16      In Bezug auf die in Art. 9 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2018/1725 genannte Voraussetzung, dass die Person, die Zugang zu personenbezogenen Daten beantragt, die Notwendigkeit der Offenlegung für einen bestimmten, im öffentlichen Interesse liegenden Zweck nachweisen muss, stellte das Gericht in den Rn. 68, 69, 79 und 85 des angefochtenen Urteils fest, dass diese Voraussetzung im vorliegenden Fall erfüllt sei, da die Antragsteller die Erforderlichkeit der Auskunft über die Identität der Mitglieder des Verhandlungsteams, die die Erklärungen über das Nichtvorliegen eines Interessenkonflikts unterzeichnet hätten, zum Zweck der Überprüfung ihrer Unparteilichkeit dargelegt hätten. In Rn. 86 dieses Urteils stellte das Gericht hingegen fest, dass die Offenlegung des Zeitpunkts der Unterzeichnung dieser Erklärungen und der handschriftlichen Unterschriften der Mitglieder dieses Teams für diesen Zweck nicht erforderlich sei.

17      In Rn. 79 des angefochtenen Urteils führte das Gericht in Bezug auf die in Art. 9 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2018/1725 vorgesehene Interessenabwägung aus, dass es, da die Antragsteller die Notwendigkeit der Übermittlung der beantragten personenbezogenen Daten nachgewiesen hätten und die Kommission zu Recht davon ausgegangen sei, dass die Gefahr einer Beeinträchtigung des Privatlebens der betroffenen Mitglieder des Verhandlungsteams bestehe, der Kommission oblegen habe, diese Abwägung vorzunehmen.

18      Insoweit stellte das Gericht in Rn. 80 des angefochtenen Urteils fest, dass die Kommission, wie aus dem streitigen Beschluss hervorgehe, zum einen die technische Rolle der Mitglieder des Verhandlungsteams im Vergabeverfahren und zum anderen den Umstand berücksichtigt habe, dass die Antragsteller dank der teilweisen Offenlegung des in den Vertragsunterlagen erörterten Themas und der Offenlegung der anonymen Fassung der Erklärungen über das Nichtvorliegen eines Interessenkonflikts und die Wahrung der Vertraulichkeit Zugang zu Informationen gehabt hätten.

19      In Rn. 81 des angefochtenen Urteils stellte das Gericht fest, dass die Kommission damit nicht ausreichend erläutert habe, inwiefern der Umstand, dass die Rolle der Mitglieder des Verhandlungsteams rein technisch gewesen sei, Vorrang vor dem Ziel haben sollte, zu überprüfen, dass kein Interessenkonflikt bestehe. In Rn. 82 dieses Urteils fügte es hinzu, dass sich dem streitigen Beschluss nicht eindeutig entnehmen lasse, welche zusätzlichen Erwägungen im Rahmen der bei ihm erhobenen Klage die Abwägung der verschiedenen konkurrierenden Interessen und insbesondere die etwaige hierarchische Stellung der Mitglieder des Verhandlungsteams beträfen.

20      In den Rn. 83 und 84 des angefochtenen Urteils stellte das Gericht fest, dass die Antragsteller zwar u. a. vom Inhalt der von jedem Mitglied des Verhandlungsteams unterzeichneten Erklärung über das Nichtvorliegen eines Interessenkonflikts Kenntnis erlangt hätten, dass jedoch der von den Antragstellern verfolgte bestimmte, im öffentlichen Interesse liegende Zweck, den Unionsbürgern zu ermöglichen, sich zu vergewissern, dass kein Interessenkonflikt zwischen den Mitgliedern des Verhandlungsteams und den Impfstoffherstellern bestehe, ohne die Offenlegung der Identität dieser Personen nicht erreicht werden könne, da der bloße Umstand, dass diese Personen eine solche Erklärung unterzeichnet hätten, es dem Bürger nicht erlaube, sich selbst zu vergewissern, dass sie ihre Aufgabe in voller Unabhängigkeit wahrgenommen hätten.

21      In Rn. 85 des angefochtenen Urteils kam das Gericht zu dem Schluss, dass die Kommission die verschiedenen Umstände des vorliegenden Falls nicht ausreichend berücksichtigt habe, um die bestehenden Interessen ordnungsgemäß gegeneinander abzuwägen.

22      Daher erklärte das Gericht, wie aus Nr. 2 des Tenors des angefochtenen Urteils hervorgeht, den streitigen Beschluss und seine französische Fassung für nichtig, soweit die Kommission insbesondere den Antragstellern auf der Grundlage von Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 1049/2001 einen weiter gehenden Zugang zu den Erklärungen über das Nichtvorliegen eines Interessenkonflikts verweigert hatte.

 Anträge der Parteien

23      Die Kommission beantragt,

–        die Aussetzung der Durchführung von Nr. 2 des Tenors des angefochtenen Urteils bis zur Verkündung des Urteils, mit dem abschließend über das gegen dieses Urteil eingelegte Rechtsmittel entschieden wird, insoweit anzuordnen, als damit der streitige Beschluss und seine französische Fassung für nichtig erklärt werden, soweit die Kommission einen weiter gehenden Zugang zu den Erklärungen über das Nichtvorliegen eines Interessenkonflikts verweigert hat, und

–        den Antragstellern die Kosten aufzuerlegen.

24      Die Antragsteller beantragen,

–        den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz zurückzuweisen;

–        hilfsweise, diesen Antrag nur in Bezug auf den von Herrn Courtois gestellten Antrag auf Zugang zurückzuweisen;

–        alle entgegenstehenden Anträge der Kommission zurückzuweisen und

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen oder hilfsweise die Kostenentscheidung vorzubehalten.

 Zum Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz

25      Es ist darauf hinzuweisen, dass ein Rechtsmittel gegen ein Urteil des Gerichts gemäß Art. 60 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union zwar grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung hat, der Gerichtshof jedoch gemäß Art. 278 AEUV, wenn er dies den Umständen nach für nötig hält, die Durchführung des Urteils, gegen das ein Rechtsmittel eingelegt wurde, aussetzen kann (Beschluss des Vizepräsidenten des Gerichtshofs vom 19. August 2024, Puigdemont i Casamajó und Comín i Oliveres/Parlament, C‑600/22 P–R, EU:C:2024:673, Rn. 52 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

26      Gemäß Art. 160 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs müssen Anträge auf Aussetzung der Durchführung von Handlungen eines Organs im Sinne von Art. 278 AEUV den Streitgegenstand bezeichnen und die Umstände, aus denen sich die Dringlichkeit ergibt, sowie die den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung dem ersten Anschein nach rechtfertigenden Sach- und Rechtsgründe anführen.

27      Eine einstweilige Anordnung kann folglich von dem für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zuständigen Richter nur getroffen werden, wenn die Notwendigkeit der Anordnung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht glaubhaft gemacht wurde (fumus boni iuris) und wenn sie in dem Sinne dringend ist, dass sie zur Verhinderung eines schweren und nicht wiedergutzumachenden Schadens für die Interessen der antragstellenden Partei bereits vor der Entscheidung zur Hauptsache erlassen werden und ihre Wirkungen entfalten muss. Der für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zuständige Richter nimmt gegebenenfalls auch eine Abwägung der widerstreitenden Interessen vor. Diese Voraussetzungen bestehen kumulativ, so dass der Antrag auf einstweilige Anordnungen zurückzuweisen ist, sofern eine von ihnen nicht erfüllt ist (vgl. in diesem Sinne Beschluss des Vizepräsidenten des Gerichtshofs vom 11. April 2024, Vivendi/Kommission, C‑90/24 P[R], EU:C:2024:318, Rn. 56 und die dort angeführte Rechtsprechung).

 Zum fumus boni iuris

 Vorbringen

–       Vorbringen der Kommission

28      Die Kommission macht geltend, dass die Voraussetzung des fumus boni iuris erfüllt sei.

29      Sie ist der Ansicht, dass das Gericht im angefochtenen Urteil die in Art. 9 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2018/1725 genannten Voraussetzungen fehlerhaft ausgelegt und angewandt habe.

30      In Bezug auf die in dieser Bestimmung vorgesehene Voraussetzung, dass die Person, die Zugang zu Dokumenten beantragt, die Notwendigkeit der Übermittlung personenbezogener Daten zu einem bestimmten, im öffentlichen Interesse liegenden Zweck nachweisen muss, trägt die Kommission zunächst vor, das Gericht habe den Erstantrag sowie den Zweitantrag auf Zugang falsch verstanden, indem es in Rn. 68 des angefochtenen Urteils angenommen habe, dass aus diesen Anträgen abgeleitet werden könne, die Antragsteller verfolgten das Ziel, die Unparteilichkeit der Mitglieder des Verhandlungsteams zu überprüfen.

31      Sodann habe das Gericht jedenfalls zu Unrecht angenommen, dass dieses Ziel einen bestimmten, im öffentlichen Interesse liegenden Zweck im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2018/1725 darstelle.

32      Schließlich habe das Gericht in Rn. 73 des angefochtenen Urteils zu Unrecht festgestellt, dass die Antragsteller die Notwendigkeit der Übermittlung der fraglichen Daten, d. h. der Namen, Vornamen und der beruflichen bzw. institutionellen Rolle der Mitglieder des Verhandlungsteams, zur Erreichung des angestrebten Zwecks nachgewiesen hätten.

33      In diesem Zusammenhang weist die Kommission darauf hin, dass sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, insbesondere aus dem Urteil vom 21. März 2024, Landeshauptstadt Wiesbaden (C‑61/22, EU:C:2024:251), ergebe, dass die Person, die Zugang zu personenbezogenen Daten beantrage, nachweisen müsse, dass deren Übermittlung unter den in Betracht kommenden anderen Maßnahmen die geeignetste Maßnahme zur Erreichung des verfolgten Zwecks sei, worauf das Gericht in Rn. 60 des angefochtenen Urteils im Übrigen hingewiesen habe.

34      Allerdings habe sich das Gericht in Rn. 84 des angefochtenen Urteils darauf beschränkt, festzustellen, dass die Offenlegung der Vor- und Nachnamen der Mitglieder des Verhandlungsteams gegenüber den Antragstellern zur Erreichung des verfolgten Zwecks notwendig sei, ohne konkret zu befinden, dass dies das einzige in Frage kommende Mittel sei.

35      Zudem sei der angestrebte Zweck jedenfalls bereits dadurch erreicht worden, dass den Antragstellern die Erklärungen über das Nichtvorliegen eines Interessenkonflikts in anonymisierter Form übermittelt worden seien, auch wenn die Identität der Unterzeichner dieser Dokumente geschwärzt worden sei. Denn durch diese Übermittlung hätten die Antragsteller überprüfen können, dass die Mitglieder des Verhandlungsteams, die öffentliche Bedienstete seien, die Anforderungen in Bezug auf die Transparenz eingehalten hätten, die auf jedes Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge in der Union anwendbar seien. Etwas anderes zu behaupten, hieße, die Richtigkeit dieser Erklärungen in Frage zu stellen.

36      Hinsichtlich der ebenfalls in Art. 9 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2018/1725 geforderten Voraussetzung, dass das ersuchte Organ prüfen muss, ob Gründe für die Annahme vorliegen, dass die Übermittlung der personenbezogenen Daten die berechtigten Interessen der betroffenen Person beeinträchtigen könnte, und, falls dies zutrifft, die unterschiedlichen widerstreitenden Interessen nachweislich gegeneinander abwägen muss, um die Verhältnismäßigkeit der Übermittlung der angeforderten Daten zu beurteilen, trägt die Kommission vor, dass das Gericht einen Rechtsfehler begangen habe, als es in Rn. 85 des angefochtenen Urteils festgestellt habe, dass sie diese Abwägung nicht ordnungsgemäß vorgenommen habe.

37      Wie der Gerichtshof in Bezug auf mögliche Einschränkungen der Rechte aus den Art. 7 und 8 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) entschieden habe, seien bei dieser Prüfung einerseits die Schwere des Eingriffs, der mit der Offenlegung der personenbezogenen Daten einhergehe, und andererseits die Bedeutung des angestrebten bestimmten, im öffentlichen Interesse liegenden Zwecks abzuwägen. Die Kommission bezieht sich insbesondere auf das Urteil vom 22. November 2022, Luxembourg Business Registers (C‑37/20 und C‑601/20, EU:C:2022:912).

38      Die Offenlegung der Identität der Mitglieder des Verhandlungsteams stelle jedoch einen besonders schweren Eingriff in ihr Privatleben dar, da sie aufgrund des vom Gericht in Rn. 77 des angefochtenen Urteils anerkannten sensiblen Charakters des Themas der Herstellung von Covid-19‑Impfstoffen insbesondere unerwünschten Kontaktaufnahmen von außen ausgesetzt würden. Diese Personen liefen auch Gefahr, in Zukunft von einem Großteil der Öffentlichkeit systematisch dafür verantwortlich gemacht zu werden, wenn etwaige Probleme mit den Covid-19‑Impfstoffen aufträten. Zudem würde diese Beeinträchtigung durch die Verbreitung der Identität dieser Personen im Internet zeitnah eintreten.

39      Die Kommission fügt hinzu, dass es dadurch für sie oder und die Mitgliedstaaten in Zukunft deutlich schwieriger werden könnte, ihre Mitarbeiter für die Aushandlung und den Abschluss derartiger Verträge heranzuziehen.

40      Da die Mitglieder des Verhandlungsteams keine hochrangigen Positionen innerhalb des Organs bekleidet und im Verhandlungsverfahren eine rein technische Rolle gespielt hätten, sei der angestrebte Zweck, ihre Unparteilichkeit zu überprüfen, hingegen von geringerer Bedeutung, als dies bei Personen der Fall wäre, die in diesem Verfahren eine echte Entscheidungsbefugnis innegehabt hätten.

41      Darüber hinaus könne dieser Zweck einen so schwerwiegenden Eingriff in das Privatleben dieser Personen, wie er sich aus der Offenlegung ihrer Identität ergeben würde, nicht rechtfertigen.

42      Schließlich sei der genannte Zweck mit der Offenlegung der anonymisierten Erklärungen über das Nichtvorliegen eines Interessenkonflikts bereits weitgehend erreicht worden.

43      Die Kommission fügt unter Verweis auf die vom Gerichtshof im Urteil vom 22. November 2022, Luxembourg Business Registers (C‑37/20 und C‑601/20, EU:C:2022:912, Rn. 65 und 83), entwickelten Grundsätze hinzu, das Gericht hätte berücksichtigen müssen, dass die Überprüfung des Nichtvorliegens eines Interessenkonflikts von Beamten bei der Ausübung ihres Amtes in den Mitgliedstaaten ausschließlich Aufgabe der zuständigen Behörden sein müsse, die in diesem Bereich bestimmte Verpflichtungen zu erfüllen hätten. Um dem Erfordernis der Verhältnismäßigkeit gerecht zu werden, sei es ferner erforderlich, dass die betroffenen Personen über hinreichende Garantien verfügten, die ihre personenbezogenen Daten wirksam vor Missbrauchsrisiken schützten, was umso wichtiger sei, wenn die personenbezogenen Daten der breiten Öffentlichkeit und einer potenziell unbegrenzten Zahl von Personen zugänglich gemacht würden.

44      Daher würde die Offenlegung der Identität der Mitglieder des Verhandlungsteams einen unverhältnismäßigen Eingriff in den Schutz ihres Privatlebens darstellen.

45      Das Gericht habe somit in Rn. 85 des angefochtenen Urteils zu Unrecht entschieden, dass die Kommission die Interessenabwägung nicht ordnungsgemäß vorgenommen habe.

–       Vorbringen der Antragsteller

46      Die Antragsteller machen geltend, dass die Voraussetzung des fumus boni iuris nicht erfüllt sei, da die Kommission keinen ernsthaften Einwand gegen das angefochtene Urteil vortrage.

47      In Bezug auf die von der Kommission behauptete Verfälschung von Beweisen verweisen sie unter Bezugnahme auf das Urteil vom 16. Februar 2023, Kommission/Italien und Spanien (C‑635/20 P, EU:C:2023:98, Rn. 127), darauf, dass eine solche Verfälschung voraussetze, dass das Gericht die Grenzen einer vernünftigen Beurteilung der Beweise offensichtlich überschritten habe, und dass es nicht genüge, darzutun, dass ein Dokument anders ausgelegt werden könnte, als das Gericht es getan habe. Die Kommission habe in keiner Weise nachgewiesen, dass diese Voraussetzungen erfüllt seien, und sie wolle in Wirklichkeit die vom Gericht vorgenommene Beurteilung des Sachverhalts in Frage stellen.

48      Hinsichtlich der angeblich vom Gericht bei der Auslegung von Art. 9 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2018/1725 begangenen Rechtsfehler machen sie zunächst geltend, dass das Gericht zu Recht zu dem Schluss gelangt sei, dass der angestrebte Zweck, die Unparteilichkeit der Mitglieder des Verhandlungsteams zu überprüfen, einen bestimmten, im öffentlichen Interesse liegenden Zweck im Sinne dieser Bestimmung darstelle.

49      In diesem Zusammenhang könne die Kommission nicht gleichzeitig auf der einen Seite geltend machen, dass der fragliche Zweck nicht von „öffentlichem Interesse“ sei, und auf der anderen Seite anerkennen, dass die Überprüfung der Unparteilichkeit der Mitglieder „im öffentlichen Interesse“ liege. Ebenso sei ihr Vorbringen widersprüchlich, wenn sie geltend mache, die Namen dieser Personen dürften nicht offengelegt werden, und gleichzeitig darauf verweise, dass diese nur eine rein technische Rolle bei den Verhandlungen gespielt hätten. In jedem Fall aber bestehe die Funktion eines Verhandlungsführers naturgemäß darin, den Inhalt der abschließenden Entscheidung zu beeinflussen.

50      Außerdem sei die Offenlegung der Identität der Mitglieder des Verhandlungsteams, die die Erklärungen über das Nichtvorliegen eines Interessenkonflikts unterzeichnet hätten, entgegen der Behauptung der Kommission notwendig, um die Unparteilichkeit dieser Mitglieder zu überprüfen; auch seien die Namen zahlreicher Personen, die in privater oder öffentlicher Funktion in „derselben Angelegenheit“ beteiligt gewesen seien, ohnehin bereits öffentlich zugänglich.

51      Schließlich habe das Gericht offensichtlich keinen Rechtsfehler begangen, als es in Rn. 85 des angefochtenen Urteils festgestellt habe, dass die Kommission die in Art. 9 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2018/1725 vorgesehene Interessenabwägung nicht ordnungsgemäß vorgenommen habe.

52      In dieser Hinsicht sei der Einschätzung der Kommission zu widersprechen, dass der durch die Offenlegung der Identität der betroffenen Personen verursachte Eingriff schwerwiegend sei. Denn die bloße Möglichkeit, dass die Mitglieder des Verhandlungsteams unerwünschten Kontaktaufnahmen von außen ausgesetzt seien, bringe sie deshalb noch nicht in die Gefahr einer Beeinträchtigung ihrer physischen und psychischen Unversehrtheit, wie die Kommission behaupte. In einer demokratischen Gesellschaft könne jede Person, auch aus beruflichen Gründen, ungebeten kontaktiert werden.

53      Die Antragsteller sind der Auffassung, der angestrebte Zweck, die Unparteilichkeit dieser Personen zu überprüfen, sei wichtig, da die Verhandlungsführer den Entscheidungsprozess beeinflussten. Sie weisen erneut darauf hin, dass ihr Antrag insofern begrenzt sei, als er nur die Identität und die berufliche Rolle der fraglichen Personen betreffe, sowie darauf, dass die Übermittlung einer Erklärung über das Nichtvorliegen eines Interessenkonflikts, in der die Identität des Unterzeichners geschwärzt worden sei, es nicht ermögliche, die Unparteilichkeit des Unterzeichners zu überprüfen, wie auch das Gericht in Rn. 84 des angefochtenen Urteils festgestellt habe.

 Würdigung

54      Nach ständiger Rechtsprechung ist die Voraussetzung des fumus boni iuris erfüllt, wenn zumindest einer der Gründe, die die Partei, die die einstweiligen Anordnungen beantragt, zur Hauptsache geltend macht, auf den ersten Blick nicht ohne ernsthafte Grundlage erscheint. Dies ist insbesondere der Fall, wenn einer dieser Gründe komplexe rechtliche Fragen aufwirft, deren Lösung sich nicht sogleich aufdrängt und die daher einer eingehenden Prüfung bedürfen, die nicht von dem für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zuständigen Richter vorgenommen werden kann, sondern Gegenstand des Verfahrens zur Hauptsache sein muss, oder wenn ausweislich des Vorbringens der Parteien eine bedeutsame rechtliche Kontroverse besteht, deren Lösung sich nicht offensichtlich aufdrängt (Beschluss der Vizepräsidentin des Gerichtshofs vom 20. Dezember 2019, Puigdemont i Casamajó und Comín i Oliveres/Parlament, C‑646/19 P[R], EU:C:2019:1149, Rn. 52, sowie Beschluss vom 8. April 2020, Kommission/Polen, C‑791/19 R, EU:C:2020:277, Rn. 52).

55      Der zweite von der Kommission zur Stützung ihres Rechtsmittels geltend gemachte Grund bezieht sich auf Rechtsfehler des Gerichts bei der Auslegung und Anwendung von Art. 9 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2018/1725, die zu der unzutreffenden Schlussfolgerung geführt hätten, dass die Kommission ihre Weigerung, einen weiter gehenden Zugang zu den Erklärungen über das Nichtvorliegen eines Interessenkonflikts zu gewähren, nicht auf Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 1049/2001 habe stützen können.

56      Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Verordnung Nr. 1049/2001 nach ständiger Rechtsprechung ausweislich ihres vierten Erwägungsgrundes und ihres Art. 1 der Öffentlichkeit das Recht auf größtmöglichen Zugang zu den Dokumenten der Organe gewähren soll (Urteile vom 28. Juni 2012, Kommission/Éditions Odile Jacob, C‑404/10 P, EU:C:2012:393, Rn. 111, vom 28. Juni 2012, Kommission/Agrofert Holding, C‑477/10 P, EU:C:2012:394, Rn. 53, sowie vom 14. November 2013, LPN und Finnland/Kommission, C‑514/11 P und C‑605/11 P, EU:C:2013:738, Rn. 40).

57      Der Grundsatz des größtmöglichen Zugangs der Öffentlichkeit zu Dokumenten unterliegt gleichwohl bestimmten Schranken aus Gründen des öffentlichen oder privaten Interesses. Die Verordnung Nr. 1049/2001, insbesondere ihr elfter Erwägungsgrund und ihr Art. 4, sieht nämlich eine Ausnahmeregelung vor, nach der die Organe und Einrichtungen gehalten sind, Dokumente nicht offenzulegen, wenn dadurch eines dieser Interessen beeinträchtigt würde (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 28. Juni 2012, Kommission/Éditions Odile Jacob, C‑404/10 P, EU:C:2012:393, Rn. 111, vom 28. Juni 2012, Kommission/Agrofert Holding, C‑477/10 P, EU:C:2012:394, Rn. 53, sowie vom 14. November 2013, LPN und Finnland/Kommission, C‑514/11 P und C‑605/11 P, EU:C:2013:738, Rn. 40).

58      Nach Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 1049/2001 verweigern die Unionsorgane den Zugang zu einem Dokument, durch dessen Verbreitung der Schutz der Privatsphäre und der Integrität des Einzelnen beeinträchtigt würde, und zwar insbesondere gemäß den Rechtsvorschriften der Union über den Schutz personenbezogener Daten.

59      So werden, wenn ein Antrag auf Gewährung des Zugangs zu personenbezogenen Daten im Sinne von Art. 3 Nr. 1 der Verordnung 2018/1725 gerichtet ist, die Bestimmungen dieser Verordnung in vollem Umfang anwendbar (vgl. entsprechend Urteil vom 16. Juli 2015, ClientEarth und PAN Europe/EFSA, C‑615/13 P, EU:C:2015:489, Rn. 44 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

60      Im vorliegenden Fall ist unstreitig, dass die beantragten Informationen, d. h. die Namen und Vornamen der Mitglieder des Verhandlungsteams, anhand derer die Personen identifiziert werden könnten, die an der Aushandlung der Abnahmegarantien für Covid-19‑Impfstoffe teilgenommen haben, personenbezogene Daten im Sinne von Art. 3 Nr. 1 der Verordnung 2018/1725 darstellen, der alle Informationen erfasst, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen.

61      Folglich dürfen solche Daten nach der Verordnung Nr. 1049/2001 nur dann an Dritte übermittelt werden, wenn diese Übermittlung die Voraussetzungen des Art. 9 Abs. 1 Buchst. a oder b der Verordnung 2018/1725 erfüllt und eine rechtmäßige Verarbeitung im Sinne der Anforderungen des Art. 5 dieser Verordnung darstellt (vgl. entsprechend Urteil vom 2. Oktober 2014, Strack/Kommission, C‑127/13 P, EU:C:2014:2250, Rn. 104).

62      In ihrer Rechtsmittelschrift macht die Kommission insbesondere geltend, dass das Gericht im angefochtenen Urteil einen Fehler bei der Auslegung und Anwendung der Voraussetzung von Art. 9 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2018/1725 begangen habe, wonach der Verantwortliche, sobald der Empfänger der personenbezogenen Daten nachgewiesen habe, dass deren Übermittlung an ihn für einen bestimmten, im öffentlichen Interesse liegenden Zweck erforderlich sei, und Gründe für die Annahme vorlägen, dass diese Übermittlung die berechtigten Interessen der betroffenen Person beeinträchtigen könnte, entscheiden müsse, ob es verhältnismäßig sei, die Daten für diesen bestimmten Zweck zu übermitteln, nachdem er die unterschiedlichen widerstreitenden Interessen nachweislich gegeneinander abgewogen habe. In Rn. 85 dieses Urteils habe das Gericht zu Unrecht festgestellt, dass die Kommission die verschiedenen Umstände des Falles nicht ausreichend berücksichtigt habe, um die bestehenden Interessen ordnungsgemäß gegeneinander abzuwägen.

63      Insoweit bestehen die Interessen im vorliegenden Fall zum einen im Interesse der Mitglieder des Verhandlungsteams, dass ihre Identität zum Schutz ihres Privatlebens nicht offengelegt wird, und zum anderen, wie sich aus den Rn. 66, 70, 71 und 84 des angefochtenen Urteils ergibt, im Interesse der Antragsteller an der Transparenz der von der Kommission im Namen der Mitgliedstaaten geführten Verhandlungen über die Abnahmegarantien für Covid-19‑Impfstoffe, um es den Unionsbürgern zu ermöglichen, die Unparteilichkeit der Mitglieder dieses Teams zu überprüfen und sich insbesondere zu vergewissern, dass kein Interessenkonflikt zwischen diesen Personen und den Impfstoffherstellern besteht.

64      Hinsichtlich der jeweiligen Bedeutung dieser verschiedenen Interessen ist in Bezug auf das Interesse der Mitglieder des Verhandlungsteams, dass ihre Identität nicht offengelegt wird, zu beachten, dass nach ständiger Rechtsprechung die Zurverfügungstellung personenbezogener Daten an Dritte unabhängig von der späteren Verwendung der übermittelten Informationen einen Eingriff in die in den Art. 7 und 8 der Charta verankerten Grundrechte darstellt (Urteil vom 22. November 2022, Luxembourg Business Registers, C‑37/20 und C‑601/20, EU:C:2022:912, Rn. 39 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

65      In die Beurteilung der Schwere eines solchen Eingriffs sind die Art der betroffenen personenbezogenen Daten, insbesondere der möglicherweise sensible Charakter dieser Daten, sowie die Art und die konkreten Modalitäten der Datenverarbeitung, u. a. die Zahl der Personen, die Zugang zu diesen Daten haben, und die Modalitäten des Zugangs zu diesen Daten, einzubeziehen. Gegebenenfalls ist auch zu berücksichtigen, dass Maßnahmen getroffen wurden, um der Gefahr vorzubeugen, dass die Daten in missbräuchlicher Weise verarbeitet werden (Urteil vom 21. März 2024, Landeshauptstadt Wiesbaden, C‑61/22, EU:C:2024:251, Rn. 106).

66      Im vorliegenden Fall betreffen die personenbezogenen Daten, deren Offenlegung beantragt wird, die Identität und die berufliche Tätigkeit von Vertretern der Kommission und der Mitgliedstaaten, die an den von der Kommission im Namen der Mitgliedstaaten geführten Verhandlungen über Abnahmegarantien für Covid-19‑Impfstoffe beteiligt waren.

67      Wie das Gericht in Rn. 77 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, ist zudem unstreitig, dass der Antrag auf Zugang zu diesen Informationen in einem Kontext erfolgte, der durch ein Misstrauen eines Teils der Unionsbürger gegenüber der von der Kommission geförderten Impfstrategie gekennzeichnet war. In dieser Rn. 77 fügte das Gericht hinzu, dass es unter diesen Umständen nicht bloß hypothetisch sei, dass die Mitglieder des Verhandlungsteams nach der Offenlegung ihrer Identität unerwünschten Kontaktaufnahmen von außen ausgesetzt würden. In Rn. 78 dieses Urteils stellte das Gericht klar, dass diese Schlussfolgerung nicht dadurch in Frage gestellt werde, dass die Antragsteller weder die Adressen der Mitglieder dieses Teams noch unter Art. 10 der Verordnung 2018/1725 – betreffend besondere Kategorien personenbezogener Daten – fallende Informationen erhalten wollten, da die Offenlegung der Identität einer Person die Möglichkeit eröffne, Nachforschungen zu dieser Person anzustellen und somit solche Informationen zu erlangen.

68      Dass es sich bei der Impfstrategie gegen Covid-19 um ein sensibles Thema handelt, scheint auch durch die sehr hohe Zahl von Einzelpersonen bestätigt zu werden, die am vorliegenden Gerichtsverfahren beteiligt sind, wobei diese Einzelpersonen überdies zu der Gruppe der 86 000 Petenten gehören, in deren Namen und Auftrag der ursprüngliche Antrag bei der Kommission eingereicht worden war.

69      Aufgrund dieser Anhaltspunkte kann daher mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass die Identität der Mitglieder des Verhandlungsteams, die die Erklärungen über das Nichtvorliegen eines Interessenkonflikts unterzeichnet haben, nach ihrer Bekanntgabe zeitnah im Internet und insbesondere in den sozialen Netzwerken verbreitet werden dürfte.

70      In diesem Fall wären diese Daten einer potenziell unbegrenzten Zahl von Personen zugänglich, so dass Personen, die diese Informationen aus anderen Gründen als denen, die ihre Offenlegung gerechtfertigt haben, zu erlangen suchen, ungehindert auf diese zugreifen könnten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. November 2022, Luxembourg Business Registers, C‑37/20 und C‑601/20, EU:C:2022:912, Rn. 42 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

71      Außerdem würden die möglichen Folgen einer etwaigen missbräuchlichen Verwendung ihrer personenbezogenen Daten für die betroffenen Personen dadurch verschärft, dass diese Daten, sobald sie der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt worden wären, nicht nur frei abgerufen, sondern auch auf Vorrat gespeichert und verbreitet werden könnten, und es für diese Personen im Fall von solchen anschließenden Verarbeitungen umso schwieriger, wenn nicht sogar illusorisch würde, sich wirksam gegen Missbräuche zur Wehr zu setzen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. November 2022, Luxembourg Business Registers, C‑37/20 und C‑601/20, EU:C:2022:912, Rn. 43).

72      Ein solches Risiko ist umso wahrscheinlicher, als im vorliegenden Fall die fraglichen Daten nur eine sehr begrenzte Zahl von natürlichen Personen betreffen.

73      Daher ist es dem ersten Anschein nach nicht ausgeschlossen, dass die Offenlegung der Identität dieser Personen vom Gerichtshof im Rahmen des bei ihm eingelegten Rechtsmittels als ein schwerwiegender Eingriff in die in den Art. 7 und 8 der Charta verankerten Rechte angesehen werden könnte.

74      Hinsichtlich der Bedeutung des von den Antragstellern angestrebten Zwecks, die Transparenz des von der Kommission geführten Verhandlungsprozesses zu gewährleisten, damit die Unionsbürger die Unparteilichkeit der Mitglieder des Verhandlungsteams gegenüber den Impfstoffherstellern überprüfen können, ist anzumerken, dass Transparenz es ermöglicht, den Unionsorganen in einem demokratischen System eine größere Legitimität, Effizienz und Verantwortung gegenüber den Unionsbürgern zu verleihen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. Januar 2020, PTC Therapeutics International/EMA, C‑175/18 P, EU:C:2020:30, Rn. 53 und die dort angeführte Rechtsprechung).

75      Daher könnte, wie das Gericht in Rn. 71 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, die Transparenz des Verfahrens, das die Kommission bei den Verhandlungen mit den Herstellern von Covid-19‑Impfstoffen und beim Abschluss der Abnahmegarantieverträge für Impfstoffe angewendet hat, dazu beitragen, das Vertrauen der Unionsbürger in die von der Kommission geförderte Impfstrategie zu stärken und infolgedessen insbesondere die Verbreitung falscher Informationen über die Umstände der Verhandlung und des Abschlusses dieser Verträge zu bekämpfen.

76      Gleichwohl obliegt es, wie die Kommission ausgeführt hat, vorrangig den zuständigen öffentlichen Behörden, die Einhaltung der berufsethischen Anforderungen durch die Vertreter der Kommission und der Mitgliedstaaten, die Teil des Verhandlungsteams sind, zu überprüfen (vgl. entsprechend Urteil vom 22. November 2022, Luxembourg Business Registers, C‑37/20 und C‑601/20, EU:C:2022:912, Rn. 83).

77      Auch und vor allem ergibt sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass bei der vor der Offenlegung von Informationen über eine natürliche Person von einem Organ vorzunehmenden Abwägung zwischen dem Interesse der Union daran, die Transparenz ihrer Handlungen zu gewährleisten, und der Verletzung der in den Art. 7 und 8 der Charta verankerten Rechte dem Ziel der Transparenz nicht ohne Weiteres Vorrang gegenüber dem Recht auf Schutz personenbezogener Daten zuerkannt werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 9. November 2010, Volker und Markus Schecke und Eifert, C‑92/09 und C‑93/09, EU:C:2010:662, Rn. 85 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

78      In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen kann auf den ersten Blick nicht ausgeschlossen werden, dass der Gerichtshof bei der Prüfung des bei ihm eingelegten Rechtsmittels zu der Auffassung gelangen wird, dass bei der nach Art. 9 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2018/1725 vorzunehmenden Abwägung der widerstreitenden Interessen das Interesse der Mitglieder des Verhandlungsteams, dass ihre Identität nicht offengelegt wird, gegenüber dem von den Antragstellern verfolgten Ziel, die Unparteilichkeit dieser Mitglieder zu überprüfen, Vorrang hat.

79      Ohne dass im Rahmen des vorliegenden Verfahrens über die Begründetheit des zweiten Rechtsmittelgrundes der Kommission, der die fehlerhafte Anwendung von Art. 9 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2018/1725 durch das Gericht betrifft, zu entscheiden wäre, was allein in die Zuständigkeit des Gerichts der Hauptsache fällt, ist folglich festzustellen, dass dieser Rechtsmittelgrund auf den ersten Blick nicht einer ernsthaften Grundlage zu entbehren scheint.

80      Nach alledem ist festzustellen, dass die Voraussetzung des fumus boni iuris im vorliegenden Fall erfüllt ist.

 Zur Dringlichkeit

 Vorbringen

81      Die Kommission macht geltend, dass die Bedingung der Dringlichkeit angesichts des schweren und nicht wiedergutzumachenden Schadens, den die Mitglieder des Verhandlungsteams erleiden würden, wenn ihre Identität vor der Entscheidung des Gerichtshofs in der Hauptsache offengelegt würde, erfüllt sei.

82      Unter Verweis auf Rn. 81 des Beschlusses des Vizepräsidenten des Gerichtshofs vom 11. April 2024, Vivendi/Kommission (C‑90/24 P[R], EU:C:2024:318), führt die Kommission aus, dass die Verletzung der in den Art. 7 und 8 der Charta verankerten Grundrechte anhand aller in Rede stehenden Umstände zu beurteilen sei, um festzustellen, ob der Umfang und die Art des mit dieser Verletzung verbundenen Schadens es rechtfertigten, diesen als schwer und nicht wiedergutzumachend anzusehen.

83      Wenn in der vorliegenden Rechtssache ihrem Antrag auf Aussetzung der Durchführung des angefochtenen Urteils nicht stattgegeben werde, sei sie zum Zweck seiner Durchführung verpflichtet, die Identität der Mitglieder des Verhandlungsteams, die die Erklärungen über das Nichtvorliegen eines Interessenkonflikts unterzeichnet hätten, offenzulegen.

84      Hinsichtlich des tatsächlichen Schadens, der diesen Personen daraus entstünde, sei zu bedenken, dass sie höchstwahrscheinlich mit unerwünschten Kontaktaufnahmen von außen konfrontiert würden, wozu gegebenenfalls Angriffe auf ihre körperliche Unversehrtheit sowie belästigende Handlungen gehören könnten. Denn angesichts der äußerst sensiblen Thematik der Covid-19‑Impfstoffe und der starken Ablehnung, die diese bei zahlreichen Menschen hervorgerufen hätten, brächte eine Offenlegung der Identität der Mitglieder des Verhandlungsteams die Gefahr mit sich, sie als Reaktion auf jegliche von europäischen oder nationalen Stellen zu diesem Thema getroffenen Entscheidungen, aber auch im Fall von möglichen Nebenwirkungen der Covid-19‑Impfstoffe „ernsthaften Gewaltandrohungen auszusetzen“.

85      Die Kommission fügt hinzu, dass ein solcher Schaden unmittelbare Folgen für sie selbst haben könnte, da sie als Verantwortliche für die Leitung der Verhandlung und des Abschlusses von Abnahmegarantieverträgen für Covid-19‑Impfstoffe die Pflicht habe, zu verhindern, dass die Mitglieder des Verhandlungsteams aufgrund der Wahrnehmung ihrer Aufgaben einen Schaden erlitten.

86      Darüber hinaus wäre ein solcher Schaden nicht nur deshalb als schwer anzusehen, weil eine Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit und der psychischen Gesundheit der betroffenen Personen im Raum stehe, sondern im Hinblick auf die Grundsätze aus dem Urteil vom 22. November 2022, Luxembourg Business Registers (C‑37/20 und C‑601/20, EU:C:2022:912), auch deshalb, weil durch die öffentliche Zurverfügungstellung personenbezogener Daten diese für eine potenziell unbegrenzte Zahl von Personen nutzbar würden – gegebenenfalls für andere als die mit ihrer Veröffentlichung verfolgten Zwecke.

87      Zudem macht die Kommission unter Bezugnahme auf den Beschluss des Vizepräsidenten des Gerichtshofs vom 11. April 2024, Vivendi/Kommission (C‑90/24 P[R], EU:C:2024:318), geltend, dass dieser Schaden nicht wiedergutzumachen wäre.

88      Schließlich könnte dieser Schaden umso schneller eintreten, als die offengelegten Informationen zeitnah im Internet verbreitet und in sozialen Netzwerken geteilt werden dürften.

89      Die Antragsteller hingegen machen geltend, dass die Bedingung der Dringlichkeit nicht erfüllt sei.

90      Sie beziehen sich auf die Entschließung des Europäischen Parlaments vom 12. Juli 2023 mit dem Titel „Erkenntnisse aus der COVID-19-Pandemie und Empfehlungen für die Zukunft“, in der befürwortet werde, die Erklärungen über das Nichtvorliegen eines Interessenkonflikts der Verhandlungsführer der Verträge zum Erwerb von Covid-19‑Impfstoffen zu veröffentlichen.

91      Die Kommission habe entschieden, sich in der mündlichen Verhandlung in der dem angefochtenen Urteil zugrunde liegenden Rechtssache von mehreren Bevollmächtigten vertreten zu lassen, deren Identität somit bekannt sei.

92      Hilfsweise beantragen sie, den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz nur in Bezug auf den Zugangsantrag von Herrn Courtois zurückzuweisen, der sich verpflichte, die Vertraulichkeit der ihm von der Kommission übermittelten Informationen zu wahren.

 Würdigung

93      Nach ständiger Rechtsprechung besteht der Zweck des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes darin, die volle Wirksamkeit der künftigen Endentscheidung zu gewährleisten, um eine Lücke in dem vom Gerichtshof gewährten Rechtsschutz zu verhindern. Um dieses Ziel zu erreichen, ist die Dringlichkeit im Hinblick darauf zu beurteilen, ob eine einstweilige Anordnung erforderlich ist, um den Eintritt eines schweren und nicht wiedergutzumachenden Schadens bei der Partei, die den vorläufigen Rechtsschutz beantragt, zu verhindern. Dieser Partei obliegt der Nachweis, dass sie den Ausgang des Verfahrens zur Hauptsache nicht abwarten kann, ohne dass ihr ein derartiger Schaden entstünde. Für den Nachweis des Bestehens eines solchen schweren und nicht wiedergutzumachenden Schadens braucht sein Eintritt nicht mit absoluter Sicherheit nachgewiesen zu werden. Es genügt, dass seine Entstehung mit einem hinreichenden Grad an Wahrscheinlichkeit vorhersehbar ist (Beschluss vom 17. Dezember 2018, Kommission/Polen, C‑619/18 R, EU:C:2018:1021, Rn. 60 und die dort angeführte Rechtsprechung).

94      Außerdem muss der für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zuständige Richter zum alleinigen Zweck der Beurteilung der Dringlichkeit, ohne dass dies eine wie auch immer geartete Stellungnahme seinerseits zur Begründetheit der vom Antragsteller in der Hauptsache geltend gemachten Rügen bedeutete, als gegeben annehmen, dass diese Rügen durchgreifen könnten. Denn der schwere und nicht wiedergutzumachende Schaden, dessen wahrscheinlicher Eintritt glaubhaft gemacht werden muss, ist der Schaden, der sich gegebenenfalls aus der Ablehnung der beantragten einstweiligen Anordnungen in dem Fall ergäbe, dass anschließend der Klage in der Hauptsache stattgegeben würde (Beschluss vom 17. Dezember 2018, Kommission/Polen, C‑619/18 R, EU:C:2018:1021, Rn. 61 und die dort angeführte Rechtsprechung).

95      Im vorliegenden Fall ist vorab festzustellen, dass sich der Schaden, auf den sich die Kommission im Zusammenhang mit dem Recht auf Achtung des Privatlebens beruft, unmittelbar aus dem Verhalten ergäbe, zu dem sie ihrer Ansicht nach gegenüber den Mitgliedern des Verhandlungsteams gezwungen wäre, um dem angefochtenen Urteil nachzukommen (vgl. entsprechend Beschluss des Vizepräsidenten des Gerichtshofs vom 11. April 2024, Vivendi/Kommission, C‑90/24 P[R], EU:C:2024:318, Rn. 74).

96      Daraus folgt, dass die Kommission mit ihrem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz nicht anstelle von Dritten, die autonom von den Auswirkungen des streitigen Beschlusses betroffen wären, sondern in eigener Sache handeln will, um ihre eigenen Interessen zu wahren, indem sie verhindert, dass sie selbst dazu veranlasst wird, diesen Personen einen schweren und nicht wieder gutzumachenden Schaden zuzufügen, für den sie im Übrigen möglicherweise haftbar gemacht werden könnte, wobei dies in einem Kontext geschähe, in dem dieser Schaden diesen Personen aufgrund ihrer Verbindungen zur Kommission zugefügt würde, ohne dass sie in der Lage wären, selbst einen vorläufigen Schutz zu erlangen, durch den das Eintreten dieses Schadens verhindert werden könnte (vgl. entsprechend Beschluss des Vizepräsidenten des Gerichtshofs vom 11. April 2024, Vivendi/Kommission, C‑90/24 P[R], EU:C:2024:318, Rn. 75).

97      Unter diesen Umständen kann die Kommission einen solchen Schaden geltend machen, um nachzuweisen, dass die Voraussetzung der Dringlichkeit erfüllt ist (vgl. in diesem Sinne Beschluss des Vizepräsidenten des Gerichtshofs vom 11. April 2024, Vivendi/Kommission, C‑90/24 P[R], EU:C:2024:318, Rn. 76).

98      Zu der Frage, ob die sofortige Durchführung des angefochtenen Urteils einen schweren und nicht wieder gutzumachenden Schaden im Sinne der in den Rn. 93 und 94 des vorliegenden Beschlusses angeführten Rechtsprechung verursachen kann, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Kommission nach Art. 266 AEUV die Maßnahmen zu ergreifen hat, die sich aus dem angefochtenen Urteils ergeben. Im vorliegenden Fall wäre die Kommission, wie sie selbst angibt, verpflichtet, den Antragstellern die Identität der Personen offenzulegen, die die Erklärungen über das Nichtvorliegen eines Interessenkonflikts unterzeichnet haben und die Mitglieder des Verhandlungsteams sind.

99      Was sodann den Schaden betrifft, der aus einer solchen Offenlegung folgen kann, ergibt sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass die Verletzung bestimmter Grundrechte, wie des Rechts auf Achtung des Privatlebens nach Art. 7 der Charta, anhand aller in Rede stehenden Umstände zu beurteilen ist, um festzustellen, ob der Umfang und die Art des mit dieser Verletzung verbundenen Schadens es rechtfertigen, diesen Schaden als schwer und nicht wiedergutzumachend anzusehen (vgl. in diesem Sinne Beschluss des Vizepräsidenten des Gerichtshofs vom 11. April 2024, Vivendi/Kommission, C‑90/24 P[R], EU:C:2024:318, Rn. 81 und die dort angeführte Rechtsprechung).

100    In dieser Hinsicht kann, wie in Rn. 73 des vorliegenden Beschlusses festgestellt, die Offenlegung der Identität der Mitglieder des Verhandlungsteams, die die Erklärungen über das Nichtvorliegen eines Interessenkonflikts unterzeichnet haben, mit einer für die Zwecke des vorläufigen Rechtsschutzes hinreichenden Wahrscheinlichkeit eine schwerwiegende Beeinträchtigung der in den Art. 7 und 8 der Charta verankerten Rechte dieser Personen verursachen.

101    Auch kann mangels konkreter und genauer Garantien nicht davon ausgegangen werden, dass ein solcher Schaden mit Sicherheit dadurch vermieden werden könnte, dass diese Daten nur einer einzigen Person übermittelt werden, wie es die Antragsteller hilfsweise in ihrer Stellungnahme zur Antragsschrift beantragt haben.

102    Zudem könnte der immaterielle Schaden, der sich aus einer solchen Verletzung des Rechts auf Privatleben ergäbe, nicht durch eine finanzielle Entschädigung vollständig beseitigt oder im Fall der Aufhebung des angefochtenen Urteils nachträglich behoben werden, so dass er als nicht wiedergutzumachend angesehen werden muss (vgl. in diesem Sinne Beschluss des Vizepräsidenten des Gerichtshofs vom 11. April 2024, Vivendi/Kommission, C‑90/24 P[R], EU:C:2024:318, Rn. 91).

103    Schließlich wäre ein solcher Schaden wohl unumkehrbar, da angesichts dessen, wie heikel das Thema Covid-19‑Impfstoffe ist, damit zu rechnen ist, dass die fraglichen Daten, wenn sie einmal offengelegt sind, zeitnah im Internet verbreitet werden, so dass es praktisch unmöglich wäre, sie nachträglich löschen zu lassen, falls das angefochtene Urteil aufgehoben würde.

104    Jedenfalls würde, wenn dem vorliegenden Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz nicht stattgegeben würde, das beim Gerichtshof eingelegte Rechtsmittel weitgehend an Interesse verlieren, soweit es um die Frage geht, ob das Gericht mit dem angefochtenen Urteil die Entscheidung der Kommission, die Identität der Mitglieder des Verhandlungsteams nicht offenzulegen, zu Unrecht für nichtig erklärt hat. Denn selbst wenn der Gerichtshof zu dem Schluss kommen sollte, dass dies der Fall war, wären diese Daten bereits unwiderruflich offengelegt worden.

105    Folglich ist die Voraussetzung der Dringlichkeit im vorliegenden Fall erfüllt.

 Zur Interessenabwägung

 Vorbringen

106    Die Kommission macht geltend, dass die Interessenabwägung zugunsten der vorläufigen Aufrechterhaltung der Wirkungen des streitigen Beschlusses ausfalle, soweit sie es darin abgelehnt habe, die Identität der Mitglieder des Verhandlungsteams, die Erklärungen über das Nichtvorliegen eines Interessenkonflikts abgegeben hätten, offenzulegen.

107    Die Richtigkeit dieser Erklärungen sei von den Antragstellern nicht in Frage gestellt worden, und die Übermittlung einer dieser Erklärungen in anonymisierter Form erlaube es bereits, die Unparteilichkeit ihrer Unterzeichner zu überprüfen.

108    Ferner sei die Unparteilichkeit der Unterzeichner dieser Erklärungen vom Europäischen Rechnungshof in seinem Sonderbericht 19/2022 mit dem Titel „Beschaffung von COVID-19‑Impfstoffen durch die [Europäische Union]“ bestätigt worden. Schließlich sei auch der Sonderausschuss des Parlaments zu den Erkenntnissen aus der Covid-19-Pandemie zu demselben Ergebnis gekommen.

109    Die Antragsteller machen hingegen geltend, dass die Interessenabwägung zugunsten der sofortigen Durchführung des angefochtenen Urteils ausfalle, soweit es um die Nichtigerklärung der Entscheidung der Kommission gehe, die Identität der Mitglieder des Verhandlungsteams, die die Erklärungen über das Nichtvorliegen eines Interessenkonflikts abgegeben hätten, nicht offenzulegen.

110    Bei der ihnen übermittelten anonymisierten Erklärung handle es sich lediglich um ein Musterdokument, anhand dessen die Unparteilichkeit seines Unterzeichners nicht überprüft werden könne.

111    Zudem habe die Kommission den Bericht des Rechnungshofs, auf den sie sich berufe, weder als Ganzes noch auszugsweise vorgelegt. Darüber hinaus habe das Parlament in seiner Entschließung vom 12. Juli 2023 („Erkenntnisse aus der COVID-19-Pandemie und Empfehlungen für die Zukunft“, 2022/2076[INI]) die „mangelnde Transparenz“ beim Abschluss von Abnahmegarantieverträgen für Covid-19‑Impfstoffe bedauert und auf die Erforderlichkeit hingewiesen, die Unparteilichkeit der Verhandlungsführer dieser Verträge überprüfen zu können.

 Würdigung

112    Da bei den meisten Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes sowohl die Anordnung als auch die Ablehnung der beantragten Aussetzung der Vollziehung in gewissem Maße endgültige Wirkungen zeitigen können, ist es Sache des für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zuständigen Richters, der mit einem Aussetzungsantrag befasst ist, die mit beiden Entscheidungsmöglichkeiten verbundenen Risiken gegeneinander abzuwägen. Konkret bedeutet dies, dass namentlich zu prüfen ist, ob das Interesse der Partei, die die einstweiligen Anordnungen beantragt, an der Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Handlung schwerer wiegt als das Interesse an deren sofortiger Anwendung. Dabei ist zu prüfen, ob eine etwaige Nichtigerklärung dieser Handlung im Verfahren zur Hauptsache die Umkehrung der Lage erlauben würde, die durch die sofortige Vollziehung der Handlung entstünde, und inwieweit umgekehrt die Aussetzung der Vollziehung die Erreichung der mit der angefochtenen Handlung verfolgten Ziele behindern würde, falls die Klage in der Hauptsache abgewiesen würde (Beschluss des Vizepräsidenten des Gerichtshofs vom 6. September 2024, Aylo Freesites/Kommission, C‑511/24 P[R], EU:C:2024:719, Rn. 18).

113    Im vorliegenden Fall wäre es, wie in Rn. 103 des vorliegenden Beschlusses festgestellt, im Fall der Ablehnung der von der Kommission beantragten Aussetzung der Durchführung des angefochtenen Urteils nicht mehr möglich, zugunsten der Personen, deren Identität infolgedessen von der Kommission offengelegt würde, die Lage umzukehren, falls dieses Urteil vom Gerichtshof im Verfahren zur Hauptsache aufgehoben würde. Denn nach der Übermittlung gäbe es keine Garantie dafür, dass diese Daten nicht im Internet verbreitet werden. Daher wäre der daraus resultierende Eingriff in das Privatleben der Betroffenen nicht umkehrbar.

114    Darüber hinaus ist weder erwiesen noch überhaupt vorgetragen, dass die von der Kommission beantragte Anordnung der Aussetzung der Durchführung des angefochtenen Urteils dessen volle Wirkung behindern würde, falls das dagegen eingelegte Rechtsmittel vom Gerichtshof zurückgewiesen würde.

115    Daher fällt die Interessenabwägung im vorliegenden Verfahren zugunsten der von der Kommission beantragten Aussetzung der Durchführung des angefochtenen Urteils aus.

116    Nach alledem ist dem Antrag der Kommission auf Aussetzung der Durchführung von Nr. 2 des Tenors des angefochtenen Urteils bis zur Verkündung des das Rechtsmittelverfahren beendenden Urteils in der Rechtssache C‑632/24 P insoweit stattzugeben, als die Entscheidung, keinen weiter gehenden Zugang zu den Erklärungen über das Nichtvorliegen eines Interessenkonflikts zu gewähren, für nichtig erklärt wird.

 Kosten

117    Gemäß Art. 137 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs, der nach ihrem Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, wird über die Kosten in dem das Verfahren beendenden Urteil oder Beschluss entschieden.

Aus diesen Gründen hat der Vizepräsident des Gerichtshofs beschlossen:

1.      Die Durchführung von Nr. 2 des Tenors des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 17. Juli 2024, Courtois u. a./Kommission (T761/21, EU:T:2024:477), wird bis zur Verkündung des das Rechtsmittelverfahren beendenden Urteils in der Rechtssache C632/24 P ausgesetzt, soweit darin der in Anwendung von Art. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission ergangene Beschluss C(2022) 1359 final der Kommission vom 28. Februar 2022, mit dem Herrn Fabien Courtois und den weiteren im Anhang namentlich aufgeführten natürlichen Personen ein teilweiser Zugang zu bestimmten Dokumenten betreffend den Erwerb von Impfstoffen durch die Kommission im Rahmen der Covid-19-Pandemie gewährt wurde, sowie die ihnen am 31. März 2022 übermittelte französische Fassung dieses Beschlusses insoweit für nichtig erklärt werden, als es die Europäische Kommission darin auf der Grundlage von Art. 4 Abs. 1 Buchst. b dieser Verordnung abgelehnt hat, einen weiter gehenden Zugang zu den von den Mitgliedern des Verhandlungsteams für den Erwerb von Covid-19Impfstoffen unterzeichneten Erklärungen über das Nichtvorliegen eines Interessenkonflikts zu gewähren.

2.      Die Kostenentscheidung bleibt vorbehalten.

Unterschriften




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