C-562/23 – T – 2

C-562/23 – T – 2

CURIA – Documents

Language of document : ECLI:EU:C:2025:126

Vorläufige Fassung

DEURTEIL DES GERICHTSHOFS (Sechste Kammer)

27. Februar 2025(*)

„ Vorlage zur Vorabentscheidung – Genehmigung elektronischer Kommunikationsnetze und ‑dienste – Harmonisierte Funkfrequenzen – Individuelle Nutzungsrechte für einen begrenzten Zeitraum – Verlängerung dieser Rechte – Richtlinie 2002/20/EG – Art. 5 Abs. 2 – Richtlinie 2002/20 in der durch die Richtlinie 2009/140/EG geänderten Fassung – Art. 5 Abs. 2 – Europäischer Kodex für die elektronische Kommunikation – Richtlinie (EU) 2018/1972 – Art. 49 Abs. 1 und 2 – Zeitliche Geltung “

In der Rechtssache C‑562/23

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Upravno sodišče (Verwaltungsgericht, Slowenien) mit Entscheidung vom 24. August 2023, beim Gerichtshof eingegangen am 11. September 2023, in dem Verfahren

T – 2 družba za ustvarjanje, razvoj in trženje elektronskih komunikacij in opreme d.o.o.

gegen

Agencija za komunikacijska omrežja in storitve Republike Slovenije

erlässt

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Vizepräsidenten des Gerichtshofs T. von Danwitz (Berichterstatter) in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Sechsten Kammer, des Richters A. Kumin und der Richterin I. Ziemele,

Generalanwalt: P. Pikamäe,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        der slowenischen Regierung, vertreten durch V. Klemenc als Bevollmächtigte,

–        der spanischen Regierung, vertreten durch L. Aguilera Ruiz als Bevollmächtigten,

–        der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna als Bevollmächtigten,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch O. Gariazzo, L. Malferrari und B. Rous Demiri als Bevollmächtigte,

aufgrund der nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Entscheidung, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 2002/20/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über die Genehmigung elektronischer Kommunikationsnetze und ‑dienste (Genehmigungsrichtlinie) (ABl. 2002, L 108, S. 21), von Art. 5 Abs. 2 Unterabs. 4 der Richtlinie 2002/20 in der durch die Richtlinie 2009/140/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 (ABl. 2009, L 337, S. 37) geänderten Fassung (im Folgenden: geänderte Richtlinie 2002/20) und von Art. 49 Abs. 1 und 2 der Richtlinie (EU) 2018/1972 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über den europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation (ABl. 2018, L 321, S. 36).

2        Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der T – 2 družba za ustvarjanje, razvoj in trženje elektronskih komunikacij in opreme d.o.o. (im Folgenden: T‑2), einer Gesellschaft slowenischen Rechts, und der Agencija za komunikacijska omrežja in storitve Republike Slovenije (Agentur für Kommunikationsnetze und ‑dienste der Republik Slowenien, im Folgenden: Agentur) wegen der Weigerung Letzterer, die Gültigkeit der Entscheidung zu verlängern, mit der sie T‑2 individuelle Funkfrequenznutzungsrechte erteilt hatte.

 Rechtlicher Rahmen

 Unionsrecht

 Richtlinie 2002/20

3         Art. 5 („Nutzungsrechte für Funkfrequenzen und Nummern“) Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2002/20 sah vor:

„… Erteilen die Mitgliedstaaten die Nutzungsrechte für eine begrenzte Zeit, muss die Dauer für den betreffenden Dienst angemessen sein.“

4        Art. 5 („Nutzungsrechte für Funkfrequenzen und Nummern“) Abs. 2 Unterabs. 4 der geänderten Richtlinie 2002/20 bestimmte:

„Gewähren die Mitgliedstaaten Nutzungsrechte für einen begrenzten Zeitraum, muss dieser im Hinblick auf das angestrebte Ziel unter gebührender Berücksichtigung eines angemessenen Zeitraums für die Amortisation der Investition für den jeweiligen Dienst angemessen sein.“

5        Die Richtlinie 2002/20 wurde durch die Richtlinie 2018/1972 aufgehoben und ersetzt.

 Richtlinie 2018/1972

6        In den Erwägungsgründen 1, 131 und 323 der Richtlinie 2018/1972 heißt es:

„(1)      Die Richtlinien … 2002/20/EG … wurden erheblich geändert. Aus Gründen der Klarheit empfiehlt es sich, im Rahmen der jetzt anstehenden Änderungen eine Neufassung dieser Richtlinien vorzunehmen.

(131)      Die wirksame Verwaltung der Funkfrequenzen kann sichergestellt werden, indem die anhaltend effiziente Nutzung von bereits zugeteilten Funkfrequenzen gefördert wird. Um den Rechteinhabern Rechtssicherheit zu geben, sollte die Möglichkeit der Verlängerung von Nutzungsrechten innerhalb eines angemessenen Zeitraums vor Ablauf der betreffenden Rechte geprüft werden, beispielsweise – wenn diese für mindestens 15 Jahre erteilt wurden – mindestens zwei Jahre vor Ablauf dieser Rechte, es sei denn, dass zum Zeitpunkt der Erteilung der Rechte die Möglichkeit einer Verlängerung ausdrücklich ausgeschlossen wurde. …

(323)      Da das Ziel dieser Richtlinie, nämlich die Schaffung eines harmonisierten und vereinfachten Rechtsrahmens für elektronische Kommunikationsnetze und elektronische Kommunikationsdienste sowie für zugehörige Einrichtungen und zugehörige Dienste, für die Bedingungen im Zusammenhang mit der Genehmigung von Netzen und Diensten, für die Nutzung von Funkfrequenzen … von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden kann, sondern vielmehr wegen des Umfangs und der Wirkung der Maßnahmen auf Unionsebene besser zu erreichen ist, kann die [Europäische] Union … tätig werden.“

7        Art. 1 („Gegenstand, Anwendungsbereich und Ziel“) Abs. 1 der Richtlinie 2018/1972 sieht vor:

„Mit dieser Richtlinie wird ein harmonisierter Rahmen für die Regulierung elektronischer Kommunikationsnetze, elektronischer Kommunikationsdienste, zugehöriger Einrichtungen und zugehöriger Dienste sowie bestimmter Aspekte der Endeinrichtungen errichtet. Sie legt die Aufgaben der nationalen Regulierungsbehörden und gegebenenfalls der anderen zuständigen Behörden sowie eine Reihe von Verfahren fest, die unionsweit die harmonisierte Anwendung des Rechtsrahmens gewährleisten.“

8        In Art. 2 („Begriffsbestimmungen“) dieser Richtlinie heißt es:

„Für die Zwecke dieser Richtlinie gelten folgende Begriffsbestimmungen:

25.      ‚harmonisierte Funkfrequenzen‘: Funkfrequenzen, für die harmonisierte Bedingungen in Bezug auf die Verfügbarkeit und die effiziente Nutzung durch technische Umsetzungsmaßnahmen gemäß Artikel 4 der Entscheidung Nr. 676/2002/EG [des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über einen Rechtsrahmen für die Funkfrequenzpolitik in der Europäischen Gemeinschaft (Frequenzentscheidung) (ABl. 2002, L 108, S. 1)] festgelegt worden sind;

…“

9        Art. 47 („An individuelle Funkfrequenznutzungsrechte geknüpfte Bedingungen“) Abs. 1 der Richtlinie 2018/1972 bestimmt:

„Die zuständigen Behörden verknüpfen individuelle Nutzungsrechte für Funkfrequenzen gemäß Artikel 13 Absatz 1 mit Bedingungen, die eine optimale und möglichst effektive und effiziente Nutzung der Funkfrequenzen gewährleisten. Sie legen vor der Zuteilung oder Verlängerung solcher Rechte diese Bedingungen, einschließlich des geforderten Nutzungsgrads und der Möglichkeit, diese Anforderung durch die Übertragung oder Vermietung zu erfüllen, eindeutig fest, um die Umsetzung der Bedingungen gemäß Artikel 30 zu gewährleisten. Die für die Verlängerung von Frequenznutzungsrechten geltenden Bedingungen dürfen den bestehenden Inhabern solcher Rechte keine ungerechtfertigten Vorteile verschaffen.

Die zuständigen Behörden konsultieren und informieren die Beteiligten rechtzeitig und in transparenter Form über die an individuelle Nutzungsrechte geknüpften Bedingungen, bevor diese auferlegt werden. Sie legen im Voraus die Kriterien zur Kontrolle der Einhaltung dieser Bedingungen fest und teilen sie den Beteiligten in transparenter Form mit.“

10      In Art. 49 („Geltungsdauer der Rechte“) Abs. 1 und 2 dieser Richtlinie heißt es:

„(1)      Erteilen die Mitgliedstaaten individuelle Frequenznutzungsrechte für einen begrenzten Zeitraum, so stellen sie sicher, dass das Nutzungsrecht für einen Zeitraum gewährt wird, der im Hinblick auf die gemäß Artikel 55 Absatz 2 angestrebten Ziele angemessen ist; sie berücksichtigen dabei die Notwendigkeit, den Wettbewerb und insbesondere eine effektive und effiziente Nutzung der Funkfrequenzen zu gewährleisten und Innovation sowie wirksame Investitionen durch unter anderem die Einräumung eines angemessenen Zeitraums für die Amortisation der Investition zu fördern.

(2)      Erteilen die Mitgliedstaaten für einen begrenzten Zeitraum individuelle Frequenznutzungsrechte, für die harmonisierte Bedingungen durch technische Umsetzungsmaßnahmen gemäß der Entscheidung Nr. 676/2002/EG festgelegt wurden, um die Nutzung für drahtlose breitbandige elektronische Kommunikationsdienste (drahtlose Breitbanddienste) zu ermöglichen, so stellen sie unter Berücksichtigung der Anforderungen des Absatzes 1 dieses Artikels sicher, dass der Regelungsrahmen hinsichtlich der Bedingungen für Investitionen in Infrastrukturen für die Nutzung solcher Funkfrequenzen während eines Zeitraums von mindestens 20 Jahren für die Rechteinhaber vorhersehbar ist. Dieser Artikel gilt gegebenenfalls vorbehaltlich etwaiger Änderungen der mit diesen Nutzungsrechten verbundenen Bedingungen gemäß Artikel 18.

Zu diesem Zweck stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass diese Rechte für einen Zeitraum von mindestens 15 Jahren gelten, und sehen unter den in diesem Absatz festgelegten Bedingungen eine angemessene Verlängerung vor, damit erforderlichenfalls Unterabsatz 1 eingehalten werden kann.

Bevor die Mitgliedstaaten Nutzung[s]rechte erteilen, geben sie allen Beteiligten die allgemeinen Kriterien für eine Verlängerung der Dauer der Nutzungsrechte, die Teil der Bedingungen gemäß Artikel 55 Absätze 3 und 6 sind, in transparenter Weise bekannt. Diese allgemeinen Kriterien beziehen sich auf

a)      die Notwendigkeit, die effektive und effiziente Nutzung der betreffenden Funkfrequenzen zu gewährleisten, die gemäß Artikel 45 Absatz 2 Buchstaben a und b angestrebten Ziele und die Notwendigkeit, den Zielen von allgemeinem Interesse in Bezug auf den Schutz des menschlichen Lebens, die öffentliche Ordnung, die öffentliche Sicherheit oder die Verteidigung zu entsprechen, und

b)      die Notwendigkeit, einen unverfälschten Wettbewerb zu gewährleisten.

Spätestens zwei Jahre vor Ablauf der ursprünglichen Geltungsdauer eines individuellen Nutzungsrechts nimmt die zuständige Behörde unter Berücksichtigung des Artikels 45 Absatz 2 Buchstabe c eine objektive und zukunftsgerichtete Bewertung der allgemeinen Kriterien für die Verlängerung der Geltungsdauer dieses Nutzungsrechts vor. Sofern die zuständige Behörde keine Durchsetzungsmaßnahmen aufgrund der Nichterfüllung der Bedingungen für die Nutzungsrechte gemäß Artikel 30 eingeleitet hat, gewährt sie die Verlängerung der Geltungsdauer des Nutzungsrechts, es sei denn, sie gelangt zu dem Schluss, dass eine solche Verlängerung den in Unterabsatz 3 Buchstaben a oder b genannten allgemeinen Kriterien in Bezug auf Folgendes nicht entsprechen würde.

Auf der Grundlage dieser Bewertung teilt die zuständige Behörde dem Rechteinhaber mit, ob die Verlängerung der Geltungsdauer des Nutzungsrechts gewährt wird.

Kann eine solche Verlängerung nicht gewährt werden, wendet die zuständige Behörde Artikel 48 für die Erteilung der Nutzungsrechte für das entsprechende spezifische Funkfrequenzband an.

Jede Maßnahme gemäß diesem Absatz ist verhältnismäßig, nichtdiskriminierend und transparent und wird begründet.

Abweichend von Artikel 23 haben die Beteiligten die Möglichkeit, innerhalb eines Zeitraums von mindestens drei Monaten zu jedem Maßnahmenentwurf gemäß den Unterabsätzen 3 und 4 Stellung zu nehmen.

Dieser Absatz lässt die Artikel 19 [betreffend die Beschränkung oder den Entzug von Rechten] und 30 [betreffend die Erfüllung der Bedingungen von Allgemeingenehmigungen oder Nutzungsrechten für Funkfrequenzen und Nummerierungsressourcen sowie der besonderen Verpflichtungen] unberührt.

Bei der Festlegung der Entgelte für Nutzungsrechte berücksichtigen die Mitgliedstaaten die in diesem Absatz vorgesehenen Mechanismen.“

11      Art. 124 („Umsetzung“) Abs. 1 der Richtlinie 2018/1972 bestimmt:

„Die Mitgliedstaaten erlassen und veröffentlichen bis zum 21. Dezember 2020 die Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie nachzukommen. …

Die Mitgliedstaaten wenden diese Vorschriften ab dem 21. Dezember 2020 an.

Bei Erlass dieser Vorschriften nehmen die Mitgliedstaaten in den Vorschriften selbst … auf diese Richtlinie Bezug.“

12      Art. 125 („Aufhebung“) dieser Richtlinie sieht vor:

„Die in Anhang XII Teil A aufgeführten Richtlinien … [2002/20] … werden … mit Wirkung vom 21. Dezember 2020 aufgehoben.

…“

13      Art. 126 („Inkrafttreten“) der Richtlinie 2018/1972 lautet:

„Diese Richtlinie tritt am dritten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.“

 Entscheidung Nr. 676/2002

14      Art. 1 („Zweck und Geltungsbereich“) Abs. 1 der Entscheidung Nr. 676/2002 bestimmt:

„Diese Entscheidung zielt darauf ab, in der Gemeinschaft einen politischen und rechtlichen Rahmen zu schaffen, um die Koordinierung der politischen Ansätze und gegebenenfalls harmonisierte Bedingungen im Hinblick auf die Verfügbarkeit und die effiziente Nutzung des Funkfrequenzspektrums zu gewährleisten, die für die Verwirklichung und das Funktionieren des Binnenmarktes in Bereichen der Gemeinschaftspolitik wie elektronischer Kommunikation, Verkehr sowie Forschung und Entwicklung (FuE) erforderlich sind.“

15      Art. 2 („Begriffsbestimmung“) der Entscheidung lautet:

„Im Sinne dieser Entscheidung bezeichnet der Ausdruck ‚Frequenzspektrum‘ Funkwellen mit Frequenzen zwischen 9 kHz und 3000 GHz; Funkwellen sind elektromagnetische Wellen, die sich im Raum ohne künstliche Leiter ausbreiten.“

 Slowenisches Recht

16      Art. 155 der Ustava Republike Slovenije (Verfassung der Republik Slowenien) bestimmt:

„Gesetze, andere Vorschriften und Rechtsakte mit allgemeiner Geltung können keine Rückwirkung entfalten. Nur das Gesetz kann vorsehen, dass einzelne Bestimmungen des Gesetzes Rückwirkung entfalten, wenn das öffentliche Interesse dies erfordert und sofern dadurch nicht wohlerworbene Rechte beeinträchtigt werden.“

17      Art. 50 Abs. 1 des Zakon o elektronskih komunikacijah (Gesetz über die elektronische Kommunikation) (Uradni list RS, Nr. 43/04, im Folgenden: Zekom) lautete:

„Die Entscheidung über die Zuteilung von Funkfrequenzen wird von der Agentur für einen bestimmten Zeitraum erlassen, und zwar für höchstens 15 Jahre, mit Ausnahme der Zuteilung von Funkfrequenzen, die für einen Flugfunkdienst oder einen mobilen Seefunkdienst bestimmt sind.“

18      Art. 51 Zekom sah vor:

„Die Gültigkeit der Entscheidung über die Zuteilung von Funkfrequenzen kann auf Antrag ihres Inhabers verlängert werden, wenn bei Ablauf ihrer Gültigkeit alle Bedingungen erfüllt sind, die für die Nutzung dieser Funkfrequenzen vorgeschrieben sind.“

19      In Art. 53 Abs. 1 des Zakon o elektronskih komunikacijah (ZEKom-1) (Gesetz über die elektronische Kommunikation [ZEKom-1], Uradni list RS, Nr. 109/12, im Folgenden: Zekom-1), der an die Stelle des Zekom trat und vom 15. Januar 2013 bis zum 9. November 2022 galt, hieß es:

„Die Entscheidung über die Zuteilung von Funkfrequenzen wird von der Agentur für einen bestimmten Zeitraum erlassen, wobei ein angemessener Zeitraum berücksichtigt wird, der für die Amortisation der Investitionen erforderlich ist, höchstens jedoch für 15 Jahre, mit Ausnahme der Zuteilung von Funkfrequenzen, die für einen Flugfunkdienst oder einen mobilen Seefunkdienst bestimmt sind.“

20      Art. 54 Abs. 1 Zekom-1 bestimmte:

„Die Gültigkeit einer Entscheidung über die Zuteilung von Funkfrequenzen, mit Ausnahme von Entscheidungen über die Zuteilung von Funkfrequenzen für die Erbringung öffentlicher Kommunikationsdienste für Endnutzer, kann auf Vorschlag ihres Inhabers verlängert werden, wenn alle Bedingungen erfüllt sind, die bei Ablauf ihrer Gültigkeit für die Nutzung dieser Funkfrequenzen vorgeschrieben sind, wobei die in den Art. 194, 195, 196 und 197 dieses Gesetzes genannten Ziele zu berücksichtigen sind.“

21      Nach Art. 240 Zekom-1 konnten Entscheidungen, die gemäß dem Zekom erlassen wurden, unter den im Zekom-1 vorgesehenen Bedingungen und Modalitäten geändert werden, aufgehoben werden oder ablaufen.

22      Nach Art. 307 Abs. 1 des Zakon o elektronskih komunikacijah (ZEKom-2) (Gesetz über die elektronische Kommunikation [ZEKom-2], Uradni list RS, Nr. 130/22, im Folgenden: Zekom-2), der an die Stelle des Zekom-1 trat, die Richtlinie 2018/1972 in slowenisches Recht umsetzte und seit dem 10. November 2022 gilt, können die gemäß dem Zekom-1 erlassenen Entscheidungen, die an zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes noch nicht abgelaufene Fristen gebunden sind, unter den im Zekom-2 vorgesehenen Bedingungen und Modalitäten geändert werden, aufgehoben werden oder ablaufen.

 Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

23      Mit Entscheidung vom 21. September 2006 erteilte die Agentur T‑2 für einen Zeitraum von 15 Jahren individuelle Frequenznutzungsrechte zur Erbringung öffentlicher Kommunikationsdienste für Endnutzer. Die Auftragsbekanntmachung, auf deren Grundlage die Entscheidung erlassen wurde, sah keine Möglichkeit einer Verlängerung dieses Zeitraums vor.

24      Am 20. August 2021 beantragte T‑2 unter Berufung u. a. auf Art. 49 der Richtlinie 2018/1972, die Gültigkeit dieser Entscheidung für einen Teil der Funkfrequenzen um fünf Jahre zu verlängern.

25      Am 1. Oktober 2021 lehnte die Agentur diesen Antrag mit der Begründung ab, dass nach dem Zekom-1 die Gültigkeit dieser Entscheidung nicht über 15 Jahre hinaus verlängert werden könne und eine solche Verlängerung auch nicht auf der Grundlage von Art. 49 der Richtlinie 2018/1972 gewährt werden könne.

26      Zu dieser Bestimmung führte die Agentur aus, dass die Verlängerung der Geltungsdauer der individuellen Frequenznutzungsrechte gemäß Art. 49 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2018/1972 zum ersten Mal mit dieser Richtlinie vorgesehen worden sei, um eine 20-jährige Vorhersehbarkeit des Regelungsrahmens zu gewährleisten, und dass diese Zielsetzung daher im Jahr 2006 nicht habe bekannt sein können, als die Agentur T‑2 die Nutzungsrechte erteilt habe.

27      T‑2 erhob gegen die Entscheidung, mit der ihr Antrag abgelehnt wurde, Klage beim Upravno sodišče (Verwaltungsgericht, Slowenien).

28      Vor diesem Gericht machte T‑2 geltend, dass das Zekom-1 gegen die Richtlinie 2018/1972 verstoße und dass deren Art. 49 Abs. 2 unmittelbare Wirkung habe. Diese Bestimmung sei auf individuelle Frequenznutzungsrechte anwendbar, die vor dem Erlass dieser Richtlinie erteilt worden seien und zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens noch nicht abgelaufen seien. Daraus folge, dass die Agentur verpflichtet gewesen sei, ein Verfahren zur Verlängerung der T‑2 im Jahr 2006 erteilten individuellen Nutzungsrechte spätestens zwei Jahre vor ihrem Ablauf durchzuführen, und dass die Agentur es ab dem 21. Dezember 2020, dem Zeitpunkt des Ablaufs der Frist für die Umsetzung dieser Richtlinie, hätte ermöglichen müssen, dass die für einen Zeitraum von weniger als 20 Jahren erteilten individuellen Nutzungsrechte eine Geltungsdauer von 20 Jahren hätten.

29      In ihrer Klageerwiderung hält die Agentur dem entgegen, dass Art. 49 Abs. 2 der Richtlinie 2018/1972 keine automatische Verlängerung der vor dem Erlass dieser Richtlinie erteilten individuellen Nutzungsrechte vorsehe, sondern den Mitgliedstaaten insoweit ein Ermessen belasse. Außerdem hätten die in dieser Bestimmung vorgesehenen Bedingungen für eine Verlängerung der individuellen Nutzungsrechte und insbesondere das Erfordernis, die 20-jährige Vorhersehbarkeit des Regelungsrahmens zu gewährleisten, im Jahr 2006 bei der Erteilung der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Nutzungsrechte nicht bekannt sein können.

30      Das vorlegende Gericht weist darauf hin, dass Art. 124 der Richtlinie 2018/1972 keine Übergangsregelung für solche Rechte vorsehe und dass Art. 49 Abs. 1 und 2 dieser Richtlinie nicht rückwirkend zu gelten scheine, da diese Bestimmung vorsehe, dass die allgemeinen Kriterien für eine Verlängerung der Dauer der individuellen Nutzungsrechte bereits vor der Erteilung dieser Rechte bekannt sein müssten.

31      Zum nationalen Recht führt das vorlegende Gericht aus, dass die für die Umsetzung der Richtlinie 2018/1972 vorgesehene Übergangsregelung, die im am 28. September 2022 erlassenen Zekom-2 enthalten sei, ab dessen Inkrafttreten am 10. November 2022 nur für die zu diesem Zeitpunkt bestehenden Rechte gelte, ohne Möglichkeit einer Rückwirkung.

32      Ferner sei zwar zum Zeitpunkt der Erteilung der Nutzungsrechte an T‑2 eine Verlängerung nach dem Zekom möglich gewesen; bei ihrem Ablauf am 21. September 2021 sei dies jedoch nicht mehr der Fall gewesen, da der Zekom-1 Verlängerungen solcher Rechte über einen Zeitraum von 15 Jahren hinaus ausgeschlossen habe.

33      In diesem Zusammenhang ist das vorlegende Gericht der Ansicht, dass die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits davon abhänge, ob die T‑2 vor Inkrafttreten der Richtlinie 2018/1972 erteilten individuellen Frequenznutzungsrechte gemäß Art. 49 Abs. 1 und 2 dieser Richtlinie um fünf Jahre zu verlängern seien und ob diese Bestimmung im Ausgangsrechtsstreit unmittelbare Wirkung entfalte, da sie nicht innerhalb der in der Richtlinie vorgesehenen Frist in slowenisches Recht umgesetzt worden sei. Für den Fall der Bejahung dieser Frage hält es das vorlegende Gericht für erforderlich, dass der Gerichtshof die in dieser Bestimmung vorgesehenen allgemeinen Kriterien für die Verlängerung der Rechte näher erläutert.

34      Für den Fall, dass der Gerichtshof der Auffassung sein sollte, dass Art. 49 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2018/1972 nicht auf die Verlängerung von vor ihrem Inkrafttreten erteilten individuellen Nutzungsrechten anwendbar sei, fragt sich das vorlegende Gericht außerdem, ob Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 2002/20 bzw. Art. 5 Abs. 2 der geänderten Richtlinie 2002/20 unmittelbar anzuwenden sei und, falls dies bejaht werde, nach welchen Kriterien die Angemessenheit der Geltungsdauer der Erteilung der individuellen Nutzungsrechte und die Verpflichtung zu ihrer Verlängerung nach diesen Bestimmungen zu beurteilen sei.

35      Unter diesen Umständen hat das Upravno sodišče (Verwaltungsgericht) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Ist Art. 49 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2018/1972 klar, unbedingt und hinreichend genau, damit sich Einzelne im Verfahren vor einer nationalen Behörde und einem nationalen Gericht darauf berufen können?

2.      Ist Art. 49 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2018/1972 auch auf die Verlängerung jener individuellen Frequenznutzungsrechte anzuwenden, die vor Inkrafttreten dieser Richtlinie erteilt wurden, und welche allgemeinen Kriterien werden in diesem Fall bei der Beurteilung, ob ein individuelles Recht verlängert werden soll, angewandt?

3.      Falls die zweite Frage verneint wird, stellt sich das Upravno sodišče (Verwaltungsgericht) folgende Frage: Ist für die Beurteilung der angemessenen Geltungsdauer der individuellen Frequenznutzungsrechte, die während des Gültigkeitszeitraums der Richtlinie 2002/20 und daher im Zusammenhang mit der Möglichkeit ihrer Verlängerung erteilt wurden, die Bestimmung von Art. 5 Abs. 2 dieser Richtlinie bzw. von Art. 5 Abs. 2 Unterabs. 4 der geänderten Richtlinie 2002/20 anzuwenden, und ist diese für diesen Zweck hinreichend klar, unbedingt und genau, damit auf deren Grundlage die Angemessenheit der Geltungsdauer des individuellen Frequenznutzungsrechts beurteilt werden kann?

4.      Falls die vorstehende Frage bejaht wird, welche Kriterien sind für die Beurteilung der Angemessenheit der Geltungsdauer des individuellen Frequenznutzungsrechts bzw. der Verpflichtung zu seiner Verlängerung anzuwenden?

5.      Falls die erste, die zweite oder die dritte Frage bejaht wird: Ist für die Entscheidung über die Verlängerung zu berücksichtigen, dass von den zum Zeitpunkt des Ablaufs des Rechts geltenden nationalen Rechtsvorschriften die Möglichkeit einer Verlängerung über die 15 Jahre hinaus ausdrücklich ausgeschlossen wurde?

 Zu den Vorlagefragen

 Zur zweiten Frage

36      Mit seiner zweiten Frage, die zuerst zu prüfen ist, möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 49 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2018/1972 auf die Verlängerung der Geltungsdauer individueller Frequenznutzungsrechte anwendbar ist, die vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Richtlinie erteilt wurden, aber nach diesem Zeitpunkt ablaufen. Für den Fall der Bejahung ersucht das Gericht den Gerichtshof um nähere Angaben zu den Bedingungen, unter denen die Geltungsdauer gemäß dieser Bestimmung verlängert wird.

37      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Richtlinie 2018/1972 den Kodex für die elektronische Kommunikation festlegt. Aus den Erwägungsgründen 1 und 323 sowie aus Art. 1 Abs. 1 dieser Richtlinie geht hervor, dass mit ihr eine Neufassung mehrerer Richtlinien, darunter der Richtlinie 2002/20, vorgenommen und ein harmonisierter und vereinfachter Rahmen für die Regulierung elektronischer Kommunikationsnetze und elektronischer Kommunikationsdienste sowie zugehöriger Einrichtungen und zugehöriger Dienste geschaffen wird. Sie beschränkt sich nicht auf die Kodifizierung der Unionsrechtsakte, die durch sie geändert oder ersetzt werden, sondern mit ihr werden Änderungen an dem vor ihrem Erlass geltenden Rechtsrahmen vorgenommen, um der Technologie- und Marktentwicklung Rechnung zu tragen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 14. März 2024, Kommission/Polen [Europäischer Kodex für die elektronische Kommunikation], C‑452/22, EU:C:2024:232, Rn. 84, und vom 14. März 2024, Kommission/Slowenien [Europäischer Kodex für die Kommunikation], C‑457/22, EU:C:2024:237, Rn. 74).

38      Nach Art. 124 Abs. 1 der Richtlinie 2018/1972 erlassen und veröffentlichen die Mitgliedstaaten bis zum 21. Dezember 2020 die Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie nachzukommen, und wenden diese Vorschriften ab jenem Zeitpunkt an. Die Richtlinie 2018/1972 enthält jedoch keine Übergangsregelung für die zu diesem Zeitpunkt bestehenden individuellen Frequenznutzungsrechte.

39      Unter diesen Umständen ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung eine neue Rechtsnorm ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Rechtsakts anwendbar ist, mit dem sie eingeführt wird. Auch wenn sie nicht auf vor diesem Zeitpunkt entstandene und endgültig erworbene Rechtspositionen anwendbar ist, findet sie unmittelbar auf die künftigen Wirkungen unter dem alten Recht entstandener Rechtspositionen sowie auf neue Rechtspositionen Anwendung. Etwas anderes gilt nur – vorbehaltlich des Verbots der Rückwirkung von Rechtsakten –, wenn zusammen mit der Neuregelung besondere Vorschriften erlassen werden, die speziell die Voraussetzungen für ihre zeitliche Geltung regeln (Urteil vom 15. Mai 2020, Azienda Municipale Ambiente, C‑15/19, EU:C:2020:371, Rn. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung).

40      Außerdem ist bei Verfahrensvorschriften im Allgemeinen davon auszugehen, dass sie ab dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens Anwendung finden, während materiell-rechtliche Vorschriften in der Regel so ausgelegt werden, dass sie für vor ihrem Inkrafttreten entstandene Sachverhalte nur gelten, wenn aus ihrem Wortlaut, ihrer Zielsetzung oder ihrem Aufbau eindeutig hervorgeht, dass ihnen eine solche Wirkung beizumessen ist (Urteil vom 15. Juni 2021, Facebook Ireland u. a., C‑645/19, EU:C:2021:4837, Rn. 100 und die dort angeführte Rechtsprechung).

41      Um festzustellen, ob Art. 49 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2018/1972 auf die Verlängerung individueller Nutzungsrechte, wie sie T‑2 erteilt wurden, anwendbar ist, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass zum Zeitpunkt der Erteilung dieser Rechte, d. h. am 21. September 2006, Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 2002/20 vorsah, dass, „[wenn] die Mitgliedstaaten die Nutzungsrechte für eine begrenzte Zeit [erteilen], … die Dauer für den betreffenden Dienst angemessen sein [muss]“. In der durch die Richtlinie 2009/140 geänderten Fassung wurde in Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 2002/20 diese Formulierung übernommen und hinzugefügt, dass die Angemessenheit des Zeitraums für den jeweiligen Dienst „im Hinblick auf das angestrebte Ziel unter gebührender Berücksichtigung eines angemessenen Zeitraums für die Amortisation der Investition“ vorliegen muss. Diese Vorschriften legten somit weder eine genaue Geltungsdauer der individuellen Nutzungsrechte noch Bedingungen für ihre Verlängerung fest.

42      Art. 49 Abs. 1 der Richtlinie 2018/1972 betrifft individuelle Frequenznutzungsrechte, und Art. 49 Abs. 2 bezieht sich auf Nutzungsrechte, für die harmonisierte Bedingungen durch technische Umsetzungsmaßnahmen gemäß der Entscheidung Nr. 676/2002 festgelegt wurden, um die Nutzung für drahtlose breitbandige elektronische Kommunikationsdienste zu ermöglichen. Im vorliegenden Fall geht aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten hervor, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Rechte – vorbehaltlich einer Überprüfung durch das vorlegende Gericht – allein unter Art. 49 Abs. 2 fallen.

43      Nach Art. 49 Abs. 2 Unterabs. 1 der Richtlinie 2018/1972 müssen die Mitgliedstaaten unter Berücksichtigung der Anforderungen von Art. 49 Abs. 1 sicherstellen, „dass der Regelungsrahmen hinsichtlich der Bedingungen für Investitionen in [die] Infrastrukturen … während eines Zeitraums von mindestens 20 Jahren für die Rechteinhaber vorhersehbar ist“. Nach Art. 49 Abs. 2 Unterabs. 2 „… stellen die Mitgliedstaaten [zu diesem Zweck] sicher, dass diese Rechte für einen Zeitraum von mindestens 15 Jahren gelten, und sehen unter den in diesem Absatz festgelegten Bedingungen eine angemessene Verlängerung vor, damit erforderlichenfalls Unterabsatz 1 eingehalten werden kann“.

44      Diese Bestimmung ist somit eine materiell-rechtliche Vorschrift, die entsprechend der in Rn. 39 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung auf vor ihrem Inkrafttreten entstandene und endgültig erworbene Rechtspositionen nur anwendbar ist, wenn aus ihrem Wortlaut, ihrer Zielsetzung oder ihrem Aufbau eindeutig hervorgeht, dass ihr eine solche Wirkung beizumessen ist.

45      Erstens stellt die Erteilung von Nutzungsrechten an T‑2 für einen Zeitraum von 15 Jahren eine entstandene und endgültig erworbene Rechtsposition dar, wobei eine Verlängerung über diesen Zeitraum hinaus weder in der Entscheidung über die Erteilung noch in der Richtlinie 2002/20 oder der geänderten Richtlinie 2002/20, die vor dem Inkrafttreten der Richtlinie 2018/1972 galten, vorgesehen war. Außerdem geht aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten hervor, dass die Agentur am 17. Dezember 2020, vor Ablauf der Frist für die Umsetzung der Richtlinie 2018/1972, eine Ausschreibung für die Erteilung der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Rechte einleitete, die zu deren Erteilung an ein anderes Unternehmen als T‑2 führte. Im Übrigen geht aus den Akten nicht hervor, dass T‑2 Rechte auf Verlängerung erworben oder Zusicherungen erhalten hätte, die bei ihr ein dahin gehendes berechtigtes Vertrauen begründet hätten. Dies zu prüfen ist Sache des vorlegenden Gerichts.

46      Zweitens ergibt sich aus dem Wortlaut von Art. 49 Abs. 2 der Richtlinie 2018/1972, dass diese Bestimmung nicht rückwirkend gelten soll. Art. 49 Abs. 2 Unterabs. 3 der Richtlinie sieht nämlich vor, dass die allgemeinen Kriterien für eine Verlängerung der Dauer der individuellen Nutzungsrechte den Beteiligten bekannt gegeben werden müssen, „[b]evor … Nutzung[s]rechte [erteilt]“ werden. Außerdem bestimmt Art. 49 Abs. 2 Unterabs. 4 der Richtlinie, dass „[s]pätestens zwei Jahre vor Ablauf der ursprünglichen Geltungsdauer eines [solchen Rechts] … die zuständige Behörde … eine objektive und zukunftsgerichtete Bewertung [dieser Kriterien vornimmt]“ und dass die Verlängerung der Geltungsdauer eines individuellen Nutzungsrechts von der Erfüllung dieser Kriterien abhängt.

47      Der Wortlaut von Art. 47 Abs. 1 der Richtlinie, der an individuelle Funkfrequenznutzungsrechte geknüpfte Bedingungen betrifft, untermauert die vorstehende Feststellung. Diese Bestimmung sieht nämlich in ihrem Unterabs. 1 vor, dass die zuständigen Behörden „vor“ der Zuteilung oder Verlängerung solcher Rechte alle diese Bedingungen eindeutig festlegen, und in ihrem Unterabs. 3, dass die zuständigen Behörden die Beteiligten „rechtzeitig und in transparenter Form“ zu den bzw. über die an diese Rechte geknüpften Bedingungen konsultieren und informieren, „bevor diese auferlegt werden“.

48      Mangels expliziter Angaben ist auch der Zweck der in Art. 49 Abs. 2 Unterabs. 1 der Richtlinie 2018/1972 vorgesehenen Geltungsdauer der Nutzungsrechte – der darin besteht, sicherzustellen, dass der Regelungsrahmen hinsichtlich der zu tätigenden Investitionen in Infrastrukturen während eines Zeitraums von mindestens 20 Jahren vorhersehbar ist – nicht geeignet, eine rückwirkende Auslegung zu stützen, zumal in Art. 5 Abs. 2 der geänderten Richtlinie 2002/20, der beim Inkrafttreten der ersteren Richtlinie galt, nur von „eine[m] angemessenen [Zeitraum] für die Amortisation der Investition“ die Rede war.

49      Schließlich ist zu ergänzen, dass sich die Richtlinie 2018/1972 auf Fristen bezieht, die bei einem Verlängerungsverfahren, das wie im Ausgangsverfahren für bereits vor dem Inkrafttreten dieser Richtlinie erteilte Rechte gilt, schwer eingehalten werden können. Im 131. Erwägungsgrund dieser Richtlinie heißt es nämlich, dass die Möglichkeit der Verlängerung von Nutzungsrechten innerhalb eines angemessenen Zeitraums vor Ablauf der betreffenden Rechte geprüft werden sollte, beispielsweise – wenn diese für mindestens 15 Jahre erteilt wurden – mindestens zwei Jahre vor Ablauf dieser Rechte, es sei denn, dass zum Zeitpunkt der Erteilung der Rechte die Möglichkeit einer Verlängerung ausdrücklich ausgeschlossen wurde.

50      Da Art. 49 Abs. 2 der Richtlinie 2018/1972 in zeitlicher Hinsicht nicht auf eine vor dem Inkrafttreten dieser Richtlinie entstandene und endgültig erworbene Rechtsposition wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende anwendbar ist, findet folglich auch Abs. 1 dieses Artikels, auf den Abs. 2 verweist, auf diese Rechtsposition keine Anwendung.

51      Daher sind die Bedingungen, unter denen die Geltungsdauer individueller Nutzungsrechte, wie sie T‑2 vor dem Inkrafttreten dieser Richtlinie erteilt wurden, nach diesen Bestimmungen verlängert werden kann, nicht zu prüfen.

52      Nach alledem ist auf die zweite Frage zu antworten, dass Art. 49 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2018/1972 nicht auf die Verlängerung der Geltungsdauer individueller Frequenznutzungsrechte anwendbar ist, die unter Art. 49 Abs. 2 fallen und vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Richtlinie erteilt wurden, aber nach diesem Zeitpunkt ablaufen.

 Zu den Fragen 1 und 3 bis 5

53      Mit seinen Fragen 1 und 3 bis 5 möchte das vorlegende Gericht für den Fall der Bejahung der zweiten Frage im Wesentlichen wissen, ob Art. 49 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2018/1972 unmittelbare Wirkung entfaltet. Für den Fall der Verneinung der zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht vom Gerichtshof wissen, ob Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 2002/20 bzw. Art. 5 Abs. 2 der geänderten Richtlinie 2002/20 unmittelbar anzuwenden ist, um die Angemessenheit der Geltungsdauer der individuellen Frequenznutzungsrechte zu beurteilen und gegebenenfalls die Kriterien für eine solche Prüfung zu beurteilen. Das vorlegende Gericht ersucht den Gerichtshof ferner, in beiden Fällen zu klären, ob der Umstand zu berücksichtigen ist, dass die beim Ablauf der Rechte geltenden nationalen Rechtsvorschriften eine Verlängerung über 15 Jahre hinaus ausschlossen.

54      In Anbetracht der Antwort auf die zweite Frage braucht nicht entschieden zu werden, ob Art. 49 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2018/1972 unmittelbare Wirkung entfaltet.

55      Die Frage, ob Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 2002/20 bzw. Art. 5 Abs. 2 der geänderten Richtlinie 2002/20 im Ausgangsrechtsstreit unmittelbar angewandt werden kann, erscheint unerheblich, da offenbar feststeht, dass diese Bestimmungen ordnungsgemäß in slowenisches Recht umgesetzt wurden.

56      Folglich braucht auch nicht geklärt zu werden, ob der Umstand, dass die beim Ablauf der Rechte geltenden nationalen Rechtsvorschriften eine Verlängerung über 15 Jahre hinaus ausschlossen, für die Prüfung dieser Frage relevant ist.

 Kosten

57      Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des beim vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Sechste Kammer) für Recht erkannt:

Art. 49 Abs. 1 und 2 der Richtlinie (EU) 2018/1972 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über den europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation ist nicht auf die Verlängerung der Geltungsdauer individueller Frequenznutzungsrechte anwendbar, die unter Art. 49 Abs. 2 fallen und vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Richtlinie erteilt wurden, aber nach diesem Zeitpunkt ablaufen.

Unterschriften



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