Vorläufige Fassung
SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS
JEAN RICHARD DE LA TOUR
vom 6. März 2025(1 )
Rechtssache C ‑549/23
American Express Europe SA,
American Express Carte France SA,
Visa Europe Ltd,
MasterCard Europe SA,
Autoriteit Consument en Markt,
Koninklijke Luchtvaart Maatschappij NV
Beteiligte:
International Card Services BV
(Vorabentscheidungsersuchen des College van Beroep voor het bedrijfsleven [Oberster Verwaltungsgerichtshof für Handel und Industrie, Niederlande])
„ Vorlage zur Vorabentscheidung – Zahlungsdienste im Binnenmarkt – Verordnung (EU) 2015/751 – Interbankenentgelte für kartengebundene Zahlungsvorgänge – Obergrenze dieser Entgelte – Vergütungen, die ein Co-Branding-Partner von einem Kartenzahlverfahren erhält – Anwendung der Obergrenze auf diese Vergütungen – Abzug des Händlerentgelts – Abzug des Werts der vom Co-Branding-Partner erbrachten Leistungen “
I. Einleitung
1. Im Euroraum wurden im zweiten Halbjahr 2023 56 % der bargeldlosen Zahlungen mit einer Bankkarte getätigt, bei einem durchschnittlichen Betrag von rund 40 Euro pro Transaktion(2 ).
2. Der Wettbewerb bei Bankkarten wird durch zwei Geschäftsmodelle bestimmt. Zum einen sind Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren auf dem Markt vorherrschend(3 ). Bei diesem Modell sind beteiligt: der Inhaber der Bankkarte (1), der eine Gebühr an das Finanzinstitut (2) zahlt, das die Karte ausgibt (im Folgenden: Emittent), sowie der Händler (3), der mit der Karte bezahlt wird und ein Leistungsentgelt an das Finanzinstitut (4) zahlt, das dem Händler die Mittel(4 ) zur Annahme der Kartenzahlung bereitstellt (im Folgenden: Acquirer). Dieses Modell umfasst ein Kartenzahlverfahren wie MasterCard oder Visa, das die Vergütung und die Abwicklung der Zahlungsvorgänge zwischen den jeweiligen Emittenten und Acquirern gegen Zahlung von Entgelten durch diese vornimmt. Als Ausgleich dafür, dass der Emittent mehr Kosten und Risiken trägt (u. a. Versicherungen und Erstattungen bei Betrug oder Zahlungsausfällen, sofortige Zahlung, auch wenn die Zahlung für den Karteninhaber verzögert erfolgt) als der Acquirer (Bereitstellung von Zahlungslösungen), zahlt der Acquirer dem Emittenten ein Interbankenentgelt, das Gegenstand der Verordnung (EU) 2015/751 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2015 über Interbankenentgelte für kartengebundene Zahlungsvorgänge(5 ) ist.
3. Zum anderen gibt es Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren mit einem Karteninhaber, einem Händler und einem Kartenzahlverfahren, das die Funktionen des Acquirers und des Emittenten in sich vereint. Folglich unterliegen diese nicht den Vorschriften über Interbankenentgelte. American Express ist ein solches Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren.
4. Auf der Grundlage dieser Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren haben sich Geschäftsmodelle entwickelt, bei denen neben den drei soeben genannten Hauptbeteiligten auch Dritte wie ein lizenzierter Zahlungsdienstleister, ein Co-Branding-Partner oder ein Vertreter beteiligt sind. Für diese Arten von Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren, zu denen auch die dem Gerichtshof vorliegende Vertragsgestaltung gehört, sieht die Verordnung 2015/751 vor, dass sie als Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren zu betrachten sind.
5. Die vorliegende Vorlage zur Vorabentscheidung gibt dem Gerichtshof die Möglichkeit zu klären, wie diese in der Verordnung 2015/751 vorgesehene Gleichstellung von Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren einerseits und Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren mit Ausdehnung auf Co-Branding andererseits konkret umzusetzen ist, insbesondere in Bezug auf die Begrenzung der Höhe des Interbankenentgelts.
6. Der Gerichtshof hatte bereits Gelegenheit zu entscheiden, dass ein Co-Branding-Partner nicht als Emittent im Sinne von Art. 2 Nr. 2 der Verordnung 2015/751 handeln muss, damit das Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren, mit dem er eine Vereinbarung geschlossen hat, als Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren zu betrachten ist(6 ). Im Rahmen des vorliegenden Falls kann geklärt werden, wie die Regeln für die Obergrenze des Interbankenentgelts in einem Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren auf ein Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren mit Ausdehnung auf Co-Branding anzuwenden sind.
7. Ich werde dem Gerichtshof vorschlagen, die Fragen des College van Beroep voor het bedrijfsleven (Oberster Verwaltungsgerichtshof für Handel und Industrie, Niederlande) unter Berücksichtigung der Ziele der Verordnung 2015/751 zu beantworten, die darin bestehen, eine kohärente Anwendung der Wettbewerbsregeln auf die Interbankenentgelte zu erreichen, das Funktionieren des Binnenmarkts zu verbessern und die Kosten von Kartenzahlungsvorgängen für Verbraucher zu verringern.
II. Unionsrecht
8. In den Erwägungsgründen 10, 28, 29, 31 und 32 der Verordnung 2015/751 heißt es:
„(10) Interbankenentgelte werden gewöhnlich zwischen Acquirern und Kartenemittenten im Rahmen desselben Kartenzahlverfahrens angewandt. Auf Interbankenentgelte entfällt ein erheblicher Teil der Entgelte, die die Acquirer den Händlern für jeden kartengebundenen Zahlungsvorgang berechnen. Die Händler wiederum preisen diese Kosten für Kartenzahlungen – wie auch ihre übrigen Kosten – in ihre Waren und Dienstleistungen ein. Der Wettbewerb zwischen Kartenzahlverfahren, um Zahlungsdienstleister dazu zu bewegen, die jeweils eigenen Karten auszugeben, zieht – im Gegensatz zur normalen preissenkenden Wirkung des Wettbewerbs in einer Marktwirtschaft – in der Regel nicht niedrigere, sondern höhere Interbankenentgelte am Markt nach sich. Zusätzlich zur kohärenten Anwendung der Wettbewerbsregeln auf die Interbankenentgelte würde eine Regulierung dieser Entgelte das Funktionieren des Binnenmarkts verbessern und zu einer Verringerung der Transaktionskosten für die Verbraucher beitragen.
…
(28) … Viele Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren umfassen ein explizit festgelegtes – meist multilateral vereinbartes – Interbankenentgelt. Angesichts der Existenz impliziter Interbankenentgelte und im Interesse gleicher Wettbewerbsbedingungen sollten Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren, bei denen Zahlungsdienstleister als Acquirer oder Emittenten auftreten, als Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren gelten und denselben Vorschriften unterliegen, während Transparenzmaßnahmen und sonstige Maßnahmen in Bezug auf Geschäftsregeln für alle Anbieter gelten sollten. …
(29) Die Kartenausgabe erfolgt auf der Grundlage einer Vertragsbeziehung zwischen dem Emittenten des Zahlungsinstruments und dem Zahler, unabhängig davon, ob der Emittent Gelder im Namen des Zahlers hält. Der Emittent stellt dem Zahler Zahlungskarten zur Verfügung, autorisiert Zahlungsvorgänge an Terminals oder entsprechenden Stellen und kann dem Acquirer die Zahlung für regelkonforme Zahlungsvorgänge im Rahmen des betreffenden Kartenzahlverfahrens garantieren. Deshalb handelt es sich bei dem reinen Vertrieb von Zahlungskarten oder der reinen Erbringung technischer Dienste (wie der Verarbeitung und Speicherung von Daten) nicht um eine Kartenausgabe.
…
(31) Es ist wichtig sicherzustellen, dass die Bestimmungen über die von Zahlungsdienstleistern zu zahlenden bzw. erhaltenen Interbankenentgelte nicht durch alternative Entgeltzahlungen an Emittenten umgangen werden. Um dies zu vermeiden, sollte die aus gezahlten oder erhaltenen Entgelten bestehende „Nettovergütung“ einschließlich möglicher Zulassungsentgelte, die der Emittent von einem Kartenzahlverfahren, Acquirer oder einer anderen zwischengeschalteten Stelle erhält oder an diese zahlt, als Interbankenentgelt betrachtet werden. Um zu überprüfen, ob Vorschriften umgangen werden, sollte bei der Berechnung des Interbankenentgelts der Gesamtbetrag der Zahlungen oder Anreize, die der Emittent im Zusammenhang mit den reglementierten Zahlungsvorgängen von dem Kartenzahlverfahren erhält, abzüglich der von dem Emittenten an das Kartenzahlverfahren entrichteten Entgelte berücksichtigt werden. Dabei können sowohl direkte (d. h. volumenbasierte oder transaktionsspezifische) als auch indirekte Zahlungen, Anreize und Entgelte (einschließlich Marketing-Anreizen, Prämien, Rabatten für die Erreichung bestimmter Transaktionsvolumina) einfließen. Bei der Bewertung, ob eine Umgehung der Bestimmungen dieser Verordnung vorliegt, sollten insbesondere die Gewinne der Emittent[en] aus Sonderprogrammen, die gemeinsam von den Emittenten und Kartenzahlverfahren durchgeführt werden, sowie die Einnahmen aus Verarbeitung, Lizenzierung und sonstige Einkünfte der Kartenzahlverfahren berücksichtigt werden. …
(32) Die Verbraucher sind sich der Entgelte, die Händler für das von ihnen verwendete Zahlungsinstrument zahlen, gewöhnlich nicht bewusst. Gleichzeitig bieten die Emittenten eine Reihe von Anreizen (wie z. B. Reisegutscheine, Prämien, Rabatte, Rückzahlungen, kostenlose Versicherungen usw.), um Verbraucher zur Verwendung von Zahlungsinstrumenten hinzulenken, womit sie hohe Entgelteinnahmen erzielen. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, sollten Maßnahmen zur Begrenzung von Interbankenentgelten nur für Zahlungskarten gelten, die sich zu Produkten für den Massenmarkt entwickelt haben und von Händlern aufgrund ihrer weiten Verbreitung und Nutzung meist nur schwer abgelehnt werden können (d. h. Verbraucher-Debit- und -Kreditkarten). Im Interesse eines funktionierenden Marktes in den nicht reglementierten Teilen der Branche und zur Begrenzung der Verlagerung von Geschäften vom reglementierten zum nicht reglementierten Teil der Branche sind mehrere Maßnahmen erforderlich, darunter die Trennung von Kartenzahlverfahren und Infrastruktur, die Lenkung des Zahlers durch den Zahlungsempfänger und die Wahlmöglichkeit des Zahlungsempfängers, bestimmte Zahlungsinstrumente zu akzeptieren oder nicht.“
9. Art. 1 („Anwendungsbereich“) Abs. 3 und 5 in Kapitel I („Allgemeine Bestimmungen“) der Verordnung 2015/751 sieht vor:
„(3) Kapitel II gilt nicht für
…
c) Transaktionen mit Zahlungskarten, die von Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren ausgegeben werden.
…
(5) Vergibt ein Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren Lizenzen zur Ausgabe von kartengebundenen Zahlungsinstrumenten oder zur Annahme und Abrechnung von kartengebundenen Zahlungsvorgängen an andere Zahlungsdienstleister oder gibt es gemeinsam mit einem Co-Branding-Partner oder mittels eines Vertreters kartengebundene Zahlungsinstrumente heraus, so wird es als Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren betrachtet. …“
10. Art. 2 der Verordnung bestimmt:
„Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck
…
2. ‚Emittent‘ einen Zahlungsdienstleister, der eine vertragliche Vereinbarung schließt, um einem Zahler ein Zahlungsinstrument zur Veranlassung und Verarbeitung der kartengebundenen Zahlungsvorgänge des Zahlers zur Verfügung zu stellen;
…
10. ‚Interbankenentgelt‘ das Entgelt, das bei einem kartengebundenen Zahlungsvorgang für jede direkte oder indirekte (d. h. über einen Dritten vorgenommene) Transaktion zwischen dem Emittenten und dem Acquirer gezahlt wird. Die Nettovergütung oder andere vereinbarte Vergütungen sind Bestandteil des Interbankenentgelts;
11. ‚Nettovergütung‘ die Gesamtnettosumme der Zahlungen, Rabatte und Anreize, die ein Emittent vom Kartenzahlverfahren, dem Acquirer oder einer zwischengeschalteten Stelle in Bezug auf einen kartengebundenen Zahlungsvorgang oder damit verbundene Tätigkeiten erhält;
12. ‚Händlerentgelt‘ das Entgelt, das der Zahlungsempfänger dem Acquirer in Bezug auf kartengebundene Zahlungsvorgänge zahlt;
…
17. ‚Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren‘ ein Kartenzahlverfahren, bei dem vom Zahlungskonto eines Zahlers kartengebundene Zahlungsvorgänge auf das Zahlungskonto eines Zahlungsempfängers geleistet werden, unter Zwischenschaltung des Kartenzahlverfahrens, eines Emittenten (auf der Seite des Zahlers) und eines Acquirers (auf der Seite des Zahlungsempfängers);
18. ‚Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren‘ ein Kartenzahlverfahren, bei dem das Kartenzahlverfahren selbst Annahme- und Abrechnungs- sowie Kartenausgabedienste erbringt und kartengebundene Zahlungsvorgänge von dem Zahlungskonto eines Zahlers auf das Zahlungskonto eines Zahlungsempfängers vornimmt. Vergibt ein Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren Lizenzen zur Ausgabe von kartengebundenen Zahlungsinstrumenten oder zur Annahme und Abrechnung von kartengebundenen Zahlungsvorgängen an andere Zahlungsdienstleister oder gibt es gemeinsam mit einem Co-Branding-Partner oder mittels eines Vertreters kartengebundene Zahlungsinstrumente heraus, so wird es als Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren betrachtet;
…
24. ‚Zahlungsdienstleister‘ natürliche oder juristische Personen, die befugt sind, die im Anhang zur Richtlinie 2007/64/EG[(7 )] aufgeführten Zahlungsdienste zu erbringen oder als E‑Geld-Emittenten gemäß Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2009/110/EG[(8 )] anerkannt sind. Ein Zahlungsdienstleister kann ein Emittent, ein Acquirer oder beides sein;
…
30. ‚Zahlungsmarke‘ jeder reale oder digitale Name, jeder materielle oder digitale Begriff, jedes materielle oder digitale Zeichen, jedes materielle oder digitale Symbol oder jede Kombination davon, unter dem bzw. der die kartengebundenen Zahlungsvorgänge abgewickelt werden;
…
32. ‚Co-branding‘ das Aufnehmen von mindestens einer Zahlungsmarke und mindestens einer Nicht-Zahlungsmarke auf dasselbe kartengebundene Zahlungsinstrument;
…“
11. Art. 4 („Interbankenentgelte für Transaktionen mit Verbraucher-Kreditkarten“) in Kapitel II („Interbankenentgelte“) der Verordnung 2015/751 bestimmt:
„Das Interbankenentgelt, das Zahlungsdienstleister bei Kreditkartentransaktionen pro Zahlungsvorgang bieten oder verlangen dürfen, beträgt höchstens 0,3 % des Transaktionswerts. …“
12. Art. 5 („Umgehungsverbot“) in Kapitel II dieser Verordnung sieht vor:
„Für die Zwecke der Anwendung der Obergrenzen nach den Artikeln 3 und 4 wird jede vereinbarte Vergütung, einschließlich Nettovergütungen, mit gleichem Zweck oder gleicher Wirkung wie ein Interbankenentgelt, die ein Emittent von dem Kartenzahlverfahren, dem Acquirer oder einer zwischengeschalteten Stelle in Bezug auf Zahlungsvorgänge oder damit verbundene Tätigkeiten erhält, als Teil des Interbankenentgelts behandelt. “
III. Sachverhalt des Ausgangsrechtsstreits und Vorlagefragen
13. American Express Europe SA und American Express Carte France SA (im Folgenden gemeinsam oder einzeln: Amex) betreiben ein Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren, während MasterCard Europe SA (im Folgenden: MasterCard) und Visa Europe Ltd (im Folgenden: Visa) ein Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren betreiben.
14. Im Laufe des Jahres 2010 schlossen Amex und Koninklijke Luchtvaart Maatschappij NV (im Folgenden: KLM) eine Co-Branding-Partnerschaft für den Zeitraum vom 1. Juni 2011 bis zum 1. Juni 2019. Im Rahmen dieser Partnerschaft gibt Amex Co-Branding-Kreditkarten für Verbraucher und Unternehmen aus, und die mit diesen Karten getätigten Einkäufe werden im Vielfliegerprogramm von KLM mit Flugmeilen belohnt, die Amex gekauft hat. Dieses Vielfliegerprogramm von KLM, in das auch Flugmeilen einfließen, die beim Kauf von KLM-Flügen oder bei Einkäufen bei Partnern von KLM erworben werden, ermöglicht den Kauf von Flügen oder Dienstleistungen bei KLM. Amex zahlte KLM nicht nur eine Unterschriftsprämie, sondern auch: a) jährliche Beträge für die Nutzung von Handelsmarken und den Zugang zum Vielfliegerprogramm; b) einen Prozentsatz der vom Karteninhaber für die Karte und ihr Zubehör gezahlten Gebühren; c) einen Prozentsatz der mit der Karte getätigten Ausgaben; sowie d) Entgelte für den Erwerb von Flugmeilen.
15. Im Laufe des Jahres 2018 entschied sich KLM nach einer Ausschreibung erneut für Amex als Partner für das Co-Branding-Programm. Die neuen Vereinbarungen begrenzten die von Amex gezahlten Vergütungen neben der Unterschriftsprämie auf die unter a) und d) in Nr. 14 dieser Schlussanträge genannten Beträge.
16. Im Mai 2017 leitete die Autoriteit Consument en Markt (Verbraucher- und Marktaufsichtsbehörde, Niederlande, im Folgenden: ACM) eine Ermittlung zu dieser Partnerschaft ein und gab Amex mit Beschluss vom 6. März 2019 unter Verhängung eines Zwangsgelds auf, die in der Verordnung 2015/751 für das Interbankenentgelt vorgesehene Obergrenze von 0,3 % des Transaktionswerts auf Jahresbasis und pro Transaktion einzuhalten. Zur Berechnung der Höhe der von Amex an KLM gezahlten Interbankenentgelte, die die Obergrenze von 0,3 % deutlich überschritten, addierte die ACM über vier Programmjahre hinweg für jedes Jahr sämtliche von Amex gezahlten Vergütungen und teilte diesen Betrag durch die Anzahl an Zahlungen, die mit Co-Branding-Karten getätigt wurden. Amex und KLM fochten diesen Beschluss vom 6. März 2019 an und beantragten im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes einstweilige Anordnungen.
17. Mit Beschluss vom 24. Juli 2019 setzte der für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zuständige Richter die zwangsgeldbewehrte Anordnung gegen Amex mit der Begründung aus, dass die von der ACM verwendete Methode es nicht ermögliche, den Wert der von Amex gekauften Flugmeilen von der Summe der von Amex an KLM gezahlten Vergütungen abzuziehen.
18. Mit Beschluss vom 22. Januar 2020 erklärte die ACM die Beschwerden von Amex und KLM gegen die zwangsgeldbewehrte Anordnung für unbegründet, da zum einen sämtliche von KLM erhaltenen Vergütungen als „Nettovergütung“ zu betrachten seien, ohne dass nachgewiesen werden müsse, dass es sich um Vergütungen mit gleichem Zweck oder gleicher Wirkung wie Interbankenentgelte handele, und zum anderen der Gegenwert der von Amex erworbenen Flugmeilen nicht von der Summe der an KLM gezahlten Vergütungen abgezogen werden dürfe.
19. Mit Beschluss vom 21. Dezember 2020 forderte die ACM von Amex bis zu zehn Millionen Euro Zwangsgeld ein. Die ACM erkannte zwar die von Amex verwendete Methode an, bestritt indessen den von Amex angenommenen Wert der Flugmeilen mit der Begründung, dass nicht alle Flugmeilen von den Karteninhabern genutzt würden.
20. Die Rechtbank Rotterdam (Bezirksgericht Rotterdam, Niederlande) erklärte die Klagen von Amex und KLM für begründet und hob die Beschlüsse vom 22. Januar 2020 und vom 21. Dezember 2020 mit der Begründung auf, dass das Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren mit einem Co-Branding-Partner den Bestimmungen von Art. 4 in Verbindung mit Art. 5 der Verordnung 2015/751 unterliege und folglich nachgewiesen werden müsse, dass die an einen Co-Branding-Partner gezahlten Entgelte gleicher Wirkung oder gleichen Zwecks wie Interbankenentgelte seien, um als Interbankenentgelt betrachtet werden zu können. Ferner dürfe diese Wirkung nicht, wie die ACM angenommen habe, anhand des Anreizes zur Ausgabe und Nutzung von Co-Branding-Kreditkarten im Verhältnis Amex-KLM beurteilt werden, sondern sie müsse anhand des Binnenmarkts und der Transaktionskosten für die Verbraucher bemessen werden.
21. Amex, Visa, MasterCard, KLM und die ACM legten gegen diese Entscheidung Berufung ein. Die Gesellschaft International Card Services BV (im Folgenden: ICS), die als Emittent für Visa und MasterCard tätig ist, wurde als Streithelferin im Berufungsverfahren zugelassen.
22. Das vorlegende Gericht hat Zweifel hinsichtlich der grundsätzlichen Anwendbarkeit und der Modalitäten der Anwendung der Art. 4 und 5 der Verordnung 2015/751 auf Zahlungen, die von einem Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren an einen Co-Branding-Partner geleistet werden, der kein Emittent im Sinne dieser Regelung ist. Für den Fall, dass diese Artikel anwendbar sind, stellt es sich zudem die Frage, ob der Wert der von Amex erworbenen Flugmeilen und die von KLM gezahlten Leistungsentgelte vom Gesamtbetrag, den KLM erhalten hat, abgezogen werden können oder nicht.
23. Vor diesem Hintergrund hat das College van Beroep voor het bedrijfsleven (Oberster Verwaltungsgerichtshof für Handel und Industrie) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
1. Ist Art. 2 Nr. 11 der Verordnung 2015/751 für die Anwendung der materiellen Bestimmungen dieser Verordnung dahin auszulegen, dass die Gesamtnettosumme der Zahlungen, Rabatte und Anreize, die ein Co-Branding-Partner von einem Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren in Bezug auf einen kartengebundenen Zahlungsvorgang oder damit verbundene Tätigkeiten erhält, als Nettovergütung einzustufen ist, auch wenn dieser Co-Branding-Partner selbst kein Emittent ist?
2. Ist Art. 4 in Verbindung mit Art. 2 Nr. 10 Satz 2 der Verordnung 2015/751 dahin auszulegen, dass die Nettovergütung unmittelbar in den Anwendungsbereich dieses Art. 4 fällt?
3. Ist Art. 5 der Verordnung 2015/751 dahin auszulegen, dass er sich auch auf Vergütungen, einschließlich Nettovergütungen, bezieht, die ein Co-Branding-Partner vom Kartenzahlverfahren erhält, wenn dieser Co-Branding-Partner kein Emittent ist?
4a. Ist Art. 5 der Verordnung 2015/751 dahin auszulegen, dass eine Vergütung, einschließlich Nettovergütungen, die ein Co-Branding-Partner in Bezug auf Zahlungsvorgänge oder damit verbundene Tätigkeiten erhält, den gleichen Zweck wie ein Interbankenentgelt hat, wenn diese Vergütung die Tätigkeiten des Kartenzahlverfahrens erweitern soll?
4b. Ist Art. 5 der Verordnung 2015/751 dahin auszulegen, dass eine Vergütung, einschließlich Nettovergütungen, die ein Co-Branding-Partner in Bezug auf Zahlungsvorgänge oder damit verbundene Tätigkeiten erhält, die gleiche Wirkung wie ein Interbankenentgelt hat, wenn diese Vergütung zu einer Erweiterung der Tätigkeiten des Kartenzahlverfahrens führt?
4c. Bei Verneinung der Fragen 4a und 4b stellt sich folgende Frage: Anhand welcher Kriterien und/oder Faktoren ist zu beurteilen, ob eine Vergütung, einschließlich Nettovergütungen, die ein Co-Branding-Partner in Bezug auf Zahlungsvorgänge oder damit verbundene Tätigkeiten erhält, den gleichen Zweck oder die gleiche Wirkung hat wie ein Interbankenentgelt?
5. Ist Art. 5 der Verordnung 2015/751 dahin auszulegen, dass eine Vergütung bereits dann für die Anwendung von Art. 4 dieser Verordnung als Bestandteil des Interbankenentgelts anzusehen ist, wenn sie den gleichen Zweck wie ein Interbankenentgelt hat?
6. Ist Art. 2 Nr. 11 der Verordnung 2015/751 dahin auszulegen, dass ein von einem Co-Branding-Partner an ein Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren gezahltes Händlerentgelt von Zahlungen, Rabatten und Anreizen abgezogen werden darf, die der Co-Branding-Partner vom Kartenzahlverfahren in Bezug auf einen kartengebundenen Zahlungsvorgang oder damit verbundene Tätigkeiten erhält?
7a. Ist Art. 2 Nr. 11 der Verordnung 2015/751 dahin auszulegen, dass nicht nur finanzielle Entgelte des Co-Branding-Partners, sondern auch die Kosten oder der wirtschaftliche Gegenwert einer Leistung eines Co-Branding-Partners von der Gesamtsumme abgezogen werden dürfen, die der Co-Branding-Partner vom Kartenzahlverfahren erhält?
7b. Bei Bejahung der Frage 7a: Auf der Grundlage welcher Maßstäbe muss dieser Wert ermittelt werden?
24. Amex, KLM, die ACM, MasterCard, Visa, ICS sowie die Europäische Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht. Diese Beteiligten haben in der Sitzung vom 12. Oktober 2024 mündlich verhandelt.
IV. Würdigung
A. Zur ersten Vorlagefrage
25. Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob die Beträge, die Amex an KLM als Vergütung im Rahmen des Co-Branding-Partnerschaftsvertrags gezahlt hat, eine Nettovergütung im Sinne von Art. 2 Nr. 11 der Verordnung 2015/751 darstellen, obwohl KLM kein Emittent ist.
26. Wie dargelegt, soll die Verordnung 2015/751, wie ihr Titel besagt, die Interbankenentgelte für kartengebundene Zahlungsvorgänge regulieren. Sie definiert diese Interbankenentgelte als Entgelte, die bei einem kartengebundenen Zahlungsvorgang für jede direkte oder indirekte (d. h. über einen Dritten vorgenommene) Transaktion zwischen dem Emittenten und dem Acquirer gezahlt wird. Die Nettovergütung oder andere vereinbarte Vergütungen sind Bestandteil des Interbankenentgelts(9 ). Indem also Vergütungen als „Nettovergütung“ betrachtet werden, gehen diese Vergütungen in die Berechnung der Interbankenentgelte ein, die durch die Verordnung 2015/751 begrenzt werden(10 ). Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren unterliegen jedoch nicht dieser Begrenzung(11 ), es sei denn, es handelt sich um ein Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren mit Ausdehnung insbesondere auf Co-Branding(12 ).
27. Die Antwort auf die Frage des vorlegenden Gerichts lässt sich unschwer aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ableiten. Denn im Urteil vom 7. Februar 2018, American Express(13 ), hat der Gerichtshof entschieden, dass Art. 1 Abs. 5 der Verordnung 2015/751 dahin auszulegen ist, dass im Rahmen einer Vereinbarung zwischen einem Co-Branding-Partner oder Vertreter und einem Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren der Co-Branding-Partner oder Vertreter nicht als Emittent im Sinne von Art. 2 Nr. 2 der Verordnung handeln muss, um dieses Verfahren als eines im Sinne von Art. 1 Abs. 5 der Verordnung einzustufen, das mit einem Co-Branding-Partner oder mittels eines Vertreters kartengebundene Zahlungsinstrumente herausgibt, und damit als ein Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren zu betrachten(14 ).
28. Mit diesem Urteil bestätigte der Gerichtshof die teilweise Gleichstellung von Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren mit Ausdehnung auf Co-Branding und Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren auch auf den Fall, dass der Co-Branding-Partner kein Emittent ist. Er hat sich daher nicht der Beurteilung von Amex angeschlossen, die in der Rechtssache, in der das genannte Urteil ergangen ist hat, unter Berufung auf den 28. Erwägungsgrund der Verordnung 2015/751(15 ), der nur eine der drei in Art. 1 Abs. 5 dieser Verordnung vorgesehenen Tatbestandsalternativen nennt, die Auffassung vertreten hatte, die Gleichstellung gelte nur für diese Tatbestandsalternative, d. h., wenn der Co-Branding-Partner ein Emittent sei.
29. Daher muss Art. 2 Nr. 11 der Verordnung 2015/751, der die „Nettovergütung“ als die Gesamtnettosumme der Zahlungen, Rabatte und Anreize definiert, die ein Emittent vom Kartenzahlverfahren, dem Acquirer oder einer zwischengeschalteten Stelle in Bezug auf einen kartengebundenen Zahlungsvorgang oder damit verbundene Tätigkeiten erhält, im Licht dieser teilweisen Gleichstellung ausgelegt werden.
30. Um die Schlussfolgerungen aus dieser teilweisen Gleichstellung in Fällen zu ziehen, in denen es neben dem Kartenzahlverfahren keinen Emittenten gibt, ist eine Auslegung von Art. 2 Nr. 11 der Verordnung 2015/751 erforderlich, die sowohl den Wortlaut und den Kontext dieser Bestimmung als auch die mit dieser Verordnung verfolgten Ziele berücksichtigt.
31. Erstens könnte der Verweis in der Definition der „Nettovergütung“ auf die vom Emittenten erhaltenen Beträge auf den ersten Blick den Eindruck erwecken, dass diese Definition nicht anwendbar ist, wenn kein solcher Emittent vorhanden ist, was bei einem Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren mit Ausdehnung auf Co-Branding wie dem vom vorlegenden Gericht geprüften der Fall ist. Allerdings ist es im Hinblick auf die teilweise Gleichstellung mit einem Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren offensichtlich, dass der Co-Branding-Partner der zusätzliche Beteiligte ist. Darüber hinaus besagt die genannte Definition, dass diejenigen Beträge berücksichtigt werden, die vom Kartenzahlverfahren stammen. Bei einem Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren mit Ausdehnung auf Co-Branding ist ein solches Kartenzahlverfahren jedoch naturgemäß vorhanden. Folglich dürften die Beträge, die der Co-Branding-Partner vom Kartenzahlverfahren erhält, der Nettovergütung entsprechen.
32. Zweitens ist das Ziel der Verordnung 2015/751 klar: Sie soll eine kohärente Anwendung der Wettbewerbsregeln auf die Interbankenentgelte erreichen, das Funktionieren des Binnenmarkts verbessern und die Kosten von Kartenzahlungsvorgängen für Verbraucher verringern(16 ). Die teilweise Gleichstellung hat zur Folge, dass bestimmte Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren den Regeln des Kapitels II dieser Verordnung insbesondere über die Begrenzung von Interbankenentgelten unterliegen, zu denen auch Nettovergütungen gehören.
33. Daher muss die Auslegung der Definition von „Nettovergütung“ im Kontext der teilweisen Gleichstellung mit einem Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren diesem Ziel, die Kosten für Kartenzahlungen zu verringern, Rechnung tragen. Der Gerichtshof hat bereits entschieden, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass eine bestimmte Art von Gegenleistung oder Vorteil als implizites Interbankenentgelt im Sinne des 28. Erwägungsgrundes der Verordnung 2015/751 eingestuft werden kann, ohne dass der Co-Branding-Partner, mit dem das Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren eine Vereinbarung geschlossen hat, notwendigerweise an dessen Kartenausgabe beteiligt sein müsste(17 ).
34. Das führt in diesem Zusammenhang zu einer weiten Auslegung des Begriffs „Nettovergütung“, nach der diese die Gesamtnettosumme der Zahlungen, Rabatte und Anreize umfasst, die der Co-Branding-Partner insbesondere vom Kartenzahlverfahren erhält.
35. Wie die ACM anmerkt, formuliert zudem die Kommission in ihrem in Art. 17 der Verordnung 2015/751 vorgesehenen Bericht über die Anwendung dieser Verordnung, dass die Nettovergütung im Zusammenhang mit einem Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren mit Erweiterung der Gesamtnettosumme der Zahlungen, Rabatte und Anreize entspreche, die der Co-Branding-Partner oder der Vertreter erhalte(18 ).
36. Daher schlage ich vor, auf die erste Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 2 Nr. 11 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 5 der Verordnung 2015/751 dahin auszulegen ist, dass die Nettovergütung auch dann der Gesamtnettosumme der Zahlungen, Rabatte und Anreize entspricht, die der Co-Branding-Partner insbesondere vom Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren mit Ausdehnung auf Co-Branding erhält, wenn der Co-Branding-Partner kein Emittent ist.
B. Zur zweiten Vorlagefrage
37. Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 4 in Verbindung mit Art. 2 Nr. 10 Satz 2 der Verordnung 2015/751 dahin auszulegen ist, dass die Nettovergütung unmittelbar in den Anwendungsbereich dieses Art. 4 fällt.
38. Nach der Definition des „Interbankenentgelts“ in Art. 2 Nr. 10 der Verordnung 2015/751 sind die Nettovergütung oder andere vereinbarte Vergütungen Bestandteil des Interbankenentgelts. Als solche fallen sie demnach unmittelbar unter Art. 4 dieser Verordnung, der die Höhe des Interbankenentgelts für alle Kreditkartentransaktionen auf 0,3 % des Transaktionswerts begrenzt.
39. Amex und KLM widersprechen dieser Auslegung indessen mit dem Argument, dass damit Art. 5 der Verordnung, der ein Verbot der Umgehung dieser Begrenzung enthalte und ausdrücklich auf die Nettovergütung abziele, seiner Wirksamkeit beraubt würde.
40. Tatsächlich rühren die Zweifel daher, dass nach diesem Umgehungsverbot die vereinbarten Vergütungen, zu denen auch die Nettovergütung gehört, die gleiche Wirkung oder den gleichen Zweck wie ein Interbankenentgelt haben müssen, um als Teil des Interbankenentgelts behandelt zu werden.
41. Während also die Gleichstellung der Nettovergütung mit dem Interbankenentgelt in der Definition des Interbankenentgelts bedingungslos erfolgt, ist sie dagegen im Rahmen des Umgehungsverbots an die Bedingung des gleichen Zwecks oder der gleichen Wirkung geknüpft. Daher reicht die bloße Auslegung nach dem Wortlaut wohl nicht aus, um die zweite Frage des vorlegenden Gerichts zu beantworten.
42. Im ursprünglichen Verordnungsvorschlag der Kommission(19 ) war die Nettovergütung nicht in der Definition von „Interbankenentgelt“ enthalten und war lediglich im Umgehungsverbot von Art. 5 genannt, in dem es hieß, dass „jede Nettovergütung … als Teil des Interbankenentgelts behandelt [wird]“. Von einer gleichen Wirkung oder einem gleichen Zweck war nicht die Rede. Hingegen hieß es in den Art. 3 und 4, die die Obergrenze für Interbankenentgelte festlegten, dass „die Interbankenentgelte oder anderen vereinbarten Vergütungen mit gleicher Zielsetzung oder Wirkung, die die Zahlungsdienstleister … bieten oder verlangen, nicht über [0,2% bzw. 0,3 %] des Transaktionswerts hinaus[gehen]“.
43. Die Nettovergütung war also von Anfang an mit dem Interbankenentgelt gleichgestellt – zwar nicht in der Definition, aber im Rahmen des Umgehungsverbots – und musste als solche nicht die gleiche Wirkung oder den gleichen Zweck haben. Im Übrigen wurden andere Vergütungen in Betracht gezogen, die hingegen die gleiche Wirkung oder den gleichen Zweck wie das Interbankenentgelt haben mussten, um in die Berechnung der Obergrenze einzugehen. Dementsprechend war eine klare Aufteilung vorgesehen zwischen dem Interbankenentgelt einerseits, zu dem die Nettovergütung gehörte und das unmittelbar der Obergrenze unterlag, und den „sonstigen Vergütungen“ andererseits, die nur dann begrenzt waren, wenn sie den gleichen Zweck oder die gleiche Wirkung wie das Interbankenentgelt hatten.
44. Die teleologische Auslegung der Verordnung 2015/751 weist in die gleiche Richtung. Denn im 28. Erwägungsgrund dieser Verordnung wird auf die Möglichkeit impliziter Interbankenentgelte in Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren mit Zahlungsdienstleistern hingewiesen. Weiter heißt es dort, dass diese Kartenzahlverfahren im Interesse gleicher Wettbewerbsbedingungen denselben Vorschriften unterliegen sollten wie Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren. Mit dem Hinweis auf implizite Interbankenentgelte bezieht sich dieser Erwägungsgrund auf Vergütungen, die als solche begrenzt werden müssen und nicht nur dann, wenn sie die gleiche Wirkung oder den gleichen Zweck wie ein direktes Interbankenentgelt haben. Wie dargelegt, hat der Gerichtshof entschieden, dass diese Gleichstellung von Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren mit Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren auch in Fällen von Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren mit Ausdehnung auf Co-Branding oder Vertreter gilt, um sicherzustellen, dass die Ziele der Verordnung 2015/751 gewahrt werden(20 ). Folglich lässt der genannte Erwägungsgrund in seiner Auslegung durch den Gerichtshof darauf schließen, dass die Nettovergütung im Fall eines Drei-Parteien-Kartenzahlverfahrens mit Erweiterung unmittelbar unter die in Art. 4 dieser Verordnung vorgesehene Begrenzung fällt.
45. Diese Auslegung wird durch den 31. Erwägungsgrund der Verordnung bestätigt. So heißt es dort in Bezug auf die Nettovergütung, dass sie „als Interbankenentgelt betrachtet“ werden sollte, ohne dass darauf eingegangen wird, dass sie die gleiche Wirkung oder den gleichen Zweck wie dieses haben muss. Die Tatsache, dass in diesem Erwägungsgrund das Risiko einer Umgehung angesprochen wird, reicht meiner Meinung nach nicht aus, um den eindeutigen Wortlaut, nach dem die Nettovergütung als Interbankenentgelt zu betrachten ist, in Frage zu stellen.
46. Daher schlage ich vor, auf die zweite Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 4 in Verbindung mit Art. 2 Nr. 10 Satz 2 der Verordnung 2015/751 dahin auszulegen ist, dass die Nettovergütung unmittelbar in den Anwendungsbereich dieses Art. 4 fällt.
C. Zur dritten Vorlagefrage
47. Das vorlegende Gericht möchte im Wesentlichen wissen, ob die Vergütungen, einschließlich der Nettovergütung, die ein Co-Branding-Partner, der kein Emittent ist, von einem Kartenzahlverfahren erhält, unter das mit Art. 5 der Verordnung 2015/751 eingeführte Umgehungsverbot fallen.
48. Da ich dem Gerichtshof vorschlage, auf die zweite Vorlagefrage zu antworten, dass diese Vergütungen in den Anwendungsbereich von Art. 4 der Verordnung fallen, werde ich vorschlagen, auf die dritte Frage nur hilfsweise zu antworten.
49. Gemäß der in Art. 1 Abs. 5 der Verordnung 2015/751 vorgesehenen Gleichstellungsklausel gelten für Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren mit Ausdehnung auf Co-Branding dieselben Regeln wie für Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren. Daher ist das Umgehungsverbot von Art. 5 der Verordnung auf diese Kartenzahlverfahren unter denselben Bedingungen anwendbar wie bei Art. 4 der Verordnung, d. h. die Vergütungen, die der Co-Branding-Partner erhält, sind daraufhin zu prüfen, ob sie die gleiche Wirkung oder den gleichen Zweck wie das Interbankenentgelt haben und daher als Interbankenentgelt, das den Obergrenzen der Art. 3 und 4 der Verordnung unterliegt, zu betrachten sind.
50. In diesem Fall scheint sich das in Art. 5 der Verordnung 2015/751 festgelegte Umgehungsverbot mit der in Art. 4 vorgesehenen direkten Begrenzung des Interbankenentgelts zu überschneiden. Dies bedeutet jedoch nicht, dass in diesem Fall die direkte Begrenzung von Art. 4 nicht für Vergütungen gilt, die an den Co-Branding-Partner gezahlt werden. Darüber hinaus kann es Vergütungen geben, die keine Nettovergütungen sind und die die gleiche Wirkung oder den gleichen Zweck wie das Interbankenentgelt haben können.
51. Ich schlage daher vor, dem vorlegenden Gericht zu antworten, dass Art. 5 der Verordnung 2015/751 dahin auszulegen ist, dass die Vergütungen, einschließlich der Nettovergütung, die ein Co-Branding-Partner erhält, auch dann in seinen Anwendungsbereich fallen, wenn dieser kein Emittent ist.
D. Zur vierten und fünften Vorlagefrage
52. Mit seiner vierten und fünften Frage, die gemeinsam behandelt werden können, möchte das vorlegende Gericht vom Gerichtshof im Wesentlichen wissen, wie das in Art. 5 der Verordnung 2015/751 aufgestellte Umgehungsverbot anzuwenden ist.
53. Wie die vorherige Frage sind auch diese Fragen nur hilfsweise zu beantworten, da die Nettovergütung meiner Ansicht nach unmittelbar unter die in Art. 4 dieser Verordnung aufgestellte Begrenzung fällt.
54. Meines Erachtens lässt sich die Antwort auf diese Fragen des vorlegenden Gerichts zum Teil ohne Weiteres aus dem Wortlaut von Art. 5 der Verordnung 2015/751 ableiten. Um als Teil des Interbankenentgelts behandelt zu werden, müssen die Vergütungen, zu denen auch die Nettovergütung gehört, nämlich den gleichen Zweck oder die gleiche Wirkung wie das Interbankenentgelt haben. Im Übrigen gilt diese Überlegung sowohl für Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren als auch für Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren mit Erweiterung, da dieser Artikel nicht zwischen beiden unterscheidet.
55. Die Bedingung gilt alternativ: Es reicht aus, dass die erhaltenen Vergütungen entweder den gleichen Zweck oder die gleiche Wirkung wie das Interbankenentgelt haben, um als solches betrachtet zu werden.
56. Betrachtet man das im 31. Erwägungsgrund verdeutlichte Ziel der Verordnung 2015/751 in Bezug auf das Verbot zur Umgehung der eingeführten Obergrenzen, so soll verhindert werden, dass die Bestimmungen über Interbankenentgelte, insbesondere deren Begrenzung, durch alternative Entgeltzahlungen an Emittenten umgangen werden. Im 32. Erwägungsgrund dieser Verordnung heißt es weiter, dass sich zum einen die Verbraucher der Entgelte, die Händler für das von ihnen verwendete Zahlungsinstrument zahlen, gewöhnlich nicht bewusst sind, und dass zum anderen Emittenten Anreize, wie z. B. Reisegutscheine, bieten, um die Verbraucher zur Verwendung von Zahlungsinstrumenten hinzulenken, womit die Emittenten hohe Entgelteinnahmen erzielen.
57. Daher zielt die Begrenzung der Interbankenentgelte, die entweder unmittelbar aufgrund der Anwendung von Art. 4 der Verordnung 2015/751 oder aufgrund des Umgehungsverbots gilt, darauf ab, die Anreize zur Nutzung eines bestimmten Zahlungsinstruments zu beschränken. Wie das vorlegende Gericht in seinen Fragen darlegt, kann die Erweiterung der Tätigkeiten des Kartenzahlverfahrens dem in Art. 5 der Verordnung genannten Zweck oder der dort genannten Wirkung entsprechen.
58. Die Befürchtung, dass sämtliche Maßnahmen zur Förderung der Ausgabe von Zahlungskarten in den Anwendungsbereich von Art. 4 der Verordnung 2015/751 fallen könnten, halte ich für unbegründet. Denn damit Art. 4 Anwendung findet, muss zum einen eine Co-Branding-Partnerschaft oder ein Vertretervertrag, mit der bzw. dem die Fördermaßnahme verbunden ist, und zum anderen ein Geschäftsvorgang zwischen diesem Partner bzw. Vertreter und einem Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren vorliegen. Folglich ist das Kriterium der Erweiterung der Tätigkeiten des Kartenzahlverfahrens ein wirksames Kriterium, um im Rahmen der Einzelfallprüfung von Sachverhalten, die beim nationalen Gericht anhängig sind, zu überprüfen, dass keine Umgehung stattfindet.
59. Hingegen ist das Kriterium der Auswirkung auf den Markt, wie es im Wesentlichen Visa, KLM und Amex in ihren Erklärungen vorschlagen und wonach ein Marktversagen nachgewiesen werden muss, das dem durch die Interbankenentgelte in Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren hervorgerufenen Marktversagen gleichwertig ist, nicht maßgeblich. Denn indem der Unionsgesetzgeber in der Verordnung 2015/751 die Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren mit Erweiterung den Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren in Bezug auf die Begrenzung der Interbankenentgelte gleichgestellt hat, ist er eindeutig davon ausgegangen, dass das Marktversagen in beiden Fällen dasselbe ist, und hat daher beide einer objektiven Begrenzung unterworfen, um diesem Marktversagen zu begegnen.
60. Ich schlage daher vor, auf die vierte und fünfte Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 5 der Verordnung 2015/751 dahin auszulegen ist, dass zum einen jede vereinbarte Vergütung, einschließlich Nettovergütungen, mit gleichem Zweck oder gleicher Wirkung wie ein Interbankenentgelt, die ein Co-Branding-Partner von dem Kartenzahlverfahren, dem Acquirer oder einer zwischengeschalteten Stelle in Bezug auf einen Zahlungsvorgang oder damit verbundene Tätigkeiten erhält, als Teil des Interbankenentgelts behandelt wird, und zum anderen das Kriterium der Erweiterung der Tätigkeiten des Kartenzahlverfahrens für die Beurteilung dieses gleichen Zwecks oder dieser gleichen Wirkung maßgeblich ist.
E. Zur sechsten Vorlagefrage
61. Mit seiner sechsten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 2 Nr. 11 der Verordnung 2015/751 dahin auszulegen ist, dass das Dienstleistungsentgelt, das der Co-Branding-Partner entrichtet, wenn er als Händler auftritt und Leistungen des Drei-Parteien-Kartenzahlverfahrens in Anspruch nimmt, von den Zahlungen, Rabatten oder Anreizen abgezogen werden kann, die er von diesem Kartenzahlverfahren in Bezug auf einen kartengebundenen Zahlungsvorgang oder damit verbundene Tätigkeiten erhält.
62. Art. 2 Nr. 11 der Verordnung 2015/751 definiert die „Nettovergütung“ unter Berücksichtigung der Definition des „Händlerentgelts“ in Art. 2 Nr. 12 dieser Verordnung. Denn dieses Dienstleistungsentgelt wird definiert als ein Entgelt, das der Zahlungsempfänger dem Acquirer in Bezug auf kartengebundene Zahlungsvorgänge zahlt.
63. Die Schwierigkeit besteht darin, dass zum einen in einem Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren die Funktionen des Acquirers und des Emittenten von derselben Partei, nämlich dem Kartenzahlverfahren, wahrgenommen werden und zum anderen der Co-Branding-Partner, der als Emittent zu betrachten ist, damit die Obergrenze für das Interbankenentgelt angewendet werden kann, auch ein Zahlungsempfänger sein kann, nämlich ein Händler, der die Leistungen des Kartenzahlverfahrens in Anspruch nimmt.
64. Wie die Kommission, MasterCard, Visa und die ACM ausführen, muss diese Frage jedoch verneint werden. Denn das vom Co-Branding-Partner gezahlte Dienstleistungsentgelt steht nicht im Zusammenhang mit der mit dem Kartenzahlverfahren geschlossenen Partnerschaft, da es auch an ein anderes Kartenzahlverfahren gezahlt werden könnte. Würde man es hingegen durch den Abzug in die Berechnung der Nettovergütung einbeziehen, würde dies den Anreiz für den Co-Branding-Partner erhöhen, das Geschäft des Kartenzahlverfahrens auszuweiten, was den Zielen der Verordnung 2015/751 zuwiderläuft(21 ).
65. Daher schlage ich vor, auf die sechste Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 2 Nr. 11 der Verordnung 2015/751 dahin auszulegen ist, dass das Händlerentgelt nicht von den Zahlungen, Rabatten und Anreizen abgezogen werden kann, die der Händler als Co-Branding-Partner von einem Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren mit Ausdehnung auf Co-Branding in Bezug auf einen kartengebundenen Zahlungsvorgang oder damit verbundene Tätigkeiten erhält.
F. Zur siebten Vorlagefrage
66. Das vorlegende Gericht möchte wissen, ob Art. 2 Nr. 11 der Verordnung 2015/751 dahin auszulegen ist, dass es für die Berechnung der Nettovergütung zulässig ist, von der Gesamtsumme, die der Co-Branding-Partner vom Kartenzahlverfahren erhält, nicht nur die vom Co-Branding-Partner gezahlten monetären Vergütungen, sondern auch die Kosten oder den wirtschaftlichen Gegenwert der Leistung eines Co-Branding-Partners abzuziehen. Gegebenenfalls möchte das Gericht wissen, nach welchen Kriterien dieser Wert zu berechnen ist.
67. Es sei daran erinnert, dass das vorlegende Gericht zunächst feststellen muss, ob die fraglichen Leistungen im Zusammenhang mit kartengebundenen Zahlungsvorgängen oder damit verbundenen Tätigkeiten stehen.
68. Die Definition von „Nettovergütung“ bezieht sich nur auf die Gesamtnettosumme der Zahlungen, Rabatte und Anreize, die ein Emittent vom Kartenzahlverfahren erhält. Daher müssen die Begriffe Zahlung, Rabatt und Anreiz dieselben sein, unabhängig davon, ob es sich um Beträge handelt, die der Emittent oder Co-Branding-Partner erhält, oder um solche, die er an das Kartenzahlverfahren zahlt und die von diesen erhaltenen Beträgen abgezogen werden müssen.
69. Sowohl für die weite als auch für die enge Auslegung dieser Begriffe führen die Parteien und Beteiligten die Gefahr einer Umgehung der Begrenzung des Interbankenentgelts ins Feld. Die einen (KLM, Amex) argumentieren, dass die Nichtberücksichtigung von Leistungen bei der Berechnung der Nettovergütung die Parteien dazu verleiten würde, einen solchen Anreizmechanismus zu nutzen, um diese Begrenzung zugunsten der Emittenten zu umgehen. Umgekehrt vertreten die anderen (Visa, die ACM) die Auffassung, dass nur Geldzahlungen berücksichtigt werden sollten, die einen objektiv nachprüfbaren Wert darstellten, während der Wert von Leistungen künstlich erhöht werden könne, um die Nettovergütung zu reduzieren und somit der Obergrenze für das Interbankenentgelt zu entgehen.
70. Der Wunsch nach einer leicht anwendbaren Regelung mittels einer Auslegung, die ausschließlich Geldzahlungen in die Nettovergütung einbezieht, ist verständlich. So teilte die ACM bei der Anhörung die Auffassung, dass es äußerst zeitaufwendig und schwierig für sie sei, bei nicht-monetären Leistungen die Einhaltung der Obergrenze zu prüfen. Diese Auslegung wird dadurch gestützt, dass im 31. Erwägungsgrund Satz 3 der Verordnung 2015/751 das Wort „Entgelte“ verwendet wird, um zu beschreiben, was vom Gesamtbetrag der Zahlungen oder Anreize, die ein Emittent von einem Kartenzahlverfahren erhält, abzuziehen ist. Dieser Begriff verweist nämlich nicht auf eine Leistung, sondern auf eine Geldzahlung.
71. Allerdings liefe eine solche Auslegung auf eine Begrenzung des Anwendungsbereichs von Art. 4 der Verordnung 2015/751 hinaus. Meines Erachtens sollte bei der Berechnung von Zahlungen sowohl des Acquirers an den Emittenten als auch umgekehrt dieselbe Auslegung der Begriffe Zahlungen, Rabatte und Anreize zugrunde gelegt werden. Wenn bei der Berechnung der Nettovergütung nur Geldzahlungen betrachtet würden, müssten alle anderen Formen von Vergütung, z. B. Leistungen, in den Anwendungsbereich von Art. 5 dieser Verordnung fallen und dürften nur dann begrenzt werden, wenn sie die gleiche Wirkung oder den gleichen Zweck wie das Interbankenentgelt haben.
72. Dies erscheint einfach, widerspricht meiner Ansicht nach aber dem Wortlaut der Verordnung 2015/751, da in der Definition von „Nettovergütung“ allgemein von Anreizen die Rede ist, ohne dass daraus abgeleitet werden kann, dass diese auf monetäre Anreize beschränkt wären. Zudem würde dies dem Ziel der Verordnung, die Kosten für Kartenzahlungen zu begrenzen, zuwiderlaufen. Denn wenn Leistungen wie die Bereitstellung von Flugmeilen, die gegen Flugtickets eingetauscht werden können, nicht in die Nettovergütung einbezogen würden, förderte dies die Ausweitung solcher Anreize. Ferner wäre es komplexer, den gleichen Zweck oder die gleiche Wirkung wie das Interbankenentgelt nachzuweisen. Daher würde die Einfachheit der in Art. 4 der Verordnung festgelegten Regel mit einer schwierigeren Umsetzung von Art. 5 der Verordnung einhergehen, da zugleich der Wert dieser Leistungen und ihre gleiche Wirkung bzw. ihr gleicher Zweck nachgewiesen werden müssten.
73. Tatsächlich bezieht sich die unterschiedliche Beurteilung durch die Parteien und Beteiligten auf die Art und Weise, wie nicht-monetäre Leistungen zu bewerten sind, um das Risiko einer Umgehung der mit der Verordnung 2015/751 eingeführten Obergrenze zu vermeiden. Der berücksichtigte Wert sollte der tatsächliche wirtschaftliche Wert sein und nicht der von den Parteien angenommene vertragliche Wert. Das vorlegende Gericht hat also diesen Wert anhand der Aktenlage zu ermitteln und dabei das Ziel zu berücksichtigen, dass die Kosten für Kartenzahlungen begrenzt werden sollen.
74. Daher schlage ich vor, auf die siebte Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 2 Nr. 11 der Verordnung 2015/751 dahin auszulegen ist, dass bei der Berechnung der Nettovergütung von den Vergütungen, die der Co-Branding-Partner von dem Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren erhält, nicht nur die monetären Vergütungen, sondern auch die im Einzelfall unter Berücksichtigung ihres tatsächlichen wirtschaftlichen Werts zu beurteilenden Leistungen abgezogen werden können, die der Co-Branding-Partner an das Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren erbringt.
V. Ergebnis
75. Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, die Vorlagefragen des College van Beroep voor het bedrijfsleven (Oberster Verwaltungsgerichtshof für Handel und Industrie, Niederlande) wie folgt zu beantworten:
1. Art. 2 Nr. 11 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 5 der Verordnung (EU) 2015/751 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2015 über Interbankenentgelte für kartengebundene Zahlungsvorgänge
ist dahin auszulegen, dass
die Nettovergütung auch dann der Gesamtnettosumme der Zahlungen, Rabatte und Anreize entspricht, die der Co-Branding-Partner insbesondere vom Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren mit Ausdehnung auf Co-Branding erhält, wenn der Co-Branding-Partner kein Emittent ist.
2. Art. 4 in Verbindung mit Art. 2 Nr. 10 Satz 2 der Verordnung 2015/751
ist dahin auszulegen, dass
die Nettovergütung unmittelbar in den Anwendungsbereich dieses Art. 4 fällt.
3. Art. 5 der Verordnung 2015/751
ist dahin auszulegen, dass
– die Vergütungen, einschließlich der Nettovergütung, die ein Co-Branding-Partner erhält, auch dann in seinen Anwendungsbereich fallen, wenn der Co-Branding-Partner kein Emittent ist;
– zum einen jede vereinbarte Vergütung, einschließlich der Nettovergütung, mit gleichem Zweck oder gleicher Wirkung wie ein Interbankenentgelt, die ein Co-Branding-Partner von dem Kartenzahlverfahren, dem Acquirer oder einer zwischengeschalteten Stelle in Bezug auf einen Zahlungsvorgang oder damit verbundene Tätigkeiten erhält, als Teil des Interbankenentgelts behandelt wird, und zum anderen das Kriterium der Erweiterung der Tätigkeiten des Kartenzahlverfahrens für die Beurteilung dieses gleichen Zwecks oder dieser gleichen Wirkung maßgeblich ist.
4. Art. 2 Nr. 11 der Verordnung 2015/751
ist dahin auszulegen, dass
– das Händlerentgelt nicht von den Zahlungen, Rabatten und Anreizen abgezogen werden kann, die der Händler als Co-Branding-Partner von einem Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren mit Ausdehnung auf Co-Branding in Bezug auf einen kartengebundenen Zahlungsvorgang oder damit verbundene Tätigkeiten erhält;
– bei der Berechnung der Nettovergütung von den Vergütungen, die der Co-Branding-Partner von dem Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren erhält, nicht nur die monetären Vergütungen, sondern auch die im Einzelfall unter Berücksichtigung ihres tatsächlichen wirtschaftlichen Werts zu beurteilenden Leistungen abgezogen werden können, die der Co-Branding-Partner an das Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren erbringt.