Vorläufige Fassung
SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS
RIMVYDAS NORKUS
vom 20. November 2025(1 )
Rechtssachen C ‑498/24 P und C ‑499/24 P
Çolakoğlu Metalurji AŞ,
Çolakoğlu Dış Ticaret AŞ
gegen
Europäische Kommission (C ‑498/24 P)
und
Ereğli Demir ve Çelik Fabrikaları TAŞ,
İskenderun Demir ve Çelik AŞ,
Erdemir Çelik Servis Merkezi Sanayi ve Ticaret AŞ
gegen
Europäische Kommission (C ‑499/24 P)
„ Rechtsmittel – Dumping – Durchführungsverordnung (EU) 2021/1100 – Einfuhren bestimmter warmgewalzter Flacherzeugnisse aus Eisen, nicht legiertem Stahl oder anderem legiertem Stahl mit Ursprung in der Türkei – Endgültiger Antidumpingzoll – Verordnung (EU) 2016/1036 – Einfuhrzölle – Berechnung der Dumpingspanne – Art. 2 Abs. 10 Buchst. j – Vertrag zur Absicherung des Wechselkursrisikos “
I. Einleitung
1. Die vorliegenden Rechtssachen betreffen zwei Rechtsmittel, die türkische Unternehmen gegen Urteile des Gerichts der Europäischen Union eingelegt haben, die in den Rechtssachen T‑629/21(2 ) und T‑630/21(3 ) auf dem Gebiet des Antidumpingrechts ergangen sind (im Folgenden: angefochtene Urteile). Die Rechtsmittelführerinnen werfen dem Gericht vor, bei der Prüfung ihrer Nichtigkeitsklagen gegen die Durchführungsverordnung (EU) 2021/1100 der Kommission vom 5. Juli 2021 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls und zur endgültigen Vereinnahmung des vorläufigen Zolls auf die Einfuhren bestimmter warmgewalzter Flacherzeugnisse aus Eisen, nicht legiertem Stahl oder anderem legiertem Stahl mit Ursprung in der Türkei (im Folgenden: streitige Verordnung)(4 ) eine Reihe von Rechtsfehlern begangen zu haben.
2. Auf Ersuchen des Gerichtshofs konzentrieren sich die vorliegenden Schlussanträge auf den beiden Rechtsmitteln gemeinsamen Rechtsmittelgrund, mit dem im Wesentlichen eine Frage nach der Auslegung von Art. 2 Abs. 10 Buchst. j der Verordnung (EU) 2016/1036 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2016 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Union gehörenden Ländern (im Folgenden: Grundverordnung)(5 ) aufgeworfen wird. Genauer gesagt geht es darum, zu ermitteln, ob die Europäische Kommission bei der Feststellung des Vorliegens von Dumping verpflichtet ist, zwischen im internationalen Handel tätigen Unternehmen geschlossene Verträge zur Absicherung des Wechselkursrisikos zu berücksichtigen, oder ob sie vielmehr weiterhin ihre eigene Methode der Währungsumrechnung anwenden kann.
3. Dieser Frage kommt im internationalen Handel besondere praktische Bedeutung zu, in dem Transaktionen in der Regel in verschiedenen Währungen abgewickelt werden. Nicht selten treffen Wirtschaftsteilnehmer Absicherungsvereinbarungen, um sich gegen starke Wechselkursschwankungen abzusichern, die den tatsächlichen Preis der betreffenden Waren verzerren können. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass die Europäische Union als vollwertiges Mitglied des multilateralen internationalen Handelssystems ein berechtigtes Interesse daran hat, die Ermittlung des tatsächlichen Preises dieser Waren sicherzustellen, um die Wirksamkeit ihrer Politik zur Bekämpfung von Dumping zu gewährleisten. Aus diesem Blickwinkel wird der Gerichtshof festzustellen haben, ob solche Vereinbarungen zwischen privaten Wirtschaftsteilnehmern Einfluss auf die Erfüllung der Aufgaben haben können, die das Unionsrecht der Kommission bei der Durchführung der Grundverordnung überträgt.
II. Rechtlicher Rahmen
A. WTO-Recht
4. Mit dem Beschluss 94/800/EG des Rates vom 22. Dezember 1994 über den Abschluss der Übereinkünfte im Rahmen der multilateralen Verhandlungen der Uruguay-Runde (1986–1994)(6 ) im Namen der Europäischen Gemeinschaft in Bezug auf die in ihre Zuständigkeiten fallenden Bereiche genehmigte der Rat der Europäischen Union das am 15. April 1994 in Marrakesch unterzeichnete Übereinkommen zur Errichtung der Welthandelsorganisation (WTO) sowie die Übereinkünfte in dessen Anhängen 1 bis 3, darunter das Übereinkommen zur Durchführung des Artikels VI des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens 1994 (GATT) (im Folgenden: Antidumping-Übereinkommen)(7 ).
5. In Art. 2 („Feststellung des Dumpings“) des Antidumping-Übereinkommens heißt es:
„…
2.4 Zwischen dem Ausfuhrpreis und dem Normalwert wird ein fairer Vergleich durchgeführt. Dieser Vergleich erfolgt auf derselben Handelsstufe, und zwar normalerweise auf der Stufe ab Werk, und unter Zugrundelegung von Verkäufen, die zu möglichst nahe beieinanderliegenden Zeitpunkten getätigt werden. Dabei werden jedes Mal gebührende Berichtigungen für Unterschiede vorgenommen, die die Vergleichbarkeit der Preise beeinflussen, einschließlich Unterschieden in den Verkaufsbedingungen, der Besteuerung, den Handelsstufen, den Mengen und den materiellen Eigenschaften sowie sonstigen Faktoren, die nachweislich die Vergleichbarkeit der Preise beeinflussen … In den in Absatz 3 genannten Fällen sollten ferner Berichtigungen für die zwischen der Einfuhr und dem Weiterverkauf entstandenen Kosten, einschließlich Zöllen und Steuern, sowie für erzielte Gewinne vorgenommen werden. Ist in diesen Fällen die Vergleichbarkeit der Preise nicht gegeben, so bestimmen die Behörden den Normalwert auf der gleichen Handelsstufe wie den rechnerisch ermittelten Ausfuhrpreis, oder nehmen gemäß diesem Absatz gebührende Berichtigungen vor. Die Behörden setzen die betroffenen Parteien davon in Kenntnis, welche Informationen für einen fairen Vergleich erforderlich sind, und legen diesen Parteien keine unangemessene Beweislast auf.
2.4.1 Erfordert der Vergleich nach Absatz 4 eine Währungsumrechnung, so soll dafür der Wechselkurs vom Verkaufstag … herangezogen werden; steht ein Devisenverkauf auf Terminmärkten unmittelbar mit dem fraglichen Ausfuhrgeschäft in Zusammenhang, so wird jedoch der beim Terminverkauf angewandte Wechselkurs herangezogen. Wechselkursschwankungen werden nicht berücksichtigt; bei einer Untersuchung räumen die Behörden den Ausführern eine Mindestfrist von 60 Tagen ein, damit diese ihre Ausfuhrpreise zur Berücksichtigung anhaltender Wechselkursschwankungen im Untersuchungszeitraum anpassen können.
2.4.2 Vorbehaltlich der Bestimmungen in Absatz 4 über einen fairen Vergleich werden Dumpingspannen während der Untersuchung normalerweise durch einen Vergleich des gewogenen durchschnittlichen Normalwertes mit dem gewogenen durchschnittlichen Preis aller vergleichbaren Ausfuhrgeschäfte oder durch einen Vergleich des Normalwertes mit den Ausfuhrpreisen je Geschäftsvorgang ermittelt. …“
B. Unionsrecht
1. Grundverordnung
6. Art. 1 der Grundverordnung bestimmt:
„(1) Ein Antidumpingzoll kann auf jede Ware eingeführt werden, die Gegenstand eines Dumpings ist und deren Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr in der Union eine Schädigung verursacht.
(2) Eine Ware gilt als gedumpt, wenn ihr Preis bei der Ausfuhr in die Union niedriger ist als der vergleichbare Preis einer zum Verbrauch im Ausfuhrland bestimmten gleichartigen Ware im normalen Handelsverkehr.
…“
7. Art. 2 („Feststellung des Dumpings“) dieser Verordnung sieht vor:
„…
C. VERGLEICH
(10) Zwischen dem Ausfuhrpreis und dem Normalwert wird ein gerechter Vergleich durchgeführt. Dieser Vergleich erfolgt auf derselben Handelsstufe und unter Zugrundelegung von Verkäufen, die zu möglichst nahe beieinander liegenden Zeitpunkten getätigt werden, sowie unter gebührender Berücksichtigung anderer Unterschiede, die die Vergleichbarkeit der Preise beeinflussen. Ist die Vergleichbarkeit der ermittelten Normalwerte und Ausfuhrpreise nicht gegeben, werden, auf Antrag, jedes Mal gebührende Berichtigungen für Unterschiede bei Faktoren vorgenommen, die nachweislich die Preise und damit die Vergleichbarkeit der Preise beeinflussen. Dabei wird jede doppelte Berichtigung vermieden, insbesondere für Preisnachlässe, Rabatte, unterschiedliche Mengen und unterschiedliche Handelsstufen. Wenn die genannten Voraussetzungen erfüllt sind, können für folgende Faktoren Berichtigungen vorgenommen werden:
…
j) Währungsumrechnungen
Erfordert der Preisvergleich eine Währungsumrechnung, so wird dafür der Wechselkurs vom Verkaufstag herangezogen; steht ein Devisenverkauf auf Terminmärkten unmittelbar mit dem Ausfuhrgeschäft in Zusammenhang, so wird jedoch der beim Terminverkauf angewandte Wechselkurs herangezogen. Normalerweise entspricht das Datum des Verkaufs dem Datum der Rechnung, jedoch kann auch das Datum des Vertrags, des Kaufauftrags oder der Auftragsbestätigung herangezogen werden, wenn diese für die Ermittlung der wesentlichen Verkaufsbedingungen eher geeignet sind. Wechselkursschwankungen werden nicht berücksichtigt, und den Ausführern wird eine Frist von 60 Tagen eingeräumt, um anhaltende Wechselkursschwankungen im Untersuchungszeitraum zu berücksichtigen.
…“
2. Streitige V erordnung
8. Die Erwägungsgründe 96 bis 101 der streitigen Verordnung lauten:
„(96) Ein ausführender Hersteller und zwei verbundene ausführende Hersteller beanstandeten die vorläufige Ablehnung einer Berichtigung der Währungsumrechnung, die sie im Zusammenhang mit Absicherungsverträgen (Hedging) zu ihren Verkäufen in die Union beantragt hatten. Das Vorbringen betrifft den Wechselkurs, der bei der Umrechnung des in Fremdwährungen (in diesem Fall Euro) angegebenen Verkaufswerts in die Währung des Ausfuhrlandes (türkische Lira oder TRY) zugrunde zu legen ist. Die Unternehmen beriefen sich auf Artikel 2 Absatz 10 Buchstabe j der Grundverordnung, in dem es heißt: ,… steht ein Devisenverkauf auf Terminmärkten unmittelbar mit dem Ausfuhrgeschäft in Zusammenhang, so wird jedoch der beim Terminverkauf angewandte Wechselkurs herangezogen‘.
(97) In seiner Stellungnahme nach der vorläufigen Unterrichtung wandte der Antragsteller gegen die Vorbringen der ausführenden Hersteller ein, dass Hedging ein internes Verfahren sei und die Unternehmen nicht damit argumentieren könnten, dass der Verkaufspreis ohne Absicherung höher gewesen wäre, da nicht feststehe, ob die Abnehmer einen höheren Preis gezahlt hätten.
(98) Die Kommission stellte fest, dass Artikel 2 Absatz 10 Buchstabe j der Grundverordnung in Fällen anwendbar ist, in denen eine Währungsumrechnung zum Vergleich des Normalwerts mit dem Ausfuhrpreis erforderlich ist. Es ist gängige Praxis, einen solchen Vergleich in der Währung des betreffenden Landes vorzunehmen. Daher zog die Kommission im vorliegenden Fall die türkische Lira als Vergleichswährung heran. Beide Unternehmen, die eine Berichtigung der Währungsumrechnung beantragt hatten, sicherten speziell die auf Euro lautenden Ausfuhrverkäufe ab. Das aus diesen Geschäftsvorgängen resultierende Währungsumrechnungsrisiko wurde in allen Fällen gegen den US-Dollar abgesichert. Da der Vergleich in türkischen Lira vorgenommen wurde und alle auf Euro lautenden Geschäftsvorgänge ohne Zwischenumrechnung in US-Dollar direkt in türkische Lira umgerechnet wurden und da ferner alle Inlandsverkäufe in türkischen Lira angegeben wurden, vertrat die Kommission die Auffassung, dass der in den Absicherungsverträgen vereinbarte Umrechnungskurs zwischen Euro und US-Dollar für den Vergleich unerheblich ist. Aus diesem Grund wies die Kommission den Einwand der drei ausführenden Hersteller zurück.
(99) Nach der endgültigen Unterrichtung beantragten die drei ausführenden Hersteller für die Verkäufe in die Union erneut eine Berichtigung der Währungsumrechnung, mit der die Absicherung von mit Geschäften in Euro verbundenen Währungsrisiken berücksichtigt wird. Sie brachten erneut vor, dass der Gewinn oder Verlust, der sich aus dem Umrechnungskurs zum Zeitpunkt der Absicherung ergibt, unabhängig von der verwendeten Währung einen erheblichen Einfluss auf den Preisvergleich hat. Sie führten insbesondere ein theoretisches Beispiel mit einem Inlandsverkaufsauftrag an, für den an einem bestimmten Tag ein Stückpreis in USD vereinbart wurde, und einem Ausfuhrverkaufsauftrag, für den am selben Tag derselbe Stückpreis in EUR-Gegenwert vereinbart wurde. Den Berechnungen der Unternehmen zufolge würde der Vergleich dieser Verkaufsaufträge, wenn sie am selben Tag geliefert werden und der Rechnungswert direkt von der Rechnungswährung in TRY umgerechnet wird, Dumping aufzeigen, obwohl der in den beiden Verkaufsaufträgen vereinbarte Preis zum Zeitpunkt ihres Abschlusses derselbe war. Vor diesem Hintergrund sei es angezeigt, für das Hedging eine Berichtigung entweder auf der Grundlage von Artikel 2 Absatz 10 Buchstabe j oder von Artikel 2 Absatz 10 Buchstabe k der Grundverordnung vorzunehmen.
(100) Die Kommission untersuchte das Vorbringen und insbesondere das theoretische Beispiel als mutmaßlichen Nachweis dafür, dass der Wechselkurs in den Hedging-Verträgen bei Preisvergleichen berücksichtigt werden sollte. Erstens stellte die Kommission fest, dass das Beispiel zwar mathematisch korrekt war, aber weder die Realität der Geschäftstätigkeit der Unternehmen noch die Berechnung der Dumpingspanne widerspiegelte. Insbesondere wurde in dem Beispiel unterstellt, dass die Dumpingspanne durch den Vergleich zweier einzelner, zur gleichen Zeit durchgeführter Geschäftsvorgänge berechnet wird, was aber nicht der Fall ist, da die Kommission den durchschnittlichen Normalwert und den durchschnittlichen Ausfuhrpreis vergleicht, die im [Untersuchungszeitraum] für jeden Warentyp ermittelt wurden. Zweitens wurde in dem Beispiel angenommen, dass alle an einem bestimmten Tag abgeschlossenen Verkaufsaufträge zu einem ähnlichen Zeitpunkt erfüllt werden, was sich als unzutreffend erwiesen hat. Tatsächlich hatte einer der ausführenden Hersteller in einem anderen Vorbringen dargelegt, dass die Vorlaufzeit zwischen dem Abschluss der Produktion und der Abholung der Ware durch den Abnehmer auf dem Inlandsmarkt viel länger sei als bei den Ausfuhrverkäufen. Daher gelangte die Kommission zu dem Schluss, dass das von den Unternehmen angegebene Beispiel auf den vorliegenden Sachverhalt nicht zutrifft. Darüber hinaus legte keines der Unternehmen Nachweise dafür vor, dass ihre auf EUR lautenden Ausfuhrverkäufe ursprünglich auf der Grundlage ihres USD-Preises ausgehandelt wurden. Vielmehr waren die Verkaufsverträge und/oder Verkaufsaufträge für diese Ausfuhrverkäufe direkt in EUR ausgewiesen, ohne dass auf USD Bezug genommen wurde. Eine Umrechnung von EUR in TRY mit Zwischenumrechnung in USD wurde daher als unerheblich angesehen. Aus diesem Grund lehnte die Kommission die beantragte Berichtigung auf der Grundlage von Artikel 2 Absatz 10 Buchstabe j der Grundverordnung ab.
(101) Darüber hinaus behaupteten die Unternehmen zwar, die Ausfuhrgeschäfte mit einzelnen Absicherungsgeschäften verknüpfen zu können, doch diese hätten nach Verkaufsabschluss noch angepasst werden können (was in vielen Fällen auch erfolgt ist), nämlich abhängig davon, wie sich der Finanzausblick entwickelt und eine möglichst hohe Rendite für die Unternehmen erzielt werden kann. Die Kommission war daher der Auffassung, dass die Absicherung mit dem betreffenden Ausfuhrverkauf nicht unmittelbar verknüpft werden konnte und dass es den tatsächlichen Ausfuhrpreis hätte verfälschen können, wenn der Terminverkaufspreis zugrunde gelegt worden wäre.“
III. Vorgeschichte der Rechtsstreitigkeiten, die Verfahren vor dem Gericht und angefochtene Urteile
A. Rechtssache C ‑498/24 P (Çolakoğlu Metalurji und Çolakoğlu Dış Ticaret/Kommission)
1. Vorgeschichte des Rechtsstreits
9. Die in den Rn. 2 bis 10 des in der Rechtssache C‑498/24 P angefochtenen Urteils dargestellte Vorgeschichte des Rechtsstreits lässt sich wie folgt zusammenfassen.
10. Die Çolakoğlu Metalurji AŞ (im Folgenden: CM) ist ein türkischer ausführender Hersteller warmgewalzter Flacherzeugnisse, und bei der Çolakoğlu Dış Ticaret AŞ (im Folgenden: ÇOTAŞ) handelt es sich um eine mit ihr verbundene türkische Handels- und Ausfuhrgesellschaft.
11. Am 14. Mai 2020 leitete die Kommission eine Antidumpinguntersuchung betreffend die Einfuhren bestimmter warmgewalzter Flacherzeugnisse aus Eisen, nicht legiertem Stahl oder anderem legiertem Stahl (im Folgenden: betroffene Ware) mit Ursprung in der Türkei ein.
12. Die Untersuchung betraf den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2019 (im Folgenden: Untersuchungszeitraum). Die Untersuchung der für die Schadensanalyse relevanten Entwicklungen betraf den Zeitraum vom 1. Januar 2016 bis zum Ende des Untersuchungszeitraums.
13. Am 6. Januar 2021 erließ die Kommission die Durchführungsverordnung (EU) 2021/9 zur Einführung eines vorläufigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren bestimmter warmgewalzter Flacherzeugnisse aus Eisen, nicht legiertem Stahl oder anderem legiertem Stahl mit Ursprung in der Türkei (im Folgenden: vorläufige Verordnung)(8 ), mit der die Ausfuhren der Rechtsmittelführerinnen in die Union mit einem vorläufigen Antidumpingzoll von 7,6 % belegt wurden.
14. Am 5. Juli 2021 erließ die Kommission die streitige Verordnung, mit der ein Antidumpingzoll von 7,3 % auf die Einfuhren der von den Rechtsmittelführerinnen hergestellten betroffenen Ware in die Union eingeführt wurde.
2. Verfahren vor dem Gericht und in der Rechtssache C ‑498/24 P angefochtene s Urteil
15. Mit Klageschrift, die am 29. September 2021 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhoben CM und ÇOTAŞ Klage auf Nichtigerklärung der streitigen Verordnung.
16. Zur Begründung ihrer Klage machten die Rechtsmittelführerinnen vier Klagegründe geltend. Mit dem ersten Klagegrund wurde ein Verstoß gegen Art. 2 Abs. 10 Buchst. i der Grundverordnung gerügt. Der zweite Klagegrund beruhte auf einem Verstoß gegen Art. 2 Abs. 10 Buchst. b der Grundverordnung, soweit eine Berichtigung davon abhängig gemacht worden sei, dass Einfuhrzölle gezahlt worden seien. Der dritte Klagegrund war auf einen offensichtlichen Beurteilungsfehler aufgrund der Weigerung, die Dumpingspanne vierteljährlich zu berechnen, und einen daraus folgenden Verstoß gegen Art. 2 Abs. 10 der Grundverordnung gestützt. Mit dem vierten Klagegrund wurde ein Verstoß gegen Art. 2 Abs. 10 Buchst. j der Grundverordnung gerügt, weil die Berichtigung nach Maßgabe der Sicherungsgewinne und ‑verluste abgelehnt worden sei.
17. Mit dem in der Rechtssache C‑498/24 P angefochtenen Urteil hat das Gericht diese vier Klagegründe zurückgewiesen und mithin die Klage insgesamt abgewiesen.
B. Rechtssache C ‑499/24 (Ereğli Demir ve Çelik Fabrikaları u. a./Kommission)
1. Vorgeschichte des Rechtsstreits
18. Die in den Rn. 2 bis 10 des in der Rechtssache C‑499/24 P angefochtenen Urteils dargestellte Vorgeschichte des Rechtsstreits lässt sich wie folgt zusammenfassen.
19. Bei den Rechtsmittelführerinnen handelt es sich um Gesellschaften türkischen Rechts. Die Ereğli Demir ve Çelik Fabrikaları TAŞ und die İskenderun Demir ve Çelik AŞ sind in der Herstellung und im Vertrieb warmgewalzter Flacherzeugnisse tätig. Die Erdemir Çelik Servis Merkezi Sanayi ve Ticaret AŞ ist ein mit ihnen verbundener Händler.
20. Am 14. Mai 2020 leitete die Kommission eine Antidumpinguntersuchung betreffend die Einfuhren bestimmter warmgewalzter Flacherzeugnisse aus Eisen, nicht legiertem Stahl oder anderem legiertem Stahl mit Ursprung in der Türkei ein (im Folgenden: Untersuchung).
21. Die Untersuchung betraf den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2019. Die Untersuchung der für die Schadensanalyse relevanten Entwicklungen betraf den Zeitraum vom 1. Januar 2016 bis zum Ende des Untersuchungszeitraums. Die Rechtsmittelführerinnen reichten ihre schriftlichen Stellungnahmen im Lauf der Untersuchung ein.
22. Am 6. Januar 2021 erließ die Kommission die vorläufige Verordnung, mit der die Ausfuhren der Rechtsmittelführerinnen in die Union mit einem vorläufigen Antidumpingzoll von 5,4 % belegt wurden.
23. Am 5. Juli 2021 erließ die Kommission die streitige Verordnung, mit der ein Antidumpingzoll von 5 % auf die Einfuhren der von den Rechtsmittelführerinnen hergestellten betroffenen Ware in die Union eingeführt wurde.
2. Verfahren vor dem Gericht und in der Rechtssache C ‑49 9 /24 P angefochtene s Urteil
24. Mit Klageschrift, die am 29. September 2021 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhoben die Rechtsmittelführerinnen Klage auf Nichtigerklärung der streitigen Verordnung.
25. Zur Begründung ihrer Nichtigkeitsklage machten die Rechtsmittelführerinnen vier Klagegründe geltend. Mit dem ersten Klagegrund wurde ein Verstoß gegen Art. 2 Abs. 10 Sätze 1 bis 3 und 5 sowie gegen Art. 2 Abs. 10 Buchst. j der Grundverordnung sowie ein Verstoß gegen deren Art. 2 Abs. 5 gerügt. Mit dem zweiten Klagegrund wurde geltend gemacht, dass die Ablehnung der Berichtigung nach Maßgabe der Sicherungsgewinne und ‑verluste durch die Kommission gegen Art. 2 Abs. 10 Buchst. j der Grundverordnung, gegen Art. 2.4 des Antidumping-Übereinkommens und gegen den Grundsatz der guten Verwaltung verstoßen habe. Mit ihrem dritten Klagegrund rügten die Rechtsmittelführerinnen Verstöße gegen Art. 2 Abs. 5 und 6 der Grundverordnung und gegen deren Art. 2 Abs. 10 Sätze 1 bis 3. Der vierte Klagegrund schließlich betraf einen Verstoß gegen Art. 2 Abs. 6 der Grundverordnung und gegen Art. 2.2.2 des Antidumping-Übereinkommens.
26. Mit dem in der Rechtssache C‑499/24 P angefochtenen Urteil hat das Gericht diese vier Klagegründe zurückgewiesen und mithin die Klage insgesamt abgewiesen.
C. Verfahren vor dem Gerichtshof und Anträge der Parteien
27. Die Rechtsmittel in den Rechtssachen C‑498/24 P und C‑499/24 P sind am 17. Juli 2024 eingereicht und am selben Tag in das Register der Kanzlei des Gerichtshofs eingetragen worden.
28. Mit ihren jeweiligen Rechtsmitteln beantragen die Rechtsmittelführerinnen,
– die angefochtenen Urteile aufzuheben, die streitige Verordnung für nichtig zu erklären und der Kommission die Kosten, die ihnen im Zusammenhang mit dem Rechtsmittelverfahren entstanden sind, sowie die Kosten des Verfahrens vor dem Gericht aufzuerlegen und,
– hilfsweise, die Sache an das Gericht zurückzuverweisen und die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens vor dem Gericht und des Rechtsmittelverfahrens vorzubehalten.
29. Die Kommission beantragt,
– die Rechtsmittel zurückzuweisen und
– den Rechtsmittelführerinnen die Kosten des Rechtsmittelverfahrens aufzuerlegen.
30. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung hat der Gerichtshof gemäß Art. 76 Abs. 2 der Verfahrensordnung abgesehen.
IV. Rechtliche Würdigung
A. Vorbemerkungen
1. Die Europäische Union im multilateralen Handelssystem
31. Die WTO gewährleistet die Wahrung eines auf verbindlichen Regeln beruhenden multilateralen Handelssystems. Als regionale Organisation mit eigener Rechtspersönlichkeit genießt die Europäische Union eine besondere Stellung innerhalb der WTO, in der sie neben ihren Mitgliedstaaten einen Sitz als Vollmitglied hat(9 ). Im Hinblick auf die ausschließliche Zuständigkeit, die ihr Art. 3 Abs. 1 Buchst. e AEUV im Bereich der gemeinsamen Handelspolitik verleiht, hat die Union die internationalen Verpflichtungen ihrer Mitgliedstaaten, insbesondere die aus den WTO-Übereinkommen, übernommen. Das Antidumping-Übereinkommen, das integraler Bestandteil dieses Regelwerks ist, regelt sowohl die materiellen Voraussetzungen als auch die Verfahrensvorschriften für die Einführung, Anwendung und Aufrechterhaltung von Antidumpingmaßnahmen. Bei Nichtbeachtung dieser Vorschriften besteht die Gefahr, dass die eingeführten Maßnahmen im Rahmen des Streitbeilegungsmechanismus der WTO angefochten werden(10 ).
32. Zur Umsetzung dieser internationalen Verpflichtungen in die Rechtsordnung der Union hat der europäische Gesetzgeber nach Art. 207 Abs. 2 AEUV die Grundverordnung im Bereich handelspolitischer Schutzmaßnahmen erlassen. Dieser Rechtsakt legt fest, unter welchen Voraussetzungen die Kommission befugt ist, gegen unlautere Handelspraktiken von in Drittländern ansässigen Ausführern vorzugehen, wenn diese zu einer Schädigung des europäischen Wirtschaftszweigs führen. In diesem Rahmen übt die Kommission die Aufgaben einer Untersuchungs- und Entscheidungsbehörde aus, wie aus Art. 6 und Art. 9 Abs. 4 der Grundverordnung hervorgeht. Gemäß dem grundlegenden Prinzip der Rechtsstaatlichkeit unterliegt jedoch jede Entscheidung, die Rechtswirkungen entfaltet, einer wirksamen gerichtlichen Kontrolle. Demnach können die Handlungen der Kommission im Antidumpingbereich Gegenstand einer Nichtigkeitsklage vor dem Gericht sein, mit der Möglichkeit einer Nachprüfung durch den Gerichtshof in einem Rechtsmittelverfahren. Die vorliegende Rechtssache veranschaulicht die Ausübung dieser Rechtmäßigkeitskontrolle, die darauf abzielt, die Übereinstimmung der Handlungen der Kommission mit den Unionsvorschriften sowie mit den internationalen Verpflichtungen aus dem Antidumping-Übereinkommen sicherzustellen(11 ).
33. Der vierte Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑498/24 P und der sechste Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑499/24 P sind insoweit identisch , als mit ihnen im Wesentlichen die Auslegung einer Bestimmung, nämlich Art. 2 Abs. 10 Buchst. j der Grundverordnung, sowie ihre Anwendung durch die Kommission bei der Ermittlung der Dumpingspanne in Zweifel gezogen werden soll. In diesem Zusammenhang wird dem Gericht vorgeworfen, bei der Auslegung dieser Bestimmung die Rechtsauffassung der Kommission übernommen und dabei die Bedeutung von Absicherungsverträgen im Rahmen internationaler Handelsgeschäfte verkannt zu haben.
34. Da sich das Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen nur auf einzelne Aspekte der in Rede stehenden Regelung bezieht, ohne dass ihre hinter diesem Vorbringen stehenden Absichten klar zu erkennen sind, werde ich der Klarheit halber mit einer Darstellung dieser Regelung beginnen, um besser verständlich zu machen, worum es in den vorliegenden Rechtssachen genau geht. Zu diesem Zweck werde ich insbesondere erläutern, wie die Dumpingspanne in der Praxis berechnet wird(12 ) und wie zu verfahren ist, wenn im Rahmen der Vorgänge verschiedene Währungen im Spiel sind(13 ). Im Übrigen werde ich erläutern, welche Funktion die Absicherungsverträge haben, auf die sich die Rechtsmittelführerinnen berufen, und auf die Frage eingehen, ob die Kommission verpflichtet ist, solche zwischen Privatparteien geschlossenen Vereinbarungen bei ihren Berechnungen zu berücksichtigen(14 ). Diese vorausgeschickten Erläuterungen werden eine bessere Beurteilung der Stichhaltigkeit des Vorbringens der Parteien ermöglichen. Im letzten Teil der Schlussanträge wird der gemeinsame Rechtsmittelgrund einer eingehenden Prüfung unterzogen(15 ).
2. Regelungen zur Ermittlung der Dumpingspanne
35. Gemäß Art. 1 Abs. 2 der Grundverordnung gilt eine Ware als gedumpt, wenn ihr Preis bei der Ausfuhr in die Union niedriger ist als der vergleichbare Preis einer zum Verbrauch im Ausfuhrland bestimmten gleichartigen Ware im normalen Handelsverkehr. Das Dumping wird mithin durch den Vergleich zweier Werte ermittelt: Ein erster Wert, der dem Preis der Ware auf dem Inlandsmarkt des betreffenden Drittlands entspricht, wird als „Normalwert“ bezeichnet; der zweite Wert ist der „Ausfuhrpreis“ der betroffenen Ware bei der Ausfuhr in die Europäische Union. Als Ergebnis erhält man die „Dumpingspanne“, also nach der Begriffsbestimmung in Art. 2 Abs. 12 der Grundverordnung den „Betrag, um den der Normalwert den Ausfuhrpreis übersteigt“.
36. Wie der Gerichtshof in seiner Rechtsprechung festgestellt hat(16 ), stellt die Ermittlung des Normalwerts einer Ware einen der wesentlichen Schritte zur Ermittlung eines möglichen Dumpings dar. Art. 2 Abs. 1 Unterabs. 1 der Grundverordnung sieht dazu vor, dass sich der Normalwert normalerweise auf die Preise stützt, die im normalen Handelsverkehr von unabhängigen Abnehmern im Ausfuhrland gezahlt wurden oder zu zahlen sind. Der Ausfuhrpreis entspricht laut Art. 2 Abs. 8 der Grundverordnung dem tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preis der zur Ausfuhr aus dem Ausfuhrland in die Union verkauften Ware. Dabei handelt es sich um den Preis der Ware an der Grenze der Union, d. h. vor deren Eintritt in den Unionsmarkt, nicht um den Preis, der bei der Vermarktung dieser Ware in der Union gezahlt worden ist.
37. Sind diese beiden Werte ermittelt, ist zwischen ihnen ein Vergleich durchzuführen, der gemäß den Anforderungen des Art. 2 Abs. 10 der Grundverordnung „gerecht“ und „auf derselben Handelsstufe“ erfolgen muss. Um diesen Vergleich zu ermöglichen, werden Berichtigungen vorgenommen. Beantragt eine Partei solche Berichtigungen, muss sie den Nachweis erbringen, dass ihr Antrag berechtigt ist(17 ). In der Praxis vergleicht die Kommission die Preise – d. h. den Normalwert und den Ausfuhrpreis – auf der Stufe „ab Werk“ und zieht die Kosten ab, die beim Verkauf der Ware anfallen.
38. Gemäß Art. 2 Abs. 11 der Grundverordnung wird die Dumpingspanne entweder anhand einer sogenannten „symmetrischen“ Methode ermittelt, nämlich durch einen Vergleich des gewogenen durchschnittlichen Normalwerts mit dem gewogenen Durchschnitt der Preise aller Ausfuhrgeschäfte in die Union, oder anhand einer sogenannten „asymmetrischen“ Methode, nämlich durch einen Vergleich eines gewogenen durchschnittlichen Normalwerts mit den Preisen jedes einzelnen Ausfuhrgeschäfts in die Union. Unabhängig davon, welche Methode gewählt wird, muss sie das festgestellte Dumping zuverlässig in vollem Umfang widerspiegeln. Die genaue Berechnung der Dumpingspanne ist in der Praxis von besonderer Bedeutung, da der gegebenenfalls eingeführte Antidumpingzoll diese Dumpingspanne nicht überschreiten darf(18 ).
3. Praktische Schwierigkeiten bei der Berechnung der Dumpingspanne, insbesondere hinsichtlich der Berücksichtigung verschiedener Währungen
39. Die genaue Berechnung der Dumpingspanne ist in der Praxis häufig schwierig. Besondere Sorgfalt ist insbesondere aufgrund der in Art. 2 Abs. 10 der Grundverordnung vorgesehenen Anforderung geboten, wonach der Vergleich zwischen dem Ausfuhrpreis und dem Normalwert „gerecht“ sein muss. Diese Bestimmung des Unionsrechts definiert nicht, was unter dem Begriff „gerechter Vergleich“ zu verstehen ist. Allerdings wurde der entsprechende Begriff des „fairen Vergleichs“ in Art. 2.4 des Antidumping-Übereinkommens, in dem Art. 2 Abs. 10 der Grundverordnung seine Grundlage hat, auf WTO-Ebene so ausgelegt, dass der Vergleich „unparteiisch und objektiv“ sein muss(19 ). Die Verpflichtung, einen „gerechten Vergleich“ zu gewährleisten, wird so verstanden, dass sie sich auf alle Bestimmungen von Art. 2 des Antidumping-Übereinkommens erstreckt(20 ).
40. Im Interesse einer mit dem WTO-Recht in Einklang stehenden Auslegung(21 ) ist es angezeigt, dass dieselben Grundsätze auch für die Bestimmungen von Art. 2 der Grundverordnung gelten. Ein solcher Ansatz ist insbesondere dadurch gerechtfertigt, dass der Unionsgesetzgeber ausdrücklich beschlossen hat, die Bestimmungen des WTO-Rechts im Bereich der Antidumpingmaßnahmen im Unionsrecht getreu wiederzugeben(22 ).
41. Ein aussagekräftiger Vergleich zwischen dem Ausfuhrpreis und dem für den Verbrauch auf dem Inlandsmarkt des Ausfuhrlandes verlangten Preis setzt logischerweise voraus, dass beide Werte in ein und derselben Währung ausgedrückt sind – eine Bedingung, die im internationalen Handel in der Praxis nicht immer erfüllt ist(23 ). Daraus ergibt sich das Erfordernis, den einen dieser Preise in die Referenzwährung des anderen Marktes umzurechnen, ein Vorgang, der zwar technisch gesehen neutral erscheint, jedoch eine Reihe methodischer und rechtlicher Fragen aufwirft, die nachstehend dargelegt werden sollen.
42. Besondere Schwierigkeiten bei der Berechnung der Dumpingspanne treten namentlich dann auf, wenn verschiedene Währungen verwendet werden, da Wechselkursschwankungen den tatsächlichen Wert der betreffenden Waren verfälschen und damit den Umfang der Dumpingspanne beeinflussen können(24 ). Denn der Umrechnungskurs zwischen den betreffenden Währungen kann nach Maßgabe des für die Preisermittlung herangezogenen Zeitpunkts variieren. Wird die Umrechnung nicht mit einem geeigneten Wechselkurs vorgenommen, kann der Preisvergleich durch eine Untersuchungsbehörde zu einer fehlerhaften Bemessung der Dumpingspanne führen, was gegen das Erfordernis eines „gerechten Vergleichs“ verstößt(25 ). Daher ist es unerlässlich, in einem solchen Fall über einheitliche Kriterien zu verfügen, die es der zuständigen Behörde ermöglichen, im Rahmen der Berechnung die sich aus den Wechselkursschwankungen ergebenden Verzerrungen zu beseitigen.
43. Art. 2 Abs. 10 Buchst. j der Grundverordnung, um den es in den vorliegenden Verfahren geht, enthält spezifische Bestimmungen über die beim Vergleich zwischen dem Ausfuhrpreis und dem Normalwert vorzunehmenden Währungsumrechnungen. Im Allgemeinen werden die Ausfuhrpreise nicht in der Landeswährung des Ausfuhrlandes angegeben, sondern in einer der international am häufigsten gehandelten Währungen. Eine Währungsumrechnung ist daher im Sinne von Satz 1 dieser Bestimmung „erforderlich“, wenn der Normalwert in der Landeswährung der Ausführer angegeben ist, die eine andere ist als die für Ausfuhrverkäufe verwendete Währung. Umgekehrt würde es dieser Bestimmung zuwiderlaufen, eine Währungsumrechnung vorzunehmen, wenn die zu vergleichenden Preise bereits in derselben Währung angegeben sind(26 ). In der Praxis müssen die untersuchenden Behörden bei der Ermittlung, ob sich eine Währungsumrechnung als erforderlich erweist, überprüfen, ob die Verkäufe in ein und derselben Währung getätigt wurden.
44. Nach Art. 2 Abs. 10 Buchst. j Satz 1 der Grundverordnung ist bei der Umrechnung grundsätzlich auf den „Wechselkurs vom Verkaufstag“ abzustellen. Gemäß Satz 2 „entspricht das Datum des Verkaufs [normalerweise] dem Datum der Rechnung, jedoch kann auch das Datum des Vertrags, des Kaufauftrags oder der Auftragsbestätigung herangezogen werden, wenn diese für die Ermittlung der wesentlichen Verkaufsbedingungen eher geeignet sind“(27 ). Jedenfalls ist es wichtig, einen Zeitpunkt festzulegen, der für die Feststellung der wesentlichen Verkaufsbedingungen die besten Garantien bietet. Der Nachweis muss im Einzelfall von der Kommission oder der betroffenen Partei erbracht werden. Rahmenverträge oder bloße Absichtserklärungen erfüllen diese Kriterien in der Regel nicht(28 ). Abweichend von diesem Grundsatz ist „der beim Terminverkauf angewandte Wechselkurs“ heranzuziehen, wenn ein Devisenverkauf auf Terminmärkten unmittelbar mit dem fraglichen Ausfuhrgeschäft in Zusammenhang steht. Auf diese letztgenannte Variante werde ich im weiteren Verlauf der vorliegenden Schlussanträge näher eingehen.
45. Mit der Festlegung einer Regel für den geeigneten Zeitpunkt der Ermittlung des Wechselkurses („Verkaufstag“) gehen das Antidumping-Übereinkommen und die Grundverordnung ganz selbstverständlich von dem Grundsatz aus, dass die Umrechnung nur auf der Grundlage von Wechselkursen erfolgen kann. Somit ist jede andere Umrechnungsmethode ausdrücklich ausgeschlossen. Damit scheiden insbesondere abstrakte Werte, wie die u. a. von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und der Organisation der Vereinten Nationen (UNO) errechneten Verbraucherkaufkraftparitäten als maßgebende Referenzgrößen aus. Auch die konkreten Auswirkungen der Einfuhren zu Dumpingpreisen auf den Wirtschaftszweig der Union werden anhand der amtlichen Wechselkurse ermittelt, die den internationalen Handelsgeschäften zugrunde liegen.
46. Weder im Antidumping-Übereinkommen noch in der Grundverordnung wird angegeben, welcher Quelle die Wechselkurse zu entnehmen sind. In der Praxis finden die von der Europäischen Zentralbank veröffentlichten Wechselkurse Anwendung. Stellt diese für eine bestimmte Währung keinen Wechselkurs zur Verfügung, werden im Allgemeinen die vom Internationalen Währungsfonds ermittelten Wechselkurse angewandt. Die Kommission verwendet die monatlichen Wechselkurse – außer im Fall einer erheblichen Abwertung, in dem sie auf die Tageswechselkurse abstellen kann. Es ist daher ohne Belang, ob der ausführende Hersteller in seinen Kostenrechnungssystemen zu internen Zwecken andere Kurse verwendet, ungeachtet dessen, dass die Kommission aus praktischen Gründen in zahlreichen Untersuchungsverfahren zur Erhebung und Überprüfung der Daten häufig auf die vom Unternehmen üblicherweise angewandte Umrechnung abstellt(29 ).
47. Außerhalb der in Art. 2.4.1 des Antidumping-Übereinkommens aufgestellten Grundsätze, die in der Unionsrechtsordnung in Art. 2 Abs. 10 Buchst. j der Grundverordnung wiederzufinden sind, verfügen die untersuchenden Behörden in Bezug auf weitere Aspekte der Währungsumrechnung über ein Ermessen. Beispielsweise rechnen diese Behörden für gewöhnlich die Ausfuhrwährung in die nationale Währung des Ausfuhrlandes um. Sie können sich aber auch dafür entscheiden, die für örtliche Verkäufe verwendete Währung in die bei der Durchführung von Ausfuhrverkäufen verwendete Währung umzurechnen(30 ). Im Allgemeinen wird der Ausfuhrpreis auf der Grundlage des durchschnittlichen Wechselkurses im Untersuchungszeitraum in die nationale Währung des Ausfuhrlandes umgerechnet(31 ).
48. Schließlich bedarf es noch des Hinweises, dass der Unionsgesetzgeber unter Abweichung von den Bestimmungen des Antidumping-Übereinkommens die für Währungsumrechnungen geltenden Regeln in einen rechtlichen Rahmen eingebettet hat, der den Wirtschaftsteilnehmern das Recht verleiht, die Berichtigung der Werte zu beantragen , die mit Faktoren in Zusammenhang stehen, die sich nachweislich auf die Preise und dementsprechend auf deren Vergleichbarkeit auswirken. Diesem Umstand kommt besondere Bedeutung zu, da er es den Unternehmen ermöglicht, bei der Kommission aktiv an Berichtigungen der Berechnung der Dumpingspanne mitzuwirken.
4. Zur Bedeutung von Absicherungsver einbarunge n im internationale n Handels verkehr
49. Um sich gegen die finanziellen Risiken im Zusammenhang mit Wechselkursschwankungen oder Rohstoffkursänderungen zu wappnen, machen die Wirtschaftsteilnehmer häufig von Absicherungsverträgen Gebrauch oder nehmen in ihre Vereinbarungen vertragliche Umrechnungsklauseln auf. Währungsabsicherungsinstrumente bewirken die Festschreibung eines Wechselkurses für ein künftiges Geschäft. Durch einen solchen Mechanismus kann beispielsweise ein Wirtschaftsteilnehmer, der seine Preise in Euro festgelegt hat, erreichen, dass ihm im Fall einer Abwertung des Euro die Währungsabsicherung gleichwohl den Erhalt eines vorhersehbaren Betrags in seiner nationalen Währung garantiert.
50. Bei diesen Absicherungsverträgen handelt es sich um Vereinbarungen zwischen Privatparteien, die das interne Risikomanagement zum Gegenstand haben und sich grundsätzlich in keiner Weise rechtlich auf die von der Untersuchungsbehörde angewandte Methode zur Berechnung der Dumpingspanne auswirken. Insbesondere haben diese Verträge keinerlei Einfluss auf die Politik der Kommission im Bereich der Wechselkurse. Auch können sie nicht von der Verantwortlichkeit im Hinblick auf die Antidumpingzölle entbinden. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass es die Kommission in der Vergangenheit systematisch abgelehnt hat, einen anderen als den amtlichen Wechselkurs anzuwenden, wodurch sie jede Berücksichtigung von Terminverträgen oder Absicherungsgeschäften ausgeschlossen hat(32 ).
51. Die Gründe dafür, dass die Weigerung, solchen Absicherungsvereinbarungen irgendeine rechtliche Bedeutung beizumessen, grundsätzlich gerechtfertigt ist, liegen auf der Hand und ergeben sich bereits aus den vorstehend dargelegten Erwägungen zur Berechnung der Dumpingspanne. Als Erstes ist festzustellen, dass die Grundverordnung solche Verträge im Rahmen des in Art. 2 Abs. 10 Buchst. j der Grundverordnung aufgestellten Grundsatzes an keiner Stelle erwähnt.
52. Als Zweites ist anzumerken, dass nur die von der Kommission herangezogene, auf der Verwendung der amtlichen Wechselkurse beruhende Methode geeignet ist, das für die Umrechnung des Normalpreises und die des Ausfuhrpreises erforderliche Maß an Neutralität zu gewährleisten, da nur durch sie der Schutz vor jeglicher Einflussnahme Dritter gewahrt bleibt, die eigene finanzielle Interessen verfolgen können(33 ).
53. Außerdem entspricht diese Methode in vollem Umfang den Anforderungen, die an die Transparenz des Verwaltungshandels gestellt werden, da sie es den betroffenen Parteien – Unternehmen und Drittstaaten – ermöglicht, zu verstehen, nach welchen Modalitäten die Kommission ihre Befugnisse ausübt, und zu überprüfen, ob dieses Verwaltungshandeln mit den Regeln des multilateralen Handelssystems in Einklang steht.
54. Im Übrigen ermöglicht diese Praxis aufgrund ihrer Konstanz sowie des Umstands, dass die Kommission regelmäßig in ihren Beschlüssen – im vorliegenden Fall im 98. Erwägungsgrund der streitigen Verordnung(34 ) – die Beibehaltung dieser Praxis begründet, den Unionsgerichten die Ausübung einer wirksamen gerichtlichen Kontrolle.
55. Sollte die Kommission hingegen im Rahmen der Berechnung der Dumpingspanne für die Währungsumrechnung ausschließlich die zwischen Privatparteien geschlossenen Vereinbarungen zum ausschlaggebenden Kriterium erheben, bestünde die ernsthafte Gefahr, dass sich ihre Verwaltungspraxis zu einer einzelfallbezogenen Vorgehensweise entwickelte, die durch eine mit den Erfordernissen der Rechtssicherheit unvereinbare Unvorhersehbarkeit geprägt wäre.
56. Eine solche Entwicklung würde die Stabilität der Handelsbeziehungen der Union mit den Drittländern unterminieren. Sie wäre auch geeignet, die institutionelle Glaubwürdigkeit der Kommission zu erschüttern, indem sie zu Unrecht zu verstehen gäbe, dass die anwendbare Umrechnungsmethode der Willkür oder dem Einfluss privater Interessen unterworfen sein könnte.
57. Zudem wäre nicht auszuschließen, dass Drittstaaten dazu angeregt würden, durch die vertragliche Festlegung abstrakter oder autonomer Wechselkurse durch private Wirtschaftsteilnehmer einen unangemessenen Einfluss auf die Verwaltungspraxis der Kommission ausüben zu wollen(35 ), was geeignet wäre, die Souveränität der Union im Bereich der gemeinsamen Handelspolitik zu beeinträchtigen. Zur Vermeidung solcher Risiken ist es wichtig, die gängige Praxis der Kommission beizubehalten, die im Übrigen durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs ausdrücklich anerkannt wurde(36 ).
58. Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen sind Absicherungsverträge jedoch im Rahmen der in Art. 2 Abs. 10 Buchst. j der Grundverordnung vorgesehenen Ausnahme für Termingeschäfte zu berücksichtigen. Nach dieser Bestimmung ist „der beim Terminverkauf angewandte Wechselkurs“ heranzuziehen, wenn ein Devisenverkauf bei Termingeschäften unmittelbar mit dem Ausfuhrgeschäft in Zusammenhang steht. Mit anderen Worten muss der Absicherungsvertrag mit dem beim untersuchten Ausfuhrverkauf tatsächlich in Rechnung gestellten Preis in unmittelbarem Zusammenhang stehen.
59. Im Interesse terminologischer Präzision ist darauf hinzuweisen, dass unter einer „Absicherung“ ein finanzielles Instrument zu verstehen ist, das dazu bestimmt ist, das finanzielle Risiko, dem ein Unternehmen ausgesetzt ist, zu verringern oder auszuschalten. In dieser Hinsicht fungiert der Devisenterminvertrag als eine zum Zeitpunkt seines Abschlusses eingegangene feste Verpflichtung, einen bestimmten Devisenbetrag zu einem im Voraus festgelegten Wechselkurs und zu einem vereinbarten Fälligkeitstermin zu übertragen, wodurch das Ergebnis der Währungsumrechnung unabhängig von späteren Marktschwankungen gesichert wird.
60. Außerdem darf das Absicherungsinstrument nicht allgemeiner oder spekulativer Natur sein, sondern muss mit im Untersuchungszeitraum erfolgten spezifischen Geschäften oder Verkäufen verknüpft sein. Der Ausführer hat aktiv und anhand von Unterlagen darzutun, dass der Absicherungsvertrag den Ausfuhrpreis derart beeinflusst, dass sich eine Berichtigung als gerechtfertigt erweist. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, gilt der Grundsatz und wird der am Verkaufstag geltende amtliche Wechselkurs zugrunde gelegt.
61. Bei der weiteren Würdigung sind der vierte Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑498/24 P und der sechste Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑499/24 P im Licht der vorstehenden Erwägungen zu prüfen. Bei dieser Würdigung sind diese im Wesentlichen auf gleichlautendem Vorbringen beruhenden Rechtsmittelgründe zusammen zu prüfen. Zunächst sind jedoch die Gründe der angefochtenen Urteile sowie das gegen sie geltend gemachte Rechtsmittelvorbringen der Parteien in Erinnerung zu rufen.
B. Prüfung der Rechtsmittelgründe
1. In den angefochtenen Urteil en enthaltene Begründung des Gerichts
62. Wie bereits erwähnt(37 ) hat das Gericht in den angefochtenen Urteilen die u. a. auf einen Verstoß gegen Art. 2 Abs. 10 Buchst. j der Grundverordnung gestützten Nichtigkeitsklagen der Rechtsmittelführerinnen abgewiesen(38 ).
63. Es hat insbesondere darauf hingewiesen, dass die Absicherungsverträge, auf die die Rechtsmittelführerinnen ihren Antrag auf Berichtigung im Rahmen der vorgenannten Bestimmung gestützt hatten, auf Euro lautende Ausfuhrverkäufe betroffen hätten und dass das Umrechnungsrisiko in allen Verträgen gegenüber dem US-Dollar abgesichert gewesen sei. Da die Kommission jedoch einen gerechten Vergleich zwischen dem in türkischen Lira ausgewiesenen Normalwert und dem Ausfuhrpreis habe sicherstellen müssen, habe sie sämtliche auf Euro lautenden Ausfuhrgeschäfte unmittelbar in türkische Lira umgerechnet, da eine Zwischenumrechnung in US-Dollar nicht erforderlich gewesen sei, um einen gerechten Vergleich zu gewährleisten(39 ).
64. Das Gericht hat ferner festgestellt, dass der Wechselkurs vom Euro zum US-Dollar, der in den Absicherungsverträgen vorgesehen sei, auf die sich die Rechtsmittelführerinnen berufen hätten, um eine Berichtigung gemäß Art. 2 Abs. 10 Buchst. j der Grundverordnung zu beantragen, für die Absicherung in US-Dollar angegeben gewesen sei, aber nichts mit der Umrechnung zu tun habe, die die Kommission vorzunehmen gehabt habe, um einen gerechten Vergleich zwischen dem Normalwert und dem Ausfuhrpreis sicherzustellen(40 ). Für die Zwecke dieser Umrechnung waren die von den Rechtsmittelführerinnen angeführten Absicherungsverträge – wie im 98. Erwägungsgrund der streitigen Verordnung angegeben – dementsprechend unerheblich.
65. Das Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen im ersten Rechtszug, die Kommission habe den in den Absicherungsverträgen vorgesehenen Umrechnungskurs anwenden müssen, wurde daher als unbegründet zurückgewiesen(41 ). In Anbetracht der fehlenden Relevanz der Absicherungsverträge, auf die sich die Rechtsmittelführerinnen berufen hatten, um eine Berichtigung gemäß Art. 2 Abs. 10 Buchst. j der Grundverordnung zu beantragen, hat das Gericht daher auch das weitere auf einen angeblichen Verstoß gegen Art. 2 Abs. 10 Buchst. j der Grundverordnung gestützte Vorbringen zurückgewiesen, dass ein Verstoß gegen den Grundsatz der guten Verwaltung gegeben sei(42 ).
2. Erklärungen der Parteien
a) Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen
66. Nach Ansicht der Rechtsmittelführerinnen sollte der Verkaufstag, da Art. 2 Abs. 10 Buchst. j der Grundverordnung den Schwerpunkt eher auf diesen als auf die Währung und den Umrechnungskurs lege, wie das Gericht in den angefochtenen Urteilen festgestellt habe(43 ), der von der Kommission zu berücksichtigende relevante Umstand sein, da die Wechselkurse „wechselseitig verbunden“ seien. Daher müsse die für den Ausfuhrpreis relevante Währung unter Heranziehung einer Umrechnung in US-Dollar umgerechnet werden. Dieser Ansatz finde seine Bestätigung in einem der angefochtenen Urteile(44 ).
67. Hinzu komme, dass es zu einfach wäre, die Verpflichtung aus Art. 2 Abs. 10 Buchst. j Satz 1 der Grundverordnung zu umgehen, sollte der Auslegung des Gerichts zu folgen sein, wonach Absicherungsgeschäfte nur dann Berücksichtigung finden könnten, wenn das Geschäft die Währung der Rechnung und die von der Kommission angewandte Umrechnungswährung betreffe. Die Rechtsmittelführerinnen beanstanden darüber hinaus die zusätzlichen Schlussfolgerungen des Gerichts in den angefochtenen Urteilen(45 ).
b) Vorbringen der Kommission
68. Die Kommission weist darauf hin, dass die Rechtsmittelführerinnen die Ausführungen in den angefochtenen Urteilen zum begrifflichen Unterschied zwischen dem in den Absicherungsverträgen genannten Wechselkurs vom Euro zum US-Dollar und dem von der Kommission beim Vergleich des Normalwerts mit dem Ausfuhrpreis angewandten Wechselkurs nicht beanstandeten(46 ). Die Argumentation, dass die Verträge auf die Absicherung eines Wechselkursrisikos zum US-Dollar abzielten, weshalb ihre Bezugnahme auf den US-Dollar für die von der Kommission vorgenommene Umrechnung unerheblich sei, werde von den Rechtsmittelführerinnen nicht gerügt. Nach Ansicht der Kommission geht der Rechtsmittelgrund daher ins Leere.
69. Die Kommission verweist auch darauf, dass sie gemäß Art. 2 Abs. 10 der Grundverordnung bei Währungsumrechnungen zum Zwecke des Vergleichs wirtschaftlich komplexer Werte über ein weites Ermessen verfüge. Die Rechtsmittelführerinnen müssten dartun, dass die Umrechnung in die Währung des Ausfuhrlandes ein offensichtlicher Fehler sei, was sie nicht getan hätten, da sie sich lediglich auf einen Verstoß gegen den Wortlaut dieser Verordnung berufen hätten. Die angefochtenen Urteile bestätigten, dass ihr Vorbringen nicht ausreiche, um die angewandte Umrechnungsmethode in Zweifel zu ziehen.
70. Der Vergleich mache eine Währungsumrechnung erforderlich, um zwischen dem Normalwert und dem Ausfuhrpreis gleiche Ausgangsbedingungen zu gewährleisten. Den Vergleich in der Währung des Ausfuhrlandes – hier der türkischen Lira – vorzunehmen, sei gängige Praxis. Die Bezugnahme in den Absicherungsverträgen auf den US-Dollar habe allein der Absicherung eines Umrechnungsrisikos gedient und sei daher für die Gewährleistung eines gerechten Vergleichs unerheblich, zumal der Ausfuhrpreis auf Euro gelautet habe. An dieser Analyse ändere sich auch nichts durch das Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen zum „Verkaufstag“ und zur „wechselseitigen Verbundenheit der Wechselkurse“, und die angeführte Rechtsprechung bestätige in Wirklichkeit die von der Kommission angewandte Umrechnungsmethode.
3. Stellungnahme
a) Allgemeine Anmerkungen
71. Vorab ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 256 Abs. 1 Unterabs. 2 AEUV und Art. 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union das Rechtsmittel auf Rechtsfragen beschränkt ist. Daher ist allein das Gericht für die Feststellung und Würdigung der relevanten Tatsachen sowie der ihm vorgelegten Beweise zuständig. Die Würdigung dieser Tatsachen und Beweise ist somit, vorbehaltlich ihrer Verfälschung, keine Rechtsfrage, die als solche der Kontrolle des Gerichtshofs im Rahmen eines Rechtsmittels unterliegt(47 ).
72. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs können darüber hinaus im ersten Rechtszug geprüfte Rechtsfragen im Rechtsmittelverfahren erneut aufgeworfen werden, wenn ein Rechtsmittelführer die Auslegung oder Anwendung des Unionsrechts durch das Gericht beanstandet. Könnte nämlich ein Rechtsmittelführer sein Rechtsmittel nicht in dieser Weise auf bereits vor dem Gericht geltend gemachte Gründe und Argumente stützen, so würde dem Rechtsmittelverfahren ein Teil seiner Bedeutung genommen(48 ).
73. Diese allgemeinen Anmerkungen drängen sich auf, weil die Rechtsmittelführerinnen sowohl der Kommission als auch dem Gericht vorwerfen, bei der Auslegung und der Anwendung von Art. 2 Abs. 10 Buchst. j der Grundverordnung im Wesentlichen dieselben Fehler begangen zu haben. Die Rechtsfehler bestünden zum einen darin, dass die Kommission sich geweigert habe, die von den Rechtsmittelführerinnen auf der Grundlage dieser Bestimmung geforderte Berichtigung vorzunehmen, und zum anderen darin, dass das Gericht diesen Standpunkt gebilligt habe. Ganz konkret rügen die Rechtsmittelführerinnen, dass die Kommission und das Gericht den von ihnen für die Zwecke der Währungsumrechnung geschlossenen Absicherungsverträgen keinerlei rechtliche Bedeutung beigemessen hätten. Diese Umrechnung hätte über den Zwischenschritt zum US-Dollar und nicht unmittelbar vom Euro in türkische Lira erfolgen müssen.
b) Würdigung der in den angefochtenen Urteil en enthaltene n Begründung
74. Zunächst ist festzustellen, dass keine Partei des Verfahrens die Anwendbarkeit von Art. 2 Abs. 10 Buchst. j der Grundverordnung auf den Sachverhalt des vorliegenden Falles in Frage stellt. Die in Rede stehenden Geschäfte betrafen in der Türkei hergestellte und zur Ausfuhr in die Europäische Union bestimmte Waren, für die Rechnungen in verschiedenen Währungen – nämlich in Euro und US-Dollar – ausgestellt wurden. Nach dieser Bestimmung war die Kommission in diesem Zusammenhang verpflichtet, im Rahmen des Preisvergleichs eine Währungsumrechnung vorzunehmen. Der Streit zwischen der Kommission und den Rechtsmittelführerinnen, um den es im ersten Rechtszug ging, beschränkt sich ausschließlich auf die Frage nach den Modalitäten dieser Umrechnung .
75. Wenn die Rechtsmittelführerinnen geltend machen wollen, dass der Verkaufstag das für die Festlegung des anwendbaren Wechselkurses ausschlaggebende Kriterium sei , ist eine solche Aussage nicht zu beanstanden. Angesichts der den Devisenmärkten inhärenten Schwankungen ist die Ermittlung eines konkreten Zeitpunkts als Bezugsgröße für die Umrechnung geboten. Mit der Wahl des Verkaufstags wurde innerhalb des multilateralen internationalen Handelssystems eine rechtsverbindliche Entscheidung getroffen, wobei für die Bestimmung dieses Zeitpunkts verschiedene objektive Umstände herangezogen werden können, nämlich das Datum der Rechnung sowie das Datum des Vertrags, des Kaufauftrags oder der Auftragsbestätigung. Auf diesen Aspekt habe ich in meinen Vorbemerkungen aufmerksam gemacht(49 ). Allerdings ist den angefochtenen Urteilen nichts zu entnehmen, was die Annahme zuließe, dass das Gericht einen entgegengesetzten Standpunkt eingenommen hat. Daher kann nicht davon ausgegangen werden, dass ein Rechtsfehler begangen wurde.
76. Wenn die Rechtsmittelführerinnen hingegen geltend machen wollen, dass es in Ermangelung genauer unionsrechtlicher Regeln in Bezug auf die bei der Umrechnung anwendbare Währung ausschließlich Sache der Geschäftspartner sei, diese Währung in ihren Absicherungsverträgen zu bestimmen, ist eine solche Auslegung abzulehnen. Sie verkennt, dass zum einen die in Rede stehenden Waren in die Europäische Union ausgeführt wurden, so dass der Euro die anwendbare Referenzwährung darstellt, und dass zum anderen Art. 2 Abs. 10 Buchst. j der Grundverordnung in Ermangelung einer entgegenstehenden Bestimmung der Kommission ein Ermessen einräumt. Es steht fest, dass die Kommission ihre Berechnungen auf den Wechselkurs der Währung des Ausfuhrlandes stützt – hier die türkische Lira(50 ). Die Entscheidung für die Währungsumrechnung in die Währung des betreffenden Landes ist weder zufallsbedingt noch willkürlich. Die Kommission hat keine Währungsumrechnung vorgenommen, die keinerlei Bezug zu den in Rede stehenden Ausfuhrgeschäften aufwies, und Gegenteiliges legen im Übrigen auch die Rechtsmittelführerinnen nicht nahe(51 ).
77. Im vorliegenden Fall hatten die von den Rechtsmittelführerinnen geschlossenen Absicherungsverträge den einzigen Zweck, die potenziellen Wechselkursrisiken im Zusammenhang mit der Umrechnung von Euro in US-Dollar auszuschalten. Die Kommission hat jedoch eine unmittelbare Umrechnung von Euro in türkische Lira ohne den Umweg über eine Zwischenumrechnung in US-Dollar vorgenommen. Das Gericht ist daher zutreffend zu der Auffassung gelangt, dass es weder eine Rechtsgrundlage noch einen faktischen Umstand gab, der es gerechtfertigt hätte, andere Währungen als den Euro oder die türkische Lira zu berücksichtigen oder eine Zwischenumrechnung in US-Dollar vorzunehmen. Da ausweislich des 98. Erwägungsgrundes der streitigen Verordnung alle der Umrechnung unterworfenen Ausfuhrpreise ohne jegliche erkennbare Bezugnahme auf den Dollar auf Euro lauteten(52 ) und unter Berücksichtigung des Bestimmungsorts der Waren war nach Art. 2 Abs. 10 Buchst. j der Grundverordnung keine Zwischenumrechnung in US-Dollar erforderlich.
78. Diese Schlussfolgerung wird auch nicht durch das Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen entkräftet, dass die Kommission den Umweg über eine Zwischenumrechnung in Euro vorgenommen habe, anstatt von US-Dollar unmittelbar in türkische Lira umzurechnen. Wie das Gericht in den Rn. 20 bis 24 des in der Rechtssache C‑499/24 P angefochtenen Urteils ausführt, hatten die Rechtsmittelführerinnen einige interne Verkäufe in US-Dollar in Rechnung gestellt und ihre Herstellungskosten in dieser Währung angegeben. In diesem Zusammenhang entschied sich die Kommission für eine Umrechnung über den Euro, um einen gerechten Vergleich zu gewährleisten. Diese Methode kann zwar diskussionswürdig erscheinen – da man angesichts der „wechselseitigen Verbundenheit“ der Wechselkurse(53 ) an der Erforderlichkeit oder dem Mehrwert einer solchen Zwischenumrechnung Zweifel hegen könnte –, doch hat diese abweichende Vorgehensweise keine Auswirkungen auf die Analyse. Es ist nämlich durch keine gesetzliche Verpflichtung geboten, Fremdwährungsgeschäfte auf den Terminmärkten in einer anderen als der von der Kommission für den Vergleich herangezogenen Währung zu berücksichtigen.
79. Die von den Rechtsmittelführerinnen geschlossenen Absicherungsverträge waren für die streitige Währungsumrechnung unerheblich. Es gab daher keinen objektiven Grund, sie bei der Berechnung zu berücksichtigen. Das Gericht ist in den angefochtenen Urteilen daher zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass die in den Absicherungsverträgen vorgesehene Umrechnung zwischen Euro und US-Dollar keine Auswirkungen auf die von der Kommission vorgenommene Umrechnung hatte und unberücksichtigt bleiben konnte.
80. Aus Sicht des Gerichts genügte diese Feststellung, um den von den Rechtsmittelführerinnen geltend gemachten Klagegrund zurückzuweisen. Dies stellt meines Erachtens keinen Rechtsfehler dar. Wie das Gericht zutreffend ausgeführt hat, war die Kommission nicht verpflichtet, den in den Absicherungsverträgen festgelegten Wechselkurs zu berücksichtigen, sondern konnte – entsprechend den ausdrücklichen Ausführungen im 98. Erwägungsgrund der streitigen Verordnung – ihrer gefestigten Verwaltungspraxis folgen und für den Vergleich zwischen dem Normalwert und dem Ausfuhrpreis die Währung des Ausfuhrlandes, also die türkische Lira, heranziehen.
c) Ergänzende Anmerkungen
81. Obwohl die in den angefochtenen Urteilen enthaltene Begründung bereits hinreichend genau und detailliert ist, um den den Rechtsmitteln gemeinsamen Rechtsmittelgrund zurückzuweisen, möchte ich einige ergänzende Anmerkungen anfügen, um den rechtlichen Kontext besser auszuleuchten und dem Gerichtshof ein besseres Verständnis der im Mittelpunkt der fraglichen Rechtssachen stehenden Punkte zu ermöglichen.
82. Erstens ist der Akte nicht zu entnehmen, dass eine Umrechnung in US-Dollar zu einer wesentlichen Änderung des Ergebnisses der Berechnung geführt hätte, zumal die Rechtsmittelführerinnen keinerlei Nachweis eines Schadens erbracht haben. Sie haben – entsprechend den Ausführungen im 99. Erwägungsgrund der streitigen Verordnung – lediglich behauptet, dass die Umrechnung Einfluss auf die Vergleichbarkeit der Preise habe, und ein theoretisches Beispiel mit dem Vorbringen angeführt, dass der in den Absicherungsverträgen vorgesehene Wechselkurs angewandt werden müsse. Wie im 100. Erwägungsgrund der streitigen Verordnung ausgeführt wird, stellt dieses theoretische Beispiel keinen Nachweis dar, da es weder die tatsächlichen Geschäfte der Rechtsmittelführerinnen noch die Berechnung der Dumpingspanne widerspiegelt. Da die Rechtsmittelführerinnen nichts Überzeugendes vorgebracht haben, um diese Schlussfolgerung zu beanstanden, ist der Würdigung der Kommission zu folgen.
83. Hinzu kommt, dass mit dem Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen in Bezug auf die „wechselseitige Verbundenheit“ der Wechselkurse keinesfalls eine ungünstige Auswirkung der Umrechnung in türkische Lira dargetan wird; tendenziell widerspricht es vielmehr dieser Hypothese. Bestünde eine solche wechselseitige Verbundenheit, wäre der Schluss zu ziehen, dass sich daraus kein Nachteil bei der Umrechnung ergäbe. Die Kommission hat daher zu Recht darauf hingewiesen, dass die Rechtsmittelführerinnen nicht dargetan hatten, dass ein offensichtlicher Fehler der Kommission bei der Ausübung ihres Ermessens zu einem ungerechten Vergleich zwischen dem Normalwert und dem Ausfuhrpreis geführt habe.
84. Zweitens hat das Gericht mit seiner Feststellung, dass die Kommission die Absicherungsverträge nicht habe berücksichtigen müssen, letztlich zum Ausdruck gebracht, dass die Kommission nicht verpflichtet gewesen sei, bei der Ermittlung der Dumpingspanne von ihrer gefestigten Verwaltungspraxis abzuweichen. Diesem Rechtsstandpunkt ist beizupflichten. Wie in den vorliegenden Schlussanträgen ausgeführt worden ist, ist die Beibehaltung dieser Praxis im Bereich der internationale Handelbeziehungen dadurch gerechtfertigt, dass sie die Neutralität, die Objektivität, die Stabilität, die Unabhängigkeit und die Transparenz des Verwaltungshandelns gewährleistet(54 ).
85. Diese dem Gemeinwohl dienende Ziele gehen den privaten Interessen der Wirtschaftsteilnehmer vor. Bei den Absicherungsverträgen handelt es sich um privatrechtliche Vereinbarungen mit dem einzigen Zweck des internen Risikomanagements, die grundsätzlich keine rechtlichen Auswirkungen auf die von der untersuchenden Behörde angewandte Methode zur Berechnung der Dumpingspanne entfalten können. Die Kommission war daher nicht verpflichtet, ihre Berechnungen an die von den Parteien gewählten Währungen oder Wechselkurse anzupassen.
86. Es ist darauf hinzuweisen, dass die Unionsorgane nach ständiger Rechtsprechung im Bereich der gemeinsamen Handelspolitik, insbesondere im Bereich handelspolitischer Schutzmaßnahmen, wegen der technischen und wirtschaftlichen Komplexität der zugrunde liegenden Analysen über ein weites Ermessen verfügen(55 ). Die Berücksichtigung allein zum Schutz finanzieller Privatinteressen gewählter Währungen oder Wechselkurse würde dieses Ermessen in Frage stellen.
87. Drittens hätten die Absicherungsverträge nur dann berücksichtigt werden müssen, wenn sie die Voraussetzungen von Art. 2 Abs. 10 Buchst. j der Grundverordnung erfüllt hätten, der eine Ausnahme für Termingeschäfte vorsieht, die unmittelbar mit der Ausfuhr in Zusammenhang stehen. Es sei darauf hingewiesen, dass Ausnahmen eng auszulegen sind(56 ). Was die Erfüllung dieser Voraussetzungen betrifft, hat die Kommission im vorliegenden Fall Zweifel geäußert. Mangels überzeugender Beweise sei davon auszugehen, dass sie nicht erfüllt seien.
88. Sie hat hierzu ausgeführt, dass die Verkäufe in US-Dollar auf ausländischen Märkten nicht – wie es Art. 2 Abs. 10 Buchst. j der Grundverordnung verlange – „unmittelbar“ mit den Ausfuhrgeschäften „in Zusammenhang“ gestanden hätten. Zudem heißt es im 101. Erwägungsgrund der streitigen Verordnung, dass einige Absicherungsgeschäfte nach Verkaufsabschluss noch im Hinblick darauf hätten angepasst werden können, wie sich der Finanzausblick entwickele und eine möglichst hohe Rendite für die Unternehmen erzielt werden könne, was die Rechtsmittelführerinnen im ersten Rechtszug vor dem Gericht in Abrede gestellt haben. Das Gericht hat dieses Vorbringen jedoch nicht geprüft, da es der Auffassung war, dass die Kommission im 98. Erwägungsgrund der streitigen Verordnung als Grundlage für die Ablehnung der beantragten Berichtigung gemäß Art. 2 Abs. 10 Buchst. j der Grundverordnung hinreichende Gründe vorgebracht habe. Sollte demgegenüber der Gerichtshof entscheiden, dass diese Begründung nicht ausreichend war, um den Klagegrund eines Verstoßes gegen diese Bestimmung zurückzuweisen, und beschließen, die Sache an das Gericht zurückzuverweisen, hätte dieses dann den etwaigen Spekulationscharakter dieser Geschäfte zu prüfen.
89. Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass sich nach ständiger Rechtsprechung die Kontrolle der von der Kommission vorgenommenen Beurteilungen wirtschaftlicher Art durch die Unionsgerichte auch im Bereich des Antidumpingzolls auf die Prüfung der Frage beschränkt, ob die Verfahrensvorschriften eingehalten wurden, ob der Sachverhalt zutreffend festgestellt wurde und ob kein offensichtlicher Beurteilungsfehler sowie kein Ermessensmissbrauch vorliegt(57 ). Selbst nach Maßgabe einer besonders anspruchsvollen gerichtlichen Kontrolle kann man nach meinem Eindruck indes nicht davon ausgehen, dass die Ausführungen des Gerichts mit einem Rechtsfehler behaftet sind.
90. Auf der Grundlage der in meiner Würdigung dargelegten Gesichtspunkte sind meines Erachtens der vierte Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑498/24 P und der sechste Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑499/24 P als unbegründet zurückzuweisen.
V. Ergebnis
91. Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, den vierten Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑498/24 P (Çolakoğlu Metalurji und Çolakoğlu Dış Ticaret/Kommission) und den sechsten Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑499/24 P (Ereğli Demir ve Çelik Fabrikaları u. a./Kommission) zurückzuweisen.