C-344/23 – BIOR

C-344/23 – BIOR

CURIA – Documents

Language of document : ECLI:EU:C:2024:696

Vorläufige Fassung

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Sechste Kammer)

5. September 2024(*)

„ Vorlage zur Vorabentscheidung – Zollunion – Gemeinsamer Zolltarif – Verordnung (EG) Nr. 1186/2009 – Befreiung von den Eingangsabgaben – Art. 46 – Markierungen zur Kennzeichnung von Fischen – Begriff ‚wissenschaftliche Instrumente oder Apparate‘ – Tarifierung – Kombinierte Nomenklatur – Unterpositionen 3926 90 92 und 3926 90 97 “

In der Rechtssache C‑344/23

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Augstākā tiesa (Senāts) (Oberstes Gericht, Lettland) mit Entscheidung vom 30. Mai 2023, beim Gerichtshof eingegangen am 31. Mai 2023, in dem Verfahren

Pārtikas drošības, dzīvnieku veselības un vides zinātniskais institūts „BIOR“

gegen

Valsts ieņēmumu dienests

erlässt

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten T. von Danwitz sowie der Richter P. G. Xuereb und A. Kumin (Berichterstatter),

Generalanwalt: N. Emiliou,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        des Valsts ieņēmumu dienests, vertreten durch I. Jaunzeme, Ģenerāldirektore,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Salyková und A. Sauka als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft zum einen die Auslegung von Art. 46 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 1186/2009 des Rates vom 16. November 2009 über das gemeinschaftliche System der Zollbefreiungen (ABl. 2009, L 324, S. 23) und zum anderen der zolltariflichen Unterpositionen 3926 90 92 und 3926 90 97 der Kombinierten Nomenklatur in Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (ABl. 1987, L 256, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 254/2000 des Rates vom 31. Januar 2000 (ABl. 2000, L 28, S. 16) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 2658/87) in der Fassung der Durchführungsverordnung (EU) 2017/1925 der Kommission vom 12. Oktober 2017 (ABl. 2017, L 282, S. 1) (im Folgenden: KN).

2        Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Pārtikas drošības, dzīvnieku veselības un vides zinātniskais institūts „BIOR“ (Institut für Lebensmittelsicherheit, Tiergesundheit und Umwelt „BIOR“, Lettland) (im Folgenden: BIOR) und dem Valsts ieņēmumu dienests (Steuerverwaltung, Lettland) über die zolltarifliche Einreihung und in weiterer Folge die von BIOR geschuldeten Eingangsabgaben für Markierungen zur Kennzeichnung von Fischen.

 Rechtlicher Rahmen

 Das HS

3        Das Harmonisierte System zur Bezeichnung und Codierung der Waren (im Folgenden: HS) wurde mit dem am 14. Juni 1983 in Brüssel geschlossenen Internationalen Übereinkommen über das Harmonisierte System zur Bezeichnung und Codierung der Waren im Rahmen der Weltzollorganisation (WZO) eingeführt und mit dem dazugehörigen Änderungsprotokoll vom 24. Juni 1986 durch den Beschluss 87/369/EWG des Rates vom 7. April 1987 (ABl. 1987, L 198, S. 1) im Namen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft genehmigt. Die Erläuterungen zum HS werden in der WZO nach den Bestimmungen dieses Übereinkommens ausgearbeitet.

4        Nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. a dieses Übereinkommens verpflichtet sich jede Vertragspartei, ihre Zolltarifnomenklatur und ihre Statistiknomenklaturen mit dem HS in Übereinstimmung zu bringen, und zwar erstens durch Verwendung aller Positionen und Unterpositionen des HS ohne Zusätze oder Änderungen sowie der dazugehörigen Codenummern, zweitens durch Anwendung der Allgemeinen Vorschriften für die Auslegung des HS sowie aller Anmerkungen zu den Abschnitten, Kapiteln und Unterpositionen des HS, ohne deren Tragweite zu verändern, und drittens durch Einhaltung der Nummernfolge des HS.

5        Die Allgemeine Vorschrift 3 für die Auslegung des HS sieht vor:

„Kommen für die Einreihung von Waren bei Anwendung der Allgemeinen Vorschrift 2 b) oder in irgendeinem anderen Fall zwei oder mehr Positionen in Betracht, so wird wie folgt verfahren:

a)      Die Position mit der genaueren Warenbezeichnung geht den Positionen mit allgemeiner Warenbezeichnung vor. Zwei oder mehr Positionen, von denen sich jede nur auf einen Teil der in einer gemischten oder zusammengesetzten Ware enthaltenen Stoffe oder nur auf einen oder mehrere Bestandteile einer für den Einzelverkauf aufgemachten Warenzusammenstellung bezieht, werden im Hinblick auf diese Waren als gleich genau betrachtet, selbst wenn eine von ihnen eine genauere oder vollständigere Warenbezeichnung enthält.

b)      Mischungen, Waren, die aus verschiedenen Stoffen oder Bestandteilen bestehen, und für den Einzelverkauf aufgemachte Warenzusammenstellungen, die nach der Allgemeinen Vorschrift 3 a) nicht eingereiht werden können, werden nach dem Stoff oder Bestandteil eingereiht, der ihnen ihren wesentlichen Charakter verleiht, wenn dieser Stoff oder Bestandteil ermittelt werden kann.

c)      Ist die Einreihung nach den Allgemeinen Vorschriften 3 a) und 3 b) nicht möglich, wird die Ware der von den gleichermaßen in Betracht kommenden Positionen in dieser Nomenklatur zuletzt genannten Position zugewiesen.“

6        In der Erläuterung zur Allgemeinen Vorschrift 3 b) für die Auslegung des HS heißt es:

„VI)      Diese zweite Einreihungsmethode gilt für:

1)      Gemische;

2)      aus verschiedenen Stoffen zusammengesetzte Waren;

3)      aus verschiedenen Bestandteilen zusammengesetzte Waren;

VIII)      Das Merkmal, das den Charakter einer Ware bestimmt, ist je nach Art der Ware verschieden. Es kann sich z. B. aus der Art und Beschaffenheit des Stoffes oder der Bestandteile, aus seinem Umfang, seiner Menge, seinem Gewicht, seinem Wert oder aus der Bedeutung des Stoffes in Bezug auf die Verwendung der Ware ergeben.

…“

7        Die Erläuterungen zur Position 3926 90 des HS lauten wie folgt:

„Zu dieser Nummer gehören anderweitig weder genannte noch inbegriffene Waren aus Kunststoffen (wie sie in der Anmerkung 1 zu diesem Kapitel definiert sind) oder aus anderen Stoffen der Nrn. 3901 bis 3914 …“

 KN

8        Wie sich aus Art. 1 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2658/87 ergibt, regelt die von der Europäischen Kommission eingeführte KN die zolltarifliche Einreihung von Waren, die in die Europäische Union eingeführt werden. Diese Nomenklatur übernimmt bei den ersten sechs Stellen die Codenummern der Positionen und Unterpositionen des HS; lediglich die siebte und die achte Stelle bilden eigene Unterteilungen.

9        Nach Art. 12 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2658/87 veröffentlicht die Kommission gemäß Art. 1 jährlich in Form einer Verordnung die vollständige Fassung der KN zusammen mit den Zollsätzen, wie sie sich aus den vom Rat der Europäischen Union oder von der Kommission beschlossenen Maßnahmen ergeben. Diese Verordnung wird spätestens am 31. Oktober im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht und gilt jeweils ab 1. Januar des folgenden Jahres.

10      In den Allgemeinen Vorschriften für die Auslegung der KN in Teil I Titel I Abschnitt A der KN heißt es:

„Für die Einreihung von Waren in die [KN] gelten folgende Grundsätze:

1.      Die Überschriften der Abschnitte, Kapitel und Teilkapitel sind nur Hinweise. Maßgebend für die Einreihung sind der Wortlaut der Positionen und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln und – soweit in den Positionen oder in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln nichts anderes bestimmt ist – die nachstehenden Allgemeinen Vorschriften.

2.      a)      Jede Anführung einer Ware in einer Position gilt auch für die unvollständige oder unfertige Ware, wenn sie im vorliegenden Zustand die wesentlichen Beschaffenheitsmerkmale der vollständigen oder fertigen Ware hat. Sie gilt auch für eine vollständige oder fertige oder nach den vorstehenden Bestimmungen dieser Vorschrift als solche geltende Ware, wenn diese zerlegt oder noch nicht zusammengesetzt gestellt wird.

b)      Jede Anführung eines Stoffes in einer Position gilt für diesen Stoff sowohl in reinem Zustand als auch gemischt oder in Verbindung mit anderen Stoffen. Jede Anführung von Waren aus einem bestimmten Stoff gilt für Waren, die ganz oder teilweise aus diesem Stoff bestehen. Solche Mischungen oder aus mehr als einem Stoff bestehende Waren werden nach den Grundsätzen der Allgemeinen Vorschrift 3 eingereiht.

3.      Kommen für die Einreihung von Waren bei Anwendung der Allgemeinen Vorschrift 2 b) oder in irgendeinem anderen Fall zwei oder mehr Positionen in Betracht, so wird wie folgt verfahren:

a)      Die Position mit der genaueren Warenbezeichnung geht den Positionen mit allgemeiner Warenbezeichnung vor. Zwei oder mehr Positionen, von denen sich jede nur auf einen Teil der in einer gemischten oder zusammengesetzten Ware enthaltenen Stoffe oder nur auf einen oder mehrere Bestandteile einer für den Einzelverkauf aufgemachten Warenzusammenstellung bezieht, werden im Hinblick auf diese Waren als gleich genau betrachtet, selbst wenn eine von ihnen eine genauere oder vollständigere Warenbezeichnung enthält.

b)      Mischungen, Waren, die aus verschiedenen Stoffen oder Bestandteilen bestehen, und für den Einzelverkauf aufgemachte Warenzusammenstellungen, die nach der Allgemeinen Vorschrift 3 a) nicht eingereiht werden können, werden nach dem Stoff oder Bestandteil eingereiht, der ihnen ihren wesentlichen Charakter verleiht, wenn dieser Stoff oder Bestandteil ermittelt werden kann.

c)      Ist die Einreihung nach den Allgemeinen Vorschriften 3 a) und 3 b) nicht möglich, wird die Ware der von den gleichermaßen in Betracht kommenden Positionen in dieser Nomenklatur zuletzt genannten Position zugewiesen.

6.      Maßgebend für die Einreihung von Waren in die Unterpositionen einer Position sind der Wortlaut dieser Unterpositionen, die Anmerkungen zu den Unterpositionen und – sinngemäß – die vorstehenden Allgemeinen Vorschriften. Einander vergleichbar sind dabei nur Unterpositionen der gleichen Gliederungsstufe. Soweit nichts anderes bestimmt ist, gelten bei Anwendung dieser Allgemeinen Vorschrift auch die Anmerkungen zu den Abschnitten und Kapiteln.“

11      Teil II („Zolltarif“) der KN umfasst einen Abschnitt VII namens „Kunststoffe und Waren daraus; Kautschuk und Waren daraus“. Kapitel 39 dieses Abschnitts trägt die Überschrift „Kunststoffe und Waren daraus“.

12      Die erste Erläuterung des Kapitels 39 lautet:

„Als ‚Kunststoffe‘ gelten in der [KN] die Stoffe der Positionen 3901 bis 3914, die im Zeitpunkt der Polymerisation oder in einem späteren Stadium unter einer äußeren Einwirkung (im Allgemeinen Wärme und Druck, falls erforderlich auch unter Zuhilfenahme von Lösemitteln oder Weichmachern) durch Gießen, Pressen, Strangpressen, Walzen oder ein anderes Verfahren eine Form erhalten können oder erhalten haben, die auch nach Beendigung der äußeren Einwirkung erhalten bleibt.

Der Begriff ‚Kunststoffe‘ umfasst in der [KN] auch Vulkanfiber. Dagegen ist dieser Begriff nicht anwendbar auf Stoffe, die als Spinnstoffe des Abschnitts XI gelten.“

13      Dieses Kapitel 39 umfasst folgende Positionen und Unterpositionen der KN:

KN Code

Warenbezeichnung

Vertragsmäßiger Zollsatz (%)

Besondere Maßeinheit

3926

Andere Waren aus Kunststoffen und Waren aus anderen Stoffen der Positionen 3901 bis 3914:

3926 90

– andere:

– – andere

3926 90 92

– – – aus Folien hergestellt

6,5

3926 90 97

– – – andere

6,5 …

 Verordnung Nr. 1798/75

14      Art. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 1798/75 des Rates vom 10. Juli 1975 über die von den Zöllen des Gemeinsamen Zolltarifs befreite Einfuhr von Gegenständen erzieherischen, wissenschaftlichen oder kulturellen Charakters (ABl. 1975, L 184, S. 1) in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 1027/79 des Rates vom 8. Mai 1979 (ABl. 1979, L 134, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 1798/75) sah vor:

„(1)      Für wissenschaftliche Instrumente, Apparate und Geräte, die nicht unter Artikel 2 fallen und ausschließlich zu nichtkommerziellen Zwecken eingeführt werden, wird die Befreiung von den Zöllen des gemeinsamen Zolltarifs gewährt,

a)      sofern sie bestimmt sind für

–        öffentliche oder gemeinnützige Einrichtungen, deren Haupttätigkeit die Lehre oder die wissenschaftliche Forschung ist, sowie solche Abteilungen einer öffentlichen oder gemeinnützigen Einrichtung, deren Haupttätigkeit die Lehre oder die wissenschaftliche Forschung ist, oder

–        private Einrichtungen, deren Haupttätigkeit die Lehre oder die wissenschaftliche Forschung ist und die von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten zur zollfreien Einfuhr dieser Gegenstände ermächtigt worden sind,

und sofern

b)      gegenwärtig keine Instrumente, Apparate und Geräte von gleichem wissenschaftlichem Wert in der Gemeinschaft hergestellt werden.

(3)      Für die Anwendung dieses Artikels

–        gelten diejenigen Instrumente, Apparate oder Geräte als wissenschaftliche Instrumente, Apparate oder Geräte, die aufgrund ihrer objektiven technischen Merkmale und der Ergebnisse, die mit ihrer Hilfe erzielt werden können, ausschließlich oder hauptsächlich für die Durchführung wissenschaftlicher Arbeiten geeignet sind;

…“

 Verordnung Nr. 1186/2009

15      In den Erwägungsgründen 2 und 3 der Verordnung Nr. 1186/2009 heißt es:

„(2)      Abgesehen von besonderen Ausnahmen nach Maßgabe des Vertrags sind die Zölle des Gemeinsamen Zolltarifs auf alle Waren anwendbar, die in die Gemeinschaft eingeführt werden; …

(3)      Eine derartige Abgabenerhebung ist jedoch unter bestimmten Umständen nicht gerechtfertigt, wenn zum Beispiel die besonderen Bedingungen der Einfuhr keine Anwendung der üblichen Maßnahmen zum Schutz der Wirtschaft erfordern.“

16      Art. 1 dieser Verordnung bestimmt:

„Diese Verordnung legt die Fälle fest, in denen bei der Überführung von Waren in den zollrechtlich freien Verkehr oder bei der Ausfuhr von Waren aus dem Zollgebiet der Gemeinschaft aufgrund besonderer Umstände eine Befreiung von den Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben gewährt wird bzw. in denen die auf der Grundlage des Artikels 133 [EG] beschlossenen Maßnahmen nicht angewendet werden.“

17      Kapitel XI („Gegenstände erzieherischen, wissenschaftlichen oder kulturellen Charakters; wissenschaftliche Instrumente und Apparate“) dieser Verordnung umfasst ihre Art. 42 bis 52.

18      Art. 43 dieser Verordnung lautet:

„Die in Anhang II aufgeführten Gegenstände erzieherischen, wissenschaftlichen oder kulturellen Charakters können unter Befreiung von Eingangsabgaben eingeführt werden, sofern sie bestimmt sind zur Verwendung

a)      durch öffentliche oder gemeinnützige Einrichtungen und Anstalten erzieherischen, wissenschaftlichen oder kulturellen Charakters; oder

b)      durch Einrichtungen oder Anstalten, die zu dem Kreis der in Spalte 3 des Anhangs II in Bezug auf den jeweiligen Gegenstand bezeichneten begünstigten Einrichtungen und Anstalten zählen, sofern sie von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten zur abgabenfreien Einfuhr dieser Gegenstände ermächtigt worden sind.“

19      Art. 44 der Verordnung Nr. 1186/2009 sieht vor:

„(1)      Von den Eingangsabgaben befreit sind vorbehaltlich der Artikel 45 bis 49 die nicht unter Artikel 43 fallenden wissenschaftlichen Instrumente und Apparate, die ausschließlich für nicht kommerzielle Zwecke eingeführt werden.

(2)      Die in Absatz 1 genannte Befreiung gilt nur für wissenschaftliche Instrumente und Apparate, die bestimmt sind für

a)      öffentliche oder gemeinnützige Einrichtungen, deren Haupttätigkeit die Lehre oder die wissenschaftliche Forschung ist, sowie solche Abteilungen einer öffentlichen oder gemeinnützigen Einrichtung, deren Haupttätigkeit die Lehre oder die wissenschaftliche Forschung ist; oder

b)      private Einrichtungen, deren Haupttätigkeit die Lehre oder die wissenschaftliche Forschung ist und die von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten zum Empfang dieser Gegenstände unter Abgabenbefreiung ermächtigt sind.“

20      In Art. 46 Buchst. a dieser Verordnung heißt es:

„Für die Anwendung der Artikel 44 und 45

a)      gelten diejenigen Instrumente oder Apparate als wissenschaftliche Instrumente oder Apparate, die aufgrund ihrer objektiven technischen Merkmale und der Ergebnisse, die mit ihrer Hilfe erzielt werden können, ausschließlich oder hauptsächlich für die Durchführung wissenschaftlicher Arbeiten geeignet sind;

…“

 Durchführungsverordnung Nr. 1225/2011

21      Art. 5 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1225/2011 der Kommission vom 28. November 2011 zu den Artikeln 42 bis 52 sowie den Artikeln 57 und 58 der Verordnung (EG) Nr. 1186/2009 (ABl. 2011, L 314, S. 20) ist Teil von Kapitel IV („Abgabenbefreiung für wissenschaftliche Instrumente oder Apparate nach Artikel 44 und 46 der [Verordnung Nr. 1186/2009]“) dieser Durchführungsverordnung. Dieser Artikel sieht vor:

„Als objektive technische Merkmale eines wissenschaftlichen Instruments oder Apparats im Sinne von Artikel 46 Buchstabe a der [Verordnung Nr. 1186/2009] gelten diejenigen Merkmale, die sich aus der Konstruktion dieses Instruments oder Apparats oder aus Anpassungen eines Instruments oder Apparats üblicher Art ergeben und die es ermöglichen, hochwertige Leistungen zu erreichen, die für die Durchführung von Arbeiten zur industriellen oder gewerblichen Nutzung normalerweise nicht erforderlich sind.

Lässt sich anhand der objektiven technischen Merkmale nicht eindeutig feststellen, ob ein Instrument oder Apparat als wissenschaftlich anzusehen ist, so wird geprüft, zu welchen Zwecken die betreffenden Instrumente oder Apparate, für die die Abgabenbefreiung beantragt wird, jeweils verwendet werden. Ergibt die Prüfung, dass das betreffende Instrument oder der betreffende Apparat zur Durchführung wissenschaftlicher Arbeiten verwendet wird, so wird das Instrument oder der Apparat als wissenschaftlich anerkannt.“

 Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

22      BIOR, Kläger des Ausgangsverfahrens, führte verschiedene Markierungen des Typs „Tbar tag“, „streamer tag“, „Standard anchor t-bar tag“ und „tagging applicators“ ein; dabei handelte es sich um mit Kunststoff beschichtete oder aus Polyethylenstäben hergestellte Markierungen zur Befestigung an lebenden Fischen zum Zweck der Beobachtung ihrer Wanderung und ihres Wachstums im Rahmen wissenschaftlicher Forschung (im Folgenden: in Rede stehende Markierungen).

23      Im Juni 2018 erklärte BIOR, dass die in Rede stehenden Markierungen als „[a]ndere Waren aus Kunststoffen und Waren aus anderen Stoffen der Positionen 3901 bis 3914“, die „aus Folien hergestellt“ seien, in die Unterposition 3926 90 92 der KN einzureihen seien. BIOR machte geltend, dass es sich bei diesen Markierungen um „wissenschaftliche Instrumente oder Apparate“ handele, die ausschließlich zu nicht kommerziellen Zwecken eingeführt würden. Aufgrund dieser Einreihung wurden diese Markierungen von Zoll befreit.

24      Mit Bescheid vom 20. November 2018 reihte die Steuerverwaltung die in Rede stehenden Markierungen als „[a]ndere Waren aus Kunststoffen und Waren aus anderen Stoffen der Positionen 3901 bis 3914“, die nicht „aus Folien hergestellt“ seien, in die Unterposition 3926 90 97 der KN ein, für die ein Zollsatz von 6,5 % gilt. Diese Einreihung wurde damit begründet, dass die Markierungen nicht als „wissenschaftliche Instrumente oder Apparate“ im Sinne von Art. 46 Buchst. a der Verordnung Nr. 1186/2009 betrachtet werden könnten, da sie zur Kennzeichnung des Gegenstands der wissenschaftlichen Untersuchung bestimmt seien und die Sammlung der für die Forschung erforderlichen Daten ermöglichten, jedoch nicht der Durchführung konkreter Tätigkeiten dienten, die normalerweise mit Instrumenten durchgeführt würden. Die Steuerverwaltung verpflichtete BIOR mit diesem Bescheid folglich zur Zahlung von 612,20 Euro Zoll, von 128,56 Euro Mehrwertsteuer sowie von Verspätungszuschlägen.

25      BIOR klagte auf Aufhebung dieses Bescheids, um für die in Rede stehenden Markierungen eine Befreiung von den Eingangsabgaben zu erlangen. Mit Urteil vom 18. September 2020 hob die Administratīvā apgabaltiesa (Regionalverwaltungsgericht, Lettland), die Berufungsinstanz, den Bescheid der Steuerverwaltung auf und erteilte die entsprechende Befreiung. Sie vertrat die Ansicht, dass die Markierungen als „wissenschaftliche Instrumente“ im Sinne von Art. 44 und Art. 46 Buchst. a der Verordnung Nr. 1186/2009 betrachtet werden könnten, da sie ausschließlich zu wissenschaftlichen, nicht kommerziellen Zwecken verwendet würden.

26      Die Steuerverwaltung legte bei der Augstākā tiesa (Senāts) (Oberstes Gericht, Lettland), dem vorlegenden Gericht, Kassationsbeschwerde gegen dieses Urteil ein, mit der sie geltend macht, dass die Administratīvā apgabaltiesa (Regionalverwaltungsgericht) den Anwendungsbereich der in Art. 44 der Verordnung Nr. 1186/2009 in Verbindung mit Art. 46 Buchst. a dieser Verordnung vorgesehenen Befreiung von den Eingangsabgaben falsch ausgelegt habe, da die in Rede stehenden Markierungen einen rein informativen Charakter hätten und nicht als „Instrument“ im Sinne dieser Bestimmungen qualifiziert werden könnten. Im Übrigen sei diese Befreiung nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs eng auszulegen.

27      BIOR führt aus, dass die Wissenschaftler ohne Markierung der Fische weder die Wanderungsbewegungen, noch die Überlebensrate oder das Wachstum dieser Tiere untersuchen könnten, so dass die in Rede stehenden Markierungen als „Instrumente“ zu betrachten seien, die wissenschaftliche Forschungsobjekte kennzeichnen sollen und aufgrund ihrer objektiven technischen Merkmale und der Ergebnisse, die mit ihrer Hilfe erzielt werden könnten, ausschließlich oder hauptsächlich für die Durchführung wissenschaftlicher Arbeiten geeignet seien. Im Übrigen macht BIOR geltend, dass diese Markierungen ausschließlich zu nicht kommerziellen Zwecken eingeführt worden seien, was die Steuerverwaltung nicht bestreitet.

28      Das vorlegende Gericht legt dar, dass BIOR und die Steuerverwaltung sich nicht einig seien, ob die in Rede stehenden Markierungen in die Unterposition 3926 90 92 oder die Unterposition 3926 90 97 der KN einzureihen seien. Es stellt jedoch klar, dass diese Frage angesichts der Tatsache, dass für diese beiden Unterpositionen der gleiche Zollsatz gelte, von untergeordneter Bedeutung sei. Entscheidend sei vielmehr, ob diese Markierungen unter den Begriff „wissenschaftliches Instrument oder Apparat“ im Sinne von Art. 46 Buchst. a der Verordnung Nr. 1186/2009 fielen, der vom Gerichtshof noch nicht ausgelegt worden sei.

29      Das vorlegende Gericht weist allerdings auch darauf hin, dass der Gerichtshof diesen Begriff im Kontext der Verordnung Nr. 1798/75 ausgelegt habe, die im Unterschied zu Art. 44 der Verordnung Nr. 1186/2009 für die Befreiung von Eingangsabgaben eine zusätzliche Voraussetzung enthalten habe, und zwar, dass in der Gemeinschaft keine Instrumente, Apparate und Geräte von gleichem wissenschaftlichem Wert hergestellt würden.

30      Zunächst führt das vorlegende Gericht aus, dass dem Urteil vom 26. Juni 1986, Nicolet Instrument (203/85, EU:C:1986:269, Rn. 21), zu entnehmen sei, dass als „objektive technische Merkmale“ eines Instruments diejenigen Merkmale gälten, die sich aus der Konstruktion dieses Instruments oder aus Anpassungen eines Instruments üblicher Art ergäben und die es ermöglichten, Leistungen zu erreichen, die über das hinausgingen, was normalerweise für die industrielle oder gewerbliche Nutzung erforderlich sei.

31      Sodann ergebe sich aus der Rechtsprechung aus den Urteilen vom 2. Februar 1978, Universiteitskliniek (72/77, EU:C:1978:21, Rn. 15), vom 29. Januar 1985, Gesamthochschule Duisburg (234/83, EU:C:1985:30, Rn. 27), und vom 21. Januar 1987, Control Data Belgium/Kommission (13/84, EU:C:1987:16, Rn. 16), dass das Kriterium, wonach das in Rede stehende Instrument oder der in Rede stehende Apparat, um als „wissenschaftliches Instrument oder Apparat“ angesehen zu werden, aufgrund seiner objektiven technischen Merkmale und der Ergebnisse, die mit seiner Hilfe erzielt werden könnten, „ausschließlich oder hauptsächlich“ für die Durchführung wissenschaftlicher Arbeiten „geeignet“ sein müsse, lediglich erfordere, dass dieses Instrument in erster Linie für die Durchführung wissenschaftlicher Arbeiten geeignet sei, ohne die Möglichkeit auszuschließen, dass es sich, wenn auch nur in zweiter Linie, ebenfalls für andere Zwecke wie z. B. die industrielle Nutzung eigne.

32      Schließlich sei der Rechtsprechung aus den Urteilen vom 10. November 1983, Gesamthochschule Essen (300/82, EU:C:1983:324, Rn. 15), und vom 26. Januar 1984, Ludwig-Maximilians-Universität München (45/83, EU:C:1984:31, Rn. 11, 12 und 14), zu entnehmen, dass ein Gegenstand, der seinem Wesen nach nicht als Mittel zur Forschung, sondern als Werkzeug für ihre Durchführung diene, nicht unter den Begriff „wissenschaftliches Instrument oder Apparat“ subsumiert werden könne, während Gegenstände, die aufgrund ihrer besonderen technischen Gestaltung und Funktionsweise selbst und unmittelbar als Mittel wissenschaftlicher Forschung dienten, sehr wohl unter diesen Begriff fallen könnten.

33      Es stelle sich jedoch die Frage, ob die in den Rn. 30 bis 32 des vorliegenden Urteils wiedergegebene Rechtsprechung im vorliegenden Fall anwendbar sei. Hierzu weist das vorlegende Gericht darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs die in einer der Sprachfassungen einer Bestimmung des Unionrechts verwendete Formulierung nicht als alleinige Grundlage für die Auslegung dieser Bestimmung herangezogen werden oder Vorrang vor den anderen sprachlichen Fassungen beanspruchen könne. Diese Bestimmungen müssten nämlich im Licht der Fassungen in allen Sprachen der Union einheitlich ausgelegt und angewandt werden.

34      In diesem Zusammenhang führt das vorlegende Gericht aus, dass die Begriffe „Apparat“ und „Instrument“ entsprechend ihrem üblichen Sinn nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch im Deutschen, Englischen, Französischen und Lettischen unterschiedliche Bedeutungen hätten. So stelle sich zum einen in Bezug auf den Begriff „Apparat“ die Frage, ob dieser als technische Vorrichtung, als Werkzeug oder Ausrüstungsgegenstand mit einer bestimmten Funktion zu definieren sei oder vielmehr als eine Gesamtheit von technischen Elementen, Werkzeugen oder Ausrüstungsgegenständen zur Erfüllung einer solchen Funktion. Zum anderen könne der Begriff „Instrument“ entweder weit ausgelegt und als Werkzeug oder Mittel verstanden werden, das zur Durchführung einer konkreten Tätigkeit oder Aufgabe verwendet werden könne, oder er könne eng ausgelegt und die zusätzliche Voraussetzung geschaffen werden, dass dieses Werkzeug oder Mittel zur Durchführung konkreter Tätigkeiten oder Aufgaben zu verwenden sei, denen Instrumente üblicherweise dienten.

35      Vor diesem Hintergrund hat die Augstākā tiesa (Senāts) (Oberstes Gericht) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Ist der Begriff „wissenschaftliche Instrumente oder Apparate“ in Art. 46 Buchst. a der Verordnung Nr. 1186/2009 dahin auszulegen, dass er Gegenstände umfassen kann, die aufgrund ihrer besonderen technischen Beschaffenheit und Funktionsweise selbst und unmittelbar als Mittel wissenschaftlicher Forschung dienen?

2.      Ist die KN dahin auszulegen, dass die Unterposition 3926 90 92 der KN aus Kunststoff hergestellte Markierungen für Fische umfassen kann?

 Zu den Vorlagefragen

 Zur ersten Frage

36      Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 46 Buchst. a der Verordnung Nr. 1186/2009 dahin auszulegen ist, dass mit Kunststoff beschichtete oder aus Polyethylenstäben hergestellte Markierungen, die aufgrund ihrer besonderen technischen Gestaltung und Funktionsweise selbst als Mittel wissenschaftlicher Forschung dienen, indem sie an lebenden Fischen befestigt werden, um deren Wanderung und Wachstum zu beobachten, unter den Begriff „Instrumente“ oder „Apparate“ fallen, die im Sinne dieser Bestimmung als „wissenschaftlich“ eingestuft werden können.

37      Gemäß Art. 46 Buchst. a der Verordnung Nr. 1186/2009 können „Instrumente oder Apparate“ als „wissenschaftlich“ eingestuft werden, wenn sie „aufgrund ihrer objektiven technischen Merkmale und der Ergebnisse, die mit ihrer Hilfe erzielt werden können, ausschließlich oder hauptsächlich für die Durchführung wissenschaftlicher Arbeiten geeignet“ sind.

38      Als Erstes ist zu prüfen, ob die in Rede stehenden Markierungen als „Instrument“ oder „Apparat“ im Sinne dieser Bestimmung eingestuft werden können.

39      Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass weder die Verordnung Nr. 1186/2009 noch die Durchführungsverordnung Nr. 1225/2011 eine Definition des Begriffs „Instrument“ oder „Apparat“ enthalten und sie hierzu auch nicht auf das nationale Recht verweisen.

40      Nach ständiger Rechtsprechung sind Bedeutung und Tragweite von Begriffen, die das Unionsrecht nicht definiert und für die nicht auf das Recht der Mitgliedstaaten verwiesen wird, entsprechend ihrem üblichen Sinn nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch und unter Berücksichtigung des Zusammenhangs, in dem sie verwendet werden, und der Ziele, die mit der Regelung, zu der sie gehören, verfolgt werden, zu bestimmen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 5. Mai 2022, DSR – Montagem e Manutenção de Ascensores e Escadas Rolantes, C‑218/21, EU:C:2022:355, Rn. 29, und vom 22. Februar 2024, Randstad Empleo u. a., C‑649/22, EU:C:2024:156, Rn. 41 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

41      Im vorliegenden Fall wird zum einen der Begriff „Apparat“ entsprechend seinem üblichen Sinn nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch als Zusammensetzung verschiedener Komponenten verstanden, die zusammenwirken sollen, oder als Gesamtheit von technischen Elementen, die eine Einheit bilden, die umfassender ist als ein Werkzeug und eine Funktion besitzt. Unter Berücksichtigung der Angaben im Vorabentscheidungsersuchen kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass die in Rede stehenden Markierungen eine solche Zusammensetzung verschiedener Komponenten bzw. eine Gesamtheit von technischen Elementen darstellen, so dass sie nicht unter diesen Begriff subsumiert werden können.

42      Zum anderen bezeichnet der Begriff „Instrument“ entsprechend seinem üblichen Sinn nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch ein Werkzeug oder Gerät zur Durchführung einer Tätigkeit oder Arbeit. Dieser Begriff ist also weit genug, um die in Rede stehenden Markierungen umfassen zu können, bei denen es sich gemäß den Angaben im Vorabentscheidungsersuchen um Werkzeuge oder Geräte handelt, die der Kennzeichnung lebender Fische dienen.

43      Zum Kontext, in den sich der Begriff „Instrument“ in die Regelung einfügt, zu der er gehört, ist darauf hinzuweisen, dass Art. 44 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1186/2009 „wissenschaftliche Instrumente“, die ausschließlich für nicht kommerzielle Zwecke eingeführt werden, von Eingangsabgaben befreit.

44      Nach ständiger Rechtsprechung im Bereich der Mehrwertsteuer, die auch im Bereich des Zollrechts gilt, sind die Begriffe, mit denen Steuerbefreiungen bezeichnet sind, eng auszulegen, da diese Befreiungen Ausnahmen von dem allgemeinen Grundsatz darstellen, dass jede Lieferung von Gegenständen und jede Dienstleistung, die ein Steuerpflichtiger gegen Entgelt erbringt, der Mehrwertsteuer unterliegen (Urteil vom 19. Juli 2012, Lietuvos geležinkeliai, C‑250/11, EU:C:2012:496, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

45      In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass entgegen dem Vorbringen der Kommission in ihren schriftlichen Erklärungen der Umstand, dass in der englischen Sprachfassung von Art. 46 Buchst. a der Verordnung Nr. 1186/2009 vor dem Wort „instrument“ das Wort „any“ steht, nicht darauf schließen lässt, dass der Begriff „Instrument“ weit auszulegen ist. Andere Sprachfassungen dieser Bestimmung, u. a. die deutsche und die französische Fassung, in denen von „diejenigen Instrumente“ bzw. von „un instrument“ die Rede ist, enthalten nämlich keine Entsprechung für „any“. Nach ständiger Rechtsprechung kann die in einer der Sprachfassungen einer Bestimmung des Unionsrechts verwendete Formulierung nicht als alleinige Grundlage für die Auslegung dieser Bestimmung herangezogen werden oder Vorrang vor den anderen Sprachfassungen beanspruchen. Die Bestimmungen des Unionsrechts müssen nämlich im Licht der Fassungen in allen Sprachen der Union einheitlich ausgelegt und angewandt werden. Weichen die verschiedenen Sprachfassungen eines Rechtstexts der Union voneinander ab, ist die fragliche Bestimmung anhand der allgemeinen Systematik und des Zwecks der Regelung auszulegen, zu der sie gehört (Urteil vom 21. März 2024, Cobult, C‑76/23, EU:C:2024:253, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung).

46      Gleichwohl hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass der Begriff „wissenschaftliches Instrument“ im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1798/75 dahin auszulegen ist, dass er auch Gegenstände umfasst, die nicht Objekt, sondern Mittel der wissenschaftlichen Forschung sind, und zwar wenn die Forschung mit Hilfe dieser Gegenstände durchgeführt wird, so dass sie im Forschungsprozess keine rein passive Rolle spielen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 10. November 1983, Gesamthochschule Essen, 300/82, EU:C:1983:324, Rn. 15, und vom 26. Januar 1984, Ludwig-Maximilians-Universität München, 45/83, EU:C:1984:31, Rn. 11).

47      Bis auf die in Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1798/75 vorgesehene zusätzliche Voraussetzung für die Befreiung, wonach „keine Instrumente, Apparate und Geräte von gleichem wissenschaftlichem Wert in der Gemeinschaft hergestellt [würden]“, die keinen Eingang in Art. 44 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 1186/2009 gefunden hat und die für die Beurteilung des Begriffs „wissenschaftliches Instrument“ nicht maßgeblich ist, ist Art. 44 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 1186/2009 im Wesentlichen gleich formuliert wie Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1798/75. Zudem stimmen die Definitionen des Begriffs „wissenschaftliches Instrument“ in Art. 3 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1798/75 und in Art. 46 Buchst. a der Verordnung Nr. 1186/2009 vollständig überein. Folglich ist die in der vorstehenden Randnummer wiedergegebene Rechtsprechung zur Auslegung dieses Begriffs im Kontext der Verordnung Nr. 1798/75 für die Definition des gleichen Begriffs im Sinne der Verordnung Nr. 1186/2009 maßgeblich.

48      Der Begriff „Instrument“ kann, wenn es um eine Einstufung des Instruments als „wissenschaftlich“ geht, also dahin verstanden werden, dass er nicht nur Werkzeuge oder Geräte zur Durchführung einer bestimmten Tätigkeit umfasst, sondern auch Gegenstände, die aufgrund ihrer besonderen technischen Beschaffenheit und Funktionsweise selbst bestimmt sind, als Mittel wissenschaftlicher Forschung zu dienen, wie es in Bezug auf die in Rede stehenden Markierungen der Fall zu sein scheint, die an lebenden Fischen befestigt werden, um deren Wanderung und Wachstum zu beobachten.

49      Im Übrigen sind der Kontext, in den sich der Begriff „Instrument“ in der Verordnung Nr. 1186/2009, in der Durchführungsverordnung Nr. 1225/2011 und in der KN einfügt, ebenso wie die mit diesen Regelungen verfolgten Ziele im Hinblick auf die Ermittlung der Bedeutung dieses Begriffs wenig aufschlussreich.

50      Vorbehaltlich der vom vorlegenden Gericht durchzuführenden Überprüfungen ist daher festzustellen, dass die in Rede stehenden Markierungen unter den Begriff „Instrument“ im Sinne von Art. 46 Buchst. a der Verordnung Nr. 1186/2009 fallen.

51      Als Zweites müssen diese Markierungen, um als „wissenschaftliche Instrumente“ im Sinne von Art. 46 Buchst. a der Verordnung Nr. 1186/2009 eingestuft werden zu können, aufgrund ihrer objektiven technischen Merkmale und der Ergebnisse, die mit ihrer Hilfe erzielt werden können, ausschließlich oder hauptsächlich für die Durchführung wissenschaftlicher Arbeiten geeignet sein.

52      Zur Frage, ob die in Rede stehenden Markierungen „objektive technische Merkmale“ im Sinne dieser Bestimmung aufweisen, aufgrund deren sie sich für die Durchführung wissenschaftlicher Arbeiten eignen, ist darauf hinzuweisen, dass gemäß Art. 5 Abs. 1 der Durchführungsverordnung Nr. 1225/2011 als objektive technische Merkmale eines wissenschaftlichen Instruments „diejenigen Merkmale [gelten], die sich aus der Konstruktion dieses Instruments … oder aus Anpassungen eines Instruments … üblicher Art ergeben und die es ermöglichen, hochwertige Leistungen zu erreichen, die für die Durchführung von Arbeiten zur industriellen oder gewerblichen Nutzung normalerweise nicht erforderlich sind“.

53      Im vorliegenden Fall geht es um mit Kunststoff beschichtete oder aus Polyethylenstäben hergestellte Markierungen, die an Fischen befestigt werden, um im Rahmen wissenschaftlicher Forschung deren Wanderung und Wachstum zu beobachten. Zwar scheinen solche Markierungen angesichts der Ausführungen im Vorabentscheidungsersuchen für eine Verwendung zu wissenschaftlichen Zwecken geeignet, jedoch ist festzustellen, dass sie offenbar nicht über Merkmale verfügen, die sich aus ihrer Konstruktion oder einer Anpassung ergeben und die es ermöglichen würden, hochwertige Leistungen zu erreichen, die über das hinausgehen, was zur industriellen oder gewerblichen Nutzung erforderlich ist. Wie nämlich von der Kommission in ihren schriftlichen Erklärungen im Wesentlichen ausgeführt, können Markierungen wie die in Rede stehenden offenbar auch im Bereich der Aquakultur und des Sportfischens angemessen industriell oder gewerblich genutzt werden.

54      Zwar wird gemäß Art. 5 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1225/2011 ein für die Durchführung wissenschaftlicher Arbeiten verwendetes Instrument als wissenschaftlich anerkannt, jedoch ist festzustellen, dass diese Vermutung nur gilt, wenn sich anhand der objektiven technischen Merkmale nicht eindeutig feststellen lässt, ob das fragliche Instrument als „wissenschaftliches Instrument“ anzusehen ist. Angesichts der vorstehenden Ausführungen lässt sich im vorliegenden Fall eindeutig feststellen, dass die in Rede stehenden Markierungen keine „objektiven technischen Merkmale“ aufweisen, aufgrund deren sie sich für die Durchführung wissenschaftlicher Arbeiten eignen.

55      Vorbehaltlich der dem vorlegenden Gericht obliegenden Überprüfungen weisen die in Rede stehenden Markierungen folglich keine „objektiven technischen Merkmale“ im Sinne von Art. 46 Buchst. a der Verordnung Nr. 1186/2009 in Verbindung mit Art. 5 der Durchführungsverordnung Nr. 1225/2011 auf, aufgrund deren sie sich für die Durchführung wissenschaftlicher Arbeiten eignen.

56      Jedenfalls scheinen die in Rede stehenden Markierungen selbst unter der Annahme, dass sie solche „objektiven technischen Merkmale“ aufweisen, aufgrund dieser Merkmale und der Ergebnisse, die mit ihrer Hilfe erzielt werden können, im Sinne von Art. 46 Buchst. a der Verordnung Nr. 1186/2009 nicht „ausschließlich oder hauptsächlich für die Durchführung wissenschaftlicher Arbeiten geeignet“ zu sein. Es ist nämlich darauf hinzuweisen, dass diese Anforderung eine Prüfung verlangt, ob das in Rede stehende Instrument in erster Linie für wissenschaftliche Arbeiten, also Erlangung und Vertiefung wissenschaftlicher Erkenntnisse, geeignet ist, ohne die Möglichkeit auszuschließen, dass es sich, wenn auch nur in zweiter Linie, ebenfalls für andere Zwecke wie die industrielle oder gewerbliche Nutzung eignet (vgl. entsprechend Urteile vom 29. Januar 1985, Gesamthochschule Duisburg, 234/83, EU:C:1985:30, Rn. 27, und vom 21. Januar 1987, Control Data Belgium/Kommission, 13/84, EU:C:1987:16, Rn. 16).

57      In Anbetracht der Ausführungen in Rn. 53 des vorliegenden Urteils scheinen die in Rede stehenden Markierungen jedoch nicht geeigneter für die Durchführung wissenschaftlicher Arbeiten zu sein als für andere Zwecke, insbesondere die industrielle oder gewerbliche Nutzung. Folglich sind diese Markierungen, wiederum vorbehaltlich der durch das vorlegende Gericht vorzunehmenden Überprüfung, aufgrund ihrer objektiven technischen Merkmale, ihr Vorliegen unterstellt, und der Ergebnisse, die mit ihrer Hilfe erzielt werden können, im Sinne von Art. 46 Buchst. a der Verordnung Nr. 1186/2009 nicht „ausschließlich oder hauptsächlich für die Durchführung wissenschaftlicher Arbeiten geeignet“.

58      In Übereinstimmung mit der Kommission und der Steuerverwaltung ist daher vorbehaltlich der Überprüfung durch das vorlegende Gericht davon auszugehen, dass die in Rede stehenden Markierungen nicht unter den Begriff „wissenschaftliches Instrument“ im Sinne von Art. 46 Buchst. a der Verordnung Nr. 1186/2009 fallen.

59      Dies wird sowohl durch die in Rn. 44 des vorliegenden Urteils wiedergegebene Rechtsprechung bestätigt, wonach die Begriffe, mit denen Befreiungen von Eingangsabgaben bezeichnet sind, eng auszulegen sind, als auch durch Art. 1 der Verordnung Nr. 1186/2009 in Verbindung mit deren Erwägungsgründen 2 und 3, wonach eine Befreiung von den Eingangsabgaben nur „unter bestimmten Umständen … gerechtfertigt [ist], wenn zum Beispiel die besonderen Bedingungen der Einfuhr keine Anwendung der üblichen Maßnahmen zum Schutz der Wirtschaft erfordern“.

60      Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass auf die erste Frage zu antworten ist, dass Art. 46 Buchst. a der Verordnung Nr. 1186/2009 dahin auszulegen ist, dass mit Kunststoff beschichtete oder aus Polyethylenstäben hergestellte Markierungen, die aufgrund ihrer besonderen technischen Gestaltung und Funktionsweise selbst als Mittel wissenschaftlicher Forschung dienen, indem sie an lebenden Fischen befestigt werden, um deren Wanderung und Wachstum zu beobachten, nicht unter den Begriff „wissenschaftliche Instrumente“ im Sinne dieser Bestimmung fallen.

 Zur zweiten Frage

61      Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob die KN dahin auszulegen ist, dass mit Kunststoff beschichtete oder aus Polyethylenstäben hergestellte Markierungen, die zu wissenschaftlichen Forschungszwecken an lebenden Fischen befestigt werden, in die Unterposition 3926 90 92 oder in die Unterposition 3926 90 97 der KN einzureihen sind.

62      Als Erstes ist in Übereinstimmung mit dem vorlegenden Gericht und der Kommission festzustellen, dass diese Frage für die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits von untergeordneter Bedeutung ist, da für Waren, die einer dieser beiden Unterpositionen zuzuordnen sind, der gleiche Zollsatz gilt (6,5 %).

63      Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass das vorlegende Gericht entscheiden muss, ob die Steuerverwaltung die in Rede stehenden Markierungen zolltariflich richtig eingereiht hat, auch wenn sich dies nicht auf den anwendbaren Zollsatz auswirkt.

64      Als Zweites ist darauf hinzuweisen, dass es in einem Vorabentscheidungsverfahren auf dem Gebiet der zolltariflichen Einreihung Aufgabe des Gerichtshofs ist, den nationalen Gerichten die Kriterien aufzuzeigen, anhand deren sie die betreffenden Waren richtig in die KN einreihen können, nicht aber, diese Einreihung selbst vorzunehmen. Die Einstufung der in Rede stehenden Waren zum Zweck ihrer zolltariflichen Einreihung beruht nämlich auf einer reinen Tatsachenfeststellung, die der Gerichtshof im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens nicht vorzunehmen hat (Urteil vom 27. April 2023, X und Inspecteur van de Belastingdienst Douane, C‑107/22, EU:C:2023:346, Rn. 17 und die dort angeführte Rechtsprechung).

65      Im Übrigen ist nach der Allgemeinen Vorschrift 1 für die Auslegung der KN für die zolltarifliche Einreihung von Waren in die KN der Wortlaut der Positionen und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln maßgebend, während die Überschriften der Abschnitte, Kapitel und Teilkapitel nur Hinweise sind. Im Interesse der Rechtssicherheit und der leichten Nachprüfbarkeit ist das entscheidende Kriterium für die zolltarifliche Einreihung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der KN-Positionen und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln festgelegt sind (Urteil vom 27. April 2023, X und Inspecteur van de Belastingdienst Douane, C‑107/22, EU:C:2023:346, Rn. 18 und die dort angeführte Rechtsprechung).

66      Außerdem hat der Gerichtshof wiederholt entschieden, dass die Erläuterungen sowohl zum HS als auch zur KN zwar nicht verbindlich sind, aber wichtige Hilfsmittel darstellen, um eine einheitliche Anwendung des Gemeinsamen Zolltarifs zu gewährleisten, und als solche wertvolle Hinweise für dessen Auslegung liefern (Urteil vom 27. April 2023, X und Inspecteur van de Belastingdienst Douane, C‑107/22, EU:C:2023:346, Rn. 19 und die dort angeführte Rechtsprechung).

67      Aus dem Wortlaut der Position 3926 der KN ergibt sich, dass diese „[a]ndere Waren aus Kunststoffen und Waren aus anderen Stoffen der Positionen 3901 bis 3914“ umfasst.

68      Außerdem wird der Begriff „Kunststoffe“ in Anmerkung 1 zu Kapitel 39 der KN definiert als „Stoffe der Positionen 3901 bis 3914, die im Zeitpunkt der Polymerisation oder in einem späteren Stadium unter einer äußeren Einwirkung (im Allgemeinen Wärme und Druck, falls erforderlich auch unter Zuhilfenahme von Lösemitteln oder Weichmachern) durch Gießen, Pressen, Strangpressen, Walzen oder ein anderes Verfahren eine Form erhalten können oder erhalten haben, die auch nach Beendigung der äußeren Einwirkung erhalten bleibt“.

69      Aus dem Vorabentscheidungsersuchen ergeben sich keine Zweifel an der Richtigkeit der Einreihung der in Rede stehenden Markierungen in Position 3926 der KN gemäß der Definition in Anmerkung 1 zu Kapitel 39 der KN.

70      Vor diesem Hintergrund ist es Sache des vorlegenden Gerichts, zu überprüfen, ob – wie von der Kommission in ihren schriftlichen Erklärungen geltend gemacht – die Markierungen des Typs „streamer tag“ neben einem Polyethylenband eine metallene Spitze aufweisen, die der Befestigung dieser Markierungen an Fischen dient. Wenn dies der Fall sein sollte, hätte die zolltarifliche Einreihung dieser Markierungen gemäß der Allgemeinen Vorschrift 3 für die Auslegung der KN zu erfolgen.

71      Aus der Allgemeinen Vorschrift 3 a) für die Auslegung der KN ergibt sich, dass die Position mit der genaueren Warenbezeichnung den Positionen mit allgemeiner Warenbezeichnung vorgeht. Zwei oder mehr Positionen, von denen sich jede nur auf einen Teil der in einer gemischten oder zusammengesetzten Ware enthaltenen Stoffe bezieht, werden jedoch im Hinblick auf diese Waren oder diesen Artikel als gleich genau betrachtet. Was Markierungen betrifft, die neben einem Polyethylenband eine metallene Spitze aufweisen, ist festzustellen, dass die beiden Teile dieser Markierungen aus Stoffen bestehen, die nicht in die gleiche Position der KN fallen, so dass diese Positionen als gleich genau zu betrachten sind und eine zolltarifliche Einreihung nach dieser allgemeinen Regel nicht möglich scheint.

72      Sollte das vorlegende Gericht zu dem Ergebnis gelangen, dass dies tatsächlich der Fall ist, wäre für die zolltarifliche Einreihung der Markierungen des Typs „streamer tag“ die Allgemeine Vorschrift 3 b) für die Auslegung der KN anzuwenden, wonach „Mischungen [und] Waren, die aus verschiedenen Stoffen oder Bestandteilen bestehen …, deren Einreihung nicht nach der [Allgemeinen Vorschrift 3 a) für die Auslegung der KN] erfolgen kann, … nach dem Stoff oder Bestandteil eingereiht [werden], der ihnen ihren wesentlichen Charakter verleiht“.

73      Dieser wesentliche Charakter kann bestimmt werden, indem geprüft wird, ob die Ware auch ohne den einen oder anderen ihrer Bestandteile ihre charakteristischen Eigenschaften behalten würde. Gemäß Ziff. VIII der HS-Erläuterung zur Allgemeinen Vorschrift 3 b) der Allgemeinen Vorschriften für die Auslegung des HS, die der Allgemeinen Vorschrift 3 b) für die Auslegung der KN entspricht, kann sich das Merkmal, das den Charakter der Ware bestimmt, je nach Art der Ware z. B. aus der Art und Beschaffenheit des Stoffes oder der Bestandteile, aus seinem Umfang, seiner Menge, seinem Gewicht, seinem Wert oder aus der Bedeutung des Stoffes in Bezug auf die Verwendung der Ware ergeben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. Juni 2023, PR Pet, C‑24/22, EU:C:2023:507, Rn. 66 und die dort angeführte Rechtsprechung).

74      Wenn im vorliegenden Fall, wie von der Kommission geltend gemacht, die metallene Spitze von Markierungen des Typs „streamer tag“ ausschließlich der Befestigung dieser Markierungen an Fischen dient, wäre festzustellen, dass das Polyethylenband dieser Markierungen deren wesentlichen Charakter ausmacht, so dass sie gemäß der Allgemeinen Vorschrift 3 b) für die Auslegung der KN in die Position 3926 der KN einzureihen wären, was vom vorlegenden Gericht zu prüfen ist.

75      Ist dies der Fall, so hat das vorlegende Gericht unter Berücksichtigung der Allgemeinen Vorschrift 1 für die Auslegung der KN und der oben in den Rn. 64 bis 66 wiedergegebenen Rechtsprechung zu prüfen, in welche Unterposition der Position 3926 der KN die in Rede stehenden Markierungen aufgrund ihrer objektiven Merkmale und Eigenschaften einzureihen sind, wobei dem Vorabentscheidungsersuchen nichts zu entnehmen ist, was eine Einreihung dieser Markierungen in eine andere Unterposition als die Unterposition 3926 90 97 („andere“) der KN rechtfertigen würde.

76      Nach alledem ist auf die zweite Frage zu antworten, dass die KN dahin auszulegen ist, dass mit Kunststoff beschichtete oder aus Polyethylenstäben hergestellte Markierungen, die zu wissenschaftlichen Forschungszwecken an lebenden Fischen befestigt werden, in die Unterposition 3926 90 97 der KN einzureihen sind, sofern diese Markierungen entweder ausschließlich aus „Kunststoffen“ im Sinne der Anmerkung 1 zu Kapitel 39 der KN bestehen oder der Kunststoff ihnen ihren wesentlichen Charakter verleiht, wenn es sich im Sinne der Allgemeinen Vorschrift 3 b) für die Auslegung der KN um Mischungen oder Waren handelt, die aus verschiedenen Stoffen oder Bestandteilen bestehen, deren Einreihung nicht nach der Allgemeinen Vorschrift 3 a) erfolgen kann.

 Kosten

77      Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des beim vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Sechste Kammer) für Recht erkannt:

1.      Art. 46 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 1186/2009 des Rates vom 16. November 2009 über das gemeinschaftliche System der Zollbefreiungen

ist dahin auszulegen, dass

mit Kunststoff beschichtete oder aus Polyethylenstäben hergestellte Markierungen, die aufgrund ihrer besonderen technischen Gestaltung und Funktionsweise selbst als Mittel wissenschaftlicher Forschung dienen, indem sie an lebenden Fischen befestigt werden, um deren Wanderung und Wachstum zu beobachten, nicht unter den Begriff „wissenschaftliche Instrumente“ im Sinne dieser Bestimmung fallen.

2.      Die Kombinierte Nomenklatur in Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif in der durch die Verordnung (EG) Nr. 254/2000 des Rates vom 31. Januar 2000 und durch die Durchführungsverordnung (EU) 2017/1925 der Kommission vom 12. Oktober 2017 geänderten Fassung

ist dahin auszulegen, dass

mit Kunststoff beschichtete oder aus Polyethylenstäben hergestellte Markierungen, die zu wissenschaftlichen Forschungszwecken an lebenden Fischen befestigt werden, in die Unterposition 3926 90 97 dieser Nomenklatur einzureihen sind, sofern diese Markierungen entweder ausschließlich aus „Kunststoffen“ im Sinne der Anmerkung 1 zu Kapitel 39 dieser Nomenklatur bestehen oder der Kunststoff ihnen ihren wesentlichen Charakter verleiht, wenn es sich im Sinne der Allgemeinen Vorschrift 3 b) für die Auslegung dieser Nomenklatur um Mischungen oder Waren handelt, die aus verschiedenen Stoffen oder Bestandteilen bestehen, deren Einreihung nicht nach der Allgemeinen Vorschrift 3 a) erfolgen kann.

Unterschriften



Leave a Comment

Schreibe einen Kommentar