C-316/24 P – PAN Europe/ Kommission

C-316/24 P – PAN Europe/ Kommission

CURIA – Documents

Language of document : ECLI:EU:C:2025:422

Vorläufige Fassung

SCHLUSSANTRÄGE DER GENERALANWÄLTIN

JULIANE KOKOTT

vom 5. Juni 2025(1)

Rechtssache C316/24 P

Pesticide Action Network Europe (PAN Europe)

gegen

Europäische Kommission

„ Rechtsmittel – Landwirtschaft – Pflanzenschutzmittel – Verordnung (EU) Nr. 1107/2009 – Erneuerung der Genehmigung des Wirkstoffs Cypermethrin – Durchführungsverordnung (EU) 2021/2049 – Antrag auf interne Überprüfung – Art. 10 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1367/2006 – Zurückweisung des Antrags – Vorsorgeprinzip – Beurteilung der EFSA – Sorgfältige und unparteiische Untersuchung der relevanten Gesichtspunkte – Datenlücken – Toxizität von Isomeren – Endokrine Auswirkungen – Langfristige Toxizität von Pflanzenschutzmitteln – Ermittlung kritischer Problembereiche – Zusammensetzung des Wirkstoffs – Realistische Verwendungsbedingungen – Begründungspflicht der Kommission “

Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung

II. Rechtlicher Rahmen

A. Die Pflanzenschutzverordnung

B. Durchführungsverordnung (EU) Nr. 844/2012

C. Verordnung (EU) Nr. 283/2013

D. Die Aarhusverordnung

III. Sachverhalt und Vorgeschichte des Rechtsstreits

IV. Würdigung der Rechtsmittelgründe

A. Vorbemerkungen

1. Das Erneuerungsverfahren und die dabei anzuwendenden Hauptregelungen

2. Vorbemerkung zur Klagebefugnis von PAN Europe

B. Dritter Rechtsmittelgrund – Datenlücken

C. Erster Teil des vierten Rechtsmittelgrundes – Anforderung bestätigender Informationen zur Toxizität von Isomeren

1. Zulässigkeit des Vorbringens zu Nr. 1.9 von Teil A des Anhangs der Verordnung (EU) Nr. 283/2013

2. Nr. 1.9 von Teil A des Anhangs der Verordnung (EU) Nr. 283/2013

3. Art. 6 Buchst. f der Pflanzenschutzverordnung

4. Vollständigkeit des Antrags und Würdigung der Genehmigungskriterien

5. Zwischenergebnis

D. Zweiter Rechtsmittelgrund und zweiter Teil des vierten Rechtsmittelgrundes – Beurteilung endokriner Auswirkungen

1. Erster Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes – Konsequenzen fehlender Daten und Verteilung der Beweislast

a) Begründung

b) Beweislast

2. Zweiter Teil des vierten Rechtsmittelgrundes – Anforderung zusätzlicher Daten

3. Zweiter Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes – Ermessen der Kommission

4. Dritter Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes – Nachweis eines offensichtlichen Fehlers

5. Zwischenergebnis

E. Fünfter Rechtsmittelgrund – langfristige Toxizität

1. Kriterien für die Beurteilung der repräsentativen Verwendung eines Pflanzenschutzmittels

2. Beurteilung der langfristigen Toxizität

3. Zwischenergebnis

F. Erster Rechtsmittelgrund – kritische Problembereiche

1. Zusammensetzung des Wirkstoffs

2. Wasserorganismen

a) Verwendung im Herbst

b) Ökologischer Erholungswert

c) Zwischenergebnis

3. Nicht zur Zielgruppe gehörende Arthropoden

G. Ergebnis der Prüfung der Rechtsmittelgründe

V. Zur Klage vor dem Gericht

VI. Kosten

VII. Ergebnis

„I‘m addicted to you

Don’t you know that you’re toxic?“(2)

I.      Einleitung

1.        Pflanzenschutzmittel, sogenannte „Pestizide“, sind von zentraler Bedeutung für die (konventionelle(3)) Landwirtschaft und damit insbesondere für unsere Ernährung. Ihre Wirkung setzt voraus, dass sie für die zu bekämpfenden Organismen schädlich sind. Sie können aber auch anderen Organismen, also der Umwelt oder sogar Menschen, schaden.

2.        Die Pflanzenschutzverordnung(4) soll sicherstellen, dass Pflanzenschutzmittel zwar wirksam sind, aber keine schädlichen Auswirkungen insbesondere auf die Gesundheit von Menschen oder unannehmbare Auswirkungen auf die Umwelt haben. Zu diesem Zweck unterwirft sie Pflanzenschutzmittel und die dabei eingesetzten Wirkstoffe einem Genehmigungsvorbehalt. Die Genehmigung wird nur erteilt, nachdem in einem aufwendigen Verfahren nachgewiesen wurde, dass die genannten schädlichen Auswirkungen nicht eintreten.

3.        Das vorliegende Verfahren betrifft die Erneuerung der Genehmigung des Wirkstoffs Cypermethrin (im Folgenden: streitige Erneuerung).(5) Die Kommission hat die streitige Erneuerung im Jahr 2021 ausgesprochen, obwohl die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) in der Bewertung des Erneuerungsantrags Zweifel an der Vereinbarkeit mit den Zulassungskriterien geäußert hatte.

4.        Daher hat das Pesticide Action Network Europe (PAN Europe) zunächst gemäß der Aarhusverordnung(6) bei der Kommission eine interne Überprüfung der streitigen Erneuerung beantragt und anschließend die Überprüfungsentscheidung vor dem Gericht angefochten. Nachdem das Gericht ihre Klage mit dem angefochtenen Urteil vom 21. Februar 2024, PAN Europe/Kommission (T‑536/22, EU:T:2024:98), abgewiesen hatte, erhob PAN Europe schließlich das vorliegende Rechtsmittel.

5.        Gegenstand des Rechtsstreits sind insbesondere die Verpflichtung der Kommission, sorgfältig und unparteiisch alle für die streitige Erneuerung relevanten Gesichtspunkte zu untersuchen,(7) sowie die Rolle der EFSA in diesem Zusammenhang. Ich werde in den vorliegenden Schlussanträgen zeigen, dass das Gericht zu Unrecht angenommen hat, die für die streitige Erneuerung notwendigen Informationen hätten vollständig vorgelegen, und es versäumt hat, die unzureichende Begründung der Abweichung von bestimmten Beurteilungen der EFSA zu beanstanden.

II.    Rechtlicher Rahmen

6.        Der rechtliche Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits ergibt sich aus den Bestimmungen über Pflanzenschutzmittel sowie aus der Aarhusverordnung.

A.      Die Pflanzenschutzverordnung

7.        Die wesentlichen Anforderungen an die Genehmigung eines Wirkstoffs sind in Art. 4 der Pflanzenschutzverordnung niedergelegt:

„(1)      Ein Wirkstoff wird gemäß Anhang II genehmigt, wenn aufgrund des wissenschaftlichen und technischen Kenntnisstandes zu erwarten ist, dass unter Berücksichtigung der Genehmigungskriterien in den Nrn. 2 und 3 jenes Anhangs Pflanzenschutzmittel, die diesen Wirkstoff enthalten, die Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erfüllen.

(3)      Pflanzenschutzmittel müssen als Folge der Verwendung entsprechend der guten Pflanzenschutzpraxis und unter der Voraussetzung realistischer Verwendungsbedingungen folgende Anforderungen erfüllen:

a)      …

b)      Sie dürfen keine sofortigen oder verzögerten schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit von Menschen, einschließlich besonders gefährdeter Personengruppen, oder von Tieren – weder direkt noch über das Trinkwasser (unter Berücksichtigung der bei der Trinkwasserbehandlung entstehenden Produkte), über Nahrungs- oder Futtermittel oder über die Luft oder Auswirkungen am Arbeitsplatz oder durch andere indirekte Effekte unter Berücksichtigung bekannter Kumulations- und Synergieeffekte, soweit es von der Behörde anerkannte wissenschaftliche Methoden zur Bewertung solcher Effekte gibt – noch auf das Grundwasser haben.

c)      …

e)      Sie dürfen keine unannehmbaren Auswirkungen auf die Umwelt haben, …

(5)      Für die Genehmigung eines Wirkstoffs gelten die Bestimmungen der Abs. 1, 2 und 3 als erfüllt, wenn dies in Bezug auf einen oder mehrere repräsentative Verwendungszwecke mindestens eines Pflanzenschutzmittels, das diesen Wirkstoff enthält, nachgewiesen wurde.

(6)      …“

8.        Art. 6 der Pflanzenschutzverordnung regelt den Erlass von Bedingungen und Einschränkungen bei der Genehmigung von Wirkstoffen:

„Die Genehmigung kann Bedingungen und Einschränkungen unterworfen werden, etwa hinsichtlich:

f)      Übermittlung zusätzlicher bestätigender Informationen an die Mitgliedstaaten, die Kommission und an die [EFSA], soweit im Verlaufe der Bewertung oder aufgrund neuer wissenschaftlicher und technischer Erkenntnisse neue Anforderungen festgelegt werden,

…“

9.        Die Erneuerung der Genehmigung eines Wirkstoffs ist in Art. 14 der Pflanzenschutzverordnung geregelt:

„(1)      Auf Antrag wird die Genehmigung eines Wirkstoffs erneuert, wenn festgestellt wird, dass die in Art. 4 genannten Genehmigungskriterien erfüllt sind.

Art. 4 gilt als erfüllt, wenn dies in Bezug auf einen oder mehrere repräsentative Verwendungszwecke mindestens eines Pflanzenschutzmittels, das den Wirkstoff enthält, nachgewiesen wurde.

Diese Erneuerung der Genehmigung kann Bedingungen und Einschränkungen gemäß Art. 6 unterliegen.

(2)      …“

10.      Nr. 2.2 des Anhangs II der Pflanzenschutzverordnung betrifft die Vollständigkeit der vom Antragsteller vorgelegten Informationen:

„Grundsätzlich wird ein Wirkstoff … nur zugelassen, wenn ein vollständiges Dossier vorliegt.

In Ausnahmefällen kann ein Wirkstoff … trotz des Fehlens bestimmter Informationen zugelassen werden, wenn

a)      die Datenanforderungen nach Vorlage des Dossiers geändert oder genauer gefasst wurden; oder

b)      die Informationen als von eher bestätigender Art angesehen werden und nur dazu dienen, das Vertrauen in die Entscheidung zu erhöhen.“

11.      Nr. 3.6.5 des Anhangs II der Pflanzenschutzverordnung betrifft endokrinschädliche Eigenschaften von Wirkstoffen für den Menschen:

„Ein Wirkstoff … wird nur dann zugelassen, wenn auf der Grundlage der von der Behörde überprüften Auswertung von Versuchen nach Gemeinschaftsleitlinien oder international vereinbarten Leitlinien sowie von anderen verfügbaren Daten und Informationen, einschließlich einer Überprüfung der wissenschaftlichen Literatur, festgestellt wird, dass er keine endokrinschädlichen Eigenschaften besitzt, die schädliche Auswirkungen auf den Menschen haben können, …“

12.      Nach Nr. 3.6.5 Abs. 3 des Anhangs II der Pflanzenschutzverordnung gelten Stoffe als endokrinschädlich, die im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008(8) als karzinogen (Kategorie 2) und reproduktionstoxisch (Kategorie 2) eingestuft waren oder so hätten eingestuft werden müssen. Gemäß Abs. 4 können auch Stoffe, die als reproduktionstoxisch (Kategorie 2) eingestuft waren oder so hätten eingestuft werden müssen und toxische Wirkung auf endokrine Organe aufwiesen, als endokrinschädlich betrachtet werden.

13.      Mit der Verordnung (EU) 2018/605(9) ergänzte die Kommission die Pflanzenschutzverordnung um wissenschaftliche Kriterien für die Bestimmung endokrinschädlicher Eigenschaften in Nr. 3.6.5 des Anhangs II der Pflanzenschutzverordnung. Nach Art. 2 der Verordnung (EU) 2018/605 gelten die neuen Kriterien ab dem 10. November 2018.(10) Sie sind in Nr. 3.6.5 Abs. 5 des Anhangs II der Pflanzenschutzverordnung niedergelegt:

„Ab dem 10. November 2018 gilt ein Wirkstoff … als Stoff mit endokrinschädlichen Eigenschaften, die schädliche Auswirkungen auf den Menschen haben können, wenn er gemäß Abs. 6 Nrn. 1 bis 4 alle folgenden Kriterien erfüllt, es sei denn, es liegen Nachweise vor, dass die festgestellten schädlichen Auswirkungen für den Menschen nicht relevant sind:

1)      Er zeigt schädliche Auswirkungen bei einem intakten Organismus oder seinen Nachkommen, die einer Veränderung der Morphologie, der Physiologie, des Wachstums, der Entwicklung, der Fortpflanzung oder der Lebensdauer eines Organismus, eines Systems oder einer (Teil‑)Population gleichkommen … und die Funktionseinschränkungen, eine Beeinträchtigung der Fähigkeit zur Bewältigung erhöhten Stresses oder eine erhöhte Anfälligkeit für andere Einflüsse zur Folge haben;

2)      er weist eine endokrine Wirkungsweise auf, d. h., er verändert die Funktion(en) des endokrinen Systems;

3)      die schädlichen Auswirkungen sind eine Folge der endokrinen Wirkungsweise“.

14.      Der ebenfalls neu hinzugekommene Abs. 6 von Nr. 3.6.5 des Anhangs II der Pflanzenschutzverordnung regelt die heranzuziehenden Daten und die anzuwendenden Methoden:

„Die Identifizierung eines Wirkstoffs … als Stoff mit endokrinschädlichen Eigenschaften, die gemäß Abs. 5 schädliche Auswirkungen auf den Menschen haben können, stützt sich auf alle folgenden Aspekte:

1)      alle vorhandenen relevanten wissenschaftlichen Daten (In-vivo-Studien oder angemessen validierte alternative Prüfsysteme, mit denen schädliche Auswirkungen beim Menschen oder bei Tieren vorhergesagt werden können, sowie In-vivo‑, In-vitro- oder, falls zutreffend, In-silico-Studien zur Feststellung endokriner Wirkungsweisen):

a)      wissenschaftliche Daten, die im Einklang mit international festgelegten Prüfplänen erhoben wurden, insbesondere denjenigen, die in den Mitteilungen der Kommission zur Festlegung der Datenanforderungen für Wirkstoffe und Pflanzenschutzmittel aufgeführt sind, gemäß der vorliegenden Verordnung;

b)      weitere wissenschaftliche Daten, die nach einer Methodik zur systematischen Überprüfung ausgewählt wurden, insbesondere anhand der Leitlinien zu in den Mitteilungen der Kommission zur Festlegung der Datenanforderungen an Wirkstoffe und Pflanzenschutzmittel aufgeführten Daten aus der Literatur, gemäß der vorliegenden Verordnung;

2)      eine auf dem Verfahren zur Ermittlung der Beweiskraft basierende Bewertung der zur Verfügung stehenden relevanten wissenschaftlichen Daten, um zu ermitteln, ob die Kriterien gemäß Absatz 5 erfüllt sind; bei der Anwendung des Verfahrens zur Ermittlung der Beweiskraft werden zur Bewertung der wissenschaftlichen Nachweise insbesondere alle folgenden Aspekte berücksichtigt:

a)      sowohl positive als auch negative Befunde;

b)      die Relevanz des Studiendesigns für die Bewertung der schädlichen Auswirkungen und der endokrinen Wirkungsweise;

c)      die Qualität und Schlüssigkeit der Daten unter Berücksichtigung der Struktur und Kohärenz der Befunde innerhalb von und zwischen Studien mit ähnlichem Design und zwischen verschiedenen Arten;

d)      Studien zu Expositionswegen sowie Toxikokinetik- und Metabolismusstudien;

e)      das Konzept der Grenzdosis sowie internationale Leitlinien für empfohlene Maximaldosen und für die Bewertung der verzerrenden Wirkung exzessiver Toxizität;

3)      die Verbindung zwischen der/den schädlichen Auswirkung/en und der endokrinen Wirkungsweise wird mittels eines Verfahrens zur Ermittlung der Beweiskraft auf der Grundlage der biologischen Plausibilität ermittelt, die unter Berücksichtigung des derzeitigen wissenschaftlichen Kenntnisstands und international festgelegter Leitlinien festgestellt wird;

4)      schädliche Auswirkungen, bei denen es sich um unspezifische sekundäre Folgen anderer toxischer Wirkungen handelt, werden bei der Identifizierung des Stoffes als endokriner Disruptor nicht berücksichtigt“.

B.      Durchführungsverordnung (EU) Nr. 844/2012

15.      Art. 13 Abs. 1 Satz 1 der mittlerweile aufgehobenen Durchführungsverordnung (EU) Nr. 844/2012(11) in der Fassung der Durchführungsverordnung (EU) 2018/1659(12) regelte die Aufgabe der EFSA bei der Beurteilung eines Zulassungsantrags:

„Die [EFSA] nimmt … vor dem Hintergrund des neuesten Standes von Wissenschaft und Technik und unter Heranziehung der zum Zeitpunkt der Vorlage der ergänzenden Dossiers verfügbaren Leitlinien eine Schlussfolgerung dazu an, ob angenommen werden kann, dass der Wirkstoff voraussichtlich den Genehmigungskriterien gemäß Art. 4 der [Pflanzenschutzverordnung] genügt.“

16.      Art. 14 Abs. 1a der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 844/2012 betraf die Frage, ob zusätzliche Informationen notwendig waren, wenn die EFSA ihre Schlussfolgerung vor der Anwendbarkeit der ergänzten Kriterien für die Feststellung endokrinschädlicher Eigenschaften angenommen hat:

„(1a)      Für die Zwecke der Bewertung der Genehmigungskriterien gemäß Anhang II Nrn. 3.6.5 und 3.8.2 der [Pflanzenschutzverordnung] in der durch die Verordnung (EU) 2018/605 der Kommission geänderten Fassung kann die Kommission für Anträge, bei denen die Schlussfolgerung der Behörde vor dem 10. November 2018 angenommen wird und bei denen der in Art. 79 Abs. 1 der [Pflanzenschutzverordnung] genannte Ausschuss bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht über einen Entwurf einer Verordnung über die Erneuerung oder Nichterneuerung der Genehmigung dieses Wirkstoffs abgestimmt hat, die Auffassung vertreten, dass zusätzliche Informationen notwendig sind, um zu bewerten, ob diese Genehmigungskriterien erfüllt sind. In solchen Fällen fordert die Kommission die Behörde auf, die vorliegenden Informationen innerhalb einer angemessenen Frist erneut zu bewerten, und setzt den Antragsteller über diese Aufforderung in Kenntnis.

Wenn die [EFSA] gemäß Unterabs. 1 eine Aufforderung von der Kommission erhalten hat, kann sie … den Antragsteller auffordern, solche Informationen … zu übermitteln. …“

C.      Verordnung (EU) Nr. 283/2013

17.      Die Verordnung (EU) Nr. 283/2013(13) regelt, welche Daten für Entscheidungen über Wirkstoffe vorzulegen sind. Nach Art. 5 Abs. 2 gilt sie ab ihrem Inkrafttreten, also ab dem 23. April 2013, für Verfahren zur Erneuerung der Genehmigung von Wirkstoffen, deren Genehmigung am 1. Januar 2016 oder später ausläuft. Die ursprüngliche Genehmigung für Cypermethrin lief am 28. Februar 2016 aus, so dass das Verfahren ihrer Erneuerung der Verordnung (EU) Nr. 283/2013 unterlag.

18.      Nr. 1.9 von Teil A des Anhangs I der Verordnung (EU) Nr. 283/2013 enthält Anforderungen an die Angaben zum Reinheitsgrad des Wirkstoffs. In Abs. 4 werden Isomere angesprochen:

„Handelt es sich bei dem Wirkstoff um ein Isomerengemisch, so ist das Verhältnis oder der Verhältnisbereich des Isomerenanteils anzugeben. Die relative biologische Aktivität jedes Isomers ist sowohl in Bezug auf die Wirksamkeit als auch auf die Toxizität anzugeben.“

D.      Die Aarhusverordnung

19.      Art. 2 Abs. 1 Buchst. g der Aarhusverordnung definiert den Begriff des Verwaltungsakts wie folgt:

„jeden von einem Organ oder einer Einrichtung der Union angenommenen Rechtsakt ohne Gesetzescharakter, der eine rechtliche Wirkung und eine Außenwirkung hat und Bestimmungen enthält, die möglicherweise gegen das Umweltrecht … verstoßen“.

20.      Art. 10 der Aarhusverordnung sieht ein Verfahren der internen Überprüfung von Verwaltungsakten vor:

„(1)      Jede Nichtregierungsorganisation oder jedes andere Mitglied der Öffentlichkeit, die bzw. das die Kriterien des Art. 11 erfüllt, kann bei dem Organ oder der Einrichtung der Union, das bzw. die den Verwaltungsakt erlassen hat oder — im Fall einer behaupteten Verwaltungsunterlassung — einen solchen Akt hätte erlassen müssen, eine interne Überprüfung mit der Begründung beantragen, dass dieser Akt bzw. diese Unterlassung gegen das Umweltrecht im Sinne des Art. 2 Abs. 1 Buchst. f verstößt.

… In dem Antrag sind die Gründe für die Überprüfung anzugeben.

(2)      Die in Abs. 1 genannten Organe oder Einrichtungen der Union prüfen jeden derartigen Antrag … Das Organ oder die Einrichtung der Union legt … in einer schriftlichen Antwort ihre Gründe dar.

(3)      …“

21.      Art. 12 Abs. 1 der Aarhusverordnung verweist auf die Möglichkeit einer Klage vor den Unionsgerichten:

„Die Nichtregierungsorganisation, die den Antrag auf interne Überprüfung nach Art. 10 gestellt hat, kann gemäß den einschlägigen Bestimmungen des AEUV Klage vor dem Gerichtshof erheben.“

III. Sachverhalt und Vorgeschichte des Rechtsstreits

22.      Cypermethrin ist ein Insektizid aus der Familie der Pyrethroide. Diese Familie von Insektiziden wird in der Europäischen Union in großem Umfang für die Bekämpfung von Pflanzenschädlingen genutzt. Cypermethrin ist für Insekten hoch toxisch.

23.      Die Kommission hatte Cypermethrin bereits im Jahr 2005 gemäß der früher geltenden Pflanzenschutzrichtlinie(14) genehmigt. Diese Genehmigung war bis zum Jahr 2016 befristet. Eine von zwei Unternehmen, der Arysta LifeScience Benelux sprl und SBM Développement, gebildete Arbeitsgruppe (der Antragsteller) beantragte die Erneuerung dieser Genehmigung. Der genaue Zeitpunkt der Antragstellung ist der Akte nicht zu entnehmen. Während des Verfahrens zur Prüfung der Erneuerung hat die Kommission die Genehmigung mehrfach für kürzere Zeiträume verlängert, um zu verhindern, dass die Genehmigung aus Gründen, die der Antragsteller nicht zu verantworten hat, vor einer Entscheidung über die Erneuerung ausläuft (Art. 17 der Pflanzenschutzverordnung).

24.      Da der Antragsteller den Antrag in Belgien und Deutschland einreichte, wurde Belgien berichterstattender Mitgliedstaat und Deutschland wurde mitberichterstattender Mitgliedstaat im Sinne von Art. 7 der Pflanzenschutzverordnung. Sie legten gemäß Art. 11 einen Berichtsentwurf zur Bewertung der Erneuerung vor. Anschließend überprüfte die EFSA diesen Entwurf unter Beteiligung des Antragstellers, der Mitgliedstaaten und der Öffentlichkeit nach Art. 12.

25.      Die EFSA legte am 31. Juli 2018 ein wissenschaftliches Gutachten mit dem Titel „Peer Review of the pesticide risk assessment of the active substance Cypermethrin“ (Peer-Review der Risikobewertung von Pestiziden im Zusammenhang mit dem Wirkstoff Cypermethrin)(15) vor (im Folgenden: Schlussfolgerung der EFSA). Die EFSA benennt dort u. a. vier „kritische Problembereiche“, die einer Zulassung entgegenstehen könnten.

26.      Nach Diskussionen im zuständigen Komitologieausschuss, dem Ständigen Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel, holte die Kommission eine weitere Stellungnahme der EFSA zu Risikominderungsmaßnahmen in Bezug auf Cypermethrin(16) ein (im Folgenden: Erklärung von 2019).

27.      Schließlich erneuerte die Kommission die Zulassung von Cypermethrin am 24. November 2021.

28.      Am 20. Januar 2022 stellte PAN Europe auf der Grundlage von Art. 10 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1367/2006 bei der Kommission in französischer Sprache einen Antrag auf interne Überprüfung der streitigen Erneuerung. Konkret war dieser Antrag darauf gerichtet, mittels Erlass einer Verordnung die streitige Erneuerung aufzuheben und zu ersetzen, sowie den Antrag auf Erneuerung der Genehmigung des Wirkstoffs Cypermethrin zurückzuweisen. Mit Schreiben der Kommissarin Frau Stella Kyriakides, das die Kommission unter der Nr. Ares(2022)4621502 – 23/06/2022, registriert hat, und einem diesem beigefügten Beschluss (im Folgenden: angefochtener Überprüfungsbeschluss) wies die Kommission den Antrag zurück. Das Schreiben und den angefochtenen Überprüfungsbeschluss übermittelte die Kommission PAN Europe am 23. Juni 2022 in englischer Sprache und am 18. Juli 2022 in französischer Sprache.

29.      Daraufhin erhob PAN Europe vor dem Gericht Klage gegen den angefochtenen Überprüfungsbeschluss. Das Gericht wies die Klage zurück. Mit dem vorliegenden Rechtsmittel beantragt PAN Europe,

–      das Rechtsmittel für zulässig und begründet zu erklären;

–      das angefochtene Urteil aufzuheben;

–      gemäß Art. 61 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs und Art. 170 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs über den Rechtsstreit zu entscheiden und nach den im ersten Rechtszug gestellten Anträgen der Rechtsmittelführerin zu erkennen, nämlich den angefochtenen Überprüfungsbeschluss für nichtig zu erklären;

–      der Kommission die Kosten in beiden Rechtszügen aufzuerlegen.

30.      Die Kommission beantragt,

–      das Rechtsmittel zurückzuweisen und

–      PAN Europe die Kosten aufzuerlegen.

31.      Die Beteiligten haben sich schriftlich geäußert. Auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung hat der Gerichtshof nach Art. 76 Abs. 2 der Verfahrensordnung verzichtet, weil er sich für ausreichend unterrichtet hält, um die Rechtssache zu entscheiden.

IV.    Würdigung der Rechtsmittelgründe

32.      Zum besseren Verständnis der einzelnen Rechtsmittelgründe sind zunächst einige Vorbemerkungen sinnvoll (dazu unter A). Anschließend werde ich zuerst den dritten Rechtsmittelgrund untersuchen, der die von der EFSA identifizierten Datenlücken im Allgemeinen betrifft (dazu unter B), dann den ersten Teil des vierten Rechtsmittelgrundes zu den fehlenden Informationen über die Toxizität der Isomere von Cypermethrin (dazu unter C), den zweiten Rechtsmittelgrund und den zweiten Teil des vierten Rechtsmittelgrundes zu den angeblich unzureichenden Informationen über die endokrinen Wirkungen von Cypermethrin (dazu unter D), den fünften Rechtsmittelgrund zur langfristigen Toxizität des untersuchten Pflanzenschutzmittels auf der Grundlage von Cypermethrin (dazu unter E) und schließlich den ersten Rechtsmittelgrund, der drei der vier kritischen Problembereiche zum Gegenstand hat, die die EFSA identifiziert hatte (dazu unter F).

A.      Vorbemerkungen

33.      Da die Zulassung von Wirkstoffen nach der Pflanzenschutzverordnung und der verfahrensrechtliche Rahmen der Klagen von Umweltverbänden gegen eine solche Zulassung rechtlich und technisch komplex sind, ist es sinnvoll, das streitgegenständliche Erneuerungsverfahren sowie die dafür wichtigsten rechtlichen Maßstäbe nachzuzeichnen (dazu unter 1) und die Klagebefugnis von PAN Europe darzustellen (dazu unter 2).

1.      Das Erneuerungsverfahren und die dabei anzuwendenden Hauptregelungen

34.      Die Pflanzenschutzverordnung sieht vor, dass die Wirkstoffe von Pflanzenschutzmitteln einer Genehmigung durch die Kommission bedürfen. Pflanzenschutzmittel als solche werden dagegen von den Mitgliedstaaten genehmigt.

35.      Die Kommission genehmigt Wirkstoffe nach Art. 4 der Pflanzenschutzverordnung, wenn zu erwarten ist, dass Pflanzenschutzmittel, die diesen Wirkstoff enthalten, insbesondere keine schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit von Menschen, Tieren oder auf das Grundwasser haben und keine unannehmbaren Auswirkungen auf die Umwelt. Gemäß Art. 4 Abs. 5 gelten diese Anforderungen für die Genehmigung eines Wirkstoffs als erfüllt, wenn dies in Bezug auf einen oder mehrere repräsentative Verwendungszwecke mindestens eines Pflanzenschutzmittels nachgewiesen wurde, das diesen Wirkstoff enthält.

36.      Der Gerichtshof hat aus dieser Bestimmung in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 und Art. 29 Abs. 2 sowie dem Vorsorgeprinzip abgeleitet, der Antragsteller müsse nachweisen, dass der Wirkstoff die genannten schädlichen Auswirkungen nicht hat.(17) Soweit die Kommission einem solchen Antrag stattgibt, also feststellt, dass der Antragsteller die notwendigen Nachweise erbracht hat, trifft sie in einem Streit über die ausgesprochene Zulassung die Beweislast dafür, dass diese Feststellung zutrifft.

37.      Da die Kommission Wirkstoffe gemäß Art. 5 der Pflanzenschutzverordnung nur für höchstens zehn Jahre genehmigen kann, bedarf ihre weitere Verwendung einer Erneuerung der Genehmigung, die für höchstens 15 Jahre erteilt werden kann. Diese setzt nach Art. 14 ebenfalls voraus, dass die Genehmigungskriterien von Art. 4 erfüllt sind.

38.      Bei der Entscheidung über die Erneuerung der Genehmigung eines Wirkstoffs muss die Kommission eine komplexe wissenschaftliche und technische Beurteilung vornehmen, so dass ihr ein weiter Spielraum zukommt, dessen Ausschöpfung die Unionsgerichte inhaltlich nur darauf überprüfen können, ob offensichtliche Beurteilungsmängel vorliegen.(18) In einem solchen Kontext darf der Unionsrichter nämlich nicht seine Beurteilung der tatsächlichen Umstände wissenschaftlicher und technischer Art an die Stelle derjenigen der Organe setzen, denen allein der Gesetzgeber diese Aufgabe anvertraut hat.(19)

39.      Insbesondere dann, wenn sich eine Partei darauf beruft, die zuständige Stelle habe einen offensichtlichen Fehler begangen, hat der Unionsrichter jedoch zu kontrollieren, ob diese Stelle sorgfältig und unparteiisch alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls untersucht hat, auf die die betreffende Beurteilung gestützt ist.(20)

40.      Bei der Zulassung von Wirkstoffen nach der Pflanzenschutzverordnung beginnt diese Untersuchung mit den Informationen, die der Antragsteller aufgrund der ihm obliegenden Beweislast in das Verfahren einbringt. Er muss nämlich mit dem Zulassungsantrag nach den Art. 7 und 8 ein vollständiges Dossier vorlegen, mit dem er zeigt, dass der Wirkstoff die Zulassungskriterien erfüllt. Die Kommission hat die Anforderungen an ein solches Dossier weiter konkretisiert.(21)

41.      Gemäß den Art. 11 und 12 der Pflanzenschutzverordnung beurteilen zunächst ein berichterstattender Mitgliedstaat und anschließend die EFSA unter Beteiligung der anderen Mitgliedstaaten und der Öffentlichkeit diese Informationen dahin gehend, ob der Wirkstoff die Genehmigungskriterien von Art. 4 voraussichtlich erfüllt. Diese Beurteilung ist aber nicht auf die vorgelegten Informationen beschränkt, sondern muss nach Art. 11 Abs. 2 Unterabs. 2 und Art. 12 Abs. 2 Unterabs. 2 zusätzlich den neuesten Stand von Wissenschaft und Technik berücksichtigen.(22)

42.      Wie das Gericht in den von PAN Europe nicht beanstandeten Rn. 88 und 89 des angefochtenen Urteils zutreffend feststellt, ist die Kommission bei der Entscheidung über die Erneuerung zwar an die Beurteilung der EFSA nicht gebunden. Sie muss sie aber nach Art. 13 Abs. 1 der Pflanzenschutzverordnung bei ihrer Entscheidung über den Wirkstoff berücksichtigen.(23)

43.      Soweit die Organe der Union – wie die Kommission im vorliegenden Fall – über einen weiten Beurteilungsspielraum verfügen, kommt außerdem der Beachtung der Garantien, die die Unionsrechtsordnung in Verwaltungsverfahren gewährt, eine umso größere Bedeutung zu. Zu diesen Garantien gehört neben der bereits angesprochenen Untersuchungspflicht das Recht auf eine ausreichende Begründung der Entscheidung.(24) Die Begründungspflicht dient nicht nur dem Zweck, den Betroffenen die nötigen Informationen zu geben, um die Erfolgsaussichten einer Anfechtung vor dem Unionsrichter zu beurteilen, sondern sie soll auch dem Unionsrichter die Prüfung der Rechtmäßigkeit des Rechtsakts ermöglichen.(25) Nur so kann er überprüfen, ob insbesondere die für die Wahrnehmung des Beurteilungsspielraums der Kommission maßgeblichen sachlichen und rechtlichen Umstände vorgelegen haben,(26) also insbesondere, ob die Kommission sorgfältig und unparteiisch alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls untersucht hat.

44.      Wenn die Kommission von einer wissenschaftlichen Feststellung der EFSA abweicht, muss sie daher insbesondere Gründe angeben, warum sie zu einer anderen Auffassung als die EFSA gelangt.

45.      Der Schlussfolgerung der EFSA zufolge legte der Antragsteller Informationen über „Cypermethrin 500 EC“ vor. Das ist ein emulsifierbares Konzentrat von 500 g/L des Wirkstoffs. Als repräsentative Verwendungszwecke wurden die Sprühanwendungen auf Feldern als Insektizid für Winter- und Sommergetreide sowie Kartoffeln in Südeuropa und für Winter- sowie Sommerraps in Mittel- und Nordeuropa beurteilt.(27)

46.      Zunächst haben die zwei berichterstattenden Mitgliedstaaten diese Informationen beurteilt und anschließend hat die EFSA diese Beurteilung unter Beteiligung aller Mitgliedstaaten und der Öffentlichkeit überprüft. Die Ergebnisse dieser Überprüfung sind in der Schlussfolgerung des EFSA von 2018 niedergelegt. Darin identifiziert die EFSA insgesamt 24 Datenlücken im Antrag auf Erneuerung, die Gegenstand des dritten Rechtsmittelgrundes sind (dazu unter B), drei Untersuchungsbereiche, deren Beurteilung sie nicht abschließen konnte, sowie vier kritische Problembereiche (dazu unter F). Die zu diesen letztgenannten Bereichen vorliegenden Informationen erlauben nach der Auffassung der EFSA nicht die Schlussfolgerung, dass das repräsentative Pflanzenschutzmittel im Sinne von Art. 4 der Pflanzenschutzverordnung keine schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit von Mensch und Tier, die Umwelt oder das Grundwasser und auch keine unannehmbaren Auswirkungen auf die Umwelt haben wird.

47.      Die Kommission erörterte die Erneuerung der Genehmigung dennoch weiter im Ständigen Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel und holte die Erklärung der EFSA von 2019 zur Möglichkeit der Minderung bestimmter nachteiliger Auswirkungen der Verwendung von Pflanzenschutzmitteln auf der Grundlage von Cypermethrin ein. Schließlich erließ die Kommission die streitige Erneuerung, die bestimmte Auflagen und Einschränkungen der Verwendung von Pflanzenschutzmitteln auf der Grundlage von Cypermethrin vorsieht (dazu unter F). Die Kommission verlangt insbesondere, dass der Antragsteller innerhalb bestimmter Fristen zu vier Themenkomplexen „zusätzliche bestätigende Informationen“ vorlegt (dazu unter C und D.2).

2.      Vorbemerkung zur Klagebefugnis von PAN Europe

48.      PAN Europe ist eine Vereinigung ohne Gewinnerzielungsabsicht nach belgischem Recht, die sich darum bemüht, den Einsatz von Pestiziden zu reduzieren.(28)

49.      Ein Umweltverband wie PAN Europe ist jedoch von der Erneuerung der Genehmigung eines Wirkstoffs für Pflanzenschutzmittel nicht unmittelbar betroffen, weil die Wirkstoffe nur in der Form von Pflanzenschutzmitteln in die Umwelt gelangen, die einer weiteren Genehmigung bedürfen. Daher kann ein Umweltverband gegen eine solche Erneuerung nicht unmittelbar vor den Unionsgerichten Klage erheben.(29)

50.      Die Aarhusverordnung eröffnet Umweltverbänden zwar die Möglichkeit, bei einem Organ, das einen Verwaltungsakt nach dem Umweltrecht angenommen hat, eine interne Überprüfung zu beantragen. Die auf diesen Antrag folgende Entscheidung kann der Umweltverband vor den Unionsgerichten anfechten. Die Genehmigung eines Wirkstoffs galt aber zunächst nicht als Verwaltungsakt, auf den dieses Verfahren anwendbar gewesen wäre, sondern als Akt mit allgemeiner Wirkung.(30)

51.      Art. 1 Nr. 1 der Verordnung (EU) 2021/1767 hat allerdings die Definition des Begriffs „Verwaltungsakt“ in der Aarhusverordnung auf jeden von einem Organ oder einer Einrichtung der Union angenommenen Rechtsakt ohne Gesetzescharakter erweitert. Diese Regelung trat gemäß Art. 297 Abs. 1 Unterabs. 3 AEUV und wie auch in der Überschrift von Art. 2 der Verordnung (EU) 2021/1767 zum Ausdruck gebracht am 20. Tag nach der Veröffentlichung der Verordnung in Kraft, also am 28. Oktober 2021.

52.      Die streitige Erneuerung ist ein solcher Rechtsakt ohne Gesetzescharakter. Daher konnte PAN Europe am 20. Januar 2022 gemäß Art. 10 der Aarhusverordnung ihre interne Überprüfung beantragen mit dem Ziel, ihre Aufhebung oder Ersetzung durch eine Verordnung zu erwirken, mit der der Antrag auf Erneuerung der Genehmigung des Wirkstoffs Cypermethrin zurückgewiesen werde.

53.      Aufgrund der Beweislastverteilung nach der Pflanzenschutzverordnung(31) musste PAN Europe nicht nachweisen, dass ein Wirkstoff schädliche Auswirkungen auf die Gesundheit von Menschen, Tieren oder auf das Grundwasser hat oder unannehmbare Auswirkungen auf die Umwelt, um erfolgreich zu sein.

54.      PAN Europe musste jedoch, wie das Gericht in Rn. 42 des angefochtenen Urteils zutreffend darlegt, mit dem Überprüfungsantrag konkrete und genaue Argumente vorbringen, die geeignet waren, die Beurteilungen, auf die der zu überprüfende Rechtsakt gegründet ist, in Frage zu stellen. Sie musste also alle wesentlichen tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkte anführen, die plausible, d. h. erhebliche, Zweifel an der Beurteilung wecken können, die das Organ oder die Einrichtung der Union in dem betreffenden Rechtsakt vorgenommen hat.(32)

55.      Das Vorbringen von PAN Europe hat die Kommission nicht überzeugt. Daher wies sie den Überprüfungsantrag mit dem angefochtenen Überprüfungsbeschluss zurück. Diesen Beschluss konnte PAN Europe anschließend gemäß Art. 12 der Aarhusverordnung anfechten.

56.      Dabei entspricht der gerichtliche Streitgegenstand dem Gegenstand des Überprüfungsantrags. Eine Klage gegen seine Zurückweisung kann im Prinzip(33) nicht auf neue Gründe oder Beweismittel gestützt werden, die im Überprüfungsantrag nicht enthalten waren. Ansonsten würde dem in Art. 10 Abs. 1 der Aarhusverordnung enthaltenen Erfordernis der Begründung eines solchen Antrags seine praktische Wirksamkeit genommen und der Gegenstand des durch den Antrag eingeleiteten Verfahrens verändert.(34)

B.      Dritter Rechtsmittelgrund – Datenlücken

57.      Mit dem dritten Rechtsmittelgrund wendet sich PAN Europe gegen die Würdigung ihres Vorbringens zu insgesamt 24 von der EFSA festgestellten Datenlücken im Antrag auf Erneuerung der Genehmigung von Cypermethrin in den Rn. 309 bis 316 des angefochtenen Urteils.

58.      PAN Europe erhebt drei konkrete Einwände hinsichtlich der auf den ersten Blick beeindruckenden Gesamtzahl an Datenlücken. Der erste und der dritte Einwand betreffen unmittelbar die Bedeutung der Datenlücken für die Erneuerung. Schon aufgrund dieser Datenlücken hätte die streitige Erneuerung nicht erteilt werden dürfen. Dagegen spricht der im Anschluss zu untersuchende zweite Einwand die Vollständigkeit des Erneuerungsantrags an.

59.      Erstens habe das Gericht in Rn. 309 des angefochtenen Urteils zu Unrecht festgestellt, Datenlücken zeigten nicht notwendigerweise, dass die Voraussetzungen einer Genehmigung nicht vorlägen. Dies sei mit dem Vorsorgeprinzip unvereinbar. Vielmehr zeige die Zahl und die Art der Lücken eine so große Unsicherheit, dass der Kommission – entgegen der Auffassung des Gerichts – bei der Erneuerung der Genehmigung ein offensichtlicher Beurteilungsfehler vorzuwerfen sei.

60.      In die gleiche Richtung geht der dritte Einwand, der sich gegen Rn. 312 des angefochtenen Urteils richtet. Danach hätte PAN Europe angeben müssen, warum die Datenlücken zu dem Schluss hätten führen müssen, dass die Kriterien für eine Erneuerung der Genehmigung nicht vorlagen. Angesichts der Datenlücken obliege es nach dem Vorsorgeprinzip aber der Kommission, nachzuweisen, dass diese Datenlücken einer Erneuerung der Genehmigung nicht entgegenstehen.

61.      Diese Feststellungen des Gerichts sind jedoch rechtsfehlerfrei.

62.      Der Gerichtshof hat zwar im Licht des Vorsorgeprinzips einige Regelungen dahin ausgelegt, dass bestimmte Aktivitäten nicht zugelassen werden dürfen, solange wissenschaftliche Ungewissheit darüber besteht, ob schädliche Auswirkungen dieser Aktivitäten auf das jeweilige Schutzgut ausgeschlossen werden können.(35) In diese Richtung weist auch Art. 4 Abs. 3 der Pflanzenschutzverordnung. Danach darf ein Pflanzenschutzmittel keine schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit von Menschen, Tieren oder auf das Grundwasser oder unannehmbare Auswirkungen auf die Umwelt haben. Dies muss nach Art. 7 Abs. 1 und Art. 29 Abs. 2 der Antragsteller nachweisen.(36) Und schließlich setzt die rechtmäßige Ausübung des Ermessens der Kommission voraus, dass sie zuvor sorgfältig und unparteiisch alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls untersucht hat.(37)

63.      Datenlücken bedeuten jedoch nicht zwangsläufig, dass der Nachweis der Unschädlichkeit nicht gelungen ist. Sie besagen nur, dass bestimmte wissenschaftliche Informationen nicht zur Verfügung stehen. Das Vorsorgeprinzip verlangt aber nicht, alle denkbaren wissenschaftlichen Informationen durch weitere Studien zu ermitteln. Vielmehr müssen Risiken auf der Grundlage der zuverlässigsten verfügbaren wissenschaftlichen Daten und der neuesten Ergebnisse der internationalen Forschung bewertet werden.(38) Weiter reicht auch die Aufklärungspflicht der Kommission nicht.

64.      Zwar ist denkbar, dass aufgrund bestimmter Datenlücken die nach Art. 4 Abs. 3 der Pflanzenschutzverordnung verbotenen Auswirkungen nicht ausgeschlossen werden können, nämlich einerseits schädliche Auswirkungen auf die Gesundheit von Menschen, Tieren oder auf das Grundwasser und andererseits unannehmbare (andere) Auswirkungen auf die Umwelt.

65.      Im Rahmen eines Klageverfahrens auf der Grundlage eines Antrags auf interne Überprüfung muss der Kläger jedoch darlegen, warum bestimmte Datenlücken dem Ausschluss der genannten Auswirkungen entgegenstehen.(39)

66.      PAN Europe substantiiert zwar insbesondere mit dem vierten Rechtsmittelgrund ihr Vorbringen zu bestimmten Datenlücken (dazu unter C und unter D.2), doch der vorliegende Rechtsmittelgrund bezieht sich auf die Datenlücken insgesamt.

67.      Auch aus der Schlussfolgerung der EFSA ergibt sich nicht, dass die vorliegenden Datenlücken dem Nachweis der Unschädlichkeit von Cypermethrin entgegenstehen. Tatsächlich bewertet die EFSA die meisten Datenlücken in ihrer Schlussfolgerung überhaupt nicht.(40) Sie stellt zwar fest, dass sie drei Untersuchungsbereiche nicht abschließend beurteilen konnte, doch PAN Europe greift das nicht auf, so dass dieser Aspekt der Schlussfolgerung nicht Verfahrensgegenstand ist.

68.      Somit hat das Gericht zu Recht festgestellt, weder aus den Datenlücken als solchen noch aus dem Vorbringen von PAN Europe zu den Datenlücken ergebe sich, dass die Voraussetzungen der streitigen Erneuerung nicht vorlägen.

69.      Mit dem zweiten Einwand rügt PAN Europe, das Gericht habe in Rn. 310 des angefochtenen Urteils zu Unrecht zwischen der Vollständigkeit des Antrags auf Erneuerung der Genehmigung im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 283/2013(41) und der Feststellung von Datenlücken bei der Beurteilung durch die EFSA unterschieden. Wenn ein Antrag den von der Kommission festgelegten inhaltlichen Anforderungen nicht genüge, könne die Kommission nicht die notwendigen Feststellungen treffen, um eine Genehmigung auszusprechen.

70.      Dieses Vorbringen verkennt jedoch den Inhalt der beanstandeten Feststellung des Gerichts. Diese berührt weder die Frage, ob überhaupt Datenlücken im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 283/2013 vorliegen, noch die Konsequenzen solcher Lücken. Vielmehr stellt das Gericht die Möglichkeit in den Raum, dass die EFSA aus wissenschaftlicher Perspektive Datenlücken feststellt, die keine Verletzung der Anforderungen der genannten Verordnung begründen.

71.      Wenn PAN Europe mit diesem Vorbringen eine Verletzung der Verordnung (EU) Nr. 283/2013 rügen wollte, so läge darin eine Überschreitung des Streitgegenstands, der sich aus ihrem Überprüfungsantrag ergibt.(42) Zwar hat PAN Europe diese Verordnung im Zusammenhang mit anderen Einwänden angeführt, aber nicht in Bezug auf die Gesamtzahl der Datenlücken.

72.      Somit ist der dritte Rechtsmittelgrund insgesamt unbegründet.

C.      Erster Teil des vierten Rechtsmittelgrundes – Anforderung bestätigender Informationen zur Toxizität von Isomeren

73.      Der vierte Rechtsmittelgrund führt den Gedanken der Datenlücken weiter und konkretisiert ihn im Hinblick auf zwei bestimmte Fragestellungen. PAN Europe beanstandet nämlich, dass die Kommission mit der Erneuerung der Genehmigung vom Antragsteller verlangt hat, innerhalb bestimmter Fristen „zusätzliche bestätigende Informationen“ vorzulegen. Dieses Vorbringen zielt nicht darauf ab, diese Auflage aufzuheben. Vielmehr will PAN Europe damit zeigen, dass der Antragsteller die betreffenden Informationen bereits mit der Akte zur Stützung des Antrags auf Erneuerung der Genehmigung hätte vorlegen müssen. Da diese Informationen fehlten, hätte die Kommission eine Erneuerung der Genehmigung ablehnen müssen.

74.      Der zweite Teil des vierten Rechtsmittelgrundes betrifft wie der zweite Rechtsmittelgrund endokrine Wirkungen. Diese Einwände werde ich daher gemeinsam mit dem zweiten Rechtsmittelgrund untersuchen (dazu unter D).

75.      Im ersten Teil des vierten Rechtsmittelgrundes geht es um die Toxizität von Isomeren. Nach Nr. 2 der sechsten Spalte des Anhangs I der streitigen Erneuerung musste der Antragsteller bis zum 15. Dezember 2023 bestätigende Informationen über die relative Toxizität der einzelnen Cypermethrin‑Isomere, insbesondere der Enantiomere (1S cis αR), übermitteln.

76.      Diese Anforderung bezieht sich auf die elfte Datenlücke, die die EFSA identifiziert hatte. Danach fehlten im Antrag Informationen über die relative Toxizität der einzelnen Isomere.(43) Im Unterschied zu anderen Datenlücken stellte die EFSA diesbezüglich fest, dass die Informationen notwendig seien, da die Rückstände in Wiederkäuern mit den beiden Enantiomeren angereichert seien, aus denen Alpha-cypermethrin bestehe. In einem Klammerzusatz erwähnt die EFSA niedrigere Referenzwerte als für Cypermethrin.(44) Außerdem betonte die EFSA die Notwendigkeit, die Unsicherheit in diesem Bereich zu mindern.(45)

77.      PAN Europe vertritt daher die Auffassung, diese Informationen hätten vor der Erneuerung der Genehmigung vorgelegt werden müssen. Sie stützt sich dabei insbesondere auf Nr. 1.9 von Teil A des Anhangs der Verordnung (EU) Nr. 283/2013. Danach ist bei Isomerengemischen die relative biologische Aktivität jedes Isomers in Bezug auf die Toxizität anzugeben.

78.      Das Gericht hat diese Auffassung in den Rn. 342 bis 348 des angefochtenen Urteils zurückgewiesen. Diese Argumente des Gerichts entkräftet PAN Europe jedoch.

1.      Zulässigkeit des Vorbringens zu Nr. 1.9 von Teil A des Anhangs der Verordnung (EU) Nr. 283/2013

79.      Das Vorbringen zu Nr. 1.9 von Teil A des Anhangs der Verordnung (EU) Nr. 283/2013 weist das Gericht in Rn. 345 des angefochtenen Urteils als unzulässig zurück, weil PAN Europe sich in ihrem Antrag auf interne Überprüfung nach Art. 10 der Aarhusverordnung nicht auf diese Bestimmung berufen habe.

80.      Wie PAN Europe darlegt, hat das Gericht damit allerdings ihr Vorbringen in Rn. 44 dieses Antrags(46) verfälscht.(47) Darin hatte sie ausdrücklich die Verletzung dieser Regelung im Hinblick auf die angeforderten zusätzlichen Daten gerügt. Im Übrigen erkennt die Kommission in der Gegenerwiderung an, dass PAN Europe bereits in Rn. 89 der Klageschrift vor dem Gericht ihr Vorbringen aus dem Überprüfungsantrag zu dieser Bestimmung wiederholte.

81.      Die Feststellung der Unzulässigkeit dieses Vorbringens in Rn. 345 des angefochtenen Urteils steht mithin in einem offensichtlichen Widerspruch zum Akteninhalt und ist folglich mit einem Rechtsfehler behaftet. Das Vorbringen zu Nr. 1.9 von Teil A des Anhangs der Verordnung (EU) Nr. 283/2013 war vielmehr zulässig und hätte vom Gericht berücksichtigt werden müssen.

2.      Nr. 1.9 von Teil A des Anhangs der Verordnung (EU) Nr. 283/2013

82.      Nr. 1.9 Abs. 4 von Teil A des Anhangs der Verordnung (EU) Nr. 283/2013 konkretisiert die Anforderungen an eine sorgfältige und unparteiische Untersuchung der Gesichtspunkte, die für die Zulassung eines Wirkstoffs relevant sind.(48) Denn danach muss der Antragsteller Angaben über die relative Toxizität von Cypermethrin‑Isomeren vorlegen.

83.      Die Verpflichtung zur Beachtung von Nr. 1.9 Abs. 4 von Teil A des Anhangs der Verordnung (EU) Nr. 283/2013 entfällt auch nicht nur deshalb, weil die EFSA zum Zeitpunkt der Antragstellung noch keine Leitlinien zur Ermittlung dieser Daten vorgelegt hatte. Diese Leitlinien hat die EFSA erst im Jahr 2019 veröffentlicht.(49) Nr. 1.9 Abs. 4 ist jedoch nicht mit einer aufschiebenden Bedingung verbunden, dass die danach erforderlichen Daten erst vorgelegt werden müssten, nachdem die EFSA entsprechende Leitlinien veröffentlicht hat. Vielmehr ergibt sich aus Nr. 1.7 der Einleitung des Anhangs, dass in Ermangelung geeigneter Prüfrichtlinien, die auf internationaler oder nationaler Ebene validiert wurden, Prüfrichtlinien anzuwenden sind, die von der zuständigen europäischen Behörde anerkannt wurden. Auch ist danach jegliche Abweichung zu beschreiben und zu begründen.

84.      Im Übrigen kann die Schlussfolgerung der EFSA entgegen der Ansicht der Kommission(50) nicht dahin gehend verstanden werden, dass die EFSA lediglich beanstandete, die vorgelegten Informationen entsprächen nicht den erwähnten Leitlinien. Die EFSA hat die Schlussfolgerung nämlich bereits im Jahr 2018 angenommen, also bevor sie die Leitlinien im Jahr 2019 veröffentlicht hat.

85.      Da die Kommission die Zulassung des Wirkstoffs ohne die nach Nr. 1.9 Abs. 4 von Teil A des Anhangs der Verordnung (EU) Nr. 283/2013 notwendigen Angaben erneuert hat, hat sie folglich ihre Verpflichtung zur sorgfältigen und unparteiischen Untersuchung der relevanten Gesichtspunkte verletzt.

3.      Art. 6 Buchst. f der Pflanzenschutzverordnung

86.      Die fehlende Berücksichtigung von Nr. 1.9 Abs. 4 von Teil A des Anhangs der Verordnung (EU) Nr. 283/2013 entzieht auch Rn. 342 des angefochtenen Urteils die Grundlage. Dort stellt das Gericht fest, eine nachträgliche Übermittlung der angeforderten Informationen sei nach Art. 6 Buchst. f der Pflanzenschutzverordnung zulässig, da während des Verfahrens aufgrund neuer wissenschaftlicher und technischer Erkenntnisse neue Anforderungen festgelegt worden seien. Dabei bezieht sich das Gericht auf die bereits erwähnten Leitlinien.

87.      Die Kommission hätte daher die streitige Erneuerung mit der Auflage verbinden können, dass der Antragsteller auf der Grundlage der neuen Leitlinien Informationen über die Toxizität der Isomere von Cypermethrin vorlegt, statt das Verfahren zu verzögern, bis diese Informationen vorliegen.

88.      Weder die neuen Leitlinien noch Art. 6 Buchst. f der Pflanzenschutzverordnung ändern jedoch etwas daran, dass der Antragsteller bereits mit dem Antrag gemäß Nr. 1.9 Abs. 4 von Teil A des Anhangs der Verordnung (EU) Nr. 283/2013 ausreichende Angaben über die Toxizität der Isomere von Cypermethrin hätte vorlegen müssen. Art. 6 Buchst. f erlaubt nur die Anforderung „zusätzlicher bestätigender Informationen“. Informationen, die bereits mit dem Antrag vorzulegen sind, können darunter nicht gefasst werden.

89.      Folglich kann Art. 6 Buchst. f der Pflanzenschutzverordnung den Verzicht auf die nach Nr. 1.9 Abs. 4 von Teil A des Anhangs der Verordnung (EU) Nr. 283/2013 notwendigen Angaben nicht rechtfertigen.

4.      Vollständigkeit des Antrags und Würdigung der Genehmigungskriterien

90.      Schließlich zeigt PAN Europe auch, dass die Überlegungen des Gerichts in den Rn. 343, 344 und 346 des angefochtenen Urteils die streitige Erneuerung trotz der fehlenden Informationen über die Toxizität von Isomeren nicht rechtfertigen können.

91.      In Rn. 343 beruft sich das Gericht darauf, der Gerichtshof habe anerkannt, dass die formelle Beurteilung durch den berichterstattenden Mitgliedstaat, ob ein Antragsdossier vollständig ist, und die qualitative Beurteilung durch die EFSA zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen können.(51) Es ist allerdings nicht ersichtlich, wieso diese Feststellung die Erneuerung der Genehmigung erlaubt, obwohl die EFSA festgestellt hat, dass notwendige Informationen über die Toxizität von Isomeren fehlen, die der Antragsteller nach Nr. 1.9 von Teil A des Anhangs der Verordnung (EU) Nr. 283/2013 hätte vorlegen müssen. Wenn der Mitgliedstaat diese Datenlücke nicht beanstandet hat, kann das doch nicht bedeuten, dass die Kommission diese Lücke nach ihrer Entdeckung durch die EFSA ignorieren darf.

92.      Das vom Gericht angeführte Urteil Agrochem-Maks/Kommission des Gerichtshofs betraf im Übrigen einen anders gelagerten Fall. Er stimmt mit dem vorliegenden Fall zwar insofern überein, als der berichterstattende Mitgliedstaat einen Antrag als vollständig akzeptiert hatte, während die EFSA später Datenlücken feststellte. Allerdings führten diese Datenlücken zur Ablehnung der Erneuerung und der Gerichtshof bestätigte die Ablehnung.

93.      Weil die EFSA entscheidungserhebliche Datenlücken feststellen kann, geht auch der Vorwurf in Rn. 344 des angefochtenen Urteils, PAN Europe verwechsle die beiden Prüfungen, ins Leere.

94.      Die Feststellung in Rn. 346 des angefochtenen Urteils unter Bezugnahme auf die in Rn. 341 dargestellten Aussagen der Kommission in dem angefochtenen Überprüfungsbeschluss, die Isomere seien sehr wohl berücksichtigt worden, aber die EFSA habe eine Datenlücke festgestellt, weil spezifischere Informationen nötig seien, ändert daran nichts. Sie kann wohlwollend als überflüssige Wiederholung der Aussagen zu den Unterschieden der Beurteilung des Dossiers durch den berichterstattenden Mitgliedstaat und die EFSA verstanden werden.

95.      Sofern das Gericht in Rn. 346 des angefochtenen Urteils hingegen zum Ausdruck bringen wollte, eine ausreichende Beurteilung der Risiken aufgrund der Toxizität von Isomeren habe stattgefunden, so läge darin eine Verfälschung der dargestellten Aussagen der Kommission. Denn nach der Darstellung in Rn. 341 hat die Kommission nur präzisiert, dass Informationen vorgelegt worden und vom berichterstattenden Mitgliedstaat als ausreichend angesehen worden seien, um eine Risikobewertung vorzunehmen.(52) Die gegenläufige Feststellung der EFSA wird dadurch nicht in Zweifel gezogen. Die Darstellung in Rn. 341 entspricht im Übrigen dem Inhalt des angefochtenen Überprüfungsbeschlusses.(53)

5.      Zwischenergebnis

96.      Der erste Teil des vierten Rechtsmittelgrundes ist somit begründet, weil das Gericht das Versäumnis der Kommission, die nach Nr. 1.9 Abs. 4 von Teil A des Anhangs der Verordnung (EU) Nr. 283/2013 notwendigen Informationen über die Toxizität von Isomeren von Cypermethrin zu ermitteln, nicht beanstandet hat. Schon deshalb ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

D.      Zweiter Rechtsmittelgrund und zweiter Teil des vierten Rechtsmittelgrundes – Beurteilung endokriner Auswirkungen

97.      Der zweite Rechtsmittelgrund und der zweite Teil des vierten Rechtsmittelgrundes haben die Beurteilung endokriner Auswirkungen auf den Menschen zum Gegenstand. Diese betreffen die Funktion von Hormonen.(54)

98.      Nach Nr. 3.6.5 des Anhangs II der Pflanzenschutzverordnung darf die Kommission einen Wirkstoff nicht genehmigen, wenn endokrinschädliche Eigenschaften für den Menschen festgestellt werden (sogenannter „endokriner Disruptor“). Wie das Gericht in Rn. 100 des angefochtenen Urteils feststellt, handelt es sich somit um ein „Ausschlusskriterium“.

99.      Nach der EFSA sind zwar endokrine Wirkungen von Cypermethrin feststellbar, doch eine Beurteilung des Potenzials für endokrinschädliche Eigenschaften sei aufgrund einer Datenlücke nicht möglich.(55) Gleichwohl sah die EFSA darin weder einen kritischen Problembereich noch ein Prüfthema, das nicht abgeschlossen werden konnte.(56)

100. Die Kommission vertrat im neunten Erwägungsgrund der streitigen Erneuerung die Auffassung, dass Cypermethrin auf Grundlage der in der Schlussfolgerung der EFSA zusammengefassten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht als Stoff mit endokrinschädlichen Eigenschaften zu betrachten sei. „Um das Vertrauen in [diese Einschätzung] zu stärken“,(57) hat die Kommission in Nr. 4 der sechsten Spalte des Anhangs I der streitigen Erneuerung vom Antragsteller bis zum 15. Dezember 2023 eine aktualisierte Bewertung der bereits vorgelegten Informationen und gegebenenfalls weitere Informationen verlangt. Und im angefochtenen Überprüfungsbeschluss teilte sie mit, sie halte es für unwahrscheinlich, dass Cypermethrin endokrinschädliche Eigenschaften aufweise.

101. PAN Europe hält dem entgegen, dass es angesichts der von der EFSA festgestellten Datenlücke nicht möglich sei, endokrinschädliche Eigenschaften auszuschließen (zweiter Rechtsmittelgrund). Vielmehr hätte die Lücke vor der streitigen Erneuerung durch eine Anforderung weiterer Informationen geschlossen werden müssen (zweiter Teil des vierten Rechtsmittelgrundes).

102. Insofern ist zunächst auf die Beweislast für das Fehlen endokrinschädlicher Eigenschaften einzugehen (dazu unter 1), anschließend auf die Anforderung zusätzlicher Informationen (dazu unter 2), dann auf den Ermessensspielraum der Kommission (dazu unter 3) und schließlich auf die Frage, ob PAN Europe einen offensichtlichen Beurteilungsfehler nachgewiesen hat (dazu unter 4).

1.      Erster Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes – Konsequenzen fehlender Daten und Verteilung der Beweislast

103. PAN Europe beanstandet zunächst die Feststellung in Rn. 272 des angefochtenen Urteils, eine Datenlücke bedeute nicht, dass die Kriterien von Art. 4 der Pflanzenschutzverordnung nicht erfüllt seien. Dies sei nicht weiter untermauert und mit dem Vorsorgeprinzip sowie der daher der Kommission obliegenden Beweislast unvereinbar.

a)      Begründung

104. Mit der Rüge der fehlenden Untermauerung macht PAN Europe einen Begründungsmangel des angefochtenen Urteils geltend. Aus der Begründung eines Urteils müssen nämlich die Überlegungen des Gerichts klar und eindeutig hervorgehen, so dass die Betroffenen die Gründe für die Entscheidung erkennen können und der Gerichtshof seine Kontrollfunktion ausüben kann.(58)

105. Zwar verweist das Gericht zur Begründung auf die Rn. 69 bis 97 des angefochtenen Urteils, doch dort sind tatsächlich weder die Aussage zur fehlenden Beweiskraft einer Datenlücke noch eine spezifische Begründung dafür erkennbar.

106. Die Kommission meint allerdings, die Begründung ergebe sich aus Rn. 73 des angefochtenen Urteils. Dort stellte das Gericht fest, dass der Rückgriff auf das Vorsorgeprinzip im Allgemeinen davon abhängt, welches Schutzniveau die zuständige Behörde in Ausübung ihres weiten Ermessens gewählt hat, wenn es die wissenschaftliche Beurteilung nicht erlaubt, das Vorliegen des Risikos mit hinreichender Gewissheit festzustellen.

107. Auch das ist keine Feststellung zur Beweiskraft einer Datenlücke. Wie aber bereits dargelegt,(59) begründet eine Datenlücke alleine noch keine hinreichenden Zweifel daran, dass die Voraussetzungen einer Zulassung vorliegen. Daher kann der Gerichtshof diesen Begründungsmangel durch eine Auswechselung der Begründung,(60) bzw. ihre Ergänzung, heilen.

b)      Beweislast

108. Wichtiger sind die Einwände hinsichtlich der Beweislast. PAN Europe vertritt dazu die Auffassung, dass bei einer Ungewissheit über ein Ausschlusskriterium eine Genehmigung nicht möglich sei. Sie stützt sich dabei auf Art. 4 Abs. 3 Buchst. b der Pflanzenschutzverordnung. Danach darf ein Pflanzenschutzmittel nur zugelassen werden, wenn es keine schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit von Menschen hat. Wie PAN Europe zutreffend darlegt, hat der Gerichtshof aus dieser Bestimmung in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 und Art. 29 Abs. 2 sowie dem Vorsorgeprinzip abgeleitet, der Antragsteller müsse nachweisen, dass der Wirkstoff die genannten schädlichen Auswirkungen nicht hat.(61)

109. Zumindest nach der Schlussfolgerung der EFSA fehlte jedoch der Nachweis, dass Cypermethrin keine endokrinschädlichen Eigenschaften für den Menschen hat. Vielmehr konnte die EFSA das Potenzial für endokrinschädliche Eigenschaften aufgrund einer Datenlücke nicht beurteilen.(62)

110. Die Beurteilung endokriner Wirkungen ist allerdings nicht allein in den vom Gerichtshof im Hinblick auf die Beweislast ausgelegten Bestimmungen der Pflanzenschutzverordnung und insbesondere Art. 4 Abs. 3 Buchst. b geregelt. Vielmehr sind nach Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 auch die Genehmigungskriterien in den Nrn. 2 und 3 des Anhangs II zu berücksichtigen.

111. Endokrinschädliche Eigenschaften sind Gegenstand von Nr. 3.6.5 des Anhangs II der Pflanzenschutzverordnung. Diese Bestimmung kehrt die Beweislast um: Wie das Gericht in Rn. 276 des angefochtenen Urteils hervorhebt, wird danach ein Wirkstoff bereits zugelassen, wenn nicht angenommen wird, dass er endokrinschädliche Eigenschaften für den Menschen hat.

112. An dieser Beweislastumkehr könnte man beim Blick in die deutsche oder italienische Fassung von Nr. 3.6.5 Abs. 1 des Anhangs II der Pflanzenschutzverordnung zweifeln. Nach diesen Sprachfassungen kann die Kommission einen Wirkstoff nur dann zulassen, wenn festgestellt wird, dass er keine endokrinschädlichen Eigenschaften für den Menschen besitzt. Danach hätte die streitige Erneuerung die bislang fehlende Feststellung und den Nachweis vorausgesetzt, dass keine derartigen Eigenschaften vorliegen.

113. Die spanische, die englische, die französische und die niederländische Fassung dieser Bestimmung setzen hingegen für eine Zulassung voraus, dass endokrinschädliche Eigenschaften nicht festgestellt werden. Die Feststellung der EFSA, sie könne das Potenzial für endokrinschädliche Eigenschaften aufgrund einer Datenlücke nicht beurteilen, schloss es nach diesen Sprachfassungen folglich aus, die streitige Erneuerung wegen solcher Eigenschaften zu verweigern.

114. Der Zusammenhang mit den übrigen Absätzen von Nr. 3.6.5 des Anhangs II der Pflanzenschutzverordnung und den Genehmigungskriterien für Genotoxizität (Nr. 3.6.2), Karzinogenität (Nr. 3.6.3) und Reproduktionstoxizität (Nr. 3.6.4) zeigt, dass diese letztgenannten Sprachfassungen bei der Auslegung von Nr. 3.6.5 Abs. 1 den Vorzug verdienen.

115. Nach Nr. 3.6.5 Abs. 3 und 4 des Anhangs II der Pflanzenschutzverordnung sowie den übrigen genannten Genehmigungskriterien stehen endokrinschädliche, genotoxische, karzinogene oder reproduktionstoxische Eigenschaften einer Zulassung des Wirkstoffs nämlich nur entgegen, wenn die jeweilige Eigenschaft dem Stoff gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 zugeschrieben wird oder zugeschrieben werden müsste.

116. Seit 2018 sieht Nr. 3.6.5 Abs. 5 des Anhangs II der Pflanzenschutzverordnung außerdem vor, dass ein Wirkstoff endokrinschädliche Eigenschaften hat, wenn er eine endokrine Wirkungsweise aufweist und dadurch bestimmte schädliche Auswirkungen bei einem intakten Organismus oder seinen Nachkommen verursacht.

117. In all diesen Fällen setzt die Zulassung folglich gerade nicht den Nachweis voraus, dass die jeweiligen gefährlichen Eigenschaften nicht vorliegen. Vielmehr bedarf es ausdrücklicher Feststellungen der betreffenden Eigenschaften auf der Grundlage entsprechender Nachweise, um die Zulassung zu verweigern.

118. Diese Kriterien sind zwar „nur“ in einem Anhang der Pflanzenschutzverordnung niedergelegt, aber gegenüber Art. 4 Abs. 3 Buchst. b nicht von vornherein nachrangig.

119. Zwar hat die Kommission die ergänzenden Abs. 5 und 6 von Nr. 3.6.5 des Anhangs II der Pflanzenschutzverordnung im Jahr 2018 in Ausübung einer delegierten Regelungsbefugnis erlassen, während das Parlament und der Rat Art. 4 Abs. 3 Buchst. b in einem Gesetzgebungsverfahren angenommen haben. Doch die übrigen Kriterien in Nr. 3.6 des Anhangs II sind ebenfalls das Ergebnis dieses Gesetzgebungsverfahrens, da sie bereits Teil der ursprünglichen Fassung der Verordnung waren.

120. Daher liegt auch eine Überschreitung der delegierten Regelungsbefugnis der Kommission beim Erlass der Ergänzung von Nr. 3.6.5 des Anhangs II der Pflanzenschutzverordnung fern. Vielmehr orientiert sich die Kommission im Hinblick auf die Beweislast an den bereits vorliegenden Genehmigungskriterien. Außerdem entspricht die Regelung den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation, die von der EFSA befürwortet wurden.(63) PAN Europe beanstandet im Übrigen auch keine Überschreitung dieser Befugnisse beim Erlass der Ergänzung.

121. Es stellt sich aber die Frage, ob das Genehmigungskriterium nach Nr. 3.6.5 des Anhangs II der Pflanzenschutzverordnung im Licht höherrangigen Rechts tatsächlich darauf reduziert werden kann, dass endokrinschädliche Eigenschaften einer Zulassung nicht entgegenstehen, solange die vorliegenden Informationen die dort genannten Feststellungen nicht erlauben.

122. Dieses Ergebnis wäre kaum mit der Verpflichtung der Kommission vereinbar, sorgfältig und unparteiisch alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls zu untersuchen.(64) Konkret zur Zulassung von Wirkstoffen hat darüber hinaus der Gerichtshof wiederholt festgestellt, dass die Beweislast des Antragstellers für die Genehmigungsvoraussetzungen zur Wahrung des (primärrechtlichen) Vorsorgeprinzips beiträgt, indem sie gewährleistet, dass die Unschädlichkeit der Wirkstoffe und Pflanzenschutzmittel nicht vermutet wird.(65)

123. Daher hat der Gerichtshof im Urteil Blaise insbesondere aus Art. 4 Abs. 3 Buchst. b der Pflanzenschutzverordnung geschlossen, dass die vom Antragsteller vorgelegten Nachweise genügen müssen, um im Licht des wissenschaftlichen und technischen Kenntnisstands die Gefahr auszuschließen, dass ein Pflanzenschutzmittel Karzinogenität oder Langzeittoxizität im Sinne der Nrn. 3.6.3 und 3.6.4 des Anhangs II der Pflanzenschutzverordnung aufweist. Bloße „summarische Versuche“ würden für den Abschluss dieser Prüfung nicht genügen.(66)

124. Der Nachweis, dass die Gefahr karzinogener oder toxischer Eigenschaften ausgeschlossen werden kann, hat aber eine andere Qualität als das Fehlen ausreichender Informationen für eine Einstufung des Wirkstoffs als karzinogen oder reproduktionstoxisch gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008, das prima facie für die Genehmigungskriterien nach den Nrn. 3.6.3 und 3.6.4 des Anhangs II der Pflanzenschutzverordnung auszureichen scheint.

125. Der Kontext der genannten Feststellungen des Gerichtshofs im Urteil Blaise zeigt allerdings, dass der Gerichtshof dem Wortlaut sowie dem systematischen Zusammenhang der Genehmigungskriterien Nrn. 3.6.3 und 3.6.4 des Anhangs II der Pflanzenschutzverordnung nicht widersprechen wollte. Denn der Gerichtshof erinnerte auch daran, dass die nach diesen Kriterien vorzunehmende Beurteilung auf der Grundlage bestimmter Versuche geschehen muss.(67) Dabei handelt es sich nach den genannten Bestimmungen um die von der Behörde überprüfte Auswertung von Versuchen entsprechend den Datenanforderungen für die Wirkstoffe sowie andere verfügbare Daten und Informationen, einschließlich einer Überprüfung der wissenschaftlichen Literatur.

126. In ähnlicher Form sieht Nr. 3.6.5 Abs. 1 des Anhangs II der Pflanzenschutzverordnung vor, dass die Versuche den „in der Union oder international vereinbarten Testrichtlinien“ entsprechen müssen. Der ergänzte Abs. 6 von Nr. 3.6.5 verlangt nochmals deutlich detaillierter, dass alle vorhandenen relevanten wissenschaftlichen Daten berücksichtigt und in einem Verfahren zur Ermittlung der Beweiskraft bewertet werden müssen.(68) Diese Daten sind im Einklang mit international festgelegten Prüfplänen zu erheben, insbesondere denjenigen, die in den Mitteilungen der Kommission zur Festlegung der Datenanforderungen für Wirkstoffe und Pflanzenschutzmittel aufgeführt sind.(69)

127. Eine Zulassung ist somit nicht bereits deshalb möglich, weil Daten über endokrinschädliche Eigenschaften fehlen. Vielmehr müssen zumindest die in Nr. 3.6.5 Abs. 1 und 6 des Anhangs II der Pflanzenschutzverordnung angegebenen Daten vorgelegt und berücksichtigt werden. Nur so kann die Kommission der Verpflichtung genügen, sorgfältig und unparteiisch alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls zu untersuchen.(70)

128. Mit dieser Auslegung der Genehmigungskriterien in den Nrn. 3.6.3, 3.6.4 und 3.6.5 des Anhangs II der Pflanzenschutzverordnung wird das Vorsorgeprinzip zwar weniger streng verwirklicht als bei einigen anderen Regelungen, wo wissenschaftliche Ungewissheit über schädliche Auswirkungen nach dem Gerichtshof bereits der Zulassung bestimmter Aktivitäten entgegensteht.(71) Danach würde es nicht ausreichen, dass der Antragsteller die vorgesehenen Daten vorlegt und die Kommission sie (mit Unterstützung der EFSA und der Mitgliedstaaten) in dem Sinne würdigt, dass die betreffenden schädlichen Auswirkungen nicht feststellbar sind. Vielmehr müssten diese Daten auch beweisen, dass diese Auswirkungen ausgeschlossen sind. Die vorliegende, weniger weitgehende Auslegung ist jedoch insbesondere aufgrund des Wortlauts der genannten Kriterien geboten.

129. Der vorstehenden Auslegung würde es zwar widersprechen, wenn die Feststellung des Gerichts in Rn. 276 des angefochtenen Urteils tatsächlich bedeuten sollte, dass ein fehlender Nachweis endokrinschädlicher Eigenschaften bereits unabhängig von der Qualität der vorgelegten Versuchsdaten zur Erfüllung des Genehmigungskriteriums nach Nr. 3.6.5 des Anhangs II der Pflanzenschutzverordnung führt.

130. Es ist allerdings davon auszugehen, dass das Gericht damit nur zum Ausdruck bringen wollte, das Kriterium sei erfüllt, wenn der Nachweis trotz ausreichender Versuchsdaten nicht möglich ist. Dafür spricht insbesondere der Hinweis auf den vom berichterstattenden Mitgliedstaat erstellten Entwurf des Erneuerungsberichts in Rn. 275 des angefochtenen Urteils, denn dieser Mitgliedstaat hat nach Angaben der Kommission eine sehr umfangreiche Bewertung endokrinschädlicher Auswirkungen vorgenommen.

131. Folglich ist der erste Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes unbegründet.

2.      Zweiter Teil des vierten Rechtsmittelgrundes – Anforderung zusätzlicher Daten

132. Im Hinblick auf die Beurteilung endokrinschädlicher Eigenschaften von Cypermethrin kann das Rechtsmittel nach den bisherigen Überlegungen nur erfolgreich sein, wenn PAN Europe zeigt, dass das Gericht zu Unrecht annahm, die nach Nr. 3.6.5 Abs. 1 und 6 des Anhangs II der Pflanzenschutzverordnung notwendigen Daten seien vorgelegt und von der Kommission gewürdigt worden.

133. Ausdrücklich erhebt PAN Europe zwar keine solche Rüge. Mit dem zweiten Teil des vierten Rechtsmittelgrundes beanstandet sie allerdings, dass die Kommission in der streitigen Erneuerung zusätzliche Informationen zu den endokrinen Wirkungen von Cypermethrin verlangt.

134. Die Kommission hat nämlich in Nr. 4 der sechsten Spalte des Anhangs I der streitigen Erneuerung dem Antragsteller auferlegt, bis zum 15. Dezember 2023 eine aktualisierte Bewertung der bereits vorgelegten Informationen und gegebenenfalls weitere Informationen zu übermitteln, um das Nichtvorhandensein einer endokrinen Wirkung zu bestätigen.

135. Der Umstand, dass die Kommission diese zusätzlichen bestätigenden Daten verlangt, könnte auf den ersten Blick ein Indiz dafür sein, dass die ursprünglich vorgelegten Informationen nicht ausreichten.

136. Tatsächlich kommt es auf eine solche Indizwirkung aber nicht an. Sie könnte nämlich nicht die Prüfung ersetzen, ob die im Erneuerungsverfahren vorgelegten Informationen den anwendbaren Regelungen entsprechen. Zu dieser Prüfung hat PAN Europe nichts vorgetragen.

137. Der zweite Teil des vierten Rechtsmittelgrundes ist daher nicht entscheidungserheblich.

3.      Zweiter Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes – Ermessen der Kommission

138. Aufgrund der bisherigen Überlegungen zu Nr. 3.6.5 des Anhangs II der Pflanzenschutzverordnung können auch die weiteren Einwände von PAN Europe gegen die Rn. 273 und 276 des angefochtenen Urteils nicht durchgreifen. Dort bestätigt das Gericht angesichts des weiten Ermessensspielraums, über den die Kommission im Bereich des „Risikomanagements“ verfüge, deren Auffassung, es sei unwahrscheinlich, dass der Wirkstoff Cypermethrin endokrinschädliche Eigenschaften habe.

139. PAN Europe hält dem entgegen, dass die EFSA keine Aussagen zu dieser Wahrscheinlichkeit getroffen hat und es der Kommission nicht zukomme, eine andere wissenschaftliche Position zu beziehen.

140. Ob die Auffassung der Kommission und die Feststellungen des Gerichts zu ihrem Ermessensspielraum zutreffen, ist allerdings nicht entscheidungserheblich. Wie bereits dargelegt, stehen Risiken im Hinblick auf endokrinschädliche Eigenschaften einer Genehmigung nach Nr. 3.6.5 des Anhangs II der Pflanzenschutzverordnung nämlich nur entgegen, wenn diese Eigenschaften auf der Grundlage ausreichender Daten feststellbar sind. Eine solche Feststellung war jedoch nach der EFSA nicht möglich.

141. Somit sind die Einwände gegen die Rn. 273 und 276 des angefochtenen Urteils nicht entscheidungserheblich.

4.      Dritter Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes – Nachweis eines offensichtlichen Fehlers

142. Schließlich beanstandet PAN Europe die Rn. 275 und 301 des angefochtenen Urteils. Nach Rn. 275 habe PAN Europe keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler hinsichtlich endokrinschädlicher Eigenschaften nachgewiesen. Außerdem verweigere das Gericht in Rn. 301 jede auch nur marginale Kontrolle der Kommission und erst recht der von der EFSA vorgenommenen Risikobewertung. Es überprüfe daher nicht, ob die EFSA und die Kommission sorgfältig und unparteiisch alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls untersucht haben. Vielmehr schreibe es den vom Antragsteller vorgelegten Studien in allen Fällen ein überwiegendes Gewicht zu und unterschätze systematisch die von PAN Europe angeführten unabhängigen Studien. Auch prüfe das Gericht nicht, ob die Schlussfolgerung der Kommission, dass Cypermethrin keine schädlichen Auswirkungen für die Gesundheit von Mensch und Tier habe, im Licht dieser Studien plausibel war. Dieses letztgenannte Argument verstehe ich im Zusammenhang mit dem vorliegenden Rechtsmittelgrund dahin gehend, dass PAN Europe nur die Annahme meint, dass keine endokrinschädlichen Auswirkungen vorliegen.

143. Diesem Vorbringen ist allerdings entgegenzuhalten, dass das Gericht die von PAN Europe genannten Prüfungsmaßstäbe nicht ignoriert, sondern in Rn. 301 entweder ausdrücklich nennt oder zumindest darauf verweist.

144. Im Übrigen identifiziert PAN Europe keine Punkte des angefochtenen Urteils, in denen das Gericht die genannten Prüfungsmaßstäbe verletzt haben soll. Tatsächlich beziehen sich diese Einwände auf die Beurteilung der angeführten Studien durch das Gericht, also auf die Würdigung von Tatsachen, deren Kontrolle dem Gerichtshof im Rechtsmittel entzogen ist. Daher wäre ein entsprechendes Vorbringen auch unzulässig.

145. Folglich ist der dritte Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes unbegründet.

5.      Zwischenergebnis

146. Somit sind der zweite Rechtsmittelgrund und der zweite Teil des vierten Rechtsmittelgrundes überwiegend unbegründet oder nicht entscheidungserheblich. Nur die Begründung der fehlenden Beweiskraft von Datenlücken im angefochtenen Urteil ist unzureichend, doch diesen Mangel kann der Gerichtshof durch eine Auswechselung oder Ergänzung der Begründung heilen.

E.      Fünfter Rechtsmittelgrund – langfristige Toxizität

147. Der fünfte Rechtsmittelgrund betrifft die Beurteilung der langfristigen Toxizität der repräsentativen Verwendung eines Pflanzenschutzmittels auf der Grundlage von Cypermethrin.

148. In ihrem Überprüfungsantrag beanstandete PAN Europe, dass keine Studien über die langfristige Toxizität der repräsentativen Verwendung des untersuchten Pflanzenschutzmittels auf der Grundlage von Cypermethrin existieren würden. Dies sei aber notwendig, weil Mutagenität, Karzinogenität und Toxizität für die Reproduktion Ausschlusskriterien einer Zulassung seien.

149. Die Kommission hielt dem im angefochtenen Überprüfungsbeschluss entgegen, dass die Zusammensetzung des Pflanzenschutzmittels, dessen repräsentative Verwendung Gegenstand des Erneuerungsverfahrens war, detailliert und mit Sicherheitsdatenblättern für jeden Bestandteil bereitgestellt wurde. Diese Informationen seien im vertraulichen Band 4 des Entwurfs des Erneuerungsberichts dargestellt und beurteilt worden. Weder der berichterstattende Mitgliedstaat noch die EFSA hätten Bedenken hinsichtlich der langfristigen Toxizität geltend gemacht und auch während der Öffentlichkeitsbeteiligung seien diesbezüglich keine Kommentare eingegangen. Im Übrigen seien die Kriterien nach Nr. 3.6 des Anhangs II der Pflanzenschutzverordnung, die sich auf die Mutagenität, Karzinogenität und Toxizität für die Reproduktion beziehen, nicht auf die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln, sondern nur auf die Zulassung von Wirkstoffen anwendbar.

150. Insofern sind zunächst die Kriterien für die Beurteilung der repräsentativen Verwendung eines Pflanzenschutzmittels zu präzisieren, bevor ihre Anwendung durch das Gericht untersucht wird.

1.      Kriterien für die Beurteilung der repräsentativen Verwendung eines Pflanzenschutzmittels

151. Wie PAN Europe zutreffend rügt, stützt das Gericht seine Zurückweisung ihrer Einwände gegen die Auffassung der Kommission auf widersprüchliche Feststellungen zu den maßgeblichen Kriterien.

152. Nach der von PAN Europe gerügten Rn. 418 des angefochtenen Urteils müsse zwischen der Genehmigung eines Wirkstoffs und der Genehmigung eines Pflanzenschutzmittels unterschieden werden. Art. 4 Abs. 1 bis 3 der Pflanzenschutzverordnung sowie die Kriterien der Nrn. 2 und 3 des Anhangs II seien auf Wirkstoffe anwendbar und sollten dem Gericht zufolge durch Art. 4 Abs. 5 nicht auf Pflanzenschutzmittel ausgedehnt werden.

153. Die nachfolgenden Ausführungen des Gerichts widersprechen diesen Feststellungen jedoch. In Rn. 421 des angefochtenen Urteils räumt das Gericht ein, dass die Kommission keinen Wirkstoff genehmigen dürfe, dessen einziges geprüftes Pflanzenschutzmittel langfristig toxisch erscheinen würde. Gemäß Rn. 424 besteht daher ein Zusammenhang zwischen den Verfahren der Genehmigung von Wirkstoffen und von Pflanzenschutzmitteln. Und nach den Rn. 425 und 426 ist die repräsentative Verwendung eines Pflanzenschutzmittels dann doch nach Art. 4 Abs. 1 bis 3 der Pflanzenschutzverordnung zu beurteilen.

154. Nur diese letztgenannten Ausführungen sind richtig.

155. Es trifft zu, dass die Pflanzenschutzverordnung grundsätzlich zwischen der Zulassung von Wirkstoffen nach Kapitel II durch die Kommission und der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln nach Kapitel III durch die Mitgliedstaaten unterscheidet. Gemäß Art. 4 Abs. 5 gelten die Bestimmungen von Art. 4 Abs. 1 bis 3 für die Genehmigung eines Wirkstoffs jedoch (nur) als erfüllt, wenn dies in Bezug auf einen oder mehrere repräsentative Verwendungszwecke mindestens eines Pflanzenschutzmittels, das diesen Wirkstoff enthält, nachgewiesen wurde. Art. 14 Abs. 1 Unterabs. 2 wiederholt dies ausdrücklich für die Erneuerung einer Zulassung.

156. Somit setzt die Zulassung eines Wirkstoffs voraus, dass die Kommission einen oder mehrere repräsentative Verwendungszwecke mindestens eines Pflanzenschutzmittels prüft, das diesen Wirkstoff enthält. Prüfungsmaßstab ist Art. 4 Abs. 1 bis 3 der Pflanzenschutzverordnung. Die Abs. 2 und 3 von Art. 4 legen dafür sogar ausdrücklich Anforderungen an Pflanzenschutzmittel fest.

157. Dagegen regelt Art. 4 Abs. 1 der Pflanzenschutzverordnung die Anforderungen an einen Wirkstoff, verweist dafür aber einerseits auf die Abs. 2 und 3 und andererseits auf die Genehmigungskriterien der Nrn. 2 und 3 des Anhangs II.

158. Die Nrn. 2.1 und 3.2 des Anhangs II der Pflanzenschutzverordnung beziehen sich – wie Art. 4 Abs. 2 und 3 – ausdrücklich auf Pflanzenschutzmittel.

159. Entgegen der Auffassung von PAN Europe ist die Auffassung der Kommission, die das Gericht in der ebenfalls gerügten Rn. 420 des angefochtenen Urteils bestätigt, Nr. 3.6 des Anhangs II der Pflanzenschutzverordnung sei auf Pflanzenschutzmittel nicht anwendbar, jedoch zutreffend. Insbesondere die Genehmigungskriterien der Nrn. 3.6.2 bis 3.6.4, die PAN Europe in ihrem Überprüfungsantrag angeführt hat, aber auch die meisten anderen Bestimmungen der Nrn. 2 und 3 beziehen sich tatsächlich nicht auf Pflanzenschutzmittel, sondern auf ihre Bestandteile, nämlich insbesondere auf Wirkstoffe. So sehen die Nrn. 3.6.2 bis 3.6.4 ausdrücklich vor, dass ein Wirkstoff nur zugelassen wird, wenn er nicht als genotoxisch, karzinogen oder reproduktionstoxisch einzustufen ist. Daher gelten diese Kriterien nicht unmittelbar für die Prüfung der repräsentativen Verwendung eines Pflanzenschutzmittels,(72) sondern getrennt für die Prüfung des jeweiligen Wirkstoffs oder anderer Bestandteile.

160. Wie der Gerichtshof bereits festgestellt hat, erübrigt sich die Prüfung der langfristigen Toxizität der Kombination der verschiedenen Bestandteile in einem Pflanzenschutzmittel gleichwohl nicht.(73) Denn nach Art. 4 Abs. 3 Buchst. b der Pflanzenschutzverordnung kann ein Pflanzenschutzmittel nur zugelassen werden, wenn nachgewiesen ist, dass es keine sofortigen oder verzögerten schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit von Menschen hat. Dieser Voraussetzung genügt ein Pflanzenschutzmittel nicht, wenn es eine Art der Karzinogenität oder Langzeittoxizität aufweist.(74)

161. Daher muss der Antragsteller ausreichende Nachweise vorlegen, zu denen in erster Linie die Versuche, Analysen und Studien zu dem Pflanzenschutzmittel zählen, um im Licht des wissenschaftlichen und technischen Kenntnisstands die Gefahr auszuschließen, dass dieses Mittel eine solche Karzinogenität oder Toxizität aufweist.(75)

162. Somit rügt PAN Europe zu Recht, dass die Feststellungen in Rn. 418 des angefochtenen Urteils falsch sind und den nachfolgenden Ausführungen widersprechen. Darin liegt ein Begründungsmangel,(76) dem der Gerichtshof abhelfen sollte, indem er die Begründung im soeben dargestellten Sinne auswechselt.

163. Wenn der Gerichtshof aber das angefochtene Urteil in diesem Sinne ergänzt und auslegt, sind Einwände von PAN Europe gegen die vom Gericht anerkannten Kriterien im Ergebnis unbegründet und zurückzuweisen.

2.      Beurteilung der langfristigen Toxizität

164. Allerdings ist PAN Europe zuzustimmen, dass die vom Gericht vorgenommene Kontrolle der Anwendung dieser Kriterien mit Rechtsfehlern behaftet ist.

165. Im Kern streiten sich PAN Europe und die Kommission darum, ob die Kommission ohne eine ausdrückliche Beurteilung der EFSA die langfristige Toxizität des Pflanzenschutzmittels ausschließen durfte. In Rn. 427 des angefochtenen Urteils weist das Gericht die entsprechende Rüge zurück, weil PAN Europe keine Anhaltspunkte für eine solche Toxizität vorgetragen habe. In Rn. 428 stimmt es darüber hinaus der Kommission zu, dass das Fehlen von Bedenken des berichterstattenden Mitgliedstaats, der EFSA und der Öffentlichkeit ein ausreichender Beweis sei, um die langfristige Toxizität auszuschließen.

166. Der Antragsteller muss jedoch mit dem Antrag auf Zulassung eines Pflanzenschutzmittels nach Art. 4 Abs. 3 Buchst. b und Art. 29 der Pflanzenschutzverordnung Beweise dafür vorlegen, dass das Pflanzenschutzmittel keine sofortigen oder verzögerten schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit von Menschen hat.(77) Das muss auch gelten, wenn ein Pflanzenschutzmittel untersucht wird, um die Genehmigung eines Wirkstoffs zu erneuern. Der berichterstattende Mitgliedstaat und die EFSA müssen diese Beweise beurteilen(78) und die Kommission muss diese Beurteilung nach Art. 13 Abs. 1 und 2 bei ihrer Entscheidung über den Wirkstoff berücksichtigen.(79) Denn zur Wahrung des Vorsorgeprinzips darf die Unschädlichkeit der Pflanzenschutzmittel nicht vermutet werden.(80) Folglich sind die entsprechenden Nachweise Teil der relevanten Gesichtspunkte des Falls, die die Kommission vor einer Entscheidung unparteiisch und sorgfältig untersuchen muss.(81)

167. Besondere Bedeutung kommt der Schlussfolgerung der EFSA zu. Diese Schlussfolgerung soll nach Art. 12 Abs. 2 Unterabs. 2 der Pflanzenschutzverordnung und Art. 13 Abs. 1 der damals geltenden Durchführungsverordnung (EU) Nr. 844/2012 vor dem Hintergrund des neuesten Standes von Wissenschaft und Technik und unter Heranziehung der zum Zeitpunkt der Vorlage der ergänzenden Dossiers verfügbaren Leitlinien die Frage beantworten, ob angenommen werden kann, dass der Wirkstoff voraussichtlich den Genehmigungskriterien gemäß Art. 4 der Pflanzenschutzverordnung genügt. Die dafür notwendige Beurteilung muss – wie soeben dargelegt – die langfristige Toxizität des Pflanzenschutzmittels einschließen, dessen repräsentative Verwendungszwecke für die Zulassung des Wirkstoffs untersucht werden.

168. Wenn die EFSA dagegen zu einem maßgeblichen Kriterium schweigt – im vorliegenden Fall zur langfristigen Toxizität –, so fehlt es an einer ausreichenden Untersuchung eines entscheidungserheblichen Gesichtspunkts.

169. Weder die Behauptung, der berichterstattende Mitgliedstaat habe die langfristige Toxizität im vertraulichen Band 4 des Erneuerungsberichts beurteilt (Rn. 431 des angefochtenen Urteils), noch eine Genehmigung des untersuchten Pflanzenschutzmittels in verschiedenen Mitgliedstaaten (Rn. 429) können das Fehlen einer Beurteilung durch die EFSA ersetzen.

170. Zwar kann die Kommission nach Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 2 der damals geltenden Durchführungsverordnung (EU) Nr. 844/2012 entscheiden, dass eine Schlussfolgerung der EFSA nicht erforderlich ist. Im vorliegenden Fall hat die Kommission aber keinen solchen Verzicht ausgesprochen. Sie hat erst recht nicht begründet, warum ein Verzicht auf die Beurteilung der langfristigen Toxizität des untersuchten Pflanzenschutzmittels durch die EFSA gerechtfertigt wäre.

171. Daher ist der fünfte Rechtsmittelgrund schon deshalb begründet, weil sich die EFSA nicht zur langfristigen Toxizität des untersuchten Pflanzenschutzmittels geäußert hat.

172. Aber auch wenn der Gerichtshof die Ersetzung einer Prüfung der EFSA durch Prüfungen von Mitgliedstaaten ausreichen ließe, begründet das Vorbringen von PAN Europe erhebliche Zweifel daran, dass diese Prüfungen zumindest im vorliegenden Fall tatsächlich in ausreichendem Maß stattfanden.

173. Es trifft grundsätzlich zu, dass der berichterstattende Mitgliedstaat und die Mitgliedstaaten, die Pflanzenschutzmittel genehmigen, die langfristige Toxizität des jeweils geprüften Pflanzenschutzmittels beurteilen müssen.(82)

174. Es ist jedoch zweifelhaft, dass irgendein Mitgliedstaat das im Erneuerungsverfahren untersuchte Pflanzenschutzmittel überhaupt im Hinblick auf seine langfristige Toxizität untersucht hat.

175. Die einschlägigen Durchführungsregeln sehen zwar ausdrücklich vor, dass Antragsteller Daten zur langfristigen Toxizität von Wirkstoffen vorlegen.(83) Wie PAN Europe darlegt, fehlen jedoch entsprechende Anforderungen in Bezug auf das für die Zulassung eines Wirkstoffs untersuchte Pflanzenschutzmittel. Insoweit müssen Antragsteller – zumindest nach diesen Bestimmungen – nur Daten über bestimmte andere Formen der Toxizität vorlegen.(84)

176. Das hängt sicherlich auch damit zusammen, dass erst der Gerichtshof im Urteil Blaise die Notwendigkeit einer Beurteilung der langfristigen Toxizität von Pflanzenschutzmitteln klargestellt hat. PAN Europe erinnert jedoch daran, dass dieses Urteil erst am 1. Oktober 2019 erging, also nach der Beurteilung des Antrags durch die berichterstattenden Mitgliedstaaten und der Schlussfolgerung der EFSA. Es ist daher zu befürchten, dass davor die Bedeutung der Prüfung der langfristigen Toxizität von Pflanzenschutzmitteln unterschätzt wurde.

177. Außerdem ist nicht ersichtlich, dass im Erneuerungsverfahren Genehmigungen des untersuchten Pflanzenschutzmittels seitens einzelner Mitgliedstaaten und insbesondere von jenen vorgenommene Beurteilungen seiner langfristigen Toxizität berücksichtigt worden wären.

178. Die Kommission hält das Vorbringen zu den Zweifeln an einer Beurteilung der langfristigen Toxizität durch Mitgliedstaaten zwar für eine unzulässige Erweiterung des Verfahrensgegenstands, doch PAN Europe war berechtigt, dies erstmals im Rechtsmittel vorzutragen, da sie damit auf die Argumentation des Gerichts antwortet.(85)

179. Schließlich versucht die Kommission, darzulegen, dass dennoch eine ausreichende Beurteilung der langfristigen Toxizität des untersuchten Pflanzenschutzmittels vorgenommen wurde. Der Antragsteller habe nämlich die detaillierte Zusammensetzung des Pflanzenschutzmittels sowie Sicherheitsdatenblätter für jeden Bestandteil bereitgestellt. Auf dieser Grundlage sei die langfristige Toxizität anhand der einschlägigen Berechnungsmethoden für die Einstufung von Gemischen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 beurteilt worden.

180. Diese Vorgehensweise beruht hinsichtlich der Sicherheitsdatenblätter auf Nr. 1.4.3 der Einleitung zu Teil A des Anhangs der Verordnung (EU) Nr. 284/2013 sowie hinsichtlich der Berechnungsmethoden auf Nr. 1 der Einleitung zu Abschnitt 7 des Teils A. Im Ausgangspunkt hat das Gericht daher die diesbezüglichen Einwände von PAN Europe in Rn. 433 des angefochtenen Urteils zu Recht zurückgewiesen.

181. Die Beurteilung der langfristigen Toxizität setzt jedoch nach dem Gerichtshof spezifische Versuche voraus, die genügen, um die Gefahr einer solchen Toxizität auszuschließen.(86) Bloße „summarische Versuche“ reichen dem Gerichtshof hingegen nicht.(87) Die Zweifel von PAN Europe, ob eine Beurteilung allein aufgrund von Sicherheitsdatenblättern und Berechnungsmethoden ausreicht, sind daher berechtigt.

182. Schon wegen dieser Zweifel an einer ausreichenden Prüfung der langfristigen Toxizität des Pflanzenschutzmittels durch den berichterstattenden Mitgliedstaat hätte das Gericht die Beurteilung im vertraulichen Band 4 des Berichtsentwurfs kontrollieren müssen – jedenfalls, wenn eine solche Beurteilung die fehlende Beurteilung der EFSA ersetzen könnte. Die Rüge von PAN Europe, dass das nicht geschehen ist, ist folglich begründet.

183. Falls das Gericht eine grundsätzlich ausreichende Beurteilung der langfristigen Toxizität vorgefunden hätte, hätte es in einem weiteren Schritt prüfen müssen, ob es gerechtfertigt war, diese Beurteilung PAN Europe vorzuenthalten. Denn es würde gegen das Grundrecht auf einen wirksamen gerichtlichen Rechtsbehelf verstoßen, wenn eine gerichtliche Entscheidung auf Tatsachen und Schriftstücke gegründet würde, von denen eine Partei keine Kenntnis nehmen und zu denen sie daher auch nicht Stellung nehmen konnte.(88)

184. Nur ausnahmsweise kann es gerechtfertigt sein, dieses Grundrecht aufgrund überwiegender Interessen an der vertraulichen Behandlung bestimmter Informationen einzuschränken. Das setzt allerdings eine wirksame gerichtliche Kontrolle des Vorliegens und der Stichhaltigkeit der Gründe für die Vertraulichkeit voraus.(89)

185. Auch diese Kontrolle hat das Gericht versäumt. Im Übrigen ist die Berechtigung der Vertraulichkeit zweifelhaft. Wie das Gericht selbst erwähnt, können nämlich Geschäftsgeheimnisse nach Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 der Umweltinformationsrichtlinie(90) und Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Aarhusverordnung die Verweigerung des Zugangs zu Informationen über Emissionen in die Umwelt nicht rechtfertigen. Diese Informationen erfassen das Freisetzen von Produkten oder Stoffen wie Pflanzenschutzmitteln und von in diesen Produkten enthaltenen Stoffen in die Umwelt, sofern dieses Freisetzen unter normalen oder realistischen Anwendungsbedingungen tatsächlich stattfindet oder vorhersehbar ist.(91) Im vorliegenden Fall geht es um Informationen zur Beurteilung der langfristigen Toxizität eines Pflanzenschutzmittels, das zum Einsatz im Freiland bestimmt ist, also zur Freisetzung in die Umwelt.(92)

3.      Zwischenergebnis

186. Somit ist der fünfte Rechtsmittelgrund schon deshalb begründet, weil die Schlussfolgerung der EFSA keine Beurteilung der langfristigen Toxizität des untersuchten Pflanzenschutzmittels enthält.

187. Der fünfte Rechtsmittelgrund wäre aber auch begründet, wenn der Gerichtshof eine Beurteilung dieser Frage durch den berichterstattenden Mitgliedstaat oder durch Mitgliedstaaten ausreichen lassen würde, die Pflanzenschutzmittel auf der Grundlage des Wirkstoffs genehmigt haben. Denn das Gericht hat nicht überprüft, ob diese Mitgliedstaaten die langfristige Toxizität des untersuchten Pflanzenschutzmittels tatsächlich ausreichend untersucht haben. Daher hat es auch nicht ausreichend kontrolliert, ob die Kommission ihrer Verpflichtung zur sorgfältigen und unparteiischen Untersuchung der relevanten Gesichtspunkte nachgekommen ist.

F.      Erster Rechtsmittelgrund – kritische Problembereiche

188. Mit dem ersten Rechtsmittelgrund beanstandet PAN Europe, dass das Gericht die von der EFSA identifizierten kritischen Problembereiche nicht ausreichend berücksichtigt habe. Die von PAN Europe aufgegriffenen Fragestellungen beziehen sich auf die Zusammensetzung des Wirkstoffs, der in den von den Antragstellern vorgelegten Studien verwendet wurde (dazu unter 1), auf ein hohes Risiko für Wasserorganismen (dazu unter 2) sowie auf ein hohes Risiko für nicht zur Zielgruppe gehörende Arthropoden außerhalb der Behandlungsfläche (dazu unter 3).

1.      Zusammensetzung des Wirkstoffs

189. Die Zulassung eines Wirkstoffs setzt voraus, dass schädliche Auswirkungen der Verwendung und von Rückständen auf die Gesundheit von Menschen oder Tieren (Art. 4 Abs. 3 Buchst. b) sowie unannehmbare Auswirkungen auf die Umwelt (Art. 4 Abs. 3 Buchst. e) ausgeschlossen werden. Um diese Nachweise zu erbringen, hat der Antragsteller toxikologische und ökotoxikologische Studien vorgelegt.

190. Die EFSA war jedoch auf Grundlage der Chargendaten und der Verunreinigungsprofile mit der vorgeschlagenen Referenzspezifikation des Wirkstoffs nicht einverstanden und schlug vor, diese entsprechend den Erneuerungsdaten zu aktualisieren.(93) Daher war unklar, ob der für die eingereichten Studien verwendete Wirkstoff hinsichtlich möglicher Verunreinigungen und seiner Zusammensetzung dieser aktualisierten Spezifikation entsprach. Aus diesem Grund konnte die EFSA die Beurteilung der Toxizität für Säugetiere(94) sowie die Umwelt(95) nicht abschließen. Darin liegt nach Auffassung der EFSA ein kritischer Problembereich, in dem aufgrund der vorliegenden Informationen nicht angenommen werden könne, dass die Voraussetzungen einer Zulassung vorliegen.(96)

191. Obwohl die EFSA insbesondere das genotoxische Potenzial von Verunreinigungen nicht ausschließen konnte,(97) stellte sie fest, es sei aufgrund der nach den Leitlinien vorgenommenen Studien unwahrscheinlich, dass der Wirkstoff Cypermethrin selbst genotoxisch sei. Eine nicht den Leitlinien entsprechende Studie gebe allerdings Anlass, bestimmte Fragen in diesem Zusammenhang weiter zu untersuchen.(98)

192. Nach Rücksprache mit dem berichterstattenden Mitgliedstaat Belgien vertrat die Kommission die Auffassung, diese Zweifel der EFSA stünden einer Zulassung von Cypermethrin nicht entgegen. Das Gericht folgte der Kommission und wies die Einwände von PAN Europe zurück.

193. Im Rechtsmittel wendet sich PAN Europe zunächst gegen Feststellungen zur Beweislastverteilung in den Rn. 134, 146, 147 und 158 des angefochtenen Urteils. Dieses Vorbringen beruht jedoch auf Missverständnissen. Anders als im Zusammenhang mit dem fünften Rechtsmittelgrund(99) trifft das Gericht in diesen Punkten dazu keine Feststellungen, sondern knüpft an die Würdigung von bestimmten Einwänden gegen die Begründung des angefochtenen Überprüfungsbeschlusses an. Daher ist das Vorbringen zur Beweislast nicht entscheidungserheblich.

194. Die Einwände von PAN Europe gegen die Feststellungen der Kommission zu den Folgen der neuen Spezifikation von Cypermethrin sind dagegen begründet.

195. Im Einzelnen geht es um die Vergleichbarkeit der verschiedenen Spezifikationen des Wirkstoffs, seine größere Reinheit, die Bedeutung der Beurteilung der Neuro‑, Reproduktions- und Entwicklungstoxizität für die Bewertung der Genotoxizität und um die Möglichkeit, diese Fragen bei der späteren Genehmigung von Pflanzenschutzmitteln oder bei einer weiteren Erneuerung zu beantworten.

196. In den Rn. 147, 148 und 154 des angefochtenen Urteils stützt sich das Gericht im Einklang mit der Kommission darauf, dass der berichterstattende Mitgliedstaat festgestellt habe, der für die eingereichten Studien verwendete Wirkstoff sei mit der aktualisierten Spezifikation vergleichbar.

197. Wie PAN Europe einwendet, widerspricht diese Feststellung der Schlussfolgerung der EFSA. Diesem Widerspruch kommt eine umso größere Bedeutung zu, da die EFSA die vom berichterstattenden Mitgliedstaat festgestellte Vergleichbarkeit kannte, als sie in ihrer Schlussfolgerung hinsichtlich der verschiedenen Spezifikationen dennoch einen kritischen Problembereich identifizierte.

198. Die Kommission ist zwar bei der Zulassung eines Wirkstoffs nicht an die Beurteilung der EFSA gebunden, sondern muss diese nach Art. 13 Abs. 1 der Pflanzenschutzverordnung nur berücksichtigen. Auch mag es sein, dass der Gesetzgeber einer unabhängigen und objektiven Bewertung durch Experten der Mitgliedstaaten Gewicht verleihen wollte, wie das Gericht in Rn. 139 des angefochtenen Urteils betont.

199. Wenn die Kommission jedoch von einer Auffassung der EFSA abweicht, muss sie dafür zumindest plausible Gründe darlegen. Andernfalls verletzt sie ihre Begründungspflicht.(100)

200. Weder das Gericht noch die Kommission begründen jedoch, warum die Auffassung des berichterstattenden Mitgliedstaats im vorliegenden Fall derjenigen der EFSA vorzuziehen sei. Letztere Auffassung beruht im Übrigen ebenfalls auf Bewertungen von Experten der Mitgliedstaaten. Auch inhaltlich ist nicht nachvollziehbar, wie der berichterstattende Mitgliedstaat zu dem Ergebnis der Gleichwertigkeit kommen konnte, wenn die genauen Unterschiede zwischen den verschiedenen Spezifikationen gar nicht bekannt sind.

201. In Rn. 148 des angefochtenen Urteils folgt das Gericht der Kommission auch hinsichtlich des Arguments, dass die größere Reinheit des Wirkstoffs nach der neuen Spezifikation (920 g/kg statt 900 g/kg) die mit Verunreinigungen verbundenen Risiken reduzieren würde. Nach den Rn. 164 und 165 habe die Kommission aufgrund von Kontakten mit der EFSA und dem berichterstattenden Mitgliedstaat im Anschluss an die Schlussfolgerung der EFSA zu dem Ergebnis kommen können, dass andere Verunreinigungen als Hexan toxikologisch unbedenklich seien.

202. Auch insofern fehlt jedoch eine Begründung, was das Gericht im angefochtenen Urteil nicht beanstandet.

203. Der Umstand, dass die Menge der Verunreinigungen geringer ist, besagt noch nicht, dass auch ihre schädlichen Auswirkungen geringer sind. Denn nach dem angefochtenen Überprüfungsbeschluss enthält der Wirkstoff aufgrund von Änderungen im Herstellungsverfahren andere Verunreinigungen als früher,(101) die natürlich auch andere, also auch größere, Risiken begründen können.

204. Die Identifizierung eines kritischen Problembereichs in der Schlussfolgerung der EFSA beruht sogar ausdrücklich darauf, dass das genotoxische Potenzial dieser anderen Verunreinigungen nicht ausgeschlossen und daher die Beurteilung ihrer toxikologischen Bedeutung nicht abgeschlossen werden könne.(102)

205. Rn. 157 des angefochtenen Urteils betrifft den Einwand von PAN Europe, Studien zur Neuro‑, Reproduktions- und Entwicklungstoxizität auf der Grundlage der aktualisierten Spezifikation des Wirkstoffs könnten den Bedenken zur Genotoxizität nicht Rechnung tragen. Das Gericht weist ihn mit dem Argument zurück, die EFSA halte eine Genotoxizität von Cypermethrin für unwahrscheinlich und der Kommission zufolge habe der Wirkstoff in seiner neuen Spezifikation keine schädlicheren Auswirkungen als in der früheren Spezifikation. Die genotoxischen Eigenschaften von Cypermethrin sind jedoch von solchen Eigenschaften der Verunreinigungen zu unterscheiden. Letztere konnte die EFSA aber nicht abschließend beurteilen und insbesondere nicht ausschließen.(103) Daher entbehrt auch die diesbezügliche Behauptung der Kommission einer ausreichenden Begründung.

206. Wenig Überzeugungskraft entfaltet schließlich das von der Kommission aufgegriffene Argument des berichterstattenden Mitgliedstaats, die Bedenken der EFSA könnten in Zukunft bei der Genehmigung von Pflanzenschutzmitteln auf der Grundlage von Cypermethrin oder in einem künftigen Erneuerungsverfahren geklärt werden. Der Pflanzenschutzverordnung und insbesondere Art. 4 ist nämlich nicht zu entnehmen, dass Zweifel an der Unschädlichkeit eines Wirkstoffs aufgrund solcher Überlegungen ignoriert werden könnten. Das Gericht erwähnt die Kritik an diesem Argument zwar in Rn. 159 des angefochtenen Urteils, weist sie jedoch in Rn. 160 zurück, ohne sich in der Sache damit auseinanderzusetzen. Daher kann die Möglichkeit einer solchen späteren Abhilfe den Begründungsmängeln des angefochtenen Überprüfungsbeschlusses nicht abhelfen.

207. Folglich ist der erste Teil des ersten Rechtsmittelgrundes begründet.

2.      Wasserorganismen

208. Die Schlussfolgerung der EFSA stellte ein hohes Risiko für Wasserorganismen fest und sah darin einen kritischen Problembereich.(104) Nach der Erklärung der EFSA von 2019 kann dieses Risiko durch bestimmte, besonders intensive Risikominderungsmaßnahmen ausreichend reduziert werden.(105) In der streitigen Erneuerung verlangt die Kommission, dass bei Sprühanwendungen im Freien Risikominderungsmaßnahmen ergriffen werden, um die Abdrift so zu reduzieren, dass bei Anwendungen im Frühjahr die Konzentration des Wirkstoffs in Wasserkörpern höchstens 0,0038 μg/l beträgt. Nach dem angefochtenen Überprüfungsbeschluss soll dieser Grenzwert das Risiko für Wasserorganismen ausreichend mindern.

209. Die Rechtsmittelgründe von PAN Europe betreffen erstens den Umstand, dass die Verwendung im Herbst nicht ausdrücklich ausgeschlossen wurde (dazu unter a). Zweitens greift sie die Festlegung des Grenzwerts auf der Grundlage eines ökologischen Erholungswerts (Ecological Recovery Option [ERO]) an, der eine Erholung nach einer vorübergehenden Beeinträchtigung erwarten lässt. Stattdessen hätte die Kommission einen deutlich strengeren ökologischen Grenzwert (Ecological Threshold Option [ETO]) verwenden sollen, der eine Beeinträchtigung ausschließen würde (dazu unter b).

a)      Verwendung im Herbst

210. PAN Europe vertritt die Auffassung, die Kommission hätte die Verwendung von Cypermethrin im Herbst untersagen müssen, da nach der Schlussfolgerung der EFSA die Vereinbarkeit einer solchen Verwendung mit der Pflanzenschutzverordnung nicht nachgewiesen sei. Die Zurückweisung dieses Vorbringens durch das Gericht sei rechtsfehlerhaft.

211. Dieses Vorbringen überzeugt jedoch nicht.

212. Nach Art. 6 der Pflanzenschutzverordnung kann die Kommission bei der Genehmigung eines Wirkstoffs Bedingungen und Einschränkungen verhängen, aber sie ist nicht dazu verpflichtet. Aus Art. 4 lässt sich eine Verpflichtung nur insoweit ableiten, als andernfalls der Wirkstoff oder die untersuchte repräsentative Verwendung eines Pflanzenschutzmittels mit diesem Wirkstoff den Anforderungen nicht genügen würde. Wie auch in Rn. 198 des angefochtenen Urteils festgestellt, hat die Kommission die streitige Erneuerung aber auf die Verwendung des untersuchten Pflanzenschutzmittels im Frühjahr gestützt. Daher musste die Kommission nur die Bedingungen und Einschränkungen festlegen, die notwendig sind, damit diese Verwendung den Anforderungen genügt.

213. Dagegen ist die Kommission nicht verpflichtet oder überhaupt in der Lage, bei der Zulassung eines Wirkstoffs jede denkbare Verwendung aller Pflanzenschutzmittel mit diesem Wirkstoff zu regeln. Wie ebenfalls aus Rn. 198 des angefochtenen Urteils ersichtlich, ist das Aufgabe der Mitgliedstaaten, wenn sie gemäß Art. 29 Abs. 1 Buchst. e der Pflanzenschutzverordnung Pflanzenschutzmittel genehmigen. Für diese Genehmigungsverfahren bedeutet der Verzicht der Kommission auf weitere Einschränkungen nicht, dass Verwendungen zulässig sind, die in der streitigen Erneuerung nicht ausdrücklich verboten wurden. Vielmehr dürfen die Mitgliedstaaten auch nur Verwendungen genehmigen, die mit Art. 4 Abs. 3 vereinbar sind. Daher dürfen diese Verwendungen insbesondere keine unannehmbaren Auswirkungen auf die Umwelt haben (Art. 4 Abs. 3 Buchst. e).

214. Der Nachweis, dass solche Auswirkungen ausgeschlossen sind, obliegt nach Art. 29 Abs. 2 dem Antragsteller der Zulassung. So kann er möglicherweise der EFSA nicht vorliegende Studien beibringen, die zeigen, dass eine Verwendung im Herbst ebenfalls akzeptabel ist. Alternativ könnten strengere Maßnahmen zur Minderung von Risiken, z. B. größere Sicherheitsabstände oder strengere Grenzwerte, ausreichen, um diese Verwendung zu ermöglichen.

215. Daher ist das Vorbringen von PAN Europe zu dem fehlenden Verbot einer Verwendung im Herbst unbegründet.

b)      Ökologischer Erholungswert

216. Die Einwände von PAN Europe gegen die Verwendung des ökologischen Erholungswerts richten sich erstens grundsätzlich gegen den Umstand, dass das Gericht ihn in den Rn. 204 und 210 des angefochtenen Urteils akzeptiert, und zweitens dagegen, dass der festgelegte Grenzwert deutlich höher ist als der entsprechende Umweltqualitätswert, den die Union zur Durchführung der Wasserrahmenrichtlinie(106) festgelegt hat.

217. Was die grundlegenden Einwände gegen die Verwendung des Erholungswerts angeht, so verlangt Art. 4 Abs. 3 Buchst. e der Pflanzenschutzverordnung nicht, jede Schädigung der Umwelt auszuschließen. Im Unterschied etwa zu Gesundheitsschäden (Buchst. b) sind lediglich unannehmbare Auswirkungen auf die Umwelt unzulässig. Die Einwände von PAN Europe sprechen zwar für nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt, doch sie zeigen nicht, dass ein Grenzwert auf der Grundlage des ökologischen Erholungswerts zu unannehmbaren Auswirkungen führen wird. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Qualifikation von Auswirkungen als annehmbar oder unannehmbar einen weiten, nicht vorrangig wissenschaftlichen, sondern politischen(107) Spielraum der Kommission eröffnet, festzulegen, welche Umweltnachteile unter Berücksichtigung der Vorteile des Wirkstoffs noch annehmbar sind.

218. Allerdings könnte der von PAN Europe behauptete Verstoß gegen Umweltqualitätsstandards nach der Wasserrahmenrichtlinie ein starkes Indiz für unannehmbare Umweltauswirkungen sein. Immerhin hat der Unionsgesetzgeber diese Standards festgelegt und der in der streitigen Erneuerung festgelegte Grenzwert für Cypermethrin von 0,0038 μg/l für Ackerrandgewässer ist deutlich weniger streng als die zulässige Höchstkonzentration für Binnenoberflächengewässer (0,0006 μg/l) und für sonstige Oberflächengewässer (0,00006 μg/l).(108)

219. Diesem Vorbringen ist jedoch nicht weiter nachzugehen.

220. PAN Europe bezieht sich nämlich erstmals in der Klage vor dem Gericht und dort lediglich mit einem Satz auf die wasserrechtlichen Grenzwerte. Damit erweitert sie folglich den Verfahrensgegenstand gegenüber ihrem Überprüfungsantrag.

221. Im Rechtsmittel behauptet PAN Europe, sie hätte mit diesem Argument lediglich auf die Argumentation der Kommission in dem angefochtenen Überprüfungsbeschluss reagiert. Diese habe sich zur Begründung des Erholungsgrenzwerts auf einen Leitfaden der EFSA(109) gestützt. Das Vorbringen zum Wasserrecht solle nur zeigen, dass der Grenzwert mit diesem Leitfaden unvereinbar ist.

222. Diesem Vorbringen ist zuzugeben, dass es möglich sein muss, in der Klage vor dem Gericht auf neue Argumente zu reagieren, mit denen die Kommission einen Überprüfungsantrag zurückgewiesen hat.(110) Es ist allerdings nicht ersichtlich, inwieweit die angebliche Verletzung der wasserrechtlichen Grenzwerte zeigen würde, dass der Grenzwert der streitigen Erneuerung dem Leitfaden widerspricht. Der Leitfaden erläutert zwar Unterschiede zwischen den wasserrechtlichen Grenzwerten und Grenzwerten im Zusammenhang mit der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln,(111) doch diese Ausführungen deuten eher darauf hin, dass die EFSA annimmt, die wasserrechtlichen Grenzwerte seien für die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln nicht in jedem Fall bindend.(112)

223. Das Vorbringen zur möglichen Verletzung der wasserrechtlichen Grenzwerte war somit im Sinne der Rechtsprechung zum Streitgegenstand bei Klagen auf der Grundlage von internen Überprüfungsverfahren(113) verspätet, weil PAN Europe es nicht bereits im Überprüfungsantrag, sondern erstmals in der Klage vorgetragen hat. Daher hat das Gericht es in Rn. 216 des angefochtenen Urteils zu Recht als unzulässig zurückgewiesen.

c)      Zwischenergebnis

224. Die Einwände gegen die Feststellungen des Gerichts zu möglichen Auswirkungen auf Wasserorganismen sind somit teilweise unbegründet und im Übrigen unzulässig.

3.      Nicht zur Zielgruppe gehörende Arthropoden

225. Die Schlussfolgerung der EFSA stellte ein hohes Risiko für nicht zur Zielgruppe gehörende Arthropoden, also hauptsächlich Insekten, fest und sah darin einen kritischen Problembereich.(114) Nach der Erklärung der EFSA von 2019 kann dieses Risiko durch bestimmte, besonders intensive Risikominderungsmaßnahmen reduziert werden, die insbesondere die Sprühverluste um über 95 % mindern müssen. Eine erfolgreiche Anwendung dieser Maßnahmen sei jedoch in der Praxis insbesondere wegen veränderlicher Windverhältnisse und in unebenem Gelände herausfordernd.(115) In der streitigen Erneuerung verlangte die Kommission, dass bei Sprühanwendungen im Freien Risikominderungsmaßnahmen ergriffen werden, um die Abdrift so zu reduzieren, dass die Exposition gegenüber dem Wirkstoff außerhalb der Anbaugebiete ≤ 5,8 mg/ha beträgt. Nach dem angefochtenen Überprüfungsbeschluss soll dieser Grenzwert das Risiko für nicht zur Zielgruppe gehörende Arthropoden ausreichend mindern.

226. An die Erklärung der EFSA von 2019 anknüpfend hat PAN Europe sowohl im Überprüfungsantrag als auch in der Klage vor dem Gericht bezweifelt, dass dieser Grenzwert im Sinne von Art. 4 Abs. 3 der Pflanzenschutzverordnung unter realistischen Verwendungsbedingungen respektiert werden kann.

227. Das Gericht bestätigte hingegen in Rn. 235 des angefochtenen Urteils die Auffassung der Kommission, eine sichere Verwendung sei (von der überwiegenden Zahl der Experten der Mitgliedstaaten) im Ständigen Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel bestätigt worden.

228. Entgegen der Auffassung von PAN Europe liegt in dieser Feststellung keine Verfälschung von Beweisen. Wie die Kommission vorträgt, steht vielmehr außer Streit, dass eine qualifizierte Mehrheit der Mitgliedstaaten im Ausschuss die streitige Erneuerung und die dabei getroffenen Feststellungen der Kommission unterstützt hat. Es ist daher davon auszugehen, dass diese Mitgliedstaaten annahmen, eine sichere Verwendung sei unter realistischen Bedingungen möglich.

229. Wie PAN Europe jedoch zu Recht darlegt, ist diese Feststellung nicht geeignet, ihre auf Aussagen der EFSA gestützten Zweifel zu entkräften. Wie bereits erwähnt, muss die Kommission eine Abweichung von der Position der EFSA hinreichend begründen.(116) Die Kommission bleibt jedoch hinsichtlich der realistischen Verwendungsbedingungen jegliche Begründung schuldig. Daher ist die genannte Annahme einer sicheren Verwendung unter realistischen Bedingungen eine bloße Behauptung.

230. Gerade vor dem Hintergrund der Unterstützung durch die Mitgliedstaaten befürchte ich daher, dass der festgelegte Grenzwert und eventuelle Gebrauchshinweise mit dem Ziel seiner Einhaltung in der praktischen Anwendung durch eine Vielzahl von Landwirten nicht verwirklicht werden. Wirksame flächendeckende Kontrollmaßnahmen sind kaum vorstellbar. Das könnte Schäden bei nicht zur Zielgruppe gehörenden Arthropoden verursachen, die die Kommission als nicht annehmbar ansieht.

231. Rn. 235 des angefochtenen Urteils ist folglich rechtsfehlerhaft.

232. Rn. 236 des angefochtenen Urteils korrigiert diesen Fehler nicht, sondern ist ebenfalls mit einem Rechtsfehler behaftet. Es trifft zwar zu, dass auch die Mitgliedstaaten Pflanzenschutzmittel gemäß Art. 29 Abs. 1 Buchst. e und Art. 4 Abs. 3 der Pflanzenschutzverordnung nur genehmigen dürfen, wenn eine sichere Verwendung unter realistischen Bedingungen nachgewiesen wurde. Doch wie in ähnlicher Form schon im Zusammenhang mit der Beurteilung der langfristigen Toxizität dargelegt,(117) darf die Kommission deshalb bei der Zulassung des Wirkstoffs nicht auf diesen Nachweis verzichten.

233. Im Übrigen lädt der von der Kommission festgelegte Grenzwert die Mitgliedstaaten dazu ein, bei der Genehmigung von Pflanzenschutzmitteln ähnliche Maßnahmen zur Risikominderung vorzusehen, die unter realistischen Verwendungsbedingungen nicht umgesetzt werden können, so dass sie praktisch nicht beachtet werden.

234. Daher ist auch der dritte Teil des ersten Rechtsmittelgrundes begründet.

G.      Ergebnis der Prüfung der Rechtsmittelgründe

235. Das Rechtsmittel ist somit erfolgreich, weil das Gericht zu Unrecht akzeptiert hat, dass die Kommission vor der streitigen Erneuerung

–        die Toxizität der Isomere von Cypermethrin (erster Teil des vierten Rechtsmittelgrundes) und

–        die langfristige Toxizität des untersuchten Pflanzenschutzmittels (fünfter Rechtsmittelgrund)

nicht ausreichend sorgfältig untersucht und nicht begründet hat,

–        warum Toxizitätsstudien unter Verwendung der neuen Spezifikation von Cypermethrin nicht notwendig sind (erster Teil des ersten Rechtsmittelgrundes) und

–        wie unannehmbare Schäden für nicht zur Zielgruppe gehörende Arthropoden unter realistischen Verwendungsbedingungen verhindert werden können (dritter Teil des ersten Rechtsmittelgrundes).

236. Daher ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

V.      Zur Klage vor dem Gericht

237. Nach Art. 61 Abs. 1 seiner Satzung hebt der Gerichtshof die Entscheidung des Gerichts auf, wenn das Rechtsmittel begründet ist. Er kann sodann den Rechtsstreit selbst endgültig entscheiden, wenn dieser zur Entscheidung reif ist, oder die Sache zur Entscheidung an das Gericht zurückverweisen.

238. Wie soeben zusammengefasst, beruht der Erfolg des Rechtsmittels darauf, dass das Gericht im angefochtenen Urteil die Feststellungen der Kommission im angefochtenen Überprüfungsbeschluss bestätigt hat, obwohl die Kommission in diesen Punkten entweder nicht alle relevanten Gesichtspunkte ermittelt oder nicht ausreichend begründet hat, warum sie von der Auffassung der EFSA abweicht. Daher ist die Rechtssache in diesen Punkten entscheidungsreif und auch der angefochtene Überprüfungsbeschluss ist aufzuheben.

239. Lediglich beim fünften Rechtsmittelgrund könnte eine weitere Prüfung durch das Gericht sinnvoll sein, falls der Gerichtshof – anders als ich – der Meinung sein sollte, dass eine fehlende Beurteilung der EFSA durch eine Beurteilung des berichterstattenden Mitgliedstaats ersetzt werden kann.(118) Ich hielte es allerdings nicht für sinnvoll, den Rechtsstreit allein deswegen an das Gericht zurückzuverweisen, da PAN Europe keinen Zugang zu der angeblich existierenden Beurteilung erhielt. Außerdem betreffen die übrigen Mängel des angefochtenen Urteils in jedem Fall den angefochtenen Überprüfungsbeschluss. Daher würde ich auch in diesem Fall vorschlagen, den angefochtenen Überprüfungsbeschluss aufzuheben.

240. Das bedeutet im Übrigen nicht zwangsläufig, dass die Kommission die streitige Erneuerung aufheben oder ändern müsste. Vielmehr müsste sie, möglicherweise in Zusammenarbeit mit der EFSA und unter Berücksichtigung der zwischenzeitlich verfügbaren neuen Informationen, erneut die begründeten Einwände von PAN Europe prüfen. Alle weiteren Schritte hängen vom Ausgang dieser Prüfung ab.

VI.    Kosten

241. Nach Art. 184 Abs. 2 seiner Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das Rechtsmittel begründet ist und er den Rechtsstreit selbst endgültig entscheidet.

242. Gemäß Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren entsprechende Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

243. Daher muss die Kommission die Kosten von PAN Europe und ihre eigenen Kosten tragen.

VII. Ergebnis

244. Ich schlage dem Gerichtshof daher vor, die Rechtssache wie folgt zu entscheiden:

1)      Das Urteil des Gerichts vom 21. Februar 2024, PAN Europe/Kommission (T‑536/22, EU:T:2024:98), wird aufgehoben.

2)      Der angefochtene Überprüfungsbeschluss, den die Europäische Kommission Pesticide Action Network Europe mit Schreiben der Kommissarin Frau Stella Kyriakides am 23. Juni 2022 in englischer Sprache sowie am 18. Juli 2022 in französischer Sprache übermittelt und unter der Nr. Ares(2022)4621502 – 23/06/2022 registriert hat, wird für nichtig erklärt.

3)      Die Europäische Kommission trägt die Kosten, die Pesticide Action Network Europe sowie ihr selbst im Verfahren vor dem Gericht und dem Gerichtshof entstanden sind.
























































































































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