Vorläufige Fassung
URTEIL DES GERICHTSHOFS (Siebte Kammer)
6. März 2025(* )
„ Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats – Art. 260 Abs. 2 AEUV – Abfallbehandlung – Richtlinie 2008/98/EG – Auf der Deponie Biljane Donje (Kroatien) abgelagertes Steingranulat – Art. 5 Abs. 1 – Begriff ‚Nebenprodukt‘ – Art. 13 – Verpflichtung der Mitgliedstaaten, den Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt sicherzustellen – Art. 15 Abs. 1 – Verpflichtung, die Abfallbehandlung durch den Abfallbesitzer oder sonstige bezeichnete Personen durchführen zu lassen – Urteil des Gerichtshofs, mit dem eine Vertragsverletzung festgestellt wird – Nichtdurchführung – Finanzielle Sanktionen – Pauschalbetrag – Zwangsgeld “
In der Rechtssache C‑315/23
betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 260 Abs. 2 AEUV, eingereicht am 23. Mai 2023,
Europäische Kommission, vertreten durch M. Escobar Gómez, M. Mataija und P. Ondrůšek als Bevollmächtigte,
Klägerin,
gegen
Republik Kroatien, vertreten durch G. Vidović Mesarek als Bevollmächtigte,
Beklagte,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Siebte Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten der Ersten Kammer F. Biltgen (Berichterstatter) in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Siebten Kammer, der Präsidentin der Fünften Kammer M. L. Arastey Sahún und des Richters J. Passer,
Generalanwalt: P. Pikamäe,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
1 Mit ihrer Klage beantragt die Europäische Kommission,
– festzustellen, dass die Republik Kroatien dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 260 Abs. 1 AEUV verstoßen hat, dass sie nicht die Maßnahmen ergriffen hat, die erforderlich sind, um dem Urteil vom 2. Mai 2019, Kommission/Kroatien (Abfalldeponie von Biljane Donje) (C‑250/18, im Folgenden: Urteil Kommission/Kroatien, EU:C:2019:343), nachzukommen;
– die Republik Kroatien gemäß Art. 260 Abs. 2 AEUV zu verurteilen, an die Kommission einen Pauschalbetrag in Höhe eines Tagessatzes von 840 Euro zu zahlen, multipliziert mit der Anzahl der Tage, die zwischen dem Tag der Verkündung des Vertragsverletzungsurteils und dem Tag, an dem dieser Staat diesem Urteil nachkommt, oder, wenn der Mitgliedstaat dies versäumt hat, dem Tag der Verkündung des Urteils des Gerichtshofs im vorliegenden Verfahren verstrichen sind, mindestens jedoch einen Pauschalbetrag von 392 000 Euro;
– die Republik Kroatien zu verurteilen, an die Kommission ein tägliches Zwangsgeld in Höhe von 7 560 Euro für jeden Tag des Verzugs bei der Durchführung des Vertragsverletzungsurteils ab dem Tag der Verkündung des Urteils in der vorliegenden Rechtssache bis zum Zeitpunkt der vollständigen Durchführung des Urteils Kommission/Kroatien zu zahlen, und
– der Republik Kroatien die Kosten aufzuerlegen.
Rechtlicher Rahmen
Richtlinie 2008/98/EG
2 Art. 1 („Gegenstand und Anwendungsbereich“) der Richtlinie 2008/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Abfälle und zur Aufhebung bestimmter Richtlinien (ABl. 2008, L 312, S. 3) bestimmt:
„Mit dieser Richtlinie werden Maßnahmen zum Schutz der Umwelt und der menschlichen Gesundheit festgelegt, indem die schädlichen Auswirkungen der Erzeugung und Bewirtschaftung von Abfällen vermieden oder verringert, die Gesamtauswirkungen der Ressourcennutzung reduziert und die Effizienz der Ressourcennutzung verbessert werden.“
3 Art. 3 Nr. 1 dieser Richtlinie definiert den Begriff „Abfall“ als „jeden Stoff oder Gegenstand, dessen sich sein Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss“.
4 Art. 5 („Nebenprodukte“) Abs. 1 der Richtlinie sieht vor:
„Ein Stoff oder Gegenstand, der das Ergebnis eines Herstellungsverfahrens ist, dessen Hauptziel nicht die Herstellung dieses Stoffes oder Gegenstands ist, kann nur dann als Nebenprodukt und nicht als Abfall im Sinne des Artikels 3 Nummer 1 gelten, wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:
a) es ist sicher, dass der Stoff oder Gegenstand weiter verwendet wird,
b) der Stoff oder Gegenstand kann direkt ohne weitere Verarbeitung, die über die normalen industriellen Verfahren hinausgeht, verwendet werden,
c) der Stoff oder Gegenstand wird als integraler Bestandteil eines Herstellungsprozesses erzeugt und
d) die weitere Verwendung ist rechtmäßig, d. h. der Stoff oder Gegenstand erfüllt alle einschlägigen Produkt‑, Umwelt- und Gesundheitsschutzanforderungen für die jeweilige Verwendung und führt insgesamt nicht zu schädlichen Umwelt- oder Gesundheitsfolgen.“
5 Art. 13 („Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt“) der Richtlinie lautet:
„Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Abfallbewirtschaftung ohne Gefährdung der menschlichen Gesundheit oder Schädigung der Umwelt erfolgt und insbesondere
a) ohne Gefährdung von Wasser, Luft, Boden, Tieren und Pflanzen,
b) ohne Verursachung von Geräusch- oder Geruchsbelästigungen und
c) ohne Beeinträchtigung der Landschaft oder von Orten von besonderem Interesse.“
6 Art. 15 („Verantwortung für die Abfallbewirtschaftung“) Abs. 1 der Richtlinie 2008/98 bestimmt:
„Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass jeder Abfallersterzeuger oder sonstiger Abfallbesitzer die Abfallbehandlung selbst durchführt oder sie durch einen Händler oder eine Einrichtung oder ein Unternehmen, der/die/das auf dem Gebiet der Abfallbehandlung tätig ist, oder durch einen privaten oder öffentlichen Abfallsammler im Einklang mit den Artikeln 4 und 13 durchführen lässt.“
Die Mitteilung von 2023
7 Die Mitteilung der Kommission 2023/C 2/01 mit dem Titel „Finanzielle Sanktionen in Vertragsverletzungsverfahren“ (ABl. 2023, C 2, S. 1, im Folgenden: Mitteilung von 2023) enthält in ihren Abschnitten 3 und 4 die Regeln für das „Zwangsgeld“ bzw. den „Pauschalbetrag“.
8 Abschnitt 3.2 („Anwendung des Schwerekoeffizienten [Faktor zwischen 1 und 20]“) bestimmt:
„Ein Verstoß, der darin besteht, dass ein Mitgliedstaat einem Urteil nicht nachgekommen ist …, wird immer als schwerwiegend angesehen. Um die Höhe der Sanktion an die besonderen Umstände des Falles anzupassen, bestimmt die Kommission den Schwerekoeffizienten auf der Grundlage von zwei Parametern: der Bedeutung der verletzten oder nicht umgesetzten Unionsvorschriften und den Auswirkungen des Verstoßes auf allgemeine und besondere Interessen.
… [D]ie Schwere des Verstoßes [wird] durch einen von der Kommission festgelegten Koeffizienten bestimmt, der zwischen mindestens 1 und höchstens 20 liegt.“
9 In Abschnitt 3.3 („Anwendung des Dauerkoeffizienten“) der Mitteilung heißt es:
„…
Der Dauerkoeffizient wird als Multiplikator zwischen 1 und 3 ausgedrückt. Er wird zu einem Satz von 0,10 pro Monat ab dem Datum des ersten Urteils … berechnet.
…“
10 Abschnitt 3.4 („Zahlungsfähigkeit eines Mitgliedstaats“) dieser Mitteilung sieht vor:
„…
Wie hoch Sanktionen sein müssen, damit sie eine abschreckende Wirkung haben, hängt von der Zahlungsfähigkeit der Mitgliedstaaten ab. Diese Abschreckungswirkung spiegelt sich im Faktor n wider. Er ist definiert als ein gewichteter geometrischer Mittelwert des Bruttoinlandsprodukts (BIP) … des betreffenden Mitgliedstaats im Vergleich zum durchschnittlichen BIP der Mitgliedstaaten mit einer Gewichtung von zwei und der Bevölkerungszahl des betreffenden Mitgliedstaats im Vergleich zum Durchschnitt der Bevölkerungszahlen der Mitgliedstaaten mit einer Gewichtung von eins. Dies entspricht der Zahlungsfähigkeit des betreffenden Mitgliedstaats im Verhältnis zur Zahlungsfähigkeit der anderen Mitgliedstaaten.
…
Die Kommission hat … beschlossen, ihre Methode zur Berechnung des Faktors n zu überarbeiten. Er stützt sich nun in erster Linie auf das BIP der Mitgliedstaaten und erst in zweiter Linie auf ihre Bevölkerungszahl als demografisches Kriterium, das eine angemessene Abweichung zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten ermöglicht. Durch die Berücksichtigung der Bevölkerungszahl der Mitgliedstaaten zu einem Drittel bei der Berechnung des Faktors n werden die Abweichungen zwischen den Faktoren n der Mitgliedstaaten im Vergleich zu einer Berechnung, die ausschließlich auf dem BIP der Mitgliedstaaten beruht, auf ein angemessenes Maß reduziert. Dadurch erhält die Berechnung des Faktors n auch ein stabiles Element, da die Bevölkerungszahl auf jährlicher Basis wahrscheinlich nicht stark schwanken wird. Im Gegensatz dazu kann das BIP eines Mitgliedstaats stärkeren jährlichen Schwankungen unterliegen, insbesondere in Zeiten einer Wirtschaftskrise. Da das BIP eines Mitgliedstaats nach wie vor zwei Drittel der Berechnung ausmacht, bleibt es der wichtigste Faktor für die Beurteilung der Zahlungsfähigkeit eines Mitgliedstaats.
…“
11 In Abschnitt 4.2 der Mitteilung von 2023 wird die Methode zur Berechnung des Pauschalbetrags folgendermaßen präzisiert:
„Die Berechnung des Pauschalbetrags erfolgt weitgehend wie die Berechnung des Zwangsgeldes, d. h. durch
– Multiplikation eines Grundbetrags mit einem Schwerekoeffizienten,
– Multiplikation des Ergebnisses mit dem Faktor n,
– Multiplikation des Ergebnisses mit der anhaltenden Dauer des Verstoßes in Tagen …
…“
12 Abschnitt 4.2.1 dieser Mitteilung sieht vor:
„Zur Berechnung des Pauschalbetrags wird der Tagessatz mit der Anzahl der Tage, an denen der Mitgliedstaat dem Urteil nicht nachkommt, multipliziert. Die Letztere ist wie folgt gerechnet:
– bei Klagen nach Artikel 260 Absatz 2 AEUV die Anzahl der Tage ab dem Datum des ersten Urteils bis zu dem Tag, an dem der Verstoß abgestellt wird bzw. in Fällen, in denen der Verstoß fortbesteht, dem Tag der Urteilsverkündung gemäß Artikel 260 AEUV,
…“
13 In Abschnitt 4.2.2 der Mitteilung heißt es:
„Bei der Berechnung des Pauschalbetrags zieht die Kommission den gleichen Schwerekoeffizienten und den gleichen Faktor n wie bei der Berechnung des Zwangsgeldes heran …
Der Grundbetrag für den Pauschalbetrag ist niedriger als der für das Zwangsgeld. …
Der für Pauschalbeträge geltende Grundbetrag ist in Punkt 2 des Anhangs festgelegt.
…“
14 Anhang I („Daten, die zur Festlegung der dem Gerichtshof vorgeschlagenen finanziellen Sanktionen verwendet werden“) der Mitteilung von 2023 sieht in Punkt 1 vor, dass der Grundbetrag für das in Abschnitt 3.1 dieser Mitteilung angeführte Zwangsgeld auf 3 000 Euro pro Tag festgesetzt wird, in Punkt 2, dass der Grundbetrag für den in Abschnitt 4.2.2 dieser Mitteilung angeführten Pauschalbetrag auf 1 000 Euro pro Tag festgesetzt wird, und in Punkt 3, dass der Faktor „n“ für die Republik Kroatien auf 0,14 festgesetzt ist. In Punkt 5 dieses Anhangs I wird präzisiert, dass sich der für die Republik Kroatien festgelegte Mindestpauschalbetrag auf 392 000 Euro beläuft.
Urteil Kommission/Kroatien
15 In seinem Urteil Kommission/Kroatien hat der Gerichtshof entschieden, dass
– die Republik Kroatien dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98 verstoßen hat, dass sie nicht festgestellt hat, dass es sich bei dem in Biljane Donje (Kroatien) abgelagerten Steingranulat um Abfall und nicht um ein Nebenprodukt handelt und dass es als Abfall zu bewirtschaften ist;|
– die Republik Kroatien dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 13 der Richtlinie 2008/98 verstoßen hat, dass sie nicht alle erforderlichen Maßnahmen getroffen hat, um sicherzustellen, dass die Bewirtschaftung des in Biljane Donje abgelagerten Abfalls ohne Gefährdung der menschlichen Gesundheit oder Schädigung der Umwelt erfolgt; und
– die Republik Kroatien dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98 verstoßen hat, dass sie nicht die erforderlichen Maßnahmen getroffen hat, um sicherzustellen, dass der Besitzer des in Biljane Donje abgelagerten Abfalls die Abfallbehandlung selbst durchführt oder sie durch einen Händler oder eine Einrichtung oder ein Unternehmen, der/die/das auf dem Gebiet der Abfallbehandlung tätig ist, oder durch einen öffentlichen oder privaten Abfallsammler durchführen lässt.
Vorverfahren und Verfahren vor dem Gerichtshof
16 Mit Schreiben vom 28. Mai 2019 forderte die Kommission die Republik Kroatien auf, ihr zusammen mit einem detaillierten Zeitplan mitzuteilen, welche Maßnahmen sie ergriffen habe oder plane, um dem Urteil Kommission/Kroatien nachzukommen.
17 In ihrer Antwort vom 17. Oktober 2019 teilte die Republik Kroatien mit, dass das auf der Deponie Biljane Donje abgelagerte Steingranulat für die Renovierung des Flughafens Zadar (Kroatien) und für die Sanierung von Tagebaubergwerken an aufgegebenen Bauxit-Abbaustätten bestimmt sei. Sie führte eine Reihe von Maßnahmen auf, die zu diesem Zweck zu ergreifen seien, ohne jedoch einen Zeitplan für die Durchführung der geplanten Maßnahmen vorzulegen.
18 Da die Kommission nach den Besprechungen zwischen ihr und den kroatischen Behörden vom 5. und 6. November 2019 sowie vom 16. Juni 2021 der Ansicht war, dass die Republik Kroatien nicht alle Maßnahmen ergriffen habe, die sich aus dem Urteil Kommission/Kroatien ergäben, da die kroatischen Behörden nicht angegeben hätten, welche spezifischen Maßnahmen sie zu ergreifen beabsichtigten, um diesem Urteil nachzukommen, und innerhalb welcher Frist sie diese Maßnahmen umsetzen würden, richtete sie am 23. September 2021 ein Aufforderungsschreiben an diesen Mitgliedstaat, in dem sie ihn aufforderte, sich innerhalb von zwei Monaten nach Erhalt dieses Schreibens zu äußern.
19 Am 23. November 2021 antwortete die Republik Kroatien auf dieses Aufforderungsschreiben, dass eine Analyse der Eigenschaften der Gesteinsschlacke, aus denen der auf der Deponie Biljane Donje abgelagerte Stoff in Granulatform bestehe (im Folgenden: in Rede stehende Schlacke), im Hinblick auf ihre mögliche Verwendung als Baumaterial noch im Gang sei, und dass für die Zwecke dieser Analyse im Rahmen eines öffentlichen Vergabeverfahrens ein Sachverständiger ausgewählt worden sei, der sein Gutachten spätestens am 21. März 2022 vorlegen müsse. Die Durchführung des Urteils Kommission/Kroatien hänge von den Schlussfolgerungen dieses Berichts ab.
20 Laut der Republik Kroatien stünden ihr, wenn aus dem Gutachten hervorgehe, dass die in Rede stehende Schlacke als Baumaterial verwendet werden könne, drei Optionen offen. Im Wesentlichen könne das Steingranulat erstens den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften, die zuvor aufgefordert werden müssten, ihr Interesse dafür zu bekunden, zur Durchführung von Vorhaben von öffentlichem Interesse kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Zweitens könne das Granulat bei fehlendem Interesse an der ersten Option oder bei unzureichendem Interesse an dem gesamten Granulat ohne öffentliche Ausschreibung entgeltlich an lokale oder regionale Gebietskörperschaften oder im Eigentum des kroatischen Staates stehende oder von diesem gegründete juristische Personen übertragen werden, um kommerzielle oder nicht im öffentlichen Interesse liegende Vorhaben durchzuführen. Drittens könne das Steingranulat im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung verkauft werden. Ferner wies die Republik Kroatien darauf hin, dass die in Rede stehende Schlacke vor der Verwendung im Bausektor möglicherweise verarbeitet werden müsse, was hinsichtlich der ersten beiden Optionen die Einleitung eines neuen öffentlichen Vergabeverfahrens erfordern würde, das im Fall eines Rechtsbehelfs verlängert werden könnte. Im Übrigen hänge die voraussichtliche Dauer der Verarbeitung der in Rede stehenden Schlacke von verschiedenen Faktoren ab, und selbst nach dieser Verarbeitung könne die Republik Kroatien gemäß diesen drei Optionen über die in Rede stehende Schlacke verfügen, was die Einhaltung zusätzlicher Verfahrensschritte mit sich bringe.
21 Für den Fall, dass sich aus den Schlussfolgerungen des Sachverständigengutachtens ergeben sollte, dass die in Rede stehende Schlacke nicht als Baumaterial verwendet werden könne, teilte die Republik Kroatien mit, dass sie das Zakon o gospodarenju otpadom (Abfallwirtschaftsgesetz) vom 15. Juli 2021 (Narodne novine , br. 84/2021, im Folgenden: Abfallwirtschaftsgesetz) einhalten werde. In diesem Fall würden die kroatischen Behörden die in Rede stehende Schlacke gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die Verbringung von Abfällen (ABl. 2006, L 190, S. 1) zur Behandlung an eine befugte Person übergeben oder ins Ausland liefern.
22 In den beiden in den Rn. 20 und 21 des vorliegenden Urteils angeführten Fällen müssten diese Behörden zunächst ein öffentliches Vergabeverfahren durchführen und anschließend die Sanierung der Deponie gemäß dem Abfallwirtschaftsgesetz sicherstellen.
23 Die Republik Kroatien stellte ferner klar, dass sie die Deponie Biljane Donje bis Ende 2021 in den Abfallbewirtschaftungsplan aufnehmen werde.
24 Da die Kommission der Ansicht war, dass dieser Mitgliedstaat nicht die zur Durchführung des Urteils Kommission/Kroatien erforderlichen Maßnahmen ergriffen habe, hat sie am 23. Mai 2023 die vorliegende Klage erhoben.
25 Mit Entscheidung des Präsidenten des Gerichtshofs vom 4. März 2024 ist das Verfahren in der vorliegenden Rechtssache bis zur Verkündung des Urteils in der Rechtssache C‑147/23 ausgesetzt worden. Nach der Verkündung des Urteils vom 25. April 2024, Kommission/Polen (Whistleblower-Richtlinie) (C‑147/23, EU:C:2024:346), hat der Präsident des Gerichtshofs am selben Tag die Wiederaufnahme des Verfahrens in der vorliegenden Rechtssache angeordnet.
Zur Klage
Zur Vertragsverletzung
Vorbringen der Parteien
26 Die Klage der Kommission stützt sich auf drei Rügen, mit denen sie Verstöße gegen Art. 5 Abs. 1, gegen Art. 13 und gegen Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98 geltend macht.
27 Mit ihrer ersten Rüge wirft die Kommission der Republik Kroatien vor, nicht die Maßnahmen ergriffen zu haben, die sich aus dem Urteil Kommission/Kroatien ergäben, um den Verstoß gegen Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98 zu beenden, da dieser Mitgliedstaat nicht festgestellt habe, dass es sich bei dem auf der Deponie Biljane Donje abgelagerten Steingranulat um Abfall handele.
28 Die Kommission trägt vor, dass die Vorgehensweise dieses Mitgliedstaats in Bezug auf die in Rede stehende Schlacke trotz des Erlasses dieses Urteils im Wesentlichen die gleiche geblieben sei wie vor diesem Urteil. Aus den im Rahmen des vorgerichtlichen Verfahrens eingereichten Stellungnahmen der Republik Kroatien, die in den Rn. 19 bis 23 des vorliegenden Urteils angeführt werden, ergebe sich nämlich, dass die kroatischen Behörden weiterhin geprüft hätten, ob diese Schlacke im Bausektor verwendet werden könne, was zeige, dass sie weiterhin als Nebenprodukt, dessen weitere Verwendung sichergestellt werden müsse, und nicht als Abfall behandelt werde.
29 Zu den Überlegungen, die die Republik Kroatien im Rahmen dieses Vorverfahrens zu den möglichen künftigen Verwendungen der in Rede stehenden, auf der Deponie Biljane Donje abgelagerten Schlacke angestellt habe, stellt die Kommission fest, dass die Verwendung dieser Schlacke als Baumaterial nur von diesem Mitgliedstaat in Betracht gezogen worden sei.
30 Im Übrigen ändere der Umstand, dass die Republik Kroatien in ihrer Antwort auf das Aufforderungsschreiben für den Fall, dass sich die Verwendung dieser Schlacke für Bauzwecke als unmöglich erweisen sollte, die zusätzlichen Maßnahmen beschrieben habe, die ihr Abfallbewirtschaftungsrecht vorschreibe, einschließlich der Einbeziehung der Deponie Biljane Donje in den Abfallbewirtschaftungsplan, nichts daran, dass die Verwendung der in Rede stehenden Schlacke zu Bauzwecken ungewiss sei. Die Behauptung, dass es sich bei dieser Schlacke um Abfall handeln könne, sei nämlich eine bloße Spekulation, die nicht ausreiche, um den im Urteil Kommission/Kroatien festgestellten Verstoß gegen Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98 zu beenden. Die Ankündigung bestimmter vorbereitender Arbeiten durch diesen Mitgliedstaat, wie etwa Änderungen des Abfallbewirtschaftungsplans, reiche hierfür ebenfalls nicht aus.
31 Die Kommission schließt daraus, dass der Verstoß gegen Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98 fortbestehe.
32 Mit ihrer zweiten Rüge wirft die Kommission der Republik Kroatien vor, nicht die Maßnahmen ergriffen zu haben, die sich aus dem Urteil Kommission/Kroatien ergäben, um den vom Gerichtshof in diesem Urteil festgestellten Verstoß gegen Art. 13 dieser Richtlinie zu beenden, da dieser Mitgliedstaat nicht die erforderlichen Maßnahmen getroffen habe, um sicherzustellen, dass die Bewirtschaftung des auf der Deponie Biljane Donje abgelagerten Abfalls ohne Gefährdung der menschlichen Gesundheit oder Schädigung der Umwelt erfolge.
33 Die Kommission trägt vor, es sei unstreitig, dass dieser Abfall immer noch widerrechtlich, am selben Ort und in gleicher Weise abgelagert sei. Daraus folge, dass die Republik Kroatien die ordnungsgemäße Beseitigung des auf der Deponie Biljane Donje abgelagerten Abfalls zum für die Beurteilung der Fortdauer der Vertragsverletzung maßgeblichen Zeitpunkt, d. h. dem 23. November 2021, nicht sichergestellt habe.
34 Auch aus den von diesem Mitgliedstaat nach diesem Zeitpunkt ergriffenen Maßnahmen könne nicht abgeleitet werden, dass wirksame Maßnahmen zur Beseitigung des Abfalls gemäß der Richtlinie 2008/98 getroffen worden seien.
35 Die Kommission schließt daraus, dass der Verstoß gegen Art. 13 der Richtlinie 2008/98 fortbestehe.
36 Mit ihrer dritten Rüge wirft die Kommission der Republik Kroatien vor, nicht die Maßnahmen ergriffen zu haben, die sich aus dem Urteil Kommission/Kroatien ergäben, um den vom Gerichtshof in diesem Urteil festgestellten Verstoß gegen Art. 15 Abs. 1 dieser Richtlinie zu beenden, da dieser Mitgliedstaat nicht die erforderlichen Maßnahmen getroffen habe, um sicherzustellen, dass der Besitzer des auf der Deponie Biljane Donje abgelagerten Abfalls die Abfallbehandlung selbst durchführe oder sie durch einen Händler oder eine Einrichtung oder ein Unternehmen, der/die/das auf dem Gebiet der Abfallbehandlung tätig sei, oder durch einen öffentlichen oder privaten Abfallsammler durchführen lasse.
37 Die Kommission weist insoweit darauf hin, dass die Mitgliedstaaten nach der Rechtsprechung zu Art. 8 der Richtlinie 75/442/EWG des Rates vom 15. Juli 1975 über Abfälle (ABl. 1975, L 194, S. 39) – der Vorgängerin der Richtlinie 2008/98 – verpflichtet seien, die Sanierung illegaler Deponien sicherzustellen.
38 Zum für die Beurteilung der Fortdauer der Vertragsverletzung maßgeblichen Zeitpunkt, d. h. dem 23. November 2021, sei die in Rede stehende Schlacke noch immer widerrechtlich auf der Deponie Biljane Donje abgelagert gewesen und nicht behandelt worden, da die Republik Kroatien es versäumt habe, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um ihren Verpflichtungen aus Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98 nachzukommen.
39 Die Kommission geht daher davon aus, dass der Verstoß gegen Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98 fortbestehe.
40 Die Republik Kroatien beantragt, die Klage als unbegründet abzuweisen.
41 Was als Erstes die Rüge eines Verstoßes gegen Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98 betrifft, macht dieser Mitgliedstaat geltend, dass im Verfahren vor dem Gerichtshof in der Rechtssache, in der das Urteil Kommission/Kroatien ergangen sei, festgestellt worden sei, dass es sich bei der in Rede stehenden Schlacke um mineralische Rohstoffe handele, die im Eigentum der Republik Kroatien ständen, und dass die nationalen Behörden daher dem Zakon o upravljanju državnom imovinom (Gesetz über die Verwaltung öffentlichen Eigentums) vom 25. Mai 2018 (Narodne novine , br. 52/18), insbesondere Art. 9 dieses Gesetzes, nachkommen müssten. Nach diesem Artikel, der eine rationelle, transparente und öffentliche Bewirtschaftung des öffentlichen Eigentums im Hinblick auf die nachhaltige Entwicklung der Republik Kroatien und insbesondere die Durchführung aller Handlungen im Zusammenhang mit öffentlichem Eigentum unter Beachtung einer ordnungsgemäßen Verwaltung und der Grundsätze der Verwaltung öffentlichen Eigentums vorschreibe, hätten die kroatischen Behörden von Anfang an feststellen müssen, dass es unmöglich sei, die in Rede stehende Schlacke – als die wirtschaftlichste und schnellste Option für die Sanierung der Deponie Biljane Donje – im Bausektor zu verwenden.
42 Gleichzeitig habe der Minister für Wirtschaft und nachhaltige Entwicklung (Kroatien) zur Durchführung des Urteils Kommission/Kroatien ein Verfahren eingeleitet, um diese Deponie gemäß dem Abfallwirtschaftsgesetz in die Liste der Sanierungsprojekte aufzunehmen, und zwar gerade für den Fall, dass sich nach einer eingehenden Prüfung der Eigenschaften der abgelagerten, in Rede stehenden Schlacke herausstellen sollte, dass ihre weitere Verwendung als Baumaterial nicht möglich sei. Für diesen Fall seien Vorkehrungen getroffen worden, um eine sichere Bewirtschaftung der in Rede stehenden Schlacke im Einklang mit dem Abfallwirtschaftsgesetz zu gewährleisten.
43 Die Republik Kroatien führt aus, dass ihre Behörden angesichts der Ergebnisse mehrerer Gutachten, aus denen sich ergebe, dass die Wiederverwendung der in Rede stehenden Schlacke als Baumaterial Beschränkungen unterliege und eine Verwendung dieser Schlacke für die Schließung stillgelegter Tagebaubergwerke unmöglich sei, zu dem Ergebnis gelangt seien, dass alle Möglichkeiten ausgeschöpft worden seien, die in Rede stehende Schlacke als Nebenprodukt zu verwenden, und dass die Abfalldeponie in Biljane Donje daher gemäß dem Abfallwirtschaftsgesetz saniert werde. Sie sei daher zu dem Ergebnis gelangt, dass es sich bei der in Rede stehenden, auf der Deponie Biljane Donje abgelagerten Schlacke um Abfall und nicht um ein Nebenprodukt handele und dass sie als Abfall behandelt werden müsse, so dass sie ihren Verpflichtungen aus Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98 nachgekommen sei.
44 Was als Zweites die Rüge eines Verstoßes gegen Art. 13 dieser Richtlinie betrifft, macht die Republik Kroatien geltend, dass ihre Behörden gerade zum Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt im Einklang mit dem Zweck der in Rede stehenden Bestimmungen dieser Richtlinie tätig geworden seien, um die Voraussetzungen für eine effizientere Sanierung der Abfalldeponie in Biljane Donje zu gewährleisten, damit die in Rede stehende Schlacke im Bausektor wiederverwendet werden könne. Zu diesem Zweck sei die Erstellung mehrerer Gutachten erforderlich gewesen, die sich angesichts der Maßnahmen zur Einschränkung und Aussetzung des öffentlichen Lebens in Kroatien aufgrund der Covid-19-Pandemie verzögert hätten.
45 Die Republik Kroatien bestreitet daher die Behauptung der Kommission, dass sie keine nennenswerten Maßnahmen zur Durchführung des Urteils Kommission/Kroatien ergriffen habe. Die Behörden dieses Mitgliedstaats hätten kontinuierlich Maßnahmen ergriffen, um die beste Lösung zu finden, um die in Rede stehende Schlacke in einer den Anforderungen des Gesundheits- und Umweltschutzes entsprechenden Art und Weise zu beseitigen. Auf der Grundlage der Schlussfolgerungen eines Berichts des Kroatischen Geologischen Instituts vom Juni 2018 über die Analyse der Qualität des Bodens, der Luft, des Grundwassers und des Regenwassers, das in Auffangbehältern der Haushalte der Region Biljane Donje und der entsprechenden Großregion gesammelt worden sei, aus dem hervorgehe, dass die Situation im Hinblick auf die analysierten potenziell toxischen organischen und anorganischen Parameter annehmbar sei, hätten die kroatischen Behörden beschlossen, weitere, in Rn. 43 des vorliegenden Urteils angeführte Gutachten zu erstellen, um die Wiederverwendung der in Rede stehenden Schlacke und ihre wirksame Beseitigung sicherzustellen. In Anbetracht der Schlussfolgerungen dieser anderen Gutachten sei man jedoch zu dem Schluss gekommen, dass die in Rede stehende Abfalldeponie gemäß dem Abfallwirtschaftsgesetz saniert werden müsse.
46 Die Republik Kroatien weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass ein detaillierter Zeitplan für die Durchführung der Tätigkeiten zur Beseitigung der fraglichen Abfälle auf der Deponie Biljane Donje festgelegt worden sei; diese Tätigkeiten sollten im Zeitraum von August 2023 bis August 2025 durchgeführt werden.
47 Was als Drittes die Rüge eines Verstoßes gegen Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98 betrifft, stellt die Republik Kroatien klar, dass sie zum Zeitpunkt des Ablaufs der im Aufforderungsschreiben gesetzten Frist und zum Zeitpunkt der Erhebung der vorliegenden Klage das Vorhaben zur Sanierung der Abfalldeponie Biljane Donje bereits in den Abfallbewirtschaftungsplan für den Zeitraum 2017-2022, der im Januar 2022 geändert worden sei, aufgenommen habe. Darüber hinaus habe sie im neuen Abfallbewirtschaftungsplan für den Zeitraum 2023 bis 2028 ein Vorhaben zur Sanierung dieser Deponie ausgearbeitet und alle weiteren Schritte festgelegt, die im Zeitraum von August 2023 bis August 2025 unternommen werden sollen, um die vollständige Sanierung dieser Deponie durchzuführen.
48 In ihrer Gegenerwiderung weist die Republik Kroatien zu dieser Rüge außerdem darauf hin, dass der von ihren Behörden verfolgte Ansatz, die Möglichkeit der Wiederverwendung der fraglichen Schlacke gemäß den nationalen Rechtsvorschriften über die Verwaltung öffentlichen Eigentums zu prüfen, im Hinblick auf die in der Richtlinie 2008/98 festgelegte Abfallhierarchie gerechtfertigt sei, wonach die Vorbereitung zur Wiederverwendung, zum Recycling oder zu jeder sonstigen Verwertung Vorrang vor der Abfallbeseitigung habe.
Würdigung durch den Gerichtshof
49 Hat ein Mitgliedstaat die Maßnahmen, die sich aus dem Urteil des Gerichtshofs ergeben, nach Auffassung der Kommission nicht getroffen, so kann die Kommission gemäß Art. 260 Abs. 2 AEUV den Gerichtshof anrufen, nachdem sie diesem Mitgliedstaat zuvor Gelegenheit zur Äußerung gegeben hat. Hierbei benennt sie die Höhe des von dem betreffenden Mitgliedstaat zu zahlenden Pauschalbetrags oder Zwangsgelds, die sie den Umständen nach für angemessen hält.
50 In diesem Zusammenhang ist der maßgebende Zeitpunkt für die Beurteilung des Vorliegens einer Vertragsverletzung nach Art. 260 Abs. 2 AEUV derjenige des Ablaufs der Frist, die in dem nach dieser Bestimmung versandten Aufforderungsschreiben gesetzt wurde (Urteil vom 13. Juni 2024, Kommission/Ungarn [Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen II], C‑123/22, EU:C:2024:493, Rn. 56 und die dort angeführte Rechtsprechung).
51 Da die Kommission im vorliegenden Fall das Aufforderungsschreiben am 23. September 2021 versandt hat, ist der in der vorstehenden Randnummer des vorliegenden Urteils genannte maßgebende Zeitpunkt für die Beurteilung des Vorliegens einer Vertragsverletzung der Zeitpunkt des Ablaufs der in diesem Schreiben gesetzten Frist, d. h. der 23. November 2021.
52 Ferner ist darauf hinzuweisen, dass der Tenor eines Vertragsverletzungsurteils, in dem die vom Gerichtshof festgestellte Vertragsverletzung bezeichnet wird, für die Bestimmung der Maßnahmen, die der Mitgliedstaat zu ergreifen hat, um dem Urteil vollständig nachzukommen, von besonderer Bedeutung ist. Zu lesen ist der Tenor vor dem Hintergrund der Entscheidungsgründe des Urteils (Urteil vom 13. Juni 2024, Kommission/Ungarn [Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen II], C‑123/22, EU:C:2024:493, Rn. 58 und die dort angeführte Rechtsprechung).
– Zur Rüge eines Verstoßes gegen Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98
53 Nach Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98 kann ein Stoff oder Gegenstand, der das Ergebnis eines Herstellungsverfahrens ist, dessen Hauptziel nicht die Herstellung dieses Stoffes oder Gegenstands ist, nur dann nicht als „Abfall“ im Sinne des Art. 3 Nr. 1 dieser Richtlinie, sondern als „Nebenprodukt“ gelten, wenn die in diesem Art. 5 Abs. 1 Buchst. a bis d genannten kumulativen Voraussetzungen erfüllt sind. Zu diesen Voraussetzungen gehört die in Buchst. a genannte Voraussetzung, wonach „es … sicher [ist], dass der Stoff oder Gegenstand weiter verwendet wird“.
54 In Nr. 1 Abs. 1 des Tenors des Urteils Kommission/Kroatien hat der Gerichtshof entschieden, dass die Republik Kroatien dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98 verstoßen hat, dass sie nicht festgestellt hat, dass es sich bei der auf der Deponie Biljane Donje abgelagerten Schlacke um Abfall und nicht um ein Nebenprodukt handelt und dass sie als Abfall zu bewirtschaften ist.
55 Nr. 1 Abs. 1 des Tenors des Urteils Kommission/Kroatien beruhte auf der Feststellung in den Rn. 37, 38, 42 und 43 dieses Urteils, dass die in Rede stehende Schlacke nicht als „Nebenprodukt“ im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98 gelten könne, sondern „Abfall“ im Sinne von Art. 3 Nr. 1 dieser Richtlinie darstelle, da ihre weitere Verwendung durch ihren Besitzer ungewiss war und nur mehr oder weniger langfristig in Betracht kam.
56 Im vorliegenden Fall geht sowohl aus der Antwort der Republik Kroatien vom 23. November 2021 auf das Aufforderungsschreiben – wobei dieses Datum mit dem des Ablaufs der in diesem Schreiben gesetzten Frist zusammenfällt – als auch aus ihrer Klagebeantwortung hervor, dass zum Zeitpunkt des Ablaufs der in diesem Schreiben gesetzten Frist eine Analyse zur Bestimmung der möglichen Verwendung der in Rede stehenden Schlacke als Baumaterial im Gang war und dass die Schlussfolgerungen des mit der Durchführung dieser Analyse beauftragten Sachverständigen spätestens am 21. März 2022 erwartet wurden. In dieser Antwort führte dieser Mitgliedstaat zunächst aus, dass die Durchführung des Urteils Kommission/Kroatien von den Schlussfolgerungen des Gutachtens zu den Eigenschaften der in Rede stehenden Schlacke abhänge. Er führte sodann verschiedene Optionen an, die ihm für den Fall zur Verfügung stünden, dass das Gutachten zu dem Ergebnis gelangen sollte, dass diese Schlacke als Baumaterial verwendet werden könne, und erklärte schließlich, dass, sollte das Gutachten feststellen, dass eine solche Wiederverwendung nicht möglich sei, eine sichere Bewirtschaftung der betreffenden Schlacke im Einklang mit dem Abfallwirtschaftsgesetz gewährleistet sei.
57 Daraus folgt, dass die Republik Kroatien zum für die Beurteilung der Fortdauer der Vertragsverletzung maßgeblichen Zeitpunkt, d. h. am 23. November 2021, immer noch nicht festgestellt hatte, dass es sich bei der in Rede stehenden Schlacke um „Abfall“ im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98 handelte und dass sie als Abfall zu bewirtschaften war, sondern weiterhin die Möglichkeit einer weiteren Verwendung dieser Schlacke in Betracht zog, ohne jedoch eine sichere Verwendung nachweisen zu können.
58 Diese Feststellung kann erstens nicht durch das Vorbringen dieses Mitgliedstaats in Frage gestellt werden, wonach er verpflichtet gewesen sei, das in Rn. 41 des vorliegenden Urteils angeführte Gesetz über die Verwaltung öffentlichen Eigentums einzuhalten, das eine ordnungsgemäße Verwaltung des öffentlichen Eigentums vorschreibe. Nach ständiger Rechtsprechung kann sich ein Mitgliedstaat nämlich nicht auf Bestimmungen, Praktiken oder Umstände seiner internen Rechtsordnung berufen, um die Nichteinhaltung der sich aus dem Unionsrecht ergebenden Verpflichtungen zu rechtfertigen (Urteil vom 20. Juni 2024, Kommission/Bulgarien [Schutz der besonderen Schutzgebiete], C‑85/22, EU:C:2024:535, Rn. 74 und die dort angeführte Rechtsprechung).
59 Zweitens liegen die ergriffenen oder geplanten Maßnahmen, auf die sich die Republik Kroatien beruft, um darzutun, dass sie das Urteil Kommission/Kroatien in Bezug auf die Feststellung, dass es sich bei der in Rede stehenden, auf der Deponie Biljane Donje abgelagerten Schlacke um Abfall und nicht um ein Nebenprodukt handelt, durchgeführt habe, zeitlich nach dem Ablauf der im Aufforderungsschreiben gesetzten Frist, d. h. dem 23. November 2021, und sind daher für die Beurteilung der Fortdauer der in Rede stehenden Vertragsverletzung unerheblich. Insbesondere ergingen nämlich die Entscheidung der kroatischen Regierung über die Änderung des Abfallbewirtschaftungsplans für den Zeitraum 2017-2022, mit der die Deponie in Biljane Donje in die Liste der Sanierungsprojekte aufgenommen wurde, die Entschließung der kroatischen Regierung über die Sanierung dieser Deponie und die Entscheidung des Ministeriums für Wirtschaft und nachhaltige Entwicklung, mit der die Sanierung dieser Deponie angeordnet wurde, am 30. Dezember 2021, am 24. August 2023 bzw. am 30. August 2023, mithin nach dem für die Beurteilung der Fortdauer der Vertragsverletzung maßgeblichen Zeitpunkt.
60 Drittens kann auch das Vorbringen der Republik Kroatien keinen Erfolg haben, wonach ihr Ansatz, die Möglichkeit der Wiederverwendung der in Rede stehenden Schlacke zu prüfen, im Hinblick auf die in der Richtlinie 2008/98 festgelegte Abfallhierarchie gerechtfertigt gewesen sei. Ein solches Vorbringen liefe nämlich auf eine Umgehung der den Mitgliedstaaten nach Art. 260 Abs. 1 AEUV obliegenden Verpflichtung hinaus, die Maßnahmen zu ergreifen, die sich aus einem Urteil des Gerichtshofs ergeben, mit dem eine Vertragsverletzung festgestellt wird.
61 Der Rüge der Kommission, mit der ein Verstoß gegen Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98 geltend gemacht wird, ist daher stattzugeben.
– Zur Rüge eines Verstoßes gegen Art. 13 der Richtlinie 2008/98
62 Gemäß Art. 13 der Richtlinie 2008/98 „[treffen d]ie Mitgliedstaaten … die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Abfallbewirtschaftung ohne Gefährdung der menschlichen Gesundheit oder Schädigung der Umwelt erfolgt“.
63 In Nr. 1 Abs. 2 des Tenors des Urteils Kommission/Kroatien hat der Gerichtshof entschieden, dass die Republik Kroatien dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 13 der Richtlinie 2008/98 verstoßen hat, dass sie nicht alle erforderlichen Maßnahmen getroffen hat, um sicherzustellen, dass die Bewirtschaftung des auf der Deponie Biljane Donje abgelagerten Abfalls ohne Gefährdung der menschlichen Gesundheit oder Schädigung der Umwelt erfolgt.
64 Insoweit geht aus den Rn. 59 und 60 des Urteils Kommission/Kroatien hervor, dass die zuständigen kroatischen Behörden fast sieben Jahre lang – was einen „erheblichen Zeitraum“ darstellte – nicht die erforderlichen Maßnahmen ergriffen hatten, um sicherzustellen, dass dieser Abfall beseitigt wird, ohne die menschliche Gesundheit zu gefährden oder die Umwelt zu schädigen.
65 Um zu dieser Feststellung zu gelangen, hat der Gerichtshof in den Rn. 55 und 56 des Urteils Kommission/Kroatien auf seine Rechtsprechung hingewiesen, wonach das Vorhandensein von Abfällen in einer Deponie – unabhängig von ihrer Natur – ohne das Eingreifen der zuständigen Behörden zwangsläufig zu einer signifikanten Beeinträchtigung der Umwelt über einen längeren Zeitraum führt. Besteht eine solche signifikante Beeinträchtigung der Umwelt über einen längeren Zeitraum fort, ohne dass die zuständigen Behörden eingreifen, kann dies darauf hindeuten, dass der Mitgliedstaat das ihm durch Art. 13 der Richtlinie 2008/98 eingeräumte Ermessen überschritten hat.
66 In der Antwort der Republik Kroatien vom 23. November 2021 auf das Aufforderungsschreiben und in ihrer Klagebeantwortung bestreitet sie jedoch nicht, dass die in Rede stehende Schlacke bei Ablauf der im Aufforderungsschreiben gesetzten Frist, d. h. am 23. November 2021, immer noch auf der Deponie Biljane Donje abgelagert war und dass die Sanierung dieser Deponie noch nicht begonnen hatte.
67 Diese Feststellung wird nicht durch das Vorbringen der Republik Kroatien in Frage gestellt.
68 Erstens kann dem Vorbringen dieses Mitgliedstaats nicht gefolgt werden, dass die kroatischen Behörden gerade zum Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt im Einklang mit dem Zweck der einschlägigen Bestimmungen der Richtlinie 2008/98 tätig geworden seien, um die Voraussetzungen für eine effizientere Sanierung der Abfalldeponie in Biljane Donje zu gewährleisten, damit die in Rede stehende Schlacke im Bausektor wiederverwendet werden könne. In Anbetracht der in Rn. 65 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung stützt dieses Argument die von der Kommission erhobene Rüge eines Verstoßes gegen Art. 13 der Richtlinie 2008/98 eher, als dass es sie widerlegt.
69 Zweitens sind gemäß den Erläuterungen der Republik Kroatien in ihrer Klagebeantwortung die Schlussfolgerungen des Gutachtens, aus denen sich ergab, dass die auf der Deponie Biljane Donje abgelagerte Schlacke nicht als Baumaterial verwendet werden könne, am 5. Juli 2022 vorgelegt worden. Ferner geht aus den Schriftsätzen dieses Mitgliedstaats hervor, dass er erst nach der Vorlage der Schlussfolgerungen dieses Gutachtens zu dem Schluss kam, dass die fragliche Abfalldeponie, da alle Möglichkeiten der Wiederverwendung der in Rede stehenden Schlacke ausgeschöpft worden waren, saniert werden sollte. Somit liegen sowohl die Schlussfolgerungen dieses Gutachtens als auch erst recht die Maßnahmen, die nach Ausschöpfung aller dieser Möglichkeiten der Wiederverwendung der in Rede stehenden Schlacke getroffen oder geplant wurden, zeitlich nach dem Ablauf der im Aufforderungsschreiben gesetzten Frist, d. h. dem 23. November 2021. Daher sind sie für die Beurteilung der Fortdauer der Vertragsverletzung irrelevant.
70 Was im Übrigen den in Rn. 45 des vorliegenden Urteils erwähnten Bericht des Kroatischen Geologischen Instituts vom Juni 2018 betrifft, der festgestellt haben soll, dass die in Rede stehende Situation im Hinblick auf die analysierten potenziell toxischen organischen und anorganischen Parameter annehmbar sei, genügt die Feststellung, dass er allenfalls eine vorbereitende Maßnahme darstellt, um zu prüfen, ob die in Rede stehende Schlacke als Nebenprodukt im Bausektor verwendet werden könnte. Er reicht daher als solcher nicht aus, um die Einhaltung von Art. 13 der Richtlinie 2008/98 sicherzustellen.
71 Der Rüge der Kommission, mit der ein Verstoß gegen Art. 13 der Richtlinie 2008/98 geltend gemacht wird, ist daher stattzugeben.
– Zur Rüge eines Verstoßes gegen Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98
72 Nach Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98 „[treffen d]ie Mitgliedstaaten … die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass jeder Abfallersterzeuger oder sonstiger Abfallbesitzer die Abfallbehandlung selbst durchführt oder sie durch einen Händler oder eine Einrichtung oder ein Unternehmen, der/die/das auf dem Gebiet der Abfallbehandlung tätig ist, oder durch einen privaten oder öffentlichen Abfallsammler … durchführen lässt“.
73 In Nr. 1 Abs. 3 des Tenors des Urteils Kommission/Kroatien hat der Gerichtshof entschieden, dass die Republik Kroatien dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98 verstoßen hat, dass sie nicht die erforderlichen Maßnahmen getroffen hat, um sicherzustellen, dass der Besitzer des auf der Deponie Biljane Donje abgelagerten Abfalls die Abfallbehandlung selbst durchführt oder sie durch einen Händler oder eine Einrichtung oder ein Unternehmen, der/die/das auf dem Gebiet der Abfallbehandlung tätig ist, oder durch einen öffentlichen oder privaten Abfallsammler durchführen lässt.
74 Insoweit geht aus den Rn. 68 und 69 des Urteils Kommission/Kroatien hervor, dass eine Situation, in der die in Rede stehende Schlacke, bei der es sich um „Abfall“ im Sinne von Art. 3 Nr. 1 der Richtlinie 2008/98 handelt, seit ihrer Ablagerung auf der Deponie Biljane Donje im Mai 2010 bis zum Ablauf der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme der Kommission vom 18. November 2016 gesetzten Frist nicht so behandelt wurde, dass ihre nachteiligen Auswirkungen auf die Umwelt verringert wurden, nur deshalb eintreten konnte, weil die Republik Kroatien keine verbindlichen Maßnahmen erlassen und durchgesetzt hat, um den Ersterzeuger oder Besitzer dieser Abfälle zu veranlassen, die Abfälle selbst zu behandeln oder eine der anderen in Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98 genannten Personen für diese Behandlung in Anspruch zu nehmen.
75 Außerdem hat der Gerichtshof in Rn. 70 des Urteils Kommission/Kroatien auf die Rechtsprechung hingewiesen, wonach zum einen die Gemeinden verpflichtet sind, die in Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98 vorgesehenen Regeln zu beachten, und verpflichtet sein können, die Behandlung der aus den Deponien in ihrem Gebiet stammenden Abfälle entweder selbst durchzuführen oder sie durch einen Händler oder eine Einrichtung oder ein Unternehmen, der/die/das auf dem Gebiet der Abfallbehandlung tätig ist, oder durch einen öffentlichen oder privaten Abfallsammler durchführen zu lassen, und zum anderen der betreffende Mitgliedstaat verpflichtet ist, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass die Gemeinden ihren Verpflichtungen nachkommen.
76 Wie sich oben aus Rn. 66 ergibt, ist im vorliegenden Fall unstreitig, dass die in Rede stehende Schlacke zum maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung des Fortbestehens der in Rede stehenden Vertragsverletzung, d. h. am 23. November 2021, noch auf der Deponie von Biljane Donje abgelagert war und dass sich die Sanierungsarbeiten für diese Deponie zum Zeitpunkt des Abschlusses des schriftlichen Verfahrens vor dem Gerichtshof lediglich in einer Vorbereitungsphase befanden. Daraus ist zu schließen, dass der Sachverhalt, aufgrund dessen der Gerichtshof einen Verstoß gegen Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98 festgestellt hat, bis zum 23. November 2021 fortbestanden hat.
77 Da sich das Vorbringen der Republik Kroatien zur Widerlegung der von der Kommission erhobenen Rüge eines Verstoßes gegen Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98 mit dem Vorbringen zur Stützung der Rüge eines Verstoßes gegen Art. 13 dieser Richtlinie deckt, ist es aus denselben Gründen wie in den Rn. 69 und 70 des vorliegenden Urteils dargelegt zurückzuweisen.
78 Der Rüge der Kommission, mit der ein Verstoß gegen Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98 geltend gemacht wird, ist daher stattzugeben.
79 Nach alledem ist festzustellen, dass die Republik Kroatien dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 260 Abs. 1 AEUV verstoßen hat, dass sie nicht alle Maßnahmen ergriffen hat, die sich aus dem Urteil Kommission/Kroatien ergeben.
Zu den finanziellen Sanktionen
Vorbringen der Parteien
80 Da die Republik Kroatien nicht die Maßnahmen ergriffen hat, die sich aus dem Urteil Kommission/Kroatien ergeben, schlägt die Kommission auf Grundlage von Art. 260 Abs. 2 AEUV vor, gegen diesen Mitgliedstaat die Zahlung sowohl eines Pauschalbetrags als auch eines täglichen Zwangsgelds zu verhängen.
81 Bei der Festsetzung der Höhe dieser finanziellen Sanktionen stützt sich die Kommission auf die Mitteilung von 2023. Die Kommission weist insbesondere darauf hin, dass die Festlegung dieser Sanktionen auf den grundlegenden Kriterien der Schwere des Verstoßes, seiner Dauer und der erforderlichen Abschreckungswirkung der finanziellen Sanktionen, um einen erneuten Verstoß zu verhindern, beruhen müsse.
82 Was als Erstes die Schwere des Verstoßes betrifft, schlägt die Kommission vor, den Schwerekoeffizienten unter Berücksichtigung der Bedeutung der unionsrechtlichen Vorschriften, gegen die verstoßen worden sei, und der Auswirkungen des Verstoßes auf allgemeine und besondere Interessen auf einer Skala von 1 bis 20 auf 6 festzusetzen.
83 Was zum einen die Bedeutung der unionsrechtlichen Vorschriften betrifft, die Gegenstand des in Rede stehenden Verstoßes gewesen seien, weist die Kommission darauf hin, dass die Richtlinie 2008/98 darauf abziele, die Umwelt und die menschliche Gesundheit durch geeignete Techniken der Bewirtschaftung, der Verwertung und des Recyclings von Abfällen zu schützen, um den Druck auf die Ressourcen zu verringern und ihre Nutzung zu verbessern. Insoweit lege erstens Art. 5 Abs. 1 dieser Richtlinie die Voraussetzungen fest, die erfüllt sein müssten, damit ein Stoff oder Gegenstand, der das Ergebnis eines Herstellungsverfahrens sei, dessen Hauptziel nicht die Herstellung des betreffenden Stoffes oder Gegenstands sei, nicht als Abfall, sondern als Nebenprodukt betrachtet werde. Zweitens begründe Art. 13 der Richtlinie eine positive Verpflichtung der Mitgliedstaaten, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um sicherzustellen, dass die Abfallbewirtschaftung ohne Gefährdung der menschlichen Gesundheit, ohne Schädigung der Umwelt, ohne Gefährdung von Wasser, Luft, Boden, Tieren und Pflanzen und ohne Beeinträchtigung der Landschaft erfolge. Drittens verpflichte Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie die Mitgliedstaaten, dafür Sorge zu tragen, dass die Abfallersterzeuger oder Abfallbesitzer die Abfallbehandlung selbst durchführten oder einen Händler oder eine Einrichtung oder ein Unternehmen, der/die/das auf dem Gebiet der Abfallbehandlung tätig sei, oder einen privaten oder öffentlichen Abfallsammler mit der Behandlung des Abfalls betrauten.
84 Was zum anderen die Auswirkungen des in Rede stehenden Verstoßes auf allgemeine und besondere Interessen anbelangt, macht die Kommission geltend, dass es sich um einen schwerwiegenden Verstoß handele, da die Republik Kroatien gegen mehrere grundlegende Verpflichtungen aus der Richtlinie 2008/98 verstoßen habe, deren Einhaltung eine Voraussetzung für die Vermeidung von Umweltschäden und die Gefährdung der menschlichen Gesundheit sowie für die Erreichung der Ziele der Politik der Kreislaufwirtschaft sei.
85 Nach Ansicht der Kommission fügt sich das Urteil Kommission/Kroatien in den Rahmen der ständigen Rechtsprechung zu den in der Richtlinie 2008/98 vorgesehenen Grundpflichten ein, was bei der Beurteilung der Schwere des Verstoßes als erschwerender Umstand berücksichtigt werden müsse.
86 Außerdem weist die Kommission darauf hin, dass sich die in Rede stehende Abfalldeponie in der Ortschaft Biljane Donje befinde, die verwaltungsmäßig zur Stadt Benkovac mit etwa 10 000 Einwohnern gehöre, und dass dort seit 2010 etwa 140 000 t Rückstände aus der Verarbeitung von Ferromangan- und Siliziummangan-Schlacke direkt auf dem Boden und weniger als 50 m von Wohnhäusern entfernt abgelagert worden seien. Da im Urteil Kommission/Kroatien festgestellt worden sei, dass die Ablagerung des in Rede stehenden Abfalls gegen die Verpflichtung verstoße, sicherzustellen, dass die Ablagerung des Abfalls ohne Gefährdung der menschlichen Gesundheit oder Schädigung der Umwelt erfolge, könne die Nichtdurchführung dieses Urteils einen schweren und nicht wiedergutzumachenden Schaden für die menschliche Gesundheit und die Umwelt verursachen. Die Kommission weist ferner unter Berufung auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs darauf hin, dass die Ansammlung von Abfällen, noch bevor sie die Gesundheit gefährdeten, insbesondere angesichts der beschränkten Aufnahmekapazität der Regionen oder Deponien eine Gefahr für die Umwelt darstelle, so dass die Nichtdurchführung dieses Urteils das beanstandete Verhalten noch schwerwiegender mache. Darüber hinaus könne das Vorhandensein einer illegalen Deponie auch wirtschaftliche und andere Schäden für Einzelpersonen und Wirtschaftsteilnehmer verursachen.
87 Die Kommission ist der Ansicht, dass es sich zwar um einen spezifischen Fall einer fehlerhaften Anwendung der Richtlinie 2008/98 handele, dass aber zu berücksichtigen sei, dass die Verstöße gegen diese Richtlinie und damit ihre nachteiligen Folgen über einen langen Zeitraum andauerten.
88 Im Übrigen seien die Art des Verstoßes und insbesondere der Umstand zu berücksichtigen, dass die Republik Kroatien, anstatt ihren Verpflichtungen aus der Richtlinie 2008/98 nachzukommen, wie es das Urteil Kommission/Kroatien vorschreibe, das Unionsrecht über einen Zeitraum von vier Jahren nach Verkündung dieses Urteils und mehr als zehn Jahren nach der Ablagerung des in Rede stehenden Abfalls weiterhin fehlerhaft angewandt habe.
89 Als Zweites weist die Kommission bezüglich der Dauer des Verstoßes darauf hin, dass der Dauerkoeffizient gemäß Abschnitt 3.3 der Mitteilung von 2023 als Multiplikator zwischen 1 und 3 ausgedrückt und zu einem Satz von 0,10 pro Monat ab dem Datum des ersten Urteils des Gerichtshofs, mit dem eine Vertragsverletzung festgestellt worden sei, berechnet werde. Im vorliegenden Fall seien zwischen dem 2. Mai 2019, dem Tag der Verkündung des Urteils Kommission/Kroatien, und dem 15. Februar 2023, dem Tag, an dem sie beschlossen habe, den Gerichtshof anzurufen, 45 Monate vergangen. Die Kommission schlägt daher vor, den Dauerkoeffizienten für den in Rede stehenden Verstoß auf 3 festzusetzen.
90 Was als Drittes die erforderliche Abschreckungswirkung der finanziellen Sanktionen unter Berücksichtigung der Zahlungsfähigkeit des betreffenden Mitgliedstaats betrifft, stellt die Kommission klar, dass sich diese Abschreckungswirkung gemäß Abschnitt 3.4 der Mitteilung von 2023 im Faktor „n“ widerspiegele, der für die Republik Kroatien auf 0,14 festgesetzt sei.
91 Folglich schlägt die Kommission zum einen vor, dass sich der Tagessatz für die Berechnung des Pauschalbetrags auf 840 Euro belaufen solle, wobei sich dieser Betrag aus der Multiplikation des Grundbetrags des Pauschalbetrags, der in Punkt 2 des Anhangs I der Mitteilung von 2023 auf 1 000 Euro festgesetzt worden sei, mit dem Schwerekoeffizienten von 6 und dem Faktor „n“ von 0,14 ergebe. Gemäß Abschnitt 4.2.1 dieser Mitteilung sei dieser pauschale Tagessatz mit der Anzahl der Tage zu multiplizieren, an denen der Mitgliedstaat dem Urteil nicht nachkomme. Die Kommission führt aus, dass die Zahlung des so ermittelten Pauschalbetrags aufzuerlegen sei, sofern dieser Betrag 392 000 Euro übersteige, der dem in Punkt 5 dieses Anhangs I für die Republik Kroatien festgesetzten Mindestpauschalbetrag entspreche.
92 Zum anderen schlägt die Kommission vor, den Betrag des Zwangsgelds auf 7 560 Euro pro Tag festzusetzen, wobei sich dieser Betrag aus der Multiplikation des in Punkt 1 des Anhangs I der Mitteilung von 2023 festgelegten Grundbetrags für das Zwangsgeld in Höhe von 3 000 Euro pro Tag mit dem Schwerekoeffizienten von 6, mit dem Dauerkoeffizienten von 3 und mit dem Faktor „n“ von 0,14 ergebe.
93 Die Republik Kroatien wendet sich gegen die von der Kommission vorgeschlagene Methode zur Berechnung des Pauschalbetrags und beantragt für den Fall, dass der Gerichtshof auf die Verhängung eines einheitlichen Pauschalbetrags erkennen sollte, er möge als Ausgangspunkt für die Berechnung dieses Betrags nicht den Tag der Verkündung des Urteils Kommission/Kroatien, sondern – unter Berücksichtigung einer angemessenen Frist für die Durchführung dieses Urteils – einen späteren Zeitpunkt heranziehen. Jedenfalls sei der Pauschalbetrag auf einen Betrag festzusetzen, der deutlich unter dem vorgeschlagenen Betrag liege.
94 Was erstens den Schwerekoeffizienten des in Rede stehenden Verstoßes betrifft, ist die Republik Kroatien der Ansicht, dass er deutlich unter dem vorgeschlagenen Schwerekoeffizienten von 6 liegen müsse.
95 Sie macht geltend, dass sie sich der Ziele der Umweltpolitik der Europäischen Union bewusst sei und stets Lösungen befürworte, die im Einklang mit den Zielen der Richtlinie 2008/98 insgesamt die besten Auswirkungen auf die Umwelt hätten, und dass sie diese Richtlinie vollständig in nationales Recht umgesetzt habe.
96 Was insbesondere die Auswirkungen der Nichtdurchführung des Urteils Kommission/Kroatien auf allgemeine und besondere Interessen anbelangt, behauptet die Republik Kroatien, dass die auf der Deponie Biljane Donje durchgeführten Analysen ergeben hätten, dass an dem Ort, an dem die in Rede stehende Schlacke abgelagert sei, oder in dessen Nähe keine unmittelbare Gefahr für das Leben und die Gesundheit von Menschen oder für die Umwelt bestehe, und führt ferner aus, dass die Behauptungen der Kommission zur Gefahr wirtschaftlicher und anderer Schäden für Einzelpersonen und Wirtschaftsteilnehmer allgemeiner Art und nicht durch Beweise untermauert seien.
97 Darüber hinaus ersucht die Republik Kroatien den Gerichtshof, die Tatsache zu berücksichtigen, dass der in Rede stehende Verstoß nur die Abfalldeponie Biljane Donje betreffe, dass das Urteil Kommission/Kroatien das erste und einzige Urteil des Gerichtshofs gegen die Republik Kroatien wegen Verstoßes gegen ihre Verpflichtungen aus dem Unionsrecht sei und dass es sich um ein erstes Verfahren gegen diesen Mitgliedstaat nach Art. 260 Abs. 2 AEUV handele.
98 Was zweitens den Koeffizienten für die Dauer des in Rede stehenden Verstoßes betrifft, ist die Republik Kroatien der Ansicht, dass er auf der niedrigsten Höhe festzusetzen sei.
99 Sie weist auf unvorhersehbare Umstände hin, die zum Zeitpunkt der Schaffung der Voraussetzungen für die Beseitigung der Abfälle auf der Deponie Biljane Donje und für die Durchführung des Urteils Kommission/Kroatien eingetreten seien. Zum einen sei es aufgrund der restriktiven Maßnahmen, die im Zeitraum zwischen dem Jahr 2020 und dem Jahr 2022 im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie ergriffen worden seien, unmöglich gewesen, die geplanten Tätigkeiten innerhalb der vorgesehenen Fristen durchzuführen. Zum anderen weist der Mitgliedstaat darauf hin, dass sein Hoheitsgebiet in den Monaten März und Dezember 2020 von mehreren verheerenden Erdbeben betroffen gewesen sei und dass das Ministerium für Raumordnung, Bauwesen und Staatsvermögen (Kroatien), das für die Untersuchung der möglichen Wiederverwendung der in Rede stehenden Schlacke zuständig sei, den Großteil seiner Kapazitäten rasch für vorrangige Wiederaufbau- und Wohnungsbauprogramme habe einsetzen müssen, was die Durchführung der Maßnahmen zur Durchführung des Urteils Kommission/Kroatien erschwert habe.
100 Darüber hinaus ist die Republik Kroatien der Ansicht, dass berücksichtigt werden sollte, dass ihre Behörden während der gesamten Dauer des Verstoßes den Dienststellen der Kommission zur Verfügung gestanden hätten, um alle Informationen im Zusammenhang mit der Durchführung des Urteils Kommission/Kroatien zu liefern, und daher nach bestem Wissen und Gewissen und unter uneingeschränkter Beachtung des Grundsatzes der loyalen Zusammenarbeit gehandelt hätten.
101 Was drittens ihre Zahlungsfähigkeit anbelangt, macht die Republik Kroatien geltend, dass sich die in Rn. 99 des vorliegenden Urteils genannten außergewöhnlichen Umstände negativ auf die sie betreffenden Wirtschaftsindikatoren und insbesondere auf das Wachstum ihres BIP ausgewirkt hätten. Darüber hinaus sei die Inflationsrate in diesem Mitgliedstaat seit Ende 2021 erheblich gestiegen.
102 Zum Antrag auf Verhängung eines Zwangsgelds trägt die Republik Kroatien vor, sie habe die Maßnahmen ergriffen, die sich aus dem Urteil Kommission/Kroatien ergäben. Spätestens mit der Annahme des Abfallbewirtschaftungsplans für den Zeitraum von 2023 bis 2028 und der Entschließung der kroatischen Regierung vom 24. August 2023 über die Sanierung der Deponie Biljane Donje habe sie nämlich ihre Absicht, diese Deponie zu sanieren, eindeutig bestätigt. Auch habe sie im Anhang ihrer Klagebeantwortung die Maßnahmen angegeben, die sie bis zur endgültigen Beseitigung der fraglichen Abfälle weiterhin umsetzen werde.
103 Die Republik Kroatien ist daher der Ansicht, dass die Festsetzung eines Zwangsgelds im vorliegenden Fall nicht erforderlich sei. Für den Fall, dass der Gerichtshof auf die Verhängung eines Zwangsgelds erkennen sollte, beantragt sie hilfsweise, der Gerichtshof möge das Zwangsgeld auf einen deutlich unter dem von der Kommission vorgeschlagenen Betrag festzusetzen.
104 Insbesondere in Bezug auf die Periodizität des Zwangsgelds ersucht die Republik Kroatien den Gerichtshof, ein für Zeiträume von sechs Monaten berechnetes Zwangsgeld festzulegen, wobei der Gesamtbetrag für jeden dieser Zeiträume entsprechend dem Fortschritt bei der Umsetzung der Sanierung der Deponie zu reduzieren sei.
Würdigung durch den Gerichtshof
105 Zunächst ist festzustellen, dass das Verfahren nach Art. 260 Abs. 2 AEUV einen säumigen Mitgliedstaat veranlassen soll, ein Vertragsverletzungsurteil durchzuführen, und folglich die wirksame Anwendung des Unionsrechts gewährleisten soll; die in dieser Bestimmung vorgesehenen Maßnahmen – das Zwangsgeld und der Pauschalbetrag – dienen beide diesem Zweck (Urteil vom 13. Juni 2024, Kommission/Ungarn [Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen II], C‑123/22, EU:C:2024:493, Rn. 96 und die dort angeführte Rechtsprechung).
106 Nach ständiger Rechtsprechung hängt die Verhängung eines Zwangsgelds und eines Pauschalbetrags von der jeweiligen Eignung dieser Maßnahmen ab, den verfolgten Zweck nach Maßgabe der Umstände des konkreten Falls zu erfüllen; unter diesen Umständen ist es nicht ausgeschlossen, auf beide vorgesehenen Sanktionsarten zurückzugreifen (Urteil vom 17. September 2015, Kommission/Italien, C‑367/14, EU:C:2015:611, Rn. 114 und die dort angeführte Rechtsprechung).
107 Während die Verhängung eines Zwangsgelds besonders geeignet erscheint, um einen Mitgliedstaat zu veranlassen, eine Vertragsverletzung, die ohne eine solche Maßnahme die Tendenz hätte, sich fortzusetzen, so schnell wie möglich abzustellen, beruht die Verhängung eines Pauschalbetrags mehr auf der Beurteilung der Folgen einer Nichterfüllung der Verpflichtungen des betreffenden Mitgliedstaats für die privaten und öffentlichen Interessen, insbesondere wenn die Vertragsverletzung seit dem Urteil, mit dem sie ursprünglich festgestellt wurde, lange Zeit fortbestanden hat (Urteil vom 17. September 2015, Kommission/Italien, C‑367/14, EU:C:2015:611, Rn. 115 und die dort angeführte Rechtsprechung).
108 Der Gerichtshof darf somit in Ausübung seines Ermessens auf dem betreffenden Gebiet kumulativ ein Zwangsgeld und einen Pauschalbetrag verhängen (Urteil vom 17. September 2015, Kommission/Italien, C‑367/14, EU:C:2015:611, Rn. 116 und die dort angeführte Rechtsprechung).
109 Es ist Sache des Gerichtshofs, in jeder Rechtssache und anhand der Umstände des Einzelfalls, mit dem er befasst ist, sowie nach Maßgabe des ihm erforderlich erscheinenden Grades an Überzeugungskraft und Abschreckung die angemessenen finanziellen Sanktionen zu bestimmen, um der Wiederholung ähnlicher Verstöße gegen das Unionsrecht vorzubeugen (Urteil vom 13. Juni 2024, Kommission/Ungarn [Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen II], C‑123/22, EU:C:2024:493, Rn. 97 und die dort angeführte Rechtsprechung).
110 Daher können die Vorschläge der Kommission den Gerichtshof nicht binden und stellen lediglich einen nützlichen Bezugspunkt dar. Auch Leitlinien, wie sie in den Mitteilungen der Kommission enthalten sind, binden den Gerichtshof nicht, tragen jedoch dazu bei, die Transparenz, Vorhersehbarkeit und Rechtssicherheit des Vorgehens der Kommission zu gewährleisten (Urteil vom 12. März 2020, Kommission/Italien [Rechtswidrige Beihilfen zugunsten des Hotelgewerbes in Sardinien], C‑576/18, EU:C:2020:202, Rn. 136 und die dort angeführte Rechtsprechung).
– Zum Pauschalbetrag
111 Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs müssen die Verurteilung zur Zahlung eines Pauschalbetrags und die gegebenenfalls erfolgende Festsetzung seiner Höhe in jedem Einzelfall von der Gesamtheit der maßgebenden Aspekte abhängig gemacht werden, die sich sowohl auf die Merkmale der festgestellten Vertragsverletzung als auch auf die Haltung beziehen, die der Mitgliedstaat eingenommen hat, der von dem auf der Grundlage von Art. 260 AEUV eingeleiteten Verfahren betroffen ist. Insoweit gewährt Art. 260 AEUV dem Gerichtshof ein weites Ermessen bei der Entscheidung darüber, ob es einen Grund für die Verhängung einer derartigen Sanktion gibt, sowie gegebenenfalls bei der Bemessung ihrer Höhe (Urteil vom 13. Juni 2024, Kommission/Ungarn [Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen II], C‑123/22, EU:C:2024:493, Rn. 98 und die dort angeführte Rechtsprechung).
112 Im vorliegenden Fall ist der Gerichtshof angesichts der rechtlichen und tatsächlichen Aspekte, die zur Feststellung der Vertragsverletzung geführt haben, der Auffassung, dass die wirksame Verhinderung einer zukünftigen Wiederholung ähnlicher Verstöße gegen das Unionsrecht den Erlass einer abschreckenden Maßnahme wie der Verhängung eines Pauschalbetrags erfordern kann.
113 Insoweit ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die Republik Kroatien weder im Vorverfahren noch im Verfahren vor dem Gerichtshof nennenswerte Fortschritte im Hinblick auf die vollständige Durchführung des Urteils Kommission/Kroatien gemacht hat und dass die kroatische Regierung, wie sich aus Rn. 59 des vorliegenden Urteils ergibt, erst nach Erhebung der vorliegenden Klage beschlossen hat, die Abfalldeponie Biljane Donje zu sanieren. Im Übrigen hat dieser Mitgliedstaat nicht bestritten, dass der in Rede stehende Abfall zum Zeitpunkt des Abschlusses des schriftlichen Verfahrens vor dem Gerichtshof immer noch in der gleichen Weise und auf derselben Deponie abgelagert war und dass sich die Sanierungsarbeiten zu diesem Zeitpunkt lediglich in einer Vorbereitungsphase befanden.
114 Unter diesen Umständen ist es Sache des Gerichtshofs, in Ausübung seines Ermessens den Pauschalbetrag so festzusetzen, dass er zum einen den Umständen angepasst ist und zum anderen in angemessenem Verhältnis sowohl zur festgestellten Zuwiderhandlung als auch zur Zahlungsfähigkeit des betreffenden Mitgliedstaats steht. Zu den insoweit relevanten Faktoren zählen u. a. Aspekte wie die Schwere des festgestellten Verstoßes und der Zeitraum, in dem er seit der Verkündung des Urteils, mit dem er festgestellt wurde, fortbestanden hat, sowie die Zahlungsfähigkeit des betroffenen Mitgliedstaats (Urteil vom 28. September 2023, Kommission/Vereinigtes Königreich [Steuerliche Kennzeichnung von Gasöl], C‑692/20, EU:C:2023:707, Rn. 96).
115 Was als Erstes die Dauer der Vertragsverletzung, die Gegenstand dieser Klage ist, betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass diese unter Berücksichtigung des Zeitpunkts zu bemessen ist, zu dem der Gerichtshof den Sachverhalt prüft, und nicht etwa des Zeitpunkts, zu dem die Kommission ihn damit befasst (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. November 2019, Kommission/Irland [Windfarm Derrybrien], C‑261/18, EU:C:2019:955, Rn. 122).
116 Im vorliegenden Fall war die gerügte Vertragsverletzung, wie sich aus Rn. 113 des vorliegenden Urteils ergibt, zum Zeitpunkt der Prüfung des Sachverhalts durch den Gerichtshof noch nicht beendet. Daher ist davon auszugehen, dass diese Vertragsverletzung seit dem 2. Mai 2019, dem Tag der Verkündung des Urteils Kommission/Kroatien, d. h. seit fast sechs Jahren, fortbesteht, was eine erhebliche Dauer darstellt (vgl. entsprechend Urteil vom 20. Januar 2022, Kommission/Griechenland [Rückforderung von staatlichen Beihilfen – Ferronickel], C‑51/20, EU:C:2022:36, Rn. 106).
117 Was als Zweites die Schwere des Verstoßes betrifft, ist festzustellen, dass die Verpflichtung, Abfälle ohne eine Gefährdung der menschlichen Gesundheit und ohne eine Schädigung der Umwelt zu beseitigen, nachgerade zu den Zielen der Umweltpolitik der Union gehört, wie aus Art. 191 AEUV hervorgeht (Urteil vom 16. Juli 2015, Kommission/Italien, C‑653/13, EU:C:2015:478, Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung). Was insbesondere die Art. 5, 13 und 15 der Richtlinie 2008/98 betrifft, so enthalten diese, wie die Kommission in ihren Schriftsätzen ausgeführt hat, grundlegende Verpflichtungen, um das Ziel dieser Richtlinie zu erreichen, das darin besteht, den Schutz der Umwelt und der menschlichen Gesundheit zu gewährleisten, indem u. a. die schädlichen Auswirkungen der Erzeugung und Bewirtschaftung von Abfällen vermieden oder verringert werden.
118 Außerdem ergibt sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass das Vorhandensein von Abfällen in einer Deponie – unabhängig von ihrer Natur – zwangsläufig zu einer Beeinträchtigung der Umwelt führt, wobei es unerheblich ist, ob diese Abfälle weder gefährlich noch giftig sind, und dass die Ansammlung von Abfällen, noch bevor sie die Gesundheit gefährden, eine Gefahr für die Umwelt darstellt (Urteil Kommission/Kroatien, Rn. 62 und die dort angeführte Rechtsprechung). Der Gerichtshof hat ferner entschieden, dass ein Verstoß und insbesondere die Nichtdurchführung eines Urteils des Gerichtshofs besonders schwer wiegen, wenn sie der Umwelt Schaden zufügen und die menschliche Gesundheit in Gefahr bringen können (Urteil vom 14. Dezember 2023, Kommission/Rumänien [Stilllegung von Deponien], C‑109/22, EU:C:2023:991, Rn. 61).
119 Im vorliegenden Fall ist die festgestellte Vertragsverletzung daher als besonders schwerwiegend anzusehen.
120 Die Schwere dieser Vertragsverletzung wird dadurch verstärkt, dass das Urteil Kommission/Kroatien grundlegende Verpflichtungen nach der Richtlinie 2008/98 betrifft und die Republik Kroatien unter Verstoß gegen die den Mitgliedstaaten nach Art. 260 Abs. 1 AEUV obliegenden Verpflichtungen, die Maßnahmen zu ergreifen, die sich aus dem betreffenden Urteil des Gerichtshofs ergeben, die Durchführung des Urteils Kommission/Kroatien von den Ergebnissen des Gutachtens zu den Eigenschaften der in Rede stehenden Schlacke abhängig gemacht und damit gegen die Schlussfolgerungen dieses Urteils verstoßen hat. Außerdem ist als erschwerender Umstand zu berücksichtigen, dass diese Schlacke mit einem Gewicht von etwa 140 000 t und einem Gesamtvolumen von über 76 000 m³ immer noch und über einen langen Zeitraum widerrechtlich im Dorf Biljane Donje in der Nähe von Wohnhäusern abgelagert war, ohne dass die zuständigen nationalen Behörden in nennenswertem Umfang eingegriffen hätten, und dass die von diesem Mitgliedstaat angeführten Gutachten gezeigt haben, dass mit der in Rede stehenden Schlacke die Gefahr der Freisetzung schädlicher Stoffe verbunden war und sie einen Gehalt an gefährlichen Stoffen und eine Radioaktivität aufwies, die über den zulässigen Werten lagen. In Bezug auf die Schwere der in Rede stehenden Vertragsverletzung ist auch zu berücksichtigen, dass die Republik Kroatien nicht geplant hat, die sich aus der Richtlinie 2008/98 ergebenden Verpflichtungen vor August 2025, d. h. mehr als zwölf Jahre nach dem Zeitpunkt, zu dem die sich aus dieser Richtlinie ergebenden Verpflichtungen nach dem Beitritt dieses Mitgliedstaats zur Union auf ihn anwendbar wurden, vollständig zu erfüllen, was einen besonders langen Zeitraum darstellt (vgl. entsprechend Urteil vom 14. Dezember 2023, Kommission/Rumänien [Stilllegung von Deponien], C‑109/22, EU:C:2023:991, Rn. 64 und die dort angeführte Rechtsprechung).
121 Was das Vorbringen der Republik Kroatien zur Stützung ihres Antrags auf Herabsetzung des Schwerekoeffizienten des in Rede stehenden Verstoßes betrifft, kann erstens der Umstand, dass dieser Mitgliedstaat die Richtlinie 2008/98 vollständig in seine Rechtsordnung umgesetzt habe, nicht als mildernder Umstand berücksichtigt werden, da Gegenstand des vorliegenden Verfahrens nicht die Nichtumsetzung dieser Richtlinie, sondern die Nichtdurchführung eines Urteils des Gerichtshofs ist, mit dem die Nichteinhaltung der Verpflichtungen aus dieser Richtlinie festgestellt wird.
122 Zweitens können in Anbetracht der Gefahren, die der in Rede stehende Verstoß im Licht der in den Rn. 117 und 118 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung für die fraglichen bedeutenden öffentlichen Interessen am Schutz der Umwelt und der menschlichen Gesundheit mit sich bringt, weder der Umstand, dass die Analysen, die sich die kroatischen Behörden beschafft haben, ergeben hätten, dass am Ort, an dem die in Rede stehende Schlacke abgelagert sei, oder in dessen Nähe keine unmittelbare Gefahr für das Leben und die Gesundheit von Menschen oder für die Umwelt bestehe, noch der Umstand, dass Einzelpersonen und Wirtschaftsteilnehmern kein wirtschaftlicher oder sonstiger Schaden entstanden sein soll, zu einer weniger strengen Beurteilung der Schwere des in Rede stehenden Verstoßes führen.
123 Drittens trifft es zwar zu, dass sich der in Rede stehende Verstoß betreffend die Nichtdurchführung des Urteils Kommission/Kroatien nur auf die Abfalldeponie Biljane Donje bezieht. Dieser Umstand ist jedoch zum einen gegen den Umstand abzuwägen, dass dieser Mitgliedstaat von der Einleitung des ersten Vertragsverletzungsverfahrens vor dem Gerichtshof bis zum Zeitpunkt der Prüfung des Sachverhalts durch diesen keine nennenswerten Fortschritte im Hinblick auf die Durchführung dieses Urteils erzielt hat. Daher ist der Schaden, der der menschlichen Gesundheit und der Umwelt aufgrund der gerügten Vertragsverletzung weiterhin zugefügt wird, ebenso groß wie derjenige, der durch den ursprünglichen, im Urteil Kommission/Kroatien festgestellten Verstoß zugefügt wurde (vgl. entsprechend Urteil vom 2. Dezember 2014, Kommission/Griechenland, C‑378/13, EU:C:2014:2405, Rn. 56). Zum anderen geht aus den Schriftsätzen der Republik Kroatien hervor, dass sie trotz der Verkündung des Urteils Kommission/Kroatien unter Missachtung der vom Gerichtshof in diesem Urteil vorgenommenen Einstufung weiterhin außer Acht gelassen hat, dass es sich bei der in Rede stehenden Schlacke um Abfall und nicht um Nebenprodukte handelt.
124 Viertens kann zwar nicht ausgeschlossen werden, dass die von der Republik Kroatien geltend gemachten Umstände im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie und den Erdbeben der Monate März und Dezember 2020, auf die in Rn. 99 des vorliegenden Urteils Bezug genommen wird, zu gewissen Verzögerungen bei der Durchführung des Urteils Kommission/Kroatien geführt haben könnten, doch ist festzustellen, dass die zur Zeit dieser Ereignisse und sogar später, und zwar bis August 2023, ergriffenen oder geplanten Maßnahmen darauf abzielten, die Möglichkeit einer Wiederverwendung der in Rede stehenden Schlacke zu prüfen, was dazu führte, dass die in diesem Urteil festgestellten Vertragsverletzungen fortdauerten. Daher können diese besonderen Umstände keinen Einfluss auf die Beurteilung der Schwere des in Rede stehenden Verstoßes haben.
125 Fünftens ist im Hinblick auf die verschiedenen seit der Verkündung des Urteils Kommission/Kroatien ergriffenen Maßnahmen festzustellen, dass die Republik Kroatien bei dem Verhalten, das zu diesem Urteil geführt hat, geblieben ist, indem sie die Ablagerung einer sehr großen Menge von Schlacke auf der Deponie Biljane Donje aufgrund einer möglichen Verwendung dieser Schlacke als Baumaterial über einen langen Zeitraum geduldet hat, obwohl eine solche Verwendung ungewiss war. Unter diesen Umständen kann die Tatsache, dass dieser Mitgliedstaat mit den Dienststellen der Kommission im Rahmen dieses Verfahrens kooperiert hat, nicht als mildernder Umstand berücksichtigt werden.
126 Obwohl der Beitritt der Republik Kroatien zur Union relativ kurz zurückliegt, ist als mildernder Umstand jedoch zu berücksichtigen, dass es sich beim Urteil Kommission/Kroatien um das erste Urteil des Gerichtshofs nach Art. 258 AEUV gegen die Republik Kroatien handelt und dass das vorliegende Verfahren auch das erste gemäß Art. 260 Abs. 2 AEUV gegen diesen Mitgliedstaat eingeleitete Verfahren ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 30. Mai 2013, Kommission/Schweden, C‑270/11, EU:C:2013:339, Rn. 55, und vom 14. Dezember 2023, Kommission/Rumänien [Stilllegung von Deponien], C‑109/22, EU:C:2023:991, Rn. 63).
127 Was als Drittes die Zahlungsfähigkeit der Republik Kroatien betrifft, hat die Kommission vorgeschlagen, gemäß den Abschnitten 3.4 und 4.2 der Mitteilung von 2023 das BIP dieses Mitgliedstaats im Verhältnis zum durchschnittlichen BIP der Mitgliedstaaten zu zwei Dritteln sowie als demografisches Kriterium die Bevölkerungszahl dieses Mitgliedstaats im Verhältnis zum Durchschnitt der Bevölkerungszahlen der Mitgliedstaaten zu einem Drittel bei der Berechnung zu berücksichtigen.
128 Insoweit ergibt sich aus der jüngsten Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass bei der Bestimmung der Zahlungsfähigkeit des betreffenden Mitgliedstaats in die Methode der Berechnung des Faktors „n“, der die Zahlungsfähigkeit des betreffenden Mitgliedstaats im Verhältnis zur Zahlungsfähigkeit der anderen Mitgliedstaaten darstellt, nicht die Berücksichtigung eines demografischen Kriteriums gemäß den in den Abschnitten 3.4 und 4.2 der Mitteilung von 2023 vorgesehenen Modalitäten einbezogen werden kann (Urteil vom 25. April 2024, Kommission/Polen [Whistleblower-Richtlinie], C‑147/23, EU:C:2024:346, Rn. 86).
129 Daher ist bei der Bestimmung der Zahlungsfähigkeit der Republik Kroatien auf ihr BIP als wichtigster Faktor abzustellen, ohne die Größe der Bevölkerung dieses Mitgliedstaats zu berücksichtigen. Außerdem ist das Vorbringen der Republik Kroatien zur ungünstigen Entwicklung ihrer einschlägigen Wirtschaftsindikatoren während der Dauer des in Rede stehenden Verstoßes zu berücksichtigen. Folglich ist auch die jüngste Entwicklung des BIP dieses Mitgliedstaats zu berücksichtigen, wie sie sich zum Zeitpunkt der Prüfung des Sachverhalts durch den Gerichtshof darstellt (Urteil vom 13. Juni 2024, Kommission/Ungarn [Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen II], C‑123/22, EU:C:2024:493, Rn. 131 und die dort angeführte Rechtsprechung).
130 In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen hält der Gerichtshof die Verhängung eines Pauschalbetrags in Höhe von 1 000 000 Euro für angemessen.
– Zum Zwangsgeld
131 Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs ist die Verhängung eines Zwangsgelds grundsätzlich nur insoweit gerechtfertigt, als die Vertragsverletzung, die sich aus der Nichtdurchführung eines früheren Urteils ergibt, bis zur Prüfung des Sachverhalts durch den Gerichtshof andauert (Urteil vom 13. Juni 2024, Kommission/Ungarn [Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen II], C‑123/22, EU:C:2024:493, Rn. 135 und die dort angeführte Rechtsprechung).
132 Im vorliegenden Fall, wie in Rn. 116 des vorliegenden Urteils dargelegt, hat die festgestellte Vertragsverletzung bis zur Prüfung des Sachverhalts durch den Gerichtshof angedauert.
133 Unter diesen Umständen ist die Verurteilung der Republik Kroatien zur Zahlung eines Zwangsgelds ein angemessenes finanzielles Mittel, um diesen Mitgliedstaat zu veranlassen, die Maßnahmen zu ergreifen, die erforderlich sind, um die festgestellte Vertragsverletzung zu beenden und für die vollständige Durchführung des Urteils Kommission/Kroatien zu sorgen.
134 Insoweit ist nach ständiger Rechtsprechung das Zwangsgeld nach Maßgabe des Überzeugungsdrucks festzusetzen, der erforderlich ist, damit der betreffende Mitgliedstaat sein Verhalten ändert und das gerügte Verhalten beendet (Urteil vom 13. Juni 2024, Kommission/Ungarn [Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen II], C‑123/22, EU:C:2024:493, Rn. 138 und die dort angeführte Rechtsprechung).
135 Bei der Ausübung seines Ermessens auf diesem Gebiet hat der Gerichtshof das Zwangsgeld so festzusetzen, dass es zum einen den Umständen angepasst ist und zum anderen in einem angemessenen Verhältnis zur festgestellten Vertragsverletzung und zur Zahlungsfähigkeit des betreffenden Mitgliedstaats steht (Urteil vom 13. Juni 2024, Kommission/Ungarn [Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen II], C‑123/22, EU:C:2024:493, Rn. 139 und die dort angeführte Rechtsprechung).
136 Bei der Festsetzung der Höhe eines Zwangsgelds sind zur Gewährleistung des Charakters des Zwangsgelds als Druckmittel im Hinblick auf eine einheitliche und wirksame Anwendung des Unionsrechts grundsätzlich die Schwere der Verstöße, deren Dauer und die Zahlungsfähigkeit des betreffenden Mitgliedstaats als Grundkriterien heranzuziehen. Bei der Anwendung dieser Kriterien ist insbesondere zu berücksichtigen, welche Folgen die Nichterfüllung der Verpflichtungen des betreffenden Mitgliedstaats für die privaten und die öffentlichen Interessen hat und wie dringend es ist, dass der betreffende Mitgliedstaat seinen Verpflichtungen nachkommt (Urteil vom 13. Juni 2024, Kommission/Ungarn [Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen II], C‑123/22, EU:C:2024:493, Rn. 141 und die dort angeführte Rechtsprechung).
137 Im vorliegenden Fall ergeben sich die zu berücksichtigenden Umstände insbesondere aus den in den Rn. 116 bis 122 und 124 bis 129 des vorliegenden Urteils dargelegten Gründen zur Schwere und Dauer des in Rede stehenden Verstoßes sowie zur Zahlungsfähigkeit der Republik Kroatien. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass nach den Prognosen dieses Mitgliedstaats die vollständige Beseitigung des in Rede stehenden Abfalls nicht vor August 2025, d. h. etwa 15 Jahre nach seiner Ablagerung auf der Deponie Biljane Donje, abgeschlossen sein dürfte.
138 Schließlich kann dem Antrag der Republik Kroatien auf Verhängung eines degressiven, auf halbjährlicher Basis berechneten Zwangsgelds nicht stattgegeben werden. Da nämlich die festgestellte Vertragsverletzung eine einzige Abfalldeponie betrifft, könnte eine weniger schwerwiegende Beeinträchtigung der Umwelt und der menschlichen Gesundheit erst nach der vollständigen Durchführung des Urteils Kommission/Kroatien durch diesen Mitgliedstaat festgestellt werden.
139 Nach alledem ist die Republik Kroatien zu verurteilen, an die Kommission ein Zwangsgeld in Höhe von 6 500 Euro für jeden Tag zu zahlen, um den sich die Durchführung der Maßnahmen verzögert, die erforderlich sind, um dem Urteil Kommission/Kroatien nachzukommen, beginnend mit dem Tag der Verkündung des vorliegenden Urteils und bis zum Tag der vollständigen Durchführung dieses Urteils.
Kosten
140 Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Republik Kroatien unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Siebte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Republik Kroatien hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 260 Abs. 1 AEUV verstoßen, dass sie nicht alle Maßnahmen ergriffen hat, die erforderlich sind, um dem Urteil vom 2. Mai 2019, Kommission/Kroatien (Abfalldeponie von Biljane Donje) (C ‑250/18, EU:C:2019:343), nachzukommen.
2. Die Republik Kroatien wird verurteilt, an die Europäische Kommission einen Pauschalbetrag in Höhe von 1 000 000 Euro zu zahlen.
3. Die Republik Kroatien wird verurteilt, an die Europäische Kommission ein Zwangsgeld in Höhe von 6 500 Euro für jeden Tag zu zahlen, um den sich die Durchführung der Maßnahmen verzögert, die erforderlich sind, um dem Urteil vom 2. Mai 2019, Kommission/Kroatien (Abfalldeponie von Biljane Donje) (C ‑250/18, EU:C:2019:343), nachzukommen, beginnend mit dem Tag der Verkündung des vorliegenden Urteils – wenn die in Tenor 1 dieses Urteils festgestellte Vertragsverletzung an diesem Tag noch andauert – und bis zum Tag der Durchführung des Urteils vom 2. Mai 2019, Kommission/Kroatien (Abfalldeponie von Biljane Donje) (C ‑250/18, EU:C:2019:343).
4. Die Republik Kroatien trägt die Kosten.
Unterschriften