C-242/24 P – Kommission/ Deutschland (Aides à la cogénération)

C-242/24 P – Kommission/ Deutschland (Aides à la cogénération)

CURIA – Documents

Language of document : ECLI:EU:C:2025:819

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

DEAN SPIELMANN

vom 23. Oktober 2025(1)

Rechtssache C242/24 P

Europäische Kommission

gegen

Bundesrepublik Deutschland

„ Rechtsmittel – Staatliche Beihilfen – Beihilfen durch bestimmte Vorschriften des deutschen Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes – Nationale Regelung, die den Verteilernetzbetreibern die Verpflichtung auferlegt, Strom von Erzeugern von Strom aus erneuerbaren Quellen zu einem um einen Zuschlag erhöhten Preis zu beziehen, der von einem Bonus begleitet sein kann – Begriff der ‚staatlichen Beihilfe‘ – Aus staatlichen Mitteln finanzierte Maßnahmen “

 Einleitung

1.        Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Europäische Kommission die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 24. Januar 2024, Deutschland/Kommission (T‑409/21, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2024:34): Mit diesem Urteil hat das Gericht den Beschluss C(2021) 3918 final der Kommission vom 3. Juni 2021 über die staatliche Beihilfe SA.56826 (2020/N) – Deutschland – Reform 2020 der Regelung zur Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung und über die staatliche Beihilfe SA.53308 (2019/N) – Deutschland – Änderung der Förderregelung für bestehende KWK-Anlagen (§ 13 des Gesetzes zur Neuregelung des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes vom 21. Dezember 2015 [BGBl. 2015 I, S. 2498, im Folgenden: KWKG 2016]) (im Folgenden: streitiger Beschluss) für nichtig erklärt. Mit dem streitigen Beschluss hatte die Kommission festgestellt, dass verschiedene Maßnahmen (im Folgenden: streitige Maßnahmen) zur Förderung der Stromerzeugung durch Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (im Folgenden: KWK-Anlagen) staatliche Beihilfen darstellten.

2.        In der vorliegenden Rechtssache wird dem Gerichtshof dazu Anlass geboten, nähere Hinweise zur Auslegung der Voraussetzung der „staatlichen Mittel“, wie sie in Art. 107 Abs. 1 AEUV festgelegt ist, zu geben. Insbesondere wird er Gelegenheit haben, sich zu der Frage zu äußern, ob die Tragweite des Urteils vom 13. März 2001, PreussenElektra (C‑379/98, im Folgenden: Urteil PreussenElektra, EU:C:2001:160), das das rechtliche Kriterium für den Ausschluss der Inanspruchnahme staatlicher Mittel vorgibt, enger ausgelegt werden muss als in dem angefochtenen Urteil.

 Vorgeschichte des Rechtsstreits, streitiger Beschluss und angefochtenes Urteil

3.        Die Vorgeschichte des Rechtsstreits ist in den Rn. 2 bis 26 des angefochtenen Urteils dargelegt. Sie lässt sich wie folgt zusammenfassen.

 Die streitigen Maßnahmen und ihre Finanzierung

4.        Am 28. Januar 2019 und am 23. September 2020 meldeten die deutschen Behörden bei der Kommission eine Reihe von Maßnahmen zur Änderung des KWKG 2016 an, von denen einige im Dezember 2020 noch einmal geändert wurden. Alle diese Maßnahmen entsprechen den Rechtsvorschriften zur Förderung der KWK, die seit dem 1. Januar 2021 in Kraft sind (im Folgenden: KWKG 2020), und werden durch eine letzte Änderung ergänzt, die die Begrenzung der Umlage zugunsten von Wasserstoffherstellern gemäß § 27 KWKG 2020 betrifft.

5.        Das KWKG 2020 hat insbesondere zum Ziel, die Energieeffizienz sowie den Klima- und Umweltschutz zu verbessern, indem die Nettostromerzeugung aus KWK bis 2025 gesteigert wird.

6.        Zu diesem Zweck sieht es eine Reihe von Maßnahmen zur Förderung (i) der Stromerzeugung durch neu gebaute, modernisierte und nachgerüstete hocheffiziente KWK-Anlagen, (ii) der energiesparenden Fernwärme- und Fernkältenetze, (iii) der Wärme- und Kältespeicher und (iv) der Stromerzeugung durch bestehende hocheffiziente, gasbefeuerte KWK-Anlagen im Fernwärmesektor (im Folgenden zusammen: Maßnahmen zur KWK-Förderung) sowie (v) eine Maßnahme zur Begrenzung der Umlage zugunsten von Wasserstoffherstellern vor.

7.        Diese Maßnahmen erfolgen entweder in Form eines Zuschlags, der von einem Bonus begleitet sein kann und zu den Einnahmen aus dem Verkauf des erzeugten Stroms zum Marktpreis hinzukommt, oder – ausschließlich im Fall der Herstellung von Industriegasen, bei dem die Wasserstofferzeugung den größten Teil der Gesamtwertschöpfung ausmacht – in Form einer Begrenzung der Höhe der Umlage, die von den Netzbetreibern bei den Wasserstoffherstellern erhoben werden kann.

8.        Die Förderung wird entweder im Rahmen von Ausschreibungen der nationalen Regulierungsbehörde, der Bundesnetzagentur (im Folgenden: BNetzA), oder unmittelbar auf der Grundlage des KWKG 2020 gewährt. Im letzteren Fall haben die Begünstigten automatisch Anspruch auf diese Förderung, wenn sie die Förderkriterien erfüllen, was auf ihren Antrag hin vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (im Folgenden: BAFA) geprüft wird. Sind alle Kriterien erfüllt, stellt das BAFA eine Zulassung aus, die die Förderfähigkeit bestätigt.

9.        In der vorliegenden Rechtssache kommt dem Finanzierungsmechanismus der streitigen Maßnahmen, den das Gericht als aus zwei Ebenen bestehend beschreibt, besondere Bedeutung zu.

10.      Auf der ersten Ebene ist der betreffende Verteilungs- oder Übertragungsnetzbetreiber gesetzlich verpflichtet, den an sein Netz angeschlossenen Betreibern von KWK-Anlagen, Speichern und Fernwärme- und Fernkältenetzen (im Folgenden: Betreiber von KWK-Anlagen und anderen mit der KWK verbundenen Anlagen oder KWK-Begünstigte) die im KWKG 2020 vorgesehenen Beträge zu zahlen, wobei diese Begünstigten einen Anspruch auf diese Beträge haben (im Folgenden: KWKG-Zuschlag).

11.      Um jedem Netzbetreiber einen Ausgleich für die zusätzliche finanzielle Belastung zu gewähren, die sich aus seinen Verpflichtungen nach dem KWKG 2020 ergibt, wurde mit diesem Gesetz ein Mechanismus eingeführt, durch den diese Belastung gleichmäßig zwischen den Netzbetreibern (Verteilungs- oder Übertragungsnetzbetreiber) im Verhältnis zum Verbrauch der an ihr Netz angeschlossenen Kunden aufgeteilt und durch die Umlage gemäß dem KWKG 2020 ausgeglichen wird.

12.      So erstatten die Übertragungsnetzbetreiber den Verteilernetzbetreibern zunächst den Gesamtbetrag, den diese an die KWK-Begünstigten gezahlt haben. Anschließend berechnen die Übertragungsnetzbetreiber den Gesamtbetrag der Zahlungen, die sie insgesamt an die Verteilernetzbetreiber und die KWK-Begünstigten geleistet haben. Dieser Gesamtbetrag wird dann durch den Gesamtstromverbrauch geteilt. Das Ergebnis entspricht der durchschnittlichen Belastung pro Kilowattstunde (kWh) Strom für die streitigen Maßnahmen (im Folgenden: KWKG-Umlage). Die Verteilernetzbetreiber sind verpflichtet, den Übertragungsnetzbetreibern für jede kWh Strom, die sie an Endkunden verteilt haben, die KWKG-Umlage zu zahlen.

13.      Die Höhe der KWKG-Umlage wird jedes Jahr von den Übertragungsnetzbetreibern nach der im KWKG 2020 vorgesehenen Methode und unter der Aufsicht des BAFA und der BNetzA berechnet. Sie wird als einheitlicher Preis pro kWh verbrauchtem Strom angegeben, vorbehaltlich des ermäßigten Satzes, der bestimmten Nutzergruppen zugutekommt.

14.      Auf der zweiten Ebene haben die Netzbetreiber das Recht, ohne gesetzlich dazu verpflichtet zu sein, die KWKG-Umlage bei der Berechnung der Netzentgelte, die sie von ihren Kunden, den Endverbrauchern von Strom, für jede in Deutschland über das Stromnetz gelieferte kWh Strom verlangen, weiterzugeben. Abweichend hiervon sind die Übertragungsnetzbetreiber berechtigt, eine reduzierte KWKG-Umlage für energieintensive Unternehmen wie Wasserstoffhersteller zu verlangen.

15.      Das KWKG 2020 sieht eine jährliche Finanzierungsobergrenze von 1,8 Mrd. Euro für die streitigen Maßnahmen und damit für die gesamte KWKG-Umlage vor.

 Streitiger Beschluss

16.      Am 3. Juni 2021 erließ die Kommission den streitigen Beschluss.

17.      Mit diesem Beschluss stufte sie die streitigen Maßnahmen als staatliche Beihilfen im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV ein und stellte fest, dass diese aus staatlichen Mitteln finanziert worden seien. Insbesondere gelangte die Kommission in den Erwägungsgründen 220 und 221 des streitigen Beschlusses zum einen zu dem Ergebnis, dass die Maßnahmen zur KWK-Förderung durch die Einnahmen aus einem de iure vom Staat erhobenen obligatorischen Beitrag finanziert würden, die gemäß den gesetzlichen Bestimmungen verwaltet und zugewiesen würden. Zum anderen war sie der Ansicht, dass die Maßnahme zur Begrenzung der KWKG-Umlage zugunsten von Wasserstoffherstellern einen Verzicht auf staatliche Mittel darstelle.

18.      Die Kommission stellte gleichwohl fest, dass die streitigen Maßnahmen nach Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV mit dem Binnenmarkt vereinbar seien, so dass sie beschloss, keine Einwände zu erheben.

 Angefochtenes Urteil

19.      Die Bundesrepublik Deutschland erhob beim Gericht eine Klage auf Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses und machte zur Begründung einen einzigen Klagegrund geltend, mit dem sie rügte, dass Art. 107 Abs. 1 AEUV fehlerhaft ausgelegt und angewandt worden sei, soweit die Kommission festgestellt habe, dass die von den streitigen Maßnahmen betroffenen Unternehmen Beihilfen erhielten, die aus staatlichen Mitteln gewährt worden seien.

20.      In Rn. 36 des angefochtenen Urteils hat das Gericht auf die aus dem Urteil vom 12. Januar 2023, DOBELES HES(2), folgende Rechtsprechung hingewiesen, wonach zum einen Gelder, die nach den nationalen Rechtsvorschriften aus einer Steuer oder anderen obligatorischen Abgaben stammten und im Einklang mit diesen Rechtsvorschriften verwaltet und verteilt würden (erstes Kriterium), und zum anderen Beträge, die stets unter staatlicher Kontrolle blieben und somit den zuständigen nationalen Behörden zur Verfügung stünden (zweites Kriterium), als staatliche Mittel im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV eingestuft werden könnten. Bei diesen beiden Kriterien handele es sich um alternative Kriterien des Begriffs „staatliche Mittel“ im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV(3).

21.      Das Gericht hat zunächst in den Rn. 41 bis 118 des angefochtenen Urteils geprüft, ob die Maßnahmen zur KWK-Förderung aus staatlichen Mitteln finanziert würden, und in einem zweiten Schritt in den Rn. 119 bis 126 dieses Urteils, ob dies bei der Maßnahme zur Begrenzung der KWKG-Umlage zugunsten der Wasserstoffhersteller der Fall sei.

22.      Was die Maßnahmen zur KWK-Förderung betrifft, so hat das Gericht in den Rn. 56 bis 90 des angefochtenen Urteils als Erstes untersucht, ob die KWKG-Umlage oder der KWKG-Zuschlag eine Steuer oder eine andere obligatorische Abgabe im Sinne des ersten Kriteriums darstellten. Als Zweites hat es in den Rn. 91 bis 100 dieses Urteils geprüft, ob die Beträge dieser Umlage oder dieses Zuschlags im Sinne des zweiten Kriteriums einer ständigen staatlichen Kontrolle unterlägen. Als Drittes hat es in den Rn. 101 bis 117 dieses Urteils die Argumente der Kommission zurückgewiesen, die sich auf die Übertragung der PreussenElektra-Rechtsprechung auf den vorliegenden Fall beziehen.

23.      Was das erste Kriterium betrifft, so hat das Gericht in Rn. 67 des angefochtenen Urteils zunächst insbesondere festgestellt, dass sich die von den Netzbetreibern an die KWK-Begünstigten zu leistenden obligatorischen Zahlungen, die auf der „ersten Ebene“ der Versorgungskette erfolgten, nur auf die gesetzeskonforme Verwendung der Gelder bezögen, da diese Betreiber gesetzlich verpflichtet seien, den KWK-Begünstigten eine finanzielle Förderung zu gewähren. Sie gäben indes keinen Aufschluss über die Herkunft der von den Netzbetreibern verwendeten Gelder. Nach Ansicht des Gerichts liefe die Annahme, dass diese Zahlungen eine Steuer oder eine andere obligatorische Abgabe im Sinne der einschlägigen Rechtsprechung darstellen, darauf hinaus, dass die Finanzierung der Maßnahmen zur KWK-Förderung mit der Gewährung der Gelder an die Anspruchsberechtigten zusammenfiele.

24.      Anschließend hat das Gericht in den Rn. 68 bis 71 dieses Urteils die Situation im vorliegenden Fall, in dem die Netzbetreiber nicht gesetzlich verpflichtet sind, die KWKG-Umlage auf ihre Kunden auf der zweiten Ebene der Versorgungskette abzuwälzen, von den Fällen abgegrenzt, die in der von der Kommission zur Begründung ihres Beschlusses angeführten Rechtsprechung  geprüft worden sind(4).

25.      Außerdem hat das Gericht in den Rn. 71 und 72 dieses Urteils festgestellt, dass die Kommission nicht erläutert habe, zu welchem Zeitpunkt und von wem die Gelder verwaltet worden seien.

26.      Schließlich hat das Gericht in den Rn. 73 bis 77 dieses Urteils ausgeführt, dass nicht geltend gemacht werden könne, dass der Staat sich die Mittel der Netzbetreiber zu eigen mache, da diese nicht zwangsläufig die endgültigen Zahlungsverpflichteten in Bezug auf die finanzielle Last seien, die durch die Maßnahmen zur KWK-Förderung entstanden sei. Denn die Möglichkeit der Netzbetreiber, die Kosten dieser Maßnahmen auf ihre Kunden abzuwälzen, reiche aus, um auszuschließen, dass diese Betreiber die endgültigen Zahlungsverpflichteten in Bezug auf diese Last seien.

27.      Hinsichtlich des zweiten Kriteriums, der staatlichen Kontrolle über die betreffenden Mittel, hat das Gericht in Rn. 93 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass die Kommission dieses Kriterium im streitigen Beschluss nicht eindeutig und ausdrücklich geprüft habe, wobei die beiden in Rede stehenden Kriterien alternativ seien.

28.      Jedenfalls hat das Gericht in den Rn. 98 bis 100 dieses Urteils befunden, dass dieses zweite Kriterium im vorliegenden Fall nicht erfüllt sei. Dass die verwendeten Gelder nach dem Gesetz allein zur Erfüllung bestimmter Aufgaben verwendet würden, spreche nämlich in Ermangelung gegenteiliger Anhaltspunkte vielmehr dafür, dass der Staat eben nicht über diese Gelder habe verfügen können, d. h. keine andere als die gesetzlich vorgesehene Verwendung hätte beschließen können.

29.      Was die PreussenElektra-Rechtsprechung betrifft, so hat das Gericht in den Rn. 101 bis 117 des angefochtenen Urteils befunden, dass die Kommission zu Unrecht davon ausgegangen sei, dass diese im vorliegenden Fall deshalb nicht anwendbar sei, weil die Maßnahmen zur KWK-Förderung keine „bloße Preisregulierung“ im Sinne dieses Urteils darstellten. Denn dazu hätte die Kommission unabhängig von der Frage, ob die Maßnahmen zur KWK-Förderung eine „bloße Preisregulierung“ darstellten, nachweisen müssen, dass der Vorteil der KWK-Begünstigten von den Netzbetreibern, bei denen es sich um private Stellen handele, nicht mit ihren eigenen finanziellen Mitteln gewährt worden sei, sondern dass diese vom Staat mit der Verwaltung staatlicher Mittel betraut worden seien.

30.      Nach der Feststellung, dass die Maßnahmen zur KWK-Förderung nicht mit staatlichen Mitteln finanziert worden seien, ist das Gericht in den Rn. 119 bis 126 des angefochtenen Urteils zu dem Schluss gelangt, dass die Begrenzung der KWKG-Umlage zugunsten der Wasserstoffhersteller nicht als Verzicht auf staatliche Mittel angesehen werden könne.

31.      Auf der Grundlage dieser Begründung hat das Gericht dem einzigen Klagegrund der Bundesrepublik Deutschland stattgegeben und den streitigen Beschluss für nichtig erklärt.

 Verfahren und Anträge der Parteien vor dem Gerichtshof

32.      Am 3. April 2024 hat die Kommission gegen das angefochtene Urteil ein Rechtsmittel eingelegt. Die Kommission beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die erstinstanzliche Klage als unbegründet abzuweisen.

33.      Hilfsweise beantragt sie, im Hinblick auf die in Erwägungsgrund 198 Buchst. a bis d des streitigen Beschlusses genannten Maßnahmen, d. h. die Maßnahmen zur KWK-Förderung, das angefochtene Urteil aufzuheben und die erstinstanzliche Klage als unbegründet abzuweisen.

34.      In jedem Fall beantragt die Kommission, der Bundesrepublik Deutschland die Kosten der ersten Instanz und des Rechtsmittels aufzuerlegen.

35.      Die Bundesrepublik Deutschland beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen, das angefochtene Urteil zu bestätigen und der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

36.      In der mündlichen Verhandlung vom 11. Juni 2025 haben die Parteien mündliche Ausführungen gemacht.

 Zum Rechtsmittel

37.      Zur Begründung ihres Rechtsmittels, das sich ausschließlich auf die Maßnahmen zur KWK-Förderung bezieht, macht die Kommission einen einzigen Rechtsmittelgrund geltend, der auf einen Rechtsfehler bei der Auslegung des Kriteriums der „staatlichen Mittel“ in Art. 107 Abs. 1 AEUV und bei der rechtlichen Würdigung des Sachverhalts gestützt wird. Dieser Rechtsmittelgrund setzt sich aus zwei Teilen zusammen. Bevor ich auf diese eingehe, halte ich es jedoch für erforderlich, einige einleitende Bemerkungen zum maßgeblichen rechtlichen Rahmen zu machen.

 Einleitende Bemerkungen

38.      Es ist daran zu erinnern, dass die Einstufung als staatliche Beihilfe die Erfüllung von vier Voraussetzungen erfordert, darunter das Vorliegen einer staatlichen oder aus staatlichen Mitteln finanzierten Maßnahme. Seit langem ist anerkannt, dass diese Voraussetzung erfüllt ist, wenn die Maßnahme zum einen unmittelbar oder mittelbar unter Inanspruchnahme dieser Mittel umgesetzt wird und zum anderen dem betreffenden Mitgliedstaat zuzurechnen ist(5).

39.      Was die Voraussetzung der Zurechenbarkeit angeht, so erfordert diese die Prüfung, ob die Behörden am Erlass der fraglichen Maßnahme beteiligt waren. Es ist anerkannt, dass jede im Wege der Gesetzgebung festgelegte Maßnahme allein schon aus diesem Grund dem betreffenden Mitgliedstaat zurechenbar ist(6).

40.      Was die Voraussetzung betrifft, dass der Vorteil aus staatlichen Mitteln gewährt wird, was Gegenstand des einzigen von der Kommission in der vorliegenden Rechtssache vorgebrachten Rechtsmittelgrundes ist, so hat der Gerichtshof wiederholt entschieden, dass diese Voraussetzung eine spezifische finanzielle Belastung des Staatshaushalts voraussetzt(7). Er hat ferner klargestellt, dass eine solche finanzielle Belastung nicht nur bei einer positiven Übertragung öffentlicher Mittel, sondern auch bei einem Verzicht auf Einnahmen, die normalerweise an den Staat geflossen wären, vorliegt(8) und dass diese Belastung nicht tatsächlich eingetreten sein muss, sondern es ausreicht, dass ein konkretes Risiko für ihr Eintreten in der Zukunft besteht(9).

41.      Der Gerichtshof hat schließlich die „Entmaterialisierung“ der Übertragung staatlicher Mittel, die sich aus dieser Rechtsprechung ergibt, komplettiert, indem er die Auffassung vertreten hat, dass der Begriff „staatliche Mittel“ alle Geldmittel erfasst, auf die die Behörden tatsächlich zur Unterstützung von Unternehmen zurückgreifen können, ohne dass es dafür eine Rolle spielt, ob diese Mittel auf Dauer zum Vermögen des Staates gehören. Auch wenn im Rahmen einer finanziellen Unterstützungsmaßnahme gewährte Beträge nicht auf Dauer dem Staat gehören, können diese Beträge dem Gerichtshof zufolge ebenfalls staatliche Mittel darstellen, wenn sie ständig unter staatlicher Kontrolle und somit den zuständigen nationalen Behörden zur Verfügung stehen(10).

42.      Die Grenze des Kriteriums der staatlichen Kontrolle ist anschließend im Urteil PreussenElektra festgelegt worden. Die Fragen, die dem Gerichtshof in der Rechtssache, die diesem Urteil zugrunde liegt, vorgelegt wurden, betrafen § 4 Abs. 2 und 3 des deutschen Gesetzes über die Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien in das öffentliche Netz. Nach dieser Bestimmung waren die Elektrizitätsversorgungsunternehmen verpflichtet, den in ihrem Versorgungsgebiet aus erneuerbaren Energien erzeugten Strom zu Mindestpreisen zu kaufen, die auf den durchschnittlichen Einnahmen pro kWh aus der Stromabgabe der Elektrizitätsversorgungsunternehmen an alle Letztverbraucher basierten.

43.      Die Frage, ob damit staatliche Mittel eingesetzt werden, hat der Gerichtshof verneint. Zunächst hat er klargestellt, dass die in Art. 107 Abs. 1 AEUV festgelegte Unterscheidung zwischen „staatlichen“ und „aus staatlichen Mitteln gewährten“ Beihilfen ausschließlich darauf abzielt, in den Beihilfebegriff die unmittelbar vom Staat gewährten Vorteile sowie diejenigen, die über eine vom Staat benannte oder errichtete öffentliche oder private Einrichtung gewährt werden, einzubeziehen(11). Auf der Grundlage dieser Feststellung ist er zu dem Schluss gelangt, dass die Verpflichtung privater Elektrizitätsversorgungsunternehmen zur Abnahme von Strom aus erneuerbaren Energien zu festgelegten Mindestpreisen nicht zu einer unmittelbaren oder mittelbaren Übertragung staatlicher Mittel auf die Unternehmen, die diesen Strom erzeugen, führt(12).

44.      Das sich aus diesem Urteil ergebende rechtliche Kriterium bildet die Trennlinie zwischen nationalen Maßnahmen rein regulatorischer Art und Beihilfemaßnahmen, da nur letztere die Verwendung staatlicher Mittel beinhalten.

45.      In jüngerer Zeit hatte der Gerichtshof die Voraussetzung der „staatlichen Mittel“ in einer Reihe von Rechtssachen zu prüfen, die nationale Regelungen zur Förderung der Stromerzeugung, insbesondere aus erneuerbaren Energiequellen, betrafen, die durch staatlich vorgeschriebene Preisaufschläge für Stromabnehmer finanziert wurden. Was die Voraussetzung anbelangt, dass der Vorteil aus staatlichen Mitteln gewährt wird, hat der Gerichtshof ein Kriterium angewandt, wonach Mittel privater Herkunft als staatliche Mittel anzusehen sind, wenn sie aus Zwangsbeiträgen stammen, die durch die Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats vorgeschrieben sind, und wenn sie gemäß diesen Rechtsvorschriften verwaltet und verteilt werden(13).

46.      Im Urteil DOBELES HES hat der Gerichtshof festgestellt, dass dieses letztgenannte Kriterium und das Kriterium der staatlichen Kontrolle die beiden alternativen Kriterien für den Begriff „staatliche Mittel“ sind(14).

 Zum ersten Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes

 Zusammenfassung des Vorbringens der Parteien

47.      Mit dem ersten Teil macht die Kommission geltend, dass das Gericht einen Rechtsfehler begangen habe, indem es entschieden habe, dass die von den Verteilernetzbetreibern getragene finanzielle Belastung durch die Maßnahmen zur KWK-Förderung keine Steuer oder sonstige obligatorische Abgabe im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs darstelle und dass daher im vorliegenden Fall keine staatlichen Mittel eingesetzt worden seien.

48.      Sie ist der Ansicht, dass die Schlussfolgerung des Gerichts auf drei Feststellungen beruhe, die alle drei mit einem Rechtsfehler behaftet seien.

49.      Zunächst habe das Gericht in den Rn. 65 bis 70 und 89 des angefochtenen Urteils die Auffassung vertreten, dass bei der Feststellung des Vorliegens staatlicher Mittel vermieden werden müsse, Verwendung und Herkunft der Mittel miteinander zu vermengen. So müsse die Person, die die Abgabe schulde, von der Person unterschieden werden, die diese Abgabe einsammele und einem Dritten als Beihilfe zuwende. Da im vorliegenden Fall diese beiden Personen identisch seien, weil jeder Verteilernetzbetreiber sowohl Abgabepflichtiger für die KWKG-Umlage als auch für die Zahlung des KWKG-Zuschlags an die KWK-Begünstigten verantwortlich sei, lägen keine staatlichen Mittel vor. Die Kommission ist hingegen der Ansicht, dass weder Art. 107 Abs. 1 AEUV noch die vom Gericht angeführte Rechtsprechung erlaubten, ein Dreiecksverhältnis zwischen dem Abgabepflichtigen, dem für die Gewährung der Beihilfe Verantwortlichen und dem Begünstigten der Beihilfe zu verlangen.

50.      Sodann habe das Gericht in den Rn. 71, 72 und 88 des angefochtenen Urteils der Kommission vorgeworfen, sie habe nicht nachgewiesen, dass die durch den KWKG-Zuschlag generierten Mittel gemäß den nationalen Rechtsvorschriften erhoben und verwaltet würden. Das Gericht habe dies als zusätzliche Voraussetzung zu derjenigen des Vorliegens einer obligatorischen Abgabe eingeordnet. Die Kommission ist hingegen der Ansicht, dass nach der Rechtsprechung keine weiteren Voraussetzungen wie die Verwaltung und Verteilung der Mittel gemäß den nationalen Rechtsvorschriften erfüllt sein müssten, da die bloße Eigenschaft als Abgabe ausreiche, um das Vorliegen staatlicher Mittel zu begründen.

51.      Hilfsweise fügt die Kommission hinzu, dass diese beiden ersten Feststellungen des Gerichts jedenfalls auf einem weiteren Fehler beruhten, da das Gericht zu Unrecht entschieden habe, dass der Mechanismus zur Verteilung der finanziellen Belastung zwischen den Netzbetreibern deshalb nicht als „Verwaltung der Gelder“ angesehen werden könne, da dieser Mechanismus nur einen Belastungsausgleich zwischen den Netzbetreibern vorsehe.

52.      Schließlich trägt die Kommission vor, dass das Gericht in den Rn. 73 bis 76 des angefochtenen Urteils festgestellt habe, dass die Kommission nicht dargelegt habe, dass die Verteilernetzbetreiber tatsächlich einer obligatorischen Abgabe unterlegen hätten, da diese die Möglichkeit gehabt hätten, die Abgabe auf ihre Kunden abzuwälzen. Die Kommission macht insoweit geltend, dass nach der Rechtsprechung die bloße Möglichkeit, die Mehrkosten an Dritte weiterzugeben, für die Feststellung des Vorliegens staatlicher Mittel unerheblich sei.

53.      Die Bundesrepublik Deutschland weist diese Argumente in ihrer Gesamtheit zurück.

 Würdigung

54.      Im Interesse der Klarheit meiner Ausführungen werde ich mich in meiner Würdigung auf die Kritik der Kommission an den verschiedenen Feststellungen des Gerichts konzentrieren, die zur Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses im angefochtenen Urteil geführt haben.

–       Zur Kritik an der ersten Feststellung des Gerichts

55.      Was die erste dieser Feststellungen anbelangt, so ist erneut auf die Prämisse der Argumentation hinzuweisen, die das Gericht in diesem Teil des angefochtenen Urteils entwickelt hat.

56.      Im Anschluss an die Feststellung, wonach das Vorliegen einer Steuer oder einer anderen gesetzlich vorgeschriebenen Abgabe den Schluss zulasse, dass staatliche Mittel zur Finanzierung des auf diese Weise gewährten Vorteils verwendet worden seien, hat das Gericht befunden, dass die obligatorischen Zahlungen der Netzbetreiber an die Betreiber von Kraftwerken und anderen KWK-Anlagen, die auf der „ersten Ebene“ der Versorgungskette erfolgten, „keinen Aufschluss“ über die Herkunft der Gelder gäben, die von den Netzbetreibern für die Gewährung der finanziellen Förderung an die Anspruchsberechtigten verwendet würden. Nach Ansicht des Gerichts liefe die Schlussfolgerung, dass die betreffenden Zahlungen eine Steuer oder eine andere obligatorische Abgabe darstellen, darauf hinaus, dass die Finanzierung der Maßnahmen zur KWK-Förderung mit der Gewährung der Gelder an die Anspruchsberechtigten zusammenfiele(15).

57.      Nach Ansicht des Gerichts bestätigt die Rechtsprechung zu staatlichen Beihilfemaßnahmen zur Förderung der Erzeugung von Strom, namentlich aus erneuerbaren Energien, diese Feststellung. In den einschlägigen Urteilen lägen den Geldern nämlich obligatorische Abgaben auf Strom zugrunde, die den Stromverbrauchern auferlegt würden, was die staatliche Finanzierung der Maßnahmen belege. Der Umstand, dass die Netzbetreiber verpflichtet seien, den Anspruchsberechtigten Zahlungen zu leisten, ermögliche hingegen nur die Feststellung einer gesetzeskonformen Verwendung der Gelder(16).

58.      Diese Analyse des Gerichts ist meiner Meinung nach nicht zu beanstanden.

59.      Es ist nämlich darauf hinzuweisen, dass diese Rechtsprechung auf einer Auslegung des Urteils PreussenElektra beruht, wonach staatliche Mittel im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV dann nicht in Anspruch genommen werden, wenn eine finanzielle Unterstützung der öffentlichen Hand für bestimmte Unternehmen ausschließlich dadurch finanziert wird, dass privaten Wirtschaftsteilnehmern Belastungen auferlegt werden, und diese Unterstützung von diesen Wirtschaftsteilnehmern direkt an die Begünstigten fließt. Daraus folgt, dass die „erste Ebene“ der Versorgungskette, die in der gesetzlichen Verpflichtung der Netzbetreiber besteht, beim Einkauf einen um einen Zuschlag erhöhten Preis, der mit einem Bonus einhergehen kann, zu zahlen, allein noch nicht eine Inanspruchnahme staatlicher Mittel bedeuten kann.

60.      Dass es einer Dreiecksbeziehung zwischen dem Abgabepflichtigen, der für die Gewährung der finanziellen Förderung zuständigen Stelle und dem Empfänger dieser Förderung bedarf, erklärt sich dadurch, dass die Rechtsprechung die staatliche Herkunft der verwendeten Mittel vom Vorliegen einer obligatorischen Abgabe auf der „zweiten Ebene“ der Versorgungskette abhängig macht.

61.      Die von der Kommission zur Begründung ihrer Auffassung angeführten Urteile Essent, FVE Holýšov und DOBELES HES bestätigen eigentlich, dass die Ausführungen des Gerichts zu diesem Punkt zutreffend sind.

62.      In der Rechtssache, die dem Urteil Essent zugrunde liegt, wurde der fragliche Preisaufschlag von den Verbrauchern an die Übertragungsnetzbetreiber gezahlt, von einer gesetzlich zu diesem Zweck benannten Gesellschaft eingezogen und an die vier nationalen Stromerzeugungsunternehmen als Ausgleich für die Kosten weitergeleitet, die diesen Unternehmen vor der Liberalisierung des Marktes entstanden waren.

63.      In seinem Urteil hat der Gerichtshof festgestellt, dass der betreffende Aufschlag eine den Verbrauchern einseitig gesetzlich auferlegte Belastung darstellte, die von ihnen getragen werden musste. Somit stellte dieser Aufschlag eine Abgabe im Sinne der Art. 30 und 110 AEUV dar und ging folglich auf staatliche Mittel im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV zurück(17).

64.      In der Rechtssache, die dem Urteil FVE Holýšov zugrunde liegt, ging es um Maßnahmen zugunsten von Erzeugern von Strom aus erneuerbaren Energien in Form eines Mindestabnahmepreises oder eines Aufschlags auf den von den Stromnetzbetreibern gezahlten Marktpreis. Diese Maßnahmen wurden durch eine Sonderabgabe in Form eines Zuschlags finanziert, den die Endverbraucher an diese Betreiber zahlten.

65.      In seinem Urteil in der Rechtsmittelinstanz hat der Gerichtshof auf ein Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen hin für Recht erkannt, dass die Tatsache, dass Mittel aus einer obligatorischen Abgabe stammen, ausreicht, um sie als staatliche Mittel zu charakterisieren(18). Schon aus den Randnummern des Urteils des Gerichts, auf die sich das Vorbringen dieser Rechtsmittelführerinnen bezieht(19), geht jedoch hervor, dass der Gerichtshof damit deren Kritik an der Einstufung der genannten Sonderabgabe als parafiskalische Abgabe widerlegen wollte.

66.      Aus diesen Urteilen leite ich ab, dass es jedweder obligatorischen Abgabe auf der „zweiten Ebene“ der Versorgungskette, die dazu dient, die Mehrkosten auszugleichen, die sich aus der gesetzlichen Verpflichtung der Betreiber von Elektrizitätsverteilungs- und ‑übertragungsnetzen ergeben, Strom auf der „ersten Ebene“ der Versorgungskette zu einem bestimmten Preis zu kaufen, bedarf, um zu belegen, dass eine Steuer oder eine obligatorische Abgabe vorliegt, die die Voraussetzung der „staatlichen Mittel“ erfüllt. Eine solche gesetzliche Verpflichtung impliziert indessen nur dann die Inanspruchnahme staatlicher Mittel, wenn sie mit der genannten obligatorischen Abgabe verbunden ist. Das zusammenfassende Urteil in der Rechtssache DOBELES HES, das eine zweistufige Finanzierungsregelung betrifft, die der im vorliegenden Fall in Rede stehenden Regelung ähnlich ist, bestätigt diese Auslegung(20).

67.      Mit anderen Worten: Entgegen der von der Kommission in ihrem Rechtsmittel vertretenen Auffassung ist in den Fällen, die unter diese Rechtsprechungslinie fallen, die „zweite Ebene“ nicht lediglich ein Aspekt des Sachverhalts, sondern ein entscheidender Faktor für die rechtliche Beurteilung durch den Gerichtshof.

68.      Angesichts dessen kann meiner Meinung nach nicht mit Erfolg geltend gemacht werden, dass die erste aus den Rn. 65 bis 70 des angefochtenen Urteils folgende Feststellung rechtsfehlerhaft sei.

–       Zur Kritik an der zweiten Feststellung des Gerichts

69.      Bezüglich der zweiten Feststellung des Gerichts ist daran zu erinnern, dass die Kommission ihm vorwirft, davon ausgegangen zu sein, dass der KWKG-Zuschlag nicht nur eine obligatorische Abgabe darstellen, sondern auch im Einklang mit den nationalen Rechtsvorschriften verwaltet werden müsse(21).

70.      Die Kommission teilt die Interpretation des Gerichts von Rn. 35 des Urteils DOBELES HES nicht, wonach „[al]s ‚staatliche Mittel‘ im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV … auch Gelder anzusehen [sind], die nach den Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats durch obligatorische Beiträge aufgebracht und im Einklang mit diesen Rechtsvorschriften verwaltet und verteilt werden“. Nach Ansicht der Kommission sind diese Randnummer und die Rechtsprechung, auf die sie sich bezieht, so zu verstehen, dass bereits die Tatsache, dass es sich um eine Steuer oder eine obligatorische Abgabe handele, ausreiche, um das Vorliegen staatlicher Mittel im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV zu begründen. Dieses Vorbringen der Kommission wird hauptsächlich auf zwei Begründungen gestützt.

71.      Erstens stehe die von ihr vertretene Auslegung im Einklang mit der nach dem Urteil Essent ergangenen Rechtsprechung, insbesondere mit Rn. 46 des Urteils FVE Holýšov.

72.      Ich bin anderer Meinung.

73.      Denn Rn. 46 des Urteils FVE Holýšov, das bereits zuvor in Nr. 65 der vorliegenden Schlussanträge erörtert worden ist, zielt eindeutig darauf ab, die Bedeutung der Rn. 65 bis 72 des Urteils EEG 2012 zu präzisieren. In diesen hat der Gerichtshof die Frage geprüft, ob die Beträge, die aus Zahlungen stammen, die die Betreiber von Stromübertragungsnetzen von den Elektrizitätsversorgungsunternehmen verlangen können, einen Einsatz staatlicher Mittel, die einer Abgabe gleichgestellt werden können, implizierten. Der Gerichtshof hat diese Frage verneint, da die betreffenden Rechtsvorschriften die Versorger nicht verpflichteten, die in dieser Form gezahlten Beträge auf die Letztverbraucher abzuwälzen(22).

74.      In Rn. 46 des Urteils FVE Holýšov hat der Gerichtshof festgestellt, dass, wenn die Mittel aus einer Abgabe stammen, die zwingend weitergegeben werden muss, dies ausreicht, um sie als staatliche Mittel zu charakterisieren. Dies wurde bereits oben erwähnt. Es ist hinzuzufügen, dass der Gerichtshof damit die von den Rechtsmittelführerinnen in dieser Rechtssache vorgebrachte Auslegung zurückgewiesen hat, wonach – in Ermangelung einer obligatorischen Weitergabe entlang der Versorgungskette – eine vom Staat einseitig auferlegte Zahlungsverpflichtung in Verbindung mit einer entsprechenden Verringerung des staatlichen Budgets den Einsatz staatlicher Mittel impliziere(23).

75.      Dass diese Auslegung abzulehnen ist, ist im Urteil WEPA Hygieneprodukte u. a./Kommission(24) bestätigt worden. In der Rechtssache, die zu diesem Urteil geführt hat, machten die Rechtsmittelführerinnen geltend, dass das Gericht einen Abgabebegriff, bei dem die Abgabe als einseitige Anordnung einer Umlagezahlungspflicht durch einen Hoheitsakt verstanden werde, hätte anwenden und darauf abstellen müssen, ob ein hinreichend enger Zusammenhang zwischen dem Staatshaushalt und der streitigen Umlage bestehe. Insoweit hat der Gerichtshof insbesondere festgestellt, dass die Rechtsprechung zu Abgaben oder obligatorischen Beiträgen, die Verbraucher oder Endkunden belasten, nicht „auf einen solchen Begriff oder ein solches Kriterium abstellt“(25).

76.      Zusammenfassend lässt sich sagen, dass nicht geltend gemacht werden kann, dass die auf der „ersten Ebene“ erfolgenden obligatorischen Zahlungen der Netzbetreiber an Unternehmen, die Strom aus erneuerbaren Energien erzeugen, allein deshalb staatliche Mittel einsetzen, weil sie einseitig gesetzlich vorgeschrieben sind. Vielmehr kann der staatliche Charakter der Mittel nur anhand der obligatorischen Weitergabe des diesen Zahlungen entsprechenden Betrags an die Endkunden auf der „zweiten Ebene“ festgestellt werden.

77.      Wenn das Vorliegen dieser obligatorischen Abgabe feststeht, impliziert die dieser Rechtsprechung immanente Idee der öffentlichen Kontrolle, dass überprüft werden muss, ob die in dieser Form eingenommenen Beträge gemäß den Rechtsvorschriften zur Gewährung eines Vorteils für die Begünstigten verwendet werden.

78.      Daraus folgt, dass, wenn die betreffende nationale Regelung wie im vorliegenden Fall eine „erste Ebene“ umfasst, die Voraussetzung der Verwaltung und Verteilung der Mittel, die durch einen obligatorischen Beitrag gemäß den nationalen Rechtsvorschriften aufgebracht werden, zwingend gegeben sein muss, damit diese Mittel als „staatliche Mittel“ im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV eingestuft werden können.

79.      Zweitens ist die Kommission der Ansicht, dass der Gerichtshof in dem in Rn. 34 des Urteils DOBELES HES genannten Urteil Essent den Begriff „Abgabe“ im Sinne der derzeitigen Art. 30 (Abgaben zollgleicher Wirkung) und 110 (diskriminierende inländische Abgaben) AEUV vollumfänglich und ohne weitere Qualifikationen übernommen habe, um zu dem Schluss zu gelangen, dass der fragliche Tarifaufschlag einer Abgabe gleichkomme und somit auf staatliche Mittel zurückgehe. Dieser Begriff verlange lediglich, dass „die finanzielle Belastung den Wirtschaftsteilnehmer aufgrund einer einseitigen Handlung der Behörde … trifft“(26).

80.      Dieses Argument kann die Schlussfolgerung, zu der ich in Nr. 78 der vorliegenden Schlussanträge gelangt bin, nicht entkräften.

81.      Es ist nämlich darauf hinzuweisen, dass in dem Urteil Essent, das vor der Heranziehung des Kriteriums ergangen ist, wonach in diesem Bereich eine Steuer oder eine obligatorische Abgabe vorliegen müsse(27), die Randnummern, die der von der Kommission angeführten Argumentation entsprechen, die Notwendigkeit einer Verwaltung und Verteilung der Mittel gemäß den staatlichen Rechtsvorschriften erkennen lassen. Denn aus diesen Ausführungen geht hervor, dass die fragliche Abgabe gemäß den nationalen Rechtsvorschriften an den Netzbetreiber gezahlt und anschließend an das gesetzlich benannte Unternehmen weitergeleitet wurde, das keine Möglichkeit hatte, diese Mittel für andere als die in diesen Rechtsvorschriften vorgesehenen Zwecke zu verwenden(28).

82.      Aus dem Urteil Essent lässt sich somit nicht ableiten, dass der staatliche Charakter der Mittel ausschließlich von der Ausübung hoheitlicher Gewalt, die mit der Auferlegung einer Zahlungsverpflichtung verbunden ist, abhängt, ohne dass es darauf ankäme, ob die die aus einer solchen Verpflichtung resultierenden Mittel im Einklang mit den Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats verwaltet und verteilt werden.

83.      Dass die Art. 30 und 110 AEUV einerseits und Art. 107 AEUV andererseits im vorliegenden Fall eine steuerliche Maßnahme des Staates betreffen, die den Binnenmarkt beeinträchtigt, vermag nach meinem Dafürhalten keine übereinstimmende Auslegung des Begriffs „Abgabe“ zu rechtfertigen. Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die beiden erstgenannten Bestimmungen im Vergleich zu letzterer ein anderes Ziel verfolgen. Während die Art. 30 und 110 AEUV den freien Warenverkehr und den Wettbewerb zwischen inländischen und eingeführten Erzeugnissen gewährleisten sollen, hat Art. 107 AEUV ganz allgemein zum Ziel, den Wettbewerb zwischen Unternehmen durch das Verbot aller Beihilfen zu gewährleisten, die von einem Mitgliedstaat gewährt werden und die dort genannten Voraussetzungen erfüllen.

84.      Des Weiteren macht die Kommission geltend, dass die Bedingung der Verwaltung und Verteilung der betreffenden Mittel gemäß den staatlichen Rechtsvorschriften nicht als eigenständige Bedingung angesehen werden könne, da sie bedeute, dass die Initiative zur Einführung einer obligatorischen Abgabe beim Staat und nicht bei zwei privatrechtlichen Vereinigungen liegen müsse. Sie verweist in diesem Zusammenhang auf die Urteile Pearle u. a. und Doux Élevage und Coopérative agricole UKL-ARREE(29).

85.      Es trifft zu, dass der Gerichtshof in den Urteilen zu diesen beiden Rechtssachen die Auffassung vertreten hat, dass eine durch staatliches Eingreifen für den Schuldner verbindlich gewordene Zahlungsverpflichtung nicht den Einsatz staatlicher Mittel beinhaltete, und zwar mit der Begründung, dass diese Verpflichtung nicht vom Staat eingeführt worden war.

86.      Die von der Kommission befürwortete Auslegung verwechselt jedoch die Voraussetzung, dass ein Vorteil „aus staatlichen Mitteln“ gewährt werden muss, mit der Voraussetzung der Zurechenbarkeit zum Staat. Meiner Ansicht nach erfordert die Voraussetzung der Verwaltung und Verteilung der Mittel gemäß den staatlichen Rechtsvorschriften nicht nur die Prüfung, ob die Modalitäten für die Gewährung der finanziellen Unterstützung im Voraus durch diese Rechtsvorschriften festgelegt werden, sondern auch, ob diese Modalitäten geeignet sind, jede Möglichkeit auszuschließen, dass die betreffenden Mittel für andere als die in diesen Rechtsvorschriften vorgesehenen Zwecke verwendet werden.

87.      Daraus folgt, dass die Kommission zu Unrecht geltend gemacht hat, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, indem erstens die Auffassung vertreten worden sei, dass die Bedingung der Verwaltung und Verteilung der Mittel gemäß den nationalen Rechtsvorschriften eine notwendige Voraussetzung für den Einsatz staatlicher Mittel darstelle, und zweitens, dass die Initiative des deutschen Staates zur Einführung des KWKG-Zuschlags nicht ausreiche, um den Einsatz seiner Mittel zu belegen.

88.      Angesichts dessen teile ich nicht die Auffassung der Kommission, dass die Rn. 71, 72, 80 bis 85, 88 und 97 bis 99 des angefochtenen Urteils mit diesen beiden Rechtsfehlern behaftet seien.

–       Zur hilfsweise vorgebrachten Kritik an der ersten und zweiten Feststellung des Gerichts

89.      Es ist daran zu erinnern, dass die Kommission hilfsweise geltend macht, dass die ersten beiden Feststellungen des Gerichts auf einer fehlerhaften rechtlichen Würdigung des Sachverhalts beruhten, da das Gericht zu Unrecht angenommen habe, dass der im KWKG vorgesehene Mechanismus zur Verteilung der finanziellen Belastung zwischen den Netzbetreibern nicht als „Verwaltung von Mitteln“ angesehen werden könne, weil dieser Mechanismus lediglich einen Belastungsausgleich zwischen den Netzbetreibern vorsehe(30).

90.      Nach Auffassung der Kommission resultiert zum einen die finanzielle Belastung der Verteilernetzbetreiber nicht aus der Zahlung des KWKG-Zuschlags, für die diese Betreiber von den Übertragungsnetzbetreibern eine Erstattung erhielten, sondern aus der Zahlung der KWKG-Umlage, die die Verteilernetzbetreiber an die Übertragungsnetzbetreiber entrichteten. Letztere verwendeten die Einnahmen aus dieser Umlage, um die Mehrkosten auszugleichen, die ihnen durch die Zahlung des genannten Zuschlags an die KWK-Begünstigten entstünden. Zum anderen habe das Gericht die Rolle des BAFA und der BNetzA bei der Auswahl der Begünstigten und der Festsetzung der Höhe des KWKG-Zuschlags in Anwendung des Gesetzes verkannt. Ein solcher Mechanismus ermögliche es also, dass die finanzielle Last der Maßnahmen zur KWK-Förderung durch die Netzbetreiber „verwaltet und verteilt“ werde.

91.      Dieser Fehler des Gerichts sei geeignet, zur Aufhebung des angefochtenen Urteils zu führen, da diese Voraussetzung, wenn ein Dreiecksverhältnis zwischen dem Schuldner der Abgabe oder des obligatorischen Beitrags, der für die Gewährung der finanziellen Förderung zuständigen Stelle und dem Empfänger dieser Förderung, wie das Gericht in seiner ersten Feststellung ausgeführt habe, erforderlich sei, im vorliegenden Fall erfüllt sei. Aufgrund der Rolle der Übertragungsnetzbetreiber im Ausgleichsmechanismus liege diese Dreiecksbeziehung nämlich vor.

92.      Hinsichtlich der von der Bundesrepublik Deutschland gegen diese Rüge erhobenen Unzulässigkeitseinrede beschränke ich mich auf den Hinweis, dass diese Rüge – entgegen der Auffassung dieses Mitgliedstaats – auf die Feststellung des Gerichts abzielt, dass der Zahlungsfluss zwischen den Übertragungsnetzbetreibern und den Verteilernetzbetreibern keine Mittelverwaltung im Sinne der Rechtsprechung zum Begriff der Abgabe oder des obligatorischen Beitrags darstelle. Nach ständiger Rechtsprechung fällt jedoch die Überprüfung der rechtlichen Qualifizierung des nationalen Rechts durch das Gericht anhand einer Bestimmung des Unionsrechts, da sie eine Rechtsfrage darstellt, in der Rechtsmittelinstanz in die Zuständigkeit des Gerichtshofs(31).

93.      Was die Begründetheit der vorliegenden Rüge angeht, so bin ich der Meinung, dass der Verweis auf die „Verwaltung der Mittel“ impliziert, dass die Stelle, die die Abgabe oder den obligatorischen Beitrag erhebt, gesetzlich verpflichtet ist, irgendeine Tätigkeit zur Verwaltung der aus dieser Abgabe gespeisten Mittel auszuüben. Genau dieses Element fehlt hier.

94.      Eine solche Verwaltungstätigkeit wird von den Netzbetreibern im Rahmen des Mechanismus zur Verteilung der finanziellen Last nicht ausgeübt, da die betreffenden Mittel nicht als aus einer Abgabe oder einem obligatorischen Beitrag stammend angesehen werden können. Diese Tätigkeit kann auch nicht seitens der Empfänger des KWKG-Zuschlags, d. h. der Betreiber von Kraftwerken und anderen KWK-Anlagen, erfolgen, da diese Unternehmen die Begünstigten der in Rede stehenden finanziellen Förderung sind.

95.      Daraus folgt, dass das Gericht in den Rn. 71 und 72 des angefochtenen Urteils keinen Rechtsfehler bei der rechtlichen Würdigung des Sachverhalts begangen hat.

–       Zur Kritik an der dritten Feststellung des Gerichts

96.      Die Kritik der Kommission an der dritten Feststellung des Gerichts kann ebenfalls nicht durchgreifen.

97.      Das Gericht hat nämlich zu Recht festgestellt, dass es zum Nachweis des Bestehens einer obligatorischen Abgabe nicht genüge, wenn die Kommission aufzeige, dass die Abgabepflichtigen die Möglichkeit hätten, die sich aus dieser Abgabe ergebende wirtschaftliche Belastung auf Dritte abzuwälzen. Insoweit beschränke ich mich darauf, auf die Ausführungen zu verweisen, die ich zu den ersten beiden Feststellungen des Gerichts gemacht habe.

98.      Meiner Ansicht nach lässt sich somit aus den Feststellungen des Gerichts in den Rn. 73 bis 76 des angefochtenen Urteils kein Rechtsfehler ableiten.

 Zum zweiten Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes

 Zusammenfassung des Vorbringens der Parteien

99.      In ihrer Rechtsmittelbegründung macht die Kommission im Wesentlichen geltend, dass das Gericht bei seiner Auslegung des Urteils PreussenElektra einen Rechtsfehler begangen habe.

100. Konkret wirft die Kommission dem Gericht vor, dass es die Reichweite dieses Urteils nicht auf Fälle beschränke, in denen der Staat durch die Regulierung des Marktpreises einer Transaktion eingreife, sondern auch Konstellationen einbeziehe, in denen der Staat eine direkte Zahlungsverpflichtung zwischen Privaten unabhängig vom Bestehen einer Transaktionsbeziehung anordne.

101. Die Kommission ist der Ansicht, dass sich die PreussenElektra-Rechtsprechung darauf beschränke, auszuschließen, dass die Preisregulierung durch einen Mitgliedstaat als Inanspruchnahme staatlicher Mittel angesehen werden könne. Sie gelte somit nur für die Festsetzung von Mindestpreisen für den Käufer oder von Höchstpreisen für den Verkäufer und damit für das Gegenleistungsverhältnis zwischen Privaten. Im vorliegenden Fall beschränke sich die deutsche Gesetzgebung jedoch nicht auf eine solche Preisregulierung. Vielmehr seien die Netzbetreiber verpflichtet, den KWKG-Zuschlag unabhängig von einem Kauf von Strom an die KWK-Begünstigten zu zahlen.

102. Schließlich verweist die Kommission auf die Rechtsprechung zum Begriff der „Abgabe“ im Sinne der Art. 30 und 110 AEUV, aus der sich ableiten lasse, dass das entscheidende Kriterium darin bestehe, ob die Zahlung das Entgelt für einen bestimmten, dem Wirtschaftsteilnehmer tatsächlich und individuell geleisteten Dienst darstelle – dann falle diese Zahlung nicht unter den Begriff der „Abgabe“ – oder ob sie der Finanzierung der Erfüllung öffentlicher Aufgaben diene und dann unter diesen Begriff falle.

103. Die Bundesrepublik Deutschland tritt dem gesamten Vorbringen der Kommission entgegen.

 Würdigung

104. Zunächst ist festzustellen, dass dieser Teil des einzigen von der Kommission vorgebrachten Rechtsmittelgrundes eine Kritik an der gesamten Argumentation des Gerichts in den Rn. 101 bis 118 des angefochtenen Urteils darstellt.

105. Konkret wirft sie dem Gericht vor, dass es davon ausgegangen sei, dass die Tragweite des Urteils PreussenElektra ausschließlich finanzielle Unterstützungsmaßnahmen umfasse, die durch Belastungen privater Unternehmen finanziert und von diesen direkt an die Begünstigten gezahlt würden. Damit habe es übersehen, dass eine solche Maßnahme in einer Marktpreisregulierung bestehen müsse. Letztere wird daher von der Kommission als ein weiterer Bestandteil des im Urteil PreussenElektra herausgearbeiteten rechtlichen Kriteriums angesehen.

106. Zur Stützung dieser Interpretation führt die Kommission die Urteile EEG 2012 und ENEA(32) an. Sie ist der Ansicht, dass in diesen Urteilen die fraglichen nationalen Maßnahmen, die die Verpflichtung zum Kauf von Produkten zu einem bestimmten Preis bzw. in bestimmten Mengen beinhaltet hätten, eine Marktpreisregulierung dargestellt hätten. Dieser Umstand habe die Feststellung gerechtfertigt, dass keine staatlichen Mittel eingesetzt worden seien.

107. Meiner Ansicht nach sind diese Urteile jedoch nicht geeignet, die Auslegung der Kommission zu stützen, und zwar aus den folgenden Gründen.

108. In der Rechtssache, die dem Urteil EEG 2012 zugrunde liegt, verpflichteten die fraglichen Vorschriften die Verteilernetzbetreiber, den Erzeugern von Strom aus erneuerbaren Energien eine gesetzlich vorgesehene Vergütung oder eine Marktprämie zu zahlen und diesen Strom an die Übertragungsnetzbetreiber weiterzuleiten. Im Gegenzug waren die Betreiber der vorgelagerten interregionalen Hoch- und Höchstspannungsübertragungsnetze verpflichtet, den Betreibern der lokalen Nieder- oder Mittelspannungsverteilungsnetze den Gegenwert der von den Letztgenannten an die erwähnten Erzeuger gezahlten Vergütungen und Marktprämien zu zahlen und den in ihr Netz eingespeisten Strom auf dem Markt zu vertreiben. Wenn der auf diese Weise erzielte Preis nicht ausreichte, um die finanzielle Belastung zu decken, die sich aus der gesetzlichen Verpflichtung ergab, diesen Strom zu den gesetzlich festgelegten Tarifen zu vergüten, hatten die Übertragungsnetzbetreiber das Recht, von den die Letztverbraucher beliefernden Versorgern die Zahlung der Differenz – die „EEG-Umlage“ – zu verlangen. Diese Versorger hatten das Recht, die aufgrund dieser Umlage gezahlten Beträge auf die Letztverbraucher abzuwälzen(33).

109. Wie bereits oben ausgeführt, hat der Gerichtshof festgestellt, dass ein bloßes Recht auf Weitergabe der im Rahmen der EEG-Umlage gezahlten Beträge nicht ausreicht, um diese Umlage als „Abgabe“ einzustufen. Er hat sich somit ausschließlich zur „zweiten Ebene“ der Elektrizitätsversorgungskette geäußert, ohne festzustellen, dass die „erste Ebene“ dieser Kette durch eine Marktpreisregulierung gekennzeichnet war(34).

110. In der Rechtssache, die dem Urteil ENEA zugrunde liegt, sah die im Ausgangsverfahren streitige Regelung eine Förderung der Stromerzeugung aus Kraft-Wärme-Kopplung durch eine Abnahmeverpflichtung vor. Diese Verpflichtung bestand darin, dass Unternehmen, die Strom an Endverbraucher verkauften, einen bestimmten Anteil, nämlich 15 %, ihrer gesamten jährlichen Stromverkäufe aus der Erzeugung dieser Art von Strom beziehen mussten. Der Leiter der nationalen Energieregulierungsbehörde genehmigte die Höchstpreise für den Stromverkauf, so dass die Stromlieferanten Strom aus Kraft-Wärme-Kopplung unter bestimmten Umständen zu einem höheren Preis erwarben, als er beim Verkauf an den Endverbraucher angesetzt wurde, was für sie zu Mehrkosten führte(35).

111. In seinem Urteil hat der Gerichtshof die fragliche Maßnahme nicht als Preisregulierung angesehen. Ferner wäre selbst bei einer Einstufung dieser Maßnahme als Preisregelung die Verneinung einer Inanspruchnahme staatlicher Mittel ausschließlich dadurch begründet, dass „diese Mehrkosten nicht vollständig auf den Endverbraucher abgewälzt werden, für ihre Finanzierung keine verbindliche vom Staat auferlegte Abgabe erhoben wird und es auch keinen Mechanismus für ihren vollständigen Ausgleich gibt“(36). Mit anderen Worten: Da es keinen Mechanismus zur obligatorischen Weitergabe dieser Mehrkosten gab, fand das rechtliche Kriterium des Urteils PreussenElektra, das die Verwendung staatlicher Mittel ausschließt, Anwendung.

112. Die Kommission macht außerdem geltend, dass das Gericht insbesondere in den Rn. 108, 109 und 114 des angefochtenen Urteils eine übermäßig weite Auslegung der Rechtsprechung zu Förderregelungen für die Stromerzeugung vorgenommen habe. Konkret bezieht sich diese Kritik auf die Feststellung, dass das entscheidende Kriterium für die Feststellung des Einsatzes staatlicher Mittel darin bestehe, dass die betroffenen privaten Unternehmen „vom Staat mit der Verwaltung staatlicher Mittel betraut und nicht bloß zur Abnahme unter Einsatz ihrer eigenen finanziellen Mittel verpflichtet sind“(37). Nach Ansicht der Kommission beschreibt der Begriff „Abnahme“ eigentlich eine Marktpreisregulierung. Dieser Begriff umfasse hingegen keine Zahlungsverpflichtung eines privaten Unternehmens gegenüber einem anderen, die unabhängig von einem Vertragsverhältnis zwischen diesen beiden Unternehmen bestünde. Hätte der Gerichtshof solche Zahlungsverpflichtungen erfassen wollen, hätte man berechtigterweise erwarten können, dass er darauf hinweise, dass diese privaten Einrichtungen „nicht bloß zur Zahlung unter Einsatz ihrer eigenen finanziellen Mittel verpflichtet sind“(38).

113. Die semantische Unterscheidung zwischen „Abnahmeverpflichtung“ und „Zahlungsverpflichtung“ überzeugt mich jedoch nicht. Meiner Ansicht nach ist es nämlich offensichtlich, dass die Verwendung des ersten Begriffs durch den Gerichtshof rein situationsbedingt ist, da die in dieser Rechtsprechung untersuchten nationalen Regelungen zur Förderung der Stromerzeugung typischerweise Abnahmeverpflichtungen für die Betreiber der Stromversorgungskette vorsehen.

114. Zudem ist entgegen der Auffassung der Kommission nicht ersichtlich, dass diese Unterscheidung sich auf das Urteil Fallimento Esperia und GSE(39) stützen könnte.

115. In diesem Urteil hat der Gerichtshof eine nationale Regelung zur Förderung der Erzeugung grünen Stroms geprüft, mit der sichergestellt werden sollte, dass jährlich eine bestimmte Quote an grünem Strom in das nationale Stromnetz eingespeist wird.

116. Nach Ansicht des Gerichtshofs stellte sich die kostenlose Bereitstellung von grünen Zertifikaten für inländische Erzeuger grünen Stroms nicht als Einsatz staatlicher Mittel dar, da der wirtschaftliche Wert dieser Zertifikate offenbar allein auf der gesetzlichen Verpflichtung bestimmter Erzeuger und Einführer beruhte, diese zu erwerben. Der Vorteil, der sich aus dieser kostenlosen Bereitstellung von grünen Zertifikaten ergab, schien somit aus Mitteln dieser Erzeuger oder Einführer finanziert zu werden(40). Der Gerichtshof hat jedoch auch festgestellt, dass dieselbe Regelung einer vom Ministerium für Wirtschaft und Finanzen kontrollierten Einrichtung den Erwerb der grünen Zertifikate über die Anzahl der Zertifikate hinaus, zu deren Erwerb bestimmte Unternehmen verpflichtet waren, vorschrieb. Dieser Erwerb erfolgte nach Ansicht des Gerichtshofs offenbar von einer dem Staat zuzuordnenden Einrichtung auf der Grundlage des ihr durch nationale Rechtsvorschriften erteilten Auftrags und mittels Einnahmen aus einem von den Verbrauchern zu diesem Zweck gezahlten Tarifbestandteil(41). Die in Rede stehende nationale Regelung beinhaltete somit eine Übertragung staatlicher Mittel im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV(42).

117. Die Kommission ist der Ansicht, dass der erste durch diese Regelung geschaffene Mechanismus eine Verpflichtung zum Erwerb einer jährlichen Quote an grünem Strom und damit eine Marktpreisregulierung vorgesehen habe. Der zweite Mechanismus sei jedoch über eine einfache Regulierung der Marktpreise hinausgegangen, da er einer vom Ministerium für Wirtschaft und Finanzen kontrollierten öffentlichen Einrichtung vorgeschrieben habe, die überschüssigen grünen Zertifikate der nationalen Erzeuger mit Mitteln zu erwerben, die aus einer von den Verbrauchern zu tragenden Abgabe finanziert worden seien.

118. Ebenso wenig kann nach Ansicht der Kommission der KWKG-Zuschlag im vorliegenden Fall als Marktpreisregulierung angesehen werden, weil der deutsche Staat die Netzbetreiber dazu verpflichte, den Betreibern von KWK-Anlagen einen Betrag zu zahlen, der unabhängig von jeglicher geschäftlichen Transaktion zwischen diesen beiden Unternehmen sei.

119. Es fällt mir jedoch schwer, der These zu folgen, dass im Urteil Fallimento Esperia die Feststellung des Vorliegens einer Übertragung staatlicher Mittel davon abhängig gewesen sei, dass die fragliche Regelung eine direkte Zahlungsverpflichtung, wie sie in den beiden vorstehenden Nummern beschrieben wurde, vorgesehen habe.

120. Aus diesem Urteil geht nämlich eindeutig hervor, dass das angewandte rechtliche Kriterium im Einklang mit der einschlägigen Rechtsprechung dasjenige der staatlichen Kontrolle ist. Nach Auffassung des Gerichtshofs waren die Beträge, die die nationalen Erzeuger aus dem Verkauf der grünen Zertifikate erhielten, nicht einfach das Ergebnis einer finanziellen Umverteilung „von einer privaten Stelle an eine andere“(43). Der Vorteil, der in der Zurverfügungstellung von grünen Zertifikaten für nationale Erzeuger von grünem Strom bestand, wurde nämlich zumindest teilweise durch eine Verringerung der unter staatlicher Kontrolle stehenden Mittel finanziert, da eine staatlich kontrollierte Einrichtung verpflichtet war, überschüssige grüne Zertifikate abzunehmen.

121. Die Kommission kann sich auch nicht mit Erfolg auf die Rechtsprechung zu den Begriffen „Abgabe“ oder „inländische Abgabe“ im Sinne der derzeitigen Art. 30 und 110 AEUV, insbesondere das Urteil Dubois und Général cargo services(44), berufen, um die Unterscheidung zwischen Abnahmeverpflichtungen und direkten Zahlungsverpflichtungen zu untermauern. Hierzu verweise ich auf die in den vorliegenden Schlussanträgen zuvor dargelegten Erwägungen.

122. Im Ergebnis bin ich der Ansicht, dass die Argumentation des Gerichts in den Rn. 101 bis 118 des angefochtenen Urteils frei von Rechtsfehlern ist. Das Gericht hat zu Recht entschieden, dass die Tragweite des Urteils PreussenElektra nicht auf Fälle beschränkt sei, in denen der Staat durch die Regulierung des Marktpreises einer Transaktion eingreife, sondern auch Situationen umfasse, in denen der Staat eine direkte Zahlungsverpflichtung zwischen privaten Parteien auferlege, die unabhängig von einem Vertragsverhältnis sei.

123. Ich möchte jedoch klarstellen, dass ich mir durchaus bewusst bin, dass es im Schrifttum eine Debatte über die Tragweite des Urteils PreussenElektra gibt(45). Mir entgeht nicht, dass ein weites Verständnis dieser Tragweite bisweilen zu einer Diskrepanz zwischen der rechtlichen und der wirtschaftlichen Realität führt, die unbefriedigend erscheinen mag. Insoweit ist es legitim, sich die Frage zu stellen, ob letztlich, wenn die Voraussetzung der „staatlichen Mittel“ von einer doppelten Voraussetzung – der Zurechenbarkeit und der Inanspruchnahme staatlicher Mittel – abhängig gemacht wird, eine übermäßige Anzahl nationaler Maßnahmen von dem Verbot der Gewährung staatlicher Beihilfen ausgenommen wird(46).

124. Mit ihrem Rechtsmittel macht die Kommission im Wesentlichen geltend, dass der Gerichtshof den Grad des staatlichen Einflusses auf die unternehmerische Freiheit berücksichtigen müsse. Auch wenn man diesen Ansatz teilen kann, so scheint er im vorliegenden Fall nicht zielführend zu sein. Dies würde nämlich bedeuten, dass man einen Paradigmenwechsel bei der Beurteilung der Frage verlangt, ob die durch die nationale Gesetzgebung vorgeschriebenen Mittelübertragungen staatlicher Natur sind oder nicht. Wie ich in diesen Schlussanträgen aufzuzeigen versucht habe, bezieht sich das in der Rechtsprechung des Gerichtshofs angewandte rechtliche Kriterium auf den Einfluss des Staates auf die Verwaltung privater Mittel sowie auf deren Bestimmung und nicht allgemein auf die wirtschaftliche Freiheit dieser Unternehmen. Ich bin folglich der Ansicht, dass in der Argumentation des Gerichts in den Rn. 101 bis 118 des angefochtenen Urteils somit kein Rechtsfehler festgestellt werden kann.

125. Angesichts der vorstehenden Ausführungen ist meiner Ansicht nach auch der zweite Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes zurückzuweisen.

126. Ich schlage folglich vor, das Rechtsmittel in vollem Umfang zurückzuweisen.

 Kosten

127. Gemäß Art. 184 Abs. 2 seiner Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn er das Rechtsmittel zurückweist.

128. Gemäß Art. 138 Abs. 1 und 2 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Bundesrepublik Deutschland einen entsprechenden Antrag gestellt hat und die Kommission mit ihren Anträgen unterlegen ist, sind ihr ihre eigenen Kosten sowie die Kosten der Bundesrepublik Deutschland aufzuerlegen.

 Ergebnis

129. Auf der Grundlage der vorstehenden Erwägungen schlage ich dem Gerichtshof vor, wie folgt zu entscheiden:

1.      Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2.       Die Europäische Kommission trägt ihre eigenen Kosten sowie die Kosten der Bundesrepublik Deutschland.
















































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