C-209/24 P – VP/ Cedefop

C-209/24 P – VP/ Cedefop

CURIA – Documents

Language of document : ECLI:EU:C:2025:443

Vorläufige Fassung

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

ATHANASIOS RANTOS

vom 12. Juni 2025(1)

Rechtssache C209/24 P

VP

gegen

Europäisches Zentrum für die Förderung der Berufsbildung (Cedefop)

„ Rechtsmittel – Öffentlicher Dienst – Bediensteter auf Zeit – Ablehnung der unbefristeten Verlängerung des Vertrags als Bediensteter auf Zeit – Art. 266 AEUV – Maßnahmen, die sich aus einem Aufhebungsurteil des Gerichts ergeben – Verfälschung von Beweismitteln – Verfahrensordnung des Gerichtshofs – Art. 151 Abs. 1 – Schutz der Vertraulichkeit der Kommunikation zwischen Rechtsanwälten“

 Einleitung

1.        Mit ihrem Rechtsmittel beantragt VP die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 7. Februar 2024, VP/Cedefop (T‑563/22, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2024:72), mit dem dieses ihre Klage zum einen auf Aufhebung der Entscheidung des Exekutivdirektors des Europäischen Zentrums für die Förderung der Berufsbildung (Cedefop) vom 17. Dezember 2021 (im Folgenden: streitige Entscheidung) und der Entscheidung des Beschwerdeausschusses des Cedefop vom 17. Juni 2022 (im Folgenden: Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde) sowie zum anderen auf Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 5 000 000 Euro als Ausgleich für den immateriellen Schaden, der ihr entstanden sein soll, abgewiesen hat.

2.        Die streitige Entscheidung und die Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde wurden vom Cedefop im Anschluss an das Urteil des Gerichts vom 16. Dezember 2020, VP/Cedefop (T‑187/18, im Folgenden: Aufhebungsurteil, EU:T:2020:613), erlassen, mit dem u. a. die Entscheidungen aufgehoben wurden, mit denen das Cedefop einen Antrag von VP auf Verlängerung ihres Vertrags als Bedienstete auf Zeit bei dieser Agentur abgelehnt hatte.

3.        Entsprechend dem Ersuchen des Gerichtshofs konzentrieren sich die vorliegenden Schlussanträge zum einen auf den ersten Rechtsmittelgrund, mit dem ein Verstoß gegen Art. 266 AEUV sowie ein offensichtlicher Beurteilungsfehler gerügt werden, weil das Gericht die Beweise hinsichtlich der Umsetzung des Aufhebungsurteils verfälscht habe, und zum anderen auf den Antrag des Cedefop, ein Dokument, das einen Schriftwechsel zwischen zwei Anwälten enthält, aus den Verfahrensakten zu entfernen.

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

4.        Am 16. November 2007 wurde VP vom Cedefop mit einem befristeten Vertrag, der bis zum 15. November 2017 verlängert wurde, als Bedienstete auf Zeit eingestellt, um die Aufgaben einer juristischen Beraterin wahrzunehmen. Vor dem letztgenannten Zeitpunkt stellte sie beim Exekutivdirektor des Cedefop einen Antrag auf unbefristete Verlängerung ihres Vertrags ab dem 16. November 2017(2), der mit Entscheidung des Direktors vom 12. Mai 2017 abgelehnt wurde. VP legte gegen diese Entscheidung Beschwerde ein, die mit Entscheidung des Beschwerdeausschusses des Cedefop (im Folgenden: Beschwerdeausschuss) vom 1. Dezember 2017 zurückgewiesen wurde, und erhob anschließend Klage beim Gericht.

5.        Mit dem Aufhebungsurteil hob das Gericht erstens die Entscheidungen vom 12. Mai und 1. Dezember 2017(3) auf, verurteilte zweitens das Cedefop zur Zahlung eines Betrags in Höhe von 30 000 Euro als Ersatz des VP entstandenen materiellen Schadens sowie eines Betrags in Höhe von 10 000 Euro als Ersatz des ihr entstandenen immateriellen Schadens, wies drittens die Klage im Übrigen ab und legte viertens dem Cedefop die Kosten auf.

6.        Am 8. Januar 2021 stellte VP beim neuen Exekutivdirektor des Cedefop einen Antrag auf Durchführung dieses Urteils durch Verlängerung ihres Vertrags. Nach einer ersten Entscheidung(4), die vom Beschwerdeausschuss aufgehoben wurde(5), teilte ihr der neue Direktor, nachdem er sie zur Stellungnahme aufgefordert hatte(6), mit der streitigen Entscheidung mit, dass keine zusätzlichen Maßnahmen zur Durchführung dieses Urteils zu ergreifen seien, da das Cedefop alle Beträge, deren Zahlung das Gericht im Aufhebungsurteil angeordnet habe, gezahlt habe. Eine von VP am 3. März 2022 gegen diese Entscheidung eingelegte Beschwerde wurde mit der Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde zurückgewiesen.

 Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

7.        Mit Klageschrift, die am 2. September 2022 bei der Kanzlei des Gerichts einging, beantragte VP erstens die Aufhebung der streitigen Entscheidung einschließlich der damit zusammenhängenden und untrennbar verbundenen Entscheidung, ihren Arbeitsvertrag nicht unbefristet zu verlängern, sowie der Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde, zweitens den Ersatz des ihr aufgrund dieser Entscheidungen entstandenen immateriellen Schadens und drittens, dem Cedefop die Kosten aufzuerlegen.

8.        VP machte fünf Klagegründe geltend(7), von denen der erste von ihr in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen wurde, während die übrigen vier vom Gericht mit dem angefochtenen Urteil zurückgewiesen wurden.

9.        Was insbesondere den zweiten Klagegrund anbelangt, mit dem ein Verstoß gegen Art. 266 AEUV und ein offensichtlicher Beurteilungsfehler gerügt wurden, hat das Gericht zunächst in Rn. 36 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass die Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde die Begründung der streitigen Entscheidung ergänze, da sie die Ablehnung der Verlängerung des Vertrags von VP nicht nur auf die in dieser Entscheidung dargelegten Erwägungen, sondern auch auf Erwägungen im Zusammenhang mit der internen Arbeitsweise des Cedefop stütze, wie sie in Rn. 37 des angefochtenen Urteils zusammengefasst seien.

10.      Sodann hat das Gericht in Rn. 38 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass das Cedefop seiner Verpflichtung nachgekommen sei, das Verfahren zur Prüfung des Antrags von VP auf Verlängerung des Vertrags wiederaufzunehmen und eine neue Entscheidung zu erlassen, die die Entscheidung vom 12. Mai 2017 ersetze(8), da das Cedefop, wie sich aus der Begründung der Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde ergebe, im Stadium der Prüfung der Beschwerde von VP der Ansicht gewesen sei, dass VP aus Gründen der internen Organisation dieser Agentur nicht wiedereinzugliedern sei. Darüber hinaus hat das Gericht in Rn. 41 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass sich die Gründe, auf die sich die erneute Ablehnung des Antrags von VP auf Vertragsverlängerung stütze, von denen unterschieden, die der Entscheidung vom 12. Mai 2017 zugrunde gelegen hätten.

11.      Schließlich hat das Gericht in den Rn. 43 und 44 des angefochtenen Urteils zum einen entschieden, dass VP die Stichhaltigkeit des auf die Änderung der internen Organisation des Cedefop gestützten Grundes nicht bestritten habe, und zum anderen, dass dieser Grund für sich genommen ausreiche, um die Entscheidung, ihren Vertrag nicht zu verlängern, zu rechtfertigen. Das Gericht ist daher in Rn. 46 des angefochtenen Urteils zu dem Ergebnis gelangt, dass das Vorbringen, mit dem VP die Stichhaltigkeit der Begründung in Abrede stelle, wonach keine Maßnahmen im Anschluss an das Aufhebungsurteil zu ergreifen seien, da die Zahlung der in diesem Urteil vorgesehenen Entschädigungen ausreiche, um dessen ordnungsgemäße Durchführung zu gewährleisten, als ins Leere gehend zurückzuweisen sei.

 Verfahren vor dem Gerichtshof und Anträge der Parteien

12.      Am 17. März 2024 hat VP ein Rechtsmittel gegen das angefochtene Urteil eingelegt. Sie beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben, das Cedefop zum Ersatz des ihr angeblich entstandenen immateriellen Schadens zu verurteilen, der nach billigem Ermessen auf 5 000 000 Euro beziffert wird, und dem Cedefop die Kosten sowohl des Rechtsmittelverfahrens als auch des Verfahrens vor dem Gericht aufzuerlegen.

13.      Das Cedefop beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen, die Anlage C.1 aus den Akten zu entfernen und VP die Kosten aufzuerlegen.

 Würdigung

14.      Wie ich in der Einleitung der vorliegenden Schlussanträge ausgeführt habe, wird sich meine Würdigung auf den ersten der neun von VP geltend gemachten Rechtsmittelgründe, mit dem eine Verfälschung des Akteninhalts(9) gerügt wird, sowie auf den Antrag des Cedefop, die Anlage C.1 aus den Akten zu entfernen, konzentrieren.

 Zum ersten Rechtsmittelgrund

15.      Mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund weist VP zunächst darauf hin, dass das Gericht in Rn. 38 des angefochtenen Urteils ihrem zweiten Klagegrund stattgegeben habe, indem es anerkannt habe, dass das Cedefop verpflichtet gewesen sei, in Durchführung des Aufhebungsurteils eine Ersatzentscheidung zu erlassen(10), und wirft dem Gericht vor, die Beweismittel, insbesondere die Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde, verfälscht zu haben. Das Gericht habe in den Rn. 22 und 34 bis 38 des angefochtenen Urteils zu Unrecht angenommen, dass die streitige Entscheidung und die Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde das Aufhebungsurteil umsetzten, indem sie die Entscheidungen vom 12. Mai und 1. Dezember 2017 ersetzten.

16.      In den folgenden Ausführungen werde ich zunächst die relevanten Aspekte der vom Gericht vorgenommenen Beurteilung in Erinnerung rufen, bevor ich das Vorliegen der von VP behaupteten Verfälschung der Beweismittel prüfe.

 Zur Beurteilung durch das Gericht

17.      Wie sich aus dem Tenor des Aufhebungsurteils ergibt, hat das Gericht die Entscheidungen vom 12. Mai und 1. Dezember 2017 aufgehoben, das Cedefop zum Ersatz des VP entstandenen materiellen und immateriellen Schadens verurteilt und die Klage „im Übrigen“ abgewiesen. Abgesehen von der Verurteilung zum Ersatz des materiellen und immateriellen Schadens hat das Gericht keine weiteren Angaben zu etwaigen weiteren Maßnahmen gemacht, die das Cedefop zu ergreifen hatte.

18.      Im Anschluss an dieses Aufhebungsurteil erließ das Cedefop die streitige Entscheidung und auf die Beschwerde von VP hin die Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde. Diese beiden Entscheidungen sind Gegenstand des angefochtenen Urteils.

19.      In Rn. 34 des angefochtenen Urteils hat das Gericht ausgeführt, dass das Cedefop in Durchführung des Aufhebungsurteils verpflichtet gewesen sei, den Antrag von VP auf Vertragsverlängerung erneut zu prüfen und unter Beachtung des Tenors dieses Urteils und der ihn tragenden Gründe eine die Entscheidung vom 12. Mai 2017 ersetzende neue Entscheidung zu erlassen. Nach dieser Klarstellung hat das Gericht in Rn. 47 des angefochtenen Urteils entschieden, VP könne nicht mit Erfolg geltend machen, dass das Cedefop gegen Art. 266 AEUV verstoßen und einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen habe, indem es entschieden habe, ihren Arbeitsvertrag nicht zu verlängern. Das Gericht ist auf der Grundlage der beiden folgenden Gründe zu diesem Ergebnis gelangt.

20.      Erstens hat das Gericht in Rn. 38 dieses Urteils im Wesentlichen festgestellt, dass das Cedefop der von VP geltend gemachten Verpflichtung nachgekommen sei, das Verfahren bezüglich des Verlängerungsantrags wiederaufzunehmen und eine neue Entscheidung zu erlassen(11). Zum einen hat es in Rn. 35 dieses Urteils festgestellt, dass der Exekutivdirektor des Cedefop in der streitigen Entscheidung davon ausgegangen sei, dass er über die Zahlung der VP durch das Aufhebungsurteil zugesprochenen Entschädigungen hinaus „nicht verpflichtet war, zusätzliche Durchführungsmaßnahmen zu ergreifen“. Zum anderen hat es in den Rn. 36 und 37 dieses Urteils ausgeführt, dass der Beschwerdeausschuss mit der Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde „die Gründe“ der streitigen Entscheidung „ergänzt“ habe, „indem er die Ablehnung der Vertragsverlängerung auch auf Erwägungen im Zusammenhang mit der internen Arbeitsweise des Cedefop“ und insbesondere darauf gestützt habe, dass das Cedefop „beabsichtigte, die Art und Weise, in der der juristische Funktionsbereich innerhalb der Agentur wahrgenommen wurde, … umzustrukturieren, ohne zu beabsichtigen, Personen wieder in ihre Position einzusetzen oder frühere Arbeitsorganisationen wieder einzuführen“(12).

21.      Zweitens hat das Gericht in den Rn. 39 bis 43 dieses Urteils festgestellt, dass das Cedefop nicht verpflichtet gewesen sei, den Vertrag von VP zu verlängern, da ein Bediensteter auf Zeit keinen Anspruch auf Verlängerung seines Vertrags habe, und dass VP, was das Argument betreffe, dass ihre Wiedereingliederung in ihre Stelle mit dem dienstlichen Interesse im Einklang stehe, die Stichhaltigkeit des aus der Änderung der internen Organisation des Cedefop hergeleiteten Grundes nicht spezifisch bestritten habe(13). In Rn. 46 dieses Urteils hat das Gericht jedoch festgestellt, dass das Vorbringen des Cedefop, es seien keine weiteren Maßnahmen zur Umsetzung des Aufhebungsurteils erforderlich, ins Leere gehe, da diese Agentur in der streitigen Entscheidung, die im Lichte der in der Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde enthaltenen Begründung zu beurteilen sei, über den Antrag auf Vertragsverlängerung befunden habe(14).

22.      Ich komme daher zu dem Ergebnis, dass das Gericht im angefochtenen Urteil die Zurückweisung des zweiten Klagegrundes ausschließlich auf den in Nr. 20 der vorliegenden Schlussanträge zusammengefassten Grund gestützt hat, der auf der „Änderung der internen Organisation des Cedefop“ und insbesondere auf der Erwägung beruhte, dass diese Agentur „beabsichtigte, ihre interne Organisation zu ändern und die Art und Weise, in der der juristische Funktionsbereich innerhalb der Agentur wahrgenommen wurde, umzustrukturieren“.

23.      Nach dieser Klarstellung ist zu prüfen, ob das Gericht, wie VP geltend macht, mit seiner Feststellung, dass das Cedefop das Aufhebungsurteil ordnungsgemäß durchgeführt habe, die Beweismittel und insbesondere die Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde verfälscht hat.

 Zur Verfälschung der Beweismittel

24.      VP macht geltend, das Cedefop habe bis September 2023 stets geltend gemacht, es sei keine Entscheidung über die Durchführung des Aufhebungsurteils erforderlich und auch keine solche Entscheidung erlassen worden(15), während das Gericht im angefochtenen Urteil auf der Grundlage einer Tatsachenverfälschung davon ausgegangen sei, dass eine Ersatzentscheidung für die aufgehobenen Entscheidungen vom 12. Mai und 1. Dezember 2017 erlassen worden sei, da es der Ansicht gewesen sei, dass die Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde eine solche Ersatzentscheidung darstelle. Das Cedefop entgegnet, dass es, obwohl es nicht dazu verpflichtet gewesen sei, den Antrag von VP auf Vertragsverlängerung erneut geprüft und nach dieser erneuten Prüfung abgelehnt habe. In der Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde habe der Beschwerdeausschuss nämlich in erster Linie festgestellt, dass das Cedefop nicht notwendigerweise verpflichtet sei, den Antrag auf Vertragsverlängerung erneut zu prüfen, und hilfsweise, dass er diesen Antrag dennoch geprüft (und abgelehnt) habe.

25.      Insoweit weise ich darauf hin, dass nach Art. 266 Abs. 1 AEUV das Organ, dem das für nichtig erklärte Handeln zur Last fällt, die sich aus dem Urteil, mit dem dieses Handeln für nichtig erklärt wird, ergebenden Maßnahmen zu ergreifen hat(16).

26.      Darüber hinaus ergibt sich nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs aus Art. 256 Abs. 1 Unterabs. 2 AEUV und Art. 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs, dass allein das Gericht zum einen für die Feststellung der Tatsachen – sofern sich nicht aus den Prozessakten ergibt, dass seine Feststellungen tatsächlich falsch sind – und zum anderen für deren Würdigung zuständig ist. Daher ist die Tatsachenwürdigung, sofern die dem Gericht vorgelegten Beweise nicht verfälscht wurden, folglich keine Rechtsfrage, die als solche der Kontrolle des Gerichtshofs unterliegt(17). Eine solche Verfälschung liegt vor, wenn ohne Erhebung neuer Beweise die Würdigung der vorhandenen Beweise offensichtlich unzutreffend ist oder ihrem Wortlaut offensichtlich widerspricht. Diese Verfälschung muss sich jedoch in offensichtlicher Weise aus den Prozessakten ergeben, ohne dass es einer erneuten Würdigung der Tatsachen und Beweise bedarf. Außerdem muss ein Rechtsmittelführer, der eine Verfälschung von Beweisen behauptet, genau angeben, welche Beweise das Gericht verfälscht haben soll, und die Beurteilungsfehler darlegen, die das Gericht seines Erachtens zu dieser Verfälschung veranlasst haben(18).

27.      Im vorliegenden Fall hat das Cedefop im Anschluss an das Aufhebungsurteil die streitige Entscheidung erlassen, die später durch die Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde bestätigt wurde, wobei diese, wie das Gericht in Rn. 38 des angefochtenen Urteils betont, auch für die Prüfung der Rechtmäßigkeit der streitigen Entscheidung relevant ist.

28.      Ich bin der Ansicht, dass das Cedefop damit das Aufhebungsurteil gemäß Art. 266 AEUV durchgeführt und seiner Verpflichtung nachgekommen ist, auf den Antrag und die spätere Beschwerde von VP zu antworten. In diesem Zusammenhang verwechselt VP in ihrem Vorbringen offenbar zwei verschiedene Aspekte miteinander: Zum einen die Frage des Vorliegens einer Entscheidung zur Umsetzung des Aufhebungsurteils und zum anderen die Begründetheit der Entscheidung, mit der das Cedefop das Aufhebungsurteil seines Erachtens durchgeführt hat (nämlich die streitige Entscheidung, ergänzt durch die Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde).

29.      Dennoch ist zu prüfen, ob das Gericht, wie VP geltend macht, mit seiner Feststellung, dass das Cedefop dieses Urteil tatsächlich durchgeführt habe, die Beweismittel und insbesondere die Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde verfälscht hat.

30.      Insoweit stelle ich erstens fest, dass der Exekutivdirektor des Cedefop mit der streitigen Entscheidung auf den Antrag von VP auf Durchführung des Aufhebungsurteils geantwortet und im Wesentlichen darauf hingewiesen hat, dass die Auswirkungen der vom Gericht im Aufhebungsurteil festgestellten Rechtswidrigkeit durch die Zahlung der vom Gericht angeordneten Entschädigung beseitigt worden seien.

31.      Zweitens weise ich darauf hin, dass der Beschwerdeausschuss in der Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde u. a. den Klagegrund eines Verstoßes des Cedefop gegen Art. 266 AEUV geprüft hat. Insbesondere hat das Cedefop auf den Seiten 16 und 17 dieser Entscheidung das Vorbringen zu den „Gründen [des Aufhebungsurteils] betreffend die Abschaffung des Juristischen Dienstes und die Nichtverlängerung des Vertrags [von VP]“ zurückgewiesen(19). Dieser Teil der Entscheidung besteht im Wesentlichen aus drei Argumenten, mit denen der Beschwerdeausschuss Folgendes geltend gemacht hat:

–        Zunächst, dass das Gericht den Ersatz des gesamten materiellen und immateriellen Schadens nach billigem Ermessen festgesetzt habe, wobei berücksichtigt worden sei, dass VP aufgrund der festgestellten Unregelmäßigkeiten „eine Chance verloren“ habe, dass ihr Vertrag verlängert werde(20), und dass das Gericht nicht zur Frage der Wiederherstellung des internen Juristischen Dienstes des Cedefop Stellung genommen habe und auch nicht habe Stellung nehmen können(21);

–        sodann, dass die Entscheidung, innerhalb des Cedefop die Stelle eines internen juristischen Beraters einzurichten(22), vom Exekutivdirektor getroffen und vom Exekutivausschuss unterstützt worden sei(23), und dass diese Entscheidung in keinem Zusammenhang mit – erstens – der besonderen Situation von VP, – zweitens – der Prüfung, auf der die Entscheidung des ehemaligen Direktors, ihren Vertrag nicht zu verlängern, beruhe, und – drittens – dem Aufhebungsurteil stehe;

–        schließlich, dass das Cedefop auf der Grundlage einer gründlichen und transparenten Bewertung des Status quo beabsichtigt habe, die Art und Weise, in der der juristische Funktionsbereich innerhalb der Agentur wahrgenommen wurde, zur Minderung der festgestellten Risiken umzustrukturieren, ohne zu beabsichtigen, Personen wieder in ihre Position einzusetzen oder frühere Arbeitsorganisationen wiedereinzuführen.

32.      Drittens und letztens weise ich darauf hin, dass das Gericht in Rn. 18 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, dass „der Exekutivdirektor des Cedefop [mit der streitigen Entscheidung] notwendigerweise entschieden hat, dass der Arbeitsvertrag [von VP] nicht zu verlängern sei“, und in Rn. 38 dieses Urteils ausgeführt hat, dass das Cedefop mit der Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde – die nach seiner Beurteilung in Rn. 22 dieses Urteils die Begründung der streitigen Entscheidung ergänze – den Antrag auf Vertragsverlängerung „auf der Grundlage von Erwägungen im Zusammenhang mit der internen Organisation dieser Agentur“ geprüft und abgelehnt habe(24).

33.      In diesem Zusammenhang ist zu prüfen, ob das Gericht im angefochtenen Urteil mit der Feststellung, dass der Beschwerdeausschuss mit der Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde einen zusätzlichen Grund für die Ablehnung des Antrags von VP hinzugefügt habe, Beweismittel verfälscht hat. Diese Prüfung betrifft im Wesentlichen die Auslegung des in Nr. 31 der vorliegenden Schlussanträge dargelegten dritten Arguments, wonach der Beschwerdeausschuss darauf hingewiesen habe, dass die interne Umstrukturierung des Cedefop und insbesondere die Umstrukturierung seines Juristischen Dienstes keine Absicht impliziere, Personen wieder in ihre Position einzusetzen oder frühere Arbeitsorganisationen wieder einzuführen(25).

34.      Insoweit ist zwar nicht offensichtlich, dass der Beschwerdeausschuss mit diesem Vorbringen die Ablehnung der Verlängerung des Vertrags von VP auch damit begründen wollte, dass er sich auf einen die Begründung der streitigen Entscheidung ergänzenden Grund stützte, nämlich – wie das Gericht in Rn. 38 dieses Urteils feststellt – auf „Erwägungen im Zusammenhang mit der internen Organisation dieser Agentur“(26). Jedoch kann nicht ausgeschlossen werden, dass diese Passage als implizite Ablehnung des Antrags von VP auf Vertragsverlängerung verstanden werden kann. Mit der Feststellung, dass die Agentur aus Gründen, die nichts mit der persönlichen Situation von VP zu tun hatten und mit der internen Organisation des Juristischen Dienstes zusammenhingen, nicht beabsichtigt habe, „Personen wieder in ihre Position einzusetzen oder frühere Arbeitsorganisationen wieder einzuführen“, konnte sich der Beschwerdeausschuss nämlich nur – implizit – auf das Fehlen der Notwendigkeit zur Verlängerung des Vertrags von VP beziehen, was eine subsidiäre Begründung darstellt, die sich von der einzigen Begründung der streitigen Entscheidung unterscheidet, in der lediglich festgestellt wurde, dass das Cedefop nicht verpflichtet gewesen sei, weitere Maßnahmen zur Durchführung des Aufhebungsurteils zu ergreifen.

35.      Angesichts dieser zumindest vertretbaren Möglichkeit bin ich daher der Ansicht, dass die notwendigen Voraussetzungen für die Feststellung einer Verfälschung der Beweismittel, wie sie in Nr. 26 der vorliegenden Schlussanträge zusammengefasst sind, nicht erfüllt sind, und insbesondere, dass die vom Gericht vorgenommene Würdigung der Beweismittel, nämlich der Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde, dem Wortlaut dieser Entscheidung nicht offensichtlich widerspricht.

36.      Falls der Gerichtshof dieser Auslegung folgten sollte, wäre der erste Rechtsmittelgrund daher zurückzuweisen.

37.      Sollte der Gerichtshof hingegen der Auffassung sein, dass die Begründung des Gerichts mit einer Verfälschung von Beweismitteln behaftet ist, wäre dem ersten Rechtsmittelgrund stattzugeben und das angefochtene Urteil demzufolge aufzuheben. Wie aus den Rn. 37, 43 und 44 dieses Urteils hervorgeht, hat sich das Gericht bei der Abweisung der Klage nämlich ausschließlich auf die Begründung der streitigen Entscheidungen gestützt, die auf der Änderung der internen Organisation des Cedefop beruht(27). Für diesen Fall ist zu prüfen, ob der Gerichtshof über die Klage entscheiden kann, worauf in den folgenden Nummern der vorliegenden Schlussanträge eingegangen wird.

 Zur Klage

38.      Nach Art. 61 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union kann der Gerichtshof, wenn er die Entscheidung des Gerichts aufhebt, den Rechtsstreit selbst endgültig entscheiden, wenn dieser zur Entscheidung reif ist.

39.      Sollte der Gerichtshof zu der Auffassung gelangen, dass das angefochtene Urteil aufzuheben ist, wäre dies meines Erachtens in der vorliegenden Rechtssache gegeben. In diesem Fall verfügte der Gerichtshof nämlich über alle erforderlichen Angaben, um über den zweiten Klagegrund zu entscheiden, mit dem ein Verstoß gegen Art. 266 AEUV und ein offensichtlicher Beurteilungsfehler gerügt werden(28).

40.      VP bringt mit diesem Klagegrund im Wesentlichen zwei Argumente vor. Erstens macht sie geltend, das Cedefop hätte in Durchführung des Aufhebungsurteils das Verfahren zur Prüfung des Antrags auf Verlängerung ihres Vertrags wiederaufnehmen und eine neue Entscheidung erlassen müssen, die die streitige Entscheidung ersetze, und zweitens, dass die Verlängerung dieses Vertrags die einzig denkbare Maßnahme sei, um den im Aufhebungsurteil festgestellten Rechtsverstößen abzuhelfen.

41.      Zum ersten Argument weise ich darauf hin, dass sich aus Art. 266 Abs. 1 AEUV ergibt, dass das Organ, dem das für nichtig erklärte Handeln zur Last fällt, die sich aus dem Urteil, mit dem dieses Handeln für nichtig erklärt wird, ergebenden Maßnahmen zu ergreifen hat, und dass das Cedefop im Anschluss an das Aufhebungsurteil die sich aus diesem Urteil ergebenden Maßnahmen zu ergreifen(29) und, wie das Gericht in Rn. 34 des angefochtenen Urteils selbst einräumt, einen neuen, die Entscheidung vom 12. Mai 2017 ersetzenden Rechtsakt zu erlassen hatte.

42.      Im Anschluss an das Aufhebungsurteil erließ das Cedefop die streitige Entscheidung, die durch die Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde bestätigt wurde. Auch wenn die Agentur mit der streitigen Entscheidung den Antrag von VP auf Vertragsverlängerung nicht erneut geprüft hat, hat sie ihr dennoch geantwortet, dass sie keine andere Maßnahme als die Zahlung der Entschädigung, zu der sie vom Gericht verurteilt worden sei, zu ergreifen habe, was letztlich implizit zu der Schlussfolgerung führte, dass der Arbeitsvertrag von VP nicht zu verlängern sei(30).

43.      In seiner Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde hat der Beschwerdeausschuss diese Begründung bestätigt und dabei insbesondere betont, dass die vom Gericht in seinem Aufhebungsurteil angeordnete Entschädigung – die VP selbst als Ausgleich für den durch die Nichtverlängerung ihres Vertrags entstandenen materiellen Schaden beantragt habe – einen „angemessenen Ersatz für den gesamten von [ihr] erlittenen materiellen Schaden“ darstelle, wie das Gericht in Rn. 201 des Aufhebungsurteils festgestellt hatte.

44.      Im Licht dieser Gesichtspunkte bin ich der Ansicht, dass das Cedefop mit der streitigen Entscheidung, wie sie durch die Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde bestätigt wurde, den Antrag von VP auf Verlängerung des Vertrags implizit neu bewertet hat, indem es davon ausgegangen ist, dass es keine andere Maßnahme als die Zahlung der Entschädigung zu ergreifen habe, zu der es vom Gericht verurteilt worden sei.

45.      Zum zweiten Argument stelle ich fest, dass ein Bediensteter auf Zeit, wie das Gericht in den Rn. 25, 26 und 41 des angefochtenen Urteils hervorhebt, keinen Anspruch auf Verlängerung seines Vertrags hat, da es sich bei der Möglichkeit, diesen Vertrag zu verlängern, um eine bloße Möglichkeit handelt, die dem Ermessen der zuständigen Behörde überlassen ist, und die Organe bei der Organisation ihrer Dienststellen über ein weites Ermessen verfügen(31). Diese Erwägungen gelten umso mehr, wenn es darum geht, einen befristeten Vertrag durch einen unbefristeten Vertrag zu ersetzen, der eine stabilere und zeitlich unbegrenzte Verbindung zwischen dem Organ und dem betreffenden Bediensteten herstellt(32). Daraus folgt, dass sich die Durchführung des Aufhebungsurteils nicht zwangsläufig in einer Verlängerung des Vertrags von VP konkretisieren musste(33).

46.      Unabhängig von der Begründetheit seiner Antwort, die Gegenstand der anderen Rechtsmittelgründe(34) ist, bin ich daher der Ansicht, dass das Cedefop die gemäß Art. 266 AEUV erforderlichen Maßnahmen zur Umsetzung des Aufhebungsurteils ergriffen hat.

47.      Für den Fall, dass der Gerichtshof dem ersten Rechtsmittelgrund stattgeben und folglich endgültig über die Klage entscheiden sollte, schlage ich daher vor, den zweiten Klagegrund zurückzuweisen.

 Zum Antrag, die Anlage C.1 aus den Akten zu entfernen

48.      Mit seiner Rechtsmittelbeantwortung beantragt das Cedefop beim Gerichtshof gemäß Art. 151 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs, die Anlage C.1 zur Rechtsmittelschrift aus den Akten zu entfernen. Diese Anlage enthält einen Schriftwechsel zwischen VP, ihrer ehemaligen Rechtsberaterin und einem Dritten, der den – mittels „Copy-Paste“ eingefügten – Inhalt einer am 2. April 2021 vom Anwalt des Cedefop an die ehemalige Rechtsberaterin von VP gesandten E‑Mail betreffend die Möglichkeit umfasste, zwischen den Parteien Gespräche im Hinblick auf eine gütliche Beilegung der Streitigkeit aufzunehmen(35). Das Cedefop macht im Wesentlichen geltend, dass die in Rede stehende Korrespondenz gemäß der belgischen Berufsordnung für Rechtsanwälte unter die Vertraulichkeit der Kommunikation zwischen Rechtsanwälten falle. Weder VP noch ihr derzeitiger Berater seien Adressaten der streitigen E‑Mail. VP macht zum einen geltend, dass die in dieser Berufsordnung vorgesehene Vertraulichkeit eine interne Regel der Anwaltskammer Brüssel (Belgien) darstelle, die sie nicht binde, und zum anderen, dass diese Korrespondenz ein entscheidendes Beweismittel zur Untermauerung ihres Standpunkts sei(36).

49.      Vorab weise ich darauf hin, dass das Unionsrecht keine spezielle Regelung für die Verwendung von Beweisen vorsieht. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs gilt insoweit der Grundsatz der freien Beweiswürdigung, aus dem folgt, dass die Zulässigkeit eines rechtzeitig vorgelegten Beweismittels vor den Unionsgerichten nur mit der Begründung in Frage gestellt werden kann, dass es unrechtmäßig erlangt worden sei(37). Insbesondere müssen bei Vorliegen von Beweisen, die von einer Partei in unrechtmäßiger Weise vorgelegt wurden, die Interessen der jeweiligen Parteien des Verfahrens in Verbindung mit ihrem Recht auf ein faires Verfahren miteinander abgewogen werden, wobei die Interessen zu berücksichtigen sind, die durch diejenigen Vorschriften geschützt werden, die bei Erlangung dieser Beweise verletzt oder umgangen worden sind(38). Daraus ergibt sich, dass das Unionsgericht, bei dem ein Antrag auf Entfernung von Beweismitteln gestellt worden ist, abzuwägen hat zwischen den Interessen des Klägers, der diese Beweise vorgelegt hat, und dabei deren Nutzen für die Beurteilung der Begründetheit der bei ihm erhobenen Klage zu berücksichtigen hat, und den Interessen der Gegenpartei, die konkret und tatsächlich beeinträchtigt werden könnten, wenn die Beweismittel in den Akten belassen würden(39).

50.      Was die vorliegende Situation betrifft, weise ich ferner darauf hin, dass der Gerichtshof das Recht auf Wahrung der Vertraulichkeit des Schriftverkehrs zwischen dem Rechtsanwalt und seinem Mandanten zwar seit Langem anerkannt hat(40), insbesondere als Ausdruck der Grundsätze des Rechts auf ein faires Verfahren und der Achtung des Privatlebens, wie sie in den Art. 47 und 7 der Charta(41) bzw. in den Art. 6 und 8 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden: EMRK) verankert sind(42).

51.      Allerdings erstreckt sich der Schutz der Vertraulichkeit der Kommunikation zwischen einem Rechtsanwalt und seinem Mandanten – der im Übrigen hauptsächlich der Wahrung der Interessen des Mandanten dient – meines Erachtens nicht unter allen Umständen auf die Korrespondenz zwischen Rechtsanwälten, es sei denn, diese Kommunikation ist Teil der Kommunikation zwischen Anwalt und Mandant(43). Der Schutz der Vertraulichkeit der Korrespondenz zwischen Anwälten wird auf nationaler Ebene nämlich in der Regel durch die von den zuständigen Anwaltskammern, gegebenenfalls im Auftrag des Gesetzgebers, festgelegten Standesregeln gewährleistet und ist nur für Rechtsanwälte verbindlich, die diesen Regeln unterliegen(44).

52.      Selbst wenn die ehemalige Rechtsanwältin von VP, wie das Cedefop geltend macht, im vorliegenden Fall gegen die Standesregeln der Anwaltskammer Brüssel verstoßen haben sollte(45), betrifft die sich aus diesem Verstoß ergebende Verantwortlichkeit nur diese Anwältin. Für sich genommen könnte ein solcher Verstoß – sein Vorliegen unterstellt – nicht dazu führen, dass VP verboten wird, Beweise vorzulegen, die sie nicht auf unrechtmäßige Weise erlangt hat(46).

53.      Diese Schlussfolgerung wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass es sich im vorliegenden Fall um einen Schriftwechsel handelte, in dem die Möglichkeit einer gütlichen Beilegung des Rechtsstreits erwogen wurde, da dieser Schriftwechsel jedenfalls keinen etwaigen Austausch vertraulicher Informationen über den Inhalt einer etwaigen gütlichen Beilegung des Rechtsstreits betraf, sondern lediglich die grundsätzliche Bereitschaft des Cedefop zur Aufnahme solcher Verhandlungen zum Ausdruck brachte(47). Im Übrigen betrifft die vom Cedefop angeführte Rechtsprechung den Zugang Dritter zu bestimmten Dokumenten, die von der Kommission im Rahmen einer Vertragsverletzungsklage erstellt wurden, und ist im vorliegenden Fall nicht einschlägig(48).

54.      Ich schlage daher vor, den Antrag des Cedefop, die Anlage C.1 aus den Akten zu entfernen, abzulehnen(49).

 Ergebnis

55.      Nach alldem schlage ich dem Gerichtshof vor,

–        das Rechtsmittel zurückzuweisen oder, für den Fall, dass der Gerichtshof dem ersten Rechtsmittelgrund stattgeben sollte, das Urteil des Gerichts der Europäischen Union vom 7. Februar 2024, VP/Cedefop (T‑563/22, EU:T:2024:72), aufzuheben und den zweiten von VP vor dem Gericht erhobenen Klagegrund zurückzuweisen;

–        den Antrag, die Anlage C.1 aus den Verfahrensakten zu entfernen, abzulehnen.



















































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