C-111/24 P – Khan/ Rat

C-111/24 P – Khan/ Rat

CURIA – Documents

Language of document : ECLI:EU:C:2025:413

Vorläufige Fassung

SCHLUSSANTRÄGE DER GENERALANWÄLTIN

LAILA MEDINA

vom 5. Juni 2025(1)

Rechtssache C111/24 P

German Khan

gegen

Rat der Europäischen Union

„ Rechtsmittel – Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik – Restriktive Maßnahmen angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen – Einfrieren von Geldern – Aufnahme des Namens des Rechtsmittelführers in die Liste der betroffenen Personen, Organisationen und Einrichtungen – Art. 2 Abs. 1 Buchst. g des Beschlusses 2014/145/GASP – Auslegung – Begriff ‚führende Geschäftsleute‘ – Bestimmtes persönliches Verhalten in Bezug auf einen Einfluss auf die Regierung der Russischen Föderation – Prüfung der Begründetheit der Klagegründe gegen alle Aufnahmekriterien durch das Gericht – Prozessökonomie – Wirksamer gerichtlicher Rechtsschutz – Recht auf Schutz des guten Rufs – Unerheblichkeit “

I.      Einleitung

1.        Die vorliegenden Schlussanträge betreffen ein von Herrn German Khan(2) eingelegtes Rechtsmittel, mit dem die Aufhebung des Urteils vom 29. November 2023, Khan/Rat (T‑333/22, EU:T:2023:758)(3), beantragt wird. Mit diesem Urteil hat das Gericht die Klage des Rechtsmittelführers abgewiesen, die dieser nach Art. 263 AEUV gegen den

–        Beschluss (GASP) 2022/429 des Rates vom 15. März 2022 zur Änderung des Beschlusses 2014/145/GASP über restriktive Maßnahmen angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen (ABl. 2022, L 87I, S. 44), und die Durchführungsverordnung (EU) 2022/427 vom 15. März 2022 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 269/2014 über restriktive Maßnahmen angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen (ABl. 2022, L 87I, S. 1)(4), und den

–        Beschluss (GASP) 2022/1530 des Rates vom 14. September 2022 zur Änderung des Beschlusses 2014/145/GASP über restriktive Maßnahmen angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen (ABl. 2022, L 239, S. 149), und die Durchführungsverordnung (EU) 2022/1529 des Rates vom 14. September 2022 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 269/2014 über restriktive Maßnahmen angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen (ABl. 2022, L 239, S. 1)(5),

erhoben hatte, soweit sein Name mit diesen Rechtsakten in die Listen in ihren Anhängen aufgenommen wurde. Mit diesen Rechtsakten wurden dem Rechtsmittelführer vom Rat der Europäischen Union die Einreise in und die Durchreise durch das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten verweigert sowie seine gesamten Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen in diesem Gebiet eingefroren.

2.        Die vorliegende Rechtssache betrifft eines der ersten beim Gerichtshof wegen der vom Rat 2022 erlassenen restriktiven Maßnahmen im Anschluss an die Invasion der Streitkräfte der Russischen Föderation in die Ukraine eingelegten Rechtsmittel(6). Sie gibt dem Gerichtshof, der als Große Kammer tagt, in erster Linie die Gelegenheit zur Festlegung der Auslegung des Kriteriums in Art. 1 Abs. 1 Buchst. e und Art. 2 Abs. 1 Buchst. g des Beschlusses 2014/145/GASP(7) in der durch den Beschluss (GASP) 2022/329(8) geänderten Fassung sowie in Art. 3 Abs. 1 Buchst. g der Verordnung (EU) Nr. 269/2014(9) in der durch die Verordnung (EU) 2022/330(10) geänderten Fassung. Dieses üblicherweise als „Kriterium g)“ bezeichnete Kriterium sieht die Aufnahme führender Geschäftsleute vor, die in Wirtschaftssektoren tätig sind, die eine wesentliche Einnahmequelle für die Regierung der Russischen Föderation darstellen.

3.        Der Rechtsmittelführer macht u. a. geltend, das Gericht habe Art. 2 Abs. 1 Buchst. g des Beschlusses 2014/145 in geänderter Fassung(11) fehlerhaft ausgelegt, soweit es im Wesentlichen davon ausgegangen sei, dass zur Erfüllung des darin enthaltenen Kriteriums weder erforderlich sei, dass der Rat ein bestimmtes Verhalten oder einen bestimmten Beitrag der in die Liste aufzunehmenden Person, insbesondere in Bezug auf einen Einfluss auf die Regierung der Russischen Föderation, darlege, noch, dass er eine Verbindung zum Regime dieses Landes nachweise. Das Gericht habe es zu Unrecht abgelehnt, die im ersten Rechtszug gegen seine Aufnahme nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. d des Beschlusses 2014/145 in geänderter Fassung geltend gemachten Klagegründe zu prüfen.

4.        Die vorliegende Rechtssache steht im Zusammenhang mit den Rechtssachen C‑696/23 P, C‑704/23 P, C‑711/23 P und C‑35/24 P, denen Rechtsmittel zugrunde liegen, die von Herrn Dmitry Alexandrovich Pumpyanskiy, Herrn Tigran Khudaverdyan, Herrn Viktor Filippovich Rashnikov bzw. Herrn Dmitry Arkadievich Mazepin gegen die Urteile des Gerichts eingelegt wurden, mit denen die Aufnahme ihrer Namen in die Listen der Personen, die restriktiven Maßnahmen nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. g des Beschlusses 2014/145 in geänderter Fassung unterliegen, bestätigt wurde. Die Schlussanträge in jenen Rechtssachen werden ebenfalls heute vorgelegt; darin konzentriere ich mich auf die konkreten Gesichtspunkte, um deren Prüfung der Gerichtshof mich in Bezug u. a. auf die Auslegung des in dieser Bestimmung enthaltenen Aufnahmekriteriums, insbesondere im Licht der wesentlichen, gemeinsamen Argumente der Rechtsmittelführer, ersucht hat.

II.    Sachverhalt und Verfahren

A.      Vorgeschichte des Rechtsstreits

5.        Die Vorgeschichte des Rechtsstreits ist in den Rn. 2 bis 18 des angefochtenen Urteils dargestellt. Für die vorliegenden Schlussanträge lässt sich diese Vorgeschichte anhand des folgenden unstreitigen Sachverhalts zusammenfassen.

6.        Der Rechtsmittelführer ist ein Geschäftsmann mit russischer und israelischer Staatsangehörigkeit.

7.        Am 17. März 2014 erließ der Rat der Europäischen Union auf der Grundlage von Art. 29 EUV den Beschluss 2014/145. Am selben Tag erließ der Rat auf der Grundlage von Art. 215 AEUV die Verordnung Nr. 269/2014. Beide Rechtsakte betrafen restriktive Maßnahmen angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen.

8.        Am 25. Februar 2022 erließ der Rat sowohl den Beschluss 2022/329 zur Änderung des Beschlusses 2014/145 als auch die Verordnung 2022/330 zur Änderung der Verordnung Nr. 269/2014, mit denen u. a. die Kriterien geändert wurden, nach denen die betreffenden restriktiven Maßnahmen gegen natürliche oder juristische Personen, Einrichtungen oder Organisationen verhängt werden konnten.

9.        Nach Art. 1 Abs. 1 Buchst. b und e des Beschlusses 2014/145 in der durch den Beschluss 2022/329 geänderten Fassung(12) wird die Einreise in oder die Durchreise durch das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten natürlichen Personen verweigert, die bestimmte Kriterien erfüllen, die im Wesentlichen denjenigen in Art. 2 Abs. 1 Buchst. d und g dieses Beschlusses entsprechen. Die letztgenannte Bestimmung wiederum sieht das Einfrieren der Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen natürlicher Personen vor, die diese Kriterien erfüllen.

10.      Art. 2 Abs. 1 Buchst. d und g des Beschlusses 2014/145 in geänderter Fassung lautet konkret wie folgt:

„(1)      Sämtliche Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen, die im Besitz oder im Eigentum stehen oder gehalten oder kontrolliert werden von:

d)      natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen, die russische Entscheidungsträger, die für die Annexion der Krim oder die Destabilisierung der Ukraine verantwortlich sind, materiell oder finanziell unterstützen oder von diesen profitieren;

g)      führenden Geschäftsleuten oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen, die in Wirtschaftssektoren tätig sind, die eine wesentliche Einnahmequelle für die Regierung der Russischen Föderation, die für die Annexion der Krim und die Destabilisierung der Ukraine verantwortlich ist, darstellen,

… werden eingefroren.“

11.      Die Verordnung Nr. 269/2014 in der durch die Verordnung 2022/330 geänderten Fassung(13) schreibt den Erlass von Maßnahmen zum Einfrieren von Geldern vor und legt die Modalitäten dieses Einfrierens von Geldern nach Bedingungen fest, die im Wesentlichen den im Beschluss 2014/145 in geänderter Fassung genannten Bedingungen entsprechen. Art. 3 Abs. 1 Buchst. d und g der Verordnung Nr. 269/2014 in geänderter Fassung gibt im Wesentlichen Art. 2 Abs. 1 Buchst. d und g dieses Beschlusses wieder.

12.      Angesichts der sehr ernsten Lage in der Ukraine erließ der Rat am 15. März 2022 die ursprünglichen Rechtsakte. Der Name des Rechtsmittelführers wurde der Liste im Anhang des Beschlusses 2014/145 in geänderter Fassung und der Liste in Anhang 1 der Verordnung Nr. 269/2014 in geänderter Fassung aus folgenden Gründen hinzugefügt:

„[Der Rechtsmittelführer] ist ein Großaktionär des Konzerns Alfa Group, zu dem mit der Alfa Bank auch einer der größten Steuerzahler Russlands gehört. Er gilt als eine der einflussreichsten Personen in Russland. Wie andere Eigentümer der Alfa Bank (Mikhail Fridman und Petr Aven) pflegt er enge Beziehungen zu Vladimir Putin und beide erweisen sich gegenseitig nach wie vor wichtige Dienste. Die Eigentümer der Alfa Group ziehen aus dieser Beziehung geschäftliche und rechtliche Vorteile. Vladimir Putins älteste Tochter Maria hat das Wohltätigkeitsprojekt ‚Alfa-Endo‘ geleitet, das durch die Alfa Bank finanziert wurde. Vladimir Putin dankte der Alfa Group ihre Loyalität gegenüber der Regierung Russlands mit politischer Unterstützung für ausländische Investitionspläne der Gruppe.

Dadurch hat [der Rechtsmittelführer] russische Entscheidungsträger, die für die Annexion der Krim oder die Destabilisierung der Ukraine verantwortlich sind, materiell oder finanziell aktiv unterstützt oder von diesen profitiert. Er gehört daher zu den führenden russischen Geschäftsleuten, die in Bereichen der Wirtschaft tätig sind, die der Regierung der Russischen Föderation, die für die Annexion der Krim und die Destabilisierung der Ukraine verantwortlich ist, als wichtige Einnahmequelle dienen.“

13.      Am 16. März 2022 veröffentlichte der Rat im Amtsblatt der Europäischen Union eine Mitteilung an die Personen, die den restriktiven Maßnahmen nach den ursprünglichen Rechtsakten unterliegen (ABl. 2022, C 121I, S. 1).

14.      Am 21. März 2022 beantragte der Rechtsmittelführer beim Rat, ihm Zugang zu den Dokumenten zu gewähren, die als Grundlage für den Erlass der restriktiven Maßnahmen gegen ihn gedient hatten. Der Rat entsprach diesem Antrag am 29. März 2022.

15.      Am 1. Juni 2022 stellte der Rechtsmittelführer beim Rat einen Antrag auf Überprüfung.

16.      Am 14. September 2022 erließ der Rat die Fortsetzungsrechtsakte, mit denen die gegen den Rechtsmittelführer ergriffenen Maßnahmen bis zum 15. März 2023 verlängert wurden, ohne die Begründung der Aufnahme seines Namens in die in Rede stehenden Listen zu ändern.

B.      Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

17.      Mit Klageschrift, die am 6. Juni 2022 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob der Rechtsmittelführer Klage auf Nichtigerklärung der ursprünglichen Rechtsakte. Nachfolgend reichte der Rechtsmittelführer einen Schriftsatz zur Änderung seiner Klageanträge ein, mit dem ein Antrag auf Nichtigerklärung auch gegen die Fortsetzungsrechtsakte gestellt wurde.

18.      Der Rechtsmittelführer stützte seine Klage auf drei Klagegründe, mit denen er im Wesentlichen erstens das Fehlen einer Rechtsgrundlage für die Festlegung des in Art. 2 Abs. 1 Buchst. g des Beschlusses 2014/145 in geänderter Fassung enthaltenen Kriteriums, zweitens einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und drittens einen offensichtlichen Beurteilungsfehler rügte. In der mündlichen Verhandlung trug der Rechtsmittelführer vor, dass er mit den ersten beiden der vorgenannten Klagegründe tatsächlich eine Einrede der Rechtswidrigkeit nach Art. 277 AEUV gegen Art. 2 Abs. 1 Buchst. g des Beschlusses 2014/145 in geänderter Fassung erheben wolle. Außerdem machte der Rechtsmittelführer mit seinem Klageänderungsschriftsatz einen vierten Klagegrund gegen die Fortsetzungsrechtsakte geltend, mit dem er einen Verstoß gegen wesentliche Formvorschriften rügte, insbesondere einen Verstoß gegen die Pflicht zur regelmäßigen Überprüfung und einen Verstoß gegen die Begründungspflicht.

19.      Mit dem angefochtenen Urteil hat das Gericht die Klage des Rechtsmittelführers u. a. mit folgender Begründung abgewiesen.

20.      Erstens hat das Gericht den Klagegrund des Rechtsmittelführers zurückgewiesen, das Kriterium nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. g des Beschlusses 2014/145 in geänderter Fassung sei wegen einer fehlenden Rechtsgrundlage rechtswidrig. Insoweit hat das Gericht festgestellt, dass die in Rede stehenden Rechtsakte auf die Verträge, und zwar insbesondere, was die Beschlüsse 2022/429 und 2022/1530 angehe, auf Art. 29 EUV, sowie, was die Durchführungsverordnungen 2022/427 und 2022/1529 angehe, auf Art. 215 AEUV, gestützt worden seien. Diese Rechtsakte hätten somit einschlägige Rechtsgrundlagen im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik(14). Weiter hat das Gericht festgestellt, dass der Rat nach Art. 215 Abs. 2 AEUV restriktive Maßnahmen unter der alleinigen Voraussetzung erlassen könne, dass ein nach Titel V Kapitel 2 des EU-Vertrags erlassener Beschluss dies vorsehe. Sei diese Voraussetzung erfüllt, sei Art. 215 Abs. 2 AEUV die richtige Rechtsgrundlage für den Erlass von Rechtsakten, mit denen restriktive Maßnahmen verhängt würden, und zwar auch gegen Adressaten, die keine Verbindung zum herrschenden Regime eines Drittlands hätten(15).

21.      Was zweitens den geltend gemachten Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit angeht, hat das Gericht festgestellt, dass eine Maßnahme, die in Bereichen erlassen werde, in denen politische Entscheidungen zu treffen seien, nur dann rechtswidrig sein könne, wenn sie im Hinblick auf das Ziel, das das zuständige Organ verfolge, offensichtlich ungeeignet sei. Es bestehe ein nachvollziehbarer Zusammenhang zwischen i) der Ausrichtung auf führende Geschäftsleute, die in Wirtschaftssektoren tätig seien, die der Regierung in Anbetracht ihrer Bedeutung für die russische Wirtschaft wesentliche Einnahmen verschafften, und ii) dem Ziel der restriktiven Maßnahmen in der vorliegenden Rechtssache, das darin bestehe, den Druck auf die Russische Föderation und die Kosten ihrer Handlungen, mit denen die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben würden, zu erhöhen. Daher ist das Gericht zu dem Schluss gelangt, dass davon auszugehen sei, dass der Ansatz der Ausrichtung auf diese Personen mit diesem Ziel im Einklang stehe und nicht als im Hinblick auf dieses Ziel offensichtlich ungeeignet angesehen werden könne(16).

22.      Drittens hat das Gericht, was den geltend gemachten Beurteilungsfehler bei der Anwendung von Art. 2 Abs. 1 Buchst. g des Beschlusses 2014/145 in geänderter Fassung auf den Rechtsmittelführer angeht, festgestellt, das darin enthaltene Kriterium beziehe sich auf den Begriff des Einflusses in Verbindung mit der Ausübung einer Tätigkeit in Wirtschaftssektoren, die eine wesentliche Einnahmequelle für die Regierung der Russischen Föderation darstellten, ohne dass eine weitere Voraussetzung in Bezug auf eine Verbindung zu diesem Regime vorgesehen sei. Mit diesem Kriterium habe der Rat den Einfluss nutzen wollen, den die betreffende Personengruppe wahrscheinlich auf das russische Regime ausüben könne, indem sie dazu habe veranlasst werden sollen, Druck auf das Regime dahin auszuüben, seine Politik zu ändern. Der Begriff „führende Geschäftsleute“ sei daher dahin zu verstehen, dass er sich auf die Bedeutung dieser Personen u. a. im Hinblick auf ihre berufliche Stellung, die Bedeutung ihrer wirtschaftlichen Tätigkeiten, den Umfang ihrer Kapitalbeteiligungen oder ihre Funktionen innerhalb einer oder mehrerer Unternehmen, in denen sie diese Tätigkeiten ausübten, beziehe(17). Was die vorliegende Rechtssache angehe, habe der Rat hinreichend konkrete, genaue und übereinstimmende Nachweise dafür beigebracht, dass der Rechtsmittelführer in einem Wirtschaftssektor, nämlich dem Bankensektor, tätig gewesen sei, der eine wesentliche Einnahmequelle für die Regierung der Russischen Föderation dargestellt habe(18).

23.      Aufgrund der vorstehenden Erwägungen ist das Gericht zu dem Schluss gekommen, dass die Aufnahme des Namens des Rechtsmittelführers in die ursprünglichen Rechtsakte nach dem in Art. 2 Abs. 1 Buchst. g des Beschlusses 2014/145 in geänderter Fassung enthaltenen Kriterium hinreichend begründet gewesen sei. Insoweit hat das Gericht weiter festgestellt, dass das Vorbringen des Rechtsmittelführers, wonach keine hinreichenden Nachweise zur Begründung der Anwendung des in Art. 2 Abs. 1 Buchst. d des Beschlusses 2014/145 in geänderter Fassung enthaltenen Kriteriums vorgelegen hätten, keiner Prüfung mehr bedürfe(19).

III. Anträge der Parteien und Verfahren vor dem Gerichtshof

24.      Mit seiner am 8. Februar 2024 beim Gerichtshof eingegangenen Rechtsmittelschrift beantragt der Rechtsmittelführer,

–        das angefochtene Urteil aufzuheben;

–        die in Rede stehenden Rechtsakte für nichtig zu erklären;

–        hilfsweise, die Rechtssache an das Gericht zurückzuverweisen;

–        dem Rat die Kosten aufzuerlegen.

25.      Mit seiner am 15. Mai 2024 eingegangenen Rechtsmittelbeantwortung beantragt der Rat, das Rechtsmittel zurückzuweisen und dem Rechtsmittelführer die Kosten aufzuerlegen.

26.      Am 11. Februar 2025 hat eine mündliche Verhandlung stattgefunden, in der der Rechtsmittelführer und der Rat Fragen des Gerichtshofs zur mündlichen Beantwortung beantwortet haben, insbesondere zur Auslegung des Ausdrucks „führende Geschäftsleute“ in Art. 2 Abs. 1 Buchst. g des Beschlusses 2014/145 in geänderter Fassung und zu der Frage, ob das Gericht angesichts des Urteils vom 29. November 2018, Bank Tejarat/Rat (C‑248/17 P, EU:C:2018:967), die Begründetheit der Klagegründe hinsichtlich aller Aufnahmekriterien hätte prüfen müssen, die in den in Rede stehenden Rechtsakten vom Rat auf den Rechtsmittelführer angewandt wurden.

IV.    Würdigung

27.      Der Rechtsmittelführer stützt sein Rechtsmittel im Wesentlichen auf sieben Gründe:

–        Erstens habe das Gericht rechtsfehlerhaft nicht geprüft, ob die Anwendung von Art. 2 Abs. 1 Buchst. d des Beschlusses 2014/145 in geänderter Fassung auf ihn rechtmäßig gewesen sei;

–        zweitens habe das Gericht den Begriff „führende Geschäftsleute“ in Art. 2 Abs. 1 Buchst. g des Beschlusses 2014/145 in geänderter Fassung rechtsfehlerhaft ausgelegt;

–        drittens habe das Gericht gegen Art. 215 Abs. 2 AEUV verstoßen;

–        viertens verstoße die vom Gericht vorgenommene Auslegung des Begriffs „führende Geschäftsleute“ in Art. 2 Abs. 1 Buchst. g des Beschlusses 2014/145 in geänderter Fassung gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit, das Eigentumsrecht und die unternehmerische Freiheit;

–        fünftens habe das Gericht die Bedeutung der gegen ihn vorgelegten Beweismittel verfälscht und gegen die Begründungspflicht verstoßen;

–        sechstens sei das Gericht rechtsfehlerhaft zu dem Schluss gekommen, dass der Bankensektor im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. g des Beschlusses 2014/145 in geänderter Fassung als Sektor anzusehen sei, der eine wesentliche Einnahmequelle für die Regierung darstelle;

–        siebtens habe das Gericht gegen das Recht auf ein faires Verfahren und den Grundsatz der Waffengleichheit verstoßen.

28.      Der Gerichtshof hat um Prüfung des konkreten Vorbringens zur Auslegung des Ausdrucks „führende Geschäftsleute“ in Art. 2 Abs. 1 Buchst. g des Beschlusses 2014/145 in geänderter Fassung ersucht; dies betrifft im Wesentlichen den zweiten und den vierten Rechtsmittelgrund. Der Gerichtshof hat ferner um Prüfung des Vorbringens des Rechtsmittelführers zu der Frage ersucht, ob das Gericht fehlerhaft nicht geprüft hat, ob die Anwendung von Art. 2 Abs. 1 Buchst. d des Beschlusses 2014/145 in geänderter Fassung auf den Rechtsmittelführer rechtmäßig war. Dieses Vorbringen ist Teil des ersten Rechtsmittelgrundes. Meine Würdigung wird sich, dem Ersuchen des Gerichtshofs entsprechend, auf diese Hauptfragen konzentrieren, auf die sich die Parteien mit ihren mündlichen Ausführungen in der mündlichen Verhandlung konzentriert haben.

A.      Zweiter und vierter Rechtsmittelgrund

29.      Mit dem zweiten und dem vierten Rechtsmittelgrund macht der Rechtsmittelführer geltend, das Gericht habe das in Art. 2 Abs. 1 Buchst. g des Beschlusses 2014/145 in geänderter Fassung enthaltene Kriterium fehlerhaft ausgelegt. Er wendet sich im Wesentlichen gegen die Feststellung des Gerichts, der in dieser Bestimmung enthaltene Ausdruck „führende Geschäftsleute“ setze weder voraus, dass der Rat ein bestimmtes Verhalten der in die Liste aufzunehmenden Person, insbesondere in Bezug auf einen Einfluss auf die Regierung der Russischen Föderation, darlege, noch, dass er eine Verbindung zum Regime dieses Landes nachweise. Aus bestimmten Sprachfassungen von Art. 2 Abs. 1 Buchst. g des Beschlusses 2014/145 in geänderter Fassung – wie etwa der französischen Sprachfassung, in der der Ausdruck „femmes et hommes d’affaires influents“ verwendet werde – ergebe sich, dass die Anwendung dieser Bestimmung voraussetze, dass ein mit Einfluss verbundenes Verhalten gegenüber dieser Regierung vorliege oder eine Verbindung zu ihr bestehe, über die dieser Einfluss ausgeübt werden könne.

30.      Der Rat tritt diesem Vorbringen entgegen.

31.      Wie in Nr. 10 der vorliegenden Schlussanträge ausgeführt, sieht Art. 2 Abs. 1 Buchst. g des Beschlusses 2014/145 in geänderter Fassung das Einfrieren sämtlicher Gelder und wirtschaftlicher Ressourcen vor, die im Besitz oder im Eigentum stehen oder gehalten oder kontrolliert werden von „führenden Geschäftsleuten …, die in Wirtschaftssektoren tätig sind, die eine wesentliche Einnahmequelle für die Regierung der Russischen Föderation, die für die Annexion der Krim und die Destabilisierung der Ukraine verantwortlich ist, darstellen“.

32.      Nach ständiger Rechtsprechung sind bei der Auslegung einer Vorschrift des Unionsrechts nicht nur ihr Wortlaut zu berücksichtigen, sondern auch ihr Zusammenhang und die Ziele der Regelung, zu der sie gehört. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Wortlaut der betreffenden Rechtsvorschrift des Unionsrechts für die Ermittlung ihres Sinns und ihrer Bedeutung nicht ausdrücklich auf das Recht der Mitgliedstaaten verweist, was hier bei Art. 2 Abs. 1 Buchst. g des Beschlusses 2014/145 in geänderter Fassung der Fall ist(20).

33.      Was erstens die grammatikalische Auslegung des Ausdrucks „führende Geschäftsleute“ angeht, ist allgemein bekannt, dass das Wort „Geschäftsleute“ Personen bezeichnet, die im Geschäftsleben – typischerweise auf der Geschäftsführungsebene eines Unternehmens – tätig sind. Weiter bezieht sich das Wort „Geschäft“ auf die Ausübung einer wirtschaftlichen oder gewerblichen Tätigkeit. Der Begriff „Geschäftsleute“ in Art. 2 Abs. 1 Buchst. g des Beschlusses 2014/145 in geänderter Fassung bezieht sich somit auf Personen, die eine wirtschaftliche oder gewerbliche Tätigkeit in einem Unternehmen ausüben, dessen Eigentümer sie sind oder in dem sie eine wichtige Position haben(21).

34.      Das Wort „leading [führende]“ wiederum ist ein Adjektiv, das im Englischen mit der Bedeutung „very important or most important [sehr wichtig oder am wichtigsten]“ definiert ist(22). Da auf den Ausdruck „führende Geschäftsleute“ in Art. 2 Abs. 1 Buchst. g des Beschlusses 2014/145 in geänderter Fassung die Formulierung „die in Wirtschaftssektoren tätig sind“ folgt, ist der Begriff „führende“ dahin zu verstehen, dass er sich auf die Bedeutung der betreffenden Geschäftsperson in dem Sektor, in dem sie tätig ist, und auf den Einfluss, den diese Person in diesem Sektor möglicherweise ausüben kann, bezieht; dies entspricht im Wesentlichen der Feststellung des Gerichts in Rn. 91 des angefochtenen Urteils. Im Übrigen lässt sich, wie in derselben Randnummer ausgeführt, der Umstand, dass es sich um eine „führende“ Geschäftsperson handelt, u. a. anhand ihrer beruflichen Stellung, der Bedeutung ihrer wirtschaftlichen Tätigkeiten, des Umfangs ihrer Kapitalbeteiligungen oder ihrer Funktionen innerhalb einer oder mehrerer Unternehmen, in denen sie diese Tätigkeiten ausübt, feststellen. Auf diese Feststellung wird vom Rechtsmittelführer in seiner Rechtsmittelschrift nicht konkret eingegangen.

35.      Daraus folgt, dass das Gericht unter dem Blickwinkel des Wortlauts in den Rn. 88 bis 90 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerfrei im Wesentlichen festgestellt hat, dass für die Feststellung, dass eine Person eine „führende Geschäfts[person]“ im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. g des Beschlusses 2014/145 in geänderter Fassung sei, vom Rat lediglich dargetan werden müsse, dass die betreffende Person eine wirtschaftliche oder gewerbliche Tätigkeit ausübe und dass diese Person anhand der in Rn. 91 des angefochtenen Urteils genannten Gesichtspunkte eine sehr wichtige oder die wichtigste Geschäftsperson in dem Wirtschaftssektor sei, in dem sie tätig sei, so dass sie in diesem Sektor Einfluss ausüben könne.

36.      Zwar wird in einigen Sprachfassungen von Art. 2 Abs. 1 Buchst. g des Beschlusses 2014/145 in geänderter Fassung das Substantiv „businesspersons [Geschäftsleute]“ nicht mit dem Wort „leading [führend]“, sondern mit einem Wort näher bestimmt, dem im Englischen das Wort „influential [einflussreich]“ entspricht. Der Rechtsmittelführer bringt unter Verweis hierauf vor, die unter diese Vorschrift fallenden Geschäftsleute müssten nicht nur in dem Wirtschaftssektor, in dem sie tätig seien, sondern vielmehr konkret auf die Regierung der Russischen Föderation selbst Einfluss ausüben können.

37.      Insoweit kann jedoch meines Erachtens nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs die in einer oder einigen wenigen Sprachfassungen einer Bestimmung des Unionsrechts verwendete Formulierung nicht als alleinige Grundlage für die Auslegung dieser Bestimmung herangezogen werden. Die Bestimmungen des Unionsrechts müssen nämlich im Licht ihrer Fassungen in allen Sprachen der Union einheitlich ausgelegt und angewandt werden(23).

38.      In der vorliegenden Rechtssache ist in Übereinstimmung mit den vom Rat in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Erläuterungen darauf hinzuweisen, dass zwölf Sprachfassungen von Art. 2 Abs. 1 Buchst. g des Beschlusses 2014/145 in geänderter Fassung das Substantiv „businesspersons [Geschäftsleute]“ im Wesentlichen mit einem Wort näher bestimmen, dem im Englischen das Wort „leading [führend]“ entspricht(24). Neben diesen Fassungen verwenden andere ein Wort, das im Englischen mit den Ausdrücken „prominent [herausragend]“ oder „principal [hauptsächlich]“ übersetzt werden kann, die, semantisch betrachtet, den Begriff „leading [führend]“ widerspiegeln(25). Die Erwägungen in Nr. 34 der vorliegenden Schlussanträge zur Auslegung des Ausdrucks „leading businesspersons [führende Geschäftsleute]“ im Englischen haben daher für alle diese Fassungen in vollem Umfang Gültigkeit.

39.      Dagegen wird nur in der französischen, der lettischen und der litauischen Sprachfassung das Substantiv „businesspersons [Geschäftsleute]“ in Art. 2 Abs. 1 Buchst. g des Beschlusses 2014/145 in geänderter Fassung mit einem Adjektiv näher bestimmt, das im Englischen mit „influential [einflussreich]“ zu übersetzen wäre. Selbst in diesen Sprachen ist indes eine der Hauptbedeutungen von „einflussreich“ die Eigenschaft als „wichtig“(26). Um die nach der oben in Nr. 37 angeführten Rechtsprechung erforderliche einheitliche Auslegung und Anwendung von Art. 2 Abs. 1 Buchst. g des Beschlusses 2014/145 in geänderter Fassung zu gewährleisten, sind folglich die französische, die lettische und die litauische Sprachfassung des Ausdrucks „führende Geschäftsleute“ ebenso auszulegen wie bei der Mehrheit der Sprachfassungen dieser Bestimmung, nämlich dahin, dass sie sich auf die Bedeutung der betreffenden Geschäftsperson in dem Wirtschaftssektor beziehen, in dem sie tätig ist und in dem sie Einfluss ausüben kann. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass das Gericht in Rn. 92 des angefochtenen Urteils zu eben diesem Ergebnis gelangt ist.

40.      Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass unter dem Blickwinkel des Wortlauts das Vorbringen des Rechtsmittelführers, der Ausdruck „führende Geschäftsleute“ in Art. 2 Abs. 1 Buchst. g des Beschlusses 2014/145 in geänderter Fassung setze voraus, dass der Rat ein bestimmtes Verhalten der in die Liste aufzunehmenden Person, insbesondere in Bezug auf einen Einfluss auf die Regierung der Russischen Föderation, darlege, oder dass er eine Verbindung zum Regime dieses Landes nachweise, unbegründet ist.

41.      Was zweitens die systematische Auslegung angeht, ist meines Erachtens zunächst darauf hinzuweisen, dass das in Art. 2 Abs. 1 Buchst. g des Beschlusses 2014/145 in geänderter Fassung vorgesehene, auf „führende Geschäftsleute“ ausgerichtete Aufnahmekriterium erstmals durch den Beschluss 2022/329 eingeführt wurde. Der letztgenannte Beschluss wurde am 25. Februar 2022 erlassen, d. h. am Tag nach der Ankündigung einer militärischen Operation in der Ukraine durch den Präsidenten der Russischen Föderation und dem Beginn der Angriffe russischer Streitkräfte auf die Ukraine(27).

42.      Ferner ist darauf hinzuweisen, dass Art. 2 Abs. 1 des Beschlusses 2014/145 bereits vor seiner Änderung durch den Beschluss 2022/329 ein Aufnahmekriterium enthielt, das im Wesentlichen eine Ausrichtung auf Personen ermöglichte, die individuellen Einfluss auf die Regierung der Russischen Föderation ausüben konnten. Dies galt insbesondere für Art. 2 Abs. 1 Buchst. d des Beschlusses 2014/145, der sich im Wesentlichen auf natürliche Personen bezog, die russische Entscheidungsträger, die für die Untergrabung oder Bedrohung der territorialen Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine verantwortlich sind, materiell oder finanziell aktiv unterstützen oder von ihnen profitieren. Wie in den vorliegenden Schlussanträgen bereits ausgeführt(28), wurde dieses Kriterium im Beschluss 2014/145 in geänderter Fassung beibehalten, was meines Erachtens nahelegt, dass eine Auslegung von Art. 2 Abs. 1 Buchst. g des Beschlusses dahin, dass, wie vom Rechtsmittelführer geltend gemacht, diese Bestimmung den Nachweis eines mit Einfluss verbundenen Verhaltens gegenüber der Regierung der Russischen Föderation und einer Verbindung zu dem dieses Land regierenden Regime voraussetzen würde, auf eine schlichte Doppelung hinausliefe und daher unter einem systematischen Blickwinkel widersprüchlich wäre.

43.      Die systematische Auslegung von Art. 2 Abs. 1 Buchst. g des Beschlusses 2014/145 in geänderter Fassung stützt die Ansicht des Rechtsmittelführers daher meines Erachtens nicht.

44.      Was drittens die teleologische Auslegung angeht, fügt sich Art. 2 Abs. 1 Buchst. g des Beschlusses 2014/145 in geänderter Fassung in einen rechtlichen Rahmen ein, mit dem ein beispielloses Bündel restriktiver Maßnahmen erlassen wurde, die, wie vom Gericht in den Rn. 52 und 88 des angefochtenen Urteils(29) zutreffend angeführt, größtmöglichen Druck auf die Russische Föderation ausüben sollen, indem die Kosten ihrer Handlungen zur Untergrabung der territorialen Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine erhöht werden.

45.      Dies sind nämlich die Ziele der gegen Russland erlassenen restriktiven Maßnahmen, wie sie im Wesentlichen im Urteil vom 25. Juni 2020, VTB Bank/Rat (C‑729/18 P, EU:C:2020:499, Rn. 59)(30), formuliert werden, wo auch auf das Urteil vom 28. März 2017, Rosneft (C‑72/15, EU:C:2017:236, Rn. 123), verwiesen wird(31). Beide Urteile betrafen die Auslegung sektorspezifischer restriktiver Maßnahmen, die angesichts der dem Angriff der russischen Streitkräfte auf die Ukraine am 24. Februar 2022 vorangegangenen, die Lage in der Ukraine destabilisierenden Handlungen erlassen wurden(32). Entgegen dem Vorbringen des Rechtsmittelführers bleiben die vom Gerichtshof in jenen Urteilen benannten Ziele jedoch für die Auslegung der in der vorliegenden Rechtssache in Rede stehenden individuellen restriktiven Maßnahmen weiterhin gültig, denn sowohl sektorspezifische als auch individuelle restriktive Maßnahmen wurden im Rahmen einer gemeinsamen Antwort auf eine Lage erlassen, die sich seit dem russischen Angriff sogar noch weiter verschlechtert hat, wie in den Erwägungsgründen 10 und 11 des Beschlusses 2022/329 zur Änderung des Beschlusses 2014/145 ausdrücklich festgestellt(33).

46.      Vor diesem Hintergrund bin ich im Einklang mit den Feststellungen des Gerichts in den Rn. 52 und 53 des angefochtenen Urteils der Ansicht, dass von dem Erlass restriktiver Maßnahmen gegen die führenden Geschäftsleute, auf die Art. 2 Abs. 1 Buchst. g des Beschlusses 2014/145 in geänderter Fassung ausgerichtet ist, vernünftigerweise erwartet werden kann, dass der Druck auf die Regierung der Russischen Föderation dahin maximiert wird, von ihrer militärischen Aggression gegen das ukrainische Hoheitsgebiet abzulassen. Schließlich spielen diese führenden Geschäftsleute eine zentrale Rolle bei der Aufrechterhaltung der Rentabilität der Wirtschaftszweige, in denen sie tätig sind und die letztlich die finanziellen Ressourcen stützen, die der Regierung der Russischen Föderation zur Durchführung ihrer Handlungen und politischen Maßnahmen zur Verfügung stehen. Folglich sind die in der vorliegenden Rechtssache in Rede stehenden restriktiven Maßnahmen dadurch, dass sie in die Tätigkeit der betroffenen führenden Geschäftsleute eingreifen, geeignet, die Einnahmen, die die Regierung der Russischen Föderation aus den relevanten Sektoren ihrer Wirtschaft erzielt, zu verringern und so die Kosten ihrer militärischen Handlungen zu erhöhen und die ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten, die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine zu untergraben, einzuschränken.

47.      Daraus folgt, dass, wie vom Gericht in den Rn. 54 und 89 des angefochtenen Urteils festgestellt, ein nachvollziehbarer Zusammenhang zwischen zum einen der Ausrichtung auf führende Geschäftsleute, die in Wirtschaftssektoren tätig sind, die eine wesentliche Einnahmequelle für die Regierung der Russischen Föderation darstellen, und zum anderen dem Ziel der restriktiven Maßnahmen in der vorliegenden Rechtssache besteht. Entgegen dem Vorbringen des Rechtsmittelführers besteht dieser Zusammenhang auch dann, wenn kein bestimmtes Verhalten der in die Liste aufzunehmenden Person, insbesondere in Bezug auf einen Einfluss auf die Regierung der Russischen Föderation, vorliegt oder zwischen dieser Person und dem dieses Land regierenden Regime keine Verbindung besteht.

48.      Die teleologische Auslegung von Art. 2 Abs. 1 Buchst. g des Beschlusses 2014/145 in geänderter Fassung erfordert daher keine erneute Überprüfung der in den Nrn. 40 und 43 der vorliegenden Schlussanträge dargestellten grammatikalischen und systematischen Auslegung dieser Bestimmung. Sie stützt vielmehr die Ansicht, dass der in dieser Bestimmung enthaltene Ausdruck „führende Geschäftsleute“ lediglich voraussetzt, dass der Rat nachweist, dass die betroffene Person eine wirtschaftliche oder gewerbliche Tätigkeit ausübt und als Person angesehen wird, die zumindest eine sehr wichtige Geschäftsperson in dem Sektor ist, in dem sie tätig ist, so dass sie in ihm Einfluss ausüben kann.

49.      Im Übrigen ist, soweit der Rechtsmittelführer vorträgt, dass schwer erkennbar sei, wie aufzunehmende Personen sich verhalten müssten, um nicht in die Listen aufgenommen oder aus ihnen gestrichen zu werden, darauf hinzuweisen, dass herausragende Geschäftsleute von der Liste gestrichen werden können, wenn sie nachweisen können, dass sie aus der Position ausgeschieden sind, die die Grundlage für ihre Aufnahme war. Auch wenn eine solche Position die erstmalige Aufnahme begründen kann, kann sie wiederum nicht dazu führen, dass die Situation der betroffenen Person für alle Zeiten festgeschrieben ist und der regelmäßigen Überprüfung jede praktische Wirkung genommen wird, sofern nicht der Rat gleichwohl die Gefahr einer Umgehung nachweisen kann; diese Frage stellt sich in der vorliegenden Rechtssache indes konkret nicht.

50.      Aufgrund der vorstehenden Erwägungen ergibt sich nach keiner der durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs definierten Auslegungsmethoden zur Ermittlung der Bedeutung einer Bestimmung des Unionsrechts, dass, wie vom Rechtsmittelführer vorgebracht, ein mit Einfluss verbundenes Verhalten der erfassten Person gegenüber der Regierung der Russischen Föderation vorliegen oder eine Verbindung zu dieser bestehen müsste, um eine Person als „führende Geschäfts[person]“ im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. g des Beschlusses 2014/145 in geänderter Fassung einstufen zu können.

51.      Demnach hat das Gericht meines Erachtens in Bezug auf die Auslegung des Ausdrucks „führende Geschäftsleute“ im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. g des Beschlusses 2014/145 in geänderter Fassung weder rechtsfehlerhaft entschieden noch gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit verstoßen.

52.      Der zweite und der vierte Rechtsmittelgrund sind daher zurückzuweisen.

B.      Erster Rechtsmittelgrund

53.      Mit dem ersten Rechtsmittelgrund rügt der Rechtsmittelführer, dass das Gericht die Prüfung der im ersten Rechtszug geltend gemachten Klagegründe gegen seine Aufnahme in die Liste nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. d des Beschlusses 2014/145 in geänderter Fassung abgelehnt habe. Selbst wenn das Gericht zu Recht zu dem Ergebnis gelangt wäre, dass diese Aufnahme nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. g dieses Beschlusses in geänderter Fassung rechtmäßig gewesen sei, verstoße der Umstand, dass das Gericht sein Vorbringen zu Art. 2 Abs. 1 Buchst. d des Beschlusses nicht geprüft habe, gegen sein Recht auf wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz und sein Recht auf Schutz des guten Rufs. Insbesondere hätte das Gericht sich dann, wenn der angefochtene Rechtsakt verschiedene Rechtsgrundlagen habe, nicht darauf beschränken dürfen, die Gültigkeit nur einer dieser Rechtsgrundlagen zu prüfen. Dies gelte in der vorliegenden Rechtssache umso mehr, in der die in Art. 2 Abs. 1 Buchst. d bzw. g des Beschlusses 2014/145 in geänderter Fassung enthaltenen Kriterien völlig verschiedene Fallgestaltungen erfassten.

54.      Der Rat tritt diesem Vorbringen entgegen. Der Ansatz, den das Gericht im angefochtenen Urteil gewählt habe, werde durch die ständige Rechtsprechung des Gerichtshofs hinreichend gestützt. Außerdem wendet sich der Rat gegen die vom Rechtsmittelführer vorgenommene Unterscheidung in Bezug auf die in Art. 2 Abs. 1 Buchst. d bzw. g des Beschlusses 2014/145 in geänderter Fassung enthaltenen Kriterien. In beiden Fällen handele es sich um neutrale Kriterien, da mit keinem von ihnen ein Werturteil über das Verhalten der betroffenen Person getroffen werde oder eine Verurteilung des Verhaltens dieser Person durch den Rat verbunden sei.

55.      Als Vorbemerkung ist noch einmal darauf hinzuweisen, dass der Rat die Aufnahme des Rechtsmittelführers in den in der vorliegenden Rechtssache in Rede stehenden Rechtsakten(34) nicht nur auf das Kriterium in Art. 2 Abs. 1 Buchst. g des Beschlusses 2014/145 in geänderter Fassung, sondern auch auf das Kriterium in Art. 2 Abs. 1 Buchst. d des Beschlusses gestützt hat. Der Rat war im Wesentlichen der Ansicht, dass der Rechtsmittelführer russische Entscheidungsträger, die für die Annexion der Krim oder die Destabilisierung der Ukraine verantwortlich seien, materiell oder finanziell aktiv unterstützt und von ihnen auch profitiert habe. Wie aus der Begründung des Rates hervorgeht(35), gehörten zu den Gründen für diese Aufnahme u. a. die enge Beziehung des Rechtsmittelführers zum Präsidenten der Russischen Föderation, Vladimir Putin, sowie die wichtigen Dienste, die sie sich gegenseitig erweisen. Der Rat verwies insoweit auch auf die von Herrn Putin gewährte politische Unterstützung für die Alfa-Gruppe, an der der Rechtsmittelführer als Großaktionär beteiligt war, zur Entwicklung ihrer ausländischen Investitionspläne als Dank für die Loyalität dieser Gruppe.

56.      Hinzuweisen ist darauf, dass das Gericht in den Rn. 133 bis 135 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, dass die Begründung für die Aufnahme des Namens des Rechtsmittelführers in die in Rede stehenden Listen auf der Grundlage seiner Stellung als führende Geschäftsperson, die in Wirtschaftssektoren tätig sei, die eine wesentliche Einnahmequelle für die Regierung der Russischen Föderation darstellten, nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. g des Beschlusses 2014/145 in geänderter Fassung hinreichend nachgewiesen sei. In diesem Zusammenhang war es nach Auffassung des Gerichts nicht erforderlich, die Begründetheit der weiteren Rügen des Rechtsmittelführers zu prüfen, mit denen die Beurteilung des Rates in Bezug auf die Aufnahme des Rechtsmittelführers nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. d des Beschlusses 2014/145 in geänderter Fassung bestritten wurde.

57.      Nach der vom Gericht in Rn. 134 des angefochtenen Urteils angeführten Rechtsprechung des Gerichtshofs zur Kontrolle der Rechtmäßigkeit einer Entscheidung, mit der restriktive Maßnahmen erlassen werden, kann, wenn der Unionsrichter zu der Auffassung gelangt, dass zumindest einer der angeführten Gründe hinreichend präzise und konkret ist, nachgewiesen ist und für sich genommen eine hinreichende Grundlage für diese Entscheidung darstellt, unter Berücksichtigung des präventiven Charakters der genannten Maßnahmen der Umstand, dass dies auf andere der Gründe nicht zutrifft, die Nichtigerklärung der Entscheidung nicht rechtfertigen.

58.      Diese Feststellung wurde erstmals im Urteil vom 18. Juli 2013, Kommission u. a./Kadi  (C‑584/10 P, C‑593/10 P und C‑595/10 P, EU:C:2013:518)(36), getroffen, in dem der Gerichtshof sich konkret auf die Begründung bezog, auf die die Anwendung eines Aufnahmekriteriums auf die betroffene Person gestützt wird. Ist zumindest einer dieser Gründe erwiesen und ausreichend, führt der Umstand, dass dies für andere Gründe nicht der Fall ist, nicht dazu, dass dieses Kriterium fehlerhaft angewandt wurde und der Beschluss des Rates deshalb rechtswidrig ist(37). In seiner späteren Rechtsprechung, nämlich im Urteil vom 29. November 2018, Bank Tejarat/Rat (C‑248/17 P, EU:C:2018:967)(38), hat der Gerichtshof die gleiche Begründung entsprechend auf den Fall angewandt, dass eines der Aufnahmekriterien – und nicht lediglich die Gründe, auf die die Anwendung dieses Kriteriums gestützt wurde – im Rahmen eines Rechtsmittelverfahrens als rechtmäßig angesehen wird. Unter diesen Umständen geht nach den Feststellungen des Gerichtshofs ein Rechtsmittelgrund, der sich auf ein zusätzliches Aufnahmekriterium bezieht, im Wesentlichen ins Leere, da der Tenor des angefochtenen Urteils als richtig anzusehen ist(39).

59.      Was die vorliegende Rechtssache angeht, möchte ich zunächst vor allem darauf hinweisen, dass die Praxis des Gerichts im Bereich restriktiver Maßnahmen uneinheitlich erscheint, wie die anhängigen Rechtssachen zeigen, in denen ich kürzlich Schlussanträge vorgelegt habe (Timchenko/Rat, C‑702/23 P, EU:C:2025:273, und Timchenko/Rat, C‑703/23 P, EU:C:2025:274). In den in jenen Rechtssachen angefochtenen Urteilen hat das Gericht sich nicht auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs z. B. nach dem Urteil Bank Tejarat/Rat gestützt. Es hat die Rechtmäßigkeit der in Rede stehenden Beschlüsse des Rates zum einen nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. a des Beschlusses 2014/145 in geänderter Fassung und zum anderen nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. d des Beschlusses geprüft. Dies bedeutet, dass die Auffassung, zu der der Gerichtshof in der vorliegenden Rechtssache kommt, erhebliche Auswirkungen auf die Entscheidungspraxis des Gerichts haben kann.

60.      Gleichwohl ist darauf hinzuweisen, dass im Rahmen einer Nichtigkeitsklage die Unerheblichkeit eines geltend gemachten Klagegrundes seine mangelnde Eignung bezeichnet, in dem Fall, dass das entsprechende Vorbringen zutrifft, die vom Kläger angestrebte Nichtigerklärung herbeizuführen(40). Typischerweise unerheblich ist ein Klagegrund, mit dem ein Aspekt einer Handlung in Fällen beanstandet wird, in denen die Handlung sich rechtswirksam auch nur auf andere Gründe oder Aspekte stützen kann(41). Unter diesen Umständen kann das Gericht nach dem Grundsatz der Verfahrensökonomie davon absehen, einen solchen Klagegrund zu prüfen, da er jedenfalls die Rechtmäßigkeit des in Rede stehenden Rechtsakts nicht beeinflusst(42).

61.      In der vorliegenden Rechtssache wäre selbst dann, wenn das Gericht festgestellt hätte, dass der Rat Art. 2 Abs. 1 Buchst. d des Beschlusses 2014/145 in geänderter Fassung auf den Kläger fehlerhaft angewandt hätte, der verfügende Teil des Beschlusses des Rates – mit dem ihm im Wesentlichen die Einreise in die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten verboten wird und alle seine Gelder in diesen Hoheitsgebieten eingefroren werden – unberührt geblieben und die in Rede stehenden Rechtsakte müssten gleichwohl für rechtmäßig erklärt werden. Dies ist genau die Art von Fallgestaltung, auf die sich das Urteil Bank Tejarat bezieht, das auf der allgemein anerkannten Prämisse beruht, dass die Nichtigerklärung eines Rechtsakts sich nur auf den verfügenden Teil des Rechtsakts auswirkt, der der gerichtlichen Kontrolle unterliegt, und nicht auf die Begründung, auf die das betreffende Organ seine Entscheidung gestützt hat.

62.      Ferner gilt zwar für Handlungen der Unionsorgane die Vermutung der Rechtmäßigkeit, diese Vermutung erstreckt sich jedoch, wie vom Rechtsmittelführer vorgebracht, nur auf den verfügenden Teil des betreffenden Rechtsakts und nicht auf die Begründung, auf die dieser verfügende Teil gestützt wird. Dies bedeutet, dass bei einer vom Gericht aus Gründen der Verfahrensökonomie abgelehnten Prüfung der Rechtmäßigkeit eines der Aufnahmekriterien, die auf eine von restriktiven Maßnahmen betroffene Person angewandt werden, wie dies hier der Fall ist, für die Beurteilung des Rates im Hinblick auf ein alternatives Kriterium nicht die Vermutung gelten kann, dass sie durch das Urteil des Gerichts bestätigt wird. Insoweit ist der Rechtsmittelführer meines Erachtens zu Unrecht der Ansicht, dass die vom Gericht unterlassene Prüfung seiner Aufnahme nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. d des Beschlusses 2014/145 in geänderter Fassung sein Recht auf wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz beeinträchtigen könne.

63.      Ferner sind die beiden in der vorliegenden Rechtssache angewandten Aufnahmekriterien, anders als im Urteil Bank Tejarat, zwar nicht nur auf verschiedene Fallgestaltungen ausgerichtet, sondern unterscheiden sich auch ihrer Art nach erheblich. Wie sich aus dem ersten Teil der vorliegenden Schlussanträge ergibt, kann nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. g des Beschlusses 2014/145 in geänderter Fassung eine Person letztlich aufgrund ihrer Tätigkeit als führende Geschäftsperson in einem für die Regierung der Russischen Föderation rentablen Wirtschaftssektor in die Liste aufgenommen werden. Dagegen ist der in die Liste aufzunehmenden Person nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. d des Beschlusses 2014/145 in geänderter Fassung das Verhalten zugeordnet, russische Entscheidungsträger, die für die Annexion der Krim oder die Destabilisierung der Ukraine verantwortlich sind, materiell oder finanziell zu unterstützen oder von diesen zu profitieren.

64.      Dass die auf den Rechtsmittelführer angewandten Aufnahmekriterien unterschiedlicher Art sind, ist jedoch nicht geeignet, die oben in den Nrn. 60 und 61 genannten konzeptionellen Erwägungen in Zweifel zu ziehen. Auch führt dieser Umstand, dass die Aufnahmekriterien unterschiedlicher Art sind, nicht dazu, dass aus ihnen gesonderte Bestandteile würden, die vom übrigen Teil des Beschlusses des Rates getrennt werden könnten, so dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs(43) eine Teilnichtigkeit dieses Beschlusses möglich wäre.

65.      Schließlich hat der Gerichtshof entschieden, dass eine Person, deren Name in die Liste von Personen, deren Vermögenswerte eingefroren werden, aufgenommen wurde, unter Berücksichtigung der Auswirkungen auf ihren Ruf, auch nach Streichung ihres Namens von dieser Liste zumindest ein immaterielles Interesse an der Nichtigerklärung dieser Aufnahme behält, um vom Unionsrichter anerkennen zu lassen, dass sie niemals in eine solche Liste hätte aufgenommen werden dürfen(44). In jenem Urteil hat der Gerichtshof bestätigt, dass eine Person auf der Grundlage ihres Rechts auf Schutz ihres guten Rufs ein Interesse daran behält, die Nichtigerklärung einer Entscheidung des Rates zur Aufnahme in die Liste zu erwirken, auch wenn dieses Organ nach einer regelmäßigen Überprüfung die Entscheidung trifft, sie aus der Liste zu streichen. Die Fallgestaltung der vorliegenden Rechtssache unterscheidet sich hiervon jedoch darin, dass wiederum die Prüfung eines alternativen Aufnahmekriteriums durch das Gericht jedenfalls nicht zur Nichtigerklärung der in Rede stehenden Rechtsakte führen könnte. Daher und in Übereinstimmung mit den Erörterungen in der mündlichen Verhandlung ist der dem Rechtsmittelführer zur Verfügung stehende Rechtsbehelf zum Schutz seines guten Rufs eine Schadensersatzklage nach Art. 340 AEUV(45).

66.      Aufgrund der vorstehenden Erwägungen konnte das Gericht meines Erachtens zu Recht zu dem Ergebnis kommen, dass in dem Fall, dass festgestellt wird, dass eines der Kriterien, die die Aufnahme einer Person in die Liste rechtfertigen, erfüllt ist, eine weitere Prüfung der Begründung eines alternativen Aufnahmekriteriums, auf das der Rat sich als Grundlage für denselben Beschluss gestützt hat, nicht erforderlich ist. Demnach – und da das Gericht die Rechtmäßigkeit der Aufnahme nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. d des Beschlusses 2014/145 in geänderter Fassung nicht prüfen musste – macht der Rechtsmittelführer zu Unrecht einen Rechtsfehler des Gerichts geltend.

67.      Der erste Rechtsmittelgrund ist daher zurückzuweisen.

V.      Ergebnis

68.      Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, das Rechtsmittel in Bezug auf den zweiten und den vierten Rechtsmittelgrund zurückzuweisen, soweit sie die Auslegung von Art. 2 Abs. 1 Buchst. g des Beschlusses 2014/145 in geänderter Fassung betreffen. Ferner schlage ich dem Gerichtshof vor, das Rechtsmittel in Bezug auf den ersten Rechtsmittelgrund zurückzuweisen.

69.      Von einer Stellungnahme zu den übrigen, vom Rechtsmittelführer vorgebrachten Rechtsmittelgründen sowie zu der Frage, welcher Partei nach Art. 184 Abs. 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs die Kosten aufzuerlegen sind, sehe ich ab.















































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