T-613/23 – Flett/ Kommission

T-613/23 – Flett/ Kommission

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Language of document : ECLI:EU:T:2025:749

Vorläufige Fassung

URTEIL DES GERICHTS (Vierte erweiterte Kammer)

23. Juli 2025(*)

„ Öffentlicher Dienst – Beamte – Einstellung – Stellenausschreibung – Führungskräfte bei der Kommission – Ablehnung einer Bewerbung – Ernennung eines anderen Bewerbers – Unregelmäßigkeiten beim Einstellungsverfahren – Offensichtlicher Beurteilungsfehler – Einrede der Rechtswidrigkeit – Rechtssicherheit – Delegation der Präsidentin der Kommission auf ihren Kabinettschef – Haftung “

In der Rechtssache T‑613/23,

James Flett, wohnhaft in Brüssel (Belgien), vertreten durch Rechtsanwältin L. Levi,

Kläger,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch M. Brauhoff und A. Sauka als Bevollmächtigte im Beistand des Rechtsanwalts D. Waelbroeck und der Rechtsanwältin A. Duron,

Beklagte,

erlässt

DAS GERICHT (Vierte erweiterte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten R. da Silva Passos sowie der Richterinnen N. Półtorak, I. Reine, T. Pynnä (Berichterstatterin) und des Richters H. Cassagnabère,

Kanzler: P. Cullen, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

auf die mündliche Verhandlung vom 9. Januar 2025

folgendes

Urteil

1        Mit seiner Klage nach Art. 270 AEUV beantragt der Kläger, Herr James Flett, zum einen die Aufhebung der Entscheidung der Europäischen Kommission vom 25. Januar 2023, mit der eine andere Person als er zum Juristischen Hauptberater des Teams Handelspolitik und Welthandelsorganisation des Juristischen Dienstes der Kommission ernannt wurde (im Folgenden: angefochtene Entscheidung), und zum anderen den Ersatz des Schadens, der ihm durch diese Entscheidung entstanden sein soll.

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

2        Am 23. Mai 2022 veröffentlichte die Kommission eine Ausschreibung für die Stelle des Juristischen Hauptberaters des Teams Handelspolitik und Welthandelsorganisation, in der die Bewertungskriterien für die Stellenanforderungen festgelegt wurden. In der Stellenausschreibung hieß es, dass der ausgewählte Bewerber in die Besoldungsgruppe AD 14 oder AD 15 eingestellt werde.

3        Nach der Veröffentlichung dieser Stellenausschreibung bewarben sich um diese Stelle acht Bewerber, darunter der Kläger.

4        Am 8. September 2022 wurden diese acht Bewerber vom Vorauswahlgremium der Kommission zu einem Gespräch empfangen. In diesem Gespräch stellte das Vorauswahlgremium fünf Fragen an die Bewerber, um die in der Stellenausschreibung genannten Bewertungskriterien zu prüfen und jedem Bewerber eine Punktzahl zuzuweisen.

5        Am 27. Oktober 2022 wählte der Beratende Ausschuss für Ernennungen (im Folgenden: BAE) auf der Grundlage des Vorauswahlberichts und der entsprechenden Bewertungstabellen im Rahmen der ersten Phase des Auswahlverfahrens (im Folgenden: erste Phase) die drei Bewerber mit den höchsten Punktzahlen aus, darunter den Kläger, der die beste Punktzahl erzielt hatte. Diese drei Bewerber sollten anschließend an den Prüfungen des Assessment-Centers und an einem Gespräch mit dem BAE im Rahmen der zweiten Phase des Auswahlverfahrens teilnehmen (im Folgenden: zweite Phase).

6        Am 22. November 2022 nahm der Kläger an den Prüfungen des Assessment-Centers teil, die Einzel- und Gruppenaufgaben sowie eingehende Gespräche zu den Führungskompetenzen umfassten. Auf dieser Grundlage wurde für jeden Bewerber ein Bericht erstellt.

7        Am 1. Dezember 2022 wurde der Kläger zu einem Gespräch mit dem BAE empfangen, ebenso wie die beiden anderen verbliebenen Bewerber. Am Ende der zweiten Phase vertrat der BAE die Auffassung, dass der Kläger nicht über die „richtige Mischung von Fähigkeiten und Erfahrung“ verfüge, und berücksichtigte ihn nicht für ein Gespräch mit der Präsidentin der Kommission (im Folgenden: Präsidentin). Nur A, ein anderer Bewerber, wurde für dieses Gespräch ausgewählt.

8        Am 25. Januar 2023 erließ die Kommission die angefochtene Entscheidung, mit der A (und nicht der Kläger) zum Juristischen Hauptberater des Teams Handelspolitik und Welthandelsorganisation ernannt wurde.

9        Am 28. Februar 2023 legte der Kläger Beschwerde gegen die angefochtene Entscheidung ein.

10      Am 27. Juni 2023 wies die Kommission die Beschwerde des Klägers gegen die angefochtene Entscheidung zurück (im Folgenden: Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde).

 Anträge der Parteien

11      Der Kläger beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben,

–        die Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde aufzuheben;

–        die Kommission zu verurteilen, den ihm entstandenen Schaden zu ersetzen;

–        der Kommission aufzugeben, sich förmlich zu entschuldigen und die Behauptung, dass er für die fragliche Stelle nicht geeignet sei, zurückzunehmen;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

12      Die Kommission beantragt im Wesentlichen,

–        die Klage abzuweisen;

–        dem Kläger die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

 Zur Zuständigkeit des Gerichts für die Entscheidung über den vierten Klageantrag

13      Der Kläger beantragt, dass die Kommission sich förmlich entschuldigt und die Behauptung zurücknimmt, dass er für die fragliche Stelle nicht geeignet sei.

14      Nach ständiger Rechtsprechung sind die Unionsgerichte im Rahmen der Rechtmäßigkeitskontrolle nach Art. 91 des Statuts der Beamten der Europäischen Union nicht befugt, der Verwaltung Anordnungen zu erteilen (Urteile vom 9. Dezember 2020, GV/Kommission, T‑705/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:590, Rn. 155, und vom 30. April 2025, EL/Kommission, T‑325/24, nicht veröffentlicht, EU:T:2025:424, Rn. 10).

15      Folglich ist der Antrag des Klägers wegen Unzuständigkeit zurückzuweisen.

 Zum Klagegegenstand

16      Der Kläger beantragt, die angefochtene Entscheidung und die Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde aufzuheben. Er macht geltend, die letztgenannte Entscheidung enthalte mehr als eine bloße Bestätigung der angefochtenen Entscheidung, ohne seine Behauptung genau zu untermauern.

17      Nach ständiger Rechtsprechung sind die Verwaltungsbeschwerde im Sinne von Art. 90 Abs. 2 des Statuts der Beamten der Europäischen Union und ihre ausdrückliche oder stillschweigende Zurückweisung Bestandteil eines komplexen Verfahrens und nur eine Vorbedingung für die Anrufung des Gerichts. Unter diesen Umständen bewirkt die Klageerhebung, selbst wenn sie formal gegen die Zurückweisung der Beschwerde gerichtet ist, dass das Gericht mit der beschwerenden Maßnahme befasst wird, gegen die die Beschwerde gerichtet ist, es sei denn, die Zurückweisung der Beschwerde hat eine andere Tragweite als die Maßnahme, gegen die sich die Beschwerde richtet (vgl. Urteil vom 11. November 2020, AD/ECHA, T‑25/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:536, Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung).

18      Außerdem stellt unter Berücksichtigung des evolutiven Charakters des Vorverfahrens eine ausdrückliche Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde, die nur zusätzliche Erläuterungen enthält und sich somit darauf beschränkt, die Gründe für die Bestätigung der früheren Entscheidung im Einzelnen darzulegen, keine beschwerende Maßnahme dar. Aus demselben evolutiven Charakter des Vorverfahrens folgt jedoch, dass diese zusätzlichen Angaben bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Handlung zu berücksichtigen sind (Urteil vom 7. September 2022, Migadakis/ENISA, T‑507/21, nicht veröffentlicht, EU:T:2022:507, Rn. 13).

19      Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde die angefochtene Entscheidung bestätigt und die Gründe angibt, auf denen diese beruht. Der Umstand, dass sich die Kommission als Antwort auf das Vorbringen des Klägers in der Beschwerde veranlasst sah, die Begründung der angefochtenen Entscheidung zu präzisieren, vermag es nicht zu rechtfertigen, die Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde als eigenständige, den Kläger beschwerende Maßnahme anzusehen.

20      Da der Antrag auf Aufhebung der Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde keinen eigenständigen Gehalt hat, ist die Klage als formell gegen die angefochtene Entscheidung gerichtet anzusehen, deren Begründung durch die Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde präzisiert wird. Die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung muss daher unter Berücksichtigung der Begründung in der Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde geprüft werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 2. April 2020, Veit/EZB, T‑474/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:140, Rn. 24 und 25).

 Zum Aufhebungsantrag

21      Der Kläger stützt seine Klage auf vier Klagegründe. Der erste Klagegrund wird auf den Verstoß gegen die Vorschriften über das Einstellungsverfahren sowie gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung gestützt. Der zweite Klagegrund wird auf offensichtliche Beurteilungsfehler gestützt. Der dritte Klagegrund wird auf die Rechtswidrigkeit des Beschlusses der Kommission über die Politik der Gleichstellung der Geschlechter gestützt, der im Protokoll der 2351. Sitzung der Kommission vom 30. September 2020 in Brüssel (Belgien) (PV[2020] 2351 final vom 11. November 2020) (im Folgenden: Beschluss über die Gleichstellungspolitik) enthalten ist. Der vierte Klagegrund wird darauf gestützt, dass die Entscheidung der Präsidentin, ihre Befugnisse für das Gespräch mit A auf ihren Kabinettschef zu delegieren, nicht durch das Vorliegen zwingender dienstlicher Gründe gerechtfertigt sei und gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit verstoße.

 Zum ersten Klagegrund: Nichtbeachtung der Vorschriften über das Einstellungsverfahren und Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung

22      Mit seinem ersten Klagegrund macht der Kläger geltend, die Kommission habe gegen die Nrn. 5.2.6 und 5.2.7 der Entscheidung SEC(2004) 1352/2 der Kommission vom 26. Oktober 2004 zur Festlegung ihrer Politik betreffend die höheren Führungskräfte (im Folgenden: Entscheidung betreffend die höheren Führungskräfte) sowie gegen Art. 1 Abs. 1 der Verfahrensordnung des BAE verstoßen. Jedenfalls habe die Kommission gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung verstoßen.

23      Erstens habe der BAE nach Nr. 5.2.6 Abs. 2 der Entscheidung betreffend die höheren Führungskräfte eine Auswahlliste erstellen müssen, die alle Bewerber umfasse, die nach den in der Stellenausschreibung veröffentlichten Kriterien ordnungsgemäß qualifiziert gewesen seien. Auch wenn der BAE die Auswahlliste auf eine „Gruppe von Bewerbern“ habe beschränken dürfen, habe dies ihm im vorliegenden Fall nicht erlaubt, nur einen einzigen Bewerber auf dieser Liste zu belassen, da er sonst rechtswidrig handeln oder seine Entscheidung an einem Verfahrensmissbrauch leiden würde.

24      Im Übrigen habe der BAE im Rahmen der ersten Phase bestätigt, dass der Kläger ein ordnungsgemäß qualifizierter Bewerber sei. In der zweiten Phase habe der BAE die Ansicht vertreten, dass er nicht über die „richtige Mischung von Fähigkeiten und Erfahrungen“ verfüge, was jedoch keine Änderung der Stellungnahme gegenüber der in der ersten Phase abgegebenen Stellungnahme erkennen lasse.

25      Zweitens könne Art. 1 Abs. 1 der Verfahrensordnung des BAE, wonach die Bewerber in der Lage sein müssten, Aufgaben der höheren Führungsebene wahrzunehmen, es nicht rechtfertigen, dass am Ende der zweiten Phase nur ein einziger Bewerber ausgewählt werde; andernfalls könne der BAE auf Anweisung des Kabinettschefs der Präsidentin willkürlich Bewerber ausschließen.

26      Drittens habe der BAE eine vergleichende Bewertung der drei für die Zwecke der zweiten Phase ausgewählten Bewerber vorgenommen.

27      Viertens macht der Kläger geltend, dass ihm unter Verstoß gegen Nr. 5.2.7 der Entscheidung betreffend die höheren Führungskräfte ein Gespräch mit der Präsidentin verweigert worden sei, da er vom BAE am Ende der zweiten Phase für ein Gespräch hätte ausgewählt werden müssen.

28      Fünftens weist der Kläger darauf hin, dass die Kommission in der Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde geltend gemacht habe, die Präsidentin behalte die Möglichkeit, ihn zu einem Gespräch einzuladen, auch wenn seine Bewerbung am Ende der zweiten Phase vom BAE ausgeschlossen worden sei. Der behauptete Verfahrensfehler werde durch das Bestehen einer solchen Möglichkeit jedoch nicht geheilt.

29      Sechstens habe die Kommission gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung verstoßen.

30      Die Kommission tritt dem Vorbringen des Klägers entgegen.

31      Der Kläger macht im Wesentlichen geltend, dass seine Nichtberücksichtigung im Rahmen der Vorauswahl für ein Gespräch mit der Präsidentin am Ende der zweiten Phase einen Verstoß gegen die anwendbaren Verfahrensvorschriften darstelle.

32      Erstens hat der BAE gemäß Nr. 5.2.6 der Entscheidung betreffend die höheren Führungskräfte nur die „Stärke der Verdienste“ der Bewerber zu beurteilen, um ihr Qualifikationsniveau für die zu besetzende Stelle unter Berücksichtigung der Ergebnisse der mit ihnen geführten eingehenden Gespräche und der Ergebnisse der Prüfungen des Assessment-Centers zu beurteilen, zu denen u. a. Gespräche „zu den Führungskompetenzen“ gehören. Der BAE muss dann eine Liste von Bewerbern erstellen, die „alle Bewerber [enthält], die [seiner Ansicht nach] dem in der ursprünglichen Stellenbeschreibung festgelegten Profil entsprechen, d. h. die geeigneten Bewerber“. Diese Liste muss den Mitgliedern des zuständigen Ausschusses eine „ausreichende Auswahl“ von Bewerbern bieten, aber gleichzeitig von überschaubarer Länge sein, um ihnen nicht die „schwere Last der vergleichenden Bewertung einer großen Anzahl von Bewerbern“ aufzubürden.

33      Im Übrigen erwähnt Nr. 5.2.7 der Entscheidung betreffend die höheren Führungskräfte ausdrücklich „den oder die vorausgewählten Bewerber“, die vom zuständigen Kommissar zu einem Gespräch empfangen wurden. Da der BAE verpflichtet ist, Bewerber auszuschließen, die nicht über die in der Stellenausschreibung verlangten Fähigkeiten verfügen, insbesondere über die Fähigkeit zur Wahrnehmung von Funktionen der höheren Führungsebene, schließen die genannten Bestimmungen es nicht aus, dass am Ende der zweiten Phase nur ein einziger Bewerber ausgewählt wird.

34      Im vorliegenden Fall nannte der BAE am Ende der zweiten Phase die Stärken des Klägers sowie bestimmte verbesserungsbedürftige Aspekte, bevor er zu dem Ergebnis kam, dass dieser „unter Berücksichtigung aller bei dem Gespräch [mit ihm] bewerteten Gesichtspunkte“ nicht über die „richtige Mischung von Fähigkeiten und Erfahrungen zur Ausübung dieser besonderen Funktion der höheren Führungsebene“ verfüge. Der BAE hat daher nicht gegen Nr. 5.2.6 der Entscheidung betreffend die höheren Führungskräfte verstoßen, als er die Auffassung vertrat, dass der Kläger nicht über die für die fragliche Stelle erforderlichen Fähigkeiten verfüge, und beschloss, ihn nicht für ein Gespräch mit der Präsidentin auszuwählen. Auch der Umstand, dass nur ein einziger anderer Bewerber vom BAE am Ende der zweiten Phase ausgewählt wurde, ist nicht geeignet, einen Verstoß gegen diese Bestimmung zu begründen.

35      Außerdem steht der Umstand, dass der Kläger vom Vorauswahlgremium und dann vom BAE im Rahmen der ersten Phase ausgewählt wurde, angesichts des stufenweisen Charakters des Auswahlverfahrens nicht im Widerspruch zu der Entscheidung des BAE, ihn am Ende der zweiten Phase von der Auswahlliste auszuschließen. Dieser stufenweise Charakter ergibt sich insbesondere aus Nr. 5.2.6 Abs. 2 der Entscheidung betreffend die höheren Führungskräfte, in dem die Notwendigkeit betont wird, in diesem Stadium zu beurteilen, inwieweit die Bewerber für die fragliche Stelle geeignet sind.

36      Schließlich ist, wie die Kommission geltend macht, das Vorbringen des Klägers, das Verfahren sei zweckentfremdet worden, nicht belegt und stellt jedenfalls die oben in Rn. 34 getroffenen Feststellungen nicht in Frage. Daher ist dieses Vorbringen zurückzuweisen.

37      Zweitens macht der Kläger geltend, Art. 1 Abs. 1 der Verfahrensordnung des BAE könne nicht rechtfertigen, dass er am Ende der zweiten Phase vom Verfahren ausgeschlossen worden sei, da dieser Artikel unter Beachtung von Nr. 5.2.6 der Entscheidung betreffend die höheren Führungskräfte anzuwenden sei.

38      Art. 1 Abs. 1 der Verfahrensordnung des BAE bestimmt, dass dieser „die Bewerber in Bezug auf ihre Befähigung zur Wahrnehmung von Aufgaben der höheren Führungsebene [beurteilt]“. Dieses Auswahlkriterium findet sich auch in der Stellenausschreibung sowie in Nr. 5.2.6 der Entscheidung betreffend die höheren Führungskräfte, wonach die zweite Phase u. a. Gespräche „zu den Führungskompetenzen“ umfasst, wie oben in Rn. 32 ausgeführt.

39      Die Fähigkeit der Bewerber, Funktionen der höheren Führungsebene wahrzunehmen, muss daher vom BAE in der zweiten Phase eingehend geprüft werden und kann in diesem fortgeschrittenen Stadium des Verfahrens den Ausschluss von Bewerbern rechtfertigen, trotz der Qualifikationen über die sie möglicherweise im Übrigen verfügen.

40      Im vorliegenden Fall deutet die Schlussfolgerung des BAE am Ende der zweiten Phase, wonach der Kläger nicht über die „richtige Mischung von Fähigkeiten und Erfahrungen zur Ausübung dieser besonderen Funktion der höheren Führungsebene“ verfügt habe, darauf hin, dass der Kläger nicht über die für die fragliche Stelle erforderlichen Führungskompetenzen verfügte.

41      Der Umstand, dass der Kläger am Ende der zweiten Phase im Hinblick auf das in Art. 1 Abs. 1 der Verfahrensordnung des BAE genannte Kriterium nicht berücksichtigt wurde, steht somit nicht im Widerspruch zu Nr. 5.2.6 der Entscheidung betreffend die höheren Führungskräfte.

42      Schließlich ist das Vorbringen des Klägers, dass der BAE die Möglichkeit habe, Bewerber auf Anweisung des Kabinettschefs der Präsidentin willkürlich auszuschließen, nicht belegt. Darüber hinaus beruhte die Nichtauswahl des Klägers am Ende der zweiten Phase auf den oben in Rn. 34 genannten Gründen. Dieses Vorbringen des Klägers ist daher zurückzuweisen.

43      Drittens ist das Vorbringen einer vergleichenden Bewertung der Bewerber unbegründet. Die Schlussfolgerung, dass der Kläger nicht über die „richtige Mischung aus Fähigkeiten und Erfahrung“ verfügt habe, kann nämlich nicht darauf hindeuten, dass der BAE die Verdienste des Klägers im Vergleich zu den beiden anderen Bewerbern, die noch im Rennen waren, beurteilt habe. Es zeigt vielmehr, dass der Kläger nach Ansicht des BAE nicht über das erforderliche Befähigungsniveau verfügte, um von der Präsidentin zu einem Gespräch empfangen zu werden, wie oben aus Rn. 34 hervorgeht.

44      Viertens hat der BAE den Kläger in Anbetracht dessen, dass er nicht das für die fragliche Stelle erforderliche Qualifikationsniveau erfüllte, nicht für ein Gespräch mit der Präsidentin vorausgewählt. Die Präsidentin war daher nicht verpflichtet, ihn einzuladen, wie aus Nr. 5.2.7 der Entscheidung betreffend die höheren Führungskräfte hervorgeht.

45      Fünftens räumt Nr. 5.2.7 der Entscheidung betreffend die höheren Führungskräfte der Präsidentin die Möglichkeit ein, die vom BAE am Ende der zweiten Phase vom Verfahren ausgeschlossenen Bewerber unter bestimmten Voraussetzungen einzuladen, wenn sich die vom BAE ausgewählten Bewerber als nicht zufriedenstellend erweisen.

46      Gleichwohl kommt, wie der Kläger hervorhebt, die oben in Rn. 45 genannte Möglichkeit nicht einem Recht des Klägers gleich, von der Präsidentin zu einem Gespräch empfangen zu werden, da er vom BAE am Ende der zweiten Phase nicht vorausgewählt wurde.

47      Sechstens macht der Kläger in der Klageschrift geltend, dass „aus den oben dargelegten Gründen auch und jedenfalls ein Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung vorliegt“. Der Kläger verweist daher auf sein Vorbringen, dass er vom BAE am Ende der zweiten Phase hätte ausgewählt werden müssen, ohne dies weiter zu untermauern. Da dieses Vorbringen bereits als unbegründet zurückgewiesen worden ist, kann es nicht ohne weitere Erläuterung zur Feststellung eines Verstoßes gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung führen.

48      In der Erwiderung führt der Kläger im Übrigen aus, er sei „besorgt angesichts des offensichtlichen Fehlens ordnungsgemäßer Verwaltung in Bezug auf die Dokumente und Unterlagen, aus denen sich die Akte in verschiedenen Verfahrensstadien zusammensetze“. Er argumentiert, dem BAE müsse in der zweiten Phase der Vorauswahlbericht zur Verfügung stehen. Zudem trägt er u. a. vor, dass die Präsidentin alle Dokumente hätte erhalten müssen, die sich auf ihn bezogen hätten. Die Kommission habe aber nicht nachgewiesen, dass diese Dokumente tatsächlich versandt worden seien.

49      Ein solches Vorbringen findet sich jedoch nicht in der Klageschrift, insbesondere nicht zur Stützung des geltend gemachten Verstoßes gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung.

50      In der Klageschrift macht der Kläger nämlich lediglich geltend, die angeblich unvollständige Akte, die der Präsidentin vom BAE übermittelt worden sei, habe es dieser nicht ermöglicht, „ernsthaft“ zu beurteilen, ob es angebracht gewesen sei, ihn trotz seines Ausschlusses vom Verfahren durch den BAE zu einem Gespräch einzuladen. Die Präsidentin sei daher nicht in der Lage gewesen, von der (oben in Rn. 45) genannten Möglichkeit Gebrauch zu machen.

51      Folglich bringt der Kläger diese Argumentation nicht vor, um einen Verstoß gegen den Grundsatz der guten Verwaltung darzutun, der separat geltend gemacht wird.

52      Nach ständiger Rechtsprechung muss die Klageschrift gemäß Art. 21 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, der gemäß ihrem Art. 53 Abs. 1 auf das Verfahren vor dem Gericht anwendbar ist, sowie nach Art. 76 Buchst. d der Verfahrensordnung des Gerichts den Streitgegenstand, die geltend gemachten Klagegründe und Argumente sowie eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten. Diese Angaben müssen so klar und genau sein, dass dem Beklagten die Vorbereitung seiner Verteidigung und dem Gericht die Entscheidung über die Klage, gegebenenfalls auch ohne weitere Informationen, ermöglicht wird. Um die Rechtssicherheit und eine ordnungsgemäße Rechtspflege zu gewährleisten, ist es für die Zulässigkeit einer Klage erforderlich, dass sich die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf die sich die Klage stützt, zusammenhängend und verständlich unmittelbar aus der Klageschrift ergeben (vgl. Beschluss vom 17. November 2020, González Calvet/SRB, T‑257/20, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:541, Rn. 9 und die dort angeführte Rechtsprechung).

53      Da in der Klageschrift nicht dargelegt wird, aus welchen Gründen die Kommission gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung verstoßen haben soll, kann das Vorbringen des Klägers im Stadium der Erwiderung die mangelnde Klarheit der Klageschrift nicht heilen.

54      Folglich ist die sechste Rüge im Licht der oben in Rn. 52 angeführten Rechtsprechung als unzulässig zurückzuweisen.

55      Demzufolge ist der erste Klagegrund zurückzuweisen.

 Zum zweiten Klagegrund: offensichtliche Beurteilungsfehler

56      Mit seinem zweiten Klagegrund macht der Kläger zum einen geltend, der BAE habe einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, indem er ihn nicht für ein Gespräch mit der Präsidentin empfohlen habe, ohne zu bestreiten, dass er nach den in der Stellenausschreibung veröffentlichten Kriterien geeignet sei.

57      Der Kläger weist darauf hin, dass dieser offensichtliche Beurteilungsfehler des BAE eng mit dem im Rahmen des ersten Klagegrundes beschriebenen Verstoß zusammenhänge, sich aber von diesem unterscheide. Dieser Fehler habe sowohl für ihn als auch für die Kommission nicht nur verfahrensrechtliche, sondern auch materielle Folgen gehabt.

58      Zum anderen macht der Kläger geltend, wenn der BAE am Ende der zweiten Phase zu der Auffassung gelangt sei, dass er kein geeigneter Bewerber sei, der BAE im Hinblick auf seine Qualifikationen und seine Erfahrung einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen habe. Die Analyse des BAE am Ende der ersten Phase habe im Stadium der zweiten Phase weder auf der Grundlage des (oben in Rn. 6 erwähnten) Berichts des Assessment-Centers noch auf der Grundlage des Gesprächs entkräftet werden können.

59      Hilfsweise macht der Kläger geltend, unabhängig von den Schlussfolgerungen des BAE hätte er, wenn A als geeigneter Bewerber eingestuft worden sei, ebenfalls in dieser Weise eingestuft und zu einem Gespräch mit der Präsidentin eingeladen werden müssen.

60      Die Kommission tritt dem Vorbringen des Klägers entgegen.

61      Nach der Rechtsprechung kann ein Ermessensfehler nur dann als offenkundig eingestuft werden, wenn er leicht anhand der Kriterien erkannt werden kann, von denen der Gesetzgeber die Ausübung einer Entscheidungsgewalt abhängig machen wollte. Für die Feststellung, dass die Verwaltung bei der Würdigung des Sachverhalts einen offensichtlichen Fehler begangen hat, der die Aufhebung einer Entscheidung rechtfertigt, müssen die vom Kläger beizubringenden Beweise daher ausreichen, um die Beurteilung der Verwaltung als nicht plausibel erscheinen zu lassen. Mit anderen Worten ist der Klagegrund eines offensichtlichen Fehlers zurückzuweisen, wenn die angegriffene Beurteilung trotz der vom Kläger beigebrachten Beweise als nach wie vor richtig oder gültig angesehen werden kann (Urteil vom 20. Oktober 2021, ZU/Kommission, T‑671/18 und T‑140/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:715, Rn. 199).

62      Außerdem verfügt der Vorauswahlausschuss, insbesondere wenn die zu besetzende Stelle ein sehr hohes Niveau hat, bei der Beurteilung der Verdienste der Bewerber um eine solche Stelle über ein weites Ermessen. Im Übrigen sind die Beurteilungen, die der Vorauswahlausschuss bei der Bewertung der Eignung der Bewerber vornimmt, Ausdruck eines Werturteils über die Prüfungsleistung jedes Bewerbers und fallen unter das oben genannte Ermessen. Sie können vom Richter nur überprüft werden, wenn ein offensichtlicher Verstoß gegen die Vorschriften vorliegt, die für die Arbeiten des Prüfungsausschusses gelten. Es kommt dem Gericht nämlich nicht zu, die vom Prüfungsausschuss vorgenommene Beurteilung durch seine eigene zu ersetzen (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 21. Dezember 2022, OM/Kommission, T‑118/22, nicht veröffentlicht, EU:T:2022:849, Rn. 74 und 75).

63      Daher sind die beiden offensichtlichen Beurteilungsfehler, die der Kläger geltend macht, im Licht der vorstehenden Erwägungen zu prüfen.

64      Was den ersten behaupteten offensichtlichen Beurteilungsfehler betrifft, entwickelten sich, wie oben in den Rn. 35 und 39 dargelegt, die Kriterien für die Auswahl der Bewerber in den aufeinanderfolgenden Teilen des Auswahlverfahrens. Daher stellt der Umstand, dass die Beurteilung der Verdienste des Bewerbers zwischen der ersten und der zweiten Phase präzisiert wurde, für sich genommen keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler dar, sondern spiegelt den schrittweisen Charakter der zur Besetzung der fraglichen Stelle festgelegten Anforderungen wider. Das entsprechende Vorbringen des Klägers ist zurückzuweisen.

65      Was den zweiten behaupteten offensichtlichen Beurteilungsfehler betrifft, macht der Kläger im Wesentlichen geltend, der BAE habe einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, indem er davon ausgegangen sei, dass der Kläger für die Stelle nicht geeignet sei und daher nicht in die der Präsidentin vorgelegte Auswahlliste aufgenommen werden dürfe.

66      Zur Stützung seines Vorbringens beruft sich der Kläger auf seine Erfahrung, seine beruflichen Qualifikationen, seine erfolgreichen Leistungen vor dem Vorauswahlgremium und dem BAE im Rahmen der ersten Phase sowie darauf, dass er „sehr gut vorbereitet war und glaubt, sein Gespräch sehr gut bestanden zu haben“.

67      Die Überzeugung des Klägers, die in dem Gespräch gestellten Fragen richtig beantwortet zu haben, sowie seine Berufserfahrung, wie sie sich aus seinem Lebenslauf und seinem Motivationsschreiben ergibt, können jedoch weder unwiderlegbare Beweise für einen offensichtlichen Beurteilungsfehler des Vorauswahlausschusses darstellen noch diesen Ausschuss bei seiner Beurteilung der Kenntnisse und Fähigkeiten, die der Kläger im mündlichen Gespräch gezeigt hat, binden (vgl. entsprechend Urteil vom 21. Dezember 2022, OM/Kommission, T‑118/22, nicht veröffentlicht, EU:T:2022:849, Rn. 78).

68      Außerdem kann der Besitz von Erfahrung oder Fachkenntnissen in dem der fraglichen Direktion eigenen Bereich eine weniger entscheidende Rolle spielen als der Besitz von allgemeinen Führungs‑, Analyse- und Urteilseigenschaften auf hohem Niveau, da Erfahrung und technische Kenntnisse stets in der Direktion selbst gefunden werden können (Urteil vom 11. Juli 2007, Konidaris/Kommission, T‑93/03, EU:T:2007:209, Rn. 74). Da es sich um ein Kriterium zur Beurteilung einer Fähigkeit und nicht zur Überprüfung von Kenntnissen handelt, kann der Prüfungsausschuss bei der Bewertung eines Bewerbers sowohl dessen Antworten auf Fragen zu anderen Kriterien als auch seine Persönlichkeit berücksichtigen, die aus seinem Verhalten während der mündlichen Prüfung hervorgehen kann (Urteil vom 8. Juli 2010, Wybranowski/Kommission, F‑17/08, EU:F:2010:83, Rn. 66).

69      Im vorliegenden Fall stellte der BAE, wie oben in Rn. 34 ausgeführt, am Ende der zweiten Phase zwar die Stärken des Klägers, aber auch bestimmte verbesserungsbedürftige Aspekte fest, bevor er zu dem Schluss kam, dass der Kläger nicht über die für die fragliche Stelle erforderlichen Fähigkeiten verfüge.

70      Im Übrigen kann der Umstand, dass der Kläger am Ende der ersten Phase ausgewählt wurde, nicht zur Feststellung eines offensichtlichen Beurteilungsfehlers des BAE führen, sofern der zweiten Phase nicht jegliche praktische Wirksamkeit genommen werden soll.

71      Folglich reichen die vom Kläger angeführten Gesichtspunkte nicht aus, um die vom BAE vorgenommene Beurteilung als nicht plausibel erscheinen zu lassen. Sie sind daher nicht geeignet, das Vorliegen eines offensichtlichen Beurteilungsfehlers zu begründen.

72      Hilfsweise macht der Kläger geltend, wenn A „nach den veröffentlichten Kriterien“ als „geeigneter Bewerber“ angesehen worden sei, er zwangsläufig in dieselbe Kategorie hätte eingestuft werden müssen und, wenn für die folgende Phase des Verfahrens nur ein einziger Bewerber hätte ausgewählt werden müssen, er dies hätte sein müssen. In der mündlichen Verhandlung stellte der Kläger klar, dass er nicht die Absicht gehabt habe, eine vergleichende Bewertung zwischen sich und A vorzunehmen.

73      Da der Kläger nicht genau angibt, was seinen Standpunkt stützen soll, sind diese Behauptungen zurückzuweisen.

74      Folglich ist der zweite Klagegrund zurückzuweisen.

 Zum dritten Klagegrund: Rechtswidrigkeit des Beschlusses über die Gleichstellungspolitik

75      Mit seinem dritten Klagegrund macht der Kläger die teilweise Rechtswidrigkeit des Beschlusses über die Gleichstellungspolitik geltend, gemäß derer die Präsidentin ihren Kabinettschef mit der Aufgabe betraute, A zu einem Gespräch am Ende der zweiten Phase zu empfangen. Die angefochtene Entscheidung, die nach diesem Gespräch getroffen worden sei, sei daher rechtswidrig.

76      Zunächst verstoße die der Präsidentin eingeräumte Möglichkeit, das nach Abschluss der zweiten Phase geführte Gespräch zu delegieren, gegen die Regel, dass die Präsidentin selbst die vom BAE vorausgewählten Bewerber zu einem Gespräch empfangen müsse.

77      Sodann stehe diese Delegationsmöglichkeit in keinem Zusammenhang mit dem Ziel, das mit dem Beschluss über die Gleichstellungspolitik verfolgt werde.

78      Darüber hinaus sollte die Präsidentin die Führung der Gespräche nur als letztes Mittel auf ihren Kabinettschef delegieren können, wenn diese nicht auf andere Mitglieder der Kommission delegiert werden könne. Es sei nicht gerechtfertigt, diese Möglichkeit zur Delegation auf den Kabinettschef nur der Präsidentin und nicht den Mitgliedern der Kommission zu gestatten.

79      Im Übrigen könne die Präsidentin die Führung der Gespräche nicht auf einen Beamten delegieren, der nicht über politische Qualifikationen oder Legitimität verfüge.

80      Schließlich erfolge diese Delegation der Präsidentin, die vorrangig den anderen Mitgliedern der Kommission erteilt werden solle und wenn zwingende dienstliche Gründe dies rechtfertigten, systematisch zugunsten ihres Kabinettschefs.

81      Die Kommission weist das Vorbringen des Klägers zurück.

82      Zunächst gehe das Vorbringen des Klägers ins Leere, da die Führung des Gesprächs durch den Kabinettschef der Präsidentin nach der zweiten Phase ihm gegenüber keine Rechtswirkungen erzeugt habe.

83      Sodann weist die Kommission das Vorbringen des Klägers zurück, dass der Beschluss über die Gleichstellungspolitik rechtswidrig sei.

84      Schließlich ist die Kommission jedenfalls der Ansicht, dass die angefochtene Entscheidung selbst dann nicht rechtswidrig wäre, wenn die aufgrund des Beschlusses über die Gleichstellungspolitik vorgenommene Delegation als rechtswidrig angesehen werden sollte, da die Anstellungsbehörde im vorliegenden Fall ihr Kollegium gewesen sei. Sowohl die Präsidentin als auch die Mitglieder der Kommission verfügten über alle relevanten Elemente, um eine eigenständige und fundierte Entscheidung zu treffen.

85      Zunächst ist zu prüfen, ob das Vorbringen des Klägers im Rahmen seines dritten Klagegrundes, dem die Kommission entgegentritt, schlüssig ist, bevor seine Begründetheit geprüft wird.

–       Zur Schlüssigkeit der vom Kläger im Rahmen seines dritten Klagegrundes vorgebrachten Argumente

86      Die Kommission macht geltend, da der Kläger nicht zu einem Gespräch mit der Präsidentin eingeladen worden sei, habe ihn dieser Teil des Auswahlverfahrens rechtlich nicht beeinträchtigt. Jedenfalls sei es allein Sache ihres Kollegiums gewesen, die angefochtene Entscheidung zu erlassen.

87      Der Kläger ist der Ansicht, dass ihn alle Abschnitte des Verfahrens, das zum Erlass der angefochtenen Entscheidung geführt habe, beeinträchtigt hätten, selbst diejenigen, die auf die zweite Phase gefolgt seien. Außerdem hat er in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Präsidentin, wenn sie selbst das Gespräch mit A geführt hätte, auch ihn gemäß Nr. 5.2.7 der Entscheidung betreffend die höheren Führungskräfte eingeladen hätte.

88      In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Beschluss über die Gleichstellungspolitik vorsieht, dass „die vom BAE vorausgewählten Bewerber für die Stelle eines Generaldirektors oder eine Stelle der höheren Führungsebene in einer der Dienststellen der Präsidentin von der Präsidentin selbst angehört werden. In Fällen, die durch zwingende dienstliche Gründe hinreichend begründet sind, kann die Präsidentin diese Aufgabe auf andere Mitglieder der Kommission oder ihren Kabinettschef delegieren, bevor sie dem Kollegium ihren Ernennungsvorschlag vorlegt“.

89      Es stellt sich daher die Frage, ob die Durchführung des Gesprächs mit A durch den Kabinettschef der Präsidentin und nicht durch die Präsidentin selbst, unterstellt sie wäre rechtswidrig, zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung führen könnte. Insoweit ist zu prüfen, ob eine solche Rechtswidrigkeit geeignet war, dem Kläger einen Schaden zuzufügen.

90      Aus Nr. 5.2.7 der Entscheidung betreffend die höheren Führungskräfte ergibt sich, dass das federführende Kommissionsmitglied, im vorliegenden Fall die Präsidentin, auf der Grundlage der Ergebnisse der Gespräche mit dem oder den Bewerbern aus der zweiten Phase der Ansicht sein kann, dass die vom BAE getroffene Auswahl nicht zufriedenstellend sei. In einem solchen Fall kann sie, wenn dies hinreichend begründet ist, im Einvernehmen mit dem für Personal und Verwaltung zuständigen Mitglied der Kommission, am Ende der zweiten Phase mit den vom BAE nicht berücksichtigten Bewerbern Gespräche führen.

91      Gemäß Nr. 5.2.8 der Entscheidung betreffend die höheren Führungskräfte wird die Ernennungsentscheidung vom Kollegium der Kommission auf der Grundlage der begründeten Stellungnahme des BAE und eines begründeten Vorschlags des Kommissionsmitglieds für Personal und Verwaltung gefasst, der im Einvernehmen mit der Präsidentin ausgearbeitet wurde. Diese entscheidet nach den Gesprächen mit den Bewerbern der zweiten Phase auf der Grundlage der mit Gründen versehenen Stellungnahme des BAE und in Abstimmung mit dem betreffenden Generaldirektor, wenn es sich um die Stelle eines Hauptberaters handelt. Weiter heißt es dort, dass der federführende Kommissar, im vorliegenden Fall die Präsidentin, eine führende Rolle bei der endgültigen Auswahl der Personen spielen muss, die unmittelbar für sie auf der höheren Führungsebene arbeiten.

92      Im vorliegenden Fall konnte der Kläger, als A zu einem Gespräch empfangen wurde, noch angehört werden, da die Präsidentin die Möglichkeit behielt, ihn einzuladen, falls sie die Bewerbung von A nach dem Gespräch mit ihrem Kabinettschef nicht zufrieden gestellt hätte. Die Art und Weise, in der dieses Gespräch geführt wurde, und damit die Identität der Person, die damit betraut war, konnte sich jedoch auf das Ergebnis dieses Gesprächs und letztlich auf die Entscheidung der Präsidentin, den Kläger einzuladen oder nicht, auswirken.

93      Außerdem war die in Rede stehende endgültige Ernennungsentscheidung zwar allein Sache des Kollegiums der Kommission, doch ist darauf hinzuweisen, dass nach Nr. 5.2.8 der Entscheidung betreffend die höheren Führungskräfte, wie oben in Rn. 91 ausgeführt, die Rolle der Präsidentin im Vorfeld dieser Ernennung entscheidend blieb.

94      Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Führung des Gesprächs mit A durch den Kabinettschef der Präsidentin – und nicht durch die Präsidentin selbst – geeignet war, dem Kläger durch Beeinträchtigung seiner Rechtsstellung einen Schaden zuzufügen, so dass die Rechtswidrigkeit, die einer derartigen Durchführung des Gesprächs anhaften würde, zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung führen kann.

95      Das Vorbringen der Kommission, der dritte Rechtsmittelgrund gehe ins Leere, ist daher zurückzuweisen.

–       Zur Rechtswidrigkeit des Beschlusses über die Gleichstellungspolitik

96      Der Kläger macht erstens geltend, dass die im Beschluss über die Gleichstellungspolitik vorgesehene Delegation gegen die allgemeine Regel verstoße, dass die Bewerber ein Gespräch mit der Präsidentin führen müssten.

97      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass Nr. 5.2.7 der Entscheidung betreffend die höheren Führungskräfte vorsieht, dass die Bewerber für eine Stelle wie die im vorliegenden Fall in Rede stehende vom federführenden Kommissionsmitglied, hier der Präsidentin, zu einem Gespräch empfangen werden müssen, wenn sie vom BAE am Ende der zweiten Phase ausgewählt werden.

98      Die im Beschluss über die Gleichstellungspolitik vorgesehene Möglichkeit, das Gespräch am Ende der zweiten Phase auf den Kabinettschef zu delegieren, soll dazu dienen, „die Reibungslosigkeit und die Zügigkeit der Verfahren zu gewährleisten“, wenn dies „aus zwingenden dienstlichen Gründen“ gerechtfertigt ist.

99      Da diese Delegationsmöglichkeit darauf abzielt, in hinreichend begründeten Fällen von dem in Nr. 5.2.7 der Entscheidung betreffend die höheren Führungskräfte vorgesehenen Verfahren abzuweichen, stellt sie die grundsätzliche Zuständigkeit der Präsidentin nicht in Frage.

100    Ferner trägt der Kläger vor, dass die der Präsidentin eingeräumte Delegationsmöglichkeit in keinem Zusammenhang mit dem Ziel stehe, das mit dem Beschluss über die Gleichstellungspolitik verfolgt werde.

101    Der Kläger erläutert jedoch nicht, inwiefern dieses Fehlen eines Zusammenhangs geeignet sein soll, die Rechtmäßigkeit des Beschlusses über die Gleichstellungspolitik zu beeinträchtigen.

102    Drittens ist der Kläger der Ansicht, dass die Präsidentin nur dann die Möglichkeit haben sollte, das am Ende der zweiten Phase geführte Gespräch auf ihren Kabinettschef zu delegieren, wenn diese Delegation nicht vorrangig einem Mitglied der Kommission erteilt werden könne.

103    In diesem Zusammenhang weicht der Beschluss über die Gleichstellungspolitik, der 2020 angenommen wurde und speziell die Delegationen durch die Präsidentin regelt, von Nr. 5.2.7 der Entscheidung betreffend die höheren Führungskräfte in der 2007 geänderten Fassung ab.

104    Der Beschluss über die Gleichstellungspolitik von 2020 sieht im Gegensatz zu der 2007 geänderten Entscheidung betreffend die höheren Führungskräfte vor, dass es der Präsidentin freisteht, ihrem Kabinettschef oder einem Mitglied der Kommission unterschiedslos und ohne Rangfolge Delegation zu erteilen.

105    Es ist jedoch festzustellen, dass der Kläger nicht nachgewiesen hat, dass für die Präsidentin dieselben Delegationsregeln gelten sollten wie für die Mitglieder der Kommission, für die eine Delegationsmöglichkeit nur zugunsten der anderen Mitglieder der Kommission und nicht zugunsten ihres Kabinettschefs vorgesehen ist.

106    Viertens ist der Kläger der Ansicht, dass der Kabinettschef der Präsidentin, da er keine politische Legitimation habe, nicht berechtigt sei, Bewerber um eine Hauptberaterstelle in einem Gespräch zu empfangen.

107    Der Kläger beruft sich jedoch nicht auf eine Norm, die es einem zum Kabinettschef der Präsidentin ernannten Beamten verwehrt, punktuell Gespräche mit Bewerbern um eine Hauptberaterstelle zu führen. Darüber hinaus ist hervorzuheben, dass der Kabinettschef ein enger Mitarbeiter der Präsidentin ist, zu dem diese in einem engen Vertrauensverhältnis steht. Dieses Vorbringen ist daher zurückzuweisen.

108    Schließlich macht der Kläger geltend, dass die Präsidentin ihrem Kabinettschef systematisch Delegation erteile.

109    Dieses Vorbringen, das sich auf die Art und Weise bezieht, wie der Beschluss über die Gleichstellungspolitik angewandt wird, vermag nicht die Rechtswidrigkeit dieses Beschlusses belegen. Es ist daher zurückzuweisen, soweit es sich auf die Rechtmäßigkeit des Beschlusses über die Gleichstellungspolitik bezieht.

110    Demnach ist der dritte Klagegrund zurückzuweisen.

 Zum vierten Klagegrund: Rechtswidrigkeit der von der Präsidentin vorgenommenen Delegation

111    Mit seinem vierten Klagegrund bestreitet der Kläger die Rechtmäßigkeit der Delegation des Gesprächs mit A durch die Präsidentin auf ihren Kabinettschef im Hinblick auf die im Beschluss über die Gleichstellungspolitik festgelegten Bedingungen für die Delegation. In Anbetracht dieser Voraussetzungen sei das vom Kabinettschef der Präsidentin geführte Gespräch mit A rechtswidrig gewesen, wobei diese Rechtswidrigkeit dem gesamten Verfahren anhafte und somit auch die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung beeinträchtige.

112    Diese Delegation des Gesprächs auf den Kabinettschef der Präsidentin am Ende der zweiten Phase sei nämlich nicht durch zwingende dienstliche Gründe gerechtfertigt. Da diese Delegation mündlich erfolgt sei, bleibe ihre Begründung unbekannt. Außerdem sei sie unter Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit unzureichend bekannt gemacht worden.

113    Darüber hinaus erlaube der Beschluss über die Gleichstellungspolitik der Präsidentin eine solche Delegation auf ihren Kabinettschef nur für den Fall, dass sie diese nicht vorrangig Mitgliedern der Kommission erteilen könne.

114    Die Kommission weist das Vorbringen des Klägers zurück.

115    Die Kommission ist zunächst der Ansicht, dass das Vorbringen des Klägers ins Leere gehe, da die Führung des Gesprächs durch den Kabinettschef der Präsidentin nach der zweiten Phase ihm gegenüber keine Rechtswirkungen erzeugt habe.

116    Die Kommission ist ferner der Ansicht, dass der Beschluss über die Gleichstellungspolitik nicht verlange, dass die Delegation durch die Präsidentin auf ihren Kabinettschef schriftlich erfolge, da ein solches Erfordernis im Übrigen einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand für die Präsidentin erzeugen könnte.

–       Zur Schlüssigkeit des Vorbringens des Klägers im Rahmen seines vierten Klagegrundes

117    Die Kommission bestreitet die Schlüssigkeit des vierten Klagegrundes, da der Kläger nicht zu einem Gespräch mit der Präsidentin eingeladen worden sei, weshalb ihn dieser Teil des Auswahlverfahrens rechtlich nicht beeinträchtigt habe. Außerdem sei es allein Sache des Kollegiums der Kommission gewesen, die angefochtene Entscheidung zu erlassen.

118    Aus den bereits oben in den Rn. 88 bis 94 dargelegten Gründen ist dieses Vorbringen zurückzuweisen.

–       Zur Rechtswidrigkeit der von der Präsidentin erteilten Delegation

119    Der Kläger macht geltend, dass die Delegation des Gesprächs durch die Präsidentin auf ihren Kabinettschef nicht durch zwingende dienstliche Gründe gerechtfertigt gewesen sei und das Fehlen eines Schriftstücks es im Übrigen nicht erlaube, das Vorliegen solcher Gründe zu beurteilen.

120    Hierzu ist zum einen festzustellen, dass der Wortlaut des Beschlusses über die Gleichstellungspolitik die Präsidentin nicht verpflichtet, wenn sie ein Gespräch auf ihren Kabinettschef delegieren möchte, dies schriftlich zu tun.

121    Zum anderen rechtfertigt der Beschluss über die Gleichstellungspolitik die Delegationsmöglichkeit der Präsidentin mit der Notwendigkeit, „bestimmte Aspekte des Verfahrens zur Auswahl der höheren Führungskräfte zu rationalisieren, um einen reibungslosen und zügigen Ablauf der Verfahren zu gewährleisten“. Dieses Beschleunigungsgebot findet sich auch in den Leitlinien für die Verfahren zur Einstellung von Führungskräften, in deren Nr. 5.2 es heißt: „Die Kabinette sollen sich bemühen, unverzüglich Gespräche mit den vorausgewählten Bewerbern zu führen. Die Gespräche sollen innerhalb eines Monats nach Übermittlung der Unterlagen durch das Sekretariat des BAE stattfinden.“ Daraus folgt, wie die Kommission hervorhebt, dass das systematische Erfordernis einer schriftlichen Delegation dem mit dem Beschluss über die Gleichstellungspolitik verfolgten Ziel der Reibungslosigkeit und Zügigkeit zuwiderlaufen könnte.

122    Wie oben in Rn. 91 ausgeführt, spielt die Präsidentin jedoch im Rahmen des Auswahlverfahrens für Stellen der höheren Führungsebene wie die in Rede stehende eine entscheidende Rolle. In diesem Sinne sieht der Beschluss über die Gleichstellungspolitik vor, dass „die vom BAE für eine Stelle der höheren Führungsebene in einer der Dienststellen der Präsidentin ausgewählten Bewerber von der Präsidentin selbst angehört werden“. Der Beschluss über die Gleichstellungspolitik sieht somit grundsätzlich ein eigenes Vorrecht der Präsidentin für die Auswahl der ihr unterstehenden hohen Beamten vor, um mit ihnen ein auf Vertrauen beruhendes Beschäftigungsverhältnis unter Berücksichtigung des hohen Maßes an Verantwortung, das sie auszuüben haben, herzustellen.

123    Vor diesem Hintergrund macht der Beschluss über die Gleichstellungspolitik die Delegation durch die Präsidentin davon abhängig, dass es „aus zwingenden dienstlichen Gründen gerechtfertigte Fälle“ gibt. Eine solche Delegation kann daher nur erteilt werden, wenn diese Voraussetzung erfüllt ist.

124    Da im vorliegenden Fall die Präsidentin, wie die Kommission vorträgt, die Führung des Gesprächs mit A auf ihren Kabinettschef delegierte, ohne dass diese Delegation schriftlich erteilt oder in anderer Weise dokumentiert worden wäre, ist das Gericht nicht in der Lage, auf der Grundlage der zu den Akten gereichten Unterlagen das Vorliegen und die Stichhaltigkeit der Umstände zu überprüfen, die zu den „zwingenden dienstlichen Gründen“ gehören, die diese Delegation „ordnungsgemäß rechtfertigt[en]“. Außerdem hat die Kommission, auch als sie vom Gericht in der mündlichen Verhandlung dazu befragt worden ist, nicht die besonderen Gründe dargelegt, die die Präsidentin dazu veranlassten, die Aufgabe, A zu einem Gespräch zu empfangen, auf ihren Kabinettschef zu delegieren.

125    Die Kommission hat nämlich keine genauen Angaben zu den zwingenden dienstlichen Gründen gemacht, die die Präsidentin daran gehindert hätten, A gemäß Nr. 5.2 der oben in Rn. 121 genannten Leitlinien für die Verfahren zur Einstellung von Führungskräften innerhalb eines Monats nach Übermittlung der Bewerbungsunterlagen durch das Sekretariat des BAE zu einem Gespräch zu empfangen.

126    Da die Kommission nicht nachgewiesen hat, dass die Delegation des Gesprächs durch die Präsidentin auf ihren Kabinettschef auf „zwingenden dienstlichen Gründen“ beruhte, ist festzustellen, dass diese Delegation gegen die im Beschluss über die Gleichstellungspolitik festgelegten Voraussetzungen verstößt.

127    Zu der Frage, ob ein solcher Verstoß gegen den Beschluss über die Gleichstellungspolitik zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung führen kann, ist darauf hinzuweisen, dass die Rechtsprechung als Gegenstück für das weite Ermessen, das der Anstellungsbehörde im Rahmen eines Einstellungsverfahrens für eine zu besetzende Stelle mit sehr hoher Besoldungsgruppe zusteht, die Verpflichtung der über dieses Ermessen verfügenden Behörde anerkannt hat, die durch die Unionsrechtsordnung in Verwaltungsverfahren gewährten Garantien zu beachten, zu denen auch die Verpflichtung gehört, alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls sorgfältig und unparteiisch zu untersuchen. Dieses Ermessen ist daher unter möglichst umfassender Einhaltung aller einschlägigen Regelungen auszuüben, d. h. nicht nur der Stellenausschreibung, sondern auch etwaiger Verfahrensvorschriften, die die Behörde für die Ausübung ihres Ermessens erlassen hat. Die Nichtbeachtung der vom zuständigen Organ selbst festgelegten Verfahrensvorschriften für den Erlass eines Rechtsakts stellt eine Verletzung wesentlicher Formvorschriften dar (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Dezember 2007, Angelidis/Parlament, T‑113/05, EU:T:2007:386, Rn. 61 und 62 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

128    Wenn die Unionsgerichte bei der Prüfung des fraglichen Rechtsakts feststellen, dass dieser nicht ordnungsgemäß erlassen wurde, ist es außerdem ihre Aufgabe, die Konsequenzen aus der Verletzung einer wesentlichen Formvorschrift zu ziehen und somit den mit einem solchen Mangel behafteten Rechtsakt für nichtig zu erklären (Urteil vom 30. Mai 2024, Vialto Consulting/Kommission, C‑130/23 P, EU:C:2024:439, Rn. 55). Ebenso führt die Verletzung wesentlicher Formvorschriften, die für die Rechtssicherheit grundlegend sind, zur Aufhebung der fehlerhaften Handlung, ohne dass das Vorliegen eines Schadens nachgewiesen zu werden braucht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Dezember 2007, Angelidis/Parlament, T‑113/05, EU:T:2007:386, Rn. 76 und die dort angeführte Rechtsprechung).

129    Im vorliegenden Fall gehört die Entscheidung über die Gleichstellungspolitik zu den Verfahrensvorschriften, an die sich die Kommission bei der Durchführung des fraglichen Einstellungsverfahrens halten musste.

130    Außerdem werden, wie oben in den Rn. 92 bis 94 dargelegt, die Richtung der Empfehlung der Präsidentin und damit die endgültige Ernennungsentscheidung des Kollegiums der Kommission zwangsläufig durch die Ergebnisse der nach der zweiten Phase geführten Gespräche beeinflusst.

131    Folglich stellt der Verstoß gegen den Beschluss über die Gleichstellungspolitik eine Verletzung wesentlicher Formvorschriften dar, die zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung führt.

132    Daher ist dem vierten Klagegrund stattzugeben und die angefochtene Entscheidung aufzuheben, ohne dass über die Anträge des Klägers auf prozessleitende Maßnahmen entschieden zu werden braucht.

 Zum Antrag auf Schadensersatz

133    Der Kläger fordert die Zahlung von 100 000 Euro für den immateriellen Schaden, den er erlitten habe. Dieser Betrag trage dem Umstand Rechnung, dass das Einstellungsverfahren verfälscht worden sei, dass die Kommission es abgelehnt habe, die behaupteten Mängel dieses Verfahrens zu beheben, und dass das Verfahren dem beruflichen Ansehen des Klägers schweren Schaden zugefügt habe.

134    Der Kläger macht ferner geltend, dass er, wenn er auf die Stelle eines Juristischen Hauptberaters ernannt worden wäre, ab dem 1. Februar 2023 eine höhere Vergütung erhalten hätte.

135    Die Kommission tritt dem Vorbringen des Klägers entgegen.

136    Nach ständiger Rechtsprechung hängt die Haftung der Union vom Vorliegen einer Reihe von Voraussetzungen ab, nämlich davon, dass das dem Unionsorgan vorgeworfene Verhalten rechtswidrig war, dass tatsächlich ein Schaden eingetreten ist und dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem behaupteten Verhalten und dem geltend gemachten Schaden besteht. Diese drei Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein, was bedeutet, dass, wenn eine von ihnen nicht vorliegt, eine Haftung der Union nicht angenommen werden kann (vgl. Urteil vom 25. Juni 2020, XH/Kommission, T‑511/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:291, Rn. 161 und die dort angeführte Rechtsprechung).

137    Da im vorliegenden Urteil festgestellt worden ist, dass die angefochtene Entscheidung rechtswidrig war, ist die erste der oben in Rn. 136 genannten Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt.

138    Hinsichtlich der zweiten oben in Rn. 136 genannten Voraussetzung ist zwischen einem immateriellen und einem materiellen Schaden zu unterscheiden.

139    Was den vom Kläger geltend gemachten immateriellen Schaden betrifft, so stellt nach ständiger Rechtsprechung die vom Gericht ausgesprochene Aufhebung als solche eine angemessene und grundsätzlich hinreichende Wiedergutmachung des gesamten immateriellen Schadens dar, den der Kläger möglicherweise erlitten hat, sofern der Kläger nicht nachweist, dass er einen immateriellen Schaden erlitten hat, der durch diese Aufhebung nicht in vollem Umfang wiedergutgemacht werden kann. So ist entschieden worden, dass die Aufhebung einer Maßnahme, wenn sie jeder praktischen Wirksamkeit entbehrte, als solche keinen angemessenen und hinreichenden Ersatz des gesamten immateriellen Schadens darstellen kann, der durch die aufgehobene Maßnahme entstanden ist (vgl. Urteil vom 14. Dezember 2022, SU/EIOPA, T‑296/21, EU:T:2022:808, Rn. 108 und 109 und die dort angeführte Rechtsprechung).

140    Im vorliegenden Fall hat der Kläger nicht nachgewiesen, dass er einen immateriellen Schaden erlitten hat, der durch die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung nicht in vollem Umfang wiedergutgemacht werden kann.

141    Insbesondere ist entgegen dem Vorbringen des Klägers nicht erwiesen, dass A nach der Aufhebung der angefochtenen Entscheidung zwangsläufig in seinem Amt bestätigt werden wird.

142    Der Antrag des Klägers auf Ersatz des immateriellen Schadens ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

143    In Bezug auf den geltend gemachten materiellen Schaden ist davon auszugehen, dass der Kläger im Wesentlichen Ersatz für den Verlust einer Chance auf Einstellung auf die fragliche Stelle begehrt.

144    Nach der Rechtsprechung stellt der Verlust einer Chance, unter der Voraussetzung, dass er hinreichend nachgewiesen ist, einen entschädigungsfähigen Vermögensschaden dar.

145    Der Kläger trägt vor, er wäre, wenn er für die fragliche Stelle ausgewählt worden wäre, in die Besoldungsgruppe AD 15 ernannt worden, während er bis dahin in der Besoldungsgruppe AD 14, Dienstaltersstufe 2, gewesen sei. Ihm sei daher ein Schaden entstanden, der dem Unterschied zwischen den Grundgehältern dieser beiden Besoldungsgruppen ab dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens der angefochtenen Entscheidung entspreche.

146    Dieses Vorbringen, das im Übrigen von der Kommission bestritten wird, wird vom Kläger jedoch nicht untermauert. Somit ist nicht erwiesen, dass der Kläger auf dem fraglichen Dienstposten in der Besoldungsgruppe AD 15 und nicht in der Besoldungsgruppe AD 14 eingestellt worden wäre. Der Kläger hat somit keinen Beweis für das Vorliegen eines tatsächlichen und sicheren Schadens erbracht.

147    Im Übrigen muss nach ständiger Rechtsprechung der Verlust einer Chance tatsächlich und endgültig sein, um festgestellt zu werden und einen Anspruch auf Schadensersatz zu begründen (vgl. Urteil vom 14. Dezember 2022, SU/EIOPA, T‑296/21, EU:T:2022:808, Rn. 83 und die dort angeführte Rechtsprechung). Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Präsidentin den Kläger zwar für den Fall einladen konnte, dass das Gespräch mit A nicht für zufriedenstellend befunden worden wäre, sie aber auch den anderen vom BAE am Ende der zweiten Phase nicht ausgewählten Bewerber einladen konnte. Die vom Kläger behauptete Ernsthaftigkeit des Verlusts einer Chance kann daher im vorliegenden Fall nicht angenommen werden.

148    Folglich ist der Antrag auf Ersatz eines materiellen Schadens als unbegründet zurückzuweisen.

149    Nach alledem ist der Antrag auf Schadensersatz zurückzuweisen.

 Kosten

150    Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

151    Da die Kommission im Wesentlichen unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des Klägers ihre eigenen Kosten sowie die Kosten des Klägers aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Vierte erweiterte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Entscheidung der Europäischen Kommission vom 25. Januar 2023 über die Ernennung des Juristischen Hauptberaters des Teams Handelspolitik und Welthandelsorganisation des Juristischen Dienstes der Europäischen Kommission wird aufgehoben.

2.      Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3.      Die Kommission trägt ihre eigenen Kosten sowie die Kosten von Herrn James Flett.

da Silva Passos

Półtorak

Reine

Pynnä

 

      Cassagnabère

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 23. Juli 2025.

Unterschriften



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