Vorläufige Fassung
URTEIL DES GERICHTS (Achte erweiterte Kammer)
2. Juli 2025(* )
„ Unionsmarke – Verfallsverfahren – Internationale Registrierung mit Benennung der Europäischen Union – Wortmarke TESTAROSSA – Ernsthafte Benutzung der Marke – Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 (jetzt Art. 58 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung [EU] 2017/1001) – Benutzung durch Dritte – Art der Benutzung – Stillschweigende Zustimmung des Inhabers der Marke – Nachweis der ernsthaften Benutzung – Gebrauchtfahrzeuge – Ersatzteile und Zubehör “
In der Rechtssache T‑1103/23,
Ferrari SpA  mit Sitz in Modena (Italien), vertreten durch Rechtsanwältinnen K. Muraro und G. Russo sowie Rechtsanwalt C. Comolli Acquaviva,
Klägerin,
gegen
Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO),  vertreten durch E. Markakis als Bevollmächtigten,
Beklagter,
anderer Beteiligter im Verfahren vor der Beschwerdekammer des EUIPO und Streithelfer vor dem Gericht:
Kurt Hesse,   wohnhaft in Nürnberg (Deutschland), vertreten durch Rechtsanwalt M. Krogmann,
erlässt
DAS GERICHT (Achte erweiterte Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten A. Kornezov (Berichterstatter), der Richter G. De Baere, D. Petrlík und K. Kecsmár sowie der Richterin S. Kingston,
Kanzler: G. Mitrev, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
auf die mündliche Verhandlung vom 12. Dezember 2024
folgendes
Urteil 
1         Mit ihrer Klage nach Art. 263 AEUV beantragt die Klägerin, die Ferrari SpA, die Aufhebung der Entscheidung der Fünften Beschwerdekammer des Amtes der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) vom 29. August 2022 (verbundene Sachen R 334/2017-5 und R 343/2017-5) in der am 28. September 2023 berichtigten Fassung (im Folgenden: angefochtene Entscheidung).
 Vorgeschichte des Rechtsstreits 
2         Mit einer internationalen Registrierung vom 17. Oktober 2006, in der die Europäische Union benannt ist und die am 8. Februar 2007 beim EUIPO einging, beantragte die Ferrari SpA den Schutz der Wortmarke TESTAROSSA in der Union.
3         Die internationale Registrierung erfasste u. a. Waren der Klasse 12 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung, die folgender Beschreibung entsprachen: „Fahrzeuge; Fortbewegungsvorrichtungen zu Land, Luft oder Wasser; motorgetriebene Landkraftfahrzeuge; Automobile; Bauteile und Ersatzteile sowie deren Komponenten und Zubehör, soweit in dieser Klasse enthalten; Bremsen, Motoren und Reifen für motorgetriebene Landkraftfahrzeuge, soweit in dieser Klasse enthalten; Fahrräder, Motorfahrräder, Kleintransporter und Lastkraftwagen“.
4         Die internationale Registrierung wurde am 8. Februar 2007 im Blatt für Gemeinschaftsmarken  veröffentlicht und am 12. Dezember 2007 in das Register für Gemeinschaftsmarken eingetragen.
5         Am 7. September 2015 stellte der Streithelfer, Herr Kurt Hesse, gemäß Art. 158 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke (ABl. 2009, L 78, S. 1) in geänderter Fassung (jetzt Art. 198 Abs. 2 der Verordnung [EU] 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke [ABl. 2017, L 154, S. 1]) in Verbindung mit Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 58 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung 2017/1001) einen Antrag auf Nichtigerklärung der Wirkungen der internationalen Registrierung für die oben in Rn. 3 genannten Waren.
6         Mit Entscheidung vom 16. Dezember 2016 gab die Nichtigkeitsabteilung diesem Antrag teilweise statt und erklärte die angegriffene Marke in Bezug auf „Fahrzeuge; Fortbewegungsvorrichtungen zu Land, Luft oder Wasser; motorgetriebene Landkraftfahrzeuge; Bauteile und Ersatzteile sowie deren Komponenten und Zubehör, soweit in dieser Klasse enthalten; Bremsen, Motoren und Reifen für motorgetriebene Landkraftfahrzeuge, soweit in dieser Klasse enthalten; Fahrräder, Motorfahrräder, Kleintransporter und Lastkraftwagen“ mit Wirkung vom 16. Dezember 2016 für verfallen. Dagegen wies sie den Antrag auf Erklärung des Verfalls für „Automobile“ zurück.
7         Am 13. Februar 2017 legte der Streithelfer Beschwerde gegen die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung ein und beantragte ihre teilweise Aufhebung, soweit die Nichtigkeitsabteilung den Antrag auf Erklärung des Verfalls der angegriffenen Marke für „Automobile“ zurückgewiesen hatte.
8         Am 14. Februar 2017 legte die Klägerin ebenfalls Beschwerde gegen die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung ein und beantragte ihre teilweise Aufhebung, soweit die Nichtigkeitsabteilung die angegriffene Marke für „Bauteile und Ersatzteile sowie deren Komponenten und Zubehör (für Fahrzeuge), soweit in dieser Klasse enthalten; Motoren“ (im Folgenden: Ersatzteile und Zubehör) für verfallen erklärt hatte.
9         Mit der angefochtenen Entscheidung gab die Beschwerdekammer der Beschwerde des Streithelfers statt und wies die Beschwerde der Klägerin zurück. Somit wurden die Rechte der Klägerin an der angegriffenen Marke für alle oben in Rn. 3 genannten Waren für verfallen erklärt.
 Anträge der Parteien 
10       Die Klägerin beantragt,
–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;
–        die angefochtene Entscheidung abzuändern, soweit eine ernsthafte Benutzung der in Rede stehenden Marke für „Automobile“, Ersatzteile und Zubehör der Klasse 12 nachgewiesen wurde;
–        dem EUIPO und dem Streithelfer die im Verfahren vor der Beschwerdekammer und im vorliegenden Verfahren entstandenen Kosten aufzuerlegen.
11       In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin ihren zweiten Antrag zurückgenommen, was im Sitzungsprotokoll vermerkt worden ist.
12       Das EUIPO beantragt,
–        die Klage abzuweisen;
–        der Klägerin im Fall der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung die Kosten aufzuerlegen.
13       Der Streithelfer beantragt,
–        die Klage abzuweisen;
–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.
 Rechtliche Würdigung 
 Zur Bestimmung des in zeitlicher Hinsicht anwendbaren materiellen und formellen Rechts 
14       In Anbetracht des Zeitpunkts der Einreichung des in Rede stehenden Antrags auf Verfallserklärung, nämlich des 7. September 2015, der für die Ermittlung des anwendbaren materiellen Rechts maßgeblich ist, unterliegt der Sachverhalt des vorliegenden Falls den materiellen Bestimmungen der Verordnung Nr. 207/2009 und der Verordnung (EG) Nr. 2868/95 der Kommission vom 13. Dezember 1995 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1995, L 303, S. 1) (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 6. Juni 2019, Deichmann/EUIPO, C‑223/18 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2019:471, Rn. 2, und vom 3. Juli 2019, Viridis Pharmaceutical/EUIPO, C‑668/17 P, EU:C:2019:557, Rn. 3).
15       Insoweit geht aus Art. 55 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 hervor, dass eine etwaige Erklärung des Verfalls auf den Zeitpunkt der Antragstellung zurückwirkt. Da im Übrigen nach ständiger Rechtsprechung bei Verfahrensvorschriften im Allgemeinen davon auszugehen ist, dass sie ab dem Datum ihres Inkrafttretens Anwendung finden (vgl. Urteil vom 11. Dezember 2012, Kommission/Spanien, C‑610/10, EU:C:2012:781, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung), unterliegt der Rechtsstreit den Verfahrensvorschriften der Verordnung 2017/1001. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass der Rechtsstreit in Bezug auf den Nachweis der ernsthaften Benutzung der angegriffenen Marke, insbesondere in Anwendung von Art. 82 Abs. 2 Buchst. d, f und i der Delegierten Verordnung (EU) 2018/625 der Kommission vom 5. März 2018 zur Ergänzung der Verordnung (EG) 2017/1001 und zur Aufhebung der Delegierten Verordnung (EU) 2017/1430 (ABl. 2018, L 104, S. 1), den Bestimmungen der Verordnung Nr. 2868/95 unterliegt (Urteil vom 24. März 2021, Novomatic/EUIPO – adp Gauselmann [Power Stars], T‑588/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:157, Rn. 20).
16       Folglich sind im vorliegenden Fall, was die materiell-rechtlichen Vorschriften betrifft, die Bezugnahmen der Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung und der Parteien in ihren Schriftsätzen auf die Bestimmungen der Verordnung Nr. 2017/1001 als Bezugnahmen auf die inhaltlich identischen Bestimmungen der Verordnung Nr. 207/2009 zu verstehen.
 Zur Begründetheit 
17       Die Klägerin macht vier Klagegründe geltend, mit denen sie im Wesentlichen erstens einen Begründungsmangel rügt, da bei der Beurteilung der ernsthaften Benutzung der angegriffenen Marke nicht alle relevanten Faktoren berücksichtigt worden seien, zweitens einen Verstoß gegen Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009, drittens einen Verstoß gegen Art. 15 Abs. 2 dieser Verordnung (jetzt Art. 18 Abs. 2 der Verordnung 2017/1001) und viertens Beurteilungsfehler in Bezug auf die Benutzung der angegriffenen Marke für Ersatzteile und Zubehör.
18       Nach Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 wird die Unionsmarke auf Antrag beim EUIPO für verfallen erklärt, wenn die Marke innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren, der sich im vorliegenden Fall vom 7. September 2010 bis einschließlich 6. September 2015 erstreckt (im Folgenden: relevanter Zeitraum), in der Union für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, nicht ernsthaft benutzt worden ist und keine berechtigten Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen.
19       Nach Regel 22 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2868/95, die gemäß Regel 40 Abs. 5 dieser Verordnung entsprechend für Verfallsverfahren gilt, muss sich der Nachweis der Benutzung auf Ort, Zeit, Umfang und Art der Benutzung der Widerspruchsmarke beziehen. Nach Regel 22 Abs. 4 dieser Verordnung beschränken sich die Beweismittel grundsätzlich auf die Vorlage von Urkunden und Beweisstücken wie Verpackungen, Etiketten, Preislisten, Katalogen, Rechnungen, Fotografien, Zeitungsanzeigen und auf die in Art. 78 Abs. 1 Buchst. f der Verordnung Nr. 207/2009 genannten schriftlichen Erklärungen.
20       So wird eine Marke ernsthaft benutzt, wenn sie entsprechend ihrer Hauptfunktion – die Ursprungsidentität der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen wurde, zu garantieren – benutzt wird, um für diese Waren und Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern, unter Ausschluss symbolischer Verwendungen, die allein der Wahrung der durch die Marke verliehenen Rechte dienen (vgl. entsprechend Urteil vom 11. März 2003, Ansul, C‑40/01, EU:C:2003:145, Rn. 43). Überdies setzt die Bedingung einer ernsthaften Benutzung der Marke voraus, dass die Marke so, wie sie in dem fraglichen Gebiet geschützt ist, öffentlich und nach außen benutzt wird (vgl. Urteile vom 18. März 2015, Naazneen Investments/HABM – Energy Brands [SMART WATER], T‑250/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:160, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 11. Januar 2023, Hecht Pharma/EUIPO – Gufic BioSciences [Gufic], T‑346/21, EU:T:2023:2, Rn. 22 [nicht veröffentlicht] und die dort angeführte Rechtsprechung).
21       Außerdem lässt sich die ernsthafte Benutzung einer Marke nicht durch Wahrscheinlichkeitsannahmen oder Vermutungen nachweisen, sondern muss auf konkreten und objektiven Gegebenheiten beruhen, die eine tatsächliche und ausreichende Benutzung der Marke auf dem betreffenden Markt belegen (vgl. Urteil vom 23. September 2009, Cohausz/HABM – Izquierdo Faces [acopat], T‑409/07, nicht veröffentlicht, EU:T:2009:354, Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung).
22       Nach ständiger Rechtsprechung ist die Ernsthaftigkeit der Benutzung der Marke anhand sämtlicher Tatsachen und Umstände zu beurteilen, die die tatsächliche geschäftliche Verwertung der Marke belegen können; insbesondere sind dabei Verwendungen, die im betreffenden Wirtschaftszweig als gerechtfertigt angesehen werden, um Marktanteile für die durch die Marke geschützten Waren oder Dienstleistungen zu halten oder hinzuzugewinnen, die Art dieser Waren oder Dienstleistungen, die Merkmale des Marktes sowie der Umfang und die Häufigkeit der Benutzung der Marke zu berücksichtigen (vgl. Urteil vom 18. März 2015, SMART WATER, T‑250/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:160, Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).
23       Im Licht dieser Grundsätze ist das Vorbringen der Klägerin zu prüfen, mit dem sie im Wesentlichen die Beurteilungen der Beschwerdekammer in Bezug auf das Fehlen einer ernsthaften Benutzung der angegriffenen Marke zum einen für „Automobile“ der Klasse 12 und zum anderen für Ersatzteile und Zubehör derselben Klasse beanstandet. Daher sind zunächst der zweite und der dritte Klagegrund zusammen, sodann der vierte Klagegrund und schließlich gegebenenfalls der erste Klagegrund zu prüfen.
 Zweiter und dritter Klagegrund: Nachweis der ernsthaften Benutzung der angegriffenen Marke für Automobile 
24       In der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer zunächst festgestellt, dass die Klägerin im relevanten Zeitraum keine neuen Automobile unter der angegriffenen Marke hergestellt oder vertrieben und auch selbst keine Gebrauchtwagen der Marke TESTAROSSA verkauft habe. Was zweitens den Verkauf von Gebrauchtwagen der Marke TESTAROSSA durch Dritte betrifft, hat die Beschwerdekammer im Wesentlichen ausgeführt, dass der Inhaber der Marke zum Beweis ihrer ernsthaften Benutzung nachweisen müsse, dass solche Verkäufe mit seiner Zustimmung erfolgt seien. Nach ihrer Auffassung gibt es keinen Automatismus, wonach jeder Gebrauchtwarenverkauf, von dem der Markeninhaber Kenntnis hat, als ernsthafte Benutzung der Marke mit seiner Zustimmung angesehen werden sollte, da die Zustimmung des Markeninhabers für den Weiterverkauf solcher Gebrauchtwaren nicht erforderlich ist. Insoweit war die Beschwerdekammer der Ansicht, dass die Klägerin nicht nachgewiesen habe, dem Verkauf von Gebrauchtwagen der Marke TESTAROSSA durch Dritte im Sinne von Art. 15 der Verordnung Nr. 207/2009 zugestimmt zu haben. Schließlich hat die Beschwerdekammer festgestellt, dass die Tatsache, dass die Klägerin eine Dienstleistung erbringt, die darin besteht, zu bescheinigen, dass ein bestimmtes Gebrauchtfahrzeug ein echtes Testarossa-Automobil ist (im Folgenden: Zertifizierungsdienst), irrelevant sei, da diese Dienstleistung unter der Marke Ferrari und nicht unter der angegriffenen Marke erbracht werde, so dass sie kein Beweis für die ernsthafte Benutzung der angegriffenen Marke sei.
25       Die Klägerin tritt diesen Beurteilungen entgegen, indem sie erstens geltend macht, dass die – von ihr durch Rechnungen belegten – Verkäufe von Gebrauchtwagen der Marke TESTAROSSA durch autorisierte Vertragshändler mit ihrer Zustimmung stattgefunden hätten. Nach ihrer Ansicht bestätigt die Tatsache, dass diese Händler ihr Rechnungen vorgelegt haben, die den Verkauf von Gebrauchtwagen der Marke TESTAROSSA belegen, implizit, dass diese Händler die angegriffene Marke mit ihrer Zustimmung benutzt haben. Zweitens trägt die Klägerin vor, dass sie den Wiederverkäufern den Zertifizierungsdienst gegen Entgelt zur Verfügung stelle. So erbringe ihr diese Dienstleistung Einnahmen und hänge direkt mit dem Verkauf von Gebrauchtwagen der Marke TESTAROSSA durch die Vertragshändler zusammen, da die in diesem Rahmen ausgestellten Zertifikate den Wert dieser Automobile erhöhten und ihren Wiederverkauf erleichterten.
26       Das EUIPO und der Streithelfer machen erstens geltend, dass die Zustimmung der Klägerin nicht allein aufgrund der Tatsache vermutet werden könne, dass sie der Benutzung der angegriffenen Marke durch Dritte nicht widersprochen habe. Das Fehlen einer Lizenz, die sich ausdrücklich auf die angegriffene Marke beziehe, oder einer anderen Form der Zustimmung der Klägerin zur Benutzung dieser Marke durch Dritte verdeutliche ihre Untätigkeit. Zweitens habe die Klägerin nach Ansicht des EUIPO nicht nachgewiesen, dass sie sich auf dem Gebrauchtwagenmarkt aktiv verhalten habe, um die Möglichkeit zu behalten, die Qualität der fraglichen Waren zu kontrollieren. Der Streithelfer fügt hinzu, die Beschwerdekammer habe zu Recht festgestellt, dass der Zertifizierungsdienst irrelevant sei, da er unter der Marke Ferrari erbracht werde.
27       Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass sich der Nachweis der Benutzung, wie oben in Rn. 19 festgestellt, auf Ort, Zeit, Umfang und Art der Benutzung der älteren Marke beziehen muss. Im vorliegenden Fall hat sich die Beschwerdekammer, wie das EUIPO zudem in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, in der angefochtenen Entscheidung auf die Beurteilung der Art der Benutzung der angegriffenen Marke beschränkt. Unter diesen Umständen ist dieses Kriterium das einzige, das in der vorliegenden Rechtssache der Kontrolle des Gerichts unterliegt.
28       Ferner ist klarzustellen, dass es zwischen den Parteien unstreitig ist, dass die Herstellung von Automobilen des Modells Testarossa zwischen den Jahren 1984 und 1996 stattfand und folglich im relevanten Zeitraum keine neuen Automobile unter der angegriffenen Marke hergestellt oder auf den Markt gebracht wurden.
29       Ebenso steht fest, wie die Klägerin und das EUIPO in der mündlichen Verhandlung bestätigt haben, dass Gebrauchtwagen der Marke TESTAROSSA im relevanten Zeitraum nicht von der Klägerin selbst, sondern von Dritten vertrieben wurden, d. h. insbesondere von durch die Klägerin autorisierten Vertrags- oder Vertriebshändlern mit Sitz in Italien, Deutschland, Belgien, Frankreich und Spanien.
30       Nach der Rechtsprechung bedeutet der Vertrieb gebrauchter Markenwaren als solcher nicht, dass die Marke im Sinne von Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 „benutzt“ worden ist. Sie wurde nämlich dann benutzt, als ihr Inhaber die Neuware, auf der sie angebracht wurde, erstmals in den Verkehr brachte. Benutzt der Inhaber der betreffenden Marke sie beim Vertrieb von Gebrauchtwaren jedoch tatsächlich entsprechend ihrer Hauptfunktion – die Ursprungsidentität der Waren, für die sie eingetragen wurde, zu garantieren –, kann dies eine „ernsthafte Benutzung“ der Marke im Sinne von Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 darstellen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. Oktober 2020, Ferrari, C‑720/18 und C‑721/18, EU:C:2020:854, Rn. 55 und 56).
31       Diese Auslegung wird durch Abs. 1 des die Erschöpfung des Rechts aus der Marke betreffenden Art. 13 der Verordnung Nr. 207/2009 bestätigt. Nach dieser Bestimmung gewährt die Marke ihrem Inhaber nicht das Recht, ihre Benutzung für Waren zu verbieten, die unter dieser Marke bereits von ihm oder mit seiner Zustimmung in der Union in den Verkehr gebracht worden sind. Folglich kann eine Marke für Waren benutzt werden, die unter dieser Marke bereits in den Verkehr gebracht wurden. Dass der Inhaber der Marke Dritten nicht verbieten kann, seine Marke für die unter dieser Marke bereits in den Verkehr gebrachten Waren zu benutzen, bedeutet nicht, dass er sie nicht selbst für solche Waren benutzen darf (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. Oktober 2020, Ferrari, C‑720/18 und C‑721/18, EU:C:2020:854, Rn. 58 und 59).
32       Darüber hinaus gilt die Benutzung der Marke mit Zustimmung des Inhabers nach Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 als Benutzung durch den Inhaber. Daher gilt die oben in Rn. 31 enthaltene Schlussfolgerung, wie die Beschwerdekammer in Rn. 76 der angefochtenen Entscheidung zu Recht festgestellt hat, auch für die Benutzung der Marke durch Dritte mit Zustimmung des Inhabers, was im Übrigen von den Parteien nicht bestritten wird. Folglich bleibt es dem Markeninhaber unbenommen, nachzuweisen, dass die Marke ernsthaft für gebrauchte Waren benutzt wurde, die unter dieser Marke von Dritten mit seiner Zustimmung verkauft wurden.
33       Darüber hinaus obliegt es dem Markeninhaber, den Nachweis zu erbringen, dass er der Benutzung dieser Marke durch einen Dritten zugestimmt hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Mai 2006, Sunrider/HABM, C‑416/04 P, EU:C:2006:310, Rn. 44).
34       Im vorliegenden Fall steht fest, dass die Klägerin keine Beweise, wie etwa eine Lizenz, vorgelegt hat, die ihre ausdrückliche Zustimmung zur Benutzung der angegriffenen Marke durch Dritte während des relevanten Zeitraums belegen. Stattdessen macht sie geltend, dass die von ihr vorgelegten Beweismittel geeignet seien, zu belegen, dass eine solche Benutzung mit ihrer stillschweigenden Zustimmung erfolgt sei.
35       In dieser Hinsicht kann die Zustimmung des Markeninhabers nach der Rechtsprechung sowohl ausdrücklich als auch stillschweigend zum Ausdruck gebracht werden. Die Zustimmung des Inhabers muss nämlich auf eine Weise geäußert werden, die einen Willen zum Verzicht auf sein ausschließliches Recht an der Marke mit Bestimmtheit erkennen lässt. Ein solcher Wille ergibt sich in der Regel aus einer ausdrücklichen Erteilung der Zustimmung. Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass er sich in bestimmten Fällen konkludent aus Umständen und Anhaltspunkten vor, bei oder nach der Benutzung der fraglichen Marke durch einen Dritten ergeben kann, die ebenfalls mit Bestimmtheit einen Verzicht des Inhabers auf sein Recht erkennen lassen (vgl. Urteile vom 13. Januar 2011, Park/HABM – Bae [PINE TREE], T‑28/09, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:7, Rn. 61 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 8. Juni 2022, Muschaweck/EUIPO – Conze [UM], T‑293/21, EU:T:2022:345, Rn. 71 [nicht veröffentlicht] und die dort angeführte Rechtsprechung).
36       Es ist daher zu prüfen, ob sich eine solche konkludente Zustimmung des Inhabers aus Umständen und Anhaltspunkten vor, bei oder nach der Benutzung der angegriffenen Marke durch einen Dritten ergibt.
37       Nach der Rechtsprechung behauptet der Inhaber einer Marke, die Gegenstand eines Verfallsverfahrens ist – wenn er Benutzungshandlungen, die ein Dritter in Bezug auf diese Marke vorgenommen hat, als ernsthafte Benutzung im Sinne von Art. 15 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 geltend macht –, damit implizit, dass diese Benutzung mit seiner Zustimmung erfolgt ist (Urteil vom 8. Juli 2004, Sunrider/HABM – Espadafor Caba [VITAFRUIT], T‑203/02, EU:T:2004:225, Rn. 24).
38       In Übereinstimmung mit dem EUIPO ist jedoch klarzustellen, dass eine solche stillschweigende Zustimmung im spezifischen Rahmen der Benutzung einer Marke für gebrauchte Waren nicht aus der bloßen Tatsache abgeleitet werden kann, dass der Inhaber Kenntnis von der Benutzung der Marke durch einen Dritten hatte und sich dem nicht widersetzt hat. Die Zustimmung des Inhabers ist nämlich rechtlich nicht erforderlich, damit ein Dritter die Marke für gebrauchte Waren benutzen darf. Um eine solche stillschweigende Zustimmung in diesem speziellen Kontext feststellen zu können, muss der Inhaber der Marke zudem an ihrer Benutzung durch Dritte beteiligt sein.
39       Die maßgeblichen Umstände und Anhaltspunkte, die eine solche stillschweigende Zustimmung zum Ausdruck bringen können, sind, wie das EUIPO im Übrigen in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, insbesondere im Licht der Verwendungen, die im betreffenden Wirtschaftszweig als gerechtfertigt angesehen werden, um Marktanteile zugunsten der durch die Marke geschützten Waren zu halten oder zu gewinnen, und der Merkmale des Marktes zu prüfen (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 18. März 2015, SMART WATER, T‑250/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:160, Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).
40       Im vorliegenden Fall hat die Klägerin als Erstes Rechnungen über den Verkauf von Gebrauchtwagen der Marke TESTAROSSA vorgelegt, die durch von ihr autorisierte Vertragshändler ausgestellt worden waren und folgende Angaben enthielten: „Ferrari Vertragshändler“, „Ferrari und Ferrari Classiche Vertragspartner“, „Offizieller Ferrari und Maserati Vertragshändler“ oder auch „autorisierter Händler und Reparaturbetrieb“.
41       Daraus folgt, dass die Benutzung der angegriffenen Marke, auf die sich die Klägerin beruft, keine Benutzung durch einen beliebigen Dritten ist, der in keiner Beziehung zu ihr steht, sondern eine Benutzung durch Vertragshändler und autorisierte Vertriebshändler, mit denen die Klägerin wirtschaftliche und vertragliche Beziehungen unterhält, was im vorliegenden Fall nicht bestritten wird.
42       In dieser Hinsicht hatte das Gericht Gelegenheit, zu entscheiden, dass die Benutzung der Marke einer Herstellergesellschaft durch eine mit ihr wirtschaftlich verbundene Vertriebsgesellschaft als eine mit Zustimmung des Inhabers erfolgte Benutzung dieser Marke anerkannt und somit gemäß Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 als Benutzung durch den Inhaber angesehen werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 17. Februar 2011, J & F Participações/HABM – Plusfood Wrexham [Friboi], T‑324/09, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:47, Rn. 32, vom 5. März 2019, Meblo Trade/EUIPO – Meblo Int [MEBLO], T‑263/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:134, Rn. 80 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 16. Oktober 2024, Fractal Analytics/EUIPO – Fractalia Remote Systems [FRACTALIA], T‑194/23, nicht veröffentlicht, EU:T:2024:696, Rn. 102 und die dort angeführte Rechtsprechung).
43       Diese Erwägungen gelten entsprechend, wenn die Marke einer Herstellergesellschaft, wie die angegriffene Marke, von einer vom Inhaber dieser Marke autorisierten Vertriebsgesellschaft benutzt wird, da eine solche Autorisierung eine Verbindung zwischen diesen beiden Gesellschaften herstellt, die mangels gegenteiliger Anhaltspunkte voraussetzt, dass der Markeninhaber diesem autorisierten Vertrags- oder Vertriebshändler die Benutzung seiner Marken im Rahmen seiner wirtschaftlichen Aktivitäten auf dem Markt gestattet hat, und sei es auch nur stillschweigend.
44       Diese Beurteilung wird im vorliegenden Fall durch die im betreffenden Wirtschaftszweig als gerechtfertigt angesehenen Verwendungen und die Merkmale des betreffenden Marktes gestützt. Auf dem Automobilmarkt ist es nämlich üblich, dass Automobile sowohl unter einer Marke vermarktet werden, die den Hersteller des Automobils bezeichnet, wie im vorliegenden Fall der Wortmarke Ferrari oder der Bildmarke der Klägerin, die ein sich aufbäumendes Pferd darstellt, als auch unter einer zweiten Marke, die, wie die angegriffene Marke, das Modell des Automobils bezeichnet, wobei diese beiden Marken von Natur aus miteinander verbunden sind. So wird nach den als gerechtfertigt angesehenen Gepflogenheiten dieses Wirtschaftszweigs davon ausgegangen, dass ein von Ferrari zugelassener Händler oder Konzessionär berechtigt ist, alle Automobilmodelle dieses Herstellers zu vermarkten. Darüber hinaus ist nach den als gerechtfertigt angesehenen Gepflogenheiten in der Gebrauchtwagenbranche zwischen dem Verkauf von Gebrauchtwagen durch einen unabhängigen Dritten, der in keiner Beziehung zum Hersteller dieser Automobile steht, und dem Verkauf durch einen vom Hersteller dieser Automobile autorisierten Vertrags- oder Vertriebshändler zu unterscheiden. Dies gilt umso mehr, wenn es sich, wie im vorliegenden Fall, um ältere Sammler‑, Luxus- und Premium-Gebrauchtwagen handelt, die von Sammlern besonders geschätzt und geachtet werden. Es ist nämlich allgemein bekannt, dass auf diesem speziellen Markt die Tatsache, dass ein solches Automobil von einem vom Markeninhaber autorisierten Händler oder Vertriebshändler verkauft wird, geeignet ist, auf die betriebliche Herkunft dieses Automobils hinzuweisen und den Kunden die beruhigende Gewissheit zu geben, dass seine Wartung sowie gegebenenfalls der Austausch seiner Ersatz- und Zubehörteile durchgeführt wurden, ohne die betriebliche Herkunft des Automobils zu beeinträchtigen.
45       Daher ist entgegen der Auffassung der Beschwerdekammer davon auszugehen, dass der Verkauf eines Gebrauchtwagens der Marke TESTAROSSA durch einen vom Inhaber der angegriffenen Marke autorisieren Händler oder Vertriebshändler ein Indiz dafür ist, dass der Verkauf mit der – wenn auch nur stillschweigenden – Zustimmung des Inhabers der angegriffenen Marke erfolgt.
46       Als Zweites hat die Klägerin auch von ihr selbst ausgestellte Rechnungen vorgelegt, die sie im Rahmen des oben in den Rn. 24 und 25 genannten Zertifizierungsdiensts an Kunden in Italien, der Schweiz, den Niederlanden und dem Vereinigten Königreich gerichtet hat.
47       Nach der Rechtsprechung kann die tatsächliche Benutzung einer für bestimmte Waren eingetragenen Marke durch den Markeninhaber für Dienstleistungen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit bereits vertriebenen Waren stehen und die Bedürfnisse der Abnehmer dieser Waren befriedigen sollen, eine „ernsthafte Benutzung“ der Marke im Sinne von Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie Nr. 207/2009 darstellen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. Oktober 2020, Ferrari, C‑720/18 und C‑721/18, EU:C:2020:854, Rn. 62).
48       Eine solche Benutzung setzt jedoch voraus, dass die betreffende Marke bei der Erbringung der fraglichen Dienstleistungen tatsächlich verwendet wird. Geschieht dies nicht, kann nämlich von einer „ernsthaften Benutzung“ der Marke im Sinne von Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie Nr. 207/2009 offenkundig keine Rede sein (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. Oktober 2020, Ferrari, C‑720/18 und C‑721/18, EU:C:2020:854, Rn. 63).
49       Im vorliegenden Fall geht aus den Akten und insbesondere aus dem Inhalt der Rechnungen hervor, dass der Zweck des Zertifizierungsdiensts darin besteht, die Echtheit von Gebrauchtwagen der Marke TESTAROSSA zu bescheinigen (auf Italienisch: „certificazione autenticita vettura Testarossa“). Wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung erläutert hat, bescheinigt ein solches „Echtheitszertifikat“, das sie insbesondere ihren Vertragshändlern im Rahmen des Verkaufs von Gebrauchtwagen der Marke TESTAROSSA gegen Entgelt und nach den erforderlichen Überprüfungen zur Verfügung stellt, dass es sich bei dem fraglichen Automobil um ein Testarossa-Originalmodell handelt.
50       Die Klägerin hat auch ein Dokument mit dem Titel „Technisches Datenblatt“ vorgelegt, das ein Beispiel für einen Antrag auf Zertifizierung eines Gebrauchtwagens der Marke TESTAROSSA darstellt. Daraus geht hervor, dass der Antragsteller, um ein Echtheitszertifikat zu erhalten, genaue Informationen über die Herkunft jedes einzelnen Hauptteils des Autos wie Motor, Getriebe, Tank oder Kraftstoffpumpe sowie über die Historie seines eventuellen Austauschs vorlegen und dies durch Fotos des Automobils und seiner Teile belegen muss.
51       Darüber hinaus hat die Klägerin in ihrer Antwort auf eine schriftliche Frage des Gerichts sowie in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass solche Zertifikate beim Verkauf von Gebrauchtwagen der Marke TESTAROSSA eine wichtige Rolle spielen, da sie den Käufern Gewissheit über die betriebliche Herkunft eines solchen Wagens verschaffen und dessen Wert im Vergleich zu einem Gebrauchtwagen ohne ein solches Zertifikat steigern.
52       Daraus folgt, dass sich der Zertifizierungsdienst unmittelbar auf den Verkauf von Gebrauchtwagen der Marke TESTAROSSA durch Vertragshändler bezieht und darauf abzielt, die Bedürfnisse der Kunden dieser Automobile zu befriedigen, so dass eine solche Benutzung gemäß der oben in Rn. 47 angeführten Rechtsprechung eine „ernsthafte Benutzung“ dieser Marke im Sinne von Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 darstellen kann.
53       Zu dem von der Beschwerdekammer angeführten Umstand, dass diese Zertifizierung nicht unter der angegriffenen Marke, sondern unter der Marke Ferrari ausgestellt werde, genügt die Feststellung, dass die angegriffene Marke ebenfalls deutlich sichtbar und identifizierbar in diesen Rechnungen angegeben ist.
54       Nach ständiger Rechtsprechung gibt es zudem keine unionsmarkenrechtliche Bestimmung, wonach der Markeninhaber nachzuweisen hat, dass er seine Marke isoliert und unabhängig von jeder anderen Marke oder jedem anderen Zeichen benutzt hat. Daher ist es möglich, dass zwei oder mehr Marken gemeinsam und eigenständig, mit oder ohne den Namen des Herstellers, benutzt werden. Somit kann die gemeinsame Benutzung einer anderen Marke mit der angegriffenen Marke für sich genommen nicht die Identifizierungsfunktion beeinträchtigen, die diese andere Marke in Bezug auf die betreffenden Waren erfüllt (vgl. Urteil vom 8. Juni 2022, Apple/EUIPO – Swatch [THINK DIFFERENT], T‑26/21 bis T‑28/21, nicht veröffentlicht, EU:T:2022:350, Rn. 87 und die dort angeführte Rechtsprechung). Darüber hinaus kann die Voraussetzung der ernsthaften Benutzung einer Marke erfüllt sein, wenn eine Marke in Verbindung mit einer anderen Marke benutzt wird, sofern die erste Marke weiterhin als Hinweis auf die Herkunft der betreffenden Ware wahrgenommen wird (vgl. Urteil vom 23. September 2020, CEDC International/EUIPO – Underberg [Form eines Grashalms in einer Flasche], T‑796/16, EU:T:2020:439, Rn. 142 und die dort angeführte Rechtsprechung).
55       Im vorliegenden Fall ist es, wie oben in Rn. 44 festgestellt, allgemein bekannt, dass Automobile üblicherweise sowohl unter einer Marke vermarktet werden, die den Hersteller des Automobils bezeichnet, als auch unter einer zweiten Marke, die das Modell des Automobils bezeichnet, so dass die gleichzeitige Verwendung der Marke Ferrari und der angegriffenen Marke, die ein bestimmtes Automobilmodell von Ferrari bezeichnet, auf den Rechnungen für den Zertifizierungsdienst den Gepflogenheiten des in Rede stehenden Marktes entspricht.
56       Daher hat die Beschwerdekammer die Beweise für die Zertifizierung von Gebrauchtwagen der Marke TESTAROSSA zu Unrecht als irrelevant zurückgewiesen.
57       Dieses Ergebnis wird nicht durch das Argument des EUIPO in Frage gestellt, dass die Klägerin im relevanten Zeitraum untätig geblieben sei, da sich aus den vorstehenden Erwägungen, insbesondere denjenigen zum Zertifizierungsdienst, ergibt, dass die Klägerin an bestimmten Verkäufen von Gebrauchtwagen der Marke TESTAROSSA durch ihre autorisierten Vertrags- und Vertriebshändler beteiligt war und daraus einen wirtschaftlichen Vorteil zog, der sich aus den Einnahmen ergab, die sie durch diesen Zertifizierungsdienst erwirtschaftete.
58       Soweit sich die Klägerin auf die Bekanntheit der angegriffenen Marke in der Union während des relevanten Zeitraums beruft, ist allerdings darauf hinzuweisen, dass der dem Inhaber der angegriffenen Marke obliegende Benutzungsnachweis nicht deshalb als erbracht gelten oder erleichtert werden kann, weil diese Marke während des relevanten Zeitraums in der Union bekannt war (Urteil vom 8. April 2016, Frinsa del Noroeste/EUIPO – Frisa Frigorífico Rio Doce [FRISA], T‑638/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:199, Rn. 35), so dass dieser Nachweis unabhängig von der Bekanntheit der Marke erbracht werden muss.
59       Gleichwohl kann nicht ausgeschlossen werden, dass je nach den Umständen, wie im vorliegenden Fall, die Bekanntheit der angegriffenen Marke ein Anhaltspunkt unter anderen sein kann, der Auskunft über die im betreffenden Wirtschaftszweig als gerechtfertigt angesehenen Verwendungen geben kann, um Marktanteile für die durch die Marke geschützten Waren im Sinne der oben in Rn. 22 angeführten Rechtsprechung zu halten oder hinzuzugewinnen. Wie oben in Rn. 44 festgestellt, kann insbesondere die Tatsache, dass ein besonders bekanntes Automobil von einem vom Markeninhaber autorisierten Vertrags- oder Vertriebshändler verkauft wird, den Kunden die beruhigende Gewissheit geben, dass seine Wartung sowie gegebenenfalls der Austausch seiner Ersatz- und Zubehörteile durchgeführt wurden, ohne die betriebliche Herkunft des Automobils zu beeinträchtigen.
60       In Anbetracht aller vorstehenden Erwägungen ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer einen Beurteilungsfehler begangen hat, als sie zu dem Schluss gelangte, dass die Klägerin nicht nachgewiesen habe, der Benutzung der angegriffenen Marke durch Dritte für „Automobile“ der Klasse 12 stillschweigend zugestimmt zu haben.
61       Daher ist dem zweiten und dem dritten Klagegrund stattzugeben.
 Vierter Klagegrund: Nachweis der ernsthaften Benutzung der angegriffenen Marke für Ersatzteile und Zubehör 
62       In der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer im Rahmen der von der Klägerin eingelegten Beschwerde die von der Klägerin erstmals vor ihr vorgelegten Beweise für die Benutzung der angegriffenen Marke für Ersatzteile und Zubehör der Klasse 12 als unzulässig zurückgewiesen, bevor sie sie in der Sache zurückwies. Im Rahmen der vom Streithelfer eingelegten Beschwerde hat sie hingegen dieselben Beweise in der Sache geprüft, ohne sich zu ihrer Zulässigkeit zu äußern. Nach dieser Prüfung kam sie zu dem Schluss, dass diese Beweise nicht geeignet seien, die ernsthafte Benutzung der angegriffenen Marke für Ersatzteile und Zubehör nachzuweisen.
63       Zunächst ist die Begründung der angefochtenen Entscheidung in Bezug auf die Zulässigkeit der erstmals vor der Beschwerdekammer vorgelegten Beweise und anschließend das Vorbringen der Klägerin in der Sache zu prüfen.
–       Zur Begründung der angefochtenen Entscheidung 
64       Nach ständiger Rechtsprechung stellt eine fehlende oder unzureichende Begründung eine Verletzung wesentlicher Formvorschriften im Sinne von Art. 263 AEUV dar und ist ein Gesichtspunkt zwingenden Rechts, den der Unionsrichter von Amts wegen prüfen kann und muss (Urteile vom 2. Dezember 2009, Kommission/Irland u. a., C‑89/08 P, EU:C:2009:742, Rn. 34, und vom 9. März 2023, Les Mousquetaires und ITM Entreprises/Kommission, C‑682/20 P, EU:C:2023:170, Rn. 39). Insoweit ist hinzuzufügen, dass der Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens Bestandteil der Verteidigungsrechte ist und für jedes Verfahren gilt, das zu einer Entscheidung eines Unionsorgans führen kann, durch die Interessen eines Dritten spürbar beeinträchtigt werden (Urteil vom 2. Dezember 2009, Kommission/Irland u. a., C‑89/08 P, EU:C:2009:742, Rn. 50). Der Unionsrichter selbst muss den Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens daher vor allem dann wahren, wenn er einen Rechtsstreit auf der Grundlage eines von Amts wegen berücksichtigten Gesichtspunkts entscheidet (Urteil vom 2. Dezember 2009, Kommission/Irland u. a., C‑89/08 P, EU:C:2009:742, Rn. 54).
65       Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass das EUIPO nach Art. 76 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten verspätet vorgebracht werden, nicht zu berücksichtigen braucht.
66       Aus dem Wortlaut von Art. 76 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 folgt, dass als allgemeine Regel und vorbehaltlich einer gegenteiligen Vorschrift die Beteiligten Tatsachen und Beweismittel auch dann noch vorbringen können, wenn die für dieses Vorbringen nach den Bestimmungen der Verordnung Nr. 207/2009 geltenden Fristen abgelaufen sind, und dass es dem EUIPO keineswegs untersagt ist, solche verspätet vorgebrachten Tatsachen und Beweismittel zu berücksichtigen (Urteile vom 13. März 2007, HABM/Kaul, C‑29/05 P, EU:C:2007:162, Rn. 42, und vom 24. Januar 2018, EUIPO/European Food, C‑634/16 P, EU:C:2018:30, Rn. 55).
67       Mit der Klarstellung, dass das EUIPO in einem solchen Fall die fraglichen Tatsachen und Beweismittel nicht zu berücksichtigen „braucht“, räumt Art. 76 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 dem EUIPO ein weites Ermessen ein, um unter entsprechender Begründung seiner Entscheidung darüber zu befinden, ob diese Tatsachen und Beweismittel zu berücksichtigen sind oder nicht (Urteile vom 13. März 2007, HABM/Kaul, C‑29/05 P, EU:C:2007:162, Rn. 43, und vom 28. Februar 2018, mobile.de/EUIPO, C‑418/16 P, EU:C:2018:128, Rn. 49).
68       In Bezug auf die Ausübung dieses Ermessens ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung eine solche Berücksichtigung insbesondere dann gerechtfertigt sein kann, wenn das EUIPO zu der Auffassung gelangt, dass zum einen die verspätet vorgebrachten Gesichtspunkte auf den ersten Blick von wirklicher Relevanz sein können und dass zum anderen das Verfahrensstadium, in dem das verspätete Vorbringen erfolgt, und die Umstände, die es begleiten, einer solchen Berücksichtigung nicht entgegenstehen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 13. März 2007, HABM/Kaul, C‑29/05 P, EU:C:2007:162, Rn. 44, vom 28. Februar 2018, mobile.de/EUIPO, C‑418/16 P, EU:C:2018:128, Rn. 63, und vom 4. Oktober 2018, Blackmore/EUIPO – Paice [DEEP PURPLE], T‑344/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:648, Rn. 54).
69       Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdekammer erstens, wie oben in Rn. 62 erwähnt, im Rahmen der Prüfung der von der Klägerin eingelegten Beschwerde festgestellt, dass die von der Klägerin erstmals vor ihr vorgelegten Beweise, die sich auf Ersatzteile und Zubehör bezogen hätten, unzulässig seien, da sie verspätet vorgelegt worden seien. Zur Begründung hat sie in den Rn. 168 und 169 der angefochtenen Entscheidung lediglich ausgeführt, dass die vor der Nichtigkeitsabteilung vorgelegten Beweise „nicht überzeugend“ seien und „angesichts [ihrer] Dürftigkeit … das Ermessen nicht zugunsten der [Klägerin] ausgeübt werden [könne]“.
70       Aus dieser Begründung lässt sich nicht mit Sicherheit ableiten, dass die Beschwerdekammer die Zulässigkeit dieser Beweise anhand der oben in Rn. 68 angeführten Kriterien der Rechtsprechung geprüft hat. Insbesondere lässt sich daraus nicht erkennen, dass die Beschwerdekammer geprüft hat, ob diese Beweise auf den ersten Blick geeignet waren, für die Entscheidung über die bei ihr eingelegte Beschwerde wirklich relevant zu sein, und ob das Verfahrensstadium, in dem die verspätete Vorlage erfolgte, und die sie begleitenden Umstände ihrer Berücksichtigung entgegenstanden. In dieser Hinsicht stellt die bloße Behauptung, die vor der Nichtigkeitsabteilung vorgelegten Beweismittel seien „nicht überzeugend“, keine ausreichende Begründung dar, weil sie keinen Anhaltspunkt dafür liefert, warum die von der Rechtsprechung aufgestellten Kriterien, die es den Beschwerdekammern erlauben, verspätet vorgelegte Beweise zu berücksichtigen, im vorliegenden Fall nicht erfüllt sein sollen.
71       Das EUIPO hat auf die ihm in der mündlichen Verhandlung gestellte Frage, ob die angefochtene Entscheidung hinsichtlich der Zulässigkeit der erstmals vor der Beschwerdekammer vorgelegten Beweise unzureichend begründet sei, im Wesentlichen ausgeführt, eine Analyse dieser Kriterien sei nicht erforderlich gewesen, da diese Beweise jedenfalls anschließend in der angefochtenen Entscheidung inhaltlich geprüft worden seien.
72       Der Umstand, dass diese Beweise jedenfalls in der Sache geprüft wurden, heilt jedoch nicht die unzulängliche Begründung der angefochtenen Entscheidung hinsichtlich der Unzulässigkeit dieser Beweise. Er betrifft vielmehr die Auswirkungen dieser Unzulänglichkeit auf die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung, die nachstehend zu untersuchen sein werden.
73       Unter diesen Umständen erweist sich, dass die angefochtene Entscheidung unzureichend begründet ist, was das Gericht von Amts wegen festzustellen hat.
74       Zweitens ist festzustellen, wie oben in Rn. 62 ausgeführt, dass die Beschwerdekammer diese Beweise zum einen im Rahmen der von der Klägerin eingelegten Beschwerde als unzulässig zurückgewiesen hat, während sie sie zum anderen im Rahmen der vom Streithelfer eingelegten Beschwerde unmittelbar in der Sache geprüft hat, ohne auf ihre vermeintliche Unzulässigkeit einzugehen.
75       Das Gericht hat die Parteien mit einer schriftlichen Frage aufgefordert, zu einer in dieser Hinsicht möglicherweise inkohärenten Begründung der angefochtenen Entscheidung für den Fall Stellung zu nehmen, dass das Gericht es für erforderlich halten sollte, diese Frage von Amts wegen aufzuwerfen. In Beantwortung dieser Frage hat die Klägerin geltend gemacht, dass die angefochtene Entscheidung in diesem Punkt eine widersprüchliche Begründung enthalte, die zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung führen müsse. Das EUIPO hat seinerseits ausgeführt, dass der Ansatz der Beschwerdekammer nicht widersprüchlich sei, da die fraglichen Beweise jedenfalls im Rahmen beider Beschwerden in der Sache geprüft und zurückgewiesen worden seien, so dass sich die in Rede stehende Widersprüchlichkeit der Begründung nicht auf die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung auswirke. Der Streithelfer hat einen ähnlichen Standpunkt vertreten.
76       Insoweit ist festzustellen, dass die angefochtene Entscheidung mit einer vom Gericht von Amts wegen aufzugreifenden widersprüchlichen Begründung behaftet ist, weil dieselben Beweismittel im Rahmen der von der Klägerin eingelegten Beschwerde in erster Linie als unzulässig zurückgewiesen wurden, während sie im Rahmen der vom Streithelfer eingelegten Beschwerde stillschweigend, aber notwendigerweise als zulässig angesehen wurden.
77       Zu dem oben in Rn. 75 wiedergegebenen Argument des EUIPO ist festzustellen, wie oben in Rn. 72 ausgeführt, dass dieses Vorbringen keine Auswirkungen auf die Tatsache hat, dass die angefochtene Entscheidung in Bezug auf die Zulässigkeit der erstmals vor der Beschwerdekammer vorgelegten Beweise widersprüchlich begründet ist, sondern sich vielmehr auf die Folgen dieser Widersprüchlichkeit für die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung bezieht, die nachstehend zu prüfen sein werden.
78       Angesichts dessen ist das Gericht nicht in der Lage, festzustellen, ob die Beschwerdekammer die in Rede stehenden Beweise fehlerfrei als unzulässig zurückweisen konnte. Wie oben in den Rn. 72 und 76 festgestellt, ist die angefochtene Entscheidung nämlich zum einen unzureichend und zum anderen widersprüchlich begründet.
79       Unter diesen Umständen ist das Argument des EUIPO zu prüfen, dass die oben festgestellten Begründungsmängel keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung hätten, weil die Beschwerdekammer diese Beweise jedenfalls in der Sache zurückgewiesen habe.
–       Zur inhaltlichen Begründetheit der angefochtenen Entscheidung 
80       In der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer erstens festgestellt, dass die angegriffene Marke für Ersatzteile und Zubehör nicht von der Klägerin, sondern von unabhängigen Händlern benutzt worden sei und aus den Beweisen nicht hervorgehe, dass diese Benutzung mit Zustimmung der Klägerin erfolgt sei. Zweitens hat sie festgestellt, dass die angegriffene Marke für diese Waren zu „beschreibenden“ Zwecken benutzt worden sei und nicht, um auf die betriebliche Herkunft dieser Waren hinzuweisen. Nach Ansicht der Beschwerdekammer unterschieden die von der Klägerin vorgelegten Beweise nicht zwischen Ersatzteilen und Zubehör, die unter der angegriffenen Marke verkauft wurden, und generischen Ersatz- und Zubehörteilen, die mit Automobilen des Modells Testarossa kompatibel sind. Drittens hat die Beschwerdekammer in Bezug auf die Beweise, die mit der angegriffenen Marke versehene Ersatzteile und Zubehör zeigen, festgestellt, dass es sich um Einzelfälle handele, die nicht ausreichten, um eine ernsthafte Benutzung der angegriffenen Marke für solche Teile und Zubehör nachzuweisen.
81       Die Klägerin macht zum einen geltend, dass die Beschwerdekammer es zu Unrecht abgelehnt habe, die ernsthafte Benutzung der angegriffenen Marke für Ersatzteile und Zubehör anzuerkennen. In dieser Hinsicht wirft sie der Beschwerdekammer vor, zu Unrecht angenommen zu haben, dass die am Verkauf dieser Teile und dieses Zubehörs beteiligten Dritten „unabhängige Händler“ seien und dass die Benutzung der angegriffenen Marke für solche Waren „aufgrund des Missverhältnisses [ihres] Wertes“ nicht als Nachweis einer ernsthaften Benutzung für Automobile angesehen werden könne. Sie macht auch geltend, dass die Beschwerdekammer die für die Beurteilung der ernsthaften Benutzung relevanten Kriterien, nämlich die Art der fraglichen Waren, die Merkmale des Marktes und die Häufigkeit der Benutzung, im Rahmen ihrer Prüfung nicht berücksichtigt habe. Darüber hinaus habe die Beschwerdekammer einen Fehler bei der Auslegung des Begriffs „ernsthafte Benutzung“ und bei der Beurteilung einer solchen Benutzung durch Dritte begangen, indem sie zu Unrecht davon ausgegangen sei, dass die vorgelegten Beweise nicht ausreichten, um zu belegen, dass die Hauptfunktion der Marke erfüllt sei.
82       Zum anderen trägt die Klägerin vor, dass die Beschwerdekammer die Rechtsprechung außer Acht gelassen habe, nach der die Benutzung einer eingetragenen Marke für Ersatzteile, die integraler Bestandteil der von dieser Marke erfassten Waren seien, eine ernsthafte Benutzung nicht nur für die Ersatzteile selbst, sondern auch für die von dieser Marke erfassten Waren darstellen könne.
83       Das EUIPO und der Streithelfer treten den Argumenten der Klägerin entgegen und machen geltend, dass die ernsthafte Benutzung der angegriffenen Marke für Ersatzteile und Zubehör nicht erwiesen sei und jedenfalls keine Benutzung für „Automobile“ belegen könne. Sie sind der Ansicht, dass das Urteil vom 22. Oktober 2020, Ferrari (C‑720/18 und C‑721/18, EU:C:2020:854), nicht automatisch den Schluss zulasse, dass eine Verwendung für Ersatzteile eine ernsthafte Verwendung für Automobile darstelle. Der Streithelfer betont, dass Ersatzteile und Zubehör Nebenprodukte seien, die in der Regel von unabhängigen Wiederverkäufern verkauft würden, die die Marke „beschreibend“ benutzten, ohne eine direkte Verbindung zum Markeninhaber herzustellen. Er macht auch geltend, dass die Klägerin keine Lizenzverträge über die Benutzung der angegriffenen Marke für Ersatzteile und Zubehör vorgelegt habe.
84       Im vorliegenden Fall wendet sich die Klägerin nicht gegen die Feststellung der Beschwerdekammer, dass es sich bei den Ersatz- und Zubehörteilen, die im relevanten Zeitraum unter der angegriffenen Marke vertrieben wurden, „überwiegend“ um gebrauchte Teile gehandelt habe.
85       Darüber hinaus steht zwischen den Parteien außer Streit, dass die Benutzung der angegriffenen Marke für Ersatzteile und Zubehör, auf die sich die Klägerin beruft, nicht durch sie selbst, sondern durch Dritte erfolgte.
86       Insoweit behauptet die Klägerin nicht, einer solchen Benutzung ausdrücklich zugestimmt zu haben. Sie macht jedoch geltend, dass die Beweise, die sie dem EUIPO vorgelegt habe, in ihrer Gesamtheit belegen könnten, dass sie einer solchen Benutzung stillschweigend zugestimmt habe.
87       In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin außerdem geltend gemacht, dass einer ihrer Vertragshändler, der im relevanten Zeitraum Ersatzteile und Zubehör unter der angegriffenen Marke verkauft habe, nämlich Maranello, in Wirklichkeit zur selben Unternehmensgruppe wie sie selbst gehöre. Da dieser Umstand jedoch nicht aus den Akten hervorgeht und durch keinerlei Beweise untermauert wurde, kann das Gericht ihn nicht berücksichtigen.
88       Erstens ist in Übereinstimmung mit der Klägerin und entgegen der Feststellung der Beschwerdekammer festzustellen, dass die Benutzung der angegriffenen Marke für Ersatzteile und Zubehör während des relevanten Zeitraums – und wie aus den von der Klägerin vorgelegten Beweisen hervorgeht – nicht von unabhängigen Händlern vorgenommen wurde, die in keiner Beziehung zur Klägerin standen, sondern von Vertragshändlern und autorisierten Vertriebspartnern, mit denen die Klägerin wirtschaftliche und vertragliche Beziehungen unterhielt.
89       Unter den von der Klägerin vorgelegten Beweisen befinden sich nämlich mehrere Bildschirmausdrucke und Auszüge aus der Website von Maranello, aus denen hervorgeht, dass dieses Unternehmen die „exklusiven Rechte für den weltweiten Vertrieb aller werksseitig hergestellten Teile für Ferrari-Automobile vor 1995“ besitzt und „Ferrari“-Ersatzteile und Zubehör verkauft, die als „Originalteile“ („genuine parts“) beschrieben werden, die den anerkannten Normen entsprechen und auf Qualität, Sicherheit und Zuverlässigkeit geprüft worden sind. Die Klägerin hat auch von Maranello sowie von anderen Vertragshändlern ausgestellte Rechnungen vorgelegt, die den Verkauf solcher Ersatz- und Zubehörteile an Privatpersonen in Deutschland, der Schweiz und der Tschechischen Republik oder Reparaturdienstleistungen für Automobile der Marke TESTAROSSA belegen.
90       Darüber hinaus bietet die Klägerin, wie oben in den Rn. 49 und 50 festgestellt, insbesondere den Vertragshändlern und autorisierten Vertriebspartnern den Zertifizierungsdienst an, der die Echtheit eines Gebrauchtwagens der Marke TESTAROSSA bescheinigen soll und eine Überprüfung der betrieblichen Herkunft der Hauptteile des Wagens einschließt.
91       Aus ähnlichen Gründen wie den oben in den Rn. 34 bis 56 dargelegten ist daher festzustellen, dass die Klägerin nachgewiesen hat, dass sie der Benutzung der angegriffenen Marke durch Dritte für Ersatzteile und Zubehör stillschweigend zugestimmt hat.
92       Zweitens hat die Beschwerdekammer festgestellt, dass sich aus den von der Klägerin vorgelegten Beweisen eine „beschreibende“ Benutzung der angegriffenen Marke für Ersatzteile und Zubehör ergebe, die allein dem Zweck gedient habe, darauf hinzuweisen, dass solche Waren mit einem Automobil der Marke TESTAROSSA kompatibel seien.
93       Hierzu ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer nicht hinreichend berücksichtigt hat, dass die Verkäufe von Ersatzteilen und Zubehör durch Vertragshändler, insbesondere durch Maranello, u. a. Originalteile („genuine parts“) der Marke TESTAROSSA betrafen, wie die Klägerin bereits vor der Beschwerdekammer und vor der Nichtigkeitsabteilung geltend gemacht hatte und wie sich aus der vorstehenden Rn. 89 ergibt. In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass einige Beweise, wie die von Maranello ausgestellten Rechnungen, zahlreiche Verweise auf speziell mit der angegriffenen Marke bezeichnete Ersatzteile und Zubehör enthalten.
94       Jedenfalls hat die Beschwerdekammer in Rn. 197 der angefochtenen Entscheidung selbst eingeräumt, dass einige Ersatz- und Zubehörteile die angegriffene Marke aufwiesen, wobei sie jedoch davon ausging, dass es sich um „Einzelfälle“ gehandelt habe. Die Frage, ob es sich um „Einzelfälle“ handelt oder nicht, ist jedoch eine Frage des Umfangs der Benutzung der Marke für solche Teile und Zubehör und nicht der Art der Benutzung, die, wie oben in Rn. 27 erwähnt, allein Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist.
95       Daraus folgt, dass die Beurteilungen der Beschwerdekammer in Bezug auf die Benutzung der angegriffenen Marke für Ersatzteile und Zubehör fehlerhaft sind.
96       Darüber hinaus ist in Übereinstimmung mit der Klägerin darauf hinzuweisen, dass die Benutzung der angegriffenen Marke für Ersatzteile und Zubehör auch eine Benutzung der Marke für „Automobile“ darstellen kann, was die Beschwerdekammer zu Unrecht verneint hat.
97       Der Gerichtshof hat nämlich bereits entschieden, dass die Benutzung einer eingetragenen Marke durch deren Inhaber oder mit dessen Zustimmung für Einzelteile der von dieser Marke erfassten Waren eine „ernsthafte Benutzung“ im Sinne von Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie Nr. 207/2009 nicht nur für die Einzelteile selbst darstellen kann, sondern auch für die von der Marke erfassten Waren. Dabei spielt es keine Rolle, dass die Marke nicht nur für die Waren als Ganzes eingetragen wurde, sondern auch für ihre Einzelteile (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. Oktober 2020, Ferrari, C‑720/18 und C‑721/18, EU:C:2020:854, Rn. 35).
98       Daher ist bei einer Marke, die für eine Gruppe von Waren und für deren Einzelteile eingetragen ist, davon auszugehen, dass sie für alle zu dieser Gruppe gehörenden Waren und für deren Einzelteile im Sinne von Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie Nr. 207/2009 „ernsthaft benutzt“ worden ist, wenn sie nur für bestimmte Waren – wie hochpreisige Luxussportwagen – oder nur für die Einzelteile oder das Zubehör einiger der genannten Waren benutzt worden ist, es sei denn, aus relevanten Tatsachen und Beweisen ergibt sich, dass der Verbraucher, der solche Waren erwerben möchte, in ihnen eine selbständige Untergruppe der Gruppe von Waren sieht, für die die betreffende Marke eingetragen wurde (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. Oktober 2020, Ferrari, C‑720/18 und C‑721/18, EU:C:2020:854, Rn. 53).
99       Daher war es Sache der Beschwerdekammer, konkret – hauptsächlich anhand der Waren oder Dienstleistungen, für die der Inhaber einer Marke den Nachweis ihrer Benutzung erbracht hat – zu prüfen, ob sie im Verhältnis zu den Waren oder Dienstleistungen der betreffenden Waren- oder Dienstleistungsgruppe eine selbständige Untergruppe bilden, so dass die Waren oder Dienstleistungen, für die eine ernsthafte Benutzung der Marke nachgewiesen wurde, zu der von ihrer Anmeldung erfassten Gruppe von Waren oder Dienstleistungen in Beziehung gesetzt werden (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 22. Oktober 2020, Ferrari, C‑720/18 und C‑721/18, EU:C:2020:854, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung).
100     Eine solche Prüfung hat die Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung jedoch nicht vorgenommen. Sie hat nämlich nicht festgestellt, dass diese Ersatz- und Zubehörteile im Verhältnis zu den Automobilen eine selbständige Untergruppe bildeten, so dass der Nachweis der Benutzung für Erstere ohne Bedeutung für Letztere wäre.
101     Die Beschwerdekammer hat sich zum einen darauf beschränkt, ein Missverhältnis zwischen dem wirtschaftlichen Wert von Ersatzteilen und Zubehör einerseits und dem von Automobilen andererseits festzustellen. In Übereinstimmung mit der Klägerin ist jedoch festzustellen, dass die Beschwerdekammer, indem sie auf den wirtschaftlichen Wert der Ersatzteile und des Zubehörs abstellte, die ständige Rechtsprechung außer Acht gelassen hat, nach der der Zweck oder die Bestimmung der fraglichen Ware oder Dienstleistung für die Auswahlentscheidung des Verbrauchers ausschlaggebend ist, da dieser vor allem eine Ware oder Dienstleistung sucht, die voraussichtlich seinen speziellen Bedürfnissen entspricht. Folglich ist das Kriterium des Zwecks oder der Bestimmung, da es die Verbraucher vor jedem Kauf selbst heranziehen, ein Kriterium, das für die Definition einer Untergruppe von Waren oder Dienstleistungen maßgebend ist (Urteile vom 13. Februar 2007, Mundipharma/HABM – Altana Pharma [RESPICUR], T‑256/04, EU:T:2007:46, Rn. 29, vom 16. Mai 2013, Aleris/HABM – Carefusion 303 [ALARIS], T‑353/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:257, Rn. 22, und vom 24. Januar 2024, Agus/EUIPO – Alpen Food Group [ROYAL MILK], T‑603/22, nicht veröffentlicht, EU:T:2024:29, Rn. 32).
102     Zum anderen hat die Beschwerdekammer festgestellt, dass die maßgeblichen Verkehrskreise nicht davon ausgehen würden, dass der Hersteller der Ersatz- und Zubehörteile die technische Fähigkeit zur Fertigung von Automobilen habe, da allgemein bekannt sei, dass die Automobilhersteller nicht alle Ersatz- und Zubehörteile für ihre Autos selbst herstellten. Auch wenn es zutrifft, dass üblicherweise nicht alle Ersatz- und Zubehörteile von den Automobilherstellern selbst hergestellt werden und umgekehrt die Hersteller solcher Ersatz- und Zubehörteile nicht notwendigerweise Automobile herstellen, ist es jedoch ebenso bekannt, dass eine Reihe von Ersatz- und Zubehörteilen von den Automobilherstellern selbst oder von Dritten in Lizenz hergestellt werden. Daher gibt es keine allgemeine Regel, nach der die maßgeblichen Verkehrskreise notwendigerweise davon ausgehen, dass die Automobile von anderen Herstellern stammen als denen, die die Ersatzteile und das Zubehör für diese Automobile herstellen.
103     In Anbetracht dessen ist die angefochtene Entscheidung auch insoweit mit Beurteilungsfehlern behaftet, als es um die Relevanz der die Ersatz- und Zubehörteile betreffenden Beweise für den Nachweis der Benutzung der angegriffenen Marke für Automobile geht. Diese Fehler kommen zu dem oben in Rn. 60 festgestellten Fehler hinzu.
104     Aus dem Vorstehenden folgt, dass dem vierten Klagegrund stattzugeben ist.
105     Nach alledem und entgegen dem Vorbringen des EUIPO wirken sich die oben in den Rn. 72 und 78 festgestellten Begründungsmängel auf die Entscheidung des Rechtsstreits aus. Daraus folgt nämlich, dass die angefochtene Entscheidung sowohl aufgrund eines Begründungsmangels in Bezug auf die Beweise, die die Ersatz- und Zubehörteile betreffen, als auch aufgrund von Beurteilungsfehlern bei der Prüfung in der Sache fehlerhaft ist, so dass sie auch in diesem Punkt keinen Bestand haben kann.
106     Daher ist die angefochtene Entscheidung in vollem Umfang aufzuheben, ohne dass es einer Prüfung des ersten Klagegrundes bedarf.
 Kosten 
107     Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da das EUIPO und der Streithelfer unterlegen sind, sind ihnen gemäß dem Antrag der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.
108     Darüber hinaus hat die Klägerin beantragt, dem EUIPO und dem Streithelfer die Kosten aufzuerlegen, die ihr im Rahmen des Verfahrens vor der Beschwerdekammer entstanden sind. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 190 Abs. 2 der Verfahrensordnung nur die Aufwendungen der Parteien, die für das Verfahren vor der Beschwerdekammer notwendig waren, als erstattungsfähige Kosten gelten. Daher sind dem EUIPO und dem Streithelfer auch die notwendigen Kosten der Klägerin für das Verfahren vor der Beschwerdekammer aufzuerlegen.
Aus diesen Gründen hat
DAS GERICHT (Achte erweiterte Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1.      Die Entscheidung der Fünften Beschwerdekammer des Amtes der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) vom 29. August 2023 (verbundene Sachen R 334/2017-5 und R 343/2017-5) wird aufgehoben. 
2.      Das EUIPO und Herr Kurt Hesse tragen ihre eigenen Kosten sowie die Kosten der Ferrari SpA einschließlich der für das Verfahren vor der Beschwerdekammer notwendigen Aufwendungen. 
Kornezov
 
De Baere
 
Petrlík
 
 
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 2. Juli 2025.
Unterschriften