T-105/23 – Iceland Foods/ EUIPO – Íslandsstofa (Promote Iceland) u. a. (ICELAND)

T-105/23 – Iceland Foods/ EUIPO – Íslandsstofa (Promote Iceland) u. a. (ICELAND)

CURIA – Documents

Language of document : ECLI:EU:T:2025:729

Vorläufige Fassung

URTEIL DES GERICHTS (Siebte Kammer)

16. Juli 2025(*)

„ Unionsmarke – Nichtigkeitsverfahren – Unionswortmarke ICELAND – Absoluter Nichtigkeitsgrund – Beschreibender Charakter – Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 40/94 (jetzt Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung [EU] 2017/1001) “

In der Rechtssache T‑105/23,

Iceland Foods Ltd mit Sitz in Deeside (Vereinigtes Königreich), vertreten durch Rechtsanwalt G. Vos,

Klägerin,

unterstützt durch

International Trademark Association (INTA) mit Sitz in New York (Vereinigte Staaten), vertreten durch Rechtsanwältinnen N. Parrotta und M. Perraki sowie Rechtsanwalt A. Lubberger,

Streithelferin,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch V. Ruzek als Bevollmächtigten,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des EUIPO und Streithelfer im Verfahren vor dem Gericht:

Íslandsstofa (Promote Iceland) mit Sitz in Reykjavik (Island),

Island,

SA Business Iceland mit Sitz in Reykjavik,

vertreten durch Rechtsanwälte A. von Mühlendahl und H. Hartwig,

erlässt

DAS GERICHT (Siebte Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin K. Kowalik-Bańczyk sowie der Richter E. Buttigieg und I. Dimitrakopoulos (Berichterstatter),

Kanzler: G. Mitrev, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

auf die mündliche Verhandlung vom 16. Oktober 2024,

folgendes

Urteil

1        Mit ihrer Klage nach Art. 263 AEUV beantragt die Klägerin, die Iceland Foods Ltd, die Aufhebung der Entscheidung der Großen Beschwerdekammer des Amtes der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) vom 15. Dezember 2022 (Sache R 1238/2019-G) (im Folgenden: angefochtene Entscheidung).

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

2        Am 14. November 2016 stellten Íslandsstofa (Promote Iceland), Island und SA – Business Iceland beim EUIPO einen Antrag auf Nichtigerklärung der Unionsmarke, die aufgrund einer Anmeldung der Klägerin vom 19. April 2002 für das Wortzeichen ICELAND eingetragen worden war.

3        Für folgende von der angegriffenen Marke erfassten Waren und Dienstleistungen der Klassen 7, 11, 16, 29 bis 32 und 35 des Abkommens von Nizza vom 15. Juni 1957 über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken in revidierter und geänderter Fassung wurde die Erklärung der Nichtigkeit beantragt:

–        Klasse 7: „Geschirrspülmaschinen; Waschmaschinen; Haushaltsmaschinen; Teile und Zubehör für alle vorgenannten Waren; alle vorgenannten Waren, soweit in Klasse 7 enthalten“;

–        Klasse 11: „Heizungs‑, Koch‑, Kühl‑, Trocken- und Lüftungsgeräte; Gefriergeräte, Kühlschränke, Kühl- und Gefrierkombinationen, Mikrowellenherde; Teile und Zubehör für alle vorgenannten Waren; alle vorgenannten Waren, soweit in Klasse 11 enthalten“;

–        Klasse 16: „Papier, Pappe (Karton), Papierwaren, Kartonagen, Einpack- und Verpackungsmaterial; Verpackungsbeutel aus Papier oder Kunststoff; Toilettenpapier, Taschentücher aus Papier, Tragetüten, Kunststoffbeutel, Papier- und Kunststoffsäcke; Beutelverschlüsse; Etiketten; Stifte und Bleistifte; Abziehbilder; Preisschilder und Eintrittskarten und Hüllen in Form von Umschlägen; Druckereierzeugnisse, Zeitschriften und Papier- und Schreibwaren; alle vorgenannten Waren, soweit in Klasse 16 enthalten“;

–        Klasse 29: „Fleisch, Geflügel und Wildbret, Fleischextrakte; konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Gallerten [Gelees], Konfitüren; Eier, Milch und Milchprodukte; Speiseöle und ‑fette; alle vorgenannten Waren, soweit in Klasse 29 enthalten“;

–        Klasse 30: „Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, Reis, Tapioka, Sago, Kaffee-Ersatzmittel; Mehle und Getreidezubereitungen, Brot, feine Backwaren und Konditorwaren, Speiseeis; Honig, Melassesirup; Hefe, Backpulver; Salz, Senf; Essig, Soßen, Salatsoßen; Gewürze; Erfrischungseis; alle vorgenannten Waren, soweit in Klasse 30 enthalten“;

–        Klasse 31: „Land‑, garten- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse sowie Getreideerzeugnisse, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; frisches Obst und Gemüse; Sämereien; natürliche Pflanzen und Blumen; Futtermittel für Tiere, Malz; alle vorgenannten Waren, soweit in Klasse 31 enthalten“;

–        Klasse 32: „Biere, Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken; alle vorgenannten Waren, soweit in Klasse 32 enthalten“;

–        Klasse 35: „Zusammenstellung verschiedener Waren für Dritte, um den Verbrauchern Ansicht und Erwerb dieser Waren in einem Supermarkt zu erleichtern; Zusammenstellen verschiedener Waren für Dritte, um den Verbrauchern Ansicht und Erwerb dieser Waren in einem Bedarfsartikelgeschäft zu erleichtern; Zusammenstellung verschiedener Waren, um den Verbrauchern Ansicht und Erwerb dieser Waren in Einzelhandelsgeschäften für Lebensmittel, Getränke und Haushaltswaren zu erleichtern; Zusammenstellung verschiedener Waren für Dritte, um den Verbrauchern Ansicht und Erwerb dieser Waren in Einzelhandelsgeschäften für Lebensmittel, Getränke, Haushaltswaren und elektrische Haushaltsgeräte zu erleichtern; Zusammenstellung verschiedener Waren für Dritte, um den Verbrauchern Ansicht und Erwerb dieser Waren von einer Website zu erleichtern, die auf die Vermarktung von Lebensmitteln, Getränken, Haushaltswaren und elektrischen Haushaltsgeräten spezialisiert ist; Zusammenstellung verschiedener Waren für Dritte, um den Verbrauchern Ansicht und Erwerb dieser Waren von einer Website im Internet (einschließlich einer über Computer, Computernetzwerke, internetfähige Mobiltelefone, Fernseher, Pager und elektronische Notizbücher zugänglichen Website) zu erleichtern, die auf die Vermarktung von Lebensmitteln, Getränken, Haushaltswaren und elektrischen Haushaltsgeräten spezialisiert ist; Zusammenstellung verschiedener Waren für Dritte, um dem Verbraucher Ansicht und Erwerb dieser Waren aus einem Katalog für Lebensmittel, Getränke, Haushaltswaren und elektrische Haushaltsgeräte über Versandhandel oder mittels Telekommunikation zu erleichtern“.

4        Der Antrag auf Nichtigerklärung wurde im Wesentlichen auf Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in geänderter Fassung in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 Buchst. b, c und g dieser Verordnung (dann Art. 52 Abs. 1 Buchst. a bzw. Art. 7 Abs. 1 Buchst. b, c und g der Verordnung [EG] Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke [ABl. 2009, L 78, S. 1] in geänderter Fassung, jetzt Art. 59 Abs. 1 Buchst. a bzw. Art. 7 Abs. 1 Buchst. b, c und g der Verordnung [EU] 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke [ABl. 2017, L 154, S. 1]) gestützt.

5        Am 5. April 2019 gab die Nichtigkeitsabteilung dem Antrag auf Nichtigerklärung für alle oben in Rn. 3 genannten Waren und Dienstleistungen statt.

6        Am 5. Juni 2019 legte die Klägerin beim EUIPO Beschwerde gegen die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung ein.

7        Im Verfahren vor der Großen Beschwerdekammer trugen Íslandsstofa (Promote Iceland), Island und SA – Business Iceland zusätzlich zu den vor der Nichtigkeitsabteilung vorgetragenen Nichtigkeitsgründen einen weiteren Nichtigkeitsgrund vor, der im Wesentlichen auf die Anwendung der Vorschriften von Art. 51 Abs. 1 Buchst. a in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 Buchst. f der Verordnung Nr. 40/94 (dann Art. 7 Abs.1 Buchst. f der Verordnung Nr. 207/2009, jetzt Art. 7 Abs. 1 Buchst. f der Verordnung 2017/1001) gestützt war.

8        Mit der angefochtenen Entscheidung wies die Große Beschwerdekammer die Beschwerde zurück. Sie vertrat im Wesentlichen erstens die Ansicht, dass der auf Art. 7 Abs. 1 Buchst. f der Verordnung Nr. 40/94 gestützte Antrag auf Nichtigerklärung der angegriffenen Marke unzulässig sei, weil er verspätet im Stadium der Beschwerde gestellt worden sei.

9        Zweitens stellte die Große Beschwerdekammer zum einen fest, dass die angegriffene Marke von den maßgeblichen Verkehrskreisen, d. h. von der breiten englischsprachigen Öffentlichkeit der Europäischen Union, als Hinweis darauf wahrgenommen werde, dass die mit ihr gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen aus Island stammten. Daher sei die angegriffene Marke entgegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 40/94 eingetragen worden.

10      Zum anderen wies die Große Beschwerdekammer im Wesentlichen darauf hin, dass das fragliche Zeichen bereits dann von der Eintragung als Unionsmarke ausgeschlossen sei, wenn nur eines der absoluten Eintragungshindernisse vorliege. Jedenfalls wäre die angegriffene Marke bei einer Prüfung anhand von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 als nicht unterscheidungskräftig anzusehen.

 Anträge der Parteien

11      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        die Sache zur Fortsetzung des Verfahrens an die Nichtigkeitsabteilung zurückzuverweisen;

–        dem EUIPO die Kosten des vorliegenden Verfahrens und Íslandsstofa (Promote Iceland), Island sowie SA – Business Iceland die Kosten der Verfahren vor der Nichtigkeitsabteilung und der Beschwerdekammer aufzuerlegen.

12      Das EUIPO beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin im Fall der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung die Kosten aufzuerlegen.

13      Íslandsstofa (Promote Iceland), Island und SA – Business Iceland beantragen,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

14      Die International Trademark Association (INTA) beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        ihr ihre eigenen Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

15      Die Klägerin macht im Wesentlichen zwei Klagegründe geltend, mit denen sie zum einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 40/94 und zum anderen einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b dieser Verordnung rügt.

 Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 40/94

16      Die Große Beschwerdekammer war im Wesentlichen der Ansicht, dass die angegriffene Marke für die maßgeblichen Verkehrskreise insbesondere angesichts der sehr hohen Bekanntheit der geografischen Bezeichnung „Island“ und der Merkmale dieses Landes in Bezug auf Natur, Ökologie, erneuerbare Energien, wirtschaftlichen Wohlstand, die qualifizierten Arbeitskräfte und im Zusammenhang mit seiner Industrie und den tatsächlichen Ausfuhren für die geografische Herkunft der von ihr erfassten Waren und Dienstleistungen bzw. ihre Merkmale beschreibend sei. Diese Gesichtspunkte ließen den Schluss zu, dass Island für die maßgeblichen Verkehrskreise ein Land sei, das zahlreiche unterschiedliche Arten von Waren herstellen und ein breites Spektrum von Dienstleistungen anbieten könne. Die maßgeblichen Verkehrskreise stellten somit eine Verbindung zwischen den in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen und der angegriffenen Marke her und betrachteten sie als Hinweis auf ihre geografische Herkunft oder einige ihrer speziell mit dieser geografischen Herkunft zusammenhängenden Merkmale.

17      Die Klägerin und die INTA tragen vor, die Große Beschwerdekammer habe gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 40/94 verstoßen. Sie beanstanden die Beurteilungen der Großen Beschwerdekammer und folglich die Schlussfolgerung zum beschreibenden Charakter der angegriffenen Marke für alle in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen.

18      Insbesondere habe die Große Beschwerdekammer trotz des Fehlens von Rechtsvorschriften auf Unionsebene, die die Eintragung von Ländernamen als Marken untersagten, in der angefochtenen Entscheidung de facto ein solches Verbot angeordnet. Insoweit habe sie sich auf nicht entscheidende Kriterien wie die Bekanntheit der geografischen Bezeichnung „Iceland“ bei den maßgeblichen Verkehrskreisen oder auf unzutreffende und nicht belegte und jedenfalls unerhebliche Merkmale dieses Ortes gestützt. Darüber hinaus habe sie bestimmte von der Klägerin vorgelegte Umfragen nicht berücksichtigt.

19      Das EUIPO, Íslandsstofa (Promote Iceland), Island und SA – Business Iceland treten dem Vorbringen der Klägerin und der INTA entgegen.

20      Insoweit ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass eine Unionsmarke nach Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 40/94 auf Antrag beim EUIPO oder auf Widerklage im Verletzungsverfahren für nichtig erklärt wird, wenn sie den Vorschriften von Art. 7 dieser Verordnung zuwider eingetragen worden ist.

21      Nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 40/94 sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, welche im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geografischen Herkunft oder der Zeit der Herstellung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen können. Nach Art. 7 Abs. 2 dieser Verordnung (dann Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009, jetzt Art. 7 Abs. 2 der Verordnung 2017/1001) finden die Vorschriften von Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 40/94 auch dann Anwendung, wenn die Eintragungshindernisse nur in einem Teil der Union vorliegen.

22      Diese Zeichen oder Angaben werden als ungeeignet angesehen, die wesentliche Funktion der Marke zu erfüllen, die darin besteht, die gewerbliche Herkunft der Ware oder der Dienstleistung zu identifizieren (Urteile vom 23. Oktober 2003, HABM/Wrigley, C‑191/01 P, EU:C:2003:579, Rn. 30, und vom 27. Februar 2002, Eurocool Logistik/HABM [EUROCOOL], T‑34/00, EU:T:2002:41, Rn. 37).

23      Ein Zeichen fällt nur dann unter das in Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 40/94 vorgesehene Verbot, wenn es einen hinreichend direkten und konkreten Zusammenhang mit den fraglichen Waren oder Dienstleistungen aufweist, der es den maßgeblichen Verkehrskreisen ermöglicht, sofort und ohne weiteres Nachdenken eine Beschreibung der fraglichen Waren oder Dienstleistungen oder eines ihrer Merkmale wahrzunehmen (vgl. Urteile vom 12. Januar 2005, Deutsche Post EURO EXPRESS/HABM [EUROPREMIUM], T‑334/03, EU:T:2005:4, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 22. Juni 2005, Metso Paper Automation/HABM [PAPERLAB], T‑19/04, EU:T:2005:247, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung).

24      Zudem muss, auch wenn es keine Rolle spielt, ob ein solches Merkmal in wirtschaftlicher Hinsicht wesentlich oder nebensächlich ist, ein Merkmal im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 40/94 gleichwohl ein objektives, dem Wesen der Ware oder Dienstleistung innewohnendes Merkmal oder ein intrinsisches und dauerhaftes Merkmal dieser Ware oder Dienstleistung sein (vgl. Urteil vom 7. Mai 2019, Fissler/EUIPO [vita], T‑423/18, EU:T:2019:291, Rn. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung).

25      Speziell bei Zeichen oder Angaben, die zur Bezeichnung der geografischen Herkunft oder des geografischen Bestimmungsorts der Warengruppen oder des Ortes der Erbringung der Dienstleistungen, für die die Eintragung der Unionsmarke beantragt wird, dienen können, insbesondere bei geografischen Bezeichnungen, besteht an der Freihaltung ein Allgemeininteresse, das insbesondere darauf beruht, dass diese Zeichen oder Angaben nicht nur die Qualität und andere Eigenschaften der betroffenen Waren- oder Dienstleistungsgruppen anzeigen, sondern auch die Vorlieben der Verbraucher in anderer Weise beeinflussen können, etwa dadurch, dass diese eine Verbindung zwischen den Waren oder Dienstleistungen und einem Ort herstellen, mit dem sie positiv besetzte Vorstellungen verbinden (Urteil vom 6. September 2018, Bundesverband Souvenir – Geschenke – Ehrenpreise/EUIPO, C‑488/16 P, EU:C:2018:673, Rn. 37; vgl. auch entsprechend Urteil vom 4. Mai 1999, Windsurfing Chiemsee, C‑108/97 und C‑109/97, EU:C:1999:230, Rn. 26).

26      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass von der Eintragung als Marken zum einen geografische Bezeichnungen ausgeschlossen sind, die bestimmte geografische Orte bezeichnen, die für die betroffene Waren- oder Dienstleistungsgruppe bereits berühmt oder bekannt sind und daher von den beteiligten Verkehrskreisen mit dieser Gruppe in Verbindung gebracht werden, und zum anderen geografische Bezeichnungen, die von Unternehmen verwendet werden können und für diese als geografische Herkunftsangaben für die betreffende Waren- oder Dienstleistungsgruppe ebenfalls freigehalten werden müssen (vgl. entsprechend Urteil vom 4. Mai 1999, Windsurfing Chiemsee, C‑108/97 und C‑109/97, EU:C:1999:230, Rn. 29, 30 und 37).

27      Daher kann ein Zeichen nur dann gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 40/94 von der Eintragung ausgeschlossen werden, wenn die geografische Bezeichnung, für die die Eintragung als Marke beantragt wird, einen Ort bezeichnet, der von den beteiligten Verkehrskreisen zum Zeitpunkt der Anmeldung mit der betreffenden Waren- und Dienstleistungsgruppe in Verbindung gebracht wird, oder wenn dies vernünftigerweise für die Zukunft zu erwarten ist (Urteil vom 6. September 2018, Bundesverband Souvenir – Geschenke – Ehrenpreise/EUIPO, C‑488/16 P, EU:C:2018:673, Rn. 38; vgl. auch entsprechend Urteil vom 4. Mai 1999, Windsurfing Chiemsee, C‑108/97 und C‑109/97, EU:C:1999:230, Rn. 31).

28      Selbst wenn jedoch die maßgeblichen Verkehrskreise einen geografischen Ort kennen, folgt daraus nicht automatisch, dass das Zeichen im Verkehr zur Bezeichnung der geografischen Herkunft dienen kann. Für die Prüfung, ob die Voraussetzungen für das Eingreifen eines absoluten Eintragungshindernisses vorliegen, sind alle Umstände des Einzelfalls wie die Natur der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen, der bessere oder schlechtere Ruf des fraglichen geografischen Ortes, besonders in der betroffenen Branche, und seine größere oder geringere Bekanntheit bei den betreffenden Verkehrskreisen, die Gepflogenheiten der Branche und die Frage zu berücksichtigen, inwieweit die geografische Herkunft der fraglichen Waren oder Dienstleistungen in den Augen der beteiligten Verkehrskreise für die Beurteilung ihrer Qualität oder sonstigen Merkmale relevant sein kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25. Oktober 2005, Peek & Cloppenburg/HABM [Cloppenburg], T‑379/03, EU:T:2005:373, Rn. 49).

29      Da die Gültigkeit der eingetragenen Unionsmarke vermutet wird, ist es im Übrigen im Rahmen eines auf ein absolutes Eintragungshindernis gestützten Nichtigkeitsverfahrens Sache des die Nichtigerklärung begehrenden Antragstellers, vor dem EUIPO die konkreten Gesichtspunkte darzulegen, die die Gültigkeit der Marke in Frage stellen sollen (Urteil vom 13. September 2013, Fürstlich Castell’sches Domänenamt/HABM – Castel Frères [CASTEL], T‑320/10, EU:T:2013:424, Rn. 28).

30      Im vorliegenden Fall ist erstens festzustellen, dass die Klägerin nicht die von der Großen Beschwerdekammer in den Rn. 89 bis 93 der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegte Definition der maßgeblichen Verkehrskreise beanstandet, wonach diese aus der breiten englischsprachigen Öffentlichkeit der Union zum Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke am 19. April 2002 in den Hoheitsgebieten Finnlands, Irlands, der Niederlande, der skandinavischen Länder einschließlich Dänemarks und des Vereinigten Königreichs bestanden habe.

31      Zweitens hat die Große Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung im Wesentlichen festgestellt, dass das Wort „Iceland“ einem erheblichen Teil der maßgeblichen Verkehrskreise als Name eines Landes bekannt sei, das u. a. zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) gehöre.

32      Insoweit ist zum einen festzustellen, dass die angegriffene Marke den Namen eines Landes bezeichnet, das in geografischer Hinsicht in Europa liegt und aus einem relativ dünn besiedelten Gebiet mit einer größeren Fläche als die bestimmter Mitgliedstaaten der Union und des EWR besteht.

33      Zum anderen hat die Große Beschwerdekammer entgegen dem Vorbringen der Klägerin die Bekanntheit Islands nicht als entscheidendes Kriterium für die Beurteilung des beschreibenden Charakters der angegriffenen Marke angesehen. Sie hat in Rn. 121 der angefochtenen Entscheidung deutlich gemacht, dass bei der Beurteilung des beschreibenden Charakters dieser Marke auch andere relevante Faktoren wie die Bekanntheit der Eigenschaften des diese geografische Bezeichnung tragenden Ortes und die Verbindung zwischen den Waren- und Dienstleistungsgruppen und der angegriffenen Marke zu berücksichtigen seien.

34      Drittens hat die Große Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung verschiedene Merkmale Islands aufgeführt, die ihrer Ansicht nach den Schluss zulassen, dass Island ein Land sei, das zahlreiche unterschiedliche Arten von Waren herstellen und ein breites Spektrum von Dienstleistungen anbieten könne.

35      Insoweit ist zum einen darauf hinzuweisen, dass die Klägerin bestreitet, dass allgemein bekannt sei, dass Island eines der umweltfreundlichsten Länder der Welt sei, und sich auch gegen die Beurteilung der Großen Beschwerdekammer hinsichtlich der wichtigen Handelsbeziehungen zwischen Island und den Mitgliedstaaten der Union und die Einstufung der isländischen Tourismusindustrie als „boomend“ wendet. Die Große Beschwerdekammer sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass der häufigste Bestimmungsort für Warenausfuhren aus Island Dänemark sei und nicht die Niederlande, und habe einen Tatsachenfehler begangen, indem sie festgestellt habe, dass Island ein angemessen breites Spektrum von Waren und Dienstleistungen anbiete.

36      Die Klägerin trägt jedoch nichts Konkretes vor, um die Richtigkeit der Beurteilungen der Großen Beschwerdekammer in Frage zu stellen. Somit ist davon auszugehen, dass die Beurteilung dieser Merkmale in Bezug auf Island nicht durch das allgemeine und unsubstantiierte Vorbringen der Klägerin in Frage gestellt werden kann. Zudem lässt sich nach Prüfung der Beweismittel, auf die sich die Große Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung gestützt hat, bestätigen, dass sie rechtlich hinreichend belegen, dass Island erstens ein umweltfreundliches Land gewesen ist (vgl. die Rn. 108, 109, 125, 126 und 146 der angefochtenen Entscheidung, wo vor allem auf zahlreiche geothermische und Wasserkraftwerke, die vom nationalen Betreiber in Island betrieben werden, und auf den seit Langem bestehenden ökologischen Charakter der Energieerzeugung in Island sowie auf übereinstimmende Angaben im Collins Dictionary und in der Enyclopedia Britannica hingewiesen wird), dass Island zweitens ein beliebtes Reiseziel gewesen ist (vgl. die Rn. 108 und 109 der angefochtenen Entscheidung und Rn. 126 dieser Entscheidung, in der insbesondere auf die im Jahr 2015 in Dänemark, Deutschland, Frankreich und dem Vereinigten Königreich durchgeführte Umfrage von Íslandsstofa [Promote Iceland] Bezug genommen wird), und dass Island drittens ein breites Spektrum von Waren und Dienstleistungen angeboten und gleichzeitig im Zusammenhang damit wichtige Handelsbeziehungen mit den EWR-Ländern unterhalten hat (vgl. die Rn. 143 und 144 der angefochtenen Entscheidung, in denen auf das Statistische Jahrbuch Islands des Jahres 2015 sowie auf die Erklärung der Vorsitzenden der Außenhandelsabteilung des Statistischen Amtes von Island vom 27. Januar 2016 zu den Ausfuhren Islands in die Union im Zeitraum von 1999 bis 2014 verwiesen wird).

37      Was zum anderen die Einwände der Klägerin und der INTA in Bezug auf die Relevanz der Merkmale Islands betrifft, die in der angefochtenen Entscheidung bei der Beurteilung der Verbindung zwischen diesem Land und den mit der angegriffenen Marke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen berücksichtigt wurden, ergibt sich aus der oben in den Rn. 26 und 27 angeführten Rechtsprechung, dass Marken beschreibend sind, wenn sie bestimmte geografische Orte bezeichnen, die für die betroffene Waren- oder Dienstleistungsgruppe bereits berühmt oder bekannt sind, aber auch jene, bei denen vernünftigerweise davon auszugehen ist, dass sie in Zukunft von den Unternehmen als geografische Herkunftsangaben für die betreffende Waren- oder Dienstleistungsgruppe verwendet werden.

38      Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Klägerin zu Unrecht geltend macht, dass im vorliegenden Fall der „Ruf“ hätte geprüft werden müssen, den Island bei den maßgeblichen Verkehrskreisen im Zusammenhang mit den mit der angegriffenen Marke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen genossen hat oder in Zukunft hätte genießen können. Wie sich nämlich aus der oben in Rn. 28 angeführten Rechtsprechung ergibt, ist eine Reihe von Umständen zu berücksichtigen, wie sie sich am 19. April 2002 und aus prospektiver Sicht darstellten, wobei sich diese Umstände nicht allein auf die Frage des Rufs beschränken. Darüber hinaus sind die verschiedenen Merkmale Islands, die von der Großen Beschwerdekammer berücksichtigt wurden, wichtig für die Feststellung, inwieweit die geografische Herkunft der fraglichen Waren oder Dienstleistungen in den Augen der beteiligten Verkehrskreise für die Beurteilung ihrer Qualität oder sonstigen Merkmale relevant sein kann.

39      Aus denselben Gründen kann die Klägerin der Großen Beschwerdekammer nicht mit Erfolg vorwerfen, den wirtschaftlichen Wohlstand einschließlich der Beurteilung des Bruttoinlandsprodukts (BIP), der qualifizierten Arbeitskräfte oder auch des Vorhandenseins unterschiedlicher Industriezweige berücksichtigt zu haben, da anhand dieser Kriterien festgestellt werden kann, ob Island als geografischer Herkunftsort für die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen bekannt sein oder als solcher gelten konnte. Aus einer Gesamtbetrachtung der angefochtenen Entscheidung, insbesondere deren Rn. 146, 147, 164, 167 und 185 am Ende, geht hervor, dass die Große Beschwerdekammer die Relevanz der isländischen Wirtschaft (sowohl in Bezug auf quantitative Aspekte wie das BIP als auch in Bezug auf qualitative Aspekte) anerkannt hat, um ihre Schlussfolgerung bezüglich der Fähigkeit dieses Landes, ein breites Spektrum von Waren und Dienstleistungen herzustellen und anzubieten, und bezüglich des beschreibenden Charakters der angegriffenen Marke in der Wahrnehmung der maßgeblichen Verkehrskreise zu untermauern. Insoweit ist auch darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung das BIP für die Bestimmung der Merkmale eines geografischen Ortes, der mit dem angemeldeten Zeichen bezeichnet wird, und folglich für die Beurteilung der Verbindung, die zwischen den von diesem Zeichen erfassten Waren und Dienstleistungen und der verwendeten geografischen Bezeichnung besteht, relevant ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 23. Februar 2022, Govern d’Andorra/EUIPO [Andorra], T‑806/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2022:87, Rn. 65).

40      Nach alledem ist eine konkrete Prüfung der Frage vorzunehmen, ob die angegriffene Marke aus Sicht der beteiligten Verkehrskreise zum Zeitpunkt der Anmeldung einen Ort bezeichnete, der eine Verbindung mit den betreffenden Waren- und Dienstleistungsgruppen aufwies, oder ob vernünftigerweise davon auszugehen war, dass eine solche Verbindung in Zukunft hergestellt werden kann.

 Zu den mit der angegriffenen Marke gekennzeichneten Waren der Klassen 29 bis 32

41      Erstens war die Große Beschwerdekammer der Ansicht, dass die Angabe der geografischen Herkunft von Lebensmitteln, Getränken und landwirtschaftlichen Erzeugnissen nicht nur eine gängige Praxis im Handel sei, sondern im Hinblick auf bestimmte Erzeugnisse auch eine Verpflichtung zur Sicherstellung eines hohen Schutzniveaus für die Gesundheit der Verbraucher und zur Gewährleistung ihres Rechts auf Information darstelle. Verbraucher, die auf diesen Waren mit dem Namen eines Landes konfrontiert seien, seien wahrscheinlich eher geneigt, diesen als Herkunftsort und in einem beschreibenden Sinne wahrzunehmen, und zwar auch dann, wenn das fragliche Land keinen bestimmten Ruf genieße oder für eine bestimmte Ware nicht bekannt sei.

42      Zweitens stellte die Große Beschwerdekammer fest, dass Island zwar hauptsächlich mit Fisch, Meeresfrüchten, Fleisch und Milchprodukten in Verbindung gebracht werden könne, dass es aber auch andere Lebensmittel wie Obst, Gemüse und Kräuter erzeuge. Im Übrigen könne man vernünftigerweise annehmen, dass die mit geothermischer Energie beheizten Gewächshäuser die Kapazitäten für eine recht abwechslungsreiche Lebensmittelproduktion hätten. Angesichts der Tatsache, dass in Europa üblicherweise Geflügel gezüchtet und Eier und Getreide, Bier, Wasser, Fruchtsäfte und andere alkoholfreie Getränke hergestellt, verpackt und vermarktet würden, könnten die Verbraucher denken, dass diese Erzeugnisse wahrscheinlich aus Island stammten. Dies gelte auch für Speisefette und ‑öle, insbesondere für Rapsöl, das in kälteren Klimazonen angebaut werden könne.

43      Drittens entschied die Große Beschwerdekammer, dass bestimmte Waren der Klasse 30 zwar ihrer Art nach nicht in Island angebaut würden, so beispielsweise Kakao, Kaffee, Tee, Reis, Sago und Tapioka, dass sie aber dennoch dort verarbeitet und an den örtlichen Geschmack angepasst werden könnten.

44      Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, die Große Beschwerdekammer habe sich bei der Beurteilung der Verbindung zwischen den Waren der Klassen 29 bis 32 und der in Rede stehenden geografischen Bezeichnung zu Unrecht darauf konzentriert, dass Island in gewissem Umfang Lebensmittel herstelle, obwohl diese nur einen geringen Teil der Warenausfuhren dieses Landes ausmachten. Darüber hinaus seien die Beurteilungen der Großen Beschwerdekammer, was bestimmte „exotische“ Waren betreffe, rein theoretisch. Außerdem habe die rechtliche Verpflichtung, das Ursprungsland auf einer Ware anzugeben, keinen Einfluss auf die Verwendung des Namens dieses Landes als Marke.

45      Insoweit ist erstens festzustellen, dass die Waren der Klassen 29 bis 32 Lebensmittel pflanzlicher und tierischer Herkunft sowie für den menschlichen Verzehr bestimmte Flüssigkeiten umfassen, die alle zum Lebensmittelsektor gehören.

46      Nach der Rechtsprechung entspricht es der gebräuchlichen Praxis bei Waren aus dem Agrar- und dem Lebensmittelbereich, dass sie mit einem geografischen Begriff bezeichnet werden, der somit ihre geografische Herkunft angibt oder angeben kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Oktober 2003, Nordmilch/HABM [OLDENBURGER], T‑295/01, EU:T:2003:267, Rn. 42 bis 45). Die geografische Herkunft solcher Waren kann im Sinne der oben in Rn. 28 angeführten Rechtsprechung aus Sicht der maßgeblichen Verkehrskreise für die Beurteilung ihrer Qualität oder sonstigen Merkmale als besonders relevant angesehen werden.

47      Hinzu kommen die Erwägungen zu den besonderen Merkmalen der betreffenden aus Island stammenden Waren, wobei die natürlichen Faktoren dieses Landes sowie die Methode ihrer Herstellung oder Behandlung zu berücksichtigen sind. Diese Erwägungen werden durch Beweise veranschaulicht, die im Verwaltungsverfahren vor dem EUIPO vorgelegt wurden, insbesondere die Broschüre des Icelandic Lamb Marketing Board (Isländischer Verband für die Vermarktung von Lämmern) zur Aufzucht von Lämmern in Island (Rn. 154 der angefochtenen Entscheidung) mit dem Titel Buyers Guide – From nature to the table – Flavoured by the wild pastures of Iceland (Einkaufsführer – Von der Natur auf den Tisch – Mit dem Geschmack der wilden Weiden Islands), die zwar aus dem Jahr 2010 stammt, jedoch in Bezug auf die Situation zum Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke von Interesse ist, da darin ein „traditioneller“ Prozess der Schafzucht und der Behandlung von Schaffleisch beschrieben wird. Aus diesem Dokument geht u. a. hervor, dass die Lämmer nach hohen Qualitätsstandards in unberührter Natur gehalten wurden, um eine hohe Qualität ihres Fleisches zu erreichen. Darüber hinaus wird in diesem Dokument auf das kulturelle Erbe in diesem Produktionsbereich hingewiesen.

48      Zweitens ist festzustellen, dass Island, wie aus den Beweisen hervorgeht, die während des Verwaltungsverfahrens vor dem EUIPO von Íslandsstofa (Promote Iceland), Island und SA – Business Iceland vorgelegt und zu den Akten genommen wurden, verschiedene Arten von Waren aus dem Agrar- und dem Lebensmittelbereich erzeugt und ausführt, insbesondere Fisch und Fischerzeugnisse, Rind‑, Schaf- und Schweinefleisch, Milchprodukte, Obst und Gemüse sowie verschiedene Sorten von Salat, Kohl, Tomaten, Brokkoli, Karotten und Paprika, verschiedene Beeren, Algen und Kräuter, Süßwaren einschließlich Schokolade und Getränke wie Bier und alkoholfreie Getränke. Insbesondere ergibt sich aus den Akten, dass Island diese Waren von 1999 bis 2014 erzeugt hat, d. h. in dem Zeitraum vor und nach der Anmeldung der angegriffenen Marke (vgl. Rn. 154 der angefochtenen Entscheidung, insbesondere Erklärung der Vorsitzenden der Außenhandelsabteilung des Statistischen Amtes von Island vom 27. Januar 2016 zum Zeitraum von 1999 bis 2014 sowie Statistisches Jahrbuch Islands des Jahres 2015 mit konkreten, nach Produktionsbereichen aufgeschlüsselten Daten zu den Ausfuhren Islands in die Union und in den EWR).

49      Zudem stellte die Große Beschwerdekammer zu Recht in Rn. 155 der angefochtenen Entscheidung (siehe oben, Rn. 42) in Bezug auf bestimmte sonstige in Rede stehende Waren, wie Geflügel und Eier, fest, dass sie in ganz Europa und somit auch in Island gezüchtet und erzeugt werden könnten. Ebenso könnten Speisefette und ‑öle, insbesondere Rapsöl, auch in kälteren Klimazonen, wie beispielsweise in Island, erzeugt oder angebaut werden. Somit können diese mit der angegriffenen Marke gekennzeichneten Waren der Klassen 29 bis 32 insgesamt in Island hergestellt, verpackt und vermarktet und in die EWR-Länder ausgeführt werden. Die gleichen Erwägungen gelten, wie die Große Beschwerdekammer in Rn. 155 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat, für Bier und alkoholfreie Getränke.

50      Daraus ergibt sich, dass Island zum Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke ein breites Spektrum von mit der angegriffenen Marke gekennzeichneten Waren der Klassen 29 bis 32 herstellte, dass es diese Waren auch ausführte und dass es weitere Waren herstellen konnte. Angesichts der tatsächlichen oder potenziellen Fähigkeit Islands zur Erzeugung und Ausfuhr dieser Waren ist davon auszugehen, dass eine der Waren der Klassen 29 bis 32, wenn sie unter der angegriffenen Marke vertrieben wird, als aus diesem Land stammend wahrgenommen werden kann. Insoweit kann der Großen Beschwerdekammer entgegen dem Vorbringen der Klägerin nicht vorgeworfen werden, dass sie den Umstand nicht berücksichtigt habe, dass der Anteil der aus Island ausgeführten Lebensmittel angeblich „minimal“ sei. Selbst wenn man davon ausgeht, dass derzeit der Anteil der Ausfuhren von Lebensmitteln an den Gesamtausfuhren Islands nicht als relativ groß bezeichnet werden kann, kann mit dieser Behauptung die beschreibende Verbindung zwischen der Marke und den Waren der Klassen 29 bis 32 nicht in Frage gestellt werden, da sie nicht dem Umstand Rechnung trägt, dass aus prospektiver Sicht vernünftigerweise eine Verbindung zwischen der angegriffenen Marke und den genannten Waren hergestellt werden kann.

51      Soweit die Klägerin Argumente vorbringt, mit denen das Bestehen einer Verbindung zwischen der angegriffenen Marke und Robbenfleisch bestritten werden soll, ist zudem festzustellen, dass sie nicht in Frage stellt, dass andere Arten von Fleisch, wie Rind‑, Schaf- und Schweinefleisch, in Island erzeugt und nach den im Verwaltungsverfahren vorgelegten Beweisen von Island ausgeführt werden. Somit kann ihr Vorbringen den beschreibenden Charakter der angegriffenen Marke in Bezug auf die weiter gefasste Kategorie „Fleisch“ der Klasse 29 nicht in Frage stellen.

52      In Bezug auf Kakao, Kaffee und Tee der Klasse 30 trifft es zwar zu, dass diese Waren, wie die Klägerin vorträgt, ihrer Art nach nicht in Island angebaut werden und dass es wenig wahrscheinlich ist, dass sie in Zukunft dort angebaut werden. Die Große Beschwerdekammer hat jedoch zu Recht geltend gemacht, dass sie dort verarbeitet und an den lokalen Geschmack angepasst werden könnten, wie die Beweise für die Schokoladenherstellung, auf die sie in Rn. 154 der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen hat und die lokale Süßwarenunternehmen betreffen, belegen. Dies veranschaulichen auch die von der Großen Beschwerdekammer angeführten Beispiele für in der Union im Einzelhandel angebotene Teeselektionen aus Irland, England oder Schottland, wo dieses Erzeugnis nicht angebaut wird.

53      Selbst wenn das Vorbringen der Klägerin so zu verstehen sein sollte, dass es keine Beweise dafür gibt, dass in Island Waren wie Kakao, Kaffee oder Tee verarbeitet oder an örtliche Präferenzen angepasst werden, ist doch festzustellen, dass diese Möglichkeit in den Augen der maßgeblichen Verkehrskreise immer noch vernünftig ist. Diese Art von Waren kann nämlich auf eine bestimmte Weise vermarktet werden, indem eine Ware hervorgehoben wird, die an den örtlichen Geschmack angepasste Geschmacksmerkmale oder andere besondere Eigenschaften aufweist, die mit ihrer geografischen Herkunft in Verbindung stehen.

54      Es ist darauf hinzuweisen, dass diese Waren sowie bestimmte andere Waren der Klassen 29 bis 32, wie Gewürze, Hefe oder Salz, nach einer Anpassung bestimmte für Island typische Merkmale aufweisen können, beispielsweise angesichts von Behandlungsmethoden, die es ermöglichen, spezielle Aromen in den Vordergrund zu rücken, und dass sie von den maßgeblichen Verkehrskreisen als solche wahrgenommen werden können.

55      Nach alledem ist festzustellen, dass die Große Beschwerdekammer zu Recht festgestellt hat, dass die angegriffene Marke in Bezug auf die Waren der Klassen 29 bis 32 beschreibenden Charakter habe.

 Zu den mit der angegriffenen Marke gekennzeichneten Waren der Klassen 7 und 11

56      Um zu dem Schluss zu gelangen, dass die angegriffene Marke in Bezug auf die Waren der Klassen 7 und 11 beschreibenden Charakter habe, berücksichtigte die Große Beschwerdekammer zunächst Faktoren im Zusammenhang mit dem Bestehen einer „soliden Industrie“ in den Bereichen Fischerei und Lebensmittelverarbeitung, in denen in Island Tiefkühltruhen und andere elektrische Geräte verwendet werden, im Zusammenhang mit der Stabilität und der Gesundheit der isländischen Wirtschaft und der Assoziierung dieses Landes mit grüner Energie und Nachhaltigkeit aufgrund seines Rufs in dem Bereich. Sodann untersuchte sie die Kaufgewohnheiten der Verbraucher in diesem Sektor. Schließlich stellte die Große Beschwerdekammer im Wesentlichen fest, dass die angegriffene Marke geeignet sei, die wesentlichen nachhaltigen und umweltfreundlichen Eigenschaften der mit der angegriffenen Marke gekennzeichneten Waren der Klassen 7 und 11 zu beschreiben.

57      Die Klägerin wirft der Großen Beschwerdekammer vor, davon ausgegangen zu sein, dass die Waren der Klassen 7 und 11 in Island hergestellt werden könnten, obwohl die wirtschaftlichen und geografischen Eigenschaften dieses Landes auf eine solche Produktionskapazität nicht hindeuteten.

58      Vorab ist darauf hinzuweisen, dass zu den Waren der Klassen 7 und 11 u. a. verschiedene Haushaltsgeräte sowie deren Teile und Zubehör gehören. Die Feststellung der Großen Beschwerdekammer, dass diese Waren leicht von einem nachhaltigen Image profitieren könnten, das u. a. mit ihrer umweltfreundlichen Herstellung und ihrem geringen Energieverbrauch verknüpft sei, wird von der Klägerin nicht bestritten.

59      Im Übrigen ist zum einen hinzuzufügen, dass, wie die Beschwerdekammer in Rn. 164 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat, die maßgeblichen Verkehrskreise Island aufgrund einer „soliden Industrie“, qualifizierter Arbeitskräfte, einer gesunden und stabilen Wirtschaft und der Förderung von Innovation und Kreativität durch die isländische Regierung im Jahr 2002 als fähig ansehen konnten, sämtliche in Rede stehenden Waren dieser Klassen herzustellen oder in absehbarer Zukunft hierzu in der Lage zu sein.

60      Wie zum anderen aus den Beweisen hervorgeht, die von Íslandsstofa (Promote Iceland), Island und SA – Business Iceland im Verwaltungsverfahren vorgelegt und zu den Akten genommen wurden (vgl. Stellungnahme vom 2. November 2017, Anhang 3), stellten bestimmte Unternehmen mit Sitz in Island mit der angegriffenen Marke gekennzeichnete Waren der Klassen 7 und 11 her, wie beispielsweise Kühl- und Gefrierschränke. Obwohl sich diese Beweise auf das Jahr 2017 beziehen, sind sie aussagekräftig, auch bezogen auf den Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke, d. h. den 19. April 2002, insbesondere da sie die technischen Kapazitäten der isländischen Unternehmen der betreffenden Branche veranschaulichen.

61      Unter diesen Umständen kann vernünftigerweise davon ausgegangen werden, dass die angegriffene Marke von den maßgeblichen Verkehrskreisen als Hinweis darauf wahrgenommen werden konnte, dass die Waren der Klassen 7 und 11 aus Island stammten und in Anbetracht des Images dieses Landes umweltfreundlich waren (siehe oben, Rn. 36) und dass sie Eigenschaften im Zusammenhang mit ihrer Nachhaltigkeit und Umweltfreundlichkeit aufweisen.

62      Diese Schlussfolgerung kann nicht durch die Rügen der Klägerin entkräftet werden, wonach die Verweise der Großen Beschwerdekammer in den Rn. 80, 147 und 163 der angefochtenen Entscheidung auf künstliche Gliedmaßen (Prothesen) im vorliegenden Fall unerheblich seien, da die angegriffene Marke für solche Waren nicht eingetragen sei. Insoweit genügt die Feststellung, dass die Große Beschwerdekammer darauf nur Bezug genommen hat, um, ebenso wie Íslandsstofa (Promote Iceland), Island und SA – Business Iceland, zu veranschaulichen, dass isländische Unternehmen in der Lage sind, ausgereifte Waren auf dem neuesten Stand der Technik herzustellen. Dies war jedoch relevant, um einzuschätzen, ob Island als geografischer Herkunftsort von Waren der Klassen 7 und 11 wahrgenommen werden konnte.

63      Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Große Beschwerdekammer zu Recht festgestellt hat, dass die angegriffene Marke in Bezug auf die Waren der Klassen 7 und 11 beschreibenden Charakter habe.

 Zu den mit der angegriffenen Marke gekennzeichneten Waren der Klasse 16

64      In der angefochtenen Entscheidung stellte die Große Beschwerdekammer im Wesentlichen fest, dass die Papierwaren und Kartonagen sowie die Schreibwaren der Klasse 16 im täglichen Gebrauch verwendet würden und dass die maßgeblichen Verkehrskreise die angegriffene Marke als Hinweis darauf wahrnähmen, dass diese Waren aus Island stammten und umweltfreundlich seien. Außerdem stellte die Große Beschwerdekammer in Bezug auf Druckereierzeugnisse oder Zeitschriften fest, dass die maßgeblichen Verkehrskreise annehmen könnten, dass sie Island beträfen.

65      Die Klägerin wirft der Großen Beschwerdekammer im Wesentlichen vor, sich auf bloße Vermutungen gestützt zu haben, dass Island künftig Waren der Klasse 16 herstellen könne.

66      Insoweit ist erstens in Übereinstimmung mit der Großen Beschwerdekammer im Wesentlichen davon auszugehen, dass „Papier, Pappe (Karton), Papierwaren, Kartonagen, Einpack- und Verpackungsmaterial; Verpackungsbeutel aus Papier oder Kunststoff; Toilettenpapier, Taschentücher aus Papier, Tragetüten, Kunststoffbeutel, Papier- und Kunststoffsäcke; Beutelverschlüsse; Etiketten; Stifte und Bleistifte; Abziehbilder; Preisschilder und Eintrittskarten und Hüllen in Form von Umschlägen“ aus biologisch abbaubaren Materialien oder mit Herstellungsverfahren hergestellt werden können, die geeignet sind, negative Auswirkungen auf die Umwelt zu verringern.

67      Die geringen negativen Auswirkungen der Waren und ihrer Verpackungen auf die Umwelt können eine mit diesen Waren oder Verpackungen in Verbindung gebrachte Eigenschaft darstellen, und sei es auch nur für einen Teil der Verkehrskreise, der dem ökologischen Aspekt Bedeutung beimisst, insbesondere für bewusste Verbraucher, denen eine erleichterte Verwertung und das Recycling von Abfällen ein Anliegen ist.

68      Somit hat die Große Beschwerdekammer zu Recht festgestellt, dass die maßgeblichen Verkehrskreise die angegriffene Marke, die Island, ein für seine Umweltfreundlichkeit bekanntes Land (siehe oben, Rn. 36), bezeichnet, als Hinweis auf die geografische Herkunft der Waren der Klasse 16 oder ihrer Merkmale wahrnehmen würden, was den mit dieser geografischen Herkunft in Verbindung stehenden ökologischen Aspekt betrifft.

69      Zweitens bestreitet die Klägerin, was „Druckereierzeugnisse, Zeitschriften und Papier- und Schreibwaren“ betrifft, nicht, dass diese Waren unabhängig von ihrem Herstellungsort Island betreffen konnten. Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, dass die angegriffene Marke in Bezug auf die Waren der Klasse 16 beschreibenden Charakter besitzt.

 Zu den mit der angegriffenen Marke gekennzeichneten Dienstleistungen der Klasse 35

70      Die mit der angegriffenen Marke gekennzeichneten Dienstleistungen der Klasse 35 beziehen sich im Wesentlichen auf den Einzelhandel in Geschäften und online.

71      Die Große Beschwerdekammer war im Wesentlichen der Ansicht, dass die angegriffene Marke als Hinweis auf den Ort verwendet werden könne, von dem aus die Einzelhandelsdienstleistungen der Klasse 35 im Allgemeinen erbracht würden. Außerdem könnten die maßgeblichen Verkehrskreise diese Marke als Hinweis auf eine spezielle Eigenschaft der im Rahmen dieser Dienstleistungen vertriebenen Waren wahrnehmen.

72      Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, es sei aufgrund der geringen Bevölkerungsdichte des Landes und seines weitgehend unbewohnbaren Hoheitsgebiets, in dem es nicht möglich sei, eine Kette von Lebensmittelgeschäften zu unterhalten, wenig wahrscheinlich, dass die Dienstleistungen der Klasse 35 aus Island stammten. Darüber hinaus hebt die Klägerin hervor, dass Island keine Einzelhandelsdienstleistungen „ausführe (exportiere)“.

73      Es ist darauf hinzuweisen, dass sich die mit der angegriffenen Marke gekennzeichneten Einzelhandelsdienstleistungen auf Lebensmittel, Getränke und Haushaltswaren beziehen, die allesamt in Island hergestellt werden. Außerdem kann es sich um Erzeugnisse wie Fisch, Meeresfrüchte oder andere Meereserzeugnisse handeln, in Bezug auf die die Klägerin nicht bestreitet, dass Island als Herkunftsland bekannt ist.

74      Das Vorbringen der Klägerin zur fehlenden Ausfuhr der mit der angegriffenen Marke gekennzeichneten Dienstleistungen und zum fehlenden Ruf Islands hinsichtlich dieser Dienstleistungen sowie das Vorbringen, dass die Größe der isländischen Bevölkerung der Fähigkeit Islands, eine Kette von Lebensmittelgeschäften zu unterhalten, entgegenstehe, können aus den oben in den Rn. 37 und 38 dargelegten Gründen keinen Erfolg haben, ohne dass im Übrigen eine Unterscheidung nach der demografischen Bedeutung des in Rede stehenden geografischen Ortes relevant wäre. Es kann nämlich vernünftigerweise davon ausgegangen werden, dass die in Rede stehenden Dienstleistungen, wenn sie die angegriffene Marke tragen, als in Geschäften in diesem Land erbracht angesehen werden.

75      Nach alledem ist festzustellen, dass die Große Beschwerdekammer zu Recht festgestellt hat, dass die angegriffene Marke in Bezug auf die Dienstleistungen der Klasse 35 beschreibenden Charakter habe.

 Zu bestimmten übergreifenden Behauptungen der Klägerin und der INTA

76      Keines der übrigen Argumente der Klägerin und der INTA ist geeignet, die Schlussfolgerung der Großen Beschwerdekammer zum beschreibenden Charakter der angegriffenen Marke in Bezug auf die mit ihr gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu entkräften.

77      Erstens machen die Klägerin und die INTA geltend, die Große Beschwerdekammer habe einen Rechtsfehler begangen, indem sie im Wesentlichen festgestellt habe, dass die Eintragung von Ländernamen unabhängig von den betroffenen Waren oder Dienstleistungen zwangsläufig unter das absolute Eintragungshindernis des Art. 7 Abs. 1 Buchst. c und f der Verordnung Nr. 40/94 falle.

78      Es ist jedoch festzustellen, dass eine solche Behauptung auf einem falschen Verständnis der angefochtenen Entscheidung beruht. Wie sich nämlich aus einer Gesamtbetrachtung dieser Entscheidung, insbesondere ihrer Rn. 94 bis 209, ergibt, hat die Große Beschwerdekammer den beschreibenden Charakter der angegriffenen Marke im Hinblick auf alle in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen eingehend geprüft.

79      Was zweitens das Vorbringen der Klägerin betrifft, Art. 12 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 (dann Art. 12 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009, jetzt Art. 14 Buchst. b der Verordnung 2017/1001) gewährleiste, dass isländische Unternehmen die Bezeichnung „Iceland“ verwenden könnten, ist festzustellen, dass diese Vorschrift mit der Überschrift „Beschränkung der Wirkungen der [Unions]marke“ bestimmt:

„Die [Unions]marke gewährt ihrem Inhaber nicht das Recht, einem Dritten zu verbieten,

b)      Angaben über die Art, die Beschaffenheit, die Menge, die Bestimmung, den Wert, die geografische Herkunft oder die Zeit der Herstellung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung oder über andere Merkmale der Ware oder Dienstleistung

im geschäftlichen Verkehr zu benutzen, sofern die Benutzung den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel entspricht.“

80      Die oben in Rn. 79 angeführte Bestimmung soll u. a. den Fall regeln, dass eine Marke, die ganz oder zum Teil aus einer geografischen Bezeichnung besteht, eingetragen worden ist, räumt Dritten jedoch nicht das Recht ein, eine solche Bezeichnung als Marke zu verwenden, sondern nur das Recht, die Bezeichnung beschreibend, d. h. als Angabe über die geografische Herkunft, zu benutzen, sofern die Benutzung den anerkannten Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel entspricht (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 4. Mai 1999, Windsurfing Chiemsee, C‑108/97 und C‑109/97, EU:C:1999:230, Rn. 26 bis 28).

81      Anders als die Klägerin offenbar meint, kann der Umstand, dass Art. 12 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 gewährleistet, dass jeder Wirtschaftsteilnehmer Angaben in Bezug auf die Merkmale der Waren oder Dienstleistungen frei verwenden kann, den Schutz des Allgemeininteresses, das Art. 7 Abs. 1 Buchst. c dieser Verordnung zugrunde liegt, nicht gewährleisten. Vielmehr unterstreicht dieser Umstand das Interesse daran, dass der – überdies absolute – Nichtigkeitsgrund in Art. 51 Abs. 1 Buchst. a in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 40/94 tatsächlich auf jedes Zeichen anzuwenden ist, das ein Merkmal von Waren oder Dienstleistungen bezeichnen kann, für die die Marke eingetragen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. März 2011, Agencja Wydawnicza Technopol/HABM, C‑51/10 P, EU:C:2011:139, Rn. 61 und die dort angeführte Rechtsprechung). Daher ist das Vorbringen der Klägerin als unbegründet zurückzuweisen.

82      Drittens wirft die Klägerin der Großen Beschwerdekammer offenbar vor, die am 2. August 2019 erstellte Umfrage als unzulässig zurückgewiesen zu haben, bei der im Juni 2019 geführte Telefongespräche berücksichtigt wurden.

83      Aus einer Zusammenschau insbesondere der Rn. 137, 138, 158 und 205 der angefochtenen Entscheidung ergibt sich jedoch, dass die Große Beschwerdekammer nicht die Frage der Zulässigkeit der Umfrage vom 2. August 2019, sondern die Frage ihres Beweiswerts geprüft hat.

84      Selbst wenn man im Übrigen annähme, dass die Klägerin die Beurteilung der Beweiskraft dieser Umfrage beanstanden möchte, genügt der Hinweis, dass sie daraus keine konkreten Konsequenzen ableitet, die diese Umfrage auf die Beurteilung des beschreibenden Charakters der angegriffenen Marke gehabt hätte. Jedenfalls ist, wie die Große Beschwerdekammer in Rn. 158 der angefochtenen Entscheidung zu Recht ausgeführt hat, das bloße Befragen von Personen, welche Waren ihnen in den Sinn kommen, wenn sie mit der angegriffenen Marke konfrontiert werden, kein unfehlbarer und geeigneter Test, der es ermöglicht, den beschreibenden Charakter der Marke zu beurteilen, da diese Beurteilung stets unter Berücksichtigung der von dieser Marke erfassten Waren und Dienstleistungen vorzunehmen ist (siehe die oben in Rn. 23 angeführte Rechtsprechung).

85      Nach alledem ist der erste Klagegrund zurückzuweisen.

 Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94

86      Mit ihrem zweiten Klagegrund macht die Klägerin, unterstützt durch die INTA, im Wesentlichen geltend, die Beschwerdekammer habe gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 verstoßen.

87      Das EUIPO, Íslandsstofa (Promote Iceland), Island und SA – Business Iceland treten dem Vorbringen der Klägerin und der INTA entgegen.

88      Da sich aus Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 40/94 ergibt, dass ein Zeichen bereits dann von der Eintragung als Unionsmarke ausgeschlossen ist, wenn nur eines der dort genannten absoluten Eintragungshindernisse vorliegt, ist es angesichts der Zurückweisung des ersten Klagegrundes, mit dem die Klägerin die Feststellung der Großen Beschwerdekammer rügt, dass Art. 7 Abs. 1 Buchst. c dieser Verordnung anwendbar sei, um die angegriffene Marke für alle mit ihr gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen für nichtig zu erklären, nicht erforderlich, die Begründetheit des zweiten Klagegrundes zu prüfen, mit dem die Klägerin einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b dieser Verordnung rügt.

89      Nach alledem ist der zweite Klagegrund zurückzuweisen und damit die Klage insgesamt abzuweisen.

 Kosten

90      Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

91      Da eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat und die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß den Anträgen des EUIPO, Islands, von Íslandsstofa (Promote Iceland) und SA – Business Iceland die Kosten aufzuerlegen.

92      Die INTA trägt gemäß Art. 138 Abs. 3 der Verfahrensordnung ihre eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Siebte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Iceland Foods Ltd trägt neben ihren eigenen Kosten die Kosten, die dem Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), Íslandsstofa (Promote Iceland), Island und SA – Business Iceland entstanden sind.

3.      Die International Trademark Association (INTA) trägt ihre eigenen Kosten.

Kowalik-Bańczyk

Buttigieg

Dimitrakopoulos

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 16. Juli 2025.

Unterschriften



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