Vorläufige Fassung
URTEIL DES GERICHTSHOFS (Erste Kammer)
23. Oktober 2025(* )
„ Vorlage zur Vorabentscheidung – Umwelt – Abfälle – Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 – Art. 24 Abs. 2 – Verbringung – Rücknahme von Abfällen bei illegaler Verbringung – Rücknahme von Abfällen durch die zuständige Behörde am Versandort – Verpflichtung oder Berechtigung dieser Behörde zur Verwertung oder Beseitigung der Abfälle trotz des Widerspruchs des ursprünglichen Versenders – Art. 17 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union – Eigentumsrecht – Gültigkeit “
In den verbundenen Rechtssachen C‑221/24 und C‑222/24
betreffend zwei Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Svea hovrätt, Mark- och miljööverdomstolen (Berufungsgericht für Svealand, Boden- und Umweltobergericht, Schweden) mit Entscheidungen vom 12. März 2024, beim Gerichtshof eingegangen am 22. März 2024, in den Verfahren
Naturvårdsverket
gegen
UQ (C‑221/24),
IC (C‑222/24)
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten F. Biltgen, des Vizepräsidenten des Gerichtshofs T. von Danwitz in Wahrnehmung der Aufgaben eines Richters der Ersten Kammer, der Richterin I. Ziemele sowie der Richter A. Kumin und S. Gervasoni (Berichterstatter),
Generalanwältin: T. Ćapeta,
Kanzler: C. Strömholm, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 27. Februar 2025,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
– des Naturvårdsverk, vertreten durch Y. Lindén und L. Vogel, Miljöjurister,
– des Europäischen Parlaments, vertreten durch A. Ahlvin, W. D. Kuzmienko und A. Neergaard als Bevollmächtigte,
– des Rates der Europäischen Union, vertreten durch J. Himmanen und A. Maceroni als Bevollmächtigte,
– der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Björkland und T. S. Bohr als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 22. Mai 2025
folgendes
Urteil
1 Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung von Art. 24 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. c und d der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die Verbringung von Abfällen (ABl. 2006, L 190, S. 1) sowie die Gültigkeit von Art. 24 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. c dieser Verordnung im Hinblick auf das in Art. 17 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) verankerte Eigentumsrecht.
2 Sie ergehen im Rahmen zweier Rechtsstreitigkeiten zwischen dem Naturvårdsverk (Amt für Natur- und Umweltschutz, Schweden, im Folgenden: Amt) auf der einen und UQ (Rechtssache C‑221/24) sowie IC (Rechtssache C‑222/24) auf der anderen Seite wegen der Übernahme von Abfällen aus von UQ und IC verschickten Containern durch das Amt.
Rechtlicher Rahmen
Internationales Recht
3 Gemäß der Präambel des Übereinkommens über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihrer Entsorgung, das am 22. März 1989 in Basel unterzeichnet und mit dem Beschluss 93/98/EWG des Rates vom 1. Februar 1993 (ABl. 1993, L 39, S. 1) im Namen der Europäischen Gemeinschaft genehmigt wurde (im Folgenden: Basler Übereinkommen), soll die grenzüberschreitende Verbringung gefährlicher Abfälle und anderer Abfälle nur erlaubt werden, wenn die Beförderung und die endgültige Entsorgung solcher Abfälle umweltgerecht erfolgen.
4 Art. 9 („Unerlaubter Verkehr“) Abs. 2 des Basler Übereinkommens sieht vor:
„Gilt eine grenzüberschreitende Verbringung gefährlicher Abfälle oder anderer Abfälle infolge des Verhaltens des Exporteurs oder des Erzeugers als unerlaubter Verkehr, so sorgt der Ausfuhrstaat dafür, dass die betreffenden Abfälle
a) vom Exporteur oder vom Erzeuger oder, falls notwendig, von ihm selbst in den Ausfuhrstaat zurückgeführt werden oder, falls dies praktisch nicht möglich ist,
b) in Übereinstimmung mit diesem Übereinkommen anderweitig entsorgt werden,
und zwar binnen 30 Tagen, nachdem der Ausfuhrstaat über den unerlaubten Verkehr unterrichtet wurde, oder binnen einer anderen von den betroffenen Staaten zu vereinbarenden Frist. Zu diesem Zweck werden die betroffenen Vertragsparteien die Rückführung dieser Abfälle in den Ausfuhrstaat nicht ablehnen, aufhalten oder verhindern.“
Unionsrecht
Charta
5 Art. 17 („Eigentumsrecht“) Abs. 1 der Charta lautet:
„Jede Person hat das Recht, ihr rechtmäßig erworbenes Eigentum zu besitzen, zu nutzen, darüber zu verfügen und es zu vererben. Niemandem darf sein Eigentum entzogen werden, es sei denn aus Gründen des öffentlichen Interesses in den Fällen und unter den Bedingungen, die in einem Gesetz vorgesehen sind, sowie gegen eine rechtzeitige angemessene Entschädigung für den Verlust des Eigentums. Die Nutzung des Eigentums kann gesetzlich geregelt werden, soweit dies für das Wohl der Allgemeinheit erforderlich ist.“
6 Art. 52 der Charta („Tragweite und Auslegung der Rechte und Grundsätze“) Abs. 1 bestimmt:
„Jede Einschränkung der Ausübung der in dieser Charta anerkannten Rechte und Freiheiten muss gesetzlich vorgesehen sein und den Wesensgehalt dieser Rechte und Freiheiten achten. Unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dürfen Einschränkungen nur vorgenommen werden, wenn sie erforderlich sind und den von der [Europäischen] Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entsprechen.“
Richtlinie 2008/98/EG
7 Die Richtlinie 2008/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Abfälle und zur Aufhebung bestimmter Richtlinien (ABl. 2008, L 312, S. 3) (im Folgenden: Richtlinie 2008/98), auf die die Verordnung Nr. 1013/2006 in ihrer durch die Verordnung Nr. 660/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 (ABl. 2014, L 189, S. 135) geänderten Fassung verweist, legt einen rechtlichen Rahmen für die Behandlung von Abfällen in der Union fest.
8 Gemäß dem sechsten Erwägungsgrund der Richtlinie 2008/98 „[sollte d]as oberste Ziel jeder Abfallpolitik … darin bestehen, die nachteiligen Auswirkungen der Abfallerzeugung und ‑bewirtschaftung auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt zu minimieren“.
9 In Art. 3 („Begriffsbestimmungen“) der Richtlinie 2008/98 heißt es:
„Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck
1. ‚Abfall‘ jeden Stoff oder Gegenstand, dessen sich sein Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss;
…“
10 Art. 15 („Verantwortung für die Abfallbewirtschaftung“) Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2008/98 sieht vor:
„(1) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass jeder Abfallersterzeuger oder sonstiger Abfallbesitzer die Abfallbehandlung selbst durchführt oder sie durch einen Händler oder eine Einrichtung oder ein Unternehmen, der/die/das auf dem Gebiet der Abfallbehandlung tätig ist, oder durch einen privaten oder öffentlichen Abfallsammler im Einklang mit den Artikeln 4 und 13 durchführen lässt.
(2) Werden die Abfälle vom Ersterzeuger oder Besitzer zur vorläufigen Behandlung zu einer der in Absatz 1 genannten natürlichen oder juristischen Personen verbracht, endet ihre Verantwortung für die Durchführung eines vollständigen Verwertungs- oder Beseitigungsverfahrens in der Regel nicht.
…“
11 Nach Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98 „[treffen d]ie Mitgliedstaaten … geeignete Maßnahmen, um ein integriertes und angemessenes Netz von Abfallbeseitigungsanlagen und Anlagen zur Verwertung von [Abfällen] … zu errichten …“.
Verordnung Nr. 1013/2006
12 Gemäß ihrem ersten Erwägungsgrund besteht der wichtigste und vorrangige Zweck und Gegenstand der Verordnung Nr. 1013/2006 im Umweltschutz. Zudem heißt es in den Erwägungsgründen 3, 7 und 8:
„(3) Der Beschluss [93/98] betraf den Abschluss – im Namen der Gemeinschaft – des Basler Übereinkommens …, dessen Vertragspartei die [Europäische] Gemeinschaft seit 1994 ist. Durch Verabschiedung der Verordnung (EWG) Nr. 259/93 [des Rates vom 1. Februar 1993 zur Überwachung und Kontrolle der Verbringung von Abfällen in der, in die und aus der Europäischen Gemeinschaft (ABl. 1993, L 30, S. 1)] hat der Rat [der Europäischen Union] Regeln zur Beschränkung und Kontrolle [grenzüberschreitender Abfallverbringungen] erstellt, die unter anderem darauf abzielen, das bestehende Gemeinschaftssystem für die Überwachung und Kontrolle der Verbringung von Abfällen mit den Vorschriften des Basler Übereinkommens in Einklang zu bringen.
…
(7) Die Überwachung und Kontrolle der Verbringung von Abfällen müssen so organisiert und geregelt werden, dass der Notwendigkeit, die Qualität der Umwelt und der menschlichen Gesundheit zu erhalten, zu schützen und zu verbessern, Rechnung getragen und eine gemeinschaftsweit einheitlichere Anwendung der Verordnung gefördert wird.
(8) Die in Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe d des Basler Übereinkommens begründete Verpflichtung, die Verbringung gefährlicher Abfälle auf ein Mindestmaß zu beschränken, das mit der umweltgerechten und wirksamen Behandlung solcher Abfälle vereinbar ist, muss auch beachtet werden.“
13 Art. 1 („Geltungsbereich“) Abs. 1 der Verordnung Nr. 1013/2006 sieht vor:
„In dieser Verordnung werden Verfahren und Kontrollregelungen für die Verbringung von Abfällen festgelegt …“
14 Art. 2 Nr. 34 der Verordnung Nr. 1013/2006 definiert den Begriff „Verbringung“ im Wesentlichen als „den Transport von zur Verwertung oder Beseitigung bestimmten Abfällen“ zwischen mehreren Staaten oder innerhalb eines Staates.
15 Art. 3 der Verordnung Nr. 1013/2006 legt den „[a]llgemeine[n] Verfahrensrahmen“ für diese Verbringungen fest und sieht u. a. ein Verfahren für ihre Notifizierung vor, wobei der Geltungsbereich der Notifizierung in Art. 4 Abs. 2 Nr. 6 dahin geregelt wird, dass sie „die Verbringung der Abfälle vom ursprünglichen Versandort einschließlich ihrer vorläufigen und nicht vorläufigen Verwertung oder Beseitigung“ umfasst.
16 Art. 24 („Rücknahme von Abfällen bei illegaler Verbringung“) Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 1013/2006 bestimmt:
„(1) Entdeckt eine zuständige Behörde eine Verbringung, die sie für illegal hält, so unterrichtet sie unverzüglich die anderen betroffenen zuständigen Behörden.
(2) Hat der Notifizierende die illegale Verbringung zu verantworten, so sorgt die zuständige Behörde am Versandort dafür, dass die betreffenden Abfälle
a) vom Notifizierenden de facto zurückgenommen werden oder, falls keine Notifizierung eingereicht wurde,
b) vom Notifizierenden de jure zurückgenommen werden oder, falls dies nicht möglich ist,
c) von der zuständigen Behörde am Versandort selbst oder einer in ihrem Namen handelnden natürlichen oder juristischen Person zurückgenommen werden oder, falls dies nicht möglich ist,
d) von der zuständigen Behörde am Versandort selbst oder einer in ihrem Namen handelnden natürlichen oder juristischen Person im Empfängerstaat oder im Versandstaat auf andere Weise verwertet oder beseitigt werden oder, falls dies nicht möglich ist,
e) mit dem Einverständnis aller betroffenen zuständigen Behörden von der zuständigen Behörde am Versandort selbst oder einer in ihrem Namen handelnden natürlichen oder juristischen Person in einem anderen Staat auf andere Weise verwertet oder beseitigt werden.
Diese Rücknahme, Verwertung oder Beseitigung erfolgt innerhalb von 30 Tagen oder innerhalb eines anderen, von den betroffenen zuständigen Behörden einvernehmlich festgelegten Zeitraums, nachdem die zuständige Behörde am Versandort von der illegalen Verbringung Kenntnis erhalten hat oder von der zuständigen Behörde am Bestimmungsort oder den für die Durchfuhr zuständigen Behörden schriftlich von der illegalen Verbringung und den Gründen dafür benachrichtigt wurde. Ausgangspunkt entsprechender Benachrichtigungen können Informationen sein, die den zuständigen Behörden am Bestimmungsort oder den für die Durchfuhr zuständigen Behörden unter anderem durch die übrigen zuständigen Behörden übermittelt wurden.
Im Falle der Rücknahme gemäß Buchstaben a, b und c ist eine erneute Notifizierung einzureichen, es sei denn, alle betroffenen zuständigen Behörden sind der Ansicht, dass ein hinreichend begründeter Antrag der ursprünglich zuständigen Behörde am Versandort ausreicht.
Die erneute Notifizierung ist von den in Buchstabe a, b oder c genannten Personen oder Behörden in dieser Reihenfolge einzureichen.
Keine zuständige Behörde darf sich der Rückfuhr von illegal verbrachten Abfällen widersetzen. …“
17 Art. 25 („Kosten der Rücknahme von Abfällen bei illegaler Verbringung“) Abs. 1 der Verordnung Nr. 1013/2006 sieht vor:
„Die Kosten der Rückfuhr von Abfällen aus einer illegalen Verbringung einschließlich der Kosten des Transports, der Verwertung oder der Beseitigung gemäß Artikel 24 Absatz 2 sowie ab dem Zeitpunkt, zu dem die zuständige Behörde am Versandort von der illegalen Verbringung Kenntnis erhalten hat, die Kosten der Lagerung gemäß Artikel 24 Absatz 7 werden folgendermaßen angelastet:
a) dem Notifizierenden de facto gemäß der in Artikel 2 Nummer 15 festgelegten Rangfolge oder, falls keine Notifizierung eingereicht wurde,
b) dem Notifizierenden de jure oder gegebenenfalls anderen natürlichen oder juristischen Personen oder, falls dies nicht möglich ist,
c) der zuständigen Behörde am Versandort.“
Ausgangsrechtsstreitigkeiten und Vorlagefragen
Rechtssache C ‑221/24
18 Das Amt, das in Schweden die zuständige Behörde für die Durchführung der Verordnung Nr. 1013/2006 ist, informierte am 26. August 2022 die belgischen Behörden darüber, dass ein Container, der mutmaßlich Abfälle enthalte, nämlich u. a. zwei Fahrzeuge, Reifen und Elektrogeräte, Schweden verlassen habe und über Belgien auf dem Weg nach Kamerun sei; es forderte die belgischen Behörden auf, diesen Container zu stoppen.
19 Am 17. Oktober 2022 informierte das Amt den Versender, nämlich UQ, dass der Container nach Schweden zurückgeführt werden müsse, da er Abfälle enthalte. Das Amt fragte UQ, ob er beabsichtige, die Rückführung selbst zu übernehmen, oder ob es sich auf Kosten von UQ darum kümmern solle. UQ bestritt, dass der Container Abfälle enthalte, und bat das Amt, die Rückführung des Containers zu veranlassen, da er nicht sicher sei, ob er die Anforderungen erfüllen könne, um den Container selbst zurückzunehmen.
20 Am 14. Dezember 2022 beschloss das Amt, die Rückführung des Containers nach Schweden zu veranlassen. Dieser Beschluss war damit begründet, dass der Container nach Auffassung des Amtes Abfälle einschließlich gefährlicher Abfälle enthielt. Außerdem präzisierte das Amt in seinem Beschluss, dass die Rücknahme oder die Behandlung der Abfälle durch UQ deshalb keine Option sei, weil er nicht von der ihm eingeräumten Möglichkeit, den Inhalt des Containers zurückzunehmen, Gebrauch gemacht und keinen Nachweis dafür vorgelegt habe, dass er in der Lage wäre, diesen Inhalt umweltgerecht zu behandeln.
21 Im Hinblick auf die Rückführung des Containers nach Schweden reichte das Amt eine Notifizierung gemäß Art. 24 Abs. 2 Unterabs. 3 der Verordnung Nr. 1013/2006 ein, in der es als Notifizierender und Verantwortlicher für die Verbringung angegeben war. Als Empfänger der Abfälle wurde eine zugelassene Abfallaufnahmeeinrichtung in Schweden angegeben und es wurde präzisiert, dass die Verbringung der Abfälle im Hinblick auf ihre Verwertung erfolge. Die Notifizierung wurde von der zuständigen belgischen Behörde genehmigt.
22 Der Inhalt des Containers wurde daraufhin nach Schweden zurückverbracht und bei der in der Notifizierung angegebenen Einrichtung eingelagert. Außerdem wurde der Inhalt von der Länsstyrelse i Norrbottens län (Provinzverwaltung Norrbotten, Schweden) inspiziert, die feststellte, dass es sich um gemischte Abfälle handele, von denen einige gefährliche Abfälle seien. Die Provinzverwaltung Norrbotten teilte die von den belgischen Behörden und vom Amt in ihrer Bewertung vertretene Auffassung, dass es sich um eine illegale Verbringung von Abfällen handele, deren Übernahme umweltgerecht erfolgen müsse.
23 UQ erhob gegen den Beschluss des Amtes Klage beim Nacka tingsrätt, Mark- och miljödomstolen (Gericht erster Instanz Nacka, Boden- und Umweltgericht, Schweden), das den Beschluss teilweise aufhob, nämlich soweit er die Behandlung des Containerinhalts durch das Amt vorsah. Nach Auffassung jenes Gerichts konnte der Beschluss des Amtes nur dahin verstanden werden, dass Gegenstände, die UQ gehörten, diesem entzogen und verwertet werden sollten, daher stellte es fest, dass dieser Beschluss, soweit er die Verwertung dieser Gegenstände betraf, in das u. a. in der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden: EMRK) verankerte Grundrecht auf Schutz des Eigentums eingreife und es daher für dieses Vorgehen einer klaren Rechtsgrundlage bedürfe. Der Wortlaut der Bestimmungen der Verordnung Nr. 1013/2006 habe es dem Amt nämlich nicht erlaubt, den Beschluss zu fassen, dass das von ihm als „Abfälle“ eingestufte Eigentum von UQ nach der Rückführung nach Schweden gegen den Willen von UQ verwertet werden müsse.
24 Gegen dieses Urteil legte das Amt beim Svea hovrätt, Mark- och miljööverdomstolen (Berufungsgericht für Svealand, Boden- und Umweltobergericht, Schweden), dem vorlegenden Gericht in der Rechtssache C‑221/24, ein Rechtsmittel ein.
Rechtssache C ‑222/24
25 Der Kontext und das nationale Gerichtsverfahren in dieser Rechtssache sind dem Kontext und dem Verfahren in der Rechtssache C‑221/24 sehr ähnlich.
26 Am 25. November 2021 inspizierten die deutschen Behörden den Inhalt eines Containers aus Schweden mit Kongo als Empfängerstaat. Nach Auffassung der deutschen Behörden enthielt der Container Abfälle, u. a. ein Fahrzeug, Möbel, Kleidung und Spielsachen.
27 Wegen des Verdachts der illegalen Abfallverbringung unterbanden die deutschen Behörden den Versand dieses Containers. Außerdem forderten sie das Amt auf, in seiner Eigenschaft als zuständige Behörde in Schweden dafür zu sorgen, dass der Inhalt des Containers nach Schweden zurückgeführt und umweltgerecht behandelt wird.
28 Da das Amt die Beurteilung der deutschen Behörden teilte, nahm es Kontakt mit dem Versender, nämlich IC, auf und bot ihm an, dass er die Rückführung des Containerinhalts nach Schweden selbst veranlasst. IC erklärte gegenüber dem Amt, dass er nicht über die Mittel verfüge, um die Verbringung des Containerinhalts von Deutschland nach Schweden zu finanzieren, und dass er das Amt bitte, ihm dabei zu helfen.
29 Überdies war nach Auffassung des Amtes nicht klar, was IC mit dem Inhalt des Containers zu tun beabsichtigte, daher beschloss es, dass der Inhalt nach Schweden zurückzuführen sei, um seine umweltgerechte Behandlung sicherzustellen.
30 IC erhob gegen den Beschluss des Amtes Klage beim Nacka tingsrätt, Mark- och miljödomstolen (Gericht erster Instanz Nacka, Boden- und Umweltgericht), das ihn aus den in Rn. 23 des vorliegenden Urteils angeführten, die Rechtssache C‑221/24 betreffenden Gründen aufhob, soweit er die Verwertung des Containerinhalts durch das Amt vorsah.
31 Gegen dieses Urteil legte das Amt beim Svea hovrätt, Mark- och miljööverdomstolen (Berufungsgericht für Svealand, Boden- und Umweltobergericht), das auch in der Rechtssache C‑222/24 das vorlegende Gericht ist, ein Rechtsmittel ein.
32 Das Amt begründet sein in den beiden Rechtssachen eingelegtes Rechtsmittel damit, dass dann, wenn Art. 24 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 1013/2006 dahin auszulegen sei, dass er der Behörde am Versandort die Verwertung der Abfälle im Versandstaat nicht erlaube, wenn der Versender nicht in der Lage sei, die Abfälle nach ihrer Rücknahme angemessen zu behandeln, Art. 24 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. d dieser Verordnung die geeignete Rechtsgrundlage für diese Verwertung sei. UQ und IC treten jeweils der Einstufung des Containerinhalts als „Abfall“ entgegen. UQ macht außerdem geltend, er habe der Verwertung der in Rede stehenden Abfälle nie zugestimmt. IC rügt die Erforderlichkeit einer Verwertung der Abfälle und möchte sie zurückerhalten, um sie – zu humanitären Zwecken – erneut nach Afrika zu versenden.
33 In beiden Rechtssachen hegt das vorlegende Gericht Zweifel, wie Art. 24 Abs. 2 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 1013/2006 in einer Situation auszulegen ist, in der die zuständige Behörde am Versandort zum einen illegal verbrachte Abfälle nach Buchst. c dieser Bestimmung zurückgenommen und zum anderen die Notifizierung eingereicht hat, die nach den Unterabs. 3 und 4 dieses Abs. 2 vor dieser Rücknahme erfolgen muss. Das vorlegende Gericht ist daher der Auffassung, dass sich die Frage stelle, ob diese Behörde in einer solchen Situation als „Besitzer der Abfälle“ angesehen werden könne und ob sie nach dieser Verordnung trotz des Widerspruchs des ursprünglichen Versenders zur Verwertung oder Beseitigung der Abfälle berechtigt oder verpflichtet sei. Für den Fall einer Bejahung dieser Frage möchte das vorlegende Gericht zudem wissen, ob eine solche Auslegung dieser Bestimmung, die keine Möglichkeit vorsieht, dem Eigentümer der Abfälle sein Eigentum daran infolge dieser Rücknahme zu entziehen, mit dem Schutz des in Art. 17 der Charta verankerten Eigentumsrechts vereinbar ist.
34 Vor diesem Hintergrund hat das Svea hovrätt, Mark- och miljööverdomstolen (Berufungsgericht für Svealand, Boden- und Umweltobergericht) beschlossen, die Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende in den Rechtssachen C‑221/24 und C‑222/24 gleichlautenden Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
1. Umfasst die Rücknahme gemäß Art. 24 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 1013/2006 die Pflicht oder Möglichkeit der zuständigen Behörde am Versandort, den Abfall nach der Rücknahme zu verwerten oder zu beseitigen, wenn für die Rücknahme ein Notifizierungs- und ein Begleitformular ausgestellt wurden, in denen angegeben ist, wie der Abfall im Empfängerstaat zu behandeln ist?
2. Unter welchen Voraussetzungen kann Art. 24 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. d der Verordnung Nr. 1013/2006 von der zuständigen Behörde am Versandort angewandt werden, um im Versandstaat den Abfall aus einer illegalen Abfallverbringung zu verwerten oder zu beseitigen? Wie verhält sich Art. 24 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. d zu Art. 24 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. c dieser Verordnung? Können sich z. B. die Rücknahme und die Verwertung/Beseitigung auf die Buchst. c und d zusammen stützen oder setzt die Anwendung eines Buchstabens voraus, dass das Verfahren gemäß dem unmittelbar vorhergehenden Buchstaben nicht möglich gewesen ist?
3. Falls Art. 24 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1013/2006 so ausgelegt werden kann, dass die zuständige Behörde am Versandort nach der Rücknahme berechtigt ist, endgültig über den Abfall zu verfügen, auch wenn der ursprüngliche Versender den Abfall zurückzuerhalten wünscht, ist eine solche Auslegung mit dem Eigentumsschutz gemäß Art. 17 der Charta und mit Art. 1 des Zusatzprotokolls zur EMRK vereinbar?
Zu den Vorlagefragen
Zur ersten und zur zweiten Frage
35 Mit seiner ersten und seiner zweiten Frage, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 24 Abs. 2 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 1013/2006 dahin auszulegen ist, dass zum einen die Buchst. c und d dieser Vorschrift alternativ anzuwenden sind und dass zum anderen die zuständige Behörde des Versandstaats nach Buchst. c dieser Vorschrift zur Verwertung und Beseitigung der Abfälle verpflichtet ist, die sie nach einer von ihr entdeckten und als illegal erachteten Verbringung zurückgenommen hat.
36 Art. 24 der Verordnung Nr. 1013/2006 regelt laut seiner Überschrift („Rücknahme von Abfällen bei illegaler Verbringung“) die Rücknahme von Abfällen, wenn diese im Sinne dieser Verordnung illegal verbracht wurden. Darunter fällt u. a. die in den Ausgangsrechtsstreitigkeiten relevante Fallgestaltung, dass die Verbringung unter Missachtung von Art. 36 der Verordnung, der die Ausfuhr bestimmter Abfälle in Drittländer wie Kamerun oder Kongo verbietet, und ohne Notifizierung an alle betroffenen zuständigen Behörden erfolgt.
37 Art. 24 Abs. 2 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 1013/2006 nennt gemäß der in den Buchst. a bis c festgelegten Reihenfolge die Behörden sowie die natürlichen oder juristischen Personen, die im Fall einer illegalen Verbringung nacheinander zur Rücknahme der Abfälle verpflichtet sind, nämlich zunächst die als „Notifizierender de facto“ bezeichnete Person, die die Verbringung notifiziert hat, dann die als „Notifizierender de jure“ bezeichnete Person, die diese Notifizierung eigentlich hätte vornehmen müssen, dies aber unterlassen hat, und schließlich die zuständige Behörde am Versandort oder deren Vertreter. Diese Reihenfolge ergibt sich aus den zur Verknüpfung gebrauchten Wendungen in Buchst. a bzw. Buchst. b von Art. 24 Abs. 2 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 1013/2006, nämlich „oder, falls keine Notifizierung eingereicht wurde“ und „oder, falls dies nicht möglich ist“ (vgl. entsprechend Urteil vom 16. Februar 2006, Pedersen, C‑215/04, EU:C:2006:108, Rn. 16). Diese Reihenfolge wird bestätigt durch Art. 24 Abs. 2 Unterabs. 3 und 4 der Verordnung, wonach im Fall einer Rücknahme gemäß Unterabs. 1 Buchst. a bis c eine erneute Notifizierung in der dort angegebenen Reihenfolge einzureichen ist.
38 Aus der Verwendung des zur Verknüpfung gebrauchten Ausdrucks „oder, falls dies nicht möglich ist“ auch am Ende von Art. 24 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 1013/2006 ist zu schließen, dass die in Art. 24 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. d vorgesehene Verwertung oder Beseitigung der betreffenden Abfälle nur erfolgen kann, wenn die Abfälle nicht nach Buchst. c dieser Vorschrift von der Behörde am Versandort zurückgenommen wurden.
39 Wie von der Generalanwältin im Wesentlichen in den Nrn. 36 und 37 ihrer Schlussanträge ausgeführt, geht es bei Art. 24 Abs. 2 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 1013/2006 in den Buchst. a bis c einerseits und den Buchst. d und e andererseits um unterschiedliche Situationen. So betreffen die Buchst. a bis c die Situationen, in denen die fraglichen Abfälle den Versandstaat verlassen haben, so dass es einer „Rücknahme“ bzw. einer „Rückfuhr“ in dieses Land bedarf. Dagegen betreffen die Buchst. d und e die Situationen, in denen die Abfälle den Versandstaat niemals verlassen haben oder bereits im Empfängerstaat eingetroffen sind oder sich in einem anderen Staat befinden, aber nicht zurück in den Versandstaat befördert werden können. In den letztgenannten Fällen müssen die fraglichen Abfälle in dem Land, in dem sie sich befinden, verwertet oder beseitigt werden, unabhängig davon, ob es sich dabei um den Versandstaat, den Empfängerstaat oder einen anderen Staat handelt.
40 Diese Schlussfolgerung wird untermauert durch Art. 24 Abs. 2 Unterabs. 3 der Verordnung Nr. 1013/2006, wonach grundsätzlich nur in den in Art. 24 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. a bis c der Verordnung genannten Fällen eine erneute Notifizierung einzureichen ist – die gemäß Art. 4 der Verordnung für jede Verbringung und somit für jede Beförderung von Abfällen zu erfolgen hat –, nicht aber in den Fällen der Buchst. d und e dieser Vorschrift.
41 Aus dem Vorstehenden folgt, dass zum einen die Buchst. c und d von Art. 24 Abs. 2 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 1013/2006 nur alternativ angewandt werden können, wobei Buchst. d Anwendung findet, wenn Buchst. c nicht anwendbar ist, und dass zum anderen bei der in Buchst. d geregelten Situation die betreffenden Abfälle sich im Empfänger- oder im Versandstaat befinden und folglich dort von der zuständigen Behörde am Versandort oder der von ihr hierzu beauftragten Stelle verwertet oder beseitigt werden können.
42 Weiter folgt daraus, dass in Situationen wie denen der Ausgangsverfahren, in denen gemäß den Ausführungen des vorlegenden Gerichts die Abfälle den Versandstaat verlassen haben, sich zu einer illegalen Durchfuhr in einem Mitgliedstaat befinden und von ihren Versendern nicht zurückgenommen wurden, Art. 24 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 1013/2006 anzuwenden ist.
43 Dem vorlegenden Gericht, das darauf hinweist, dass diese Bestimmung anders als Art. 24 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. d dieser Verordnung nicht ausdrücklich regelt, dass die Abfälle verwertet oder beseitigt werden, stellt sich die Frage, welche Folgen sich daraus ergeben, dass die Abfälle, deren Verbringung als illegal gilt, gemäß diesem Buchst. c von dem Amt zurückgenommen werden, und insbesondere, ob diese Rücknahme zwangsläufig die Verwertung oder Beseitigung der Abfälle beinhaltet.
44 Erstens könnte, worauf die Generalanwältin im Wesentlichen in Nr. 49 ihrer Schlussanträge hinweist, anders als u. a. in der spanischen („valorizados o eliminados de forma alternativa“), der französischen (valorisés ou éliminés d’une autre manière“) und der italienischen („recuperati o smaltiti in modo alternativo“) Sprachfassung von Art. 24 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. d der Verordnung Nr. 1013/2006 in der deutschen („auf andere Weise verwertet oder beseitigt werden“) und in der englischen („alternatively recovered or disposed of“) Sprachfassung dieser Vorschrift die Wendung „auf andere Weise“ dahin verstanden werden, dass sie sich auf die Verwertung oder Beseitigung der Abfälle mittels eines Verfahrens bezieht, für das es keiner vorherigen Rücknahme dieser Abfälle bedarf. Somit würde diese Vorschrift bedeuten, dass die Verwertung und die Beseitigung nach der Rücknahme immer erfolgen müssen, aber alternativ ohne vorherige Rücknahme der Abfälle erfolgen können, wenn diese Rücknahme sich als unmöglich erweist.
45 Weichen die verschiedenen Sprachfassungen eines Unionstexts voneinander ab, muss die fragliche Vorschrift nach ständiger Rechtsprechung anhand der allgemeinen Systematik und des Zwecks der Regelung ausgelegt werden, zu der sie gehört (Urteil vom 15. April 2010, Heinrich Heine, C‑511/08, EU:C:2010:189, Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung).
46 Hierzu ist zweitens darauf hinzuweisen, dass die Gemeinschaft durch den Beschluss 93/98 Vertragspartei des Basler Übereinkommens geworden ist, so dass dieses seit 1994 integraler Bestandteil der Unionsrechtsordnung ist (Urteil vom 21. Januar 2025, Conti 11. Container Schiffahrt II, C‑188/23, EU:C:2025:26, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung).
47 Wie im dritten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1013/2006 ausgeführt, hat der Unionsgesetzgeber durch Verabschiedung der Verordnung Nr. 259/93, die durch die Verordnung Nr. 1013/2006 aufgehoben und ersetzt wurde, Regeln zur Beschränkung und Kontrolle der Verbringung von Abfällen erstellt, die u. a. darauf abzielen, das bestehende Gemeinschaftssystem für die Überwachung und Kontrolle der Verbringung von Abfällen mit den Vorschriften des Basler Übereinkommens in Einklang zu bringen.
48 In diesem Kontext erwähnt Art. 9 Abs. 2 des Basler Übereinkommens in seinen Buchst. a bzw. b den Fall der Zurückführung der Abfälle oder, falls dies nicht möglich ist, ihre „anderweitige“ Entsorgung. Eine solche Formulierung legt nahe, dass die Verpflichtung zur Rücknahme, wie es die deutsche und die englische Sprachfassung von Art. 24 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. d der Verordnung Nr. 1013/2006 nahelegen und sich im Wesentlichen aus den Nrn. 101 und 102 der Leitlinien zur Anwendung der Vorschriften über die illegale Verbringung von Abfällen des Basler Übereinkommens (Art. 9 Abs. 2 bis 4) ergibt, als solche die Beseitigung der betreffenden Abfälle beinhaltet und dass, falls die Rücknahme nicht möglich ist, diese Abfälle „auf andere Weise“ beseitigt werden können. Somit zeigt sich, dass die Beseitigung oder die Verwertung das Ziel ist, das nach der Feststellung einer illegalen Verbringung von Abfällen zu erreichen ist, entweder nach einer Rücknahme der Abfälle oder, wenn diese Rücknahme sich als unmöglich erweist, „auf andere Weise“.
49 Entsprechend dem mit der Verordnung Nr. 1013/2006 nach ihren Erwägungsgründen 1 und 7 verfolgten Ziel des Schutzes der Umwelt und der menschlichen Gesundheit (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 8. September 2009, Kommission/Parlament und Rat, C‑411/06, EU:C:2009:518, Rn. 62, sowie vom 28. Mai 2020, Interseroh, C‑654/18, EU:C:2020:398, Rn. 51) und der dadurch implizierten und in Art. 2 Nr. 8 dieser Verordnung definierten umweltgerechten Behandlung der Abfälle folgt zudem aus Art. 2 Nr. 34 und Art. 3 der Verordnung, der den verfahrensrechtlichen Rahmen für jede Verbringung von Abfällen vorgibt, dass diese Verbringung – unabhängig davon, ob sie legal oder illegal ist – nur zum Zweck der Verwertung oder Beseitigung der Abfälle erfolgt.
50 Daher umfasst das in Anhang IA der Verordnung Nr. 1013/2006 enthaltene Formular für die – entsprechend den Ausführungen in Rn. 40 des vorliegenden Urteils im Fall einer Rücknahme von Abfällen nach Art. 24 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 1013/2006 grundsätzlich verbindliche – Notifizierung eine Rubrik, in der der Notifizierende „Beseitigung“ oder „Verwertung“ ankreuzen muss, was voraussetzt, dass nach der Rücknahme zwingend die entsprechende Beseitigung oder Verwertung erfolgt.
51 Ebenso ergibt sich aus dem Wortlaut von Art. 25 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1013/2006, der die Kosten der Rücknahme von Abfällen bei illegaler Verbringung betrifft, dass diese Kosten u. a. die Kosten ihrer Verwertung oder Beseitigung gemäß Art. 24 Abs. 2 dieser Verordnung umfassen, was ebenfalls bedeutet, dass die Rücknahme die Verwertung oder Beseitigung einschließt.
52 Für diese Schlussfolgerung spricht auch Art. 15 der Richtlinie 2008/98, auf die die Verordnung Nr. 1013/2006 verweist, der eine Verantwortung für die Abfallbewirtschaftung vorsieht und insbesondere die Verpflichtung des Abfallerzeugers oder ‑besitzers, die Behandlung der Abfälle, d. h. ein vollständiges Verwertungs- oder Beseitigungsverfahren, selbst durchzuführen oder durchführen zu lassen. Art. 16 der Richtlinie 2008/98 sieht zudem eine Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Errichtung spezieller Anlagen vor, die zur Beseitigung von Abfällen, auch wenn diese aus Drittländern kommen oder in Drittländer verbracht werden sollen, in der Lage sind.
53 Eine solche Auslegung von Art. 24 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 1013/2006 ist drittens auch im Hinblick auf das mit der Verordnung verfolgte Hauptziel, nämlich den Schutz der Umwelt und der menschlichen Gesundheit, sowie im Hinblick auf die dadurch implizierte umweltgerechte Abfallbehandlung – wie in Rn. 49 des vorliegenden Urteils ausgeführt – geboten.
54 Würde nämlich die zuständige Behörde illegal verbrachte Abfälle nach ihrer Rückbeförderung an den Eigentümer zurückgeben, der – wie das in den Ausgangsverfahren der Fall ist – darum bitten kann, diese Abfälle zurückzuerhalten, obwohl er darauf verzichtet hatte, ihre Rücknahme selbst zu veranlassen, so bestünde die Gefahr, dass die Abfälle erneut illegal verbracht und jedenfalls nicht behandelt werden, was diesem Ziel der umweltgerechten Abfallbehandlung zuwiderliefe, wie auch dem in Art. 4 Abs. 2 Buchst. d des Basler Übereinkommens verankerten und im achten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1013/2006 aufgegriffenen Erfordernis, die Verbringung von Abfällen auf ein Mindestmaß zu beschränken, das mit ihrer umweltgerechten und wirksamen Behandlung vereinbar ist.
55 Schließlich ist festzustellen, dass Art. 25 der Verordnung (EU) 2024/1157 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. April 2024 über die Verbringung von Abfällen, zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1257/2013 und (EU) 2020/1056 und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 (ABl. L, 2024/1157), der ab dem 21. Mai 2026 Art. 24 der Verordnung Nr. 1013/2006 ersetzen soll, in seinem Abs. 2 fortan ausdrücklich präzisiert, dass die Rücknahme von Abfällen durch eine der in den Buchst. a bis c dieser Vorschrift genannten Behörden oder juristischen oder natürlichen Personen erfolgt, „um ihre Beseitigung oder Verwertung zu veranlassen“.
56 Aufgrund der vorstehenden Erwägungen ist auf die erste und die zweite Frage zu antworten, dass Art. 24 Abs. 2 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 1013/2006 dahin auszulegen ist, dass zum einen die Buchst. c und d dieser Vorschrift alternativ anzuwenden sind, wobei Buchst. d Anwendung findet, wenn Buchst. c nicht anwendbar ist, und zum anderen die zuständige Behörde des Versandstaats nach Buchst. c zur Verwertung und Beseitigung der Abfälle verpflichtet ist, die sie nach einer von ihr entdeckten und als illegal erachteten Verbringung zurückgenommen hat.
Zur dritten Frage
57 Mit seiner dritten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 24 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 1013/2006, soweit er die Verwertung oder Beseitigung der von der zuständigen Behörde des Versandstaats zurückgenommenen Abfälle auch dann vorschreibt, wenn der ursprüngliche Versender dem widerspricht, im Hinblick auf den in Art. 17 Abs. 1 der Charta verankerten Schutz des Eigentumsrechts gültig ist.
58 Nach Art. 52 Abs. 3 der Charta haben, soweit sie Rechte enthält, die den durch die EMRK garantierten Rechten entsprechen, diese Rechte die gleiche Bedeutung und Tragweite, wie sie ihnen in dieser Konvention verliehen wird. Diese Bestimmung steht jedoch dem nicht entgegen, dass das Recht der Union einen weiter gehenden Schutz gewährt. Daraus folgt, dass bei der Auslegung von Art. 17 Abs. 1 der Charta die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 1 des Ersten Zusatzprotokolls zur EMRK zu berücksichtigen ist, der den Schutz des Eigentumsrechts festlegt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. September 2024, Neves 77 Solutions, C‑351/22, EU:C:2024:723, Rn. 80 und die dort angeführte Rechtsprechung).
59 Art. 17 Abs. 1 der Charta enthält drei verschiedene Normen. Die erste (Art. 17 Abs. 1 Satz 1) hat allgemeinen Charakter und konkretisiert den Grundsatz der Achtung des Eigentums. Die zweite (Art. 17 Abs. 1 Satz 2) betrifft den Entzug des Eigentums und macht ihn von bestimmten Voraussetzungen abhängig. Die dritte (Art. 17 Abs. 1 Satz 3) räumt den Mitgliedstaaten die Befugnis ein, die Nutzung des Eigentums zu regeln, soweit dies für das Wohl der Allgemeinheit erforderlich ist. Die entsprechenden Regeln stehen aber nicht zusammenhanglos nebeneinander. Die zweite und die dritte Regel betreffen nämlich besondere Beispiele für Eingriffe in das Eigentumsrecht und sind im Licht des in der ersten Regel aufgestellten Grundsatzes auszulegen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. Juli 2025, INTERZERO u. a., C‑254/23, EU:C:2025:569, Rn. 144 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).
60 Im Übrigen setzt eine Entziehung des Eigentums voraus, dass es eine Wegnahme oder eine förmliche Enteignung gab oder dass der streitige Sachverhalt einer De-facto -Enteignung gleichkam (Urteil vom 5. Mai 2022, BPC Lux 2 u. a., C‑83/20, EU:C:2022:346, Rn. 44 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).
61 Im vorliegenden Fall ergibt sich unmittelbar aus dem Wortlaut von Art. 24 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 1013/2006, dass die in Rede stehende Maßnahme, nämlich die Rücknahme von illegal verbrachten Abfällen durch die zuständige Behörde des Versandstaats zum Zweck ihrer Verwertung oder Beseitigung subsidiär angewandt wird, da diese Behörde nur tätig wird, wenn der Notifizierende – unabhängig davon, ob er Besitzer der Abfälle ist oder vom Besitzer mit der Verbringung beauftragt wurde – die illegale Verbringung zu verantworten hat und wenn er diese Abfälle nicht zurückgenommen und erst recht nicht nachgewiesen hat, dass er bereit oder in der Lage ist, die Abfälle umweltgerecht zu behandeln, oder wenn er erneut eine illegale Verbringung der Abfälle versuchen könnte.
62 Unter diesen Umständen kann im Hinblick auf das subsidiäre Eingreifen der zuständigen Behörde nicht davon ausgegangen werden, dass die Rücknahme illegal verbrachter Abfälle durch diese Behörde eine „Entziehung von Eigentum“ im Sinne von Art. 17 Abs. 1 der Charta darstellt. Nach Art. 24 Abs. 2 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 1013/2006 hat nämlich vorrangig der Notifizierende die Abfälle zurückzunehmen.
63 Gleichwohl wird durch eine solche Maßnahme die Ausübung des Eigentumsrechts eingeschränkt, was einer Regelung der Nutzung des Eigentums im Sinne von Art. 17 Abs. 1 Satz 3 der Charta entspricht, da die Bestimmung dieser Abfälle zwingend in ihrer Verwertung oder Beseitigung bestehen muss.
64 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass das in Art. 17 Abs. 1 der Charta garantierte Eigentumsrecht nicht uneingeschränkt gilt und seine Ausübung unter den Voraussetzungen von Art. 52 Abs. 1 der Charta Einschränkungen unterworfen werden kann, die durch dem Gemeinwohl dienende Zielsetzungen der Union gerechtfertigt sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. Juli 2025, INTERZERO u. a., C‑254/23, EU:C:2025:569, Rn. 108 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).
65 Erstens ist festzustellen, dass im vorliegenden Fall die Voraussetzung nach Art. 52 Abs. 1 der Charta, wonach Einschränkungen des Eigentumsrechts „gesetzlich vorgesehen sein“ müssen, erfüllt ist, denn aus der Beantwortung der ersten beiden Vorlagefragen ergibt sich, dass Art. 24 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 1013/2006 dahin auszulegen ist, dass die zuständige Behörde am Versandort zur Verwertung oder Beseitigung der zurückgenommenen Abfälle verpflichtet ist, was eine Einschränkung des Eigentumsrechts ihrer Eigentümer zur Folge haben kann. Obwohl der Rechtsakt, der den Eingriff in die Grundrechte ermöglicht, den Umfang der Einschränkung der Ausübung des betreffenden Rechts selbst festlegen muss, kann der Gerichtshof nämlich gegebenenfalls die konkrete Tragweite der Einschränkung im Wege der Auslegung präzisieren, und zwar anhand sowohl des Wortlauts als auch der Systematik und der Ziele der fraglichen Unionsregelung (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Juni 2022, Ligue des droits humains, C‑817/19, EU:C:2022:491, Rn. 114 und die dort angeführte Rechtsprechung).
66 Zweitens gehört nach ständiger Rechtsprechung der Schutz der Umwelt und der menschlichen Gesundheit zu den dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen, die Einschränkungen des Eigentumsrechts rechtfertigen können (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 9. März 2010, ERG u. a., C‑379/08 und C‑380/08, EU:C:2010:127, Rn. 81 sowie die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 10. Juli 2025, INTERZERO u. a., C‑254/23, EU:C:2025:569, Rn. 152). Wie in Rn. 49 des vorliegenden Urteils ausgeführt, besteht das Hauptziel der Verordnung Nr. 1013/2006 im Schutz der Umwelt und der menschlichen Gesundheit. Art. 175 EG (jetzt Art. 192 AEUV), der die Rechtsgrundlage der Verordnung Nr. 1013/2006 bildet, verweist nämlich auf die Ziele von Art. 174 EG (jetzt Art. 191 AEUV), der bestimmt, dass die Politik der Union u. a. zum Schutz der Umwelt, zur Verbesserung ihrer Qualität sowie zum Schutz der menschlichen Gesundheit beiträgt und auf ein hohes Schutzniveau abzielt.
67 Was drittens die Verhältnismäßigkeit der Folgen angeht, die sich aus der Rücknahme der illegal verbrachten Abfälle nach Art. 24 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 1013/2006 ergeben, so verlangt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, dass die Handlungen der Unionsorgane zur Erreichung der mit der betreffenden Regelung verfolgten legitimen Ziele geeignet sind und nicht über die Grenzen dessen hinausgehen, was zur Erreichung dieser Ziele geeignet und erforderlich ist, wobei, wenn mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stehen, die am wenigsten belastende zu wählen ist und die dadurch bedingten Nachteile nicht außer Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen dürfen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 6. September 2017, Slowakei und Ungarn/Rat, C‑643/15 und C‑647/15, EU:C:2017:631, Rn. 206 sowie die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 10. Juli 2025, INTERZERO u. a., C‑254/23, EU:C:2025:569, Rn. 109).
68 Insoweit ist festzustellen, dass die Rücknahme der Abfälle durch die zuständige Behörde des Versandstaats zum Zweck ihrer Verwertung oder Beseitigung nach einer illegalen Verbringung geeignet ist, die Umwelt und die menschliche Gesundheit zu schützen, da sie die Behandlung der Abfälle gewährleistet.
69 Dagegen wäre eine weniger einschränkende Maßnahme, wie etwa die in der mündlichen Verhandlung vor dem Gerichtshof erwähnte, die darin bestanden hätte, die Abfälle nach der Rücknahme durch die Behörde am Versandort den Notifizierenden de jure oder de facto zu übergeben, damit diese die Abfälle – gegebenenfalls unter Aufsicht der Behörde am Versandort – verwerten oder beseitigen, nicht geeignet gewesen, die Umwelt und die menschliche Gesundheit zu schützen. Die fehlende Absicht oder die Unfähigkeit der Notifizierenden zur Rücknahme der Abfälle, wie sie vom vorlegenden Gericht festgestellt wurde, sowie die Illegalität der betreffenden Verbringungen lassen nämlich ernsthafte Zweifel daran aufkommen, dass die Notifizierenden bereit oder in der Lage waren, die Abfälle zu verwerten oder zu beseitigen, so dass die in der mündlichen Verhandlung erwähnte weniger einschränkende Maßnahme den Schutz der Umwelt und der menschlichen Gesundheit nicht gewährleistet hätte.
70 Überdies stehen die verursachten Nachteile, im vorliegenden Fall die Einschränkungen des Eigentumsrechts, nicht außer Verhältnis zu dem Ziel, die Umwelt und die menschliche Gesundheit zu schützen.
71 Insoweit hat zum einen nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Schutz der menschlichen Gesundheit Vorrang vor wirtschaftlichen Erwägungen, so dass er negative wirtschaftliche Auswirkungen, auch wenn sie beträchtlich sind, für bestimmte Wirtschaftsteilnehmer rechtfertigen kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Dezember 2008, Arcelor Atlantique et Lorraine u. a., C‑127/07, EU:C:2008:728, Rn. 59 und die dort angeführte Rechtsprechung). In diesem Sinne wird gemäß Art. 35 der Charta bei der Festlegung und Durchführung der Politik und Maßnahmen der Union in allen Bereichen ein hohes Gesundheitsschutzniveau sichergestellt und müssen gemäß Art. 37 der Charta ein hohes Umweltschutzniveau und die Verbesserung der Umweltqualität in die Politik der Union einbezogen und nach dem Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung sichergestellt werden.
72 Zum anderen sind die betreffenden Einschränkungen beschränkt und werden kontrolliert.
73 Wie in Rn. 62 des vorliegenden Urteils ausgeführt, verlangt Art. 24 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1013/2006 nämlich nicht, dass der Eigentümer der Abfälle – unabhängig davon, ob er der Notifizierende im Sinne dieser Vorschrift ist – alle seine Rechte an den Abfällen verliert oder ihm diese de facto vollständig vorenthalten werden.
74 Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass gemäß dem Recht auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz gegen die von der Behörde am Versandort erlassenen Entscheidungen betreffend die Verwertung oder Beseitigung der zurückgenommenen Abfälle ein Rechtsbehelf eingelegt werden kann (vgl. in diesem Sinne EGMR, 28. Juni 2018, G.I.E.M. S.R.L. u. a./Italien, CE:ECHR:2018:0628JUD000182806, § 302 sowie die dort angeführte Rechtsprechung, und Urteil vom 10. September 2024, Neves 77 Solutions, C‑351/22, EU:C:2024:723, Rn. 95 und 96 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). Die Ausgangsverfahren belegen außerdem, dass in Bezug auf die fraglichen Einschränkungen des Eigentumsrechts eine gerichtliche Kontrolle stattfindet, die es erlaubt, gegen diese Einschränkungen vorzugehen und sich gegebenenfalls auf eine Unregelmäßigkeit, auch in Bezug auf die Einstufung als „Abfall“, oder auf willkürliches oder unangemessenes Verhalten zu berufen. Für die Zwecke dieser gerichtlichen Kontrolle müssen die entsprechenden Entscheidungen betreffend die Verwertung oder Beseitigung der Abfälle überdies mit einer Begründung versehen sein; vorliegend bestand die Begründung darin, dass UQ und IC nicht fähig seien, die Rücknahme und die Behandlung der Abfälle sicherzustellen. Eine solche Begründung beinhaltet, dass die zuständige Behörde sich vom doppelten Versagen des Notifizierenden – nämlich in Bezug auf sowohl die Beförderung als auch die Behandlung der Abfälle – überzeugt, was einen Austausch mit diesem voraussetzt, der in den Ausgangsverfahren tatsächlich stattgefunden hat und es dem Notifizierenden gegebenenfalls ermöglicht, die fraglichen Abfälle zurückzuerhalten, wenn er nachweist, dass er zu ihrer Behandlung in der Lage ist.
75 Folglich erlaubt die Auslegung von Art. 24 Abs. 2 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 1013/2006, wie sie sich aus der Beantwortung der ersten und der zweiten Frage ergibt, die Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt und die menschliche Gesundheit, ein auch mit der Charta verfolgtes Ziel; sie ist daher mit Art. 17 Abs. 1 der Charta vereinbar.
76 Nach alledem ist festzustellen, dass die Prüfung der dritten Frage nichts ergeben hat, was die Gültigkeit von Art. 24 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 1013/2006 berühren könnte.
Kosten
77 Für die Beteiligten der Ausgangsverfahren ist das Verfahren Teil der beim vorlegenden Gericht anhängigen Verfahren; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt:
1. Art. 24 Abs. 2 Unterabs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die Verbringung von Abfällen
ist dahin auszulegen, dass
zum einen die Buchst. c und d dieser Vorschrift alternativ anzuwenden sind, wobei Buchst. d Anwendung findet, wenn Buchst. c nicht anwendbar ist, und zum anderen die zuständige Behörde des Versandstaats nach Buchst. c zur Verwertung und Beseitigung der Abfälle verpflichtet ist, die sie nach einer von ihr entdeckten und als illegal erachteten Verbringung zurückgenommen hat.
2. Die Prüfung der dritten Frage hat nichts ergeben, was die Gültigkeit von Art. 24 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 1013/2006 berühren könnte.
Unterschriften