Vorläufige Fassung
URTEIL DES GERICHTS (Vierte erweiterte Kammer)
2. Oktober 2024(* )
„ Öffentliche Aufträge – Haushaltsordnung – Zweijähriger Ausschluss von Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge und zur Gewährung von Finanzhilfen, die aus dem Gesamthaushalt der Union und dem EEF finanziert werden – Veröffentlichung des Ausschlusses – Registrierung in der Datenbank des Früherkennungs- und Ausschlusssystems – Schwere Verfehlung im Rahmen der beruflichen Tätigkeit – Entscheidung einer nationalen Wettbewerbsbehörde – Aussetzung durch das nationale Gericht – Begründungspflicht – Anspruch auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz – Abhilfemaßnahmen – Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung – Offensichtlicher Beurteilungsfehler – Beurteilungsfehler – Verhältnismäßigkeit “
In der Rechtssache T‑126/23,
VC , vertreten durch Rechtsanwalt J. M. Rodríguez Cárcamo und Rechtsanwältin S. Centeno Huerta,
Klägerin,
gegen
Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (EU ‑OSHA) , vertreten durch E. Ortega Urretavizcaya als Bevollmächtigte im Beistand von Rechtsanwalt M. Troncoso Ferrer, Rechtsanwältin L. Lence de Frutos und Rechtsanwalt F.‑M. Hislaire,
Beklagte,
erlässt
DAS GERICHT (Vierte erweiterte Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten S. Papasavvas, der Richter R. da Silva Passos und S. Gervasoni (Berichterstatter) sowie der Richterinnen N. Półtorak und I. Reine,
Kanzler: A. Juhász‑Tóth, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
aufgrund des Antrags der Klägerin, einige ihrer Daten, einschließlich ihrer Bezeichnung, wegzulassen,
aufgrund des Antrags der Klägerin auf vorläufigen Rechtsschutz,
aufgrund des Beschlusses vom 13. März 2023, VC/EU‑OSHA (T‑126/23 R, nicht veröffentlicht), mit dem die Vollziehung der angefochtenen Entscheidung bis zum Erlass des Beschlusses, mit dem das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes vor dem Gericht beendet wird, ausgesetzt wurde,
aufgrund des Beschlusses vom 14. Juli 2023, VC/EU‑OSHA (T‑126/23 R, nicht veröffentlicht, EU:T:2023:405), mit dem der Beschluss vom 13. März 2023 aufgehoben und die Vollziehung der angefochtenen Entscheidung ausgesetzt wurde, soweit diese Entscheidung in ihrem Art. 4 bestimmt, dass bestimmte Informationen, die den Ausschluss der Klägerin von der Teilnahme an bestimmten Verfahren betreffen, auf der Internetseite der Europäischen Kommission veröffentlicht werden,
aufgrund des von der Klägerin gegen diesen Beschluss und den Beschluss vom 27. Juli 2023, VC/EU‑OSHA (C‑456/23 P[R]‑R, nicht veröffentlicht, EU:C:2023:612) – der auf der Grundlage von Art. 160 Abs. 7 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs erlassen wurde und mit dem die Vollziehung der Art. 1 bis 3 und 5 der angefochtenen Entscheidung bis zum Erlass des ersten der beiden folgenden Beschlüsse, d. h. entweder des Beschlusses, mit dem das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes beendet wird, oder des Beschlusses, mit dem über das Rechtsmittel entschieden wird, ausgesetzt wurde – eingelegten Rechtsmittels,
aufgrund des Beschlusses vom 24. Oktober 2023, VC/EU‑OSHA (C‑456/23 P[R], nicht veröffentlicht, EU:C:2023:831), mit dem der Beschluss vom 14. Juli 2023, VC/EU‑OSHA (T‑126/23 R, nicht veröffentlicht, EU:T:2023:405), aufgehoben wurde, soweit damit der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Art. 1 bis 3 und 5 der angefochtenen Entscheidung zurückgewiesen wurde, und mit dem über den Antrag endgültig entschieden und dieser ebenfalls zurückgewiesen wurde,
aufgrund der Verweisung der vorliegenden Rechtssache an die Vierte erweiterte Kammer des Gerichts,
aufgrund der Bestellung eines anderen Richters zur Vervollständigung der Kammer infolge der Verhinderung eines ihrer Mitglieder,
aufgrund des Antrags der Klägerin vom 23. April 2024 auf Erlass prozessleitender Maßnahmen, der am 10. Mai 2024 eingereichten Stellungnahme der EU‑OSHA zu diesem Antrag und aufgrund der Rücknahme ihres Antrags durch die Klägerin am 13. Mai 2024,
auf die mündliche Verhandlung vom 16. Mai 2024
folgendes
Urteil
1 Mit ihrer auf Art. 263 AEUV gestützten Klage begehrt die Klägerin, VC, die Nichtigerklärung der Entscheidung der Europäischen Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (EU‑OSHA) vom 13. Januar 2023 über die Anordnung ihres Ausschlusses von der Teilnahme an Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge, an Verfahren in Bezug auf Finanzhilfen, Auszeichnungen, Auftragsvergaben und Finanzinstrumente, die vom Gesamthaushaltsplan der Europäischen Union erfasst werden, und an Gewährungsverfahren betreffend den Europäischen Entwicklungsfonds (EEF), die von der Verordnung (EU) 2018/1877 des Rates vom 26. November 2018 über die Finanzregelung für den 11. Europäischen Entwicklungsfonds und zur Aufhebung der Verordnung (EU) 2015/323 (ABl. 2018, L 307, S. 1) geregelt werden, für die Dauer von zwei Jahren mit Wirkung vom 18. Januar 2023 (Art. 1 und 2), über die Aufnahme ihres Namens in die Datenbank des Früherkennungs- und Ausschlusssystems während des Ausschlusszeitraums (Art. 3) und über die Veröffentlichung bestimmter Informationen, die den Ausschluss betreffen, auf der Internetseite der Europäischen Kommission (Art. 4) (im Folgenden: angefochtene Entscheidung).
Vorgeschichte des Rechtsstreits und Ereignisse nach Klageerhebung
2 Am 11. Mai 2021 veröffentlichte die EU‑OSHA die Auftragsbekanntmachung EUOSHA/2021/OP/F/SE/0144 für die Erbringung von Web- sowie Informations- und Kommunikationstechnologiendiensten. Dieser Auftrag war in drei Lose aufgeteilt.
3 Am selben Tag erließ die Comisión Nacional de los Mercados y la Competencia (Nationale Kommission für Märkte und Wettbewerb, Spanien; im Folgenden: CNMC) eine Entscheidung, in der sie feststellte, dass die Klägerin an einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht beteiligt gewesen sei, gegen sie eine Geldbuße festsetzte und ihr untersagte, an öffentlichen Vergabeverfahren mit der spanischen Verwaltung teilzunehmen (im Folgenden: Entscheidung der CNMC). Nach Ansicht der CNMC ist die Klägerin im Zeitraum von März 2009 bis Mai 2017 zusammen mit anderen Unternehmen an einem Kooperationsnetzwerk beteiligt gewesen, in dem die Teilnehmer sensible Geschäftsinformationen ausgetauscht und gemeinsame Strategien zur Ausschaltung jeglichen Wettbewerbs bei bestimmten Ausschreibungen für die Erbringung von Beratungsdienstleistungen für die spanische Verwaltung und andere öffentliche Einrichtungen koordiniert hätten.
4 Am 21. Juni 2021 reichte die Klägerin ein Angebot für das zweite Los des Auftrags betreffend die Erbringung von Unterstützungs- und Beratungsdiensten im Bereich des Projektmanagements ein.
5 Nachdem die EU‑OSHA von der Entscheidung der CNMC Kenntnis erlangt hatte, forderte sie die Klägerin am 29. Juli 2021 auf, zu erklären, aus welchen Gründen sie diese Entscheidung in ihrer ehrenwörtlichen Erklärung nicht erwähnt hatte, und fragte sie, ob sie Abhilfemaßnahmen ergriffen habe, um die festgestellte Zuwiderhandlung zu beseitigen.
6 Am 24. August 2021 antwortete die Klägerin, dass sie die Entscheidung der CNMC nicht angegeben habe, da diese zum einen noch nicht bestandskräftig gewesen sei, weil die Audiencia Nacional (Nationaler Gerichtshof, Spanien) weder über die gegen diese Entscheidung erhobene Klage noch über den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz entschieden habe, und die Entscheidung zum anderen kein wirksames Verbot der Teilnahme an öffentlichen Aufträgen enthalte, da das Finanzministerium den Umfang des Verbots noch nicht festgelegt habe.
7 Am 10. Februar 2022 beantragte der zuständige Anweisungsbefugte beim einberufenen Gremium gemäß Art. 143 der Verordnung (EU, Euratom) 2018/1046 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juli 2018 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union, zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1296/2013, (EU) Nr. 1301/2013, (EU) Nr. 1303/2013, (EU) Nr. 1304/2013, (EU) Nr. 1309/2013, (EU) Nr. 1316/2013, (EU) Nr. 223/2014, (EU) Nr. 283/2014 und des Beschlusses Nr. 541/2014/EU sowie zur Aufhebung der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 (ABl. 2018, L 193, S. 1, im Folgenden: Haushaltsordnung) die Abgabe einer Empfehlung bezüglich des Ausschlusses der Klägerin oder der Verhängung einer finanziellen Sanktion gegen diese.
8 Am 11. April 2022 entschied die Audiencia Nacional (Nationaler Gerichtshof), die Vollziehung der Entscheidung der CNMC auszusetzen (im Folgenden: nationale Aussetzungsentscheidung).
9 Am 13. Juli 2022 teilte das gemäß Art. 143 der Haushaltsordnung einberufene Gremium (im Folgenden: Gremium) der Klägerin die vorläufige Bewertung ihres Verhaltens im Sinne von Art. 136 Abs. 2 der Haushaltsordnung mit.
10 Die Klägerin nahm hierzu am 22. August 2022 Stellung.
11 Am 8. Dezember 2022 übermittelte das Gremium seine Empfehlung an die EU‑OSHA. Da es der Ansicht war, dass das Verhalten der Klägerin als „schwere Verfehlung im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit“ anzusehen sei, empfahl es ihren Ausschluss und dessen Veröffentlichung.
12 Mit der angefochtenen Entscheidung, die der Klägerin am 17. Januar 2023 übermittelt wurde, folgte die EU‑OSHA dieser Empfehlung und ordnete Folgendes an:
– den Ausschluss der Klägerin von der Teilnahme an Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge sowie an Verfahren in Bezug auf Finanzhilfen, Auszeichnungen, Auftragsvergaben und Finanzinstrumente, die vom Gesamthaushaltsplan der Union erfasst werden, sowie an Gewährungsverfahren betreffend den EEF, die von der Verordnung (EU) 2018/1877 geregelt werden, für einen Zeitraum von zwei Jahren mit Wirkung vom 18. Januar 2023 (Art. 1 und 2);
– die Aufnahme des Namens der Klägerin in die Datenbank des Früherkennungs- und Ausschlusssystems gemäß Art. 142 Abs. 1 der Haushaltsordnung während des Ausschlusszeitraums (Art. 3);
– die Veröffentlichung bestimmter Informationen über den Ausschluss der Klägerin von der Teilnahme an Gewährungsverfahren auf der Internetseite der Kommission drei Monate nach der Übermittlung der genannten Entscheidung gemäß Art. 140 der Haushaltsordnung (Art. 4);
– die Übermittlung dieser Entscheidung an die Klägerin (Art. 5).
13 Nach der Klageerhebung in der vorliegenden Rechtssache hat die Klägerin am 21. November 2023 bei der EU‑OSHA beantragt, die angefochtene Entscheidung auf der Grundlage von Art. 136 Abs. 8 der Haushaltsordnung zu revidieren.
Anträge der Parteien
14 Die Klägerin beantragt,
– die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären;
– hilfsweise, die Ausschlussmaßnahme durch eine finanzielle Sanktion zu ersetzen und/oder Art. 4 der angefochtenen Entscheidung für nichtig zu erklären;
– der EU‑OSHA die Kosten aufzuerlegen.
15 Die EU‑OSHA beantragt,
– die Klage abzuweisen;
– der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.
Rechtliche Würdigung
16 Die Klägerin macht fünf Klagegründe zur Stützung ihrer Klage geltend. Mit dem ersten Klagegrund rügt sie die Missachtung der nationalen Aussetzungsentscheidung und mit dem zweiten Klagegrund beanstandet sie die Beurteilung der von ihr getroffenen Abhilfemaßnahmen. Mit dem dritten Klagegrund wird ein Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bei Verhängung der Ausschlusssanktion geltend gemacht. Mit dem vierten Klagegrund wendet sie sich gegen die Veröffentlichung des Ausschlusses. Mit dem fünften Klagegrund, den die Klägerin hilfsweise geltend macht, rügt sie, dass die EU‑OSHA nicht die Möglichkeit geprüft habe, gegen die Klägerin eine finanzielle Sanktion als Alternative zum Ausschluss zu verhängen.
Zum ersten Klagegrund: Nichtbeachtung der nationalen Aussetzungsentscheidung
Zum ersten Teil: Verstoß gegen Art. 106 Abs. 2 der alten Haushaltsordnung, Art. 136 Abs. 2 der Haushaltsordnung, Art. 4 Abs. 3 EUV und Art. 325 Abs. 1 AEUV
17 Die Klägerin macht geltend, dass sich aus Art. 106 der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union und zur Aufhebung der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates (ABl. 2012, L 298, S. 1) in der u. a. durch die Verordnung (EU, Euratom) 2015/1929 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Oktober 2015 (ABl. 2015, L 286, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: alte Haushaltsordnung) und aus Art. 136 der Haushaltsordnung sowohl insoweit, als sie in ihrem jeweiligen Abs. 1 den Ausschluss von Stellen bestimmten, die eine in einer bestandskräftigen nationalen Entscheidung festgestellte schwere Verfehlung im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit begangen hätten, als auch insoweit, als sie in ihrem jeweiligen Abs. 2 einen solchen Ausschluss auf der Grundlage einer vorläufigen Bewertung durch die Unionsbehörden auf der Grundlage einer nicht bestandskräftigen nationalen Entscheidung zuließen, ergebe, dass die Unionsbehörden auch die Entscheidungen des einstweiligen Rechtsschutzes befolgen müssten, die die nationalen Gerichte in Bezug auf nicht bestandskräftige nationale Verwaltungsentscheidungen getroffen hätten, insbesondere wenn diese Behörden, wie im vorliegenden Fall, keine eigene Untersuchungstätigkeit ausübten. So dürfe im Fall einer Aussetzung der Entscheidung, die als ausschließliche Grundlage für die oben genannte vorläufige Bewertung diene, diese Entscheidung nicht mehr zur Vornahme der genannten Bewertung herangezogen werden. Die nationale Aussetzungsentscheidung stelle die Gültigkeit und Rechtmäßigkeit der Entscheidung der CNMC in Frage, auch wenn sie den fumus boni iuris nicht prüfe. Die Klägerin verweist auch auf die Ähnlichkeit zwischen dem Ziel, das mit dem Ausschluss durch die angefochtene Entscheidung verfolgt werde, und dem Ziel des von der CNMC verhängten Verbots der öffentlichen Auftragsvergabe, das eine für den Bereich der öffentlichen Auftragsvergabe typische Sanktion darstelle und das durch die nationale Aussetzungsentscheidung ausgesetzt worden sei.
18 Die Klägerin beruft sich auch auf Art. 325 AEUV betreffend die Betrugsbekämpfung und auf Art. 4 Abs. 3 EUV, der den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit enthalte, um den offensichtlichen Widerspruch zwischen der nationalen Aussetzungsentscheidung und der angefochtenen Entscheidung hervorzuheben, der sich aus einem offensichtlichen Mangel an Abstimmung zwischen den für den Schutz der finanziellen Interessen der Union zuständigen Behörden ergebe, die jedoch nach diesen Bestimmungen erforderlich sei.
19 Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Verfahrensvorschriften grundsätzlich auf alle bei ihrem Inkrafttreten anhängigen Verfahren anwendbar sind, während materiell‑rechtliche Vorschriften gewöhnlich so ausgelegt werden, dass sie grundsätzlich nicht für vor ihrem Inkrafttreten entstandene Sachverhalte gelten (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 12. November 1981, Meridionale Industria Salumi u. a., 212/80 bis 217/80, EU:C:1981:270, Rn. 9, vom 6. Juli 1993, CT Control [Rotterdam] und JCT Benelux/Kommission, C‑121/91 und C‑122/91, EU:C:1993:285, Rn. 22, und vom 26. März 2015, Kommission/Moravia Gas Storage, C‑596/13 P, EU:C:2015:203, Rn. 33). Folglich gelten für das betreffende Ausschlussverfahren die Vorschriften der Haushaltsordnung, die 2018 in Kraft getreten ist, während die für diesen Ausschluss geltenden materiell-rechtlichen Vorschriften die der alten Haushaltsordnung sind, die zum Zeitpunkt der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung, die zu dem Ausschluss führte, in Kraft war und 2017 auslief.
20 Außerdem ist festzustellen, dass Art. 106 der alten Haushaltsordnung und Art. 136 der Haushaltsordnung in ihren für den vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen identisch sind.
21 So wird gemäß ihrem jeweiligen Abs. 1 Buchst. c Ziff. ii eine Person oder Stelle von der Teilnahme an Vergabeverfahren, die unter die Haushaltsordnung fallen, ausgeschlossen, wenn durch eine rechtskräftige Gerichts- oder eine bestandskräftige Verwaltungsentscheidung festgestellt wurde, dass die Person oder Stelle im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit eine schwere Verfehlung aufgrund eines Verstoßes gegen geltende Gesetze, Bestimmungen oder ethische Standards ihres Berufsstands oder aufgrund jeglicher Form von rechtswidrigem Handeln, das sich auf ihre berufliche Glaubwürdigkeit auswirkt, begangen hat, wenn dies vorsätzlich oder grob fahrlässig erfolgt, insbesondere im Fall von Absprachen mit anderen Personen oder Stellen mit dem Ziel einer Wettbewerbsverzerrung.
22 Außerdem legt nach ihrem jeweiligen Abs. 2 Unterabs. 1 und 2 der zuständige Anweisungsbefugte in Ermangelung einer rechtskräftigen Gerichts- bzw. bestandskräftigen Verwaltungsentscheidung nach ihrem jeweiligen Abs. 1 Buchst. c bei entsprechendem Verhalten einer Person oder Stelle eine vorläufige rechtliche Bewertung für deren Ausschluss zugrunde, wobei er sich auf die festgestellten Sachverhalte oder sonstigen Erkenntnisse aus der Empfehlung des Gremiums stützt. Diese vorläufige Bewertung greift der Beurteilung des Verhaltens der betreffenden Person oder Stelle nach nationalem Recht durch die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten nicht vor. Der zuständige Anweisungsbefugte überprüft seine Entscheidung über den Ausschluss der Person oder Stelle und/oder die Verhängung einer finanziellen Sanktion unverzüglich nach der Übermittlung der rechtskräftigen Gerichts- oder der bestandskräftigen Verwaltungsentscheidung. In den Fällen, in denen durch die rechtskräftige Gerichts- oder die bestandskräftige Verwaltungsentscheidung keine Dauer des Ausschlusses festgelegt ist, legt der zuständige Anweisungsbefugte die Dauer aufgrund der festgestellten Sachverhalte und Erkenntnisse und unter Berücksichtigung der Empfehlung des Gremiums fest.
23 Nach ihrem jeweiligen Abs. 2 Unterabs. 3 hebt der zuständige Anweisungsbefugte, wenn in der rechtskräftigen Gerichts- oder der bestandskräftigen Verwaltungsentscheidung festgestellt wird, dass sich die Person oder Stelle des Verhaltens, aufgrund dessen der Ausschluss der genannten Person oder Stelle durch die vorläufige rechtliche Bewertung erfolgte, nicht schuldig gemacht hat, den Ausschluss unverzüglich auf und/oder erstattet gegebenenfalls verhängte finanzielle Sanktionen. Darüber hinaus können gemäß ihrem jeweiligen Abs. 2 Unterabs. 4 die Sachverhalte und Erkenntnisse nach Abs. 2 Unterabs. 1 insbesondere Folgendes umfassen: die Sachverhalte, die im Zuge von Prüfungen oder Untersuchungen des Rechnungshofs oder des Europäischen Amts für Betrugsbekämpfung (OLAF) oder bei sonstigen, unter der Verantwortung des Anweisungsbefugten durchgeführten Überprüfungen, Prüfungen oder Kontrollen festgestellt wurden, sowie die Entscheidungen der Kommission in Bezug auf den Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht der Union oder die Entscheidungen einer zuständigen nationalen Behörde in Bezug auf den Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht der Union oder gegen nationales Wettbewerbsrecht.
24 Aus diesen Bestimmungen ergibt sich, dass der Ausschluss einer Stelle von der Teilnahme an den betreffenden Verfahren entweder dadurch erfolgt, dass durch eine rechtskräftige Gerichts- oder eine bestandskräftige Verwaltungsentscheidung festgestellt wird, dass sie im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit eine schwere Verfehlung begangen hat, oder, wenn weder eine rechtskräftige Gerichts- noch eine bestandskräftige Verwaltungsentscheidung vorliegt, dies auf der Grundlage einer vorläufigen rechtlichen Bewertung ihres Verhaltens durch die zuständige Behörde der Europäischen Union in Bezug auf insbesondere durch Entscheidungen einer nationalen Wettbewerbsbehörde festgestellte Sachverhalte oder Erkenntnisse erfolgt.
25 Daraus folgt, dass das Fehlen einer rechtskräftigen Gerichtsentscheidung oder einer bestandskräftigen Entscheidung, in der das betreffende pflichtwidrige Verhalten festgestellt wird, die zuständige Unionsbehörde nicht daran hindert, eine Ausschlussmaßnahme zu erlassen, um die finanziellen Interessen der Union zu schützen (vgl. in diesem Sinne die Urteile vom 9. Februar 2022, Elevolution – Engenharia/Kommission, T‑652/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2022:63, Rn. 76, und vom 21. Dezember 2022, Vialto Consulting/Kommission, T‑537/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2022:852, Rn. 142).
26 Daraus lässt sich auch der Wille des Unionsgesetzgebers ableiten, der zuständigen Unionsbehörde die Möglichkeit zu geben, ihre eigene Beurteilung der Handlungen des betreffenden Wirtschaftsteilnehmers vorzunehmen, ohne abzuwarten, bis ein Gericht sein Urteil gefällt hat (vgl. entsprechend Urteil vom 19. Juni 2019, Meca, C‑41/18, EU:C:2019:507, Rn. 31). Dies gilt für die Wirksamkeit der Ausschlussregelung, die voraussetzt, dass sie so bald wie möglich angewandt wird, ohne dass eine rechtskräftige Gerichtsentscheidung abzuwarten ist (vgl. in diesem Sinne das Urteil vom 9. Februar 2022, Elevolution – Engenharia/Kommission, T‑652/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2022:63, Rn. 77).
27 Die Umstände, die insoweit berücksichtigt werden können, werden im Übrigen, ohne dass die Aufzählung abschließend wäre, sowohl in Art. 106 Abs. 2 Unterabs. 4 der alten Haushaltsordnung als auch in Art. 136 Abs. 2 Unterabs. 4 der Haushaltsordnung (siehe oben, Rn. 23) näher ausgeführt und beruhen hauptsächlich auf den Untersuchungstätigkeiten anderer Stellen der Union oder der Mitgliedstaaten, so dass es unerheblich ist, wenn die betreffende Unionsbehörde vor dem Erlass ihrer etwaigen Ausschlussentscheidung keine eigene Untersuchung durchführt.
28 Im vorliegenden Fall oblag es daher der EU‑OSHA, in Ermangelung einer rechts- oder bestandskräftigen Entscheidung – da gegen die Entscheidung der CNMC Klage erhoben worden war, die zum Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung noch anhängig war – ihre eigene Beurteilung des Verhaltens der Klägerin auf der Grundlage der Entscheidung der CNMC, die zu den in den einschlägigen Bestimmungen aufgeführten Gesichtspunkten gehört (siehe oben, Rn. 23), aber auch anderer in diesem Zusammenhang erheblicher Gesichtspunkte, insbesondere der Aussetzung dieser Entscheidung, vorzunehmen. Der von Art. 106 Abs. 2 der alten Haushaltsordnung und Art. 136 Abs. 2 der Haushaltsordnung erfasste Fall ist genau der, in dem die Entscheidung, die als Grundlage für den Ausschluss dienen kann, nicht bestandskräftig ist, weil entweder die Frist für die Erhebung einer Klage gegen diese Entscheidung noch nicht abgelaufen ist oder weil eine solche Klage erhoben wurde oder weil diese Entscheidung, wie im vorliegenden Fall, ausgesetzt wurde. Die Auffassung der Klägerin, dass eine ausgesetzte Entscheidung nicht mehr als Grundlage für eine Ausschlussentscheidung dienen könne, liefe darauf hinaus, diesem in den geltenden Bestimmungen vorgesehenen Fall – und im Übrigen auch Art. 106 Abs. 7 Buchst. c der alten Haushaltsordnung und Art. 136 Abs. 6 Buchst. a der Haushaltsordnung, die für Personen oder Stellen, über die noch keine rechtskräftige Gerichtsentscheidung gefällt wurde, einen Anreiz darstellen, trotz der Entscheidung, mit der ein Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht festgestellt wird, Abhilfemaßnahmen zu treffen, um ihre Zuverlässigkeit unter Beweis zu stellen – die Wirksamkeit zu nehmen (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 19. Juni 2019, Meca, C‑41/18, EU:C:2019:507, Rn. 40; siehe auch unten, Rn. 55).
29 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die EU‑OSHA in Erwiderung auf das Vorbringen der Klägerin zu einer solchen Aussetzung die Aussetzung der Entscheidung der CNMC tatsächlich berücksichtigt hat, indem sie insoweit den Feststellungen in der Empfehlung des Gremiums gefolgt ist. In den Erwägungsgründen 35 bis 37 der angefochtenen Entscheidung hat sie zunächst auf dieses Vorbringen verwiesen, bevor sie die Gründe darlegte, aus denen ihrer Ansicht nach diese Aussetzung im vorliegenden Fall der Anwendung der Unionsvorschriften nicht entgegensteht. Konkret vertrat die EU‑OSHA die Auffassung, dass die nationale Aussetzungsentscheidung, da sie sich nicht zum fumus boni iuris geäußert habe, keine Zweifel an der Gültigkeit und Rechtmäßigkeit der Entscheidung der CNMC habe aufkommen lassen und auf hinsichtlich dieses Verwaltungsverfahrens sachfremden Erwägungen beruht habe, die einem anderen Zweck gedient hätten als demjenigen, der zu der nationalen Sanktion geführt habe. Außerdem sei diese Aussetzungsentscheidung definitionsgemäß nicht endgültig und binde sie daher nicht.
30 Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass die EU‑OSHA zu Recht der Ansicht war, dass die Aussetzung der Entscheidung der CNMC einer Berücksichtigung der Feststellungen dieser Entscheidung zum Nachweis einer schweren Verfehlung der Klägerin im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit und zum Erlass einer Ausschlussmaßnahme nicht entgegenstehe.
31 Zum einen beruht der der Klägerin vorgeworfene Sachverhalt nämlich nicht auf bloßen Annahmen oder Vermutungen, sondern wurde auf der Grundlage von Gesichtspunkten festgestellt, die sich aus einer von der CNMC durchgeführten Ermittlung ergaben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Dezember 2022, Vialto Consulting/Kommission, T‑537/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2022:852, Rn. 143; vgl. auch entsprechend Urteil vom 21. Dezember 2023, Infraestruturas de Portugal und Futrifer Indústrias Ferroviárias, C‑66/22, EU:C:2023:1016, Rn. 78).
32 Zum anderen enthält die nationale Aussetzungsentscheidung keine Stellungnahme zur Begründung der Entscheidung der CNMC. Das nationale Gericht stellt die Feststellungen und Erwägungen des CNMC zum Verstoß der Klägerin gegen das Wettbewerbsrecht somit in keiner Weise in Frage noch zieht es sie auch nur in Zweifel. Es stützt seine Aussetzungsentscheidung auf Erwägungen, die sich ausschließlich auf die Folgen der verhängten Geldbuße und des Kontrahierungsverbots für die Fortführung der Tätigkeit der Klägerin beziehen. Die Klägerin räumt außerdem ein, dass das nationale Gericht das Vorliegen eines fumus boni iuris nicht ausdrücklich geprüft habe. Da die Klägerin geltend macht, dass das nationale Gericht implizit, aber zwangsläufig die Plausibilität ihres Vorbringens gegen die Entscheidung der CNMC anerkannt habe, da nach der nationalen Rechtsprechung der Erlass einer einstweiligen Anordnung eine solche Plausibilität voraussetze, ist darauf hinzuweisen, dass solche impliziten Erwägungen jedenfalls nicht ausreichen, um die ausdrücklichen Feststellungen und Erwägungen in der Entscheidung der CNMC in Frage zu stellen.
33 Außerdem ist es unerheblich, dass mit der nationalen Aussetzungsentscheidung neben der Zahlung der mit der Entscheidung der CNMC verhängten Geldbuße auch das Verbot der Kontrahierung mit der spanischen Verwaltung ausgesetzt wird, das der Klägerin ebenfalls mit dieser Entscheidung auferlegt wurde. Zwar ist dies ein Verbot, das dem in der angefochtenen Entscheidung angeordneten Ausschluss ähnelt, zumal nach dem Vorbringen der Klägerin bestimmte Kontrahierungsverbote nicht verhängt werden oder nicht gelten, wenn der betreffende Wirtschaftsteilnehmer Abhilfe- oder Compliance‑Maßnahmen ergriffen hat, um den durch sein rechtswidriges Verhalten verursachten Schaden zu beheben. Der Grund für die Aussetzung des Kontrahierungsverbots ist jedoch, wie sich aus Rn. 32 des vorliegenden Urteils ergibt, losgelöst von den in der Entscheidung der CNMC enthaltenen Feststellungen und Erwägungen und stellt diese daher nicht in Frage. Auch wenn die unterschiedlichen Zwecke des im Unionsrecht vorgesehenen Ausschlussverfahrens und des nationalen Verfahrens, wie die Klägerin geltend macht, für sich genommen nicht ausreichen, die EU‑OSHA daran zu hindern, die nationale Aussetzungsentscheidung zu berücksichtigen (siehe oben, Rn. 28), stellen im vorliegenden Fall die Gründe für die Aussetzung der Entscheidung der CNMC die Tatsachen, auf die die angefochtene Entscheidung gestützt wurde, um den Ausschluss der Klägerin anzuordnen, nicht in Frage. Darüber hinaus enthält die nationale Aussetzungsentscheidung keine Informationen über das Ergreifen von Abhilfemaßnahmen durch die Klägerin oder über die Gründe für das Nichtergreifen solcher Maßnahmen.
34 Im Übrigen ergibt sich aus der von der EU‑OSHA im vorliegenden Fall ordnungsgemäß vorgenommenen Abwägung zwischen der Entscheidung der CNMC und der nationalen Aussetzungsentscheidung, dass ihr weder ein Widerspruch zwischen der Begründung der angefochtenen Entscheidung und der der nationalen Aussetzungsentscheidung noch eine mangelnde Abstimmung mit den nationalen Behörden unter Verstoß gegen den in Art. 4 Abs. 3 EUV verankerten Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit und die in Art. 325 AEUV geregelte Betrugsbekämpfung vorgeworfen werden kann.
35 Somit ist der erste Teil des ersten Klagegrundes zurückzuweisen.
Zum zweiten Teil: Verstoß gegen Art. 47 der Charta und Art. 19 Abs. 1 EUV
36 Die Klägerin macht geltend, dass die angefochtene Entscheidung dadurch, dass sie der nationalen Aussetzungsentscheidung jede Relevanz nehme, den Rechtsschutz, den sie vom nationalen Gericht erlangt habe, in Frage stelle und somit gegen Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) in Verbindung mit Art. 19 Abs. 1 EUV verstoße. Die Achtung der nationalen Gerichtsverfahren sei bei „mehrteiligen Verfahren“ wie dem Ausschlussverfahren, in dessen Rahmen die Unionsbehörden ihre Entscheidungen auf der Grundlage nationaler Entscheidungen träfen, umso erforderlicher. Das Recht, die Revision der Ausschlussentscheidung zu beantragen, oder die Möglichkeit zur Stellungnahme vor dem zuständigen Gremium oder Anweisungsbefugten stellten administrative Garantien dar, die die für einen wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz charakteristischen Garantien der Kontrolle der Rechtmäßigkeit der beschwerenden Maßnahmen und der Achtung gerichtlicher Entscheidungen nicht ersetzten.
37 Nach ständiger Rechtsprechung ist der Grundsatz des wirksamen gerichtlichen Schutzes der Rechte aus dem Unionsrecht, von dem in Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV die Rede ist, ein allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts, der sich aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten ergibt; er ist in Art. 6 und Art. 13 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten und nun auch in Art. 47 der Charta verankert (vgl. Urteil vom 27. Februar 2018, Associação Sindical dos Juízes Portugueses, C‑64/16, EU:C:2018:117, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).
38 Aus der Rechtsprechung ergibt sich auch, dass die Wirkungen der Einlegung eines verwaltungsrechtlichen oder gerichtlichen Rechtsbehelfs eng mit der Ausübung und Wahrung der Grundrechte im Bereich des Rechtsschutzes zusammenhängen, deren Beachtung von der Unionsrechtsordnung ebenfalls garantiert wird, und dass eine Regelung, wonach die Einlegung eines verwaltungsrechtlichen oder gerichtlichen Rechtsbehelfs keinerlei Auswirkung auf die Möglichkeit hätte, an einem Verfahren der Vergabe eines öffentlichen Auftrags teilzunehmen, möglicherweise die Grundrechte der Betroffenen verletzen würde (vgl. entsprechend Urteil vom 9. Februar 2006, La Cascina u. a., C‑226/04 und C‑228/04, EU:C:2006:94, Rn. 38).
39 Es kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass im vorliegenden Fall die nationale Aussetzungsentscheidung außer Acht gelassen und der Anspruch der Klägerin auf gerichtlichen Rechtsschutz verletzt worden wäre.
40 Zum einen wurde diese Entscheidung nämlich, wie aus den Rn. 29 bis 33 des vorliegenden Urteils hervorgeht, vom Gremium und anschließend von der EU‑OSHA in der angefochtenen Entscheidung ordnungsgemäß berücksichtigt. Insbesondere vertrat die EU‑OSHA zu Recht die Auffassung, dass sie sich, da die nationale Aussetzungsentscheidung nicht auf der Grundlage der Entscheidung der CNMC ergangen sei, auf die Feststellungen in dieser Entscheidung habe stützen können, um das Vorliegen einer schweren Verfehlung im Rahmen der beruflichen Tätigkeit festzustellen und eine Ausschlussmaßnahme zu erlassen (siehe oben, Rn. 30 und 32). Außerdem kann die Ausschlusssanktion nach den geltenden Bestimmungen in Ermangelung einer rechtskräftigen Gerichts- oder einer bestandskräftigen Verwaltungsentscheidung nur auf der Grundlage einer vorläufigen rechtlichen Bewertung des betreffenden Verhaltens durch das Gremium unter Berücksichtigung sämtlicher relevanter Umstände, einschließlich der Aussetzung der Entscheidung der CNMC (siehe oben, Rn. 22, 23 und 28), beschlossen werden, wobei die Klägerin im Übrigen gemäß Art. 143 Abs. 5 der Haushaltsordnung Gelegenheit hatte, zu der vorläufigen rechtlichen Bewertung Stellung zu nehmen (siehe oben, Rn. 10). Zwar handelt es sich, wie die Klägerin hervorhebt, um Garantien administrativer Art, doch ermöglichen es diese, sicherzustellen, dass die nationale Gerichtsentscheidung gebührend berücksichtigt wird. Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass die angefochtene Entscheidung, die die Klägerin von Aufträgen, die von den Unionsverwaltungen vergeben werden, ausschließt, die Wirkungen der nationalen Aussetzungsentscheidung in keiner Weise in Frage stellt, da diese Entscheidung das Verbot der Kontrahierung mit der spanischen Verwaltung aussetzt.
41 Zum anderen ergibt sich aus den anwendbaren Bestimmungen, wie aus den Rn. 24 bis 26 des vorliegenden Urteils hervorgeht, dass die Unionsbehörde in Ermangelung einer rechtskräftigen Gerichts- oder einer bestandskräftigen Verwaltungsentscheidung, wie im vorliegenden Fall, nicht an auf nationaler Ebene getroffene Verwaltungs- oder Gerichtsentscheidungen gebunden ist und somit befugt ist, eine Person oder Stelle, im vorliegenden Fall die Klägerin, auf der Grundlage einer vorläufigen rechtlichen Bewertung ihres Verhaltens von den Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge der Union auszuschließen.
42 Die Ausübung dieser Befugnis stellt jedoch keinen Verstoß gegen Art. 47 der Charta dar. Die von der Klägerin nicht in Frage gestellte und durch die vorliegende Klage bestätigte Existenz eines Rechtsbehelfs zur Anfechtung der angefochtenen Entscheidung vor dem Unionsrichter ermöglicht es nämlich gerade, den Anspruch der Klägerin auf gerichtlichen Rechtsschutz zu gewährleisten. Insbesondere ist das Gericht im vorliegenden Fall aufgrund seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung nach Art. 143 Abs. 9 der Haushaltsordnung sowohl für die Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung als auch für deren Überprüfung zuständig (Urteil vom 9. Februar 2022, Elevolution – Engenharia/Kommission, T‑652/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2022:63, Rn. 80; siehe auch unten, Rn. 127). Im Übrigen gewährleistet der für einstweilige Anordnungen zuständige Richter des Gerichts den Anspruch auf vorläufigen Rechtsschutz, da er die Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Entscheidung anordnen kann, insbesondere wenn er, wie im vorliegenden Fall, der Auffassung ist, dass prima facie nicht ausgeschlossen werden kann, dass die EU‑OSHA Konsequenzen aus der nationalen Aussetzungsentscheidung hätte ziehen müssen (Beschluss vom 14. Juli 2023, VC/EU‑OSHA, T‑126/23 R, nicht veröffentlicht, EU:T:2023:405, Rn. 51).
43 Daher ist der nationalen Aussetzungsentscheidung nicht die gleiche Wirkung beizumessen wie bestandskräftigen Entscheidungen oder rechtskräftigen Gerichtsentscheidungen, die die Unionsbehörden verpflichten, die betreffende Person oder Stelle gemäß Art. 136 Abs. 1 der Haushaltsordnung auszuschließen oder gegebenenfalls ihre Teilnahme an Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge der Union zuzulassen. Würde die Ausschlussbefugnis der Unionsbehörden allein dadurch blockiert, dass ein Rechtsbehelf mit aufschiebender Wirkung gegen die nationale Entscheidung, die als Grundlage für den Ausschluss dieser Entscheidung dienen kann, eingelegt wird oder diese Entscheidung ausgesetzt wird, so wäre dieser Befugnis die praktische Wirksamkeit genommen (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 19. Juni 2019, Meca, C‑41/18, EU:C:2019:507, Rn. 37 und 38).
44 Außerdem sieht Art. 136 Abs. 2 Unterabs. 3 der Haushaltsordnung für den Fall, dass auf die nationale Aussetzungsentscheidung eine rechtskräftige Gerichtsentscheidung folgt, mit der die Entscheidung der CNMC aufgehoben wird, vor, dass der Anweisungsbefugte den Ausschluss unverzüglich aufhebt, damit der nationalen Gerichtsentscheidung volle Wirksamkeit verleiht und dabei den gerichtlichen Rechtsschutz des Klägers gewährleistet, der dann mit der nationalen Gerichtsentscheidung verbunden ist, die in diesem Fall für die Unionsbehörde bindend ist.
45 Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass der zweite Teil des ersten Klagegrundes und somit auch dieser Klagegrund zurückzuweisen sind.
Zum zweiten Klagegrund: v on der Klägerin getroffene Abhilfemaßnahmen
46 Nach Ansicht der Klägerin ist die angefochtene Entscheidung mit erheblichen Beurteilungsfehlern behaftet und verstößt gegen Art. 106 Abs. 7 Buchst. a der alten Haushaltsordnung sowie Art. 136 Abs. 6 Buchst. a der Haushaltsordnung, da es die EU‑OSHA aufgrund der dieser von ihr übermittelten Nachweise als erwiesen hätte ansehen müssen, dass sie ausreichende Abhilfemaßnahmen ergriffen habe. Die EU‑OSHA habe jedoch von ihr für jede der Abhilfemaßnahmen einen völlig unangemessenen und unverhältnismäßigen Nachweis verlangt, ohne ihr die Gelegenheit zu geben, die angeforderten Informationen zu berichtigen oder zu ergänzen. Die Klägerin bedauert insoweit, dass das Gremium keine eigenständige Beurteilung dieser Maßnahmen vorgenommen habe und sich auf die Bewertung der CNMC gestützt habe, die jedoch auf anderen Unterlagen beruhe. Darüber hinaus könne der weite Beurteilungsspielraum bei der Vergabe öffentlicher Aufträge nicht auf eine Sanktionsentscheidung übertragen werden, die über den Rahmen eines bestimmten Vergabeverfahrens hinausgehe und einen erheblichen Schaden verursache, der sich nicht nur aus der Nichtvergabe des Auftrags ergebe.
47 Die Klägerin fügt hinzu, dass sie im vorliegenden Verfahren neue Unterlagen vorlege, die die Zuverlässigkeit der getroffenen Abhilfemaßnahmen belegten, da das Gericht über die Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung der angefochtenen Entscheidung gemäß Art. 143 Abs. 9 der Haushaltsordnung, gestützt auf Art. 261 AEUV, verfüge. Sie weist insoweit darauf hin, dass die Abhilfemaßnahmen keine Tatbestandsmerkmale der Zuwiderhandlung seien, bezüglich derer die Befugnis des Gerichts nicht bestehe. Abgesehen von dieser Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung seien diese Unterlagen jedenfalls für die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung von Bedeutung, da sie sich auf Abhilfemaßnahmen bezögen, die vor der angefochtenen Entscheidung getroffen worden seien.
48 Abschließend weist die Klägerin in ihrer Erwiderung darauf hin, dass sie seit 2018 keine wettbewerbswidrigen Praktiken angewandt habe, was beweise, dass das von ihr eingerichtete System insgesamt die erforderliche Zuverlässigkeit besitze. Vorsorglich fügt sie ihrer Erwiderung als Anlage Unterlagen bei, die ihrer Ansicht nach diese Zuverlässigkeit belegen.
49 Zunächst ist festzustellen, dass die Klägerin vor dem Gericht nicht bestreitet, dass sie die in der Entscheidung der CNMC festgestellte und geahndete Zuwiderhandlung begangen hat. Sie stellt auch nicht in Abrede, dass ihr Ausschluss, der infolge der Feststellung einer Zuwiderhandlung gegen das spanische Wettbewerbsrecht und gegen Art. 101 AEUV beschlossen wurde, Sanktionscharakter hat.
50 Im vorliegenden Fall wendet sich die Klägerin jedoch gegen ihren Ausschluss aufgrund einer schweren Verfehlung im Rahmen der beruflichen Tätigkeit, da sie Abhilfemaßnahmen ergriffen habe, die gemäß Art. 106 Abs. 7 Buchst. c der alten Haushaltsordnung und Art. 136 Abs. 6 Buchst. a der Haushaltsordnung, die in Anbetracht des Zeitpunkts des Ergreifens der betreffenden Abhilfemaßnahmen im vorliegenden Fall aufeinanderfolgend anwendbar seien, ihre Zuverlässigkeit belegten.
51 Bevor auf das Vorbringen der Klägerin, mit dem sie die Beurteilung der getroffenen Abhilfemaßnahmen durch die EU‑OSHA rügt, eingegangen wird, sind die Art der Befugnis und die Dichte der Kontrolle zu klären, die das Gericht über diese Beurteilungen ausüben kann, die ebenfalls Gegenstand des Streits zwischen den Parteien sind.
Zur Art der Befugnis und zur Dichte der Kontrolle der Abhilfemaßnahmen durch das Gericht
52 Art. 143 Abs. 9 der Haushaltsordnung bestimmt:
„Der Gerichtshof der Europäischen Union hat die unbeschränkte Befugnis zur Überprüfung einer Entscheidung, durch die der zuständige Anweisungsbefugte eine in Artikel 135 Absatz 2 genannte Person oder Stelle ausschließt und/oder eine finanzielle Sanktion gegen einen Empfänger verhängt; er kann z. B. den Ausschluss aufheben, die Ausschlussdauer verkürzen oder verlängern und/oder die finanzielle Sanktion aufheben, senken oder erhöhen. …“
53 Damit hat der Unionsgesetzgeber von der ihm durch Art. 261 AEUV übertragenen Befugnis Gebrauch gemacht, wonach „[a]ufgrund der Verträge vom Europäischen Parlament und vom Rat gemeinsam sowie vom Rat erlassene Verordnungen … hinsichtlich der darin vorgesehenen Zwangsmaßnahmen dem Gerichtshof der Europäischen Union eine Zuständigkeit übertragen [können], welche die Befugnis zu unbeschränkter Ermessensnachprüfung und zur Änderung oder Verhängung solcher Maßnahmen umfasst“.
54 Art. 143 Abs. 9 der Haushaltsordnung ist daher im Licht von Art. 261 AEUV dahin auszulegen, dass der Umfang dieser Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung strikt auf die Festsetzung der Sanktion beschränkt ist, unter Ausschluss jeder Änderung der Tatbestandsmerkmale des Verhaltens, das diese Sanktion rechtfertigt (vgl. entsprechend Urteil vom 21. Januar 2016, Galp Energía España u. a./Kommission, C‑603/13 P, EU:C:2016:38, Rn. 76 und 77 und die dort angeführte Rechtsprechung).
55 Im vorliegenden Fall ist die Prüfung der Abhilfemaßnahmen entgegen dem Vorbringen der Klägerin als Teil der Beurteilung dieses Verhaltens anzusehen. Gemäß Art. 106 Abs. 7 Buchst. c der alten Haushaltsordnung und Art. 136 Abs. 6 Buchst. a der Haushaltsordnung „schließt“ der zuständige Anweisungsbefugte eine „Person oder Stelle nicht … aus“, wenn diese „Abhilfemaßnahmen in einem Ausmaß getroffen hat, das ausreicht, ihre Zuverlässigkeit unter Beweis zu stellen“. Nach dieser Bestimmung ist es somit nicht möglich, einen Wirtschaftsteilnehmer, der bestimmte Korrekturmaßnahmen vorgenommen hat, die seine Zuverlässigkeit belegen, von Aufträgen auszuschließen (Urteil vom 27. Juni 2017, NC/Kommission, T‑151/16, EU:T:2017:437, Rn. 58). Entsprechend dem mit der Ausschlusssanktion verfolgten Ziel des Schutzes der finanziellen Interessen der Union (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Dezember 2022, Vialto Consulting/Kommission, T‑537/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2022:852, Rn. 159 und 164; siehe auch oben, Rn. 25) ist es nämlich nicht angezeigt, einen einer Zuwiderhandlung schuldigen Marktteilnehmer, der wieder zuverlässig geworden ist, auszuschließen. In diesem Fall ist die ursprünglich festgestellte schwere Verfehlung im Rahmen der beruflichen Tätigkeit so weit behoben worden, dass sie nicht mehr als Grundlage für einen Ausschluss dienen kann. Die Beurteilung, die in Bezug auf Abhilfemaßnahmen vorzunehmen ist, entspricht daher der Prüfung, ob die schwere Verfehlung im Rahmen der beruflichen Tätigkeit, die im vorliegenden Fall aus der von einer nationalen Behörde festgestellten Zuwiderhandlung hergeleitet worden ist, fortbesteht, und ob es sich wiederholen kann, was Teil der Beurteilung des Verhaltens des betreffenden Wirtschaftsteilnehmers und der unmittelbar damit zusammenhängenden tatsächlichen Umstände und nicht der Beurteilung seiner Sanktion ist.
56 Insoweit ist es unerheblich, dass Abhilfemaßnahmen in der Regel ergriffen werden, nachdem die von der nationalen Behörde festgestellte Zuwiderhandlung stattgefunden hat. Wie nämlich aus den Rn. 26 bis 28 des vorliegenden Urteils hervorgeht, ist eine solche Feststellung einer Zuwiderhandlung durch eine nationale Behörde nur eine Vorbedingung, die die Unionsbehörde nach der von ihr vorgenommenen Beurteilung (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Februar 2023, RH/Kommission, T‑175/21, nicht veröffentlicht, EU:T:2023:77, Rn. 29) dazu veranlassen kann, das Verhalten als schwere Verfehlung im Rahmen der beruflichen Tätigkeit einzustufen. Das Verhalten, das – für die Bestimmung des Anwendungsbereichs der Befugnis zur unbeschränkten Nachprüfung – von der Sanktion zu unterscheiden ist, beschränkt sich im Bereich der öffentlichen Auftragsvergabe, insbesondere in Anbetracht des in der Haushaltsordnung vorgesehenen, in zwei Phasen vonstattengehenden Verfahrens, nicht auf die von einer nationalen Behörde festgestellte Zuwiderhandlung und ihre Tatbestandsmerkmale, sondern umfasst auch andere, dieser Zuwiderhandlung gegebenenfalls nachfolgende Umstände, aus denen die Unionsbehörde auf die Zuverlässigkeit des betreffenden Wirtschaftsteilnehmers ungeachtet dieser Zuwiderhandlung schließen kann.
57 Daraus folgt, dass das Gericht seine Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung im Sinne von Art. 143 Abs. 9 der Haushaltsordnung für die Prüfung des vorliegenden Klagegrundes nicht ausüben kann. Es darf daher die Beurteilung der EU‑OSHA zu den in Rede stehenden Abhilfemaßnahmen nicht durch seine eigene Beurteilung ersetzen und wird sich darauf beschränken, die Rechtmäßigkeit der Beurteilung der EU‑OSHA zu überprüfen.
58 In Anbetracht der unterschiedlichen Standpunkte der Parteien zu diesem Punkt ist zum einen klarzustellen, dass sich diese Rechtmäßigkeitskontrolle auf die Prüfung beschränkt, ob die Rechtsvorschriften, insbesondere die Verfahrens- und Begründungsvorschriften, eingehalten wurden, ob der Sachverhalt zutreffend festgestellt wurde und ob kein offensichtlicher Beurteilungsfehler und kein Ermessensmissbrauch vorliegen (vgl. Urteil vom 15. Februar 2023, RH/Kommission, T‑175/21, nicht veröffentlicht, EU:T:2023:77, Rn. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung). Was die Prüfung durch den Unionsrichter anbelangt, ob einer Handlung eines Organs ein offensichtlicher Beurteilungsfehler anhaftet, ist klarzustellen, dass ein die Nichtigerklärung der Handlung rechtfertigender offensichtlicher Fehler eines Organs bei der Würdigung eines komplexen Sachverhalts nur festgestellt werden kann, wenn die vom Kläger vorgebrachten Beweise ausreichen, um die Sachverhaltswürdigung in dem Rechtsakt als nicht plausibel erscheinen zu lassen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 12. Dezember 1996, AIUFFASS und AKT/Kommission, T‑380/94, EU:T:1996:195, Rn. 59, und vom 28. Februar 2012, Grazer Wechselseitige Versicherung/Kommission, T‑282/08, EU:T:2012:91, Rn. 158). Vorbehaltlich dieser Plausibilitätsprüfung darf das Gericht die Beurteilung eines komplexen Sachverhalts durch den Urheber der Entscheidung nicht durch seine eigene Beurteilung ersetzen (Urteile vom 15. Oktober 2009, Enviro Tech [Europe], C‑425/08, EU:C:2009:635, Rn. 47, und vom 12. Februar 2008, BUPA u. a./Kommission, T‑289/03, EU:T:2008:29, Rn. 221).
59 Da nämlich die Organe bei der Beurteilung, ob ein Verhalten als schwere Verfehlung im Rahmen der beruflichen Tätigkeit eingestuft werden kann, über einen Beurteilungsspielraum verfügen (Urteil vom 15. Februar 2023, RH/Kommission, T‑175/21, nicht veröffentlicht, EU:T:2023:77, Rn. 30; vgl. auch entsprechend Urteile vom 4. Juli 2008, Entrance Services/Parlament, T‑333/07, nicht veröffentlicht, EU:T:2008:250, Rn. 59, und vom 9. Februar 2022, Companhia de Seguros Índico/Kommission, T‑672/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2022:64, Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung), und die Beurteilung der Abhilfemaßnahmen integraler Bestandteil der Beurteilung eines solchen Verhaltens ist (siehe oben, Rn. 55), ist ihnen auch bei der Beurteilung der Abhilfemaßnahmen ein Beurteilungsspielraum zuzugestehen.
60 Der Klägerin ist entgegenzuhalten, dass die möglichen Folgen der Ausschlussentscheidung, die über den Rahmen eines bestimmten Vergabeverfahrens hinausgehen und der ausgeschlossenen Stelle erheblichen Schaden zufügen können, Umstände sind, die bei der Ausübung des dem Organ zur Verfügung stehenden Beurteilungsspielraums zu berücksichtigen sind und als solche nicht bedeuten können, dass dieser Beurteilungsspielraum in Frage gestellt wird.
61 Zum anderen ist außerdem zu klären, welche Gesichtspunkte das Gericht bei seiner Kontrolle der Rechtmäßigkeit der von der EU‑OSHA vorgenommenen Beurteilung der von der Klägerin ergriffenen Abhilfemaßnahmen berücksichtigen kann, da die Parteien in dieser Hinsicht unterschiedlicher Auffassung sind.
62 Aus der Rechtsprechung zum Wettbewerbsrecht ergibt sich, dass sich die in Art. 263 AEUV vorgesehene Rechtmäßigkeitskontrolle auf sämtliche Bestandteile der Beschlüsse der Kommission in Verfahren nach Art. 101 und Art. 102 AEUV erstreckt, deren Kontrolle das Gericht sicherstellt, und zwar auf der Grundlage der von den Klägern geltend gemachten Klagegründe und unter Berücksichtigung aller von diesen vorgebrachten Umstände – aus der Zeit vor oder nach der angefochtenen Entscheidung –, unabhängig davon, ob sie zuvor im Rahmen des Verwaltungsverfahrens geltend gemacht oder zum ersten Mal im Rahmen der vor dem Gericht erhobenen Klage vorgebracht wurden, soweit sie für die Rechtmäßigkeitskontrolle der Entscheidung der Kommission maßgeblich sind (Urteil vom 21. Januar 2016, Galp Energía España u. a./Kommission, C‑603/13 P, EU:C:2016:38, Rn. 72, und vom 14. September 2022, Google und Alphabet/Kommission [Google Android], T‑604/18, mit Rechtsmittel angefochten, EU:T:2022:541, Rn. 89).
63 Entgegen dem Vorbringen der Klägerin lässt sich aus dieser Rechtsprechung nicht ableiten, dass das Gericht im vorliegenden Fall Dokumente berücksichtigen müsste, die die Klägerin ihm im Rahmen des vorliegenden Verfahrens vorlegt, ohne dass sie zuvor im Verwaltungsverfahren vor der EU‑OSHA vorgelegt wurden.
64 Gemäß Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln [101] und [102 AEUV] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) muss die Kommission nämlich bei Streitigkeiten über das Vorliegen einer Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln die von ihr festgestellten Zuwiderhandlungen beweisen und die Beweismittel beibringen, durch die das Vorliegen der eine Zuwiderhandlung darstellenden Tatsachen rechtlich hinreichend bewiesen wird (vgl. Urteil vom 8. September 2016, Lundbeck/Kommission, T‑472/13, EU:T:2016:449, Rn. 105 und die dort angeführte Rechtsprechung). Das betroffene Unternehmen hat dann die Möglichkeit, das Gegenteil zu beweisen, und zwar auch, indem es sich auf Sachverhalte stützt, die im Rahmen des Verwaltungsverfahrens nicht vorgebracht wurden (siehe Urteil vom 9. Juni 2016, PROAS/Kommission, C‑616/13 P, EU:C:2016:415, Rn. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung).
65 Hingegen erlegt Art. 106 Abs. 7 Buchst. c der alten Haushaltsordnung und später Art. 136 Abs. 6 Buchst. a der Haushaltsordnung, indem sie vorsehen, dass eine Person oder Stelle nicht ausgeschlossen wird, wenn sie Abhilfemaßnahmen in einem Ausmaß getroffen hat, das ausreicht, ihre Zuverlässigkeit unter Beweis zu stellen, der betreffenden Person oder Stelle die Beweislast dafür auf, dass die getroffenen Abhilfemaßnahmen geeignet sind, ihren Ausschluss zu verhindern (vgl. auch Art. 106 Abs. 10 der alten Haushaltsordnung und Art. 137 Abs. 1 der Haushaltsordnung). Daraus folgt, dass, soll der durch diese Bestimmungen auferlegten Beweislast nicht die Wirksamkeit genommen werden, nicht zugelassen werden kann, dass der betreffende Wirtschaftsteilnehmer vor dem Gericht Beweise, die im Lauf des Ausschlussverfahrens nicht übermittelt wurden, vorlegt, um die Nichtigerklärung der Entscheidung über seinen Ausschluss zu erwirken, wenn dieser Wirtschaftsteilnehmer keine Beweise vorgelegt hat, die als ausreichend angesehen werden, seine Zuverlässigkeit unter Beweis zu stellen. Erst recht kann das Gericht im Rahmen des vorliegenden Verfahrens nicht über Abhilfemaßnahmen entscheiden, die der EU‑OSHA nicht vorgelegt wurden.
66 Dies gilt umso mehr, als Art. 136 Abs. 8 der Haushaltsordnung den Fall von Abhilfemaßnahmen und Sachverhalten regelt, die nach der Ausschlussentscheidung vorgebracht werden, und vorsieht, dass der zuständige Anweisungsbefugte diese Entscheidung in einem solchen Fall unverzüglich revidiert. Es würde der geordneten Rechtspflege und dem institutionellen Gleichgewicht zuwiderlaufen, wenn das Gericht über neue Abhilfemaßnahmen oder Beweise entscheiden würde, die gegebenenfalls gleichzeitig dem Anweisungsbefugten vorgelegt werden und diesen dazu veranlassen könnten, die angefochtene Entscheidung im Lauf des Verfahrens zu revidieren (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Mai 2020, Agmin Italy/Kommission, T‑290/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:196, Rn. 46 und 47). Diese Gefahr besteht im Übrigen im vorliegenden Fall, da die Klägerin am 21. November 2023 während des vorliegenden Verfahrens bei der EU‑OSHA einen Antrag auf Revision gemäß Art. 136 Abs. 8 der Haushaltsordnung gestellt hat, dem sie Nachweise beigefügt hat, die der Klage und der Erwiderung beigefügt waren, ohne dass sie der EU‑OSHA zuvor vorgelegt worden waren.
67 Etwas anderes würde gelten, wenn die EU‑OSHA der Klägerin während des Verfahrens vor ihr nicht gestattet hätte, alle Nachweise vorzulegen, auf die sie sich berufen wollte, um nachzuweisen, dass die ergriffenen Abhilfemaßnahmen ihre Zuverlässigkeit unter Beweis stellten (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 7. Juni 2023, TC/Parlament, T‑309/21, mit Rechtsmittel angefochten, EU:T:2023:315, Rn. 131 und die dort angeführte Rechtsprechung). Das ist hier aber nicht der Fall.
68 Die Behauptung der Klägerin, die EU‑OSHA habe ihr keine Gelegenheit gegeben, die Informationen über die von ihr ergriffenen Abhilfemaßnahmen zu berichtigen oder zu ergänzen, ist nämlich unbegründet. Wie aus den Akten hervorgeht, forderte die EU‑OSHA die Klägerin mit Schreiben vom 29. Juli 2021 (siehe oben, Rn. 5) auf, ihr mitzuteilen, ob Abhilfemaßnahmen ergriffen worden seien, und bat sie, nach der Mitteilung dieser Maßnahmen, unter Bekanntgabe der vorläufigen Bewertung des Gremiums vom 13. Juli 2022 (siehe oben, Rn. 9), die einschlägigen Unterlagen zu übermitteln, damit das Gremium „den Inhalt dieser Maßnahmen auf der Grundlage der Dauer ihrer Anwendung und des Nachweises der Art und Weise, in der sie umgesetzt werden“, beurteilen könne. Außerdem stellte das Gremium in seiner Bewertung klar, dass die Klägerin es auch über alle anderen Abhilfemaßnahmen, die nach dem 24. August 2021 ergriffen worden seien, unterrichten und nachweisen könne, in welcher Art und Weise und in welchem Umfang sie umgesetzt worden seien und ausreichten, um ihre Zuverlässigkeit unter Beweis zu stellen.
69 Daraus folgt, dass für die Prüfung des Vorbringens der Klägerin, mit dem sie die Beurteilung der Abhilfemaßnahmen durch die EU‑OSHA beanstandet, nur die der EU‑OSHA vor Erlass der angefochtenen Entscheidung übermittelten Beweise berücksichtigt werden können.
Zu den ergriffenen Abhilfemaßnahmen
70 Gemäß Art. 106 Abs. 8, Buchst. a der alten Haushaltsordnung und später Art. 136 Abs. 7, Buchst. a der Haushaltsordnung, die in diesem Punkt identisch sind, umfassen Abhilfemaßnahmen insbesondere „Maßnahmen zur Aufdeckung der Ursachen der Umstände, die zum Ausschluss geführt haben, sowie konkrete technische, organisatorische und personelle Maßnahmen …, damit ein solches Verhalten berichtigt wird und in Zukunft nicht mehr vorkommt“.
71 Wie sich dem Wortlaut dieser Bestimmungen entnehmen lässt, die insbesondere „konkrete … Maßnahmen …, damit ein solches Verhalten berichtigt wird“, verlangen, darf sich die betroffene Person oder Stelle nicht darauf beschränken, den Erlass neuer interner Regelungen oder die Errichtung neuer Stellen nachzuweisen, sondern muss deren Umsetzung und Wirksamkeit nachweisen, denn nur so kann ein tatsächlich eingetretenes Verhalten, das einen Ausschluss rechtfertigt, „berichtigt“ werden. Der EU‑OSHA kann daher nicht vorgeworfen werden, dass sie der Klägerin durch die Forderung solcher Nachweise ein unangemessenes und unverhältnismäßiges Beweismaß auferlegt hätte, zumal sich der in Rede stehende Ausschlussgrund, worauf hinzuweisen ist, auf eine wesentliche Komponente der Beziehung zwischen dem Zuschlagsempfänger und dem öffentlichen Auftraggeber stützt, nämlich die Zuverlässigkeit des Zuschlagsempfängers, auf der das Vertrauen beruht, das der öffentliche Auftraggeber in ihn setzt (vgl. Urteil vom 21. Dezember 2023, Infraestruturas de Portugal und Futrifer Indústrias Ferroviárias, C‑66/22, EU:C:2023:1016, Rn. 76 und die dort angeführte Rechtsprechung).
72 Im vorliegenden Fall hat die Klägerin Nachweise dafür vorgelegt, die folgenden Abhilfemaßnahmen ergriffen zu haben:
– eine interne Untersuchung;
– das Ausscheiden der an dem betreffenden Verhalten beteiligten Personen;
– ein Compliance‑Programm;
– die Überwachung und Aktualisierung des Compliance‑Programms;
– die Verbesserung des Meldekanals;
– das Vorhandensein von Ausschüssen für Risikomanagement und ‑prävention;
– die Einführung von Ethikrichtlinien und –verfahren;
– die Schulung der Angestellten.
73 Vorab ist darauf hinzuweisen, dass alle diese Maßnahmen, von denen einige vor der Entscheidung der CNMC ergriffen wurden, von der EU‑OSHA geprüft wurden, im Übrigen ohne die Erwägungen der CNMC zu erwähnen, die einige dieser Maßnahmen bereits berücksichtigt hatte. Daraus lässt sich ableiten, dass die EU‑OSHA entgegen der Behauptung der Klägerin eine eigenständige Beurteilung vorgenommen und nicht lediglich die Erwägungen der CNMC wiederholt hat. Diese eigenständige Beurteilung, die durch den eigenen Beurteilungsspielraum der Unionsbehörde gegenüber den nationalen Behörden gerechtfertigt ist (siehe oben, Rn. 26 bis 28), impliziert daher entgegen dem Vorbringen der EU‑OSHA, dass die bereits von der CNMC geprüften Abhilfemaßnahmen nicht von der Prüfung ausgenommen sind.
– Zur internen Untersuchung
74 Den Erwägungsgründen 57 bis 61 der angefochtenen Entscheidung zufolge vertritt die EU‑OSHA die Auffassung, dass der von der Klägerin übermittelte Aktionsplan zum Nachweis der Einleitung einer internen Untersuchung keine Angaben darüber enthalte, wann die Untersuchung stattgefunden habe, welches Verfahren angewandt worden sei, welchen Umfang die Untersuchung gehabt habe, welche Mittel auf die Untersuchung verwendet worden seien oder welche Person sie durchgeführt habe und welchen Autoritätsgrad diese gehabt habe. Ebenso wenig habe die Klägerin über die Ergebnisse der Untersuchung und insbesondere die aufgrund der Untersuchung ergriffenen Maßnahmen, den gewährleisteten Grad der Verantwortlichkeit, die gezogenen Konsequenzen und schließlich die Mitteilung der Ergebnisse an die Angestellten und die Unternehmensführung informiert. Infolgedessen kommt die EU‑OSHA zu dem Ergebnis, dass die Durchführung einer internen Untersuchung zwar ein geeignetes Mittel sein könne, um die Ursache des betreffenden Verhaltens zu ermitteln, im vorliegenden Fall jedoch aufgrund des Mangels an Informationen zu den oben genannten Aspekten nicht als vollwertige Abhilfemaßnahme angesehen werden könne.
75 Die Klägerin weist darauf hin, dass der Aktionsplan, den sie dem Gremium vorgelegt habe, lediglich eine Darstellung der für die Durchführung der internen Untersuchung wesentlichen Informationen gewesen sei, dass diese Untersuchung mindestens drei Monate gedauert habe, dass sie es ermöglicht habe, Informationen über die Vorgänge und Personen zu erlangen, die von dem untersuchten Verhalten betroffen gewesen seien, und dass sich daran konkrete Aktionspläne zur Berichtigung des betreffenden Verhaltens und Disziplinarmaßnahmen gegen die als verantwortlich ermittelten Personen angeschlossen hätten.
76 Es ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 106 Abs. 8 Buchst. a der alten Haushaltsordnung und später nach Art. 136 Abs. 7 Buchst. a der Haushaltsordnung auf Abhilfemaßnahmen, die einen Ausschluss verhindern können, wenn sie die Aufdeckung der Ursachen des Umstandes, der zum Ausschluss geführt hat, zum Gegenstand haben, konkrete Maßnahmen folgen müssen, damit dieser Umstand berichtigt oder sein erneutes Auftreten verhindert wird.
77 Daraus folgt, dass eine Maßnahme, die sich darauf beschränkt, das Problem, das zum Ausschluss geführt hat, zu ermitteln, wie etwa eine interne Untersuchung, für sich genommen nicht als ausreichende Abhilfemaßnahme angesehen werden kann.
78 Daraus folgt auch, dass selbst unter der Annahme, dass die interne Untersuchung, wie die Klägerin geltend macht, mindestens drei Monate dauerte, die anderen ergriffenen Abhilfemaßnahmen zu prüfen sind, um festzustellen, ob die EU‑OSHA zu dem Ergebnis hätte gelangen müssen, dass sie, in einer Gesamtbetrachtung unter Einbeziehung dieser Untersuchung, die Zuverlässigkeit der Klägerin belegen.
– Zum Ausscheiden der an dem betreffenden Verhalten beteiligten Personen
79 Die EU‑OSHA vertrat in den Erwägungsgründen 62 und 63 der angefochtenen Entscheidung die Auffassung, dass die Entlassung oder der Rücktritt von an dem betreffenden Verhalten beteiligten Personen eine positive Maßnahme darstelle, wenn sie das unmittelbare Ergebnis eines Disziplinarverfahrens im Zusammenhang mit diesem Verhalten sei, was im vorliegenden Fall nicht nachgewiesen worden sei.
80 Die Klägerin betont, dass das Ausscheiden von zwei an dem betreffenden Verhalten beteiligten Personen in der Entscheidung der CNMC erwähnt worden sei, und macht geltend, die EU‑OSHA habe einen schwerwiegenden Beurteilungsfehler begangen, indem sie diese Maßnahme für unzureichend befunden habe, weil sie nicht das Ergebnis eines Disziplinarverfahrens gewesen sei, wo sich doch die abschreckende Wirkung dieser Maßnahme aus ihrer Mitteilung an die Angestellten ergebe. Jedenfalls hat die Klägerin als Anlage zu ihrer Klageschrift zusätzliche Unterlagen übermittelt, die das Ausscheiden der für das betreffende Verhalten verantwortlichen Partnerin belegen sollen.
81 Es ist festzustellen, dass aus den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen kein Zusammenhang zwischen dem Ausscheiden der betroffenen Personen und dem betreffenden Verhalten hergeleitet werden kann. Zwar schied aufgrund der Entscheidung der CNMC, auf die sich die Klägerin in erster Linie berufen hat, mindestens ein Mitarbeiter der Klägerin am 31. Dezember 2018 aus. Diese Entscheidung enthält jedoch keine Angaben zu den Gründen und der Art des Ausscheidens, des Rücktritts oder der Entlassung, so dass kein Zusammenhang mit dem betreffenden Verhalten hergestellt werden kann. Außerdem ist ein Zusammenhang mit dem betreffenden Verhalten umso weniger plausibel, als zwischen der Einleitung der internen Untersuchung und dem Ausscheiden fast zwei Jahre verstrichen sind.
82 Nur ein solcher Zusammenhang kann jedoch die von der Klägerin geltend gemachte abschreckende Wirkung haben, die geeignet ist, die Wiederholung des betreffenden Verhaltens zu verhindern.
83 Die EU‑OSHA war daher ohne offensichtlichen Beurteilungsfehler der Ansicht, dass das Ausscheiden der an dem betreffenden Verhalten beteiligten Personen im vorliegenden Fall keine ausreichende Abhilfemaßnahme dargestellt habe.
– Zum Compliance ‑Programm
84 Den Erwägungsgründen 64 bis 71 der angefochtenen Entscheidung zufolge soll nicht nachgewiesen worden sein, dass das im Anschluss an die interne Untersuchung aufgestellte Compliance‑Programm, bestehend aus einem spezifischen Compliance‑Plan für Verhandlungsverfahren ohne Bekanntmachung (Mai 2017) und einem neuen Aktionsplan zur Stärkung der Compliance im öffentlichen Sektor (November 2017), wirksam umgesetzt wurde. Darüber hinaus bezweifelt die EU‑OSHA die Wirksamkeit der Kontrollen des „Partners für besondere Kontrolle“, der mit dem Plan von Mai 2017 eingesetzt wurde.
85 Die Klägerin weist zum einen darauf hin, dass der spezifische Compliance‑Plan für Verhandlungsverfahren ohne Bekanntmachung von Mai 2017 und der neue Aktionsplan zur Stärkung der Compliance im öffentlichen Sektor von November 2017 verbindlich geworden worden seien, und zum anderen darauf, dass ein „Partner für besondere Kontrolle“ monatlich Beratungsprojekte im öffentlichen Sektor überprüfe, was durch drei der EU‑OSHA übermittelten Prüfvermerke dieses Partners sowie durch sämtliche der Klage beigefügten Prüfvermerke von 2018 belegt werde. Darüber hinaus habe sie eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, um eine Wiederholung des betreffenden Verhaltens zu verhindern, wie aus den der Klageschrift als Anlagen beigefügten Unterlagen hervorgehe.
86 Zunächst ist festzustellen, dass es sich bei den von der Klägerin zum Nachweis ihres Aktionsplans von November 2017 vorgelegten Unterlagen um ein mit diesem Datum versehenes „internes Dokument“, in dem verschiedene Maßnahmen im Einzelnen aufgeführt sind und das keinen Hinweis auf seinen Verfasser oder gar die Bezeichnung der Klägerin enthält, sowie um eine schematische Darstellung handelt, in der diese Maßnahmen wiedergegeben sind und die das gleiche Datum und die Bezeichnung der Klägerin trägt. Diese Dokumente, die beide auf den Zeitpunkt der Annahme des Plans datiert sind, sind nicht geeignet, die Zweifel der EU‑OSHA an der tatsächlichen Umsetzung des Plans von November 2017 als nicht plausibel erscheinen zu lassen, zumal die Klägerin, um diese Zweifel auszuräumen, Dokumente hätte vorlegen können, die die Umsetzung der in diesem Plan vorgesehenen und in diesen beiden Dokumenten näher beschriebenen weiteren Schritte belegen, insbesondere durch die Übermittlung des „Berichts, der die Schlussfolgerungen, die angewandte Methodik und die Beschreibung der vorgenommenen Bewertung enthält“, dessen Vorlage in dem Plan vorgesehen war.
87 Zweitens ist in Bezug auf den Compliance‑Plan von Mai 2017 festzustellen, dass dieser ebenfalls in Form eines „internen Dokuments“ vorgelegt wird, ohne Hinweis auf seinen Verfasser und ohne Angabe der Bezeichnung der Klägerin. Die einzigen Dokumente, die die Durchführung des Plans belegen, beziehen sich auf eine der im Plan vorgesehenen Maßnahmen, nämlich die monatliche Kontrolle durch den „Partner für besondere Kontrolle“. Die übermittelten monatlichen Kontrollberichte, einschließlich der im vorliegenden Verfahren vorgelegten, beziehen sich jedoch nur auf das Jahr 2018, obwohl der Plan kein Datum für den Abschluss dieser Kontrolle vorsah, was nicht geeignet ist, die Zweifel der EU‑OSHA an der Fortsetzung dieser Kontrolle über das Jahr 2018 hinaus und bis zum Erlass der angefochtenen Entscheidung als nicht plausibel erscheinen zu lassen.
88 Daraus folgt, dass die EU‑OSHA, ohne einen offensichtlichen Beurteilungsfehler zu begehen, zu der Auffassung gelangen konnte, dass die beiden Pläne, die im Rahmen des im Anschluss an die interne Untersuchung angenommenen Compliance‑Programms erstellt wurden, keine ausreichenden Abhilfemaßnahmen darstellten.
– Zur Überwachung und Aktualisierung des Compliance ‑Programms
89 Die EU‑OSHA vertrat in den Erwägungsgründen 78 und 79 der angefochtenen Entscheidung die Auffassung, dass die Klägerin keine wesentlichen Nachweise für die tatsächliche Überwachung der im Rahmen des Compliance‑Programms getroffenen Maßnahmen vorgelegt habe.
90 Die Klägerin ist der Ansicht, dass das Beispiel der Aktualisierung der im Rahmen des Compliance‑Programms ergriffenen Maßnahmen vom 29. April 2019, das der EU‑OSHA mitgeteilt worden sei und das die Überwachung dieses Programms belege, ein ausreichendes Beweismittel sei, und legt im vorliegenden Verfahren, für den Fall, dass das Gericht es für erforderlich hält, zwei E‑Mails des Risikobeauftragten an die betroffenen Angestellten vor, mit denen diese über die Aktualisierung insbesondere der Vertragsmuster für die häufigsten Geschäftsbeziehungen informiert werden.
91 Insoweit genügt die Feststellung, dass die Klägerin der EU‑OSHA lediglich eine E‑Mail vom 29. April 2019 übermittelt hat, in der eine Ergänzung der „Unternehmensrichtlinie für Geschenke und ähnliche Aufwendungen“ angekündigt wurde, ohne der E‑Mail den Anhang mit dem aktualisierten Dokument beizufügen. In Ermangelung anderer Dokumente, die berücksichtigt werden könnten, da sie der EU‑OSHA nicht vorgelegt wurden, kann diese E‑Mail allein nicht die Feststellung in Frage stellen, dass keine ausreichenden Beweismittel für die Überwachung und Aktualisierung des Compliance‑Programms der Klägerin vorliegen, da sie sich nur auf einen Aspekt dieses Programms bezieht und zudem auf einen Aspekt, der nicht unmittelbar von dem in Rede stehenden Verhalten betroffen ist, so dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass sie die Zuwiderhandlung, die zum Ausschluss der Klägerin geführt hat, „berichtigt“.
92 Die EU‑OSHA hat daher keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, als sie die Auffassung vertrat, dass die Aktualisierung und Überwachung des Compliance‑Programms nicht hinreichend belegt seien, um die Abhilfemaßnahmen betreffend die Zuwiderhandlung, die zum Ausschluss geführt habe, festzustellen.
– Zu den Meldungen
93 In den Erwägungsgründen 72 bis 74 der angefochtenen Entscheidung begrüßt die EU‑OSHA die Verbesserung des internen Meldekanals und betont, dass das Vorhandensein eines vertraulichen Meldemechanismus und eines wirksamen und zuverlässigen Verfahrens zur Untersuchung von Vorwürfen von Fehlverhalten grundsätzlich eine der wirksamsten Abhilfemaßnahmen sei. Gleichwohl stellt sie fest, dass die von der Klägerin vorgelegten Nachweise für die Umsetzung und Wirksamkeit der Verbesserung ihres Meldekanals unzureichend seien.
94 Die Klägerin weist darauf hin, dass sie ihren Meldekanal, um ihn zu verbessern, an ein Drittunternehmen ausgelagert habe, was durch die der EU‑OSHA vorgelegten Unterlagen belegt werde, aus denen das Verfahren zur Bearbeitung von Meldungen, die jährliche Bewertung der Anwendung dieses Verfahrens und dessen unternehmensinterne Förderung hervorgingen, wozu die Daten hinzukämen, die in ihrem auf ihrer Internetseite verfügbaren Wirkungsbericht von 2021 enthalten seien.
95 Aus den von der Klägerin vorgelegten Nachweisen lässt sich ableiten, dass im Juli 2018 tatsächlich ein neues Meldeverfahren innerhalb des Unternehmens angenommen und durchgeführt wurde.
96 Andererseits lässt sich anhand der E‑Mail, die am 22. Mai 2019 an die Angestellten der Klägerin versandt wurde und in der sie aufgefordert wurden, einen Fragebogen im Rahmen der jährlichen Erhebung zu Ethikfragen zu beantworten, in Ermangelung des beigefügten Fragebogens eine jährliche Überwachung der Umsetzung des neuen Verfahrens nicht nachweisen. Die in der Klageschrift angeführten Angaben zu den eingegangenen Meldungen und den daraufhin ergriffenen Maßnahmen für das Jahr 2021 sind, abgesehen von einem Verweis auf die Internetseite der Klägerin, in keiner Weise belegt. Auch wenn eine solche Verweisung grundsätzlich zulässig ist (siehe Beschluss vom 13. Dezember 2023, Hamoudi/Frontex, T‑136/22, nicht veröffentlicht, mit Rechtsmittel angefochten, EU:T:2023:821, Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung), können die Informationen auf der Internetseite der Klägerin im vorliegenden Fall nicht berücksichtigt werden, da sie der EU‑OSHA weder inhaltlich noch durch Verweis auf die Internetseite mitgeteilt wurden, obwohl die Beweislast bei der Klägerin liegt. In jedem Fall ist festzustellen, dass der auf der Internetseite der Klägerin verfügbare Wirkungsbericht von 2021 lediglich die Zahl der im Jahr 2021 eingegangenen Meldungen (18) und den Umstand erwähnt, dass diese insbesondere die „Integrität“ zum Gegenstand hatten und dass sie zum Zeitpunkt des Berichts sämtlich abgearbeitet waren, ohne weitere Einzelheiten zu nennen, was weder den Nachweis des geltend gemachten erheblichen Anstiegs der Zahl der Meldungen ermöglicht noch konkrete Angaben dazu liefert, welche Maßnahmen auf diese Meldungen hin ergriffen wurden.
97 Daraus folgt, dass die Klägerin keine Nachweise vorgebracht hat, die die von der EU‑OSHA getroffene Feststellung nicht ausreichender Nachweise für die Umsetzung und Wirksamkeit des neuen Meldeverfahrens als nicht plausibel erscheinen ließen.
– Zu den Ausschüssen für Risikomanagement und ‑prävention
98 Den Erwägungsgründen 75 bis 77 der angefochtenen Entscheidung zufolge sollen das behauptete Vorhandensein eines Risikomanagementausschusses und eines Risikopräventionsausschusses ebenso wie die Erfahrung und das Dienstalter der Mitglieder dieser Ausschüsse oder die von diesen durchgeführten Tätigkeiten in keiner Weise belegt sein.
99 Die Klägerin betont, dass das Richtlinienhandbuch der Gruppe das Vorhandensein eines Risikobeauftragten mit einem bestimmten Dienstalter und einer bestimmten Erfahrung vorsehe, der gegenüber der Unternehmensführung rechenschaftspflichtig sei.
100 Insoweit genügt die Feststellung, dass das von der Klägerin übermittelte Dokument in Anbetracht seines Inhalts, d. h. der Leitlinien, in denen im Übrigen die Ausschüsse für Risikomanagement und ‑prävention nicht erwähnt werden, und des Datums seiner Annahme im Jahr 2016, d. h. während des Zeitraums der Zuwiderhandlung, nicht belegt, dass diese Ausschüsse zusammen mit anderen Maßnahmen einen Korrekturmechanismus darstellen würden, der geeignet wäre, die Zuverlässigkeit der Klägerin unter Beweis zu stellen.
101 Folglich kann kein offensichtlicher Beurteilungsfehler in Bezug auf die Beurteilung der Wirksamkeit der Ausschüsse für Risikomanagement und ‑prävention der Klägerin durch die EU‑OSHA festgestellt werden.
– Zu den Ethikverfahren und ‑richtlinien
102 In den Erwägungsgründen 80 bis 87 der angefochtenen Entscheidung vertritt die EU‑OSHA die Auffassung, dass die von der Klägerin vorgelegten Nachweise nicht geeignet seien, die tatsächliche Umsetzung des Ethikkodex im Unternehmen, die Autonomie des Ethikausschusses oder die von diesem Ausschuss tatsächlich behandelten Fragen oder ergriffenen Maßnahmen in Bezug auf das Personal zu belegen. Was die anderen von der Klägerin beschlossenen Richtlinien angeht, so liegen nach Ansicht der EU‑OSHA keine Anhaltspunkte dafür vor, dass sie im Unternehmen befolgt und angewendet werden.
103 Die Klägerin betont, dass der Ethikkodex durch den Generaldirektor der Gruppe öffentlich bestätigt worden und auf der Internetseite der Gruppe verfügbar sei. Außerdem hat sie dem Gericht die aktuelle Fassung des Ethikkodex und eine Reihe von im Jahr 2019 an das Personal gerichteten Mitteilungen, in denen auf die Bedeutung der Einhaltung des Kodex hingewiesen wird, übermittelt. Die Klägerin verweist ferner auf die Aufgaben des Ethikausschusses und die Durchführung der letzten Erhebung im Jahr 2019, die es ihrer Ansicht nach ermöglichen, zu erkennen, mit welchen Fragen sich dieser Ausschuss befasst und welche Maßnahmen von ihm getroffenen werden. Zu den anderen ergriffenen Maßnahmen, nämlich dem Richtlinienhandbuch der Gruppe, dem Compliance- und Antikorruptionshandbuch sowie den Compliance‑Richtlinien und dem wettbewerbsrechtlichen Compliance‑Leitfaden, macht die Klägerin geltend, dass diese Dokumente an sein Personal übermittelt worden seien, um die insoweit vorgelegten Beweise zu ergänzen, und macht insbesondere in Bezug auf das Richtlinienhandbuch der Gruppe einen Begründungsmangel geltend, da in der angefochtenen Entscheidung nicht erläutert werde, weshalb diese Maßnahme nicht ausreichend sei.
104 In Bezug auf den Ethikkodex ist festzustellen, dass die von der Klägerin vorgelegten Informationen, die dessen Vorhandensein belegen, es nicht ermöglichen, die Feststellung der EU‑OSHA, dass es keine Beweise für die tatsächliche Umsetzung dieses Kodex gebe, als nicht plausibel erscheinen zu lassen, auch wenn solche Beweise, insbesondere auf der Grundlage der Maßnahmen des durch den Ethikkodex eingerichteten Ethikausschusses, hätten vorgelegt werden können.
105 Was insbesondere den Ethikausschuss betrifft, so lassen sich anhand der von der Klägerin übermittelten Informationen, die vor allem die für diesen Ausschuss geltenden Regeln betreffen, dessen spezifische Maßnahmen, insbesondere zur Sicherstellung der vollständigen Anwendung des Ethikkodex, nicht feststellen. Zwar hat die Klägerin eine E‑Mail vorgelegt, die bestätigt, dass der Ethikausschuss eine an das gesamte Personal gerichtete Erhebung zu Ethikfragen durchführte, um die Kenntnis des Kodex zu ermitteln und mögliche Verbesserungen auszumachen. Abgesehen davon, dass die Klägerin den dieser E‑Mail beigefügten Fragebogen nicht übermittelt hat (siehe oben, Rn. 96), sind jedoch keine Informationen zu den Ergebnissen dieser Erhebung oder ihren Folgen mitgeteilt worden.
106 Was schließlich die von der Klägerin eingeführten Handbücher, Leitfäden und Richtlinien zur Ethikförderung betrifft, so kann der Nachweis für deren Vorhandensein – sofern er tatsächlich erbracht worden ist – oder gar für deren Verbreitung, die Feststellung der EU‑OSHA, dass es keine Nachweise für deren tatsächliche Umsetzung gebe, nicht in Frage stellen. Außerdem fördert die Vielzahl der verbreiteten Dokumente nicht zwangsläufig deren tatsächliche Umsetzung. Was konkret das Richtlinienhandbuch der Gruppe betrifft, hinsichtlich dessen die Klägerin einen Begründungsmangel in der angefochtenen Entscheidung geltend macht, so ist darauf hinzuweisen, dass die EU‑OSHA es berücksichtigte und sich dazu zusammen mit anderen Unternehmensrichtlinien in den Erwägungsgründen 81 bis 83 der angefochtenen Entscheidung äußerte, wobei sie die Auffassung vertrat, dass seine bloße Vorlage ohne weitere Nachweise für seine Umsetzung unzureichend gewesen sei.
107 Daher hat die EU‑OSHA keinen offensichtlichen Fehler bei der Beurteilung der Umsetzung der Ethikverfahren und ‑richtlinien bei der Klägerin begangen.
– Zur Schulung der Angestellten
108 Den Erwägungsgründen 88 bis 90 der angefochtenen Entscheidung zufolge ermöglichten es die von der Klägerin übermittelten Informationen nicht, die wahrscheinlichen Gesamtauswirkungen ihres Schulungsangebots auf das Verhalten ihrer Angestellten zu bewerten, da keine Nachweise für die Teilnahmequote für die Schulungen und deren Auswirkungen auf die tatsächlichen Kenntnisse der Angestellten vorlägen.
109 Die Klägerin macht geltend, dass sowohl das vor der Untersuchung der CNMC bestehende Schulungsprogramm als auch das eigens infolge der Untersuchung der CNMC geschaffene Programm eindeutig ihre Bereitschaft zur Einhaltung der Vorschriften belegten, wobei sie das Vorhandensein einer Abteilung für interne Schulungen und die verpflichtende Teilnahme an diesen Schulungen, die durch mehrere dem Gericht vorgelegte Dokumente belegt werde, hervorhebt.
110 Es ist unstreitig, dass einige der betreffenden Schulungen speziell darauf ausgerichtet waren, die Wiederholung des in Rede stehenden Verhaltens zu verhindern, was im Übrigen durch die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen belegt wird, die den Inhalt dieser Schulungen darlegen oder wiedergeben.
111 Aus diesen Unterlagen geht jedoch weder hervor, wer die Begünstigten der betreffenden Schulungen waren, noch bescheinigen sie deren Wirksamkeit. Ihr angeblich verpflichtender Charakter trägt sicherlich zu einer größeren Verbreitung des betreffenden Schulungsinhalts bei, erlaubt aber für sich genommen weder Rückschlüsse auf die genaue Teilnahmequote und vor allem nicht auf die Kategorien der Begünstigten, für die sie bestimmt waren, obwohl es für ihre Wirksamkeit entscheidend ist, sich an bestimmte Kategorien zu wenden, noch auf die Verinnerlichung des vermittelten Schulungsinhalts, die durch den Nachweis von am Ende der Fortbildungsmaßnahmen durchgeführten Tests und der Ergebnisse dieser Tests hätte belegt werden können.
112 Folglich hat die EU‑OSHA keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, indem sie festgestellt hat, dass die von der Klägerin angebotenen Schulungen keine ausreichende Abhilfemaßnahme darstellten.
113 Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass die EU‑OSHA bei der Beurteilung der von der Klägerin ergriffenen Abhilfemaßnahmen, unabhängig davon, ob sie einzeln, in ihrer Gesamtheit oder in chronologischer Reihenfolge betrachtet werden, keinen offensichtlichen Fehler begangen hat, da die Nachweise für ihre Umsetzung und Wirksamkeit unzureichend sind, was auf alle Maßnahmen zutrifft.
114 Diese Schlussfolgerung wird nicht durch das von der Klägerin in ihrer Erwiderung vorgebrachte Argument entkräftet, dass gegen sie seit der Entscheidung der CNMC, die sich auf Tatsachen aus dem Jahr 2017 beziehe, keine Sanktion mehr verhängt worden sei, was nach Ansicht der Klägerin ihre Zuverlässigkeit seit diesem Zeitpunkt unter Beweis stellt. Die Nichtverhängung von Sanktionen durch eine Wettbewerbsbehörde bedeutet nämlich nicht, dass keine Zuwiderhandlungen begangen wurden, und erst recht nicht, dass die ergriffenen Abhilfemaßnahmen wirksam sind.
115 Der zweite Klagegrund ist daher zurückzuweisen.
Zum d ritten Klagegrund: Unverhältnismäßigkeit der Ausschluss entscheidung
116 Die Klägerin rügt einen Verstoß gegen Art. 106 Abs. 3 und Abs. 7 Buchst. a und d der alten Haushaltsordnung sowie gegen Art. 136 Abs. 3 Buchst. a der Haushaltsordnung in Verbindung mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und macht geltend, dass die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der nach diesen Bestimmungen verhängten Sanktion mit offensichtlichen Beurteilungsfehlern behaftet sei.
117 Was den erschwerenden Umstand der Schwere der Umstände und der Auswirkungen des Verhaltens betrifft, so liegen nach Ansicht der Klägerin im vorliegenden Fall keine schweren Umstände vor, und die angeblich großen Auswirkungen des Verhaltens könnten nicht berücksichtigt werden. Die Klägerin betont in diesem Zusammenhang das Fehlen eines unmittelbaren Schadens für die finanziellen Interessen der Union, das Nichtvorliegen von Korruption oder Betrug, die begrenzte räumliche Tragweite des betreffenden Verhaltens, die Beteiligung einer einzigen Partnerin der Klägerin, die seit den Ereignissen verstrichene Zeit und das Fehlen eines erschwerenden Umstands in Bezug auf die Auswirkungen des Verhaltens auf den Wettbewerb in der Haushaltsordnung, die nur die Auswirkungen auf den Haushalt berücksichtige. Nach Ansicht der Klägerin kann ihre Zulassung zur Teilnahme an Ausschreibungsverfahren der Organe und Einrichtungen der Union den Haushalt der Union nicht beeinträchtigen, da das in Rede stehende Verhalten in einem Sektor stattgefunden habe, der nicht durch die unionsrechtlichen Vorschriften über die Vergabe öffentlicher Aufträge geregelt sei.
118 Zu ihrer angeblichen Rolle als Anstifterin des betreffenden Verhaltens trägt die Klägerin vor, die EU‑OSHA habe einen schweren Beurteilungsfehler begangen, indem sie davon ausgegangen sei, dass die CNMC sie als treibende Kraft der Zuwiderhandlung angesehen habe, und dass dieser Umstand jedenfalls in der Haushaltsordnung nicht vorgesehen sei, da diese nur auf Vorsatz oder den Grad der Fahrlässigkeit Bezug nehme, die im vorliegenden Fall nicht nachgewiesen worden seien.
119 In ihrer Replik rügt die Klägerin, dass die EU‑OSHA in ihrer Klagebeantwortung neue erschwerende Umstände hinzugefügt habe, die in der angefochtenen Entscheidung nicht enthalten gewesen seien, und leitet daraus ab, dass das entsprechende Vorbringen unzulässig sei.
120 Schließlich macht die Klägerin erneut geltend, dass die Ausschlusssanktion in Anbetracht der von ihr ergriffenen Abhilfemaßnahmen, die eine Wiederholung des betreffenden Verhaltens unwahrscheinlich machten, unverhältnismäßig sei.
121 Gemäß Art. 106 Abs. 3 der alten Haushaltsordnung und Art. 136 Abs. 3 Buchst. a der Haushaltsordnung müssen die Entscheidungen des Anweisungsbefugten im Einklang mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergehen und u. a. folgende Aspekte berücksichtigen: die Schwere der Umstände – einschließlich ihrer Auswirkungen auf die finanziellen Interessen und den Ruf der Union –, die seit dem Verhalten verstrichene Zeit, die Dauer des Verhaltens und Wiederholungsfälle, ob das Verhalten vorsätzlich war oder den Grad der Fahrlässigkeit sowie andere mildernde Umstände, wie etwa das Ausmaß der Zusammenarbeit der Person oder Stelle mit der jeweils zuständigen Behörde und der Beitrag dieser Person oder Stelle zu der Untersuchung. Außerdem sehen Art. 106 Abs. 7 Buchst. c der alten Haushaltsordnung und später Art. 136 Abs. 6 Buchst. c der Haushaltsordnung vor, dass eine Person oder Stelle nicht ausgeschlossen wird, wenn ein solcher Ausschluss unverhältnismäßig wäre. Darüber hinaus darf die Dauer des Ausschlusses gemäß Art. 106 Abs. 14 Buchst. c der alten Haushaltsordnung und später Art. 139 Abs. 1 Buchst. b Ziff. ii der Haushaltsordnung drei Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausschluss wie im vorliegenden Fall auf Art. 106 Abs. 1 Buchst. c der alten Haushaltsordnung bzw. Art. 136 Abs. 1 Buchst. c der Haushaltsordnung beruht und weder eine rechtskräftige Gerichts- noch eine bestandskräftige Verwaltungsentscheidung vorliegt.
122 Im Übrigen dürfen nach ständiger Rechtsprechung im Bereich des Sanktionsrechts die Handlungen der Organe nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht über das hinausgehen, was für die Erreichung des angestrebten Ziels geeignet und erforderlich ist. Die Schwere der Zuwiderhandlungen ist anhand von zahlreichen Gesichtspunkten zu ermitteln, von denen keinem gegenüber den anderen Beurteilungsgesichtspunkten unverhältnismäßiges Gewicht beizumessen ist. Aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folgt in diesem Zusammenhang, dass die Sanktion verhältnismäßig nach den Faktoren festgesetzt werden muss, die für die Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung berücksichtigt worden sind, und dass diese Faktoren schlüssig und objektiv gerechtfertigt bewertet werden müssen (Urteil vom 9. Februar 2022, Companhia de Seguros Índico/Kommission, T‑672/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2022:64, Rn. 80; vgl. auch in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 17. Mai 2011, Arkema France/Kommission, T‑343/08, EU:T:2011:218, Rn. 63 und die dort angeführte Rechtsprechung).
123 Bei der Beurteilung der Verhältnismäßigkeit eines möglichen Ausschlusses war die EU‑OSHA der Auffassung, dass sie die Beurteilung der CNMC betreffend die Beteiligung der Klägerin an einem Kartell berücksichtigen müsse, die einen schweren Verstoß gegen nationales Wettbewerbsrecht und Wettbewerbsrecht der Union darstelle (99. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), und räumte zwar ein, dass kein unmittelbarer Schaden für die finanziellen Interessen der Union vorliege, vertrat aber gleichwohl die Auffassung, dass dieser Verstoß eine Form der schweren Verfehlung im Rahmen der beruflichen Tätigkeit darstelle, die auch Risiken für den Haushalt der Union mit sich bringe (101. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Die EU‑OSHA zog daraus den Schluss, dass der Ausschluss der Klägerin im vorliegenden Fall nicht unverhältnismäßig wäre.
124 Was die Dauer des Ausschlusses anbelangt, so hat die EU‑OSHA entschieden, einen Ausschluss von zwei Jahren zu verhängen, was unter der Höchstdauer von drei Jahren liegt, wobei sie sich auf drei erschwerende Umständen stützte, nämlich die lange Dauer des betreffenden Verhaltens (99 Monate), die Auswirkungen dieses Verhaltens (es seien mehr als 80 Verträge betroffen gewesen, und die Klägerin habe die höchste Abdeckungsrate in dem betroffenen Netzwerk gehabt) und die führende Rolle, die die Klägerin gespielt habe (112. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), auch unter Berücksichtigung der seit dem betreffenden Verhalten verstrichenen Zeit (mehr als fünf Jahre), des Fehlens eines unmittelbaren Schadens für die finanziellen Interessen der Union und des Ergreifens von in die richtige Richtung gehenden Abhilfemaßnahmen, auch wenn sie nicht ausreichend gewesen seien, um die Zuverlässigkeit der Klägerin unter Beweis zu stellen (Erwägungsgründe 113 bis 115 der angefochtenen Entscheidung).
125 Im vorliegenden Fall ist das Vorbringen, mit dem die Klägerin die Verhältnismäßigkeit der Ausschlussentscheidung für einen Zeitraum von zwei Jahren angesichts der Umstände des Falles beanstandet, dahin auszulegen, dass das Gericht ersucht wird, in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung die Verhältnismäßigkeit der Ausschlusssanktion und ihrer Dauer im Hinblick auf die behaupteten Umstände zu prüfen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. Juni 2022, LA International Cooperation/Kommission, T‑609/20, EU:T:2022:407, Rn. 158). Der vorliegende Klagegrund ist nämlich – auch im Licht des Hilfsantrags, mit dem die Klägerin beantragt, die Ausschlussmaßnahme durch eine finanzielle Sanktion zu ersetzen – dahin auszulegen, dass die Klägerin – für den Fall, dass das Gericht die Ausschlusssanktion für unverhältnismäßig hält – beantragt, die Ausschlusssanktion durch eine mildere Maßnahme zu ersetzen, was die Klägerin in der mündlichen Verhandlung auf eine Frage des Gerichts bestätigt hat.
126 Zwar entspricht die Ausübung der Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung nicht einer Prüfung von Amts wegen, und das Verfahren ist ein streitiges. Das Gericht ist somit aufgrund der Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung nicht gehalten, den gesamten Vorgang von Amts wegen erneut zu prüfen, unabhängig von den Rügen, die die Klägerseite formuliert hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. November 2018, „Pro NGO!“/Kommission, T‑454/17, EU:T:2018:755, Rn. 83; vgl. auch entsprechend Urteil vom 26. Januar 2017, Duravit u. a./Kommission, C‑609/13 P, EU:C:2017:46, Rn. 32, 33 und 36). Der Unionsrichter hat jedoch, um den Erfordernissen einer unbeschränkten gerichtlichen Nachprüfung im Sinne von Art. 47 der Charta hinsichtlich der Sanktionen zu genügen, jede Rechts- oder Sachrüge zu prüfen, mit der dargetan werden soll, dass die Sanktion der Schwere und Dauer des pflichtwidrigen Verhaltens nicht angemessen ist (vgl. entsprechend Urteil vom 26. September 2018, Infineon Technologies/Kommission, C‑99/17 P, EU:C:2018:773, Rn. 195 und die dort angeführte Rechtsprechung). Indem die Klägerin die Verhältnismäßigkeit ihres Ausschlusses in Abrede stellt, zieht sie im vorliegenden Fall genau diese Angemessenheit in Zweifel.
127 Folglich sind der vorliegende Klagegrund, der die im vorliegenden Fall gegen die Klägerin verhängte Sanktion betrifft, sowie alle hierzu vorgetragenen Argumente hinsichtlich der Beurteilung der berücksichtigten erschwerenden und mildernden Umstände unter Anwendung der Befugnis des Gerichts zu unbeschränkter Nachprüfung nach Art. 143 Abs. 9 der Haushaltsordnung zu prüfen (vgl. auch entsprechend oben, Rn. 52 bis 54).
128 Daraus folgt auch, dass das Gericht entgegen dem Vorbringen der EU‑OSHA aufgrund seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung ermächtigt ist, den angefochtenen Rechtsakt unter Berücksichtigung aller tatsächlichen Umstände abzuändern und z. B. die Ausschlussdauer anders festzusetzen (Urteil vom 29. Juni 2022, LA International Cooperation/Kommission, T‑609/20, EU:T:2022:407, Rn. 157), und sich nicht darauf beschränken kann, eine eingeschränkte Kontrolle der Beurteilung erschwerender und mildernder Umstände auszuüben.
129 Was erstens den erschwerenden Umstand der Schwere der Umstände betrifft, ist zunächst festzustellen, dass sich aus der Verwendung des Begriffs „einschließlich“ vor dem Verweis auf „[ihre] Auswirkungen auf die finanziellen Interessen und den Ruf der Union“ in den anwendbaren Bestimmungen (siehe oben, Rn. 121) ergibt, dass diese Auswirkungen nicht das Einzige sind, das bei der Beurteilung dieses erschwerenden Umstands berücksichtigt werden kann. Folglich kann auch die Schwere des Verhaltens berücksichtigt werden (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 29. Juni 2022, LA International Cooperation/Kommission, T‑609/20, EU:T:2022:407, Rn. 159, und vom 21. Dezember 2022, Vialto Consulting/Kommission, T‑537/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2022:852, Rn. 160), wie dies in der angefochtenen Entscheidung (Erwägungsgründe 99 und 101) geschehen ist.
130 Sodann ist festzustellen, dass das Verhalten der Klägerin als schwerwiegend eingestuft werden kann. Die Klägerin rügt nämlich nicht, dass die CNMC als Urheberin der Entscheidung, die zum vorliegenden Ausschluss führte, den Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht, an dem sie beteiligt war, als „schwer“ einstufte. Die Klägerin stellt auch nicht in Abrede, dass ihr Verhalten ohne die Abhilfemaßnahmen eine „schwere Verfehlung im Rahmen der beruflichen Tätigkeit“ im Sinne der auf den vorliegenden Fall anwendbaren Bestimmungen darstellen konnte. Zwar reichen solche Bewertungen, wie die Klägerin zu Recht anmerkt, nicht aus, um die „Schwere der Umstände“ zu beschreiben, da andernfalls jede schwere Verfehlung im Rahmen der beruflichen Tätigkeit mit einem Ausschluss als verhältnismäßig geahndet anzusehen wäre. Im vorliegenden Fall wird diese Schwere jedoch, wie aus der angefochtenen Entscheidung hervorgeht und ohne dass die betreffenden Angaben durch die Klägerin in Zweifel gezogen werden, durch die große Zahl der von der Zuwiderhandlung betroffenen Verträge (80) und den Umstand, dass die Klägerin die höchste Abdeckungsrate in dem betroffenen Netzwerk hatte (Buchst. b und c des 112. Erwägungsgrunds der angefochtenen Entscheidung), bestätigt. Insoweit ist es unerheblich, dass die unmittelbar verantwortlichen Personen inzwischen aus ihren Positionen bei der Klägerin ausgeschieden sind, da dieses Ausscheiden, das nach Beendigung des rechtswidrigen Verhaltens erfolgte und dessen Zusammenhang mit diesem Verhalten nicht nachgewiesen worden ist, weder dieses Verhalten noch dessen Schwere in Frage stellt. Gleiches gilt für die seit den Ereignissen verstrichene Zeit, auf die sich die Klägerin ebenfalls beruft und die zwar berücksichtigt werden kann (siehe unten, Rn. 139), aber keinen Einfluss auf die inhärente Schwere des Verhaltens hat. Was das Nichtvorliegen von Korruption oder Betrug betrifft, so lässt sich daraus nicht ableiten, dass das gesamte übrige Verhalten, auch wenn es weniger schwer ist, nicht die erforderliche Schwere aufwiese, um eine Ausschlussmaßnahme zu rechtfertigen.
131 Schließlich kann festgestellt werden, dass auch das Fehlen eines unmittelbaren Schadens für die finanziellen Interessen der Union, auf das sich die Klägerin beruft, durch die EU‑OSHA berücksichtigt wurde (Erwägungsgründe 101 und 113 der angefochtenen Entscheidung). Soweit das betreffende Verhalten jedoch eine schwere Verfehlung im Rahmen der beruflichen Tätigkeit darstellt, birgt es Risiken für den Haushalt der Union, da es sich im Rahmen künftiger Ausschreibungen der Union wiederholen könnte, falls die Klägerin beschließen sollte, sich an diesen zu beteiligen (vgl. Rn. 101 und 107 der angefochtenen Entscheidung). Aus den im vorliegenden Fall anwendbaren Bestimmungen geht nämlich hervor, dass sie verhindern sollen, dass unzuverlässige Stellen, insbesondere, weil sie gegen das Wettbewerbsrecht verstoßen haben, öffentliche Aufträge der Union erhalten können (siehe oben, Rn. 21 bis 24 und 71). Daraus folgt auch, dass die begrenzte räumliche Tragweite des betreffenden Verhaltens im vorliegenden Fall, insbesondere in Anbetracht seiner inhärenten Schwere, unerheblich ist.
132 Was zweitens ihre angebliche Rolle als Anstifterin betrifft, so verkennt die Klägerin die Entscheidung der CNMC. Aus den Passagen dieser Entscheidung, die sich auf die Festsetzung der Sanktion beziehen (S. 271 und 272), geht hervor, dass die CNMC zum einen die in Art. 64 Abs. 1 der Ley 15/2007 de Defensa de la Competencia (Gesetz 15/2007 über den Schutz des Wettbewerbs) vom 3. Juli 2007 (BOE Nr. 159 vom 4. Juli 2007, S. 28848) vorgesehenen Umstände betreffend die Dauer der Zuwiderhandlung, die Zahl der betroffenen Ausschreibungen und den Umsatz auf dem von der Zuwiderhandlung betroffenen Markt und zum anderen außerdem den in Art. 64 Abs. 2 Buchst. b dieses Gesetzes vorgesehenen erschwerenden Umstand betreffend die Stellung als für die Zuwiderhandlung Verantwortlicher oder Anstifter zu der Zuwiderhandlung berücksichtigt hat. Die besondere Rolle, die die Klägerin bei der Zuwiderhandlung im Sinne dieser Bestimmung gespielt hat, wurde daher durchaus von der CNMC anerkannt. Darüber hinaus reicht eine solche Rolle zur Feststellung zumindest einer gewissen Fahrlässigkeit aus, die in den geltenden Bestimmungen ausdrücklich unter den erschwerenden Umständen genannt wird (siehe oben, Rn. 121).
133 Was drittens den mildernden Umstand betrifft, der nach Ansicht der Klägerin in den von ihr ergriffenen Abhilfemaßnahmen zu sehen ist, ist vorab darauf hinzuweisen, dass die EU‑OSHA im vorliegenden Fall diese Abhilfemaßnahmen – die aus ihrer Sicht in die richtige Richtung gingen – nicht in der Weise berücksichtigte, dass daraus eine ausreichende Zuverlässigkeit der Klägerin hergeleitet worden wäre, um sie nicht auszuschließen (siehe zweiter Klagegrund; vgl. auch Erwägungsgründe 102 und 103 der angefochtenen Entscheidung), sondern in der Weise, dass die Dauer des Ausschlusses gemäß Art. 106 Abs. 3 der alten Haushaltsordnung und später Art. 136 Abs. 3 der Haushaltsordnung begrenzt wurde (Erwägungsgründe 114 und 115 der angefochtenen Entscheidung). Im vorliegenden Fall geht es also darum, die von der Klägerin ergriffenen Abhilfemaßnahmen insoweit zu prüfen, als sie nicht zur Bestimmung des pflichtwidrigen Verhaltens, sondern zur Bestimmung der gegen sie verhängten Sanktion beitragen, was mithin die Ausübung der Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung durch das Gericht rechtfertigt. Obwohl also dieselben Abhilfemaßnahmen geltend gemacht werden, berücksichtigte die EU‑OSHA sie in ihrer Prüfung zu unterschiedlichen Zwecken und außerdem auf der Grundlage unterschiedlicher Bestimmungen, zum einen, um das Vorliegen eines Verhaltens zu prüfen, das einen Ausschluss rechtfertigt (Art. 106 Abs. 7 Buchst. c der alten Haushaltsordnung und Art. 136 Abs. 6 Buchst. a der Haushaltsordnung), und zum anderen zur Bestimmung der Dauer des Ausschlusses (Art. 106 Abs. 3 der alten Haushaltsordnung und Art. 136 Abs. 3 der Haushaltsordnung) (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. März 2024, Westpole Belgium/Parlament, T‑640/22, nicht veröffentlicht, EU:T:2024:188, Rn. 83 bis 86), was auch eine unterschiedliche Prüfung dieser beiden Beurteilungen durch das Gericht zur Folge hat.
134 Um seine Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung im vorliegenden Fall auszuüben, ist das Gericht daher befugt, erstmals im Rahmen des vorliegenden Verfahrens übermittelte Beweise zu berücksichtigen, ohne dass sie der EU‑OSHA zuvor übermittelt worden wären (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 16. November 2000, Stora Kopparbergs Bergslags/Kommission, C‑286/98 P, EU:C:2000:630, Rn. 57, und vom 12. Juli 2011, Fuji Electric/Kommission, T‑132/07, EU:T:2011:344, Rn. 209 und 210), allerdings vorbehaltlich der Einhaltung der in der Verfahrensordnung des Gerichts festgelegten Zulässigkeitsvorschriften.
135 Die als Anlage zur Erwiderung vorgelegten Beweismittel sind daher gemäß Art. 85 der Verfahrensordnung als unzulässig zurückzuweisen. Alle diese Beweismittel hätten nämlich bereits früher vorgelegt werden können, da sie entweder ein früheres Datum als das der Klage tragen (Anhänge C.1 und C.3) oder, obwohl sie ein späteres Datum tragen, darin ein Jahresbericht und eine Jahreserklärung erwähnt werden (Anhänge C.2 und C.4), deren Fassung früherer Jahre hätte vorgelegt werden können, oder es sich um einen Screenshot handelt, der schon früher hätte erstellt werden können (Anhang C.5). Da die EU‑OSHA der Klägerin bereits in der angefochtenen Entscheidung vorgeworfen hat, die Umsetzung – die mit den Beweismitteln belegt werden soll – der geltend gemachten Abhilfemaßnahmen nicht hinreichend nachgewiesen zu haben, stellen diese Beweismittel zudem keine Gegenbeweise dar, deren Zulässigkeit auch im Stadium der Erwiderung anerkannt ist (vgl. Urteil vom 5. Oktober 2020, HeidelbergCement und Schwenk Zement/Kommission, T‑380/17, EU:T:2020:471, Rn. 161 und 162 [nicht veröffentlicht] und die dort angeführte Rechtsprechung).
136 Dagegen sind die erstmals im Rahmen des vorliegenden Verfahrens als Anlage zur Klageschrift vorgelegten Beweismittel, die der EU‑OSHA zuvor nicht übermittelt worden waren, aus den in Rn. 134 genannten Gründen für zulässig zu erklären.
137 Die Prüfung dieser Beweismittel ergibt, dass sie Informationen bestätigen, die bereits durch der EU‑OSHA zuvor übermittelte Beweismittel belegt sind (Anhang A.31 bezüglich des Ausscheidens der verantwortlichen Partnerin), dass sie sich auf neue Abhilfemaßnahmen beziehen (Durchführung stichprobenartiger interner Audits und Schaffung der Position eines „besonderen Risikoberaters“, nachgewiesen durch die Anhänge A.32 bis A.34) und dass sie sogar das Vorhandensein bestimmter Maßnahmen bzw. die Einleitung der Umsetzung einiger dieser Maßnahmen belegen (Anhänge A.35 bis A.48, die die Aktualisierung des Compliance‑Programms, der Ethikverfahren und ‑richtlinien sowie die Schulung der Angestellten betreffen).
138 Daraus lässt sich der Feststellung der EU‑OSHA entsprechend ableiten, dass die von der Klägerin ergriffenen Abhilfemaßnahmen in die richtige Richtung gingen. Eine Minderung der Sanktion, im vorliegenden Fall der Dauer des Ausschlusses, darf jedoch auf der Grundlage solcher Abhilfemaßnahmen nur mit großer Vorsicht erfolgen, um nicht als Anreiz aufgefasst zu werden, schwere berufliche Verfehlungen zu begehen und dabei auf die Möglichkeit der Minderung der Sanktion aufgrund einer späteren Änderung des Verhaltens der betreffenden Person oder Stelle zu spekulieren (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 18. Juli 2005, Scandinavian Airlines System/Kommission, T‑241/01, EU:T:2005:296, Rn. 228).
139 In Anbetracht aller vorstehend angeführten Feststellungen und Umstände sowie des nicht in Abrede gestellten erschwerenden Umstands der Dauer des betreffenden Verhaltens und des ebenfalls nicht in Abrede gestellten mildernden Umstands der seit dem betreffenden Verhalten verstrichenen Zeit ist festzustellen, dass die von der EU‑OSHA erlassene Ausschlussmaßnahme mit einer Dauer von zwei Jahren, die unter der in den einschlägigen Bestimmungen der Haushaltsordnung vorgesehenen Höchstdauer von drei Jahren liegt, eine verhältnismäßige Sanktion darstellt, um zu verhindern, dass unzuverlässige Stellen öffentliche Verträge mit der Union abschließen, und um die Finanzen der Union zu schützen.
140 Folglich ist der dritte Klagegrund zurückzuweisen.
Zum vierten Klagegrund: Veröffentlichung des Ausschlusses
141 Die Klägerin macht geltend, dass die EU‑OSHA mit ihrer Entscheidung, die Ausschlusssanktion zu veröffentlichen, ihre Begründungspflicht verletzt, einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen und gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen habe.
142 Erstens sei die Begründung für die Veröffentlichung des Ausschlusses stereotyp und stehe daher nicht im Einklang mit der Haushaltsordnung, die eine Begründung der Erforderlichkeit der Veröffentlichung unter den Umständen des Einzelfalls und der abschreckenden Wirkung dieser Veröffentlichung verlange.
143 Zweitens beruft sich die Klägerin auf die offensichtliche Unbegründetheit der im vorliegenden Fall beschlossenen Veröffentlichung in Anbetracht der Kriterien von Art. 140 der Haushaltsordnung, der eine Veröffentlichung vorsehe, wenn sie erforderlich sei, um die abschreckende Wirkung des Ausschlusses noch zu verstärken, und sie ausschließe, wenn sie dem betroffenen Wirtschaftsteilnehmer unverhältnismäßig großen Schaden zufügen würde. Die Klägerin betont insoweit das Fehlen eines unmittelbaren Schadens für die finanziellen Interessen der Union, das Vorhandensein zahlreicher anderer Ausschlussfälle, die weitaus verwerflicher seien als der, der zu ihrem eigenen Ausschluss geführt habe, den begrenzten räumlichen Umfang des streitigen Sachverhalts, das Ergreifen von Abhilfemaßnahmen, die in die richtige Richtung gingen, die Einstellung des Verhaltens seit mehr als fünf Jahren sowie das geringe Risiko einer Wiederholung des betreffenden Verhaltens, insbesondere im Hinblick auf die Änderung der spanischen Rechtsvorschriften und das Ausscheiden der für dieses Verhalten verantwortlichen Partnerin. Die Klägerin wendet sich ferner gegen den unbegrenzten Beurteilungsspielraum der EU‑OSHA im Bereich der Veröffentlichung angesichts der erforderlichen Einhaltung der in Art. 140 der Haushaltsordnung ausdrücklich festgelegten Grenzen.
144 Drittens sei die Veröffentlichung völlig unverhältnismäßig, da es nur einen einzigen erschwerenden Umstand gebe und die Veröffentlichung den Ruf der Klägerin und aller Stellen, die unter der Marke der Gruppe tätig seien, in nicht wiedergutzumachender Weise geschädigt habe. Die Klägerin fügt hinzu, dass die Veröffentlichung der Entscheidung der CNMC auf der Internetseite der CNMC und in der spanischen Presse bestätige, dass die Veröffentlichung der angefochtenen Entscheidung unnötig gewesen sei.
145 Es ist klarzustellen, dass die im vorliegenden Fall anwendbare Vorschrift angesichts des Datums der Veröffentlichung der angefochtenen Entscheidung Art. 140 der Haushaltsordnung ist, der Art. 106 Abs. 16 der alten Haushaltsordnung vergleichbar ist und in dem es heißt:
„Veröffentlichung eines Ausschlusses und finanzieller Sanktionen
(1) Um die abschreckende Wirkung des Ausschlusses und/oder der finanziellen Sanktion, falls erforderlich, noch zu verstärken, veröffentlicht die Kommission vorbehaltlich der Entscheidung des zuständigen Anweisungsbefugten folgende Informationen über den Ausschluss bzw. die finanzielle Sanktion in den Fällen nach Artikel 136 Absatz 1 Buchstaben c bis h auf ihrer Internetseite:
a) den Namen der betreffenden in Artikel 135 Absatz 2 genannten Person oder Stelle;
b) die Ausschlusssituation;
c) die Dauer des Ausschlusses und/oder die Höhe der finanziellen Sanktion.
Wurde die Entscheidung über den Ausschluss und/oder die finanzielle Sanktion auf Grundlage einer vorläufigen rechtlichen Bewertung nach Artikel 136 Absatz 2 getroffen, ist in der Veröffentlichung darauf hinzuweisen, dass keine rechtskräftige Gerichts- bzw. bestandskräftige Verwaltungsentscheidung vorliegt. In solchen Fällen werden Informationen über Berufungsverfahren, deren Stand und Ergebnisse sowie revidierte Entscheidungen des zuständigen Anweisungsbefugten unverzüglich veröffentlicht. Wenn es sich um eine finanzielle Sanktion handelt, wird in der Veröffentlichung auch angegeben, ob die Sanktion bezahlt wurde.
Die Entscheidung über die Veröffentlichung der Informationen wird vom zuständigen Anweisungsbefugten je nach Lage des Falles entweder aufgrund einer einschlägigen rechtskräftigen Gerichts- bzw. bestandskräftigen Verwaltungsentscheidung oder aufgrund der Empfehlung des … Gremiums getroffen. Diese Entscheidung wird drei Monate, nachdem sie der betreffenden in Artikel 135 Absatz 2 genannten Person oder Stelle mitgeteilt wurde, wirksam.
Die veröffentlichten Informationen werden wieder gelöscht, sobald der Ausschluss ausgelaufen ist. Bei finanziellen Sanktionen wird die Veröffentlichung sechs Monate nach Zahlung dieser Sanktion gelöscht.
…
(2) Die Informationen nach Absatz 1 dieses Artikels werden unter den folgenden Umständen nicht veröffentlicht:
…
b) wenn eine Veröffentlichung der betreffenden in Artikel 135 Absatz 2 genannten Person oder Stelle unverhältnismäßig großen Schaden zufügen würde oder aufgrund der in Artikel 136 Absatz 3 dargelegten Kriterien der Verhältnismäßigkeit und der Höhe der finanziellen Sanktion anderweitig unverhältnismäßig wäre;
…“
146 Im vorliegenden Fall hat die EU‑OSHA in Art. 4 der angefochtenen Entscheidung beschlossen, den gegen die Klägerin verhängten Ausschluss für die gesamte Dauer des Ausschlusszeitraums auf der Internetseite der Kommission zu veröffentlichen. Sie vertrat die Auffassung, dass das Verhalten der Klägerin, das zu deren Ausschluss geführt habe, „besonders schädlich und verwerflich“ gewesen sei, da darin „ein schwerer Verstoß gegen die Regeln für das Funktionieren des Marktes durch die intensive und fortgesetzte Beteiligung an kollusiven Praktiken, die darauf abzielen, den Wettbewerb einzuschränken und zu verfälschen“, zu sehen gewesen sei. Im Übrigen wies sie darauf hin, dass sie den Ausschluss veröffentliche, um dessen abschreckende Wirkung noch zu verstärken (Erwägungsgründe 119 bis 121 der angefochtenen Entscheidung).
147 Zunächst ist festzustellen, dass die Entscheidung, den Ausschluss der Klägerin zu veröffentlichen, hinreichend begründet ist.
148 Die Erwägungsgründe 119 bis 121 der angefochtenen Entscheidung bringen nämlich die Überlegungen der EU‑OSHA, die sich auf die Schwere des Verhaltens der Klägerin und das angestrebte Ziel, die abschreckende Wirkung des Ausschlusses noch zu verstärken (siehe oben, Rn. 146), stützen, so klar und eindeutig zum Ausdruck, dass die Klägerin ihnen der ständigen Rechtsprechung entsprechend die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen kann und das Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 1. Juli 2008, Chronopost und La Poste/UFEX u. a., C‑341/06 P und C‑342/06 P, EU:C:2008:375, Rn. 88 und dort angeführte Rechtsprechung). In Anbetracht der Präzisierung bezüglich der besonderen Schwere des Verhaltens der Klägerin, die insbesondere im Licht der Erwägungsgründe 40 bis 44 der angefochtenen Entscheidung auszulegen ist, in denen die Einstufung des Sachverhalts des vorliegenden Falls als schwere Verfehlung im Rahmen der beruflichen Tätigkeit erläutert wird, kann diese Begründung außerdem nicht als stereotyp angesehen werden. Gleiches gilt für die nicht näher erläuterte Erwähnung der Erforderlichkeit, die abschreckende Wirkung des Ausschlusses noch zu verstärken, da sich diese Erforderlichkeit aus der besonderen Schwere der begangenen Verfehlung ergibt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Dezember 2022, Vialto Consulting/Kommission, T‑537/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2022:852, Rn. 160).
149 Was die Rechtmäßigkeit der Veröffentlichung anbelangt, so ist zunächst klarzustellen, dass sich Ausschluss und Veröffentlichung bei schweren Verfehlungen im Rahmen der beruflichen Tätigkeit ergänzen, da sie letztlich auf dasselbe Ziel gerichtet sind, nämlich alle betroffenen Personen dazu zu bringen, von einem etwaigen Verstoß gegen die Vorschriften abzusehen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Dezember 2022, Vialto Consulting/Kommission, T‑537/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2022:852, Rn. 152 und 171). Als Ergänzung der Ausschlusssanktion kann die Kontrolle der Verhältnismäßigkeit der Veröffentlichung nach der Rechtsprechung zur Kontrolle der Rechtmäßigkeit von Sanktionen nicht beschränkt werden, sondern muss eine eingehende rechtliche und tatsächliche Kontrolle darstellen (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 9. Juni 2021, DI/EZB, T‑514/19, EU:T:2021:332, Rn. 197 und die dort angeführte Rechtsprechung; siehe auch oben, Rn. 128).
150 Es bleibt jedoch festzuhalten, dass der Ausschluss und die Veröffentlichung in ihren Auswirkungen nicht gleichwertig sind, da der Ausschluss im Wesentlichen Strafcharakter hat, während die Veröffentlichung abschreckender und präventiver Natur ist. Daraus folgt, dass die Entscheidung zur Veröffentlichung einer besonderen Verhältnismäßigkeitsprüfung unterzogen werden muss, auch wenn der Sachverhalt, der der Veröffentlichungsmaßnahme und der Ausschlusssanktion zugrunde liegt, einheitlich sein und gleichzeitig geprüft werden kann und die Kriterien für die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit der Veröffentlichungsmaßnahme und der Ausschlusssanktion zum Teil einheitlich sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Dezember 2022, Vialto Consulting/Kommission, T‑537/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2022:852, Rn. 171 und 173).
151 Was im vorliegenden Fall erstens die Erforderlichkeit betrifft, die abschreckende Wirkung des Ausschlusses noch zu verstärken, ist darauf hinzuweisen, dass eine solche Erforderlichkeit in der Schwere des betreffenden Verhaltens begründet liegt (siehe oben, Rn. 148). Wie sich aus der Prüfung der Verhältnismäßigkeit des Ausschlusses ergibt, stellt die Klägerin im vorliegenden Verfahren weder die Begehung des von der CNMC geahndeten Verstoßes noch die Umstände, die seine inhärente Schwere belegen, in Abrede (siehe oben, Rn. 130; vgl. auch oben, Rn. 49), die auch nicht durch das Vorhandensein verwerflicherer Ausschlussfälle in Frage gestellt wird. Darüber hinaus ergibt sich aus der Prüfung der von der Klägerin ergriffenen Abhilfemaßnahmen, dass diese zwar in die richtige Richtung gehen, aber nicht den Schluss erlauben, dass die Klägerin ihre Zuverlässigkeit wiederhergestellt hat (siehe oben, Rn. 113 und 138), und dass sich diese Zuverlässigkeit auch nicht allein aus der seit der Beendigung des Verstoßes verstrichenen Zeit ergibt. Darüber hinaus sind weder der geltend gemachte begrenzte räumliche Umfang des betreffenden Sachverhalts noch das Fehlen eines unmittelbaren Schadens für die finanziellen Interessen der Union noch die geltend gemachte Änderung der spanischen Rechtsvorschriften, durch die die Art des öffentlichen Auftrags, um den es bei dem betreffenden Verhalten geht, abgeschafft wurde, ausschlaggebend für die Beurteilung der Erforderlichkeit, die abschreckende Wirkung des Ausschlusses im Sinne von Art. 140 Abs. 1 der Haushaltsordnung noch zu verstärken, da diese abschreckende Wirkung darauf abzielt, eine Wiederholung des betreffenden Verhaltens im Rahmen der künftigen Beziehungen der betreffenden Person oder Stelle zu den Organen und Einrichtungen der Union zu verhindern. Was die angeblich besonders geringe Gefahr einer Wiederholung des betreffenden Verhaltens durch die Klägerin angeht, so ist, abgesehen davon, dass die Klägerin dies nur auf die Änderung der spanischen Rechtsvorschriften und die Abhilfemaßnahme, die im Ausscheiden der für dieses Verhalten verantwortlichen Partnerin besteht, stützt – beides wurde oben zurückgewiesen –, darauf hinzuweisen, dass die Abschreckung nicht nur auf das betroffene Unternehmen, sondern auch auf Dritte abzielt (vgl. entsprechend Urteil vom 29. November 2005, Union Pigments/Kommission, T‑62/02, EU:T:2005:430, Rn. 174). Daraus folgt, dass die EU‑OSHA keinen Beurteilungsfehler begangen hat, als sie es für erforderlich hielt, die abschreckende Wirkung des Ausschlusses durch deren Veröffentlichung noch zu verstärken.
152 Was zweitens die Schädigung des Rufs der Klägerin betrifft, so ist festzustellen, dass eine solche Schädigung zwangsläufig mit der Veröffentlichung des Ausschlusses verbunden ist und im vorliegenden Fall keinen unverhältnismäßig großen Schaden im Sinne von Art. 140 Abs. 2 Buchst. b der Haushaltsordnung darstellt.
153 Die Entscheidung der CNMC wurde nämlich vor dieser Veröffentlichung auf der Internetseite der CNMC zugänglich gemacht und die spanische Presse berichtete über diese Entscheidung. Darüber hinaus werden die Auswirkungen der von der EU‑OSHA beschlossenen Veröffentlichung durch den nach Art. 140 Abs. 1 Unterabs. 2 der Haushaltsordnung vorgeschriebenen Hinweis auf die fehlende Bestandskraft der Entscheidung der CNMC angesichts der im vorliegenden Fall gegen diese Entscheidung vor der Audiencia Nacional erhobenen Klage und der von dieser gewährten Aussetzung begrenzt. Diese Publizität, die der fehlenden Bestandskraft der Entscheidung der CNMC, die über den nationalen Bereich hinausgeht, zukommt, ist sogar geeignet, die Auswirkungen der Verbreitung der Entscheidung der CNMC auf ihrer Internetseite und ihre Wiedergabe in der spanischen Presse abzuschwächen.
154 Der vierte Klagegrund ist daher zurückzuweisen.
155 Dies wäre auch dann der Fall, wenn das Gericht, wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung beantragt hat, seine Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung bei der Entscheidung über diesen Klagegrund ausüben würde. Ohne dass über die Zulässigkeit dieses Antrags oder die Möglichkeit entschieden zu werden bräuchte, dass das Gericht die Beurteilung der EU‑OSHA hinsichtlich der Veröffentlichung des Ausschlusses nach Art. 143 Abs. 9 der Haushaltsordnung durch seine eigene Beurteilung ersetzt, ist festzustellen, dass die Veröffentlichung des Ausschlusses der Klägerin in Ermangelung zusätzlicher Beweise zur Stützung ihres Antrags und in Anbetracht der oben geprüften Umstände gerechtfertigt ist.
Zum fünften Klagegrund: Fehlende Beurteilung der Verhängung einer finanziellen Sanktion als Alternative zum Ausschluss
156 Hilfsweise rügt die Klägerin erstens, dass die EU‑OSHA die Verhängung einer finanziellen Sanktion als Alternative zum Ausschluss gemäß Art. 106 Abs. 13 Buchst. a der alten Haushaltsordnung, der nach Ansicht der Klägerin im vorliegenden Fall anwendbar ist, nicht beurteilt habe. In ihrer Erwiderung kommt die Klägerin zu dem Schluss, dass die angefochtene Entscheidung insofern an einem offensichtlichen Begründungsmangel leide.
157 Zweitens beantragt die Klägerin für den Fall, dass das Gericht dieser Rüge nicht stattgibt, die Ausschlusssanktion kraft seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung durch eine in Anbetracht der Umstände des vorliegenden Falls angemessene finanzielle Sanktion in Höhe von 2 % bis 10 % des Auftragswerts zu ersetzen. Die Klägerin betont die Zulässigkeit dieses Antrags, der im vorliegenden Fall durch das spezifische Argument der Anwendung der günstigeren Bestimmung im Bereich der Sanktionen gestützt werde.
158 Zunächst ist klarzustellen, dass der vorliegende Klagegrund in Anbetracht der Zurückweisung des ersten, des zweiten, des dritten und des vierten Klagegrundes zu prüfen ist, der hilfsweise für den Fall geltend gemacht wird, dass die anderen Klagegründe gegen die Ausschlusssanktion zurückgewiesen werden.
159 Es ist darauf hinzuweisen, dass im vorliegenden Fall, was im Übrigen zwischen den Parteien unstreitig ist, die alte Haushaltsordnung anwendbar ist.
160 Nur diese Bestimmung sieht nämlich die Möglichkeit vor, dass der zuständige Anweisungsbefugte die Ausschlusssanktion durch eine finanzielle Sanktion ersetzt, wenn ein Ausschluss für einen Wirtschaftsteilnehmer wie die Klägerin unverhältnismäßig wäre, während Art. 138 Abs. 1 der Haushaltsordnung eine solche Ersetzung nur für bestimmte Wirtschaftsteilnehmer zulässt, nämlich für den/die „Empfänger …, mit dem[/denen] eine rechtliche Verpflichtung eingegangen wurde“. Entwickelt sich eine Regelung betreffend Verwaltungssanktionen in der Weise, dass die neue Regelung hinsichtlich mancher Aspekte milder, hinsichtlich anderer aber strenger ist als die alte, ist daher nach der Rechtsprechung die mildere Regelung anzuwenden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. Juni 2017, NC/Kommission, T‑151/16, EU:T:2017:437, Rn. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung), d. h. im vorliegenden Fall die der alten Haushaltsordnung.
161 In Art. 106 Abs. 13 Buchst. a der alten Haushaltsordnung heißt es:
„(13) Um eine abschreckende Wirkung zu erzielen, kann der öffentliche Auftraggeber – gegebenenfalls unter Berücksichtigung der Empfehlung des in Artikel 108 genannten Gremiums – eine finanzielle Sanktion gegen einen Wirtschaftsteilnehmer verhängen, der versucht hat, Mittel der Union zu erlangen, indem er an Vergabeverfahren teilgenommen oder die Teilnahme beantragt hat, obwohl einer der folgenden Ausschlussgründe auf ihn zutrifft, ohne dass er dies gemäß Absatz 10 dieses Artikels erklärt hätte:
a) bezüglich der Situationen nach Absatz 1 Buchstaben c, d, e und f dieses Artikels als Alternative zu einer Entscheidung, den Wirtschaftsteilnehmer auszuschließen, wenn dies nach den Kriterien in Absatz 3 dieses Artikels unverhältnismäßig wäre“.
162 Als Erstes lässt sich aus dem Wortlaut dieser Bestimmung, die eine Ersetzungsmöglichkeit vorsieht, ableiten, dass die EU‑OSHA im vorliegenden Fall nicht verpflichtet war, die Möglichkeit zu prüfen, die Ausschlusssanktion durch eine finanzielle Sanktion zu ersetzen, zumal sie, wie sich aus dem Vorstehenden ergibt, zu Recht der Auffassung war, dass der Ausschluss keine unverhältnismäßige Sanktion darstellte. Ein diesbezüglicher Begründungsmangel kann ihr daher nicht vorgeworfen werden.
163 Was als Zweites den an das Gericht gerichteten Antrag betrifft, diese Ersetzung im Rahmen seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung selbst vorzunehmen, so ist dieser Antrag als unbegründet zurückzuweisen, ohne dass über seine Zulässigkeit, die von der EU‑OSHA in Abrede gestellt wird, entschieden zu werden bräuchte. Die Klägerin beruft sich nämlich lediglich auf die Anwendung von Art. 106 Abs. 13 Buchst. a der alten Haushaltsordnung, ohne darzulegen, aus welchen Gründen die Ausschlusssanktion im vorliegenden Fall durch eine finanzielle Sanktion ersetzt werden sollte. Außerdem ergibt sich aus der Prüfung des dritten Klagegrundes jedenfalls, dass die im vorliegenden Fall verhängte Ausschlusssanktion angemessen ist und daher nicht durch eine finanzielle Sanktion ersetzt werden muss.
164 Der fünfte Klagegrund ist daher zurückzuweisen.
165 Nach alledem ist die vorliegende Klage abzuweisen.
Kosten
166 Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr entsprechend dem Antrag der EU‑OSHA die Kosten einschließlich der durch das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entstandenen Kosten aufzuerlegen.
Aus diesen Gründen hat
DAS GERICHT (Vierte erweiterte Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. VC trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes.
Papasavvas
da Silva Passos
Gervasoni
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 2. Oktober 2024.
Unterschriften