URTEIL DES GERICHTSHOFS (Fünfte Kammer)
26. Juni 2025(* )
„ Rechtsmittel – Wettbewerb – Verordnung (EG) Nr. 139/2004 – Unternehmenszusammenschluss – Markt der Stromerzeugung und des Stromgroßhandels – Erwerb der Anlagen der E.ON SE zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren und kerntechnischen Quellen durch die RWE AG – Beschluss, mit dem der Zusammenschluss für mit dem Binnenmarkt und dem Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 2. Mai 1992 vereinbar erklärt wird “
In den verbundenen Rechtssachen C‑464/23 P, C‑465/23 P, C‑467/23 P, C‑468/23 P und C‑470/23 P
betreffend fünf Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 21. Juli 2023,
EVH GmbH mit Sitz in Halle (Saale) (Deutschland), vertreten durch Rechtsanwalt T. Heymann und Rechtsanwältin I. Zenke (C‑464/23 P),
Stadtwerke Leipzig GmbH mit Sitz in Leipzig (Deutschland), vertreten durch Rechtsanwalt T. Heymann und Rechtsanwältin I. Zenke (C‑465/23 P),
TEAG Thüringer Energie AG mit Sitz in Erfurt (Deutschland), vertreten durch Rechtsanwalt T. Heymann und Rechtsanwältin I. Zenke (C‑467/23 P),
EnergieVerbund Dresden GmbH mit Sitz in Dresden (Deutschland), vertreten durch Rechtsanwalt T. Heymann und Rechtsanwältin I. Zenke (C‑468/23 P),
GGEW, Gruppen-Gas- und Elektrizitätswerk Bergstraße AG mit Sitz in Bensheim (Deutschland), vertreten durch Rechtsanwalt T. Heymann und Rechtsanwältin I. Zenke (C‑470/23 P),
Rechtsmittelführerinnen,
andere Parteien des Verfahrens:
Europäische Kommission , vertreten durch G. Meessen und I. Zaloguin als Bevollmächtigte im Beistand von Rechtsanwalt T. G. Funke,
Beklagte im ersten Rechtszug,
Bundesrepublik Deutschland , vertreten durch J. Möller und R. Kanitz als Bevollmächtigte,
E.ON SE mit Sitz in Essen (Deutschland), zunächst vertreten durch Rechtsanwälte C. Barth, C. Grave, D.‑J. dos Santos Goncalves und R. Seifert, dann durch Rechtsanwälte C. Barth, A. Fuchs, C. Grave und D.‑J. dos Santos Goncalves,
RWE AG mit Sitz in Essen, zunächst vertreten durch Rechtsanwälte U. Scholz und J. Siegmund sowie Rechtsanwältin J. Ziebarth, dann durch Rechtsanwälte U. Scholz und J. Siegmund sowie Rechtsanwältin M. von Armansperg,
Streithelferinnen im ersten Rechtszug,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin M. L. Arastey Sahún sowie der Richter D. Gratsias, E. Regan, J. Passer (Berichterstatter) und B. Smulders,
Generalanwältin: L. Medina,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
aufgrund der nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Entscheidung, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
1 Mit ihren Rechtsmitteln begehren die EVH GmbH (C‑464/23 P), die Stadtwerke Leipzig GmbH (C‑465/23 P), die TEAG Thüringer Energie AG (C‑467/23 P), die EnergieVerbund Dresden GmbH (C‑468/23 P) und die GGEW, Gruppen-Gas- und Elektrizitätswerk Bergstraße AG (C‑470/23 P) die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 17. Mai 2023, EVH/Kommission (T‑312/20, im Folgenden: Urteil T‑312/20, EU:T:2023:252), des Urteils des Gerichts vom 17. Mai 2023, Stadtwerke Leipzig/Kommission (T‑313/20, im Folgenden: Urteil T‑313/20, EU:T:2023:257), des Urteils des Gerichts vom 17. Mai 2023, TEAG/Kommission (T‑315/20, im Folgenden: Urteil T‑315/20, EU:T:2023:259), des Urteils des Gerichts vom 17. Mai 2023, EnergieVerbund Dresden/Kommission (T‑317/20, im Folgenden: Urteil T‑317/20, EU:T:2023:261), bzw. des Urteils des Gerichts vom 17. Mai 2023, GGEW/Kommission (T‑319/20, im Folgenden: Urteil T‑319/20, EU:T:2023:263) (im Folgenden zusammen: angefochtene Urteile), mit denen das Gericht ihre Klagen auf Nichtigerklärung des Beschlusses C(2019) 1711 final der Kommission vom 26. Februar 2019 zur Feststellung der Vereinbarkeit eines Zusammenschlusses mit dem Binnenmarkt und dem EWR-Abkommen (Sache M.8871 – RWE/E.ON Assets) (ABl. 2020, C 111, S. 1, im Folgenden: streitiger Beschluss) abgewiesen hat.
I. Rechtlicher Rahmen
A. Verordnung (EG) Nr. 139/2004
2 Die Erwägungsgründe 20 und 21 der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen („EG-Fusionskontrollverordnung“) (ABl. 2004, L 24, S. 1, berichtigt in ABl. L, 2024/90828 vom 20. Dezember 2024) lauten:
„(20) Der Begriff des Zusammenschlusses ist so zu definieren, dass er Vorgänge erfasst, die zu einer dauerhaften Veränderung der Kontrolle an den beteiligten Unternehmen und damit an der Marktstruktur führen. In den Anwendungsbereich dieser Verordnung sollten daher auch alle Gemeinschaftsunternehmen einbezogen werden, die auf Dauer alle Funktionen einer selbstständigen wirtschaftlichen Einheit erfüllen. Ferner sollten Erwerbsvorgänge, die eng miteinander verknüpft sind, weil sie durch eine Bedingung miteinander verbunden sind oder in Form einer Reihe von innerhalb eines gebührend kurzen Zeitraums getätigten Rechtsgeschäften mit Wertpapieren stattfinden, als ein einziger Zusammenschluss behandelt werden.
(21) Diese Verordnung ist auch dann anwendbar, wenn die beteiligten Unternehmen sich Einschränkungen unterwerfen, die mit der Durchführung des Zusammenschlusses unmittelbar verbunden und dafür notwendig sind. Eine Entscheidung der [Europäischen] Kommission, mit der ein Zusammenschluss in Anwendung dieser Verordnung für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt wird, sollte automatisch auch alle derartigen Einschränkungen abdecken, ohne dass die Kommission diese im Einzelfall zu prüfen hätte. Auf Antrag der beteiligten Unternehmen sollte die Kommission allerdings im Fall neuer oder ungelöster Fragen, die zu ernsthafter Rechtsunsicherheit führen können, gesondert prüfen, ob eine Einschränkung mit der Durchführung des Zusammenschlusses unmittelbar verbunden und dafür notwendig ist. Ein Fall wirft dann eine neue oder ungelöste Frage auf, die zu ernsthafter Rechtsunsicherheit führen kann, wenn sie nicht durch die entsprechende Bekanntmachung der Kommission oder eine veröffentlichte Entscheidung der Kommission geregelt ist.“
3 Art. 2 („Beurteilung von Zusammenschlüssen“) der Verordnung Nr. 139/2004 bestimmt:
„(1) Zusammenschlüsse im Sinne dieser Verordnung sind nach Maßgabe der Ziele dieser Verordnung und der folgenden Bestimmungen auf ihre Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt zu prüfen.
Bei dieser Prüfung berücksichtigt die Kommission:
a) die Notwendigkeit, im Gemeinsamen Markt wirksamen Wettbewerb aufrechtzuerhalten und zu entwickeln, insbesondere im Hinblick auf die Struktur aller betroffenen Märkte und den tatsächlichen oder potenziellen Wettbewerb durch innerhalb oder außerhalb der [Europäischen] Gemeinschaft ansässige Unternehmen;
b) die Marktstellung sowie die wirtschaftliche Macht und die Finanzkraft der beteiligten Unternehmen, die Wahlmöglichkeiten der Lieferanten und Abnehmer, ihren Zugang zu den Beschaffungs- und Absatzmärkten, rechtliche oder tatsächliche Marktzutrittsschranken, die Entwicklung des Angebots und der Nachfrage bei den jeweiligen Erzeugnissen und Dienstleistungen, die Interessen der Zwischen- und Endverbraucher sowie die Entwicklung des technischen und wirtschaftlichen Fortschritts, sofern diese dem Verbraucher dient und den Wettbewerb nicht behindert.
(2) Zusammenschlüsse, durch die wirksamer Wettbewerb im Gemeinsamen Markt oder in einem wesentlichen Teil desselben nicht erheblich behindert würde, insbesondere durch Begründung oder Verstärkung einer beherrschenden Stellung, sind für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar zu erklären.
(3) Zusammenschlüsse, durch die wirksamer Wettbewerb im Gemeinsamen Markt oder in einem wesentlichen Teil desselben erheblich behindert würde, insbesondere durch Begründung oder Verstärkung einer beherrschenden Stellung, sind für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar zu erklären.
(4) Soweit die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens, das einen Zusammenschluss gemäß Artikel 3 darstellt, die Koordinierung des Wettbewerbsverhaltens unabhängig bleibender Unternehmen bezweckt oder bewirkt, wird eine solche Koordinierung nach den Kriterien des Artikels [101] Absätze 1 und 3 [AEUV] beurteilt, um festzustellen, ob das Vorhaben mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist.
(5) Bei dieser Beurteilung berücksichtigt die Kommission insbesondere, ob
– es auf dem Markt des Gemeinschaftsunternehmens oder auf einem diesem vor- oder nachgelagerten Markt oder auf einem benachbarten oder eng mit ihm verknüpften Markt eine nennenswerte und gleichzeitige Präsenz von zwei oder mehr Gründerunternehmen gibt;
– die unmittelbar aus der Gründung des Gemeinschaftsunternehmens erwachsende Koordinierung den beteiligten Unternehmen die Möglichkeit eröffnet, für einen wesentlichen Teil der betreffenden Waren und Dienstleistungen den Wettbewerb auszuschalten.“
4 Art. 3 („Definition des Zusammenschlusses“) der Verordnung Nr. 139/2004 sieht vor:
„(1) Ein Zusammenschluss wird dadurch bewirkt, dass eine dauerhafte Veränderung der Kontrolle in der Weise stattfindet, dass
a) zwei oder mehr bisher voneinander unabhängige Unternehmen oder Unternehmensteile fusionieren oder dass
b) eine oder mehrere Personen, die bereits mindestens ein Unternehmen kontrollieren, oder ein oder mehrere Unternehmen durch den Erwerb von Anteilsrechten oder Vermögenswerten, durch Vertrag oder in sonstiger Weise die unmittelbare oder mittelbare Kontrolle über die Gesamtheit oder über Teile eines oder mehrerer anderer Unternehmen erwerben.
(2) Die Kontrolle wird durch Rechte, Verträge oder andere Mittel begründet, die einzeln oder zusammen unter Berücksichtigung aller tatsächlichen oder rechtlichen Umstände die Möglichkeit gewähren, einen bestimmenden Einfluss auf die Tätigkeit eines Unternehmens auszuüben, insbesondere durch:
a) Eigentums- oder Nutzungsrechte an der Gesamtheit oder an Teilen des Vermögens des Unternehmens;
b) Rechte oder Verträge, die einen bestimmenden Einfluss auf die Zusammensetzung, die Beratungen oder Beschlüsse der Organe des Unternehmens gewähren.
(3) Die Kontrolle wird für die Personen oder Unternehmen begründet,
a) die aus diesen Rechten oder Verträgen selbst berechtigt sind, oder
b) die, obwohl sie aus diesen Rechten oder Verträgen nicht selbst berechtigt sind, die Befugnis haben, die sich daraus ergebenden Rechte auszuüben.
(4) Die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens, das auf Dauer alle Funktionen einer selbstständigen wirtschaftlichen Einheit erfüllt, stellt einen Zusammenschluss im Sinne von Absatz 1 Buchstabe b) dar.
…“
5 Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 lautet:
„Zusammenschlüsse von gemeinschaftsweiter Bedeutung im Sinne dieser Verordnung sind nach Vertragsabschluss, Veröffentlichung des Übernahmeangebots oder Erwerb einer die Kontrolle begründenden Beteiligung und vor ihrem Vollzug bei der Kommission anzumelden.“
6 In Art. 5 („Berechnung des Umsatzes“) der Verordnung Nr. 139/2004 heißt es:
„(1) Für die Berechnung des Gesamtumsatzes im Sinne dieser Verordnung sind die Umsätze zusammenzuzählen, welche die beteiligten Unternehmen im letzten Geschäftsjahr mit Waren und Dienstleistungen erzielt haben und die dem normalen geschäftlichen Tätigkeitsbereich der Unternehmen zuzuordnen sind, unter Abzug von Erlösschmälerungen, der Mehrwertsteuer und anderer unmittelbar auf den Umsatz bezogener Steuern. Bei der Berechnung des Gesamtumsatzes eines beteiligten Unternehmens werden Umsätze zwischen den in Absatz 4 genannten Unternehmen nicht berücksichtigt.
Der in der Gemeinschaft oder in einem Mitgliedstaat erzielte Umsatz umfasst den Umsatz, der mit Waren und Dienstleistungen für Unternehmen oder Verbraucher in der Gemeinschaft oder in diesem Mitgliedstaat erzielt wird.
(2) Wird der Zusammenschluss durch den Erwerb von Teilen eines oder mehrerer Unternehmen bewirkt, so ist unabhängig davon, ob diese Teile eigene Rechtspersönlichkeit besitzen, abweichend von Absatz 1 aufseiten des Veräußerers nur der Umsatz zu berücksichtigen, der auf die veräußerten Teile entfällt.
Zwei oder mehr Erwerbsvorgänge im Sinne von Unterabsatz 1, die innerhalb von zwei Jahren zwischen denselben Personen oder Unternehmen getätigt werden, werden hingegen als ein einziger Zusammenschluss behandelt, der zum Zeitpunkt des letzten Erwerbsvorgangs stattfindet.
…“
7 Art. 6 („Prüfung der Anmeldung und Einleitung des Verfahrens“) der Verordnung Nr. 139/2004 bestimmt:
„(1) Die Kommission beginnt unmittelbar nach dem Eingang der Anmeldung mit deren Prüfung.
a) Gelangt sie zu dem Schluss, dass der angemeldete Zusammenschluss nicht unter diese Verordnung fällt, so stellt sie dies durch Entscheidung fest.
b) Stellt sie fest, dass der angemeldete Zusammenschluss zwar unter diese Verordnung fällt, jedoch keinen Anlass zu ernsthaften Bedenken hinsichtlich seiner Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt gibt, so trifft sie die Entscheidung, keine Einwände zu erheben, und erklärt den Zusammenschluss für vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt.
Durch eine Entscheidung, mit der ein Zusammenschluss für vereinbar erklärt wird, gelten auch die mit seiner Durchführung unmittelbar verbundenen und für sie notwendigen Einschränkungen als genehmigt.
c) Stellt die Kommission unbeschadet des Absatzes 2 fest, dass der angemeldete Zusammenschluss unter diese Verordnung fällt und Anlass zu ernsthaften Bedenken hinsichtlich seiner Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt gibt, so trifft sie die Entscheidung, das Verfahren einzuleiten. Diese Verfahren werden unbeschadet des Artikels 9 durch eine Entscheidung nach Artikel 8 Absätze 1 bis 4 abgeschlossen, es sei denn, die beteiligten Unternehmen haben der Kommission gegenüber glaubhaft gemacht, dass sie den Zusammenschluss aufgegeben haben.
(2) Stellt die Kommission fest, dass der angemeldete Zusammenschluss nach Änderungen durch die beteiligten Unternehmen keinen Anlass mehr zu ernsthaften Bedenken im Sinne des Absatzes 1 Buchstabe c) gibt, so erklärt sie gemäß Absatz 1 Buchstabe b) den Zusammenschluss für vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt.
Die Kommission kann ihre Entscheidung gemäß Absatz 1 Buchstabe b) mit Bedingungen und Auflagen verbinden, um sicherzustellen, dass die beteiligten Unternehmen den Verpflichtungen nachkommen, die sie gegenüber der Kommission hinsichtlich einer mit dem Gemeinsamen Markt zu vereinbarenden Gestaltung des Zusammenschlusses eingegangen sind.
…“
8 Art. 8 („Entscheidungsbefugnisse der Kommission“) der Verordnung Nr. 139/2004 sieht vor:
„(1) Stellt die Kommission fest, dass ein angemeldeter Zusammenschluss dem in Artikel 2 Absatz 2 festgelegten Kriterium und – in den in Artikel 2 Absatz 4 genannten Fällen – den Kriterien des Artikels [101] Absatz 3 [AEUV] entspricht, so erlässt sie eine Entscheidung, mit der der Zusammenschluss für vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt erklärt wird.
Durch eine Entscheidung, mit der ein Zusammenschluss für vereinbar erklärt wird, gelten auch die mit seiner Durchführung unmittelbar verbundenen und für sie notwendigen Einschränkungen als genehmigt.
(2) Stellt die Kommission fest, dass ein angemeldeter Zusammenschluss nach entsprechenden Änderungen durch die beteiligten Unternehmen dem in Artikel 2 Absatz 2 festgelegten Kriterium und – in den in Artikel 2 Absatz 4 genannten Fällen – den Kriterien des Artikels [101] Absatz 3 [AEUV] entspricht, so erlässt sie eine Entscheidung, mit der der Zusammenschluss für vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt erklärt wird.
Die Kommission kann ihre Entscheidung mit Bedingungen und Auflagen verbinden, um sicherzustellen, dass die beteiligten Unternehmen den Verpflichtungen nachkommen, die sie gegenüber der Kommission hinsichtlich einer mit dem Gemeinsamen Markt zu vereinbarenden Gestaltung des Zusammenschlusses eingegangen sind.
Durch eine Entscheidung, mit der ein Zusammenschluss für vereinbar erklärt wird, gelten auch die mit seiner Durchführung unmittelbar verbundenen und für sie notwendigen Einschränkungen als genehmigt.
(3) Stellt die Kommission fest, dass ein Zusammenschluss dem in Artikel 2 Absatz 3 festgelegten Kriterium entspricht oder – in den in Artikel 2 Absatz 4 genannten Fällen – den Kriterien des Artikels [101] Absatz 3 [AEUV] nicht entspricht, so erlässt sie eine Entscheidung, mit der der Zusammenschluss für unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt erklärt wird.
(4) Stellt die Kommission fest, dass ein Zusammenschluss
a) bereits vollzogen wurde und dieser Zusammenschluss für unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt erklärt worden ist oder
b) unter Verstoß gegen eine Bedingung vollzogen wurde, unter der eine Entscheidung gemäß Absatz 2 ergangen ist, in der festgestellt wird, dass der Zusammenschluss bei Nichteinhaltung der Bedingung das Kriterium des Artikels 2 Absatz 3 erfüllen würde oder – in den in Artikel 2 Absatz 4 genannten Fällen – die Kriterien des Artikels [101] Absatz 3 [AEUV] nicht erfüllen würde,
kann sie die folgenden Maßnahmen ergreifen:
– Sie kann den beteiligten Unternehmen aufgeben, den Zusammenschluss rückgängig zu machen, insbesondere durch die Auflösung der Fusion oder die Veräußerung aller erworbenen Anteile oder Vermögensgegenstände, um den Zustand vor dem Vollzug des Zusammenschlusses wiederherzustellen. Ist es nicht möglich, den Zustand vor dem Vollzug des Zusammenschlusses dadurch wiederherzustellen, dass der Zusammenschluss rückgängig gemacht wird, so kann die Kommission jede andere geeignete Maßnahme treffen, um diesen Zustand soweit wie möglich wiederherzustellen.
– Sie kann jede andere geeignete Maßnahme anordnen, um sicherzustellen, dass die beteiligten Unternehmen den Zusammenschluss rückgängig machen oder andere Maßnahmen zur Wiederherstellung des früheren Zustands nach Maßgabe ihrer Entscheidung ergreifen.
…“
9 Art. 21 („Anwendung der Verordnung und Zuständigkeit“) Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 lautet:
„Für Zusammenschlüsse im Sinne des Artikels 3 gilt ausschließlich diese Verordnung; die Verordnungen (EG) Nr. 1/2003 [des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln [101 und 102 AEUV] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1)], (EWG) Nr. 1017/68 [des Rates vom 19. Juli 1968 über die Anwendung von Wettbewerbsregeln auf dem Gebiet des Eisenbahn‑, Straßen- und Binnenschiffsverkehrs (ABl. 1968, L 175, S. 1)], (EWG) Nr. 4056/86 [des Rates vom 22. Dezember 1986 über die Einzelheiten der Anwendung der Artikel 85 und 86 des [EWG‑]Vertrags auf den Seeverkehr (ABl. 1986, L 378, S. 4)] und (EWG) Nr. 3975/87 [des Rates vom 14. Dezember 1987 über die Einzelheiten der Anwendung der Wettbewerbsregeln auf Luftfahrtunternehmen (ABl. 1987, L 374, S. 1)] gelten nicht, außer für Gemeinschaftsunternehmen, die keine gemeinschaftsweite Bedeutung haben und die Koordinierung des Wettbewerbsverhaltens unabhängig bleibender Unternehmen bezwecken oder bewirken.“
B. Leitlinien für horizontale Zusammenschlüsse
10 In den Leitlinien zur Bewertung horizontaler Zusammenschlüsse gemäß der Ratsverordnung über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (ABl. 2004, C 31, S. 5, im Folgenden: Leitlinien für horizontale Zusammenschlüsse) heißt es:
„…
13. … [Die] Kommission [ermittelt] gemäß Artikel 2 der [Verordnung Nr. 139/2004], ob der Zusammenschluss wirksamen Wettbewerb erheblich behindern würde, insbesondere durch die Begründung oder Verstärkung einer beherrschenden Stellung, so dass er für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt werden müsste. Bei diesen Faktoren handelt es sich nicht um eine ‚Kontrollliste‘, die mechanisch in jedem Einzelfall anzuwenden ist. Vielmehr muss sich die wettbewerbliche Analyse des Einzelfalles auf eine Gesamtbewertung der vorhersehbaren Wirkungen der Fusion im Hinblick auf die relevanten Faktoren und Bedingungen stützen. Nicht alle Faktoren sind in jedem einzelnen horizontalen Zusammenschluss maßgeblich, und es ist auch nicht stets erforderlich, sämtliche Bestandteile eines Falles mit der gleichen Ausführlichkeit zu untersuchen.
…
26. Eine Reihe von Faktoren, die für sich genommen nicht unbedingt Ausschlag gebend sind, können darüber entscheiden, ob spürbare nicht koordinierte Wirkungen von einem Zusammenschluss zu erwarten sind. Es müssen nicht alle Faktoren gegeben sein, damit diese Wirkungen angenommen werden können. Auch ist dies nicht als eine erschöpfende Aufzählung anzusehen.
Hohe Marktanteile der fusionierenden Unternehmen
27. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Unternehmen Marktmacht ausübt, nimmt mit seinem Marktanteil zu. Mit dem Umfang der Marktanteilsadditionen wächst auch die Wahrscheinlichkeit, dass ein Zusammenschluss zu einer spürbaren Erhöhung an Marktmacht führt. Mit der zunehmenden Größe der Absatzbasis, auf der höhere Gewinnspannen nach einer Preiserhöhung erzielt werden können, wird es auch wahrscheinlicher, dass die fusionierenden Unternehmen eine Preiserhöhung trotz der damit einhergehenden Verringerung des Absatzes als Gewinn bringend ansehen. Die Marktanteile und addierten Marktanteile sind zwar nur [erste] Anhaltspunkte für Marktmacht und hinzugewonnene Marktmacht, bleiben jedoch wichtige Bewertungsfaktoren …
Die fusionierenden Unternehmen sind nahe Wettbewerber
28. Die Produkte können in dem relevanten Markt so differenziert sein …, dass bestimmte Produkte nähere Substitute als andere sind … Mit dem zunehmenden Maß an Substituierbarkeit zwischen den Produkten der fusionierenden Unternehmen wird es wahrscheinlicher, dass diese ihre Preise spürbar erhöhen werden … So könnte ein Zusammenschluss zwischen zwei Herstellern, deren Produkte für eine große Anzahl von Kunden die erste und die zweite Kaufwahl sind, zu spürbaren Preiserhöhungen führen. Ein zentraler Faktor für die Untersuchung kann somit die Tatsache sein, dass die Rivalität zwischen den Parteien eine wichtige Antriebskraft des Wettbewerbs im Markt war … Auch hohe Gewinnspannen vor dem Zusammenschluss … können spürbare Preiserhöhungen wahrscheinlicher machen. Der Anreiz für die fusionierenden Unternehmen, die Preise zu erhöhen, wird stärker eingeschränkt, wenn konkurrierende Unternehmen nahe Substitute zu den Produkten der fusionierenden Unternehmen herstellen, als wenn sie weniger nahe Substitute anbieten … Es besteht deshalb eine geringere Wahrscheinlichkeit, dass ein Zusammenschluss wirksamen Wettbewerb, vor allem durch die Begründung oder Verstärkung einer beherrschenden Stellung, erheblich behindert, wenn ein hohes Maß an Substituierbarkeit zwischen den Produkten der fusionierenden Unternehmen und den Produkten der Wettbewerber besteht.
…
Fähigkeit des fusionierten Unternehmens, die Wettbewerber am Wachstum zu hindern
36. Einige Zusammenschlüsse könnten einen wirksamen Wettbewerb spürbar behindern, indem sie das fusionierte Unternehmen in eine Lage versetzen, in der es die Fähigkeit und den Anreiz hat, das Wachstum kleinerer Unternehmen und potenzieller Wettbewerber zu erschweren oder die Wettbewerbsfähigkeit anderer Unternehmen auf sonstige Weise einzuschränken. In einem solchen Fall wäre es möglich, dass die Wettbewerber einzeln oder insgesamt nicht in der Lage wären, den Verhaltensspielraum des fusionierten Unternehmen[s] in einem Maße zu begrenzen, dass es seine Preise nicht erhöhen oder keine anderen wettbewerbsschädlichen Maßnahmen ergreifen würde. Zum Beispiel könnte das fusionierte Unternehmen ein solches Maß an Kontrolle über oder Einfluss auf den Bezug von Einsatzmitteln … oder die Vertriebsmöglichkeiten … erlangen, dass für die Wettbewerber eine Erweiterung oder ein Markteintritt kostenaufwändiger wäre. In ähnlicher Weise kann die Kontrolle des fusionierten Unternehmens über Patente … oder andere Formen des geistigen Eigentums (z. B. Marken …) das Wachstum oder den Markteintritt von Mitbewerbern erschweren. In Märkten, wo das Zusammenwirken verschiedener Infrastrukturen oder Plattformen von Bedeutung ist …, kann ein Zusammenschluss der fusionierten Einheit die Möglichkeit verschaffen und ihr den Anreiz geben, die Kosten zu erhöhen oder die Qualität der Dienstleistungen der Mitbewerber zu mindern … Bei der Untersuchung dieser Gesichtspunkte berücksichtigt die Kommission u. a. die Finanzkraft des fusionierten Unternehmens verglichen mit der [seiner] Wettbewerber …
Beseitigung einer wichtigen Wettbewerbskraft durch den Zusammenschluss
37. Einige Unternehmen haben auf den Wettbewerbsprozess einen größeren Einfluss, als anhand ihrer Marktanteile oder ähnlicher Messgrößen zu vermuten wäre. Ein Zusammenschluss unter Beteiligung eines solchen Unternehmens könnte die Wettbewerbsdynamik in einer spürbar wettbewerbswidrigen Weise verändern, insbesondere, wenn es sich um einen bereits konzentrierten Markt handelt … So kann z. B. ein Unternehmen jüngst in den Markt eingetreten sein, von dem zu erwarten ist, dass es in Zukunft spürbaren Wettbewerbsdruck auf die übrigen im Markt tätigen Unternehmen ausübt.
38. In Märkten, wo Innovation einen wichtigen Wettbewerbsfaktor darstellt, kann ein Zusammenschluss die Fähigkeit und die Anreize für die Unternehmen erhöhen, Innovationen auf den Markt zu bringen, und damit den Wettbewerbsdruck für die Wettbewerber erhöhen, ihrerseits Innovationen auf diesen Markt zu bringen. Wirksamer Wettbewerb kann hingegen erheblich behindert werden, wenn sich zwei wichtige Innovatoren zusammenschließen, zum Beispiel zwei Unternehmen, deren Produkte für einen bestimmten Markt kurz vor der Einführung stehen. Auch ein Unternehmen mit einem relativ kleinen Marktanteil kann eine bedeutende Wettbewerbskraft werden, wenn Erfolg versprechende Produkte kurz vor der Einführung stehen …“
C. Konsolidierte Mitteilung zu Zuständigkeitsfragen
11 Die Konsolidierte Mitteilung der Kommission zu Zuständigkeitsfragen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (ABl. 2008, C 95, S. 1, berichtigt in ABl. 2009, C 43, S. 10, im Folgenden: Konsolidierte Mitteilung zu Zuständigkeitsfragen) sieht vor:
„…
(38) Die allgemeine ergebnisorientierte Definition des Zusammenschlusses [in Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004] – Ergebnis ist die Kontrolle eines oder mehrerer Unternehmen – bedeutet, dass es unerheblich ist, ob die Kontrolle nach einem oder mehreren Rechtsgeschäften erworben wurde, wenn das Endergebnis zu einem einzigen Zusammenschluss führt. Zwei oder mehr Transaktionen sind für die Zwecke des Artikels 3 als ein einziger Zusammenschluss anzusehen, wenn sie einheitlichen Charakter haben. Es sollte daher geprüft werden, ob im Ergebnis ein oder mehrere Unternehmen die unmittelbare oder mittelbare wirtschaftliche Kontrolle über die Tätigkeit eines oder mehrerer anderer Unternehmen übernehmen. Für die Würdigung ist die den Vorgängen zugrunde liegende wirtschaftliche Realität zu ermitteln und infolgedessen der von den Beteiligten verfolgte wirtschaftliche Zweck festzustellen. Oder anders ausgedrückt: Um festzustellen, ob die fraglichen Transaktionen einheitlichen Charakter haben, muss in jedem Einzelfall geprüft werden, ob diese Transaktionen so voneinander abhängig sind, dass die eine nicht ohne die andere durchgeführt worden wäre …
(39) In Erwägungsgrund 20 [der Verordnung Nr. 139/2004] heißt es hierzu, dass Erwerbsvorgänge, die eng miteinander verknüpft sind, weil sie durch eine Bedingung miteinander verbunden sind, als ein einziger Zusammenschluss behandelt werden sollten. …
…
(41) Allerdings können mehrere voneinander abhängige Transaktionen nur dann als ein einziger Zusammenschluss behandelt werden, wenn letztlich die Kontrolle von dem- bzw. denselben Unternehmen übernommen wird. …
…
(44) Der Grundsatz, dass … mehrere Transaktionen als ein einziger Zusammenschluss behandelt werden können, gilt nur, wenn dadurch bewirkt wird, dass dieselben Personen oder Unternehmen die Kontrolle über ein oder mehrere Unternehmen übernehmen.“
D. Verfahrensordnung des Gerichts
12 Die Art. 91 und 92 der Verfahrensordnung des Gerichts regeln den Gegenstand und das Verfahren der Beweisaufnahme.
13 Die Art. 93 bis 95 der Verfahrensordnung enthalten die Verfahrensmodalitäten für den Zeugenbeweis.
14 Art. 96 der Verfahrensordnung betrifft Sachverständigengutachten.
II. Vorgeschichte des Rechtsstreits und streitige Entscheidung
15 Die Vorgeschichte des Rechtsstreits ist in den Rn. 2 bis 18 der Urteile T‑312/20, T‑313/20, T‑315/20 und T‑319/20 sowie in den Rn. 2 bis 16 des Urteils T‑317/20 dargestellt worden. Für die Zwecke des vorliegenden Verfahrens kann sie wie folgt zusammengefasst werden.
A. Kontext des Zusammenschlusses
16 Die RWE AG ist eine Gesellschaft deutschen Rechts, die zum Zeitpunkt der Anmeldung des geplanten Zusammenschlusses auf den verschiedenen Stufen der Energieversorgungskette tätig war, u. a. in den Bereichen Stromerzeugung, ‑übertragung und ‑verteilung, im Stromgroß- und ‑einzelhandel sowie bei energiebezogenen Kundenlösungen (wie Verbrauchsmessung, Elektromobilität usw.) (im Folgenden: Strommarkt). RWE und ihre Tochtergesellschaften, darunter die innogy SE, sind in mehreren Mitgliedstaaten tätig.
17 Die E.ON SE ist eine Gesellschaft deutschen Rechts, die zum genannten Zeitpunkt auf den verschiedenen Stufen der Stromversorgungskette, und zwar der Stromerzeugung und ‑verteilung sowie dem Stromgroß- und ‑einzelhandel, tätig war. E.ON besitzt und betreibt Stromerzeugungsanlagen in mehreren Mitgliedstaaten.
18 Die Rechtsmittelführerinnen sind Unternehmen deutschen Rechts des öffentlichen Sektors, die Strom sowohl aus konventionellen Energiequellen (im Folgenden: konventioneller Strom) als auch aus erneuerbaren Energiequellen erzeugen und deren Erzeugungsanlagen sich in Deutschland befinden.
19 Der im vorliegenden Fall in Rede stehende Zusammenschluss fügt sich in den Rahmen eines komplexen Austauschs von Vermögenswerten zwischen RWE und E.ON ein, der von den beiden beteiligten Unternehmen am 11. und 12. März 2018 angekündigt wurde (im Folgenden: Gesamttransaktion). Dieser Austausch bestand in einer ersten Transaktion, dem hier in Rede stehenden Zusammenschluss, mit dem RWE die alleinige oder gemeinsame Kontrolle über bestimmte Erzeugungsanlagen von E.ON erwerben möchte. Die zweite Transaktion besteht darin, dass E.ON die alleinige Kontrolle über die Sparten Verteilung und Vertrieb sowie über bestimmte Erzeugungsanlagen der von RWE kontrollierten innogy erwirbt. Schließlich sieht eine dritte Transaktion vor, dass RWE eine Beteiligung in Höhe von 16,67 % an E.ON erwirbt.
20 Mit Schreiben vom 17. April, 24. April, 25. April, 16. Juli und 13. November 2018 teilten die Rechtsmittelführerinnen der Kommission mit, dass sie an dem die erste und die zweite Transaktion betreffenden Verfahren beteiligt werden wollten.
21 Am 26. Juni 2018 fand eine Besprechung zwischen den Vertretern der Rechtsmittelführerinnen in den Rechtssachen C‑464/23 P, C‑465/23 P, C‑467/23 P und C‑470/23 P und der Kommission statt, in der sie der Kommission die Bedenken ihrer Mandanten in Bezug auf die erste und die zweite Transaktion sowie ihren Wunsch nach Beteiligung an den entsprechenden Verfahren darlegten. Am 28. August 2018 fanden individuelle Besprechungen zwischen der Kommission und diesen vier Rechtsmittelführerinnen statt, bei denen sie zu den beiden Transaktionen Stellung nahmen.
22 Die zweite Transaktion (im Folgenden: Zusammenschluss M.8870) wurde am 31. Januar 2019 bei der Kommission angemeldet. In Bezug auf diese Transaktion erließ die Kommission den Beschluss C(2019) 6530 final vom 17. September 2019 zur Feststellung der Vereinbarkeit eines Zusammenschlusses mit dem Binnenmarkt und dem EWR-Abkommen (Sache M.8870 – E.ON/Innogy) (ABl. 2020, C 379, S. 16).
23 Die dritte Transaktion wurde beim Bundeskartellamt (Deutschland) angemeldet, das sie mit Bescheid vom 26. Februar 2019 genehmigte (Sache B8‑28/19, im Folgenden: Zusammenschluss B8‑28/19).
B. Verwaltungsverfahren
24 Am 22. Januar 2019 ging bei der Kommission die Anmeldung eines beabsichtigten Zusammenschlusses nach Art. 4 der Verordnung Nr. 139/2004 ein, mit dem RWE im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Buchst. b dieser Verordnung die alleinige oder gemeinsame Kontrolle über bestimmte Erzeugungsanlagen von E.ON erwerben wollte.
25 Am 31. Januar 2019 veröffentlichte die Kommission gemäß Art. 4 Abs. 3 der Verordnung Nr. 139/2004 die vorherige Anmeldung dieses Zusammenschlusses im Amtsblatt der Europäischen Union (Sache M.8871 – RWE/E.ON Assets) (ABl. 2019, C 38, S. 22, im Folgenden: Zusammenschluss M.8871).
26 Zu den Erzeugungsanlagen von E.ON, die RWE im Rahmen des Zusammenschlusses M.8871 erwerben soll, gehören zum einen folgende Gesellschaften und Beteiligungen an Gesellschaften, die auf dem Gebiet der Energieerzeugung aus erneuerbaren Quellen tätig sind:
– E.ON Climate & Renewables GmbH (Deutschland),
– Amrum Offshore West GmbH (Deutschland),
– E.ON Climate & Renewables UK Limited (Vereinigtes Königreich),
– E.ON Climate & Renewables North America LLC (Vereinigte Staaten),
– E.ON Wind Sweden AB (Schweden),
– E.ON Climate & Renewables Italia Srl (Italien),
– Arkona (Deutschland) und
– Delta Nordsee (Deutschland).
27 Darüber hinaus wird RWE 60,08 % der Anteile an Rampion NewCo (Vereinigtes Königreich), die ihrerseits 50 % der Anteile an der Rampion Offshore Wind Limited (Vereinigtes Königreich) hält, erwerben, was einer indirekten Beteiligung in Höhe von 30,1 % an Rampion Offshore Wind entspricht.
28 Zu den unter den Zusammenschluss M.8871 fallenden Stromerzeugungsanlagen von E.ON gehören zum anderen Beteiligungen und damit verbundene Strombezüge hinsichtlich kerntechnischer Anlagen, und zwar
– eine Minderheitsbeteiligung von 12,5 % an der Kernkraftwerke Lippe-Ems GmbH (Deutschland);
– eine Minderheitsbeteiligung von 25 % an der Kernkraftwerk Gundremmingen GmbH (Deutschland) sowie ein Anteil von 25 % an nuklearen Brennstoffen und Abfällen sowie Immobilien im Zusammenhang mit diesem Kernkraftwerk.
29 Im Rahmen ihrer Prüfung des Zusammenschlusses M.8871 führte die Kommission eine Marktbefragung durch und übermittelte daher bestimmten Unternehmen, darunter den Rechtsmittelführerinnen, einen Fragebogen, den diese am 30. Januar 2019 beantworteten.
30 Mit Schreiben vom 31. Januar 2019 wiederholten die Rechtsmittelführerinnen ihren Wunsch, an dem von der Kommission geführten Verfahren beteiligt und dabei von der Kommission angehört zu werden, falls diese entscheide, die Phase der eingehenden Prüfung gemäß Art. 6 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 139/2004 einzuleiten.
C. Streitiger Beschluss
31 Am 26. Februar 2019 erließ die Kommission den streitigen Beschluss, mit dem der Zusammenschluss M.8871 in der Prüfungsphase gemäß Art. 6 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 139/2004 und Art. 57 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) vom 2. Mai 1992 (ABl. 1994, L 1, S. 3) für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt wurde.
III. Verfahren vor dem Gericht und angefochtene Urteile
32 Mit fünf Klageschriften, die am 27. Mai 2020 bei der Kanzlei des Gerichts eingingen, erhoben die Rechtsmittelführerinnen Klagen auf Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses.
33 Sie stützten ihre Klagen auf sechs im Wesentlichen identische Klagegründe, und zwar erstens auf eine fehlerhafte Aufteilung der Analyse der Gesamttransaktion, zweitens auf einen Verstoß gegen die Begründungspflicht, drittens auf eine Verletzung des Rechts auf Anhörung, viertens auf eine Verletzung des Rechts auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz, fünftens auf offensichtliche Beurteilungsfehler und sechstens auf eine Verletzung der Sorgfaltspflicht.
34 Mit den angefochtenen Urteilen wies das Gericht die Klagen ab.
IV. Verfahren vor dem Gerichtshof und Anträge der Parteien
35 Mit fünf Rechtsmittelschriften, die am 21. Juli 2023 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen sind, haben die Rechtsmittelführerinnen die vorliegenden Rechtsmittel eingelegt.
36 Am selben Tag haben die Rechtsmittelführerinnen, die überdies im Jahr 2021 fünf Klagen auf Nichtigerklärung des oben in Rn. 22 angeführten Beschlusses erhoben hatten (Rechtssachen T‑53/21, T‑55/21, T‑56/21, T‑61/21 und T‑62/21), die am 21. Juli 2023 noch beim Gericht anhängig waren, beantragt, die Prüfung der vorliegenden Rechtsmittel bis zur Verkündung der Urteile des Gerichts in diesen Rechtssachen auszusetzen.
37 Mit Beschluss vom 19. September 2023 hat der Präsident des Gerichtshofs nach Anhörung der Parteien zu den Aussetzungsanträgen sowie zu einer etwaigen Verbindung der vorliegenden Rechtsmittel diese Anträge zurückgewiesen und die Verbindung angeordnet.
38 Mit ihren Rechtsmitteln beantragen die Rechtsmittelführerinnen, jeweils soweit sie betroffen sind, mit gleichem Wortlaut,
– die angefochtenen Urteile aufzuheben und den streitigen Beschluss für nichtig zu erklären,
– hilfsweise und jedenfalls die Sache an das Gericht zurückzuverweisen und
– der Kommission die Kosten einschließlich der durch das Verfahren vor dem Gericht entstandenen Anwalts- und Reisekosten aufzuerlegen.
39 Die Kommission und die anderen Parteien beantragen,
– die Rechtsmittel zurückzuweisen und
– den Rechtsmittelführerinnen die Kosten aufzuerlegen.
V. Zu den Rechtsmitteln
40 Die Rechtsmittelführerinnen stützen ihre Rechtsmittel auf vier gleichlautende Rechtsmittelgründe, mit denen sie einen Verstoß gegen Art. 101 AEUV und eine Verletzung ihrer Verfahrensrechte (erster Rechtsmittelgrund), die fehlerhafte Anwendung von Art. 3 der Verordnung Nr. 139/2004 (zweiter Rechtsmittelgrund), die fehlerhafte Anwendung von Art. 2 dieser Verordnung (dritter Rechtsmittelgrund) und einen Verstoß gegen die Grundsätze der Beweislastverteilung (vierter Rechtsmittelgrund) rügen.
A. Zum ersten Rechtsmittelgrund: Verstoß gegen Art. 101 AEUV und Verletzung der Verfahrensrechte der Rechtsmittelführerinnen
1. Zulässigkeit
a) Vorbringen der Parteien
41 Die Kommission macht geltend, in den Rechtsmittelschriften werde nicht angegeben, welche Randnummern der angefochtenen Urteile als rechtsfehlerhaft angegriffen werden sollten, so dass sie nicht den Anforderungen von Art. 169 Abs. 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs entsprächen.
b) Würdigung durch den Gerichtshof
42 Nach ständiger Rechtsprechung ergibt sich aus Art. 256 Abs. 1 Unterabs. 2 AEUV, Art. 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und Art. 168 Abs. 1 Buchst. d der Verfahrensordnung des Gerichtshofs, dass ein Rechtsmittel die beanstandeten Teile des Urteils, dessen Aufhebung beantragt wird, sowie die rechtlichen Argumente, die diesen Antrag speziell stützen, genau bezeichnen muss; andernfalls ist das Rechtsmittel oder der betreffende Rechtsmittelgrund unzulässig (Urteil vom 4. Oktober 2024, thyssenkrupp/Kommission, C‑581/22 P, EU:C:2024:821, Rn. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung).
43 Ein Rechtsmittelgrund, der nicht so klar und deutlich vorgebracht wird, dass der Gerichtshof seine Rechtmäßigkeitskontrolle ausüben kann, insbesondere weil die wesentlichen Teile, auf die er gestützt wird, nicht hinreichend zusammenhängend und verständlich aus der Rechtsmittelschrift hervorgehen, die insofern unklar und zweideutig formuliert ist, entspricht diesen Erfordernissen nicht und ist für unzulässig zu erklären. Ferner ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ein Rechtsmittel, dem es an einer kohärenten Struktur fehlt, das auf allgemeine Aussagen beschränkt ist und das keine genauen Angaben dazu enthält, welche Teile der angefochtenen Entscheidung mit einem Rechtsfehler behaftet sein könnten, als offensichtlich unzulässig zurückzuweisen (Urteil vom 4. Oktober 2024, thyssenkrupp/Kommission, C‑581/22 P, EU:C:2024:821, Rn. 58 und die dort angeführte Rechtsprechung).
44 Im vorliegenden Fall haben die Rechtsmittelführerinnen die Randnummern der angefochtenen Urteile, gegen die sie sich mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund wenden, genau bezeichnet und die Rechtsfehler, die das Gericht in diesen Randnummern begangen haben soll, genau und konkret dargelegt.
45 Daher ist der erste Rechtsmittelgrund zulässig.
2. Begründetheit
a) Zum ersten Teil
1) Vorbringen der Parteien
46 Die Rechtsmittelführerinnen beanstanden, dass das Gericht in den Rn. 393 und 394 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie in den Rn. 392 und 393 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20 die Anwendbarkeit von Art. 101 AEUV ausgeschlossen habe. Dieser pauschale Ausschluss werde nicht näher begründet und sei falsch. Zunächst könne die Wirksamkeit des Kartellverbots in Art. 101 AEUV nicht durch prozessuale Vorgaben in der Verordnung Nr. 139/2004 in Frage gestellt werden, so dass das Gericht die Anwendung dieser Bestimmung nicht unter Berufung auf die Verordnung habe ausschließen dürfen. Außerdem ergebe sich aus dem vom Gericht angeführten Urteil vom 7. September 2017, Austria Asphalt (C‑248/16, im Folgenden: Urteil Austria Asphalt, EU:C:2017:643, Rn. 33 und 34), nicht, dass ein Zusammenschluss nach der Verordnung Nr. 139/2004 nicht materiell gegen Art. 101 AEUV verstoßen könne. Das Urteil betreffe nämlich in Wirklichkeit die Abgrenzung der zum einen in dieser Verordnung und zum anderen in der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehenen Verfahrensvorgaben. Somit sei das Primärrecht auf Zusammenschlüsse anwendbar, wenn sich die daran Beteiligten – wie im vorliegenden Fall – darauf verständigten, den Wettbewerb zu beschränken; dies ergebe sich sowohl aus der Entstehungsgeschichte der Verordnung Nr. 139/2004 als auch aus ihrem Wortlaut und der Rechtsprechung.
47 Ferner schließe nach der Rechtsprechung die Anwendung der Verordnung Nr. 139/2004 die Anwendung des materiellen Primärrechts nicht aus. Im Urteil vom 16. März 2023, Towercast (C‑449/21 P, EU:C:2023:207, Rn. 33 ff.), habe der Gerichtshof festgestellt, dass Art. 21 der Verordnung Nr. 139/2004 zwar die Anwendbarkeit der Verordnung Nr. 1/2003 auf Zusammenschlüsse im Sinne von Art. 3 der Verordnung Nr. 139/2004 ausschließe, aber diese Sperrwirkung schon dem Wortlaut nach nur Akte des abgeleiteten Rechts betreffe. Schließlich sei dies geboten, um Wertungswidersprüche im Bereich der Fusionskontrolle zu vermeiden.
48 Die Kommission, RWE und E.ON treten dem Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen entgegen.
2) Würdigung durch den Gerichtshof
49 Zu der die Begründung des Urteils des Gerichts betreffenden Rüge der Rechtsmittelführerinnen ist einleitend festzustellen, dass nach ständiger Rechtsprechung die durch Art. 296 Abs. 2 AEUV vorgeschriebene Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Organs, das ihn erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen muss, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. Das Begründungserfordernis ist anhand der Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Inhalts des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und des Interesses zu beurteilen, das die Adressaten des Rechtsakts oder andere von ihm unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen von Art. 296 Abs. 2 AEUV genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (Urteil vom 29. Juli 2024, Ryanair und Laudamotion/Kommission, C‑591/21 P, EU:C:2024:635, Rn. 166 und die dort angeführte Rechtsprechung).
50 Im vorliegenden Fall hat das Gericht, nachdem es in Rn. 392 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie in Rn. 391 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20 ausgeführt hat, dass die Rechtsmittelführerinnen geltend machten, RWE und E.ON hätten durch die Gesamttransaktion die Stufen der Wertschöpfungskette auf dem deutschen Strommarkt untereinander aufgeteilt, was eine gegen Art. 101 AEUV verstoßende Wettbewerbsbeschränkung darstelle, in Rn. 393 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie in Rn. 392 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20 darauf hingewiesen, dass die Verordnung Nr. 139/2004, wie sich aus ihrem Art. 21 Abs. 1 ergebe, allein für Zusammenschlüsse im Sinne ihres Art. 3 gelte, auf die die Verordnung Nr. 1/2003 grundsätzlich nicht anwendbar sei. Unter Bezugnahme auf das Urteil Austria Asphalt hat das Gericht hinzugefügt, die letztgenannte Verordnung bleibe jedoch auf Verhaltensweisen von Unternehmen anwendbar, die zwar keinen Zusammenschluss im Sinne der Verordnung Nr. 139/2004 darstellten, aber gleichwohl zu einer gegen Art. 101 AEUV verstoßenden Koordinierung zwischen ihnen führen könnten und aus diesem Grund der Kontrolle durch die Kommission oder die nationalen Wettbewerbsbehörden unterlägen.
51 In Rn. 394 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie in Rn. 393 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20 hat das Gericht weiter ausgeführt, es sei unstreitig, dass Gegenstand des streitigen Beschlusses ein Zusammenschluss sei. In dieser Randnummer ist es sodann zu dem Ergebnis gelangt, dass das auf einen Verstoß gegen Art. 101 AEUV gestützte Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen in Anbetracht seiner Erwägungen in Rn. 393 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie in Rn. 392 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20 ins Leere gehe.
52 Damit ist das Gericht entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen seiner Begründungspflicht aus Art. 296 AEUV nachgekommen. Wie sich insoweit aus den Rechtsmittelschriften der Rechtsmittelführerinnen ergibt, waren sie in der Lage, die in diesen Randnummern der angefochtenen Urteile enthaltenen Beurteilungen in der Sache zu beanstanden, und die vom Gerichtshof nachstehend in den Rn. 54 bis 58 angestellten Erwägungen zeigen, dass er die Würdigung des Gerichts überprüfen konnte.
53 Die inhaltliche Kritik der Rechtsmittelführerinnen an dieser Beurteilung beruht auf einem Fehlverständnis der angefochtenen Urteile.
54 In Rn. 394 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie in Rn. 393 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20 hat das Gericht die Anwendbarkeit von Art. 101 AEUV auf die Vereinbarungen zwischen RWE und E.ON für die Zwecke des Zusammenschlusses M.8871 nicht ausgeschlossen.
55 In diesen Randnummern hat das Gericht im Wesentlichen festgestellt, dass Gegenstand des streitigen Beschlusses die Prüfung eines bei der Kommission angemeldeten Zusammenschlusses sei, so dass die Beachtung von Art. 101 AEUV von der Kommission mittels der Verordnung Nr. 139/2004, die zur präventiven Kontrolle von Zusammenschlüssen anhand der Art. 101 und 102 AEUV diene (vgl. in diesem Sinne Urteil Austria Asphalt, Rn. 30 und 31), und nicht mittels der die Kontrolle von Vereinbarungen, Beschlüssen, abgestimmten Verhaltensweisen und Fällen einer beherrschenden Stellung im Sinne der genannten Vertragsbestimmungen betreffenden Verordnung Nr. 1/2003 habe geprüft werden müssen und zutreffend geprüft worden sei.
56 Damit hat das Gericht nicht gegen die anwendbare Regelung verstoßen, und es hat in Rn. 393 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie in Rn. 392 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20 zu Recht auf die Rechtsprechung zu dieser Regelung in den Rn. 32 und 33 des Urteils Austria Asphalt Bezug genommen.
57 Die Beurteilung des Gerichts wird auch nicht durch das von den Rechtsmittelführerinnen angeführte Urteil vom 16. März 2023, Towercast (C‑449/21 P, EU:C:2023:207), in Frage gestellt. In dieser Rechtssache war der betreffende Zusammenschluss, der die in Art. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 festgelegten Schwellenwerte nicht überschritt, nicht angemeldet worden, so dass die Verordnung Nr. 139/2004, anders als bei dem hier in Rede stehenden Zusammenschluss, nicht herangezogen worden war und die in ihrem Art. 21 Abs. 1 vorgesehene Sperrwirkung keine Anwendung finden konnte.
58 Soweit die Rechtsmittelführerinnen geltend machen, RWE und E.ON hätten sich in einem komplexen Vorgang, bei dem ein „Waffenstillstand“ zwischen „früheren Erzkonkurrenten“ besiegelt worden sei, auf eine Beschränkung des Wettbewerbs geeinigt, was die Kommission und das Gericht nicht hätten ignorieren dürfen, ist darauf hinzuweisen, dass solche Umstände zwar im Anschluss an eine Beschwerde Gegenstand einer Untersuchung der Kommission nach der Verordnung Nr. 1/2003 hätten sein können oder gegebenenfalls sein könnten, aber nicht unter die von der Kommission im streitigen Beschluss gemäß der Verordnung Nr. 139/2004 vorgenommene strukturelle Prüfung des Zusammenschlusses und die anschließende Kontrolle der Rechtmäßigkeit dieses Beschlusses durch das Gericht fallen konnten.
59 Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass der erste Teil des ersten Rechtsmittelgrundes unbegründet ist.
b) Zum zweiten Teil
1) Vorbringen der Parteien
60 Die Rechtsmittelführerinnen tragen vor, das Gericht habe aufgrund seines Standpunkts zu Art. 101 AEUV nicht geprüft, ob die von ihnen vorgelegten Beweise für eine nach diesem Artikel verbotene Wettbewerbsbeschränkung kennzeichnend seien. Wie aus den Akten hervorgehe, hätten RWE und E.ON vereinbart, den Strommarkt untereinander aufzuteilen. Das Gericht hätte diese Marktaufteilung als durch Art. 101 Abs. 1 AEUV verboten einstufen können und müssen. Außerdem habe die Kommission unstreitig keine Kontrolle des Zusammenschlusses M.8871 anhand von Art. 101 AEUV vorgenommen, und die an ihm Beteiligten hätten auch keinerlei Anhaltspunkte dafür geliefert, dass der Zusammenschluss vorteilhafte Auswirkungen im Sinne von Art. 101 Abs. 3 AEUV haben würde.
61 Die Kommission, RWE und E.ON treten dem Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen entgegen.
2) Würdigung durch den Gerichtshof
62 Mit dem vorliegenden Teil werfen die Rechtsmittelführerinnen dem Gericht im Wesentlichen vor, nicht geprüft zu haben, ob die von ihnen in den Verfahren im ersten Rechtszug vorgelegten Beweise für das Vorliegen eines gegen Art. 101 AEUV verstoßenden Kartells kennzeichnend seien.
63 Wie die Prüfung des ersten Teils des vorliegenden Rechtsmittelgrundes ergeben hat, hat das Gericht mit seiner Feststellung, dass die Kommission den in Rede stehenden Zusammenschluss zu Recht im Rahmen der in der Verordnung Nr. 139/2004 vorgesehenen präventiven Kontrolle geprüft habe und dass jeder das Vorliegen eines wettbewerbswidrigen Kartells im Sinne von Art. 101 AEUV betreffende Gesichtspunkt Gegenstand einer Beschwerde im Rahmen der Verordnung Nr. 1/2003 hätte sein können oder gegebenenfalls sein könnte, keinen Rechtsfehler begangen.
64 Es ist aber nicht Sache des Gerichts, Erwägungen anzustellen, die in keinem Zusammenhang mit der Kontrolle der Rechtmäßigkeit des Beschlusses stehen, der Gegenstand der bei ihm erhobenen Nichtigkeitsklage ist.
65 Unter diesen Umständen ist der zweite Teil des ersten Rechtsmittelgrundes als ins Leere gehend zurückzuweisen.
c) Zum dritten Teil
1) Vorbringen der Parteien
66 Die Rechtsmittelführerinnen machen im Wesentlichen geltend, das Gericht habe ihren Anspruch auf rechtliches Gehör zum einen dadurch verletzt, dass es ihre Rüge eines Verstoßes gegen Art. 101 AEUV als ins Leere gehend eingestuft und deshalb alle von ihnen zum Beleg des Verstoßes gegen diese Bestimmung vorgetragenen Tatsachen aus rein formalen Gründen außer Acht gelassen habe. Zum anderen verletze die Ablehnung ihres Antrags auf persönliches Erscheinen oder Vernehmung der von ihnen benannten Zeugen durch das Gericht (Rn. 406 bis 411 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie Rn. 405 bis 410 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20) ihren Anspruch auf rechtliches Gehör.
67 Die Kommission, RWE und E.ON treten dem Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen entgegen.
2) Würdigung durch den Gerichtshof
68 Mit dem vorliegenden Teil werfen die Rechtsmittelführerinnen dem Gericht vor, ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt zu haben, indem es die von ihnen vorgetragenen Tatsachen außer Acht gelassen und in Bezug auf ein möglicherweise gegen Art. 101 AEUV verstoßendes Verhalten von RWE und E.ON weder das Erscheinen bestimmter Zeugen in der mündlichen Verhandlung noch ihre Vernehmung veranlasst habe.
69 Nach ständiger Rechtsprechung ist der Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes ein allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts, der nunmehr in Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union zum Ausdruck kommt (Urteil vom 10. Juli 2014, Telefónica und Telefónica de España/Kommission, C‑295/12 P, EU:C:2014:2062, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung). Dieser Grundsatz umfasst den Anspruch auf rechtliches Gehör (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. September 2024, Energotehnica, C‑792/22, EU:C:2024:788, Rn. 54).
70 Der Anspruch auf rechtliches Gehör impliziert, dass der Betroffene in die Lage versetzt wird, zu den Umständen, auf die die zuständige Behörde ihre ihn berührende Entscheidung zu stützen beabsichtigt, angemessen Stellung zu nehmen. Überdies bedeutet die Wahrung des Anspruchs auf rechtliches Gehör in einem gerichtlichen Verfahren nicht, dass das betreffende Gericht in seiner Entscheidung auf das gesamte Vorbringen sämtlicher Parteien umfassend eingehen muss, sondern es muss nach Anhörung des Vorbringens der Parteien und Würdigung der Beweise über den Klageantrag entscheiden und seine Entscheidung begründen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 9. November 2023, Global Silicones Council u. a./ECHA, C‑559/21 P, EU:C:2023:842, Rn. 76 und die dort angeführte Rechtsprechung).
71 Dagegen schließt dieses Recht keine Verpflichtung des Gerichts ein, eine Beweisaufnahme anzuordnen. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs zur Beurteilung von Anträgen einer Partei auf prozessleitende Maßnahmen oder Maßnahmen der Beweisaufnahme durch das Gericht des ersten Rechtszugs ist es nämlich allein Sache des Gerichts, zu entscheiden, ob das ihm in den bei ihm anhängigen Rechtssachen vorliegende Beweismaterial der Ergänzung bedarf. Es ist somit allein Sache des Gerichts, die Sachdienlichkeit eines Antrags auf eine prozessleitende Maßnahme im Hinblick auf den Streitgegenstand und die Erforderlichkeit der Durchführung dieser Maßnahme zu beurteilen (Urteil vom 12. November 2020, Fleig/EAD, C‑446/19 P, EU:C:2020:918, Rn. 53 und die dort angeführte Rechtsprechung).
72 Daraus folgt, dass bei der Kontrolle, die der Gerichtshof im Rahmen eines Rechtsmittelverfahrens vornimmt, zu prüfen ist, ob die Parteien tatsächlich in der Lage waren, im schriftlichen Verfahren ihr Vorbringen und die von ihnen angeführten Gründe sowie gegebenenfalls in der mündlichen Verhandlung die Einzelheiten ihres Vorbringens und ihre Antworten auf das Vorbringen der anderen Parteien des Verfahrens darzulegen. Das Gericht ist jedoch nicht verpflichtet, in seiner erstinstanzlichen Entscheidung das gesamte schriftliche oder mündliche Vorbringen der Parteien wiederzugeben, und muss auch nicht zu jedem vorgebrachten Argument Stellung nehmen (Urteil vom 14. März 2013, Viega/Kommission, C‑276/11 P, EU:C:2013:163, Rn. 35 und 36).
73 Im vorliegenden Fall geht zum einen aus den dem Gerichtshof vorgelegten Akten hervor, dass die Rechtsmittelführerinnen Gelegenheit hatten, im Verfahren vor dem Gericht ihre gesamten Argumente zum Bestehen eines gegen Art. 101 AEUV verstoßenden Kartells von RWE und E.ON vorzubringen. Insoweit bedeutet der Umstand, dass eine Rüge als ins Leere gehend angesehen wird, keineswegs, dass die Rechtsmittelführerinnen nicht angehört worden wären.
74 Zum anderen war das Gericht weder verpflichtet, diese Argumente in seine Erwägungen aufzunehmen, noch, dem Antrag auf persönliches Erscheinen oder auf Zeugenvernehmung – seine Zulässigkeit ratione temporis unterstellt – stattzugeben, da diese Argumente und dieser Antrag eine Rüge – und zwar die des Vorliegens eines gegen Art. 101 AEUV verstoßenden Kartells – betrafen, die das Gericht in den Rn. 392 bis 394 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie in den Rn. 391 bis 393 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20 zu Recht als ins Leere gehend angesehen hat.
75 Somit ist der dritte Teil des ersten Rechtsmittelgrundes zurückzuweisen.
76 Unter diesen Umständen ist der erste Rechtsmittelgrund zurückzuweisen.
B. Zum zweiten Rechtsmittelgrund: fehlerhafte Anwendung von Art. 3 der Verordnung Nr. 139/2004
77 Mit diesem Rechtsmittelgrund machen die Rechtsmittelführerinnen geltend, die Zusammenschlüsse M.8871, M.8870 und B8‑28/19 seien integrale Teile eines einzigen Zusammenschlusses und hätten daher entgegen den Ausführungen des Gerichts im Rahmen eines einzigen Fusionskontrollverfahrens nach der Verordnung Nr. 139/2004 geprüft werden müssen.
1. Zum ersten Teil
a) Vorbringen der Parteien
78 Die Rechtsmittelführerinnen machen erstens geltend, das Gericht habe sich zu Unrecht nicht zu seiner eigenen Zuständigkeit für die Entscheidung über den Zusammenschluss B8‑28/19 geäußert und sich fälschlich auf die Prämisse gestützt, dass die Kommission nicht verpflichtet gewesen sei, den Einstieg von RWE bei E.ON in Höhe von 16,67 % förmlich in das den Zusammenschluss M.8871 betreffende Verfahren einzubeziehen (Rn. 61 bis 72 der Urteile T‑312/20, T‑313/20, T‑315/20 und T‑319/20 sowie Rn. 60 bis 71 des Urteils T‑317/20), und daraus geschlossen, dass sie, sofern sie dem Zusammenschluss B8‑28/19 gemeinschaftsweite Bedeutung beigemessen hätten, eine Beschwerde an die Kommission hätten richten müssen, damit sie darüber befinde.
79 Weder aus dem Urteil vom 25. September 2003, Schlüsselverlag J. S. Moser u. a./Kommission (C‑170/02 P, EU:C:2003:501, Rn. 27 bis 30), das in Rn. 68 der Urteile T‑312/20, T‑313/20, T‑315/20 und T‑319/20 sowie in Rn. 67 des Urteils T‑317/20 angeführt werde, noch aus sonstigen Gründen ergebe sich für sie eine Pflicht, gesonderte Beschwerden einzulegen und gegebenenfalls gesonderte Klagen zu erheben. Die Kommission sei verpflichtet, das Vorliegen und die Reichweite eines Zusammenschlusses zu prüfen.
80 Zweitens habe das Gericht mit dem Vorwurf mangelnder Belege für einen Erwerb der Kontrolle (Rn. 70 der Urteile T‑312/20, T‑313/20, T‑315/20 und T‑319/20 sowie Rn. 69 des Urteils T‑317/20) die Tatsachen verfälscht. Sie hätten vielmehr den kontrollierenden Einfluss von RWE auf E.ON umfassend erläutert. Zudem sei ihnen das vom Gericht ihrem Vorbringen entgegengehaltene Investor Relationship Agreement (im Folgenden: IRA) nie übermittelt worden. Schließlich sei RWE durch das IRA nicht an abweichendem Stimmverhalten gehindert worden. Das IRA sei ohnehin nichtig, da es gegen § 134 Abs. 1 Satz 2 des deutschen Aktiengesetzes verstoße; dies sei in der mündlichen Verhandlung ausführlich erläutert worden, werde aber in den angefochtenen Urteilen nicht erwähnt.
81 Drittens wäre es, unabhängig von den vorstehenden Ausführungen, Sache der Kommission und des Gerichts gewesen, den Einstieg von RWE bei E.ON in Höhe von 16,67 % zu prüfen, auch wenn dieser isoliert betrachtet kein Zusammenschluss im Sinne der Verordnung Nr. 139/2004 sei, denn nach dem 21. Erwägungsgrund dieser Verordnung könne die Kommission die mit der Durchführung des Zusammenschlusses verbundenen Vereinbarungen prüfen.
82 Die Kommission, RWE und E.ON treten dem Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen entgegen.
b) Würdigung durch den Gerichtshof
83 Mit dem vorliegenden Teil, der die Rn. 61 bis 72 der Urteile T‑312/20, T‑313/20, T‑315/20 und T‑319/20 sowie die Rn. 60 bis 71 des Urteils T‑317/20 betrifft, werfen die Rechtsmittelführerinnen dem Gericht im Wesentlichen vor, nicht festgestellt zu haben, dass sich die Kommission im streitigen Beschluss zu ihrer Zuständigkeit hätte äußern und infolgedessen den Erwerb einer Minderheitsbeteiligung von RWE am Kapital von E.ON, d. h. den Zusammenschluss B8‑28/19, förmlich in das den Zusammenschluss M.8871 betreffende Verfahren hätte einbeziehen müssen. Sie werfen dem Gericht ferner vor, bestimmte Tatsachen in den Akten verfälscht zu haben.
84 In Rn. 61 der Urteile T‑312/20, T‑313/20, T‑315/20 und T‑319/20 sowie in Rn. 60 des Urteils T‑317/20 hat das Gericht ausgeführt, die Kommission habe im streitigen Beschluss darauf hingewiesen, dass sie bei ihrer Beurteilung der Auswirkungen eines Kontrollerwerbs auf den Wettbewerb auch Minderheitsbeteiligungen des Erwerbers an etwaigen verbundenen Gesellschaften zu berücksichtigen habe, und sie habe daher geprüft, ob der Erwerb der Beteiligung von RWE an E.ON, die Gegenstand des Zusammenschlusses B8‑28/19 sei, ihr Interesse verringern könnte, miteinander in Wettbewerb zu treten, oder sie in die Lage versetzen und bei ihnen ein Interesse daran wecken könnte, Wettbewerber auszuschließen.
85 In den Rn. 62 und 63 der Urteile T‑312/20, T‑313/20, T‑315/20 und T‑319/20 sowie in den Rn. 61 und 62 des Urteils T‑317/20 ist das Gericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Kommission im Rahmen der Beurteilung der Auswirkungen des Zusammenschlusses M.8871 die von RWE erworbene Beteiligung an E.ON berücksichtigt, nicht aber die Vereinbarkeit des Zusammenschlusses B8‑28/19 mit dem Binnenmarkt gemäß der Verordnung Nr. 139/2004 geprüft habe, wobei die zuständige deutsche Behörde die Vereinbarkeit dieses Zusammenschlusses anhand des deutschen Rechts geprüft habe.
86 In den Rn. 64 bis 66 der Urteile T‑312/20, T‑313/20, T‑315/20 und T‑319/20 sowie in den Rn. 63 bis 65 des Urteils T‑317/20 hat das Gericht zum Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen, wonach die Kommission den Zusammenschluss B8‑28/19 hätte prüfen müssen, da RWE aufgrund ihrer an E.ON erworbenen Minderheitsbeteiligung einen bestimmenden Einfluss auf E.ON habe ausüben können, unter Bezugnahme auf die Definition des Begriffs „Zusammenschluss“ im Sinne von Art. 3 der Verordnung Nr. 139/2004 ausgeführt, dass die Rechtsmittelführerinnen den Zusammenschluss B8‑28/19 als einen solchen Zusammenschluss betrachtet und der Kommission daher vorgeworfen hätten, ihn nicht geprüft zu haben.
87 In Rn. 67 der Urteile T‑312/20, T‑313/20, T‑315/20 und T‑319/20 sowie in Rn. 66 des Urteils T‑317/20 hat das Gericht ausgeführt, dass Gegenstand der bei ihm erhobenen Klage formal der streitige Beschluss sei, mit dem der Zusammenschluss M.8871 für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt worden sei, und dass in diesem Beschluss, auch wenn er Angaben zu der von RWE erworbenen Beteiligung an E.ON enthalte, anhand deren sich nachvollziehen lasse, warum die Kommission den Zusammenschluss B8‑28/19 nicht als Zusammenschluss im Sinne von Art. 3 der Verordnung Nr. 139/2004 betrachtet habe, nicht ausdrücklich über diese Frage und in weiterer Folge über die Zuständigkeit der Kommission für die Entscheidung über die Vereinbarkeit des Zusammenschlusses mit dem Binnenmarkt befunden worden sei. Die Rechtsmittelführerinnen könnten sich daher nicht auf den Klagegrund einer fehlerhaften Aufspaltung der Gesamttransaktion berufen, um beim Gericht die Entscheidung über eine Zuständigkeitsfrage zu beantragen, die von der Kommission in dem dort tatsächlich angefochtenen Beschluss nicht behandelt worden sei.
88 Das Gericht hat ferner hervorgehoben, dass es den Rechtsmittelführerinnen, wenn sie der Ansicht gewesen wären, dass der Zusammenschluss B8‑28/19 gemeinschaftsweite Bedeutung haben könne, oblegen hätte, eine Beschwerde an die Kommission zu richten, woraufhin sie über ihre Zuständigkeit als Kontrollbehörde im Grundsatz hätte entscheiden müssen (Rn. 68 der Urteile T‑312/20, T‑313/20, T‑315/20 und T‑319/20 sowie Rn. 67 des Urteils T‑317/20).
89 Das Gericht hat darauf hingewiesen, dass der Erwerb einer Minderheitsbeteiligung jedenfalls nur dann zu einem Kontrollerwerb führen könne, wenn diese Beteiligung mit besonderen Rechten ausgestattet sei, die rechtlich zu einer alleinigen Kontrolle führten, oder wenn der Minderheitsgesellschafter aufgrund besonderer Umstände die alleinige Kontrolle auf faktischer Grundlage erlange (Rn. 69 der Urteile T‑312/20, T‑313/20, T‑315/20 und T‑319/20 sowie Rn. 68 des Urteils T‑317/20). Zum einen hätten die Rechtsmittelführerinnen aber nicht vorgetragen, dass die von RWE erworbene Beteiligung mit solchen Rechten ausgestattet sei (Rn. 70 der Urteile T‑312/20, T‑313/20, T‑315/20 und T‑319/20 sowie Rn. 69 des Urteils T‑317/20), und zum anderen könne RWE in Anbetracht der IRA in der Hauptversammlung von E.ON auch dann keine Mehrheit erlangen, wenn nur wenige Anteilseigner anwesend seien. Zudem hätten die Rechtsmittelführerinnen keine Anhaltspunkte vorgetragen, die es plausibel erscheinen ließen, dass sich [vertraulich](1 ) und RWE in den Hauptversammlungen von E.ON auf eine Art und Weise abstimmen würden, die RWE dort eine stabile Mehrheit verschaffen könnte. Daher könne nicht davon ausgegangen werden, dass RWE eine alleinige Kontrolle auf faktischer Grundlage über E.ON erworben habe (Rn. 71 der Urteile T‑312/20, T‑313/20, T‑315/20 und T‑319/20 sowie Rn. 70 des Urteils T‑317/20), so dass die Rechtsmittelführerinnen nicht mit Erfolg geltend machen könnten, dass der Zusammenschluss B8‑28/19 einen Zusammenschluss im Sinne von Art. 3 der Verordnung Nr. 139/2004 darstelle (Rn. 72 der Urteile T‑312/20, T‑313/20, T‑315/20 und T‑319/20 sowie Rn. 71 des Urteils T‑317/20).
90 Erstens ist zu der Rüge, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, weil es nicht festgestellt habe, dass sich die Kommission im streitigen Beschluss zu ihrer Zuständigkeit für die Kontrolle des Zusammenschlusses B8‑28/19 hätte äußern müssen, darauf hinzuweisen, dass das durch die Verordnung Nr. 139/2004 geschaffene System der Kontrolle von Zusammenschlüssen die Pflicht der Wirtschaftsteilnehmer umfasst, ihre Zusammenschlüsse bei der Kommission anzumelden, sowie das Verbot, die Zusammenschlüsse zu vollziehen, solange die Kommission nicht ihre Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt festgestellt hat. In diesem Rahmen beginnt die Kommission unmittelbar nach dem Eingang der Anmeldung mit deren Prüfung, die zum Erlass eines Beschlusses führt, wonach der angemeldete Zusammenschluss nicht unter die Verordnung fällt, keinen Anlass zu ernsthaften Bedenken hinsichtlich seiner Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt gibt oder Anlass zu solchen Bedenken gibt (Art. 6 Abs. 1 der Verordnung), mit der Folge, dass im letztgenannten Fall ein förmliches Prüfverfahren eingeleitet wird, das zu einem Beschluss führt, mit dem der angemeldete Zusammenschluss für vereinbar (Art. 8 Abs. 1 und 2 der Verordnung) oder unvereinbar (Art. 8 Abs. 3 der Verordnung) mit dem Gemeinsamen Markt erklärt wird, oder, im Fall eines Zusammenschlusses, der bereits vollzogen wurde und mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar ist oder unter Verstoß gegen eine Bedingung vollzogen wurde, zu einem Beschluss, mit dem angeordnet wird, den Zusammenschluss rückgängig zu machen (Art. 8 Abs. 4 der Verordnung).
91 Aus den in der vorstehenden Randnummer genannten Bestimmungen ergibt sich, dass die Kommission einen Zusammenschluss, der unter Verstoß gegen die Pflicht aus Art. 4 der Verordnung Nr. 139/2004 nicht bei ihr angemeldet wurde, nicht prüfen und gegebenenfalls für vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt erklären darf. Wird jedoch eine Beschwerde an sie gerichtet, mit der gerügt wird, dass ein Sachverhalt vorliege, der einen unter diese Verordnung fallenden Zusammenschluss von gemeinschaftsweiter Bedeutung darstelle, muss sich die Kommission zu ihrer Zuständigkeit für die Überprüfung dieses Sachverhalts äußern und gegebenenfalls klären, ob es sich um einen solchen Zusammenschluss handelt, der mangels Anmeldung rechtswidrig ist, und ob in einem solchen Fall gemäß Art. 14 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Geldbußen festzusetzen sind.
92 Im vorliegenden Fall hat das Gericht festgestellt, dass der der Kontrolle durch das Bundeskartellamt unterliegende Zusammenschluss B8‑28/19 nicht bei der Kommission angemeldet worden war. Somit hat die Kommission zwar den Erwerb einer Minderheitsbeteiligung an E.ON durch RWE bei der Beurteilung der wettbewerblichen Interaktionen, die daraus zwischen den Parteien des bei ihr angemeldeten Zusammenschlusses M.8871 resultieren können, gebührend berücksichtigt, doch hatte sie mangels einer Beschwerde nicht von Amts wegen über ihre eigene Zuständigkeit für den Zusammenschluss B8‑28/19 zu befinden.
93 Folglich hat das Gericht, ohne dass die von ihm vorgenommene Auslegung des Urteils vom 25. September 2003, Schlüsselverlag J. S. Moser u. a./Kommission (C‑170/02 P, EU:C:2003:501, Rn. 27 bis 30), geprüft zu werden braucht, keinen Rechtsfehler begangen, als es die Rüge der Rechtsmittelführerinnen, wonach sich die Kommission im streitigen Beschluss zu dem Zusammenschluss B8‑28/19 hätte äußern müssen, zurückgewiesen hat.
94 Zudem hat das Gericht entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen in ihren Rechtsmittelschriften die Beurteilungen der Kommission zum Erwerb einer Minderheitsbeteiligung von RWE an E.ON erwähnt und überprüft (vgl. Rn. 61 bis 71 der Urteile T‑312/20, T‑313/20, T‑315/20 und T‑319/20 sowie Rn. 60 bis 70 des Urteils T‑317/20; vgl. auch Rn. 269, 308, 364, letzter Satz, und 370 ff. der Urteile T‑312/20, T‑313/20, T‑315/20 sowie Rn. 268, 307, 363, letzter Satz, und 369 ff. der Urteile T‑317/20 und T‑319/20).
95 Was zweitens die Rüge betrifft, das Gericht habe die Tatsachen verfälscht, da die Rechtsmittelführerinnen entgegen seinen Ausführungen in den Rn. 70 und 71 der Urteile T‑312/20, T‑313/20, T‑315/20 und T‑319/20 sowie in den Rn. 69 und 70 des Urteils T‑317/20 den kontrollierenden Einfluss von RWE auf E.ON erläutert hätten, da ihnen das IRA nie übermittelt worden sei und da RWE durch das IRA nicht an abweichendem Stimmverhalten gehindert worden sei, können nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs Rügen, die gegen nicht tragende Gründe einer Entscheidung des Gerichts gerichtet sind, nicht zur Aufhebung dieser Entscheidung führen und gehen daher ins Leere (Urteil vom 28. Oktober 2021, Vialto Consulting/Kommission, C‑650/19 P, EU:C:2021:879, Rn. 86).
96 Die vom Gericht in den Rn. 65 bis 68 der Urteile T‑312/20, T‑313/20, T‑315/20 und T‑319/20 sowie in den Rn. 64 bis 67 des Urteils T‑317/20 dargelegten Gründe reichen jedoch aus, um die Zurückweisung des ersten Teils des ersten Klagegrundes, mit dem die Rechtsmittelführerinnen der Kommission vorwarfen, den Zusammenschluss B8‑28/19 nicht geprüft zu haben, durch das Gericht in diesen Urteilen zu rechtfertigen. Dass sowohl Rn. 69 der Urteile T‑312/20, T‑313/20, T‑315/20 und T‑319/20 als auch Rn. 68 des Urteils T‑317/20 mit „Jedenfalls“ beginnen, bestätigt dies.
97 Da es den Rechtsmittelführerinnen im Rechtsmittelverfahren nicht gelungen ist, im Rahmen der von ihnen zur Stützung des vorliegenden Teils des zweiten Rechtsmittelgrundes erhobenen Rüge darzutun, dass die genannten Randnummern der angefochtenen Urteile mit einem Rechtsfehler behaftet sind, ist diese Rüge zurückzuweisen.
98 Drittens ist zum Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen, es wäre Sache der Kommission und des Gerichts gewesen, den Einstieg von RWE bei E.ON in Höhe von 16,67 % zu prüfen, auch wenn dieser isoliert betrachtet keinen Zusammenschluss im Sinne der Verordnung Nr. 139/2004 darstelle, bereits oben in Rn. 94 festgestellt worden, dass die Kommission diesen Erwerb einer Minderheitsbeteiligung beurteilt hat, was das Gericht in den angefochtenen Urteilen gebührend erwähnt und überprüft hat.
99 Daher ist der erste Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes als unbegründet zurückzuweisen.
2. Zum zweiten Teil
a) Vorbringen der Parteien
100 Die Rechtsmittelführerinnen tragen vor, das Gericht habe in den Rn. 74 bis 119 der Urteile T‑312/20, T‑313/20, T‑315/20 und T‑319/20 sowie in den Rn. 73 bis 118 des Urteils T‑317/20 ihr Vorbringen zurückgewiesen, dass die Zusammenschlüsse M.8871, M.8870 und B8‑28/19 einen einzigen Zusammenschluss bildeten. Diese Auslegung des Begriffs „Zusammenschluss“ im Sinne der Verordnung Nr. 139/2004 durch das Gericht verkenne die Ziele des AEU-Vertrags und die Bedeutung des 20. Erwägungsgrundes dieser Verordnung sowie den Wortlaut der Konsolidierten Mitteilung zu Zuständigkeitsfragen. Auch wenn der 20. Erwägungsgrund nicht in den verfügenden Teil der Verordnung übernommen worden sei, bekräftige der Unionsgesetzgeber darin sein weites Verständnis des Begriffs „Zusammenschluss“, ohne auszuschließen, dass auch eng miteinander verknüpfte Tauschgeschäfte einen einzigen Zusammenschluss darstellen könnten. Überdies erlaube es der ebenso weite Wortlaut von Art. 3 der Verordnung Nr. 139/2004, mehrere Vorgänge, bei denen verschiedene Unternehmen die Kontrolle über verschiedene „andere“ Unternehmen erwürben, als einen einzigen Zusammenschluss zu betrachten, was auch durch Art. 5 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 139/2004 letztlich nicht in Frage gestellt werde. Dies habe das Gericht in seinem Urteil vom 23. Februar 2009, Cementbouw Handel & Industrie/Kommission (T‑282/02, EU:T:2006:64, Rn. 111 ff.), bestätigt.
101 Entgegen den Ausführungen des Gerichts in den Rn. 84 und 85 der Urteile T‑312/20, T‑313/20, T‑315/20 und T‑319/20 sowie in den Rn. 83 und 84 des Urteils T‑317/20 sei die gemeinsame Prüfung von Tauschgeschäften weder durch eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers ausgeschlossen worden, noch habe er entschieden, dass allein die Konsolidierte Mitteilung zu Zuständigkeitsfragen maßgeblich sei. Im Grünbuch über die Revision der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates vom 21. Dezember 1989 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (KOM[2001] 745 endgültig) (im Folgenden: Grünbuch) habe sich die Kommission dafür ausgesprochen, Tauschgeschäfte als einen einzigen Zusammenschluss zu betrachten. Im Gesetzgebungsverfahren habe die Diskussion über die geplante Revision jedoch dazu geführt, dass die Anwendung des Begriffs „Zusammenschluss“ im Falle mehrfacher Erwerbsvorgänge durch den 20. Erwägungsgrund gewährleistet werden solle.
102 Im Übrigen sei die Konsolidierte Mitteilung zu Zuständigkeitsfragen eine rein interne Verwaltungsmaßgabe, die das Gericht nicht binde. Auch Generalanwältin Kokott habe in ihren Schlussanträgen in der Rechtssache Austria Asphalt (C‑248/16, EU:C:2017:322) klargestellt, dass diese Mitteilung nicht Teil des einschlägigen rechtlichen Rahmens sei. Das Gericht habe daher einen Rechtsfehler begangen, als es seine Beurteilung der Tauschgeschäfte auf die Rn. 41 und 44 der Mitteilung gestützt und es abgelehnt habe, die Zusammenschlüsse M.8871, M.8870 und B8‑28/19 als einen einzigen Zusammenschluss zu betrachten.
103 Die Kommission, RWE und E.ON sowie die deutsche Regierung treten dem Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen entgegen.
b) Würdigung durch den Gerichtshof
104 Mit dem zweiten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes, der im Wesentlichen die Erwägungen des Gerichts in den Rn. 74 bis 86 der Urteile T‑312/20, T‑313/20, T‑315/20 und T‑319/20 sowie in den Rn. 73 bis 85 des Urteils T‑317/20 betrifft, rügen die Rechtsmittelführerinnen die Auslegung des Begriffs „einziger Zusammenschluss“ durch das Gericht. Sie tragen vor, ein einziger Zusammenschluss könne aus mehreren Vorgängen bestehen, durch die verschiedene Unternehmen die Kontrolle über verschiedene andere Unternehmen erwürben. Die Auslegung des Begriffs „Zusammenschluss“ im Sinne der Verordnung Nr. 139/2004 durch das Gericht verkenne die Ziele des AEU-Vertrags und die Bedeutung des 20. Erwägungsgrundes dieser Verordnung sowie den Wortlaut der Konsolidierten Mitteilung zu Zuständigkeitsfragen.
105 In den Rn. 74 bis 77 der Urteile T‑312/20, T‑313/20, T‑315/20 und T‑319/20 sowie in den Rn. 73 bis 76 des Urteils T‑317/20 hat das Gericht nach dem Hinweis, dass der Begriff „einziger Zusammenschluss“ nur im 20. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 139/2004 zu finden sei, festgestellt, dass der 20. Erwägungsgrund keine erschöpfende Definition der Voraussetzungen enthalte, unter denen zwei oder mehr Erwerbsvorgänge einen einzigen Zusammenschluss darstellten, und dass ein Erwägungsgrund einer Verordnung zwar Aufschluss über die Auslegung einer Rechtsvorschrift geben, aber weder eine solche Regel darstellen noch zu einer Definition führen könne, die nicht mit den Bestimmungen der Verordnung, zu deren Präambel er gehöre, im Einklang stehe.
106 In Rn. 78 der Urteile T‑312/20, T‑313/20, T‑315/20 und T‑319/20 sowie in Rn. 77 des Urteils T‑317/20 hat das Gericht daraus gefolgert, dass der Begriff „einziger Zusammenschluss“ so auszulegen sei, dass er mit dem in Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 definierten Begriff „Zusammenschluss“ vereinbar sei, ohne die Tragweite dieser Bestimmung zu erweitern.
107 In den Rn. 79 und 80 der Urteile T‑312/20, T‑313/20, T‑315/20 und T‑319/20 sowie in den Rn. 78 und 79 des Urteils T‑317/20 hat das Gericht aus Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 geschlossen, dass zwei oder mehr Erwerbsvorgänge nur dann als ein einziger Zusammenschluss im Sinne dieser Verordnung betrachtet werden könnten, wenn sie voneinander abhängig seien, so dass die einen nicht ohne die anderen durchgeführt würden, und wenn ihr Ergebnis darin bestehe, dass einem oder mehreren Unternehmen die wirtschaftliche Kontrolle über die Tätigkeit eines oder mehrerer anderer Unternehmen übertragen werde.
108 In den Rn. 81 bis 86 der Urteile T‑312/20, T‑313/20, T‑315/20 und T‑319/20 sowie in den Rn. 80 bis 85 des Urteils T‑317/20 ist das Gericht auf das Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen eingegangen, wonach der 20. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 139/2004 den im Grünbuch zum Ausdruck gebrachten Willen der Kommission konkretisiert habe, für eine kohärente Bewertung des gesamten Vorhabens den Tausch von Vermögenswerten ganz generell als einzigen Zusammenschluss zu behandeln; es hat dazu ausgeführt, dass der Unionsgesetzgeber diesem Willen in der Verordnung Nr. 139/2004 nicht gefolgt sei, und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass der Begriff „einziger Zusammenschluss“ in Anbetracht der in Rn. 80 der Urteile T‑312/20, T‑313/20, T‑315/20 und T‑319/20 sowie in Rn. 79 des Urteils T‑317/20 genannten Voraussetzungen nicht den Fall umfasse, dass unabhängige Unternehmen wie etwa beim Tausch von Vermögenswerten die Kontrolle über unterschiedliche Zielunternehmen erwürben.
109 Entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen hat das Gericht bei diesen Ausführungen weder die Ziele des AEU-Vertrags noch die Bedeutung des 20. Erwägungsgrundes der Verordnung Nr. 139/2004 oder den Wortlaut der Konsolidierten Mitteilung zu Zuständigkeitsfragen verkannt.
110 Zunächst hat das Gericht zu Recht festgestellt, dass der 20. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 139/2004 nicht verbindlich ist und nicht zu einer Definition des Begriffs „einziger Zusammenschluss“ führen kann, die mit Art. 3 der Verordnung unvereinbar ist.
111 Sodann hat das Gericht ebenfalls zu Recht im Wesentlichen ausgeführt, dass, wie sich aus Art. 3 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 139/2004 ergibt, zwei oder mehr Erwerbsvorgänge für die Zwecke der Fusionskontrolle nur dann einen einzigen Zusammenschluss darstellen können, wenn sie neben ihrer notwendigen Abhängigkeit voneinander dazu führen, dass die alleinige Kontrolle über ein Unternehmen oder die gemeinsame Kontrolle über zwei oder mehr Unternehmen einem oder mehreren anderen Unternehmen übertragen wird.
112 Das Gericht hat auch mit der Feststellung, dass das Grünbuch die Einleitung eines Konsultationsprozesses bezweckt habe, keine Verpflichtung der Kommission begründet habe und schließlich vom Unionsgesetzgeber hinsichtlich der in ihm enthaltenen Vorschläge zum Tausch von Vermögenswerten in der Verordnung Nr. 139/2004 nicht konkretisiert worden sei, keinen Fehler begangen.
113 Zur Bezugnahme der Rechtsmittelführerinnen auf Art. 5 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 139/2004 ist darauf hinzuweisen, dass diese Bestimmung nur regelt, wann mehrere Erwerbsvorgänge bei der Berechnung des Umsatzes als ein einziger Zusammenschluss behandelt werden. Sie enthält hingegen keine Definition des Begriffs „Zusammenschluss“ selbst.
114 Schließlich ist hinsichtlich der Konsolidierten Mitteilung zu Zuständigkeitsfragen festzustellen, dass das Gericht in den Rn. 84 und 85 der Urteile T‑312/20, T‑313/20, T‑315/20 und T‑319/20 sowie in den Rn. 83 und 84 des Urteils T‑317/20 entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen nicht entschieden hat, dass nur diese Mitteilung für die Definition des Begriffs „einziger Zusammenschluss“ maßgeblich sei. Es hat nämlich ausgeführt, da der Unionsgesetzgeber die im Grünbuch enthaltenen Vorschläge zum Tausch von Vermögenswerten nicht in die Endfassung der Verordnung Nr. 139/2004 aufgenommen habe, seien im vorliegenden Fall nicht sie maßgeblich, sondern nur die Verordnung und die Mitteilung. Überdies kann der bloße Umstand, dass die Konsolidierte Mitteilung zu Zuständigkeitsfragen nicht verbindlich ist, für sich genommen nicht zur Folge haben, dass aufgrund ihrer Heranziehung durch das Gericht die angefochtenen Urteile mit einem Rechtsfehler behaftet sind, zumal die Rechtsmittelführerinnen nicht nachweisen, dass die von der Kommission in dieser Mitteilung vorgenommene Auslegung keine Grundlage in der Verordnung Nr. 139/2004 finden könnte.
115 Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass das Gericht in Rn. 86 der Urteile T‑312/20, T‑313/20, T‑315/20 und T‑319/20 sowie in Rn. 85 des Urteils T‑317/20 zu Recht zu dem Ergebnis gekommen ist, dass der Begriff „einziger Zusammenschluss“ nicht den Fall umfasst, dass unabhängige Unternehmen – wie etwa bei dem hier vorliegenden Tausch von Vermögenswerten – die Kontrolle über unterschiedliche Zielunternehmen erwerben.
116 Der zweite Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes ist deshalb zurückzuweisen.
117 Folglich ist der zweite Rechtsmittelgrund zurückzuweisen.
C. Zum dritten Rechtsmittelgrund: fehlerhafte Anwendung von Art. 2 der Verordnung Nr. 139/2004
1. Zum ersten Teil
a) Vorbringen der Parteien
118 Die Rechtsmittelführerinnen machen geltend, die Rn. 205 bis 228 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie die Rn. 204 bis 227 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20 seien mit einem Rechtsfehler behaftet, da sie den offensichtlichen Fehler der Kommission bei der Beurteilung des relevanten Marktes bestätigten.
119 In den Rn. 220 und 221 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie in den Rn. 219 und 220 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20 habe das Gericht ausgeführt, dass „der Zusammenschluss unabhängig davon, welche Definitionen des Marktes … letztlich zugrunde gelegt würden, … keine wettbewerbsrechtlichen Bedenken aufwerfe“ und dass die Rechtsmittelführerinnen „kein spezifisches Argument“ vorgebracht und „nicht konkret [erläutert haben], warum sich die Kommission auf eine andere Definition der … Märkte hätte stützen sollen“. Diese Darstellung verfälsche Tatsachen und verkenne, welche Beweisanforderungen den Rechtsmittelführerinnen auferlegt werden könnten. Sie hätten nämlich in ihren Klageschriften und in einer auf ihr Ersuchen von einem Wirtschaftsberatungsunternehmen erstellten und der Kommission übermittelten Studie (im Folgenden: Oxera-Studie) präzise dargestellt, aufgrund welcher eigenen Marktdefinition und mit welchen daraus zu ziehenden Schlüssen sie die offengelassene Marktabgrenzung als Ermittlungsdefizit und/oder offensichtlichen Beurteilungsfehler der Kommission bemängelt hätten. Dem Gericht hätten daher alle für eine Entscheidung erforderlichen Nachweise vorgelegen.
120 Das Gericht und die Kommission hätten die Marktdefinition nicht dahinstehen lassen dürfen. Im streitigen Beschluss werde nicht angegeben, weshalb die Kommission trotz der oben genannten Nachweise davon ausgegangen sei, dass die wachsende Marktmacht von RWE auf dem Stromerstabsatzmarkt unabhängig von den denkbaren Marktdefinitionen unbedenklich sei.
121 Die Kommission, RWE, E.ON und die deutsche Regierung treten dem Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen entgegen.
b) Würdigung durch den Gerichtshof
122 Mit dem ersten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes machen die Rechtsmittelführerinnen geltend, die Rn. 205 bis 228 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie die Rn. 204 bis 227 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20 seien rechtsfehlerhaft, da das Gericht den von der Kommission im streitigen Beschluss begangenen offensichtlichen Fehler bei der Beurteilung des relevanten Marktes nicht beanstandet habe.
123 Zu der dem Gerichtshof im Rechtsmittelverfahren obliegenden Kontrolle ist darauf hinzuweisen, dass das Rechtsmittel nach Art. 256 AEUV und Art. 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union auf Rechtsfragen beschränkt ist. Daher ist allein das Gericht für die Feststellung und Beurteilung der relevanten Tatsachen sowie die Beweiswürdigung zuständig. Die Würdigung der Tatsachen und Beweise ist somit vorbehaltlich ihrer Verfälschung keine Rechtsfrage, die als solche der Kontrolle durch den Gerichtshof im Rechtsmittelverfahren unterliegt (Urteil vom 16. Januar 2019, Kommission/United Parcel Service, C‑265/17 P, EU:C:2019:23, Rn. 11 und die dort angeführte Rechtsprechung).
124 Außerdem muss ein Rechtsmittelführer, der eine Verfälschung von Tatsachen und Beweisen durch das Gericht rügt, genau angeben, welche Beweise verfälscht worden sein sollen, und die Beurteilungsfehler darlegen, die das Gericht seines Erachtens zu der Verfälschung veranlasst haben (Urteil vom 4. Oktober 2024, thyssenkrupp/Kommission, C‑581/22 P, EU:C:2024:821, Rn. 102 und die dort angeführte Rechtsprechung). Diese setzt voraus, dass das Gericht die Grenzen einer vernünftigen Beurteilung der Beweise offensichtlich überschritten hat (Urteil vom 4. Juli 2024, Portugal/Kommission [Freizone Madeira], C‑736/22 P, EU:C:2024:579, Rn. 56 und die dort angeführte Rechtsprechung). Es genügt daher nicht, darzutun, dass ein Dokument anders ausgelegt werden könnte, als es das Gericht getan hat. Schließlich muss sich die Verfälschung in offensichtlicher Weise aus den Akten ergeben, ohne dass es einer neuen Tatsachen- und Beweiswürdigung bedarf (Urteil vom 13. Juli 2023, Kommission/CK Telecoms UK Investments, C‑376/20 P, EU:C:2023:561, Rn. 142 und die dort angeführte Rechtsprechung).
125 Überdies ist der Gerichtshof nicht befugt, die Beweise zu prüfen, auf die das Gericht die von ihm festgestellten Tatsachen gestützt hat, da es allein Sache des Gerichts ist, den Wert der ihm vorgelegten Beweise zu beurteilen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. Januar 2002, Conserve Italia/Kommission, C‑500/99 P, EU:C:2002:45, Rn. 59 und die dort angeführte Rechtsprechung). Es ist auch allein Sache des Gerichts, darüber zu entscheiden, ob diese Beweise ausreichen oder der Ergänzung bedürfen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. November 2007, Sniace/Kommission, C‑260/05 P, EU:C:2007:700, Rn. 77 und die dort angeführte Rechtsprechung).
126 In Bezug auf das Kriterium der dem Gericht obliegenden Kontrolle des streitigen Beschlusses ist darauf hinzuweisen, dass die Grundregeln der Verordnung Nr. 139/2004, anknüpfend an die Entscheidung des Gerichtshofs im Kontext der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates vom 21. Dezember 1989 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (ABl. 1989, L 395, S. 1) (Urteil vom 15. Februar 2005, Kommission/Tetra Laval, C‑12/03 P, EU:C:2005:87, Rn. 38), der Kommission insbesondere bei komplexen wirtschaftlichen Beurteilungen ein gewisses Ermessen einräumen. Daher muss die Kontrolle der Ausübung einer solchen, für die Aufstellung der Regeln über Zusammenschlüsse wesentlichen Befugnis durch die Unionsgerichte unter Berücksichtigung des den Bestimmungen wirtschaftlicher Art, die Teil der Regelung von Zusammenschlüssen sind, zugrunde liegenden Spielraums erfolgen.
127 Hinzuzufügen ist, dass das Gericht im Rahmen der Kontrolle, die es in Bezug auf die Würdigung komplexer wirtschaftlicher Gegebenheiten durch die Kommission ausübt, die wirtschaftliche Beurteilung seitens der Kommission nicht durch seine eigene ersetzen darf (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 2. September 2010, Kommission/Scott, C‑290/07 P, EU:C:2010:480, Rn. 64 und 66, sowie vom 24. Januar 2013, Frucona Košice/Kommission, C‑73/11 P, EU:C:2013:32, Rn. 75). Folglich erstreckt sich die vom Gericht ausgeübte Kontrolle der komplexen wirtschaftlichen Beurteilungen, die die Kommission im Rahmen der Ausübung des ihr durch die Verordnung Nr. 139/2004 eingeräumten Ermessens vornimmt, auf die Einhaltung der Vorschriften über das Verfahren und die Begründung, die materielle Richtigkeit des Sachverhalts sowie das Fehlen eines offensichtlichen Beurteilungsfehlers und eines Ermessensmissbrauchs (Urteil vom 13. Juli 2023, Kommission/CK Telecoms UK Investments, C‑376/20 P, EU:C:2023:561, Rn. 84).
128 Im vorliegenden Fall ist im Licht der vorstehenden Erwägungen festzustellen, dass das Gericht keinen Rechtsfehler begangen hat, als es in Rn. 210 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie in Rn. 209 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20 ausgeführt hat, dass die Definition des in Rede stehenden Marktes, da sie mit der Beurteilung komplexer wirtschaftlicher Gegebenheiten durch die Kommission verbunden sei, nur Gegenstand einer beschränkten Kontrolle durch das Gericht sein könne.
129 In den Rn. 219 bis 228 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie in den Rn. 218 bis 227 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20 hat das Gericht die Begründung des streitigen Beschlusses und das Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen geprüft und festgestellt, dass sie nicht nachgewiesen hätten, dass die Kommission bei der Definition des relevanten Marktes einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen habe.
130 Die Rüge der Rechtsmittelführerinnen, das Gericht verfälsche mit seiner Feststellung, dass sie kein spezifisches Argument vorgetragen hätten, um die Beurteilung der Kommission in Frage zu stellen, wonach der Zusammenschluss unabhängig davon, welche Definitionen des Marktes letztlich zugrunde gelegt würden, keine wettbewerbsrechtlichen Bedenken aufwerfe, Tatsachen verfälsche und verkenne, welche Beweisanforderungen ihnen auferlegt werden könnten, ist zurückzuweisen. Aus einer Gesamtbetrachtung dieser Randnummern im Licht der für die Kontrolle komplexer wirtschaftlicher Beurteilungen der Kommission durch das Gericht bestehenden Grenzen ergibt sich nämlich, dass das Gericht darin nicht festgestellt hat, dass in den bei ihm erhobenen Klagen keine Argumente vorgebracht worden seien, die sich gegen die Beurteilung der Definition des relevanten Marktes durch die Kommission richteten. Dabei ist das Gericht im Übrigen speziell auf das Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen eingegangen, wonach der Markt für Strom aus erneuerbaren Energiequellen, für den das Förderregime des Gesetzes für den Ausbau erneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz – EEG 2017) vom 21. Juli 2014 (BGBl. 2014 I S. 1066, im Folgenden: EEG) gelte, ein eigenständiger Markt sei. Das Gericht hat im Wesentlichen festgestellt, dass zu den besonderen Merkmalen der verschiedenen Energiequellen, zu ihrer fehlenden Austauschbarkeit, zu den Wettbewerbsbedingungen und zur Nachfrage- und Angebotsstruktur nichts vorgebracht worden sei, das im Rahmen der von ihm vorzunehmenden beschränkten Kontrolle die Feststellung rechtfertigen würde, dass die Kommission bei ihrer Beurteilung des relevanten Marktes einen offensichtlichen Fehler begangen habe. Entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen ändert das Gericht nicht die für jede Partei, die sich auf eine Tatsache beruft, geltenden Beweisanforderungen, sondern führt in diesen Randnummern der angefochtenen Urteile lediglich aus, dass die von ihnen vorgebrachten Gesichtspunkte nicht geeignet seien, die Beurteilungen der Kommission in Bezug auf den relevanten Produktmarkt in Frage zu stellen.
131 Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, dass die Rechtsmittelführerinnen mit ihrer Rüge in Wirklichkeit darauf abzielen, vor dem Gerichtshof die vom Gericht vorgenommene Würdigung der ihm vorgelegten Beweise in Frage zu stellen und eine erneute Prüfung der Tatsachen durch den Gerichtshof zu erwirken. Wie oben in Rn. 123 ausgeführt, ist die Würdigung der Tatsachen und Beweise, abgesehen vom Fall ihrer Verfälschung, der hier nicht dargetan worden ist, aber keine Rechtsfrage, die als solche der Kontrolle des Gerichtshofs unterliegt.
132 Der erste Teil des dritten Rechtsmittelgrundes ist daher zurückzuweisen.
2. Zum zweiten Teil
a) Vorbringen der Parteien
133 Die Rechtsmittelführerinnen machen geltend, das Gericht habe in den Rn. 229 bis 259 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie in den Rn. 228 bis 258 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20 einen Rechtsfehler begangen, als es die unzulängliche, weil verkürzte Prognose der Folgen des Zusammenschlusses gebilligt habe.
134 Erstens sei das Gericht nämlich in den Rn. 233 und 234 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie in den Rn. 232 und 233 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20 zu Unrecht davon ausgegangen, dass eine Prüfung der Marktanteile ausreiche, während die von ihnen vorgetragenen Aspekte „hypothetische Gesichtspunkte“ seien, „deren wirtschaftliche Bedeutung … nicht abgeschätzt werden kann“, jedenfalls nicht „mit einer vernünftigen Fehlermarge“.
135 Zweitens habe das Gericht in den Rn. 235 bis 239 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie in den Rn. 234 bis 238 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20 zu Unrecht nicht beanstandet, dass die Kommission den Entwicklungen der Energiewende und des Atomausstiegs zum 31. Dezember 2022 nicht hinreichend Rechnung getragen habe, indem sie bei den Auswirkungen des Zusammenschlusses auf die von RWE gehaltenen Marktanteile allgemein zwischen der Zeit vor 2022 und der Zeit danach differenziert habe. Zum einen habe das Gericht selbst festgestellt, dass sich diese Betrachtungen auf die von RWE gehaltenen Marktanteile beschränkt hätten, was den Besonderheiten des Stromerstabsatzmarkts nicht gerecht werde. Zum anderen habe die Kommission in den Erwägungsgründen 30, 35, 62 und 65 des streitigen Beschlusses die über das Jahr 2022 hinausgehenden Folgen des Zusammenschlusses nicht hinreichend geprüft, sondern nur festgestellt, dass die von E.ON übertragenen Kernkraftwerkskapazitäten mit dem Atomausstieg im Jahr 2022 wegfielen und daher die Folgen begrenzt seien. Das werde Art. 2 der Verordnung Nr. 139/2004, wonach die Prognose sorgfältig durchgeführt werden müsse, nicht gerecht, da die Gesamttransaktion und der nachhaltige Wegfall der potenziellen Konkurrenz durch E.ON den Wettbewerb auf dem Stromerstabsatzmarkt auch über die im Jahr 2022 endende Nutzung von Kernkraftwerkskapazitäten hinaus beeinflusse. Schließlich könne von Sorgfalt bei der Erstellung der Prognose nicht die Rede sein, denn die Kommission räume im 62. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses, der in den angefochtenen Urteilen angeführt werde (Rn. 236 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie Rn. 235 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20), selbst ein, dass sie insoweit keine erschöpfende Untersuchung durchgeführt habe. Die im Widerspruch zum Inhalt des streitigen Beschlusses stehende Darstellung des Sachverhalts in den angefochtenen Urteilen verfälsche den Beschluss zum Nachteil der Rechtsmittelführerinnen.
136 Drittens habe das Gericht mit seinen Ausführungen in Rn. 240 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie in Rn. 239 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20, dass „vernünftigerweise davon ausgegangen werden [kann], dass [die] Prüfung [der Kommission] einen Zeitraum von drei bis fünf Jahren ab der im Jahr 2019 erfolgten Anmeldung des Zusammenschlusses umfasst hat“, der Kommission unter Verfälschung der Tatsachen Prognosen zugerechnet, die aus dem streitigen Beschluss gar nicht ersichtlich seien.
137 Ungeachtet dessen wäre auch die unterstellte Betrachtung eines Zeitraums von drei bis fünf Jahren keine sorgfältige Prognose, da dieser Zeitraum für eine Prüfung der Auswirkungen des Zusammenschlusses auf den Stromerstabsatzmarkt viel zu kurz sei. Außerdem habe das Gericht die von der Kommission in anderen Verfahren herangezogenen Zeiträume von zehn bis 15 Jahren für irrelevant erachtet, obwohl es dort wie im vorliegenden Fall um Prognosen für die Stromerzeugungsmärkte gegangen sei. Es sei auch nicht richtig, dass die Kommission nicht über Informationen verfügt habe, die es ihr ermöglicht hätten, „eine Untersuchung der voraussichtlichen Entwicklung durchzuführen, die weiter in die Zukunft reicht“ (Rn. 246 ff. der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie Rn. 245 ff. der Urteile T‑317/20 und T‑319/20). Schließlich habe das Gericht in Rn. 257 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie in Rn. 256 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20 die von den Rechtsmittelführerinnen gerügte Wettbewerbsverzerrung aufgrund der Finanzierung des Kohleausstiegs von RWE durch die deutsche Regierung fälschlich mit der Begründung in Abrede gestellt, dass diese Finanzierung in der Sache SA.58181 für vereinbar mit den Vorschriften über staatliche Beihilfen erklärt worden sei.
138 Die Kommission, RWE, E.ON und die deutsche Regierung treten dem Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen entgegen.
b) Würdigung durch den Gerichtshof
139 Mit dem zweiten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes, der sich auf die Rn. 229 bis 259 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie die Rn. 228 bis 258 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20 bezieht, machen die Rechtsmittelführerinnen geltend, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, weil es die ihrer Ansicht nach unzulängliche, weil verkürzte Prognose der Folgen des Zusammenschlusses gebilligt habe.
140 In den Rn. 231 bis 235 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie in den Rn. 230 bis 234 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20 hat das Gericht unter Bezugnahme auf Art. 2 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 139/2004 darauf hingewiesen, dass die Kommission bei der Kontrolle von Zusammenschlüssen eine Prognose über die künftige Marktentwicklung zu erstellen habe. Diese Untersuchung der voraussichtlichen Entwicklung müsse sorgfältig durchgeführt werden, da es nicht darum gehe, vergangene Ereignisse, für die häufig zahlreiche Anhaltspunkte vorlägen, die ein Verständnis ihrer Ursachen ermöglichten, zu prüfen, sondern darum, Ereignisse vorherzusehen, die künftig mit mehr oder weniger großer Wahrscheinlichkeit eintreten würden, wenn kein Beschluss ergehe, mit dem der Zusammenschluss zu den geplanten Bedingungen untersagt werde oder dessen Bedingungen näher festgelegt würden. Die Untersuchung der voraussichtlichen Entwicklung, bei der zu prüfen sei, inwieweit ein Zusammenschluss die für den Stand des Wettbewerbs auf einem bestimmten Markt maßgebenden Faktoren verändern könnte, erfordere es, sich die verschiedenen Kausalketten vor Augen zu führen und von denjenigen mit der größten Wahrscheinlichkeit auszugehen. Bei der Beurteilung eines Zusammenschlusses seien nur tatsächliche und rechtliche Umstände zugrunde zu legen, die zum Zeitpunkt der Anmeldung dieser Transaktion gegeben seien, nicht aber hypothetische Gesichtspunkte, deren wirtschaftliche Bedeutung zum Zeitpunkt des Erlasses der Genehmigungsentscheidung nicht abgeschätzt werden könne. Folglich werde von der Kommission erwartet, dass sie die Auswirkungen des Zusammenschlusses für einen Zeitraum prüfe, der nicht länger währen dürfe als bis zum Eintritt bestimmter Ereignisse mit einem hinreichenden Grad an Gewissheit. Daher könne von der Kommission nicht verlangt werden, dass sie eine Untersuchung der voraussichtlichen Entwicklung auf der Grundlage von Faktoren durchführe, deren langfristige Auswirkungen sie nicht mit einer vernünftigen Fehlermarge vorhersehen könne.
141 Im streitigen Beschluss habe die Kommission zwei Zeiträume unterschieden, und zwar den Zeitraum ab der Durchführung des Zusammenschlusses bis zum 31. Dezember 2022 – dem vom deutschen Gesetzgeber für den Atomausstieg festgelegten Zeitpunkt – und den Zeitraum nach diesem Tag; die Obergrenze für diesen zweiten Zeitraum habe die Kommission jedoch nicht genau angegeben, wobei vernünftigerweise davon ausgegangen werden könne, dass ihre Prüfung einen Zeitraum von drei bis fünf Jahren ab der im Jahr 2019 erfolgten Anmeldung des Zusammenschlusses umfasst habe (Rn. 236 bis 240 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie Rn. 235 bis 239 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20).
142 Dem Vorwurf der Rechtsmittelführerinnen, die Kommission hätte nach ihrer früheren Entscheidungspraxis unter Berücksichtigung der Dauer der dem Strommarkt eigenen Investitionszyklen und des Umbruchs, der auf diesem Markt aufgrund der Energiewende und des Atomausstiegs stattfinde, stattdessen einen Prognosezeitraum von 15 bis 20 Jahren in Betracht ziehen müssen, hat das Gericht entgegengehalten, dass die Kommission in den früheren Rechtssachen im Besitz von Informationen gewesen sei, die es ihr ermöglicht hätten, mit hinreichender Sicherheit die Marktentwicklung während eines solchen Zeitraums abzuschätzen (Rn. 245 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie Rn. 244 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20).
143 Das Gericht hat geprüft, ob die Kommission im vorliegenden Fall über Informationen verfügte, die es ihr ermöglicht hätten, eine Untersuchung der voraussichtlichen Entwicklung vorzunehmen, die weiter in die Zukunft reicht als die im streitigen Beschluss vorgenommene (Rn. 246 bis 258 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie Rn. 245 bis 257 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20). Es hat hierzu ausgeführt, die Rechtsmittelführerinnen seien nur auf ihre eigenen Investitionsvorhaben eingegangen, ohne Projekte anzuführen, die RWE nach dem Zusammenschluss realisieren könnte; sie hätten im Gegenteil darauf hingewiesen, dass RWE und E.ON nach dem Zusammenschluss von massiven Investitionen abgeschreckt werden könnten. Das Gericht hat daraus geschlossen, dass die Kommission, selbst wenn man annähme, dass sich die Investitionszyklen in diesem Sektor, wie die Rechtsmittelführerinnen geltend machten, tatsächlich auf Zeiträume von 15 bis 20 Jahren erstreckten, ihre Untersuchung der voraussichtlichen Entwicklung nicht allein aus diesem Grund auf einen solchen Zeitraum habe ausrichten können (Rn. 249 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie Rn. 248 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20). Zu den möglichen Auswirkungen des Kohleausstiegs hat das Gericht festgestellt, dass das Gesetz zur Reduzierung und zur Beendigung der Kohleverstromung vom 8. August 2020 (BGBl. 2020 I S. 1818, im Folgenden: Kohleausstiegsgesetz) nach dem Erlass des streitigen Beschlusses ergangen sei, aber im Anschluss an einen vor dessen Erlass vorgelegten Bericht, der den Kohleausstieg für das Jahr 2038 vorgesehen habe (Rn. 250 und 251 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie Rn. 249 und 250 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20). Dieser Bericht enthalte kein konkretes Datum für die Stilllegung der Kohlekraftwerke der Uniper SE – deren Verschwinden die Rechtsmittelführerinnen angeführt hätten, um darzutun, dass sich die Marktstruktur zugunsten von RWE ändern werde –, sondern darin heiße es, dass der Betreiber des Kohlebergwerks, das Uniper beliefere, einen Betrieb bis Mitte der 2030er Jahre plane (Rn. 252 und 253 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie Rn. 251 und 252 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20). Das Gericht hat unter Bezugnahme auf eine Pressemitteilung der deutschen Regierung vom 15. Januar 2020 über eine mit den Ländern erzielte Einigung zum Kohleausstieg, eine Pressemitteilung von Uniper vom 30. Januar 2020, in der sie mitgeteilt habe, dass sie aus der Kohleverstromung aussteigen wolle und welche Perspektiven angesichts der Nicht‑Inbetriebnahme des Kohlekraftwerks Datteln 4 bestünden, hinzugefügt, dass in diesem Kontext das Kohleausstiegsgesetz erlassen worden sei, dessen § 4 zwar einen Zeitplan für die Reduzierung und Beendigung der Emissionen von Kohlekraftwerken vorsehe, in dem aber anders als im Gesetz über den Atomausstieg die betroffenen Kohlekraftwerke nicht namentlich genannt würden (Rn. 253 und 254 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie Rn. 252 und 253 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20).
144 Das Gericht hat daraus abgeleitet, dass die Kommission, auch wenn ihr bekannt gewesen sei, dass ein Kohleausstiegsgesetz in Vorbereitung gewesen sei und dass Uniper den Betrieb ihrer Kohlekraftwerke einstellen werde, zum Zeitpunkt des Erlasses des streitigen Beschlusses die genauen Modalitäten dieses Gesetzes, die erst im Januar 2020 präzisiert worden seien, nicht habe kennen können. Außerdem hätten sich die Rechtsmittelführerinnen nur mit Uniper befasst, ohne die wahrscheinlichen Auswirkungen dieses Gesetzes auf RWE zu berücksichtigen, die ebenfalls Kohlekraftwerke besessen habe. Schließlich handele es sich bei den vom Zusammenschluss betroffenen Anlagen zur Erzeugung konventionellen Stroms von E.ON um kerntechnische Anlagen und nicht um Kohlekraftwerke, so dass die Kommission nicht auf die durch das Kohleausstiegsgesetz herbeigeführten Änderungen auf dem Markt der Stromerzeugung und des Stromgroßhandels habe eingehen müssen, um die Auswirkungen des Zusammenschlusses auf einem neu definierten Markt vernünftig vorauszusehen. Dies sei umso mehr gerechtfertigt gewesen, als eine Berücksichtigung des Kohleausstiegs, der sich bis 2038 hinziehen solle, von der Kommission eine Prognose für eine sehr ferne Zukunft erfordert hätte, die durch noch nicht absehbare, aber zur weiteren Modifizierung der Marktstruktur geeignete Änderungen gekennzeichnet sein könnte (Rn. 255 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie Rn. 254 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20).
145 Zum Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen, das Kohleausstiegsgesetz führe zu einer Wettbewerbsverzerrung, da die deutsche Regierung RWE mit erheblichen finanziellen Mitteln ertüchtige, hat das Gericht festgestellt, dass die Kommission den Ausschreibungsmechanismus der Bundesrepublik Deutschland nicht als wettbewerbsverzerrend eingestuft habe, sondern zu dem Ergebnis gelangt sei, dass die aus diesen Finanzmitteln bestehenden Beihilfen mit dem Binnenmarkt vereinbar seien (Rn. 257 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie Rn. 256 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20).
146 Das Gericht ist zu dem Schluss gekommen, dass die Kommission nicht über Informationen verfügt habe, die es ihr erlaubt hätten, eine Untersuchung der voraussichtlichen Entwicklung auf der Grundlage eines längeren als des von ihr gewählten Zeitraums vorzunehmen (Rn. 258 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie Rn. 257 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20).
147 Zunächst ist festzustellen, dass der Hinweis auf die Pflichten der Kommission hinsichtlich der von ihr zu erstellenden Prognose der künftigen Entwicklung des betreffenden Marktes (Rn. 231 bis 233 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie Rn. 230 bis 232 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20) den Erwägungen des Gerichtshofs in den Rn. 80 bis 85 des Urteils vom 13. Juli 2023, Kommission/CK Telecoms UK Investments (C‑376/20 P, EU:C:2023:561), entspricht und dass die Rechtsmittelführerinnen nicht geltend machen und erst recht nicht nachweisen, dass das Gericht in diesen Randnummern der Urteile T‑312/20, T‑313/20, T‑315/20, T‑317/20 und T‑319/20 einen Rechtsfehler begangen hat. Sie machen hingegen geltend, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, als es die ihrer Ansicht nach unzulängliche, weil verkürzte Prognose der Folgen des Zusammenschlusses gebilligt habe.
148 Insoweit beruht die oben in Rn. 134 wiedergegebene erste Rüge der Rechtsmittelführerinnen, wonach das Gericht eine Prüfung der Marktanteile für ausreichend gehalten habe, auf einem Fehlverständnis der angefochtenen Urteile. In den Rn. 233 und 234 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie in den Rn. 232 und 233 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20 hat das Gericht nämlich weder zu verstehen gegeben, dass eine Prüfung der Marktanteile ausreiche, noch die Qualität der von den Rechtsmittelführerinnen vorgelegten Beweise kommentiert, sondern nur auf den Umfang der Prüfungspflicht der Kommission hingewiesen.
149 Zur zweiten Rüge der Rechtsmittelführerinnen, mit der geltend gemacht wird, die Kommission habe den Entwicklungen der Energiewende und des Atomausstiegs nicht hinreichend Rechnung getragen, ist festzustellen, dass diese Rüge die von der Kommission im streitigen Beschluss vorgenommenen Beurteilungen und nicht die Feststellungen des Gerichts betrifft. In Bezug auf Letztere beschränkt sie sich auf allgemeine Behauptungen, wonach das Gericht zum einen die Besonderheiten des Stromerstabsatzmarkts nicht berücksichtigt habe und zum anderen die im Widerspruch zum Inhalt des streitigen Beschlusses stehende Darstellung des Sachverhalts den Beschluss zum Nachteil der Rechtsmittelführerinnen verfälsche. Insoweit ist – abgesehen davon, dass dann, wenn eine Verfälschung behauptet wird, nach der oben in Rn. 124 angeführten Rechtsprechung genau angegeben werden muss, welche Elemente verfälscht worden sein sollen, und dargetan werden muss, welche Beurteilungsfehler das Gericht zu der Verfälschung veranlasst haben, was hier nicht geschehen ist – festzustellen, dass die Rechtsmittelführerinnen mit ihrer Rüge dem Gericht in Wirklichkeit keinen Rechtsfehler, sondern seine Beweiswürdigung vorwerfen. Wie oben in Rn. 125 ausgeführt, ist es aber allein Sache des Gerichts, den Wert der ihm vorgelegten Beweise zu beurteilen.
150 Zur dritten Rüge der Rechtsmittelführerinnen, wonach das Gericht die Tatsachen verfälscht habe, indem es der Kommission in Rn. 240 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie in Rn. 239 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20 Prognosen zugeschrieben habe, die sich nicht aus dem streitigen Beschluss ergäben, ist festzustellen, dass nicht genau angegeben worden ist, welche Tatsachen verfälscht worden sein sollen.
151 Zum Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen, ein Prognosezeitraum von drei bis fünf Jahren reiche nicht aus, da er für den mit hohen Kosten verbundenen und durch deutlich längere Investitionszyklen gekennzeichneten Stromerstabsatzmarkt zu kurz sei, ist festzustellen, dass weder in Art. 2 der Verordnung Nr. 139/2004 noch in der von den Rechtsmittelführerinnen angeführten Rechtsprechung ein genauer Zeitraum für die von der Kommission zu erstellende Prognose der künftigen Auswirkungen des angemeldeten Zusammenschlusses festgelegt wird. Außerdem zielen die Rechtsmittelführerinnen mit dieser Rüge sowie mit ihrem Vorbringen, dass die Kommission über Informationen verfügt habe, die es ihr ermöglicht hätten, eine Untersuchung der voraussichtlichen Entwicklung durchzuführen, die weiter in die Zukunft reiche, letztlich darauf ab, dem Gerichtshof die von der Kommission vorgenommene und vom Gericht im Rahmen seiner Kontrolle der Rechtmäßigkeit des streitigen Beschlusses bestätigte Tatsachenwürdigung zu unterbreiten, ohne jedoch eine Verfälschung oder einen Rechtsfehler des Gerichts darzutun.
152 Unter diesen Umständen ist der zweite Teil des dritten Rechtsmittelgrundes zurückzuweisen.
3. Zum dritten Teil
a) Vorbringen der Parteien
153 Die Rechtsmittelführerinnen machen geltend, das Gericht habe in den Rn. 260 bis 336 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie in den Rn. 259 bis 335 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20 Rechtsfehler bei der Beurteilung der Marktmacht von RWE begangen.
154 Zunächst habe das Gericht nämlich die Zuordnung und Bedeutung der Vermögenswerte von E.ON, die RWE erworben habe, falsch eingeordnet. Erstens zeigten die Rn. 286 ff. der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie die Rn. 285 ff. der Urteile T‑317/20 und T‑319/20, dass das Gericht fälschlich Kapazitäten aus kleinen Anlagen von innogy, die auf E.ON übergegangen seien, gegen die von RWE erworbenen Kapazitäten saldiert habe und so von einer rückläufigen Tätigkeit von RWE ausgegangen sei (Rn. 291 a. E. der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie Rn. 290 a. E. der Urteile T‑317/20 und T‑319/20). Dieser Fehler sei darauf zurückzuführen, dass die Kommission den Markt nicht abgegrenzt habe, was vom Gericht nicht beanstandet worden sei. Die Kapazitäten dieser kleinen Anlagen seien aber nicht dem Stromerstabsatzmarkt zuzuordnen, auf dem RWE ihre marktbeherrschende Stellung ausbaue, sondern seien Teil des Endkundengeschäfts, aus dem sich RWE zugunsten ihrer Partnerin E.ON zurückgezogen habe. Zweitens könne der nominell scheinbar geringe Zuwachs des Marktanteils von RWE aufgrund des Atom- und Kohleausstiegs bei gleichzeitigem Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen im Rahmen von Art. 2 der Verordnung Nr. 139/2004 nicht als „unkritisch“ bewertet werden. Die Kommission habe sich selbst verpflichtet, „auf jeden Fall … die Marktanteile im Hinblick auf die voraussichtlichen Marktbedingungen“ zu beurteilen. Daher hätte sie ihre Untersuchung selbst fortsetzen müssen, was nicht geschehen sei.
155 Sodann seien die deutschen Behörden bei ihrer Analyse des Residual Supply Index (Index bezüglich der verbleibenden Lieferkapazität, im Folgenden: RSI) davon ausgegangen, dass ein Anbieter über Marktmacht verfüge, wenn er eine pivotale Stellung innehabe, d. h., wenn die Nachfrage ohne seine Anlagen in mehr als 5 % der Jahresstunden nicht zu decken sei (Rn. 303 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie Rn. 302 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20). Genau dies sei hier der Fall, wie die in Rn. 310 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie in Rn. 309 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20 angeführte Oxera-Studie zeige. Das Gericht habe diese Veränderung gleichwohl im Rahmen der Anwendung von Art. 2 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 139/2004 für irrelevant gehalten, weil eine Erhöhung der pivotalen Stellung von RWE um 1,5 (2019) bzw. 1,3 (2022) Prozentpunkte nicht grundlegend von der Veränderung abweiche, die in anderen von Dritten vorgelegten Studien festgestellt worden sei. Dies entkräfte aber nicht die festgestellte Überschreitung der Marktbeherrschungsschwelle durch RWE, sondern zeige nur, dass die Oxera-Studie valide sei. Das Gericht habe auch nicht aufgegriffen, dass die Kommission nachweislich keine eigene RSI-Prognose durchgeführt habe und dass das Bundeskartellamt, das eng mit ihr kooperiere, seinerseits den RSI nur historisch und nicht in seiner künftigen Entwicklung betrachtet habe, was keine sorgfältige Prognose darstelle. Überdies habe das Gericht in den Rn. 300 bis 311 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie in den Rn. 299 bis 310 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20 außer Acht gelassen, dass das Bundeskartellamt die Richtigkeit der Prognosen der Oxera-Studie umfassend bestätigt habe.
156 Schließlich habe sich das Gericht hinsichtlich des wachsenden Potenzials von RWE zum strategischen Einsatz ihres größer werdenden Anlagenparks nicht hinreichend mit den Gegenargumenten der Rechtsmittelführerinnen befasst und in fehlerhafter Auslegung von Art. 2 der Verordnung Nr. 139/2004 das Vorbringen der Kommission bestätigt (Rn. 312 bis 329 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie Rn. 311 bis 328 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20). In den Rn. 316 bis 322 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie in den Rn. 315 bis 321 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20 habe das Gericht die falsche Darstellung der Kommission wiederholt, dass Erzeugungsanlagen, die erneuerbare Energien einsetzten, generell aufgrund der niedrigen Grenzkosten „für Zurückhaltungen am teuersten“ seien und dass Anlagen im Förderregime des EEG ohnehin einen erheblich geringeren Nutzen aus einem Preisanstieg auf dem Stromerstabsatzmarkt zögen. Das bilde aber schon im Ansatz nicht den strategischen Nutzen des gewachsenen Gesamtportfolios ab.
157 Die Kommission, RWE, E.ON und die deutsche Regierung treten dem Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen entgegen.
b) Würdigung durch den Gerichtshof
158 Mit dem dritten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes, der sich auf die Rn. 260 bis 336 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie die Rn. 259 bis 335 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20 bezieht, machen die Rechtsmittelführerinnen geltend, dass die vom Gericht vorgenommene Beurteilung der Marktmacht von RWE rechtsfehlerhaft sei.
159 Erstens ist zu dem oben in Rn. 154 wiedergegebenen Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen, das Gericht habe die Zuordnung und Bedeutung der Vermögenswerte von E.ON, die RWE erworben habe, falsch eingeordnet, festzustellen, dass die Rechtsmittelführerinnen in Wirklichkeit die Tatsachen- und Beweiswürdigung durch die Kommission und dann durch das Gericht beanstanden, ohne jedoch einen Rechtsfehler des Gerichts darzutun. Was darüber hinaus das Vorbringen betrifft, dass die Kapazitäten der kleinen Anlagen von innogy nicht dem Stromerstabsatzmarkt zuzuordnen seien, ist darauf hinzuweisen, dass die Kritik der Rechtsmittelführerinnen an der vom Gericht vorgenommenen Überprüfung der Beurteilungen der Kommission in Bezug auf die Definition des Marktes oben in den Rn. 122 bis 132 zurückgewiesen worden ist.
160 Zweitens verweisen die Rechtsmittelführerinnen hinsichtlich der Frage des Umfangs der pivotalen Rolle von RWE auf dem Markt der Stromerzeugung und des Stromgroßhandels, d. h. des Grades, in dem die Erzeugungskapazitäten von RWE für die Befriedigung der Nachfrage auf dem Strommarkt unerlässlich sind, auf die Oxera-Studie, die eine Zunahme dieser pivotalen Rolle auf mehr als 5 % der Jahresstunden belegen soll. Sie werfen dem Gericht im Wesentlichen vor, dass es keine Konsequenzen aus diesem Umstand gezogen habe und zu dem Schluss gelangt sei, dass die Kommission die Verstärkung einer beherrschenden Stellung von RWE durch den angemeldeten Zusammenschluss hätte feststellen müssen.
161 In den Rn. 300 ff. der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie in den Rn. 299 ff. der Urteile T‑317/20 und T‑319/20 hat das Gericht die von der Kommission vorgenommene Beurteilung des Umfangs der pivotalen Stellung von RWE auf dem Markt der Stromerzeugung und des Stromgroßhandels geprüft. Es hat im Wesentlichen ausgeführt, dass die RSI-Analyse darin bestehe, festzustellen, ob ein Unternehmen eine pivotale Stellung habe, d. h., ob es für die Befriedigung der Nachfrage unverzichtbar sei. In der Praxis solle damit für alle Stunden eines bestimmten Jahres gemessen werden, ob die Erzeugungskapazität der Wettbewerber des geprüften Unternehmens ausreiche, um unabhängig von dessen Erzeugungskapazität die Nachfrage zu befriedigen (Rn. 302 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie Rn. 301 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20). Unter Bezugnahme auf die Ausführungen im streitigen Beschluss, wonach die deutschen Wettbewerbsbehörden in einer pivotalen Stellung von 5 % ein Indiz für Marktmacht des geprüften Unternehmens sähen und der RSI Grenzen aufweise, die seinen Nutzen bei der Kontrolle von Zusammenschlüssen verringerten, hat das Gericht festgestellt, dass die Kommission die RSI-Analysen gleichwohl bei ihrer Beurteilung berücksichtigt habe (Rn. 304 und 305 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie Rn. 303 und 304 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20).
162 In den Rn. 306 bis 310 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie in den Rn. 305 bis 309 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20 hat das Gericht die im streitigen Beschluss getroffenen Feststellungen der Kommission in Bezug auf diese Analysen und insbesondere die von den Rechtsmittelführerinnen vorgelegte Analyse aus der Oxera-Studie geprüft. Es hat die Feststellung der Kommission, dass die dieser Studie zugrunde liegenden Annahmen – Zurückhaltung von Windenergiekapazitäten und Kontrolle der Erzeugungskapazitäten von E.ON durch RWE – nicht die Realität widerspiegelten, für erwiesen erachtet (Rn. 308 und 309 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie Rn. 307 und 308 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20 unter Verweis auf die Rn. 322 und 391 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 bzw. die Rn. 321 und 390 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20).
163 Außerdem hat das Gericht ausgeführt, dass sich die in der Oxera-Studie angegebene Stärkung der pivotalen Stellung von RWE nicht grundlegend von der in anderen, von Dritten vorgelegten Studien festgestellten unterscheide und dass die für das Jahr 2024 berechneten RSI-Werte unabhängig davon, ob der Zusammenschluss stattfinde oder nicht, identisch seien, was zeige, dass die pivotale Stellung von RWE nach dem Atomausstieg Ende 2022 nicht stärker werde (Rn. 310 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie Rn. 309 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20).
164 Das Gericht hat daraus geschlossen, dass die Rechtsmittelführerinnen keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler der Kommission bei ihrer Analyse der pivotalen Stellung von RWE nachgewiesen hätten.
165 Diese Kontrolle der Beurteilungen der Kommission durch das Gericht enthält keinen Rechtsfehler; die Rechtsmittelführerinnen zielen mit ihren Rügen im Wesentlichen darauf ab, dass der Gerichtshof die dem Gericht unterbreiteten Tatsachen und Beweise erneut prüft. Wie sich aus der oben in Rn. 123 angeführten Rechtsprechung ergibt, ist die Würdigung der Tatsachen und Beweise, außer im Fall einer Verfälschung, der hier nicht dargetan worden ist, aber keine Rechtsfrage, die als solche der Kontrolle des Gerichtshofs unterliegt.
166 Drittens machen die Rechtsmittelführerinnen geltend, das Gericht habe sich in den Rn. 312 bis 329 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie in den Rn. 311 bis 328 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20 nicht hinreichend mit ihren Gegenargumenten hinsichtlich des wachsenden Potenzials von RWE zum strategischen Einsatz ihres größer werdenden Anlagenparks befasst und das dahin gehende Vorbringen der Kommission zu Unrecht bestätigt.
167 In diesen Randnummern hat das Gericht die bei RWE bestehenden Anreize für strategische Kapazitätszurückhaltungen und für den Rückgriff auf andere strategische Verwendungen ihres Stromerzeugungsportfolios geprüft.
168 Das Gericht hat zunächst darauf hingewiesen, dass es Sache der Kommission sei, das Ergebnis des zur Beurteilung der Wettbewerbssituation herangezogenen Indizienbündels insgesamt zu bewerten, dass sie in Anwendung dieser Gesamtbeurteilung bestimmte Umstände privilegieren und andere außer Acht lassen könne und dass das Gericht die Rechtmäßigkeit dieser Prüfung und deren Begründung zu prüfen habe.
169 Sodann hat das Gericht in den Rn. 316 bis 319 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie in den Rn. 315 bis 318 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20 die verschiedenen von der Kommission in den Erwägungsgründen 49 bis 65 des streitigen Beschlusses beurteilten Aspekte einer etwaigen strategischen Kapazitätszurückhaltung geprüft, insbesondere den Umstand, dass Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen die niedrigsten Grenzkosten und damit die höchsten Zurückhaltungskosten der flexiblen Erzeugungstechnologien haben. Es hat hervorgehoben, dass die Stromerzeuger bestätigt hätten, dass diese Anlagen gewöhnlich mit voller Kapazität betrieben würden und dass es nur bei negativen Verkaufspreisen sinnvoll sei, sie anzuhalten. Die Kommission habe festgestellt, dass der Erwerb von Windparks durch RWE im Rahmen des angemeldeten Zusammenschlusses ihre Rückhaltefähigkeit in keiner Weise entscheidend erhöht habe und dass die für Strom aus Windkraftanlagen geltende Regelung für den „Direktverkauf“ zu einer erheblichen Verringerung des Interesses einer Windkraftanlage an einem Preisanstieg auf dem Großhandelsmarkt führe. Ferner habe die Kommission festgestellt, dass die Zunahme der Kapazitätszurückhaltung von RWE durch den Erwerb kerntechnischer Kapazitäten vorübergehend und eng begrenzt sei und daher kaum spürbare Auswirkungen auf das Interesse von RWE an einer strategischen Kapazitätszurückhaltung haben könne. Die Kommission habe die von den Rechtsmittelführerinnen vorgelegte Oxera-Studie berücksichtigt, aber diese Studie habe nichts an ihrer Schlussfolgerung zu ändern vermocht.
170 In den Rn. 320 bis 324 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie in den Rn. 319 bis 323 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20 hat das Gericht geprüft, ob die Kommission bei ihrer Analyse der Gefahr einer Zurückhaltung von Kapazitäten durch RWE einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hat, und hat dies verneint. Insbesondere hat es auf seine Feststellung hingewiesen, dass die Kommission keinen offensichtlichen Fehler begangen habe, als sie die Zunahme der Marktanteile von RWE als nicht erheblich und jedenfalls vorübergehend eingestuft habe. Daraus sei zu schließen, dass sich ab dem für das Ende des Jahres 2022 vorgesehenen Atomausstieg keine zusätzliche Zurückhaltungskapazität aus dem Zusammenschluss mehr ergeben könne, was die Oxera-Studie bestätige. In Bezug auf mögliche Anreize für RWE, kurzfristig, d. h. vor dem Atomausstieg, Kapazitäten zurückzuhalten, sei auf die Feststellung der Kommission hinzuweisen, dass sich Anlagen, die mit erneuerbaren Energiequellen betrieben würden, angesichts ihrer geringen Grenzkosten kaum für Zurückhaltungen eigneten. Bei Anlagen, die mit nicht erneuerbaren Energiequellen betrieben würden, sei auf die Beurteilung der Kommission hinzuweisen, wonach ein eventueller Preisanstieg infolge einer Zurückhaltung dieser Anlagen eine geringere Vergütung für die Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien auf der Grundlage des EEG bedeuten würde. Überdies böte der Erwerb einer Minderheitsbeteiligung an den Kernkraftwerken Emsland und Gundremmingen C durch RWE nur begrenzte und vorübergehende Anreize für die Zurückhaltung von Kapazitäten. In der Oxera-Studie sei kein erheblicher Anstieg der künftigen Anreize nachgewiesen worden. Folglich sei der Kommission bei ihrer Analyse der Fähigkeit von und der Anreize für RWE, nach dem Zusammenschluss Erzeugungskapazitäten zurückzuhalten, kein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen.
171 Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass das Gericht die von der Kommission vorgenommene Prüfung der Frage, ob die Gefahr besteht, dass RWE ihre Erzeugungskapazitäten nach dem Zusammenschluss zurückhalten könnte, eingehend überprüft hat und zu dem Schluss gelangt ist, dass die Kommission nach dem Inhalt der Akten und der insbesondere von den Rechtsmittelführerinnen vorgelegten Beweise insoweit keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen habe. Die oben in den Rn. 154 bis 156 wiedergegebenen Argumente der Rechtsmittelführerinnen vor dem Gerichtshof belegen keinen Rechtsfehler des Gerichts bei seiner Überprüfung der Beurteilungen der Kommission, sondern zielen letztlich darauf ab, dass der Gerichtshof eine erneute Prüfung der Tatsachen vornimmt, was nicht in seine Zuständigkeit im Rahmen eines Rechtsmittels fällt.
172 Daher ist der dritte Teil des dritten Rechtsmittelgrundes zurückzuweisen.
4. Zum vierten Teil
173 Mit dem vierten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes, der sich auf die Rn. 337 bis 395 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie die Rn. 336 bis 394 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20 bezieht und der Sache nach aus drei Rügen besteht, machen die Rechtsmittelführerinnen geltend, das Gericht habe bei der Beurteilung des Wettbewerbsverhältnisses zwischen RWE und E.ON Rechtsfehler begangen.
a) Zur ersten Rüge
1) Vorbringen der Parteien
174 Die Rechtsmittelführerinnen machen geltend, das Gericht habe in den Rn. 339 bis 346 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie in den Rn. 338 bis 345 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20 angenommen, dass die Kommission das gesamte Beteiligungsgeflecht der Konzerne, zu denen RWE und E.ON gehörten, hinreichend geprüft und insbesondere die Erzeugungskapazitäten ihrer Tochtergesellschaften berücksichtigt habe. Die Kommission habe aber unstreitig, entgegen Ziff. 36 der Leitlinien zur Bewertung horizontaler Zusammenschlüsse, nicht geprüft, wie sich diese Verflechtungen auf das Investitions- und Expansionsverhalten der Parteien des Zusammenschlusses oder ihrer Wettbewerber im Markt auswirkten. Es sei von strategischem Wert, dass sowohl RWE als auch E.ON ihren Sitz in Essen (Deutschland), der „deutschen Energiehauptstadt“, hätten. Das Gericht habe diesen Umstand jedoch für irrelevant erachtet, obwohl nach der Entscheidungspraxis der Kommission die Existenz eines gemeinsamen Unternehmensstandorts unter dem Aspekt der Wettbewerbsvorteile zu prüfen sei, die sich die Parteien eines Zusammenschlusses erhofften.
175 Die Kommission, RWE und E.ON treten dem Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen entgegen.
2) Würdigung durch den Gerichtshof
176 Hinsichtlich der Rüge, das Gericht habe gegen Ziff. 36 der Leitlinien zur Bewertung horizontaler Zusammenschlüsse verstoßen, weil es nicht festgestellt habe, dass die Kommission einen Fehler begangen habe, als sie die Auswirkungen der Wechselbeziehungen zwischen den Konzernen, zu denen RWE und E.ON gehörten, auf das Verhalten der Parteien des Zusammenschlusses oder ihrer Wettbewerber nicht geprüft habe, ist den Ausführungen des Gerichts in den Rn. 349 und 350 der Urteile T‑312/20 T‑313/20 und T‑315/20 sowie in den Rn. 348 und 349 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20 beizupflichten, dass die Kommission zwar durch ihre Mitteilungen im Bereich der Kontrolle von Zusammenschlüssen gebunden ist, doch verlangen die Leitlinien zur Bewertung horizontaler Zusammenschlüsse nicht in allen Fällen eine Prüfung sämtlicher darin genannter Faktoren. Insoweit geht aus Ziff. 13 der Leitlinien zur Bewertung horizontaler Zusammenschlüsse hervor, dass die von der Kommission durchzuführende wettbewerbliche Analyse nicht auf einer mechanischen Anwendung der dort genannten Faktoren in allen Fällen beruhen darf, sondern sich auf eine Gesamtbewertung der vorhersehbaren Wirkungen der Fusion stützen muss und dass nicht alle dort genannten Gesichtspunkte in allen Fällen horizontaler Zusammenschlüsse maßgeblich sind.
177 Es ist zwar Sache des Gerichts, zu prüfen, inwieweit etwaige Versäumnisse der Kommission das Ergebnis der Prüfung in Frage stellen können, wonach der Zusammenschluss keine ernstlichen Zweifel hinsichtlich seiner Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt aufwirft, doch ist bei dieser Prüfung der Beurteilungsspielraum zu berücksichtigen, über den die Kommission verfügt, wenn sie für die Zwecke einer Anwendung der Grundregeln der Verordnung Nr. 139/2004, insbesondere ihres Art. 2, prospektive wirtschaftliche Analysen vornimmt, die zumeist komplex sind. Folglich muss sich die Kontrolle eines Beschlusses der Kommission im Bereich der Zusammenschlüsse durch die Unionsgerichte auf die Nachprüfung der materiellen Richtigkeit des Sachverhalts und das Fehlen offensichtlicher Beurteilungsfehler erstrecken (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Juli 2023, Kommission/CK Telecoms UK Investments, C‑376/20 P, EU:C:2023:561, Rn. 82 bis 84).
178 Im vorliegenden Fall hat das Gericht in den Rn. 341 und 342 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie in den Rn. 340 und 341 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20 – im Anschluss an die Feststellung, dass die Rechtsmittelführerinnen nicht erläutert hätten, wie sich die Beteiligungen von RWE und E.ON im Energiesektor auf die Untersuchung der mit dem Zusammenschluss verbundenen Behinderungen des Wettbewerbs ausgewirkt haben könnten, sondern sich darauf beschränkt hätten, die Zahl der Beteiligungen von RWE und E.ON an anderen Unternehmen anzugeben, ohne zu erläutern, ob diese Unternehmen auf den relevanten Märkten tätig seien – ausgeführt, dass die Kommission bei ihrer Beurteilung auch die Erzeugungskapazitäten von Tochtergesellschaften und Unternehmen berücksichtigt habe, an denen RWE und E.ON beteiligt seien. Somit hat die Kommission, wie das Gericht zutreffend festgestellt hat, die unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligungen von RWE und E.ON durchaus berücksichtigt.
179 In den Rn. 343 bis 346 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie in den Rn. 342 bis 345 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20 hat das Gericht zum Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen, E.ON und RWE seien ähnlich strukturiert und positioniert, ausgeführt, dass die Rechtsmittelführerinnen nicht erläuterten, wie die Parallelität der Entwicklung der Börsenkurse und der Betriebsergebnisse dieser Unternehmen oder der Umstand, dass sie ihren Sitz in derselben Stadt hätten, die Anwendung des Fusionsrechts betreffe und insbesondere, wie sich diese Faktoren auf die Begründung oder Verstärkung einer beherrschenden Stellung von RWE auswirken könnten. Hierbei handele es sich um beiläufige Faktoren; dass sich der Sitz beider Gesellschaften in derselben Stadt befinde, sei für die Beurteilung der Auswirkungen des Zusammenschlusses auf den Markt der Stromerzeugung und des Stromgroßhandels unerheblich, und die parallele Entwicklung der Börsenkurse und der Ergebnisse lasse sich durch die normale Entwicklung zweier im selben Bereich tätiger Unternehmen erklären. Die Rechtsmittelführerinnen hätten auch nicht dargelegt, auf welche Art die bloße räumliche Nähe der Mitarbeiter von RWE und E.ON zu einer unionsrechtswidrigen Abstimmung führen könnte. Im Ergebnis habe die Kommission daher keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler in Bezug auf die Verflechtungen und die Nähe zwischen RWE und E.ON begangen.
180 Die Rechtsmittelführerinnen können mit ihrem Vorbringen nicht nachweisen, dass diese Beurteilungen rechtsfehlerhaft sind. Die Berufung darauf, dass weder die Auswirkungen der Wechselbeziehungen zwischen den E.ON- und RWE‑Konzernen noch die Auswirkungen des Zusammenschlusses auf das Investitions- und Expansionsverhalten der Parteien des Zusammenschlusses oder ihrer Wettbewerber im Markt geprüft worden seien, genügt angesichts der sowohl eingehenden als auch den oben in Rn. 177 dargelegten Grenzen Rechnung tragenden Überprüfung der von der Kommission im streitigen Beschluss vorgenommenen Prüfung nicht, um dem Gericht einen Rechtsfehler anzulasten. Außerdem zielt das Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen in Wirklichkeit darauf ab, dem Gerichtshof eine erneute Prüfung des Sachverhalts anzutragen, was nicht in dessen Zuständigkeit im Rahmen eines Rechtsmittels fällt.
181 Daher ist die erste Rüge zurückzuweisen.
b) Zur zweiten Rüge
1) Vorbringen der Parteien
182 Die Rechtsmittelführerinnen machen geltend, das Gericht habe in den Rn. 351 bis 355 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie in den Rn. 350 bis 354 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20 Rechtsfehler begangen. Erstens bestehe aus den bereits im dritten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes der vorliegenden Rechtsmittel genannten Gründen ein solcher Fehler darin, dass das Gericht davon ausgegangen sei, dass die Kommission wegen der beschränkten Zunahme der Marktanteile von RWE von einer Prüfung des Wettbewerbsverhältnisses zwischen RWE und E.ON habe absehen dürfen.
183 Zweitens gebe es keinen Beleg für die Feststellung des Gerichts in Rn. 358 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie in Rn. 357 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20, dass das bloße Nachlassen des Wettbewerbsdrucks durch den Wegfall eines Unternehmens, dessen Rolle größer sei, als seine Marktanteile vermuten ließen, für den Nachweis einer erheblichen Behinderung des wirksamen Wettbewerbs nicht ausreiche.
184 Drittens halte die Feststellung in den Rn. 359 bis 363 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie in den Rn. 358 bis 362 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20, wonach das Ausscheiden von E.ON aus dem Erzeugungssektor nicht ausschließlich auf den Zusammenschluss zurückzuführen sei, da E.ON ihr Erzeugungsgeschäft bereits vor dem Zusammenschluss M.8871 teilweise veräußert und auch im Rahmen dieses Zusammenschlusses nur Teile davon veräußert habe, einer Prüfung nicht stand. Zunächst habe das Gericht in Rn. 357 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie in Rn. 356 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20 formalistisch, ohne Berücksichtigung des gesamten Zusammenschlusses, darauf abgestellt, dass der Zusammenschluss M.8871 nicht den Erwerb von E.ON selbst, sondern nur die Übernahme bestimmter Vermögenswerte durch RWE betreffe. Sodann habe das Gericht in Rn. 362 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie in Rn. 361 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20 darauf verwiesen, dass bei E.ON nach dem Zusammenschluss Erzeugung verblieben sei, ohne zu bedenken, dass es sich dabei nur um Erzeugung handele, die als Bestandteil des Angebots von Lösungen im Rahmen des Endkundengeschäfts E.ON zugewiesen worden sei, was der Kommission und dem Gericht bei einer sorgfältigen Marktabgrenzung hätte auffallen müssen.
185 Die Kommission, RWE und E.ON treten dem Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen entgegen.
2) Würdigung durch den Gerichtshof
186 Die Rechtsmittelführerinnen machen geltend, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, als es die Beurteilung der Kommission bestätigt habe, wonach der Rückzug von E.ON vom Erzeugungsmarkt kein Grund sei, den Zusammenschluss zu verbieten.
187 In den Rn. 349 bis 351 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie in den Rn. 348 bis 350 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20 hat das Gericht dem Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen, wonach die Kommission gegen Ziff. 27 der Leitlinien zur Bewertung horizontaler Zusammenschlüsse verstoßen habe, im Wesentlichen entgegengehalten, erstens sei die Kommission zwar durch ihre Mitteilungen im Bereich der Kontrolle von Zusammenschlüssen gebunden, doch verlangten diese Mitteilungen nicht in allen Fällen eine Prüfung sämtlicher darin genannter Faktoren, so dass die Kommission über ein Ermessen verfüge, das es ihr erlaube, bestimmte Faktoren in Betracht zu ziehen oder unberücksichtigt zu lassen, und zweitens könne sich die Kontrolle durch das Gericht nicht allein auf die Prüfung beschränken, ob die Kommission bestimmte Faktoren in Betracht gezogen oder unberücksichtigt gelassen habe, sondern es müsse auch prüfen, ob etwaige Versäumnisse der Kommission das Ergebnis der Prüfung in Frage stellen könnten, wonach der angemeldete Zusammenschluss keinen Anlass zu ernsthaften Bedenken hinsichtlich seiner Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt gebe.
188 Dieser Hinweis des Gerichts auf die Tragweite der Mitteilungen der Kommission und den Umfang seiner Kontrolle ihrer Beurteilungen enthält keinen Rechtsfehler.
189 Außerdem hat das Gericht in Rn. 352 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie in Rn. 351 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20 festgestellt, dass sowohl die Marktanteile von RWE vor dem Zusammenschluss als auch ihre Zunahme nach dem Zusammenschluss begrenzt gewesen seien, zumal bestimmte Erzeugungsanlagen von innogy endgültig auf E.ON übertragen worden seien. In Rn. 353 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie in Rn. 352 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20 hat das Gericht auf die Angaben der Kommission zur Aufteilung der Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen auf zahlreiche Anbieter, zum geringen Marktanteil von RWE und zum noch geringeren Marktanteil von E.ON hingewiesen. In Rn. 354 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie in Rn. 353 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20 hat das Gericht bekräftigt, dass die Kommission ohne offensichtlichen Beurteilungsfehler zu dem Ergebnis gelangt sei, dass die Zunahme der Marktanteile von RWE beschränkt und vorübergehend sei.
190 In Anbetracht dieser Erwägungen hat das Gericht in Rn. 355 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie in Rn. 354 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20 entschieden, dass die Kommission zwar bestimmte Faktoren nicht geprüft habe, auf die in Ziff. 27 der Leitlinien zur Bewertung horizontaler Zusammenschlüsse abgestellt werde, solche Versäumnisse aber ihre Schlussfolgerung, dass der Zusammenschluss keinen Anlass zu ernsthaften Bedenken hinsichtlich seiner Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt gebe, nicht in Frage stellen könnten.
191 Diese Beurteilung, zu der das Gericht anhand von Feststellungen der Kommission, deren offensichtliche Fehlerhaftigkeit die Rechtsmittelführerinnen nicht nachgewiesen hatten, berechtigt war, wonach sowohl die Tatsache, dass die Marktanteile und ihre Zunahme aufgrund des angemeldeten Zusammenschlusses begrenzt seien, als auch der vorübergehende Charakter dieser Zunahmen den Schluss zuließen, dass der Zusammenschluss keinen Anlass zu ernsthaften Bedenken hinsichtlich seiner Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt gebe, ist frei von Rechtsfehlern. Überdies ist den Ausführungen des Gerichts in Rn. 364 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie in Rn. 363 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20 beizupflichten, dass sich die Kommission nicht darauf beschränkte, die Marktanteile der Parteien des Zusammenschlusses und ihre Entwicklung aufgrund dieses Zusammenschlusses zu prüfen, sondern in den Erwägungsgründen 48 ff. des streitigen Beschlusses andere, die Besonderheiten des Marktes für die Stromerzeugung betreffende Beurteilungskriterien berücksichtigte.
192 In den Rn. 356 bis 358 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie in den Rn. 355 bis 357 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20 hat das Gericht im Wesentlichen weiter ausgeführt, dass die Rechtsmittelführerinnen die Tragweite der Leitlinien zur Bewertung horizontaler Zusammenschlüsse verkannt hätten. Im Anschluss an den Hinweis, dass nach diesen Leitlinien zu den im Zusammenhang mit der Prüfung der nicht koordinierten Wirkungen zu berücksichtigenden Wettbewerbselementen erstens gehöre, ob die fusionierenden Unternehmen nahe Wettbewerber seien, zweitens, ob das fusionierte Unternehmen die Wettbewerber am Wachstum hindern könne, oder drittens, ob durch den Zusammenschluss eine wichtige Wettbewerbskraft beseitigt werde, hat das Gericht im Wesentlichen festgestellt, dass die Rechtsmittelführerinnen die Tragweite des in Rede stehenden Zusammenschlusses verkannt hätten, der nur Vermögenswerte von E.ON und nicht E.ON selbst betreffe. E.ON werde also durch den Zusammenschluss nicht verschwinden. Es stelle sich jedoch die Frage, ob die von RWE erworbenen Vermögenswerte von E.ON zum einen und RWE zum anderen nahe Wettbewerber seien und ob diese Vermögenswerte und RWE andere Wettbewerber am Wachstum hindern könnten. Die Rechtsmittelführerinnen gingen von der unzutreffenden Prämisse aus, dass RWE durch ihre Minderheitsbeteiligung an E.ON dieses Unternehmen vollständig erworben habe, was aber nicht zutreffe. Was das durch den Zusammenschluss bedingte Verschwinden des Wettbewerbsdrucks für RWE betreffe, reiche das bloße Nachlassen eines solchen Drucks, das auf dem Wegfall eines Unternehmens beruhe, dessen Rolle größer sei, als es seine Marktanteile vermuten ließen, für sich genommen nicht als Nachweis für das Vorliegen einer erheblichen Behinderung wirksamen Wettbewerbs aus.
193 Auch hierbei hat das Gericht weder einen Fehler begangen noch hat es, wie die Rechtsmittelführerinnen geltend machen, formalistisch argumentiert, als es darauf hingewiesen hat, dass im Rahmen des Zusammenschlusses M.8871 nicht E.ON, sondern nur Vermögenswerte dieses Unternehmens von RWE erworben worden seien. Die Erwägung, dass das bloße Nachlassen des Wettbewerbsdrucks durch den Wegfall eines Unternehmens, dessen Rolle größer sei, als es seine Marktanteile vermuten ließen, für sich genommen nicht zum Nachweis einer erheblichen Behinderung wirksamen Wettbewerbs ausreiche, ist nicht mit einem Rechtsfehler behaftet, zumal im Kontext eines Zusammenschlusses wie des vorliegenden, der begrenzte Marktanteile betrifft.
194 In den Rn. 359 bis 361 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie in den Rn. 358 bis 360 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20 hat das Gericht festgestellt, dass die Verringerung der Erzeugungskapazitäten von E.ON nicht nur durch den Zusammenschluss bedingt sei. Zum einen habe E.ON bereits zuvor die Entscheidung getroffen, essenzielle Teile ihres Erzeugungsgeschäfts im Bereich des konventionellen Stroms – im Wesentlichen mit Ausnahme der Kapazitäten ihrer Kernkraftwerke – an ihre ehemalige Tochtergesellschaft Uniper abzutreten und den von ihr gehaltenen Anteil an Uniper der Fortum Oyj zu verkaufen. Zum anderen habe der deutsche Gesetzgeber beschlossen, dass die Kernkraftwerke von E.ON bis spätestens Ende 2022 stillzulegen seien, so dass E.ON diese Anlagen, selbst wenn sie sie behalten hätte, ab diesem Zeitpunkt nicht mehr hätte nutzen können. Somit sei die Stromerzeugung durch E.ON bereits vor dem Zusammenschluss stark zurückgegangen und dazu angetan gewesen, danach noch weiter abzunehmen.
195 Die Rechtsmittelführerinnen legen aber nicht dar, inwiefern das Gericht in diesem Kontext durch den Verweis auf die Initiativen zur Verringerung der Stromerzeugungstätigkeit, die E.ON tatsächlich selbständig ergriffen hat, sowie auf das bevorstehende, nicht aus dem angemeldeten Zusammenschluss, sondern aus einer Entscheidung des deutschen Gesetzgebers resultierende Ende der Erzeugung von Strom aus Kernenergie einen Rechtsfehler begangen haben soll.
196 Ferner hat das Gericht in Rn. 362 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie in Rn. 361 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20 zutreffend ausgeführt, aus dem streitigen Beschluss, insbesondere aus den Tabellen in dessen Erwägungsgründen 27 bis 29, könne abgeleitet werden, dass E.ON durch den Zusammenschluss nicht als Wettbewerberin verschwinde. Aus diesem Beschluss geht nämlich hervor, dass aufgrund des Zusammenschlusses im Jahr 2017 nur etwa [vertraulich](2 ) der Gesamterzeugung von E.ON von RWE erworben würde, dass bei konventionellen Energiequellen der von RWE im Jahr 2017 erworbene Teil der Gesamterzeugung von E.ON nur etwa [vertraulich](3 ) beträgt und dass RWE [vertraulich](4 ) der Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen durch E.ON erwerben würde.
197 Insoweit beruht das Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen, bei sorgfältiger Marktabgrenzung hätten die Kommission und das Gericht feststellen können, dass die bei E.ON verbliebene Erzeugung Bestandteil eines Angebots von Lösungen im Rahmen des Endkundengeschäfts und nicht des Stromgroßhandels sei, implizit, aber zwangsläufig auf der Prämisse, dass die Kommission einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen habe, als sie die Definition der Märkte offengelassen habe, und dass das Gericht einen Rechtsfehler begangen habe, als es diesen Fehler nicht beanstandet habe. Es genügt der Hinweis, dass diese Prämisse oben in den Rn. 122 bis 132 im Rahmen der Prüfung des ersten Teils des dritten Rechtsmittelgrundes zurückgewiesen worden ist.
198 Folglich ist diese Rüge unbegründet.
c) Zur dritten Rüge
1) Vorbringen der Parteien
199 Die Rechtsmittelführerinnen machen geltend, das Gericht habe sich in den Rn. 366 bis 391 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie in den Rn. 365 bis 390 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20 auf eine mangelhafte Untersuchung des durch ihre Minderheitsbeteiligung an E.ON vermittelten steuernden Einflusses von RWE gestützt. Dass das IRA diesen Einfluss wirksam beschränke, sei schon deswegen falsch, weil es nichtig sei und RWE rechtlich nicht an einer abweichenden Stimmabgabe hindere. Jedenfalls wäre die Querbeteiligung von RWE an ihrem Wettbewerber E.ON auch ohne kontrollierenden Einfluss im Sinne von Art. 3 der Verordnung Nr. 139/2004 zu berücksichtigen gewesen, da es sich um eine mit Art. 101 AEUV unvereinbare Wettbewerbsbeschränkung handele. Zu beachten sei auch, dass keine Partei bestritten habe, dass sich RWE und E.ON im Rahmen des Zusammenschlusses einvernehmlich auf unterschiedliche Stufen des Strommarkts spezialisiert hätten. Als Grund habe E.ON in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass diese Marktaufteilung zwischen den beiden Konzernen verabredet worden sei, um die im Kontext der Energiewende nötigen Finanzmittel für die Fortentwicklung ihrer Geschäfte aufbringen zu können, was für sie bei unverändertem Wettbewerbsverhältnis nicht möglich gewesen wäre.
2) Würdigung durch den Gerichtshof
200 Mit der vorliegenden Rüge wiederholen die Rechtsmittelführerinnen im Wesentlichen einige ihrer im ersten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes dargelegten Argumente, die sich auf den bestimmenden Einfluss beziehen, den RWE ihres Erachtens auf E.ON erlangt hat. Insoweit genügt der Hinweis, dass diese Argumente oben in den Rn. 95 bis 97 als ins Leere gehend zurückgewiesen worden sind.
201 Ferner ist zum Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen, dass der Erwerb der Minderheitsbeteiligung von RWE an E.ON zu berücksichtigen gewesen wäre, weil er eine mit Art. 101 AEUV unvereinbare Wettbewerbsbeschränkung dargestellt habe, und dass E.ON und RWE die Märkte untereinander aufgeteilt hätten, bereits oben in den Rn. 55 und 56 festgestellt worden, dass das Gericht rechtsfehlerfrei entschieden hat, dass die Beachtung von Art. 101 AEUV von der Kommission mittels der Verordnung Nr. 139/2004, die zur präventiven Kontrolle von Zusammenschlüssen dient, und nicht mittels der die Kontrolle von Vereinbarungen, Beschlüssen, abgestimmten Verhaltensweisen und Fällen einer beherrschenden Stellung betreffenden Verordnung Nr. 1/2003 geprüft werden musste und zutreffend geprüft wurde.
202 Das Gericht hat daher in Rn. 394 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie in Rn. 393 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20 mit der Erwägung, dass ein Zusammenschluss Gegenstand des streitigen Beschlusses sei, zu Recht das Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen zu einem Verstoß gegen Art. 101 AEUV als ins Leere gehend zurückgewiesen.
203 Die dritte Rüge und damit der vierte Teil des dritten Rechtsmittelgrundes sind daher unbegründet.
204 Unter diesen Umständen ist der dritte Rechtsmittelgrund, da er in keinem seiner Teile begründet ist, zurückzuweisen.
D. Zum vierten Rechtsmittelgrund: Verstoß gegen die Grundsätze der Beweislastverteilung
1. Vorbringen der Pa r teien
205 Die Rechtsmittelführerinnen machen geltend, das Gericht fordere in den Rn. 273, 278 ff., 328, 341, 344 und 382 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie in den Rn. 272, 277 ff., 327, 340, 343 und 381 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20 weiter gehende Nachweise dafür, zu welchen konkreten Ergebnissen die Kommission bei korrekter Prüfung hätte kommen müssen. Umgekehrt habe das Gericht in den Rn. 406 bis 411 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie in den Rn. 405 bis 410 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20 die ihm vorgelegten Beweisangebote, insbesondere den Antrag auf persönliches Erscheinen oder auf Vernehmung ehemaliger Führungskräfte der Konzerne zur Marktaufteilung, von vornherein abgelehnt. Dies verstoße gegen die in den Art. 91 bis 96 der Verfahrensordnung des Gerichts aufgestellten Grundsätze der Beweislastverteilung.
206 Die Beweisanforderungen des Gerichts seien überzogen. Die Rechtsmittelführerinnen hätten weder Zugriff auf detailliertere Daten als die von ihnen vorgelegten noch die der Kommission zustehenden Ermittlungsbefugnisse, z. B. zu Marktanteilen der Stromerzeuger für die Berechnung des Herfindahl-Hirschman-Index (im Folgenden: HHI). Diese Anforderungen würden jedenfalls überspannt, wenn von ihnen über den Nachweis offensichtlicher Beurteilungsfehler hinaus verlangt werde, auf eigene Kosten das Ergebnis von Ermittlungen oder Prüfungen, die die Kommission nicht vorgenommen habe, darzulegen, zumal das Gericht gleichzeitig die Länge der Schriftsätze, die von ihnen eingereicht werden könnten, beschränke. Mit der Oxera-Studie, die durch Analysen des Bundeskartellamts und das Buch Changing Energy bestätigt worden sei, hätten sie stichhaltige Beweise für die Zunahme der Marktmacht der Parteien des Zusammenschlusses und die wettbewerbswidrige Marktaufteilung vorgelegt. Wie der Gerichtshof klargestellt habe, bestünden für Beschlüsse, mit denen ein Zusammenschluss genehmigt werde, die gleichen Beweisanforderungen wie für Untersagungen. Die Beweislast liege in jedem Fall bei der Kommission. Sie könne zwar ausnahmsweise auf die Betroffenen verlagert werden, doch gelte dies für Fälle, in denen die für die Betroffenen positiven Umstände den Ermittlungsergebnissen der Kommission widersprächen und diese Parteien Zugang zu den Beweisen hätten, was hier nicht der Fall gewesen sei.
207 Die Kommission, RWE und E.ON treten dem Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen entgegen.
2. Würdigung durch den Gerichtshof
208 Mit dem vorliegenden Rechtsmittelgrund rügen die Rechtsmittelführerinnen einen Verstoß des Gerichts gegen die Grundsätze der Beweislastverteilung, die sich aus den Art. 91 bis 96 der Verfahrensordnung des Gerichts ergeben.
209 Zunächst ist festzustellen, dass sich aus den genannten Bestimmungen, deren Verletzung mit dem vorliegenden Rechtsmittelgrund geltend gemacht wird, keine Regel für die Beweislastverteilung ergibt, sei es in einem Verwaltungsverfahren der Kommission oder in einem Verfahren vor den Unionsgerichten. Sie regeln die Beweisaufnahme sowie die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen, die vom Gericht angeordnet werden können.
210 Der vorliegende Rechtsmittelgrund ist daher unbegründet, soweit er auf einen Verstoß des Gerichts gegen die Art. 91 bis 96 seiner Verfahrensordnung gestützt wird.
211 Außerdem braucht die Kommission im Bereich der Fusionskontrolle nicht nachzuweisen, dass kein vernünftiger Zweifel daran besteht, dass ein Zusammenschlussvorhaben kein Problem der Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt aufwirft. Sie muss Wahrscheinlichkeiten bewerten und sich für oder gegen den geplanten Zusammenschluss aussprechen, je nachdem, wie sie die dem Zusammenschluss mit der größten Wahrscheinlichkeit zuzuschreibende wirtschaftliche Entwicklung beurteilt. In diesem Kontext verfügt sie über einen weiten Spielraum bei der Beurteilung komplexer wirtschaftlicher Umstände, wobei sich die Kontrolle durch das Gericht vor allem auf offensichtliche Fehler und auf die materielle Richtigkeit des Sachverhalts erstreckt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Juli 2023, Kommission/CK Telecoms UK Investments, C‑376/20 P, EU:C:2023:561, Rn. 84). Wenn ein Organ über ein weites Ermessen verfügt, kommt allerdings der Beachtung der Verfahrensgarantien, zu denen die Verpflichtung des Organs gehört, sorgfältig und unparteiisch alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls zu untersuchen, grundlegende Bedeutung zu (Urteil vom 4. Mai 2023, EZB/Crédit lyonnais, C‑389/21 P, EU:C:2023:368, Rn. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung).
212 Legt die Kommission in ihrem Beschluss ihren Standpunkt im Einzelnen dar, muss der Kläger ebenfalls im Einzelnen darlegen, weshalb er ihn für falsch hält. Bei diesem Beweiserfordernis handelt es sich nicht, wie die Rechtsmittelführerinnen hier geltend machen, um eine unzulässige Umkehr der Beweislast zu ihrem Nachteil, sondern darin kommt die Pflicht jeder Partei zum Ausdruck, ihren Standpunkt vor dem Gericht zu untermauern (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. September 2006, Nederlandse Federatieve Vereniging voor de Groothandel op Elektrotechnisch Gebied/Kommission, C‑105/04 P, EU:C:2006:592, Rn. 181).
213 Im vorliegenden Fall hat sich das Gericht im Wesentlichen auf die Feststellung beschränkt, dass die Rechtsmittelführerinnen ihre Einwände gegen die von der Kommission im streitigen Beschluss vorgenommenen Beurteilungen nicht hinreichend untermauert hätten.
214 So ist in Bezug auf die Ausführungen des Gerichts in Rn. 273 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie in Rn. 272 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20, wonach die Rechtsmittelführerinnen keine eigenen Berechnungen des HHI vorgelegt hätten, um darzutun, dass die Kommission, wenn sie diese Werte berücksichtigt hätte, zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre, dem Gericht beizupflichten, dass die Kommission nicht verpflichtet war, den HHI bei ihrer Beurteilung zu berücksichtigen, und dass die Rechtsmittelführerinnen, soweit sie ihr ein solches Versäumnis anlasteten, hätten erläutern müssen, inwiefern eine Heranziehung des HHI die Beurteilung geändert hätte. Daraus folgt, dass die bloße Rüge der Nichtberücksichtigung des HHI nicht ausreicht, um einen Fehler der Kommission nachzuweisen, und dass das Gericht keinen Rechtsfehler begangen hat, als es festgestellt hat, dass die Rechtsmittelführerinnen ihr Vorbringen hierzu nicht untermauert hätten.
215 Überdies hat das Gericht in den Rn. 278 bis 280 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie in den Rn. 277 bis 279 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20 keinen Rechtsfehler mit seiner Feststellung begangen, dass es für den Nachweis eines offensichtlichen Beurteilungsfehlers der Kommission nicht genüge, wenn die Rechtsmittelführerinnen andere Daten verwendeten als die Kommission im streitigen Beschluss, ohne einen konkreten Anhaltspunkt zu liefern, aus dem sich ergäbe, dass die Berücksichtigung der Daten im streitigen Beschluss einen offensichtlichen Beurteilungsfehler der Kommission darstellt.
216 Gleiches gilt für die Erwägungen zu den Auswirkungen der Kapazitätszunahmen bei RWE, zu den Auswirkungen der Beteiligungen von RWE und E.ON an dritten Unternehmen, zur Bedeutung der Parallelität bei der Entwicklung der Börsenkurse und der Ergebnisse von E.ON und RWE sowie des Umstands, dass sie ihren Sitz in derselben Stadt haben, und zu den Auswirkungen der Minderheitsbeteiligung von RWE an E.ON in den Rn. 328, 341, 344 und 382 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie in den Rn. 327, 340, 343 und 381 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20, mit denen das Gericht im Wesentlichen festgestellt hat, dass die Rechtsmittelführerinnen zwar offensichtliche Beurteilungsfehler der Kommission rügten, ihm aber weder konkrete Anhaltspunkte noch überzeugende Erklärungen für das Vorliegen solcher offensichtlicher Fehler vorgelegt hätten.
217 Was den Umstand betrifft, dass das Gericht es nicht für erforderlich gehalten hat, die von den Rechtsmittelführerinnen benannten Zeugen zu vernehmen, ergibt sich aus den verfahrensrechtlichen Erwägungen in Rn. 410 der Urteile T‑312/20, T‑313/20 und T‑315/20 sowie in Rn. 409 der Urteile T‑317/20 und T‑319/20, die vor dem Gerichtshof nicht wirksam in Frage gestellt worden sind, sowie daraus, dass es nach der oben in Rn. 71 angeführten Rechtsprechung jedenfalls allein Sache des Gerichts ist, zu entscheiden, ob ein persönliches Erscheinen oder eine Vernehmung erforderlich ist, dass das Gericht dadurch keinen Rechtsfehler begangen hat.
218 Der vierte Rechtsmittelgrund ist daher zurückzuweisen.
E. Ergebnis
219 Da alle zur Stützung der vorliegenden Rechtsmittel geltend gemachten Rechtsmittelgründe zurückgewiesen worden sind, sind diese Rechtsmittel insgesamt zurückzuweisen.
VI. Kosten
220 Nach Art. 184 Abs. 2 seiner Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das Rechtsmittel unbegründet ist. Die unterliegende Partei ist auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen (Art. 138 Abs. 1 und 2 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet). Da die Rechtsmittelführerinnen mit ihrem Vorbringen unterlegen sind, sind ihnen entsprechend den Anträgen der Kommission, von RWE und von E.ON neben ihren eigenen Kosten die Kosten der Kommission, von RWE und von E.ON aufzuerlegen.
221 Nach Art. 140 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der ebenfalls auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, tragen die Mitgliedstaaten, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. Die Bundesrepublik Deutschland trägt daher ihre eigenen Kosten.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Fünfte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Rechtsmittel werden zurückgewiesen.
2. Die EVH GmbH trägt neben ihren eigenen Kosten die der Europäischen Kommission, der E.ON SE und der RWE AG in der Rechtssache C ‑464/23 P entstandenen Kosten.
3. Die Stadtwerke Leipzig GmbH trägt neben ihren eigenen Kosten die der Europäischen Kommission, der E.ON SE und der RWE AG in der Rechtssache C ‑465/23 P entstandenen Kosten.
4. Die TEAG Thüringer Energie AG trägt neben ihren eigenen Kosten die der Europäischen Kommission, der E.ON SE und der RWE AG in der Rechtssache C ‑467/23 P entstandenen Kosten.
5. Die EnergieVerbund Dresden GmbH trägt neben ihren eigenen Kosten die der Europäischen Kommission, der E.ON SE und der RWE AG in der Rechtssache C ‑468/23 P entstandenen Kosten.
6. Die GGEW, Gruppen-Gas- und Elektrizitätswerk Bergstraße AG trägt neben ihren eigenen Kosten die der Europäischen Kommission, der E.ON SE und der RWE AG in der Rechtssache C ‑470/23 P entstandenen Kosten.
7. Die Bundesrepublik Deutschland trägt ihre eigenen in den Rechtssachen C ‑464/23 P, C ‑465/23 P, C ‑467/23 P, C ‑468/23 P und C ‑470/23 P entstandenen Kosten.
Unterschriften