Vorläufige Fassung
SCHLUSSANTRÄGE DER GENERALANWÄLTIN
TAMARA ĆAPETA
vom 12. Juni 2025(1 )
Rechtssache C ‑679/23 P
WS,
WT,
WY,
WZ,
YA,
YB
gegen
Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache (Frontex)
„ Rechtsmittel – Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts – Politik im Bereich Grenzkontrollen, Asyl und Einwanderung – Verordnung (EU) 2016/1624 – Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache [Frontex] – Gemeinsame Rückkehraktion – Geltend gemachte Verletzung von Grundrechten – Außervertragliche Haftung – Kausalzusammenhang “
I. Einleitung
1. Eine Familie syrischer Kurden wurde im Rahmen einer gemeinsamen, von Frontex koordinierten Rückkehraktion per Flugzeug von Griechenland in die Türkei zurückgeführt(2 ).
2. Sie beantragt nunmehr bei den Unionsgerichten auf der Grundlage von Art. 268 AEUV und Art. 340 Abs. 2 AEUV, Frontex zur Zahlung von Schadensersatz zu verurteilen. Sie macht geltend, dass der materielle und immaterielle Schaden, den sie erlitten habe, durch das rechtswidrige Verhalten – genauer gesagt Unterlassen – von Frontex vor, während und nach dieser Rückkehraktion verursacht worden sei, wodurch mehrere ihrer Grundrechte verletzt worden seien.
3. Kann die Europäische Union wegen eines rechtswidrigen Tuns und/oder Unterlassens von Frontex während einer gemeinsamen Rückkehraktion schadensersatzpflichtig sein? Grundsätzlich ist für derartige Aktionen primär der Mitgliedstaat verantwortlich, von dem aus die Rückführungen durchgeführt werden (im Folgenden: Einsatzmitgliedstaat), und Frontex hat bei der Vorbereitung, Organisation und Koordinierung solcher Aktionen eine unterstützende Funktion. Der vorliegende Fall wirft daher die Frage auf, ob Frontex im Rahmen solcher Aktionen konkrete Pflichten hat, und wenn dies der Fall ist, welche dieser Pflichten bei ihrer Verletzung zu einer Schadensersatzpflicht der Europäischen Union führen können, und zwar ungeachtet der primären Verantwortlichkeit des Einsatzmitgliedstaats für solche Aktionen.
4. Diese Rechtssache ist nunmehr im Rahmen eines Rechtsmittels gegen das erstinstanzliche Urteil des Gerichts(3 ) beim Gerichtshof anhängig. Das Gericht hat die Klage der syrischen Familie mit der Begründung abgewiesen, dass kein Kausalzusammenhang zwischen dem behaupteten rechtswidrigen Verhalten von Frontex und dem erlittenen Schaden bestehe. Aus diesem Grund hat das Gericht die weiteren Voraussetzungen einer außervertraglichen Haftung, nämlich die Rechtswidrigkeit und den Schaden(4 ), nicht geprüft.
5. Folglich beschränkt sich die Prüfung des Gerichtshofs im vorliegenden Fall auf vom Gericht entschiedene Fragen. Der Gerichtshof hat trotzdem die Gelegenheit, zu klären, ob Frontex für die Verletzung von Grundrechten im Rahmen gemeinsamer Rückkehraktionen haftbar gemacht werden kann, und seine Rechtsprechung zum Kausalzusammenhang weiterzuentwickeln(5 ).
II. Ereignisse, die zum Verfahren vor dem Gericht geführt haben
6. Bei den Rechtsmittelführern WS u. a. handelt es sich um eine sechsköpfige Familie syrischer Staatsangehöriger, die der kurdischen Volksgruppe angehören, bestehend aus zwei Elternteilen und vier Kindern.
7. Am 9. Oktober 2016 kamen sie mit einer Gruppe von 114 Flüchtlingen auf der Insel Milos (Griechenland) an(6 ).
8. Am 14. Oktober 2016 wurden sie in das Aufnahme- und Identifizierungszentrum in Leros (Griechenland) gebracht, wo sie offiziell erklärten, internationalen Schutz beantragen zu wollen(7 ).
9. Den Angaben der Rechtsmittelführer zufolge hat die griechische Polizei sie am 19. Oktober 2016 zusammen mit einer Reihe anderer syrischer Staatsangehöriger vom Hotspot Leros zur Polizeistation Leros gebracht. Ihnen sei mitgeteilt worden, dass sie am nächsten Tag nach Athen (Griechenland) überführt würden.
10. Am 20. Oktober 2016 wurden sie im Rahmen einer gemeinsamen Rückkehraktion von Griechenland und Frontex (im Folgenden: gemeinsame Rückkehraktion) mit dem Flugzeug nach Adana (Türkei) gebracht(8 ). Die Rechtsmittelführer wurden sodann in ein vorübergehendes Aufnahmezentrum im Südosten der Türkei überführt.
11. Den Angaben der Rechtsmittelführer zufolge saßen sie während des Rückflugs jeweils neben einem Begleitbeamten und durften sich nicht unterhalten. Sie hätten immer noch geglaubt, dass sie nach Athen gebracht würden; erst als sie das Flugzeug verlassen hätten und türkischen Beamten übergeben worden seien, hätten sie gemerkt, dass sie stattdessen in die Türkei gebracht worden seien.
12. Am 2. November 2016 stellten die türkischen Behörden den Rechtsmittelführern befristete Schutzdokumente und eine befristete Reiseerlaubnis aus. Die Rechtsmittelführer verließen das Aufnahmezentrum und zogen in das Dorf Saruj (Türkei), wo sie ein Haus mieteten und Möbel kauften. Später sind sie ihren Angaben zufolge jedoch nach Erbil (Irak) umgezogen, weil sie befürchtet hätten, dass die türkischen Behörden sie nach Syrien zurückschicken würden. Seitdem seien sie dort wohnhaft.
13. Am 4. Januar 2017 reichten die Rechtsmittelführer bei Frontex eine Beschwerde betreffend die gemeinsame Rückkehraktion ein. Sie machten geltend, dass ihre Grundrechte durch die Unterstützung von Frontex bei dieser Aktion verletzt worden seien.
14. Am 15. Februar 2017 teilte der Grundrechtsbeauftragte von Frontex (Frontex Fundamental Rights Officer, im Folgenden: FRO) den Rechtsmittelführern mit, dass ihre Beschwerde zulässig sei und an den Exekutivdirektor und den griechischen Bürgerbeauftragten als die zuständige nationale Behörde für die Bearbeitung von grundrechtsbezogenen Beschwerden gegen Grenzschutzbehörden in Griechenland weitergeleitet worden sei.
15. Nach einem Schriftwechsel zwischen dem FRO und den Rechtsmittelführern über den Fortgang ihrer Beschwerde wurden die Rechtsmittelführer am 7. Juni 2017 darüber informiert, dass ihre Beschwerde an die griechische Polizei weitergeleitet worden sei, da der griechische Bürgerbeauftragte keine Befugnis zur Prüfung dieser Beschwerde habe.
16. Am 17. Juli 2018 reichten die Rechtsmittelführer eine zweite Beschwerde bei Frontex ein mit der Begründung, dass es im Rahmen der ersten Beschwerde keine Fortschritte gebe.
17. Am 9. August 2018 teilte Frontex den Rechtsmittelführern mit, dass die zweite Beschwerde zulässig und mit ihrer ersten Beschwerde verbunden worden sei.
18. Nach weiterem Schriftwechsel zwischen dem FRO und den Rechtsmittelführern über die Fortschritte bei der Bearbeitung ihrer Beschwerden teilte der FRO ihnen am 25. November 2019 mit, dass die griechischen Behörden ihre interne Disziplinaruntersuchung abgeschlossen und einen Abschlussbericht erstellt hätten, demzufolge keine disziplinarrechtliche Verantwortlichkeit festgestellt worden sei.
19. Am 6. Oktober 2020 erstellte der FRO einen Abschlussbericht zu den beiden Beschwerden und schloss den Fall ab. Diesem Bericht zufolge haben die griechischen Behörden den in den Art. 18, 19, 24, 41 und 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) garantierten Grundrechten der Rechtsmittelführer zuwidergehandelt. In dem Bericht wird ferner ausgeführt, dass Frontex ihren Verpflichtungen nachgekommen sei, indem sie die Angelegenheit weiterverfolgt und direkt mit dem betreffenden Mitgliedstaat Kontakt aufgenommen habe, und dass sie Maßnahmen ergriffen habe, um sicherzustellen, dass die rechtlichen Anforderungen bei der Durchführung künftiger Rückkehraktionen erfüllt würden(9 ). Von einer möglichen Haftung von Frontex war in diesem Bericht jedoch nicht die Rede.
20. Mit E‑Mails vom 8. und 12. Oktober 2020 beanstandeten die Rechtsmittelführer insbesondere, dass der Bericht weder auf die Beteiligung von Frontex an der gemeinsamen Rückkehraktion noch auf die zweite Beschwerde gegen Frontex eingehe.
21. Mit E‑Mail vom 13. Oktober 2020 antwortete der FRO, dass Frontex ihren Verpflichtungen bei der Bearbeitung ihrer Beschwerden nachgekommen sei. In dieser E‑Mail wurde insbesondere darauf hingewiesen, dass Frontex im Einklang mit den einschlägigen Vorschriften in regelmäßigen Abständen bei den griechischen Behörden nachgefasst habe und dass das Beschwerdeverfahren als Verwaltungsverfahren ausgestaltet sei, sodass keine weiteren Rechtsmittel zur Anfechtung der Ergebnisse und Weiterverfolgung der Beschwerden zur Verfügung stünden, dass aber Rechtsmittel bei den Organen der Europäischen Union eingelegt werden könne.
22. In der Zwischenzeit reichten die Rechtsmittelführer am 19. April 2017 beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (im Folgenden: EGMR) eine Klage gegen Griechenland im Zusammenhang mit der in Rede stehenden gemeinsamen Rückkehraktion ein, mit der sie die Verletzung der Art. 3 und 13 der Europäischen Menschenrechtskonvention (im Folgenden: EMRK) geltend machten. Der Fall wurde aus dem Register des EGMR gestrichen, nachdem die Parteien eine gütliche Einigung erzielt hatten(10 ). Griechenland hatte sich bereit erklärt, materiellen und immateriellen Schadensersatz in Höhe von 12 500 Euro pro Rechtsmittelführer bzw. insgesamt 75 000 Euro zuzüglich 1 500 Euro für Kosten und Auslagen zu zahlen.
III. Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil
23. Am 20. September 2021 erhoben die Rechtsmittelführer beim Gericht eine auf Art. 268 AEUV, Art. 340 Abs. 2 AEUV und Art. 60 Abs. 3 der Verordnung 2016/1624(11 ) gestützte Schadensersatzklage, mit der sie den Ersatz des Schadens begehrten, der ihnen durch das rechtswidrige Verhalten von Frontex vor, während und nach der Rückkehraktion entstanden sei.
24. Die Rechtsmittelführer machten geltend, dass Frontex ihren Verpflichtungen aus den Art. 16, 22, 25, 26, 28, 34 und 72 der Verordnung 2016/1624 sowie aus den Schritten 1 bis 5 der Standardarbeitsanweisungen(12 ) und aus Art. 4 des Verhaltenskodex(13 ) nicht nachgekommen sei, wodurch ihre durch die Art. 1, 4, 18, 19, 24, 41 und 47 der Charta garantierten Grundrechte verletzt worden seien.
25. Die Rechtsmittelführer stützten sich auf acht Klagegründe. Mit dem ersten, dem zweiten und dem dritten Klagegrund warfen sie Frontex vor, bei der Vorbereitung der gemeinsamen Rückkehraktion keine Maßnahmen ergriffen zu haben, um eine Verletzung ihrer Grundrechte zu verhindern. Mit dem vierten, dem fünften und dem sechsten Klagegrund rügten sie, dass Frontex nicht sichergestellt habe, dass die gemeinsame Rückkehraktion so durchgeführt würde, dass ihre Grundrechte während dieser Aktion gewahrt würden. Mit dem siebten und dem achten Klagegrund machten sie geltend, dass Frontex keine angemessenen Maßnahmen zur Beurteilung der gemeinsamen Rückkehraktion und zur Bearbeitung ihrer Beschwerden nach dieser Aktion getroffen habe.
26. Die Rechtsmittelführer begehrten vor dem Gericht Schadensersatz für die in Rede stehenden Verletzungen und machten geltend, dass die Voraussetzungen für eine außervertragliche Haftung der Europäischen Union erfüllt seien. Sie beantragten daher, Frontex zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 96 212,55 Euro für den erlittenen materiellen Schaden und in Höhe von 40 000 Euro für den erlittenen immateriellen Schaden, zuzüglich Zinsen, zu verurteilen(14 ). Ferner beantragten sie, Frontex die Kosten aufzuerlegen.
27. Frontex beantragte, die Klage abzuweisen und den Rechtsmittelführern die Kosten aufzuerlegen.
28. Mit dem angefochtenen Urteil hat das Gericht die Klage vollumfänglich abgewiesen.
29. Erstens hat das Gericht festgestellt, dass bestimmte von den Rechtsmittelführern erstmals im Rahmen der Erwiderung bzw. vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung vorgelegte Dokumente unzulässig seien, weil sie ohne Rechtfertigung verspätet vorgelegt worden seien (Rn. 41 bis 46 und 49 bis 51 des angefochtenen Urteils).
30. Zweitens hat das Gericht entschieden, zuerst die Voraussetzung des Kausalzusammenhangs zwischen dem behaupteten rechtswidrigen Verhalten und dem geltend gemachten Schaden zu prüfen (Rn. 55 des angefochtenen Urteils). Es ist zu dem Schluss gekommen, dass die Rechtsmittelführer keinen hinreichend unmittelbaren Kausalzusammenhang zwischen dem geltend gemachten Schaden und dem Frontex vorgeworfenen Verhalten dargelegt hätten (Rn. 71 des angefochtenen Urteils).
31. Zu diesem Ergebnis ist das Gericht auf der Grundlage von zwei Argumentationslinien gelangt. Im Rahmen der ersten Argumentationslinie (Rn. 62 bis 66 des angefochtenen Urteils) hat es zunächst festgestellt, dass das Vorbringen der Rechtsmittelführer auf der unzutreffenden Annahme beruhe, dass sie ohne die behaupteten Verletzungen der Verpflichtung von Frontex zum Schutz der Grundrechte im Rahmen der gemeinsamen Rückkehraktion nicht rechtswidrig in die Türkei zurückgeführt worden wären und ihnen der geltend gemachte Schaden nicht entstanden wäre (Rn. 62 des angefochtenen Urteils).
32. Insoweit hat das Gericht festgestellt, dass Frontex nach Art. 34 Abs. 1 der Verordnung 2016/1624 nur bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben den Schutz der Grundrechte gewährleisten müsse (Rn. 63 des angefochtenen Urteils). Zudem bestehe nach Art. 27 Abs. 1 Buchst. a und b sowie Art. 28 Abs. 1 dieser Verordnung die Aufgabe von Frontex bei Rückkehraktionen nur in der technischen und operativen Unterstützung der Mitgliedstaaten und nicht darin, auf die Begründetheit der Rückkehrentscheidungen einzugehen. Diese letztgenannte Beurteilung falle, wie sich aus der Richtlinie 2008/115/EG(15 ) ergebe, in die alleinige Zuständigkeit der Mitgliedstaaten (Rn. 64 des angefochtenen Urteils). Ebenso hat das Gericht betont, dass gemäß der Richtlinie 2013/32/EU(16 ) allein die Mitgliedstaaten für die Prüfung von Anträgen auf internationalen Schutz zuständig seien (Rn. 65 des angefochtenen Urteils).
33. Da Frontex weder für die Beurteilung der Begründetheit von Rückkehrentscheidungen noch für Anträge auf internationalen Schutz zuständig sei, könne ein unmittelbarer Kausalzusammenhang zwischen dem Verhalten und dem geltend gemachten Schaden nicht festgestellt werden. Zudem ergebe sich auch aus Art. 42 Abs. 1 und 2 der Verordnung 2016/1624 eindeutig, dass für diesen Schaden grundsätzlich allein der Einsatzmitgliedstaat verantwortlich sei (Rn. 66 des angefochtenen Urteils).
34. Im Rahmen der zweiten Argumentationslinie (Rn. 67 bis 70 des angefochtenen Urteils) ist das Gericht zu dem Schluss gelangt, dass der geltend gemachte Schaden keine unmittelbare Folge des behaupteten rechtswidrigen Verhaltens von Frontex sei, sondern auf die von den Rechtsmittelführern getroffene Entscheidung zurückzuführen sei. Im Einzelnen hat das Gericht ausgeführt, dass i) der materielle Schaden im Zusammenhang mit den in der Türkei entstandenen Kosten die Folge ihrer Entscheidung gewesen sei, die Weisungen der türkischen Behörden zu der befristeten Reiseerlaubnis nicht zu befolgen, ii) der materielle und immaterielle Schaden im Zusammenhang mit der Reise in den Irak und der dortigen Niederlassung ebenfalls die Folge ihrer eigenen Entscheidung gewesen sei und nicht als unmittelbare Folge des Verhaltens von Frontex angesehen werden könne und iii) der materielle Schaden in Form der Kosten für die anwaltliche Unterstützung im Rahmen der gegen Frontex eingereichten Beschwerden die Folge ihrer Entscheidung gewesen sei, anwaltliche Vertretung in Anspruch zu nehmen, was nicht zwingend erforderlich gewesen sei.
35. Aus diesen Gründen und in Anbetracht der kumulativen Voraussetzungen der außervertraglichen Haftung der Europäischen Union hat das Gericht die Klage abgewiesen, ohne die weiteren Voraussetzungen der außervertraglichen Haftung zu prüfen (Rn. 72 des angefochtenen Urteils).
IV. Verfahren vor dem Gerichtshof
36. Mit ihrem am 14. November 2023 eingelegten Rechtsmittel beantragen die Rechtsmittelführer WS u. a., das angefochtene Urteil aufzuheben und die Rechtssache zur Entscheidung an das Gericht zurückzuverweisen, oder alternativ in der Sache zu entscheiden und die Klage für begründet zu erklären. Sie beantragen ferner, Frontex die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
37. In ihrer am 7. Februar 2024 eingereichten Klagebeantwortung beantragt Frontex, das Rechtsmittel zurückzuweisen und den Rechtsmittelführern die Kosten aufzuerlegen.
38. Die Rechtsmittelführer und Frontex haben am 18. April 2024 bzw. am 27. Mai 2024 eine Erwiderung und eine Gegenerwiderung eingereicht.
39. In der Sitzung vom 4. Februar 2025 haben beide Parteien mündlich verhandelt.
V. Würdigung
40. Die Rechtsmittelführer machen vier Rechtsmittelgründe geltend. Mit dem ersten Rechtsmittelgrund rügen sie, dass die Klage fälschlicherweise als Anfechtung der Entscheidung, ihnen internationalen Schutz zu verweigern, oder der (stillschweigenden) Rückkehrentscheidung qualifiziert worden sei. Mit dem zweiten Rechtsmittelgrund wird beanstandet, dass das Gericht aufgrund dieser falschen Qualifizierung das Vorbringen der Rechtsmittelführer, dass das rechtswidrige Verhalten von Frontex den von ihnen erlittenen Schaden verursacht habe, nicht gewürdigt und daher zu Unrecht festgestellt habe, dass kein Kausalzusammenhang bestehe. Mit dem dritten Rechtsmittelgrund wird geltend gemacht, dass das Gericht unzutreffenderweise angenommen habe, dass der Kausalzusammenhang zwischen dem Verhalten von Frontex und dem von den Rechtsmittelführern erlittenen Schaden durch die eigenen Entscheidungen der Rechtsmittelführer unterbrochen worden sei. Mit dem vierten Rechtsmittelgrund wird gerügt, dass das Gericht die Verfahrensordnung falsch ausgelegt habe, als es bestimmte Dokumente für unzulässig erklärt habe.
41. Ich beginne meine Prüfung mit der Würdigung der von Frontex vorgebrachten Argumente gegen die Zulässigkeit des vorliegenden Rechtsmittels (A). Anschließend werde ich die ersten beiden Rechtsmittelgründe zusammen prüfen (B), bevor ich mich dem dritten (C) und dem vierten (D) Rechtsmittelgrund zuwende.
A. Zulässigkeit
42. Frontex stellt die Zulässigkeit des vorliegenden Rechtsmittels im Wesentlichen aus vier Gründen in Abrede.
43. Erstens macht Frontex geltend, dass die ersten drei Rechtsmittelgründe unzulässig seien, weil sie die tatsächlichen Feststellungen des Gerichts und insbesondere das Vorliegen einer Rückkehrentscheidung in Frage stellten.
44. Zweitens argumentiert Frontex, dass die ersten drei Rechtsmittelgründe unzulässig seien, da sie die gesamtschuldnerische Haftung von Frontex und Griechenland geltend machten, was ein neues Angriffsmittel darstelle, das im ersten Rechtszug nicht vorgetragen worden sei.
45. Drittens rügt Frontex, dass der erste und der zweite Rechtsmittelgrund unzulässig seien, weil sie die angegriffenen Teile des angefochtenen Urteils nicht hinreichend genau bezeichneten.
46. Viertens stellt Frontex das Interesse der Rechtsmittelführer an der Anfechtung des angefochtenen Urteils in Frage, da sie bereits im Rahmen ihrer Klage vor dem EGMR eine Entschädigung von Griechenland erhalten hätten (siehe Nr. 22 der vorliegenden Schlussanträge).
47. Die Rechtsmittelführer sind der Auffassung, dass das vorliegende Rechtsmittel zulässig und das Vorbringen von Frontex zurückzuweisen sei.
48. Dem stimme ich zu.
49. Erstens streben die Rechtsmittelführer mit den ersten drei Rechtsmittelgründen keine neue Tatsachen- und Beweiswürdigung an, sondern wenden sich gegen die vom Gericht vorgenommene rechtliche Würdigung, auf deren Grundlage das Gericht entschieden hat, dass zwischen dem Verhalten von Frontex und dem geltend gemachten Schaden kein unmittelbarer Kausalzusammenhang bestehe.
50. Insoweit machen die Rechtsmittelführer geltend, dass die Annahme des Gerichts, die Klage betreffe eine Anfechtung der Rückkehrentscheidung, eine rechtliche und keine tatsächliche Annahme sei. Sie hätten sich im ersten Rechtszug darauf berufen, dass keine Rückkehrentscheidung vorgelegen habe, was Frontex hätte überprüfen müssen. Die Entscheidung des Gerichts, das Vorliegen einer Rückkehrentscheidung nicht zu prüfen, sei daher die Folge eines Rechtsfehlers. Ebenso habe das Gericht andere relevante Tatsachen – z. B. ob sich ein Frontex-Mitarbeiter an Bord des Rückflugs befunden habe oder ob Frontex von den griechischen Behörden eine Liste mit den Namen der zur Rückkehr verpflichteten Personen erhalten habe – aufgrund des Rechtsfehlers, der in der falschen Qualifizierung ihrer Klage bestanden habe, nicht geprüft.
51. Die Rechtsmittelführer beantragen dementsprechend nicht die Feststellung dieser Tatsachen, sondern die Feststellung, dass das Gericht dies hätte tun müssen. Auch ist die Frage, ob eine anwaltliche Vertretung erforderlich war, keine Tatsachenfrage, sondern beinhaltet eine rechtliche Beurteilung, die die Rechtsmittelführer anfechten können. Das Vorbringen der Rechtsmittelführer hinsichtlich der Tatsachen ist somit ein Vorbringen zu Rechtsfragen, die der Kontrolle durch den Gerichtshof im Rechtsmittelverfahren unterliegen(17 ).
52. Zweitens wurde die Argumentation im Rahmen der ersten drei Rechtsmittelgründe, die sich auf die gesamtschuldnerische Haftung von Frontex und Griechenland bezieht, im Rechtsmittelverfahren nicht zum ersten Mal vorgebracht. Aus dem Vorbringen der Parteien vor dem Gericht(18 ) geht hervor, dass sich die Rechtsmittelführer auf die gesamtschuldnerische Haftung von Frontex und Griechenland im Rahmen von Rückkehraktionen berufen haben(19 ), sodass jeder von ihnen für sein eigenes Verhalten und für den den Rechtsmittelführern entstandenen Schaden verantwortlich sei.
53. Drittens werden in den ersten beiden Rechtsmittelgründen die angegriffenen Randnummern des angefochtenen Urteils genau bezeichnet und die Gründe dargelegt, aus denen diese Randnummern nach Ansicht der Rechtsmittelführer rechtsfehlerhaft sind, sodass der Gerichtshof erkennen kann, welche Teile des angefochtenen Urteils angegriffen werden, und seine Befugnis, deren Rechtmäßigkeit zu überprüfen, ausüben kann.
54. Viertens bestand aufseiten der Rechtsmittelführer, wie in der Sitzung bekräftigt wurde, bei Klageerhebung ein Interesse an der Anfechtung, und dieses Interesse besteht fort, da die gütliche Einigung mit Griechenland nicht zum Erlöschen ihres vor den Unionsgerichten geltend gemachten Anspruchs geführt hat. Das mit ihrer Klage verfolgte Ziel, angemessenen Ersatz des im Verhältnis mit Frontex erlittenen Schadens zu erhalten, ist somit nicht erreicht worden. Der Umstand, dass die Rechtsmittelführer vor einem anderen Gericht ein gesondertes Verfahren gegen Griechenland wegen der geltend gemachten Verletzung anderer Vorschriften, insbesondere der Bestimmungen der EMRK, im Zusammenhang mit derselben gemeinsamen Rückkehraktion eingeleitet haben, kann sich, wie von den Rechtsmittelführern ausgeführt wird, auf die Bezifferung des Schadens auswirken.
55. Ich bin daher der Ansicht, dass das vorliegende Rechtsmittel zulässig ist.
B. Der erste und der zweite Rechtsmittelgrund
56. Mit den ersten beiden Rechtsmittelgründen, die sich auf die Rn. 62 bis 66 sowie 71 und 72 des angefochtenen Urteils beziehen, machen die Rechtsmittelführer im Wesentlichen geltend, dass das Gericht ihr Vorbringen im ersten Rechtszug falsch qualifiziert habe. Dies habe dazu geführt, dass das Gericht fälschlicherweise zu dem Ergebnis gekommen sei, dass der Kausalzusammenhang nicht dargelegt worden sei, und daher keinen der acht im ersten Rechtszug geltend gemachten Klagegründe geprüft habe.
57. Die Rechtsmittelführer machen geltend, dass Frontex ihnen einen Schaden zugefügt habe, indem sie ihre eigenen Verpflichtungen verletzt habe, und nicht durch die Verletzung von Verpflichtungen, die ausschließlich den Mitgliedstaaten zugewiesen werden könnten. Ihre Klage im ersten Rechtszug sei daher auf die Erfüllung der Verpflichtung von Frontex aus der Verordnung 2016/1624 gerichtet gewesen, die Wahrung der Grundrechte bei der Durchführung der gemeinsamen Rückkehraktion sicherzustellen. Das Gericht habe diese Klage jedoch stattdessen als Anfechtung der Entscheidung, ihnen internationalen Schutz zu verweigern, oder der (stillschweigenden) Rückkehrentscheidung, die die griechischen Behörden in Bezug auf sie getroffen hätten, ausgelegt. Daher habe das Gericht Frontex das rechtswidrige Verhalten nicht zugerechnet und nicht geprüft, ob ein Kausalzusammenhang zwischen diesem Verhalten und dem geltend gemachten Schaden bestanden habe. Hätte das Gericht das Vorbringen der Rechtsmittelführer nicht falsch qualifiziert, hätte es alle acht im ersten Rechtszug vorgebrachten Klagegründe geprüft, mit denen Verletzungen verschiedener Verpflichtungen von Frontex aus dem Unionsrecht geltend gemacht worden seien, die zur Verletzung ihrer Grundrechte geführt und ihnen Schaden zugefügt hätten. Die Rechtsmittelführer berufen sich ferner darauf, dass das Gericht Art. 42 Abs. 1 und 2 der Verordnung 2016/1624 falsch ausgelegt habe, da diese Bestimmung nichts mit der Haftung von Frontex für die Nichterfüllung ihrer Verpflichtungen aus dieser Verordnung zu tun habe.
58. Frontex stellt dieses Vorbringen in Abrede und ist der Auffassung, dass die ersten beiden Rechtsmittelgründe zurückzuweisen seien.
59. Zunächst bin ich der Ansicht, dass das Gericht im angegriffenen Teil des angefochtenen Urteils seine Erwägungen nicht zum Abschluss gebracht hat. Es hat nicht dargelegt, wie seine Feststellung, dass allein die Mitgliedstaaten für Rückkehrentscheidungen und Anträge auf internationalen Schutz zuständig seien, mit seiner Schlussfolgerung betreffend das Fehlen eines Kausalzusammenhangs zusammenhängt.
60. Meines Erachtens kann dieser mehrdeutige Teil des angefochtenen Urteils auf zwei Arten verstanden werden. Erstens kann dieses Urteil so verstanden werden, dass das Gericht das erstinstanzliche Vorbringen der Rechtsmittelführer in dem Sinne missverstanden hat, dass sie die Wirksamkeit der Rückkehrentscheidung in Abrede stellen und nicht gegen die fehlende Überprüfung durch Frontex, ob überhaupt eine Rückkehrentscheidung vorlag, vorgehen wollen. Zweitens könnte das Urteil so gelesen werden, dass das Gericht der Ansicht gewesen ist, dass Frontex nicht für Schäden haften könne, wenn sie lediglich Rückkehraktionen der Mitgliedstaaten unterstütze. So betrachtet hätte das Gericht implizit entschieden, dass das in Art. 28 Abs. 1 der Verordnung 2016/1624 enthaltene Verbot für Frontex, die Begründetheit von Rückkehrentscheidungen zu prüfen, Frontex von der Pflicht befreit, zu überprüfen, ob eine Rückkehraktion Personen betrifft, gegen die eine Rückkehrentscheidung ergangen ist.
61. Wenn die erste Lesart des angefochtenen Urteils zutreffend ist, hat das Gericht einen Rechtsfehler begangen, indem es die Begriffe der Zurechnung und der Kausalität falsch angewandt hat.
62. Der Begriff des Kausalzusammenhangs beantwortet die Frage nach Ursache und Wirkung, d. h. ob das Tun (bzw. Unterlassen) eines bestimmten Akteurs (Ursache) zu dem erlittenen Schaden (Wirkung) geführt hat. Der Begriff der Zurechnung wiederum stellt eine Verbindung zwischen dem rechtswidrigen Verhalten und dem betreffenden Akteur her(20 ).
63. Wenn vor dem Gericht geltend gemacht wird, dass das Tun (bzw. Unterlassen) von Frontex die Ursache ist, kann das Gericht die Frage, ob ein Zusammenhang zwischen dieser Ursache und dem geltend gemachten Schaden besteht, nicht dadurch beantworten, dass es das Tun (bzw. Unterlassen) eines anderen Akteurs (hier Griechenlands) prüft.
64. Mit anderen Worten: Um zu dem Schluss zu kommen, dass Frontex den geltend gemachten Schaden nicht verursacht haben kann, hätte das Gericht von dem behaupteten Tun (bzw. Unterlassen) von Frontex ausgehen müssen, um dann zu dem Schluss zu gelangen, dass dieses behauptete rechtswidrige Verhalten keine hinreichend unmittelbare Ursache für diesen Schaden gewesen sei. Zwar hätte das Gericht zu dem Ergebnis kommen können, dass Frontex den in Rede stehenden Schaden nicht habe verursachen können, wenn es davon ausgegangen wäre, dass die Überprüfung des Vorliegens einer Rückkehrentscheidung nicht in die Zuständigkeit von Frontex falle(21 ). Das ist meines Erachtens die zweite mögliche Lesart des angefochtenen Urteils. Allerdings hat das Gericht sich nicht (zumindest nicht ausdrücklich) in diesem Sinne geäußert. Es hat sich vielmehr auf die Tatsache konzentriert, dass der Erlass einer Rückkehrentscheidung in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten und nicht in die von Frontex fällt. Die Rechtsmittelführer haben dies, wie sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Gericht bestätigt haben, nie bestritten.
65. Eine mögliche Schlussfolgerung ist daher, dass das Gericht Zurechnung und Kausalität durcheinandergebracht hat, indem es das beanstandete Verhalten nicht mit dem korrekten Akteur in Verbindung gebracht und somit das Vorliegen des Kausalzusammenhangs falsch beurteilt hat(22 ).
66. Wie bereits ausgeführt, ist es jedoch auch möglich, dass das Gericht der Auffassung gewesen ist, dass Frontex nicht verpflichtet sei, zu überprüfen, ob es sich bei den Personen, die Teil der gemeinsamen Rückkehraktion sind, tatsächlich um zur Rückkehr verpflichtete Personen in dem Sinne handelt, dass eine ihnen gegenüber ergangene vollstreckbare Rückkehrentscheidung vorliegt. Da das geltend gemachte rechtswidrige Verhalten Frontex dann nicht zuzurechnen ist, hätte das Gericht logischerweise zu dem Schluss kommen können, dass zwischen diesem Verhalten und dem Schaden kein Kausalzusammenhang habe bestehen können.
67. Wenn diese zweite Lesart des angefochtenen Urteils zutreffend ist, müssen zwei Fragen beantwortet werden. Erstens: Obliegen Frontex bei gemeinsamen Rückkehraktionen eigene Verpflichtungen nach Unionsrecht, einschließlich der Verpflichtung, zu überprüfen, ob für jede an Bord des Flugzeugs befindliche Person eine Rückkehrentscheidung vorliegt? Zweitens: Wenn Frontex eine solche Verpflichtung obliegt, Griechenland aber auch diese Verpflichtung trifft, kann Frontex dann für den gesamten Schaden allein haften? Ich werde diese beiden Fragen nacheinander untersuchen.
1. Obliegt Frontex nach der Verordnung 2016/1624 eine Überprüfungspflicht?
68. Die Rechtsmittelführer machen geltend, dass der gesamte Schaden, den sie erlitten hätten, auf ihre Einbeziehung in die gemeinsame Rückkehraktion zurückzuführen sei. Wäre Frontex ihrer Verpflichtung nachgekommen, das Vorliegen einer ihnen gegenüber ergangenen Rückkehrentscheidung zu überprüfen, hätte sie festgestellt, dass es keine solche Entscheidung gegeben habe, und die Rechtsmittelführer wären von der Rückkehraktion ausgenommen worden. Die Hauptursache für den von ihnen erlittenen Schaden liege daher darin, dass Frontex nicht überprüft habe, ob die Rückkehrentscheidung existiere, wodurch sie ihre Grundrechte, einschließlich des Grundsatzes der Nichtzurückweisung, verletzt habe.
69. Es ist daher zu klären, ob Frontex nach der Verordnung 2016/1624 eine solche Überprüfungspflicht obliegt.
70. Zunächst einmal ist es unbestritten, dass die Charta selbst weder neue Zuständigkeiten noch neue Aufgaben für die Europäische Union begründet(23 ).
71. Wie das Gericht in Rn. 63 des angefochtenen Urteils zutreffend ausgeführt hat, verpflichtet Art. 34 Abs. 1 der Verordnung 2016/1624 Frontex nur dazu, bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben im Rahmen dieser Verordnung den Schutz der Grundrechte zu gewährleisten.
72. Somit muss Frontex bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben die Einhaltung der Grundrechte sicherstellen. Gemäß Art. 51 Abs. 1 der Charta gilt diese für alle Organe und Einrichtungen der Union, so dass die erneute Formulierung einer solchen Verpflichtung in Art. 34 Abs. 1 der Verordnung 2016/1624 lediglich deklaratorischen Charakter hat.
73. Die Verordnung 2016/1624 regelte in Art. 28 die Verpflichtungen von Frontex bei Rückkehraktionen. Gemäß Art. 28 Abs. 1(24 ) hat Frontex nach Maßgabe der Richtlinie 2008/115 die erforderliche Unterstützung zu leisten und übernimmt die Koordinierung oder die Organisation von Rückkehraktionen.
74. Die Richtlinie 2008/115 verbietet Rückführungen ohne vollstreckbare Rückkehrentscheidungen(25 ). Das Erfordernis einer Rückkehrentscheidung dient u. a. dazu, sicherzustellen, dass die Rückführung nicht gegen den Grundsatz der Nichtzurückweisung verstößt(26 ).
75. Dies spiegelt sich in der Verordnung 2016/1624 wider. So heißt es in Art. 4 Buchst. h dieser Verordnung, dass eine der Komponenten der integrierten europäischen Grenzverwaltung in der „Rückkehr von Drittstaatsangehörigen, gegen die Rückkehrentscheidungen durch einen Mitgliedstaat ergangen sind “, besteht(27 ).
76. Der Begriff „zur Rückkehr verpflichtete Person“ in Art. 2 Abs. 13 der Verordnung 2016/1624 setzt ebenfalls das Vorliegen einer „Rückkehrentscheidung“ voraus, womit gemäß Art. 2 Abs. 12 dieser Verordnung eine behördliche oder richterliche Entscheidung oder Maßnahme bezeichnet wird, mit der unter Achtung der Richtlinie 2008/115 der illegale Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen festgestellt und eine Rückkehrverpflichtung auferlegt oder festgestellt wird.
77. Daraus lässt sich folgern, dass der Unionsgesetzgeber mit der Verordnung 2016/1624 sicherstellen will, dass gemeinsame Rückkehraktionen, die von Frontex koordiniert und/oder organisiert werden, nur Personen betreffen können, gegen die individuelle vollstreckbare Rückkehrentscheidungen ergangen sind.
78. Indem Frontex überprüft, ob für alle Personen, die Teil einer gemeinsamen Rückkehraktion sind, die sie koordiniert und/oder organisiert, eine Rückkehrentscheidung vorliegt, erfüllt sie somit ihre Verpflichtung, bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben den Schutz der Grundrechte, einschließlich des Grundsatzes der Nichtzurückweisung, zu gewährleisten, wie in Art. 34 Abs. 1 der Verordnung 2016/1624 gefordert.
79. Gleichzeitig verstößt eine solche Überprüfung nicht gegen Art. 28 Abs. 1 dieser Verordnung, der bestimmt, dass im Rahmen der Unterstützung durch Frontex nicht „auf die Begründetheit der Rückkehrentscheidungen einzugehen“ ist. Die Überprüfung des Vorliegens einer Rückkehrentscheidung ist nicht gleichbedeutend mit der Überprüfung ihres Inhalts und steht daher nicht im Widerspruch zu dem Verbot, auf die Begründetheit einer solchen Entscheidung einzugehen, was in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fällt(28 ).
80. Im Verfahren vor dem Gerichtshof hat Frontex nicht bestritten, dass zu ihren Aufgaben die Überprüfung des Vorliegens von Rückkehrentscheidungen gehört. Dennoch hat Frontex argumentiert, dass sie diese Verpflichtung im Rahmen der gemeinsamen Rückkehraktion erfüllt habe, da sie im Besitz der Liste der Namen gewesen sei, die sie von den griechischen Behörden erhalten und die die Namen der Rechtsmittelführer enthalten habe. In Anbetracht des Grundsatzes der loyalen Zusammenarbeit hätte sie die Ordnungsmäßigkeit dieser Liste nur dann in Frage stellen können, wenn ihr tatsächliche Umstände bekannt gewesen wären, die auf die Möglichkeit hingewiesen hätten, dass dieses Dokument fehlerhaft sei, was hier nicht der Fall gewesen sei.
81. Die Rechtsmittelführer machen hingegen geltend, dass die fragliche Liste die Namen von Personen enthalten habe, die kein Asyl beantragt hätten, und nicht die Namen der zur Rückkehr verpflichteten Personen, wobei die erstere Information im Übrigen in Bezug auf sie falsch gewesen sei, da sie ihre Absicht bekundet hätten, Asyl zu beantragen.
82. Diese Frage hätte, auch wenn sie für die Feststellung der Haftung von Frontex relevant gewesen wäre, vom Gericht im Rahmen der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts geklärt werden müssen. Im Rahmen des vorliegenden Rechtsmittels ist entscheidend, dass diese Frage nichts mit der Frage zu tun hat, ob ein Kausalzusammenhang zwischen der unterlassenen Überprüfung durch Frontex, ob es sich bei den Rechtsmittelführern um zur Rückkehr verpflichtete Personen gehandelt hat, und dem Schaden, den diese durch ihre Rückführung erlitten haben, bestehen konnte. Da das Gericht zu dem Ergebnis gekommen ist, dass insoweit kein Kausalzusammenhang bestehe, hat es zu den Tatsachen, die für die weiteren Haftungsvoraussetzungen von Bedeutung sind, keine Feststellungen getroffen. Wenn Frontex nachweisen kann, dass sie getan hat, was möglich und ausreichend war, um zu überprüfen, ob es sich bei den Rechtsmittelführern tatsächlich um zur Rückkehr verpflichtete Personen handelte, läge kein oder kein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen ihre Verpflichtung vor. Diese Frage betrifft somit eine andere Voraussetzung der außervertraglichen Haftung, ist aber für die Entscheidung über das Vorliegen des Kausalzusammenhangs unerheblich.
83. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Frontex nach der Verordnung 2016/1624 verpflichtet ist, zu überprüfen, ob für alle Personen, die Teil einer gemeinsamen Rückkehraktion sind, eine Rückkehrentscheidung vorliegt, was für die Erfüllung ihrer Verpflichtung, die Einhaltung des Grundsatzes der Nichtzurückweisung bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu gewährleisten, von wesentlicher Bedeutung ist. Das wird auch von Frontex selbst nicht in Abrede gestellt. Das Gericht hat daher einen Rechtsfehler begangen, als es festgestellt hat, dass zwischen dem vermeintlich rechtswidrigen Verhalten von Frontex und dem von den Rechtsmittelführern erlittenen Schaden kein Kausalzusammenhang bestehen könne.
2. Besteht eine gesamtschuldnerische Haftung von Frontex und dem Einsatzmitgliedstaat?
84. Bei der zweiten Lesart des angefochtenen Urteils ist es auch möglich, dass das Gericht Frontex das vermeintlich rechtswidrige Verhalten nicht zugerechnet hat, weil es der Ansicht gewesen ist, dass Frontex und ein Mitgliedstaat nicht gesamtschuldnerisch für denselben Schaden haften könnten.
85. In der Literatur bezeichnet der Begriff der gemeinsamen Haftung, die auch als Solidarhaftung bezeichnet wird, im Allgemeinen Fälle, in denen sowohl die Europäische Union als auch die Mitgliedstaaten für getrennte Verstöße gegen das Unionsrecht, die einen einheitlichen Schaden verursachen, haften(29 ). Besondere Aufmerksamkeit wurde in diesem Zusammenhang Frontex gewidmet(30 ). Der Begriff der gesamtschuldnerischen Haftung bezeichnet offenbar den Gedanken, dass mehr als ein Akteur für denselben Schaden haften kann (also das Konzept der Solidarhaftung oder gemeinsamen Haftung) und dass die geschädigte Person gegen jeden beliebigen dieser Akteure auf Ersatz des gesamten Schadens klagen kann(31 ).
86. Die Rechtsmittelführer scheinen den Begriff der gesamtschuldnerischen Haftung in diesem Sinne zu verwenden. Auf der Ebene der Durchführung der gemeinsamen Rückkehraktion obliege sowohl Frontex als auch Griechenland jeweils eine eigene Verpflichtung, vor der Rückführung einer Person zu überprüfen, ob eine Rückkehrentscheidung vorliege. Eine Person, die aufgrund der unterlassenen Überprüfung des Vorliegens einer Rückkehrentscheidung zu Unrecht zurückgeführt werde, könne entweder von Frontex oder dem jeweiligen Mitgliedstaat Schadensersatz verlangen. Nach dem derzeitigen Rechtsschutzsystem in der Europäischen Union kann ein Geschädigter nicht sowohl Frontex als auch den jeweiligen Mitgliedstaat vor ein und demselben Gericht verklagen, da für derartige Ansprüche unterschiedliche Gerichte zuständig sind.
87. Art. 5 Abs. 1 der Verordnung 2016/1624 sieht vor, dass die Europäische Grenz- und Küstenwache – also Frontex und die Mitgliedstaaten(32 ) – die integrierte europäische Grenzverwaltung „in gemeinsamer Verantwortung“ wahrnehmen, während den Mitgliedstaaten nach wie vor die vorrangige Zuständigkeit für den Schutz ihrer Abschnitte der Außengrenzen zukommt(33 ).
88. Gemeinsame Verantwortung kann zu gemeinsamer Haftung auf Schadensersatz führen. Während ein Mitgliedstaat für jede Art von Tun oder Unterlassen haftbar gemacht werden kann, kann Frontex nur für ein Tun oder Unterlassen mit haftbar gemacht werden, wenn das jeweilige Verhalten zu den ihr durch das Unionsrecht übertragenen Aufgaben gehört. Die Möglichkeit einer gemeinsamen Haftung erschöpft sich nicht in einer rein theoretisch-akademischen Diskussion. Sie kann gegebenenfalls wesentliche Auswirkungen nicht nur für Frontex haben, deren Befugnisse mit jeder Änderung der für sie geltenden Unionsrechtsvorschriften zunehmen, sondern auch für eine Reihe anderer Agenturen der Europäischen Union, die Aufgaben in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten wahrnehmen.
89. Der Gerichtshof hat bereits in seiner frühen Rechtsprechung, etwa in der Rechtssache Kampffmeyer u. a./Kommission, die Auffassung vertreten, dass Unionsorgane gemeinsam mit Mitgliedstaaten haften können(34 ). Das jüngste Urteil in der Rechtssache Kočner/Europol(35 ) scheint zu einer gewissen Unsicherheit darüber geführt zu haben, ob eine gemeinsame Verantwortung zu einer gesamtschuldnerischen Haftung führen kann, wenn eine solche Haftung nicht ausdrücklich für bestimmte Fälle im Unionsrecht vorgesehen ist. In diesem Urteil vertrat der Gerichtshof die Auffassung, dass mit Art. 50 der Verordnung (EU) 2016/794(36 ) eine besondere Regelung der gesamtschuldnerischen Haftung der Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Strafverfolgung, bekannt als Europol, und eines Mitgliedstaats für widerrechtliche Datenverarbeitungen eingeführt wurde, die von der in dieser Verordnung vorgesehenen allgemeinen Regelung der außervertraglichen Haftung abweicht(37 ).
90. Nach meinem Verständnis wollte der Gerichtshof mit diesem Urteil nicht feststellen, dass die gesamtschuldnerische Haftung eine Ausnahme in Fällen darstellt, in denen Mitgliedstaaten gemeinsam mit Organen oder Einrichtungen der Europäischen Union für das gleiche Verhalten verantwortlich sind, sofern eine solche Haftung in den Unionsrechtsvorschriften vorgesehen ist. Die Besonderheit der Regelung in der Verordnung 2016/794, auf die der Gerichtshof Bezug genommen hat, bestand vielmehr darin, dass sie einen zweistufigen Mechanismus einführte, der den Einzelnen von der Verpflichtung befreite, die widerrechtliche Datenverarbeitung entweder Europol oder einem Mitgliedstaat zuzurechnen, und es für ausreichend erklärte, nachzuweisen, dass eine widerrechtliche Datenverarbeitung stattgefunden hat(38 ).
91. Im vorliegenden Fall ist die Situation eine andere als in der Rechtssache Kočner/Europol. Während die Regelung in jenem Fall dadurch gerechtfertigt war, dass es für den Einzelnen unmöglich war, festzustellen, ob die widerrechtliche Datenverarbeitung Europol oder einem Mitgliedstaat zuzurechnen war, ist es im vorliegenden Fall möglich, das in Rede stehende Unterlassen sowohl Frontex als auch Griechenland zuzurechnen. Beiden obliegt jeweils eine eigene Verpflichtung nach Unionsrecht, die Rückführung einer Person, für die keine Rückkehrentscheidung vorliegt, nicht zuzulassen. Hätte entweder Frontex oder Griechenland diese Überprüfung vorgenommen, wären die Rechtsmittelführer unter der Voraussetzung, dass – wie von den Rechtsmittelführern vorgetragen – tatsächlich keine Rückkehrentscheidung vorgelegen hat, von der gemeinsamen Rückkehraktion ausgenommen worden. Daher konnte die Ursache des Schadens in diesem besonderen Fall beiden Akteuren zugerechnet werden, da jeder von ihnen den Schaden hätte verhindern können.
92. Verhindert die Tatsache, dass die primäre Verantwortlichkeit für Rückführungen bei den Mitgliedstaaten liegt, dass Frontex ebenfalls für das Unterlassen haftbar gemacht werden kann? Würde der Gerichtshof sich für eine solche Auslegung entscheiden, könnte Frontex wohl kaum jemals für ein rechtswidriges Tun oder Unterlassen im Rahmen von Rückkehraktionen haftbar gemacht werden, da ähnliche Verpflichtungen auch für die Mitgliedstaaten gelten würden. Meiner Meinung nach würde dies die Verantwortung von Frontex unangemessen schmälern und den Schutz der Grundrechte gefährden.
93. Ich bin daher der Ansicht, dass in Fällen, in denen sowohl Frontex als auch den Mitgliedstaaten bei gemeinsamen Rückkehraktionen die gleichen Verpflichtungen obliegen, Frontex für Schäden haftbar gemacht werden kann, die durch die Verletzung dieser Verpflichtungen verursacht werden, auch wenn ein Mitgliedstaat parallel für denselben Schaden haftbar gemacht werden kann.
94. Meines Erachtens ist das Gericht daher zu Unrecht zu dem Schluss gekommen, dass zwischen der unterlassenen Überprüfung durch Frontex und dem von den Rechtsmittelführern erlittenen Schaden kein Kausalzusammenhang bestehen könne, weil das rechtswidrige Verhalten in Fällen, in denen es einem Mitgliedstaat zugerechnet werden könne, Frontex nicht zugerechnet werden könne.
95. Hinzuzufügen ist, dass die Berufung des Gerichts auf Art. 42 Abs. 1 und 2 der Verordnung 2016/1624 fehlgeht. Wie von den Rechtsmittelführern dargelegt, betrifft diese Bestimmung spezifische Verfehlungen von Teammitgliedern im Rahmen operativer Maßnahmen. Sie berührt nicht die in Art. 60 Abs. 3 dieser Verordnung vorgesehene eigene Haftung von Frontex für die Verletzung ihrer Verpflichtung zur Wahrung der Grundrechte, die sich aus dieser Verordnung ergibt(39 ).
96. Zusammenfassend ist zu sagen, dass – unabhängig davon, ob die erste oder die zweite Lesart des angefochtenen Urteils zutreffend ist –die Feststellung des Gerichts, dass kein Kausalzusammenhang zwischen der Unterlassung von Frontex und dem von den Rechtsmittelführern erlittenen Schaden bestehe, rechtsfehlerhaft ist.
97. Ich bin daher der Ansicht, dass der erste und der zweite Rechtsmittelgrund begründet sind.
C. Der dritte Rechtsmittelgrund
98. Mit dem dritten Rechtsmittelgrund, der die Rn. 66 bis 72 des angefochtenen Urteils betrifft, machen die Rechtsmittelführer im Wesentlichen geltend, dass das Gericht einen Rechtsfehler begangen habe, indem es festgestellt habe, dass der Kausalzusammenhang durch die eigenen Entscheidungen der Rechtsmittelführer unterbrochen worden sei.
99. Der erste Teil dieses Rechtsmittelgrundes betrifft den materiellen und immateriellen Schaden im Zusammenhang mit der Türkei und dem Irak, während sich der zweite Teil des Rechtsmittelgrundes auf den materiellen Schaden in Form der Kosten für die anwaltliche Unterstützung im Rahmen der gegen Frontex eingereichten Beschwerden bezieht(40 ). Ich werde diese beiden Punkte getrennt behandeln.
1. Kausalzusammenhang mit Blick auf den materiellen und immateriellen Schaden im Zusammenhang mit der Türkei und dem Irak
100. Das Gericht hat in den Rn. 68 und 69 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass der materielle und immaterielle Schaden im Rahmen der Niederlassung in Saruj (Türkei), der Flucht in den Irak und der endgültigen Niederlassung dort durch die eigenen Entscheidungen der Rechtsmittelführer und nicht durch das Verhalten von Frontex verursacht worden sei. Es bestehe daher kein Zusammenhang zwischen dem Verhalten von Frontex und dem geltend gemachten Schaden. Nach Ansicht der Rechtsmittelführer sind diese Feststellungen rechtsfehlerhaft.
101. In der Literatur wird zwischen tatsächlicher und rechtlicher Kausalität unterschieden(41 ).
102. Bei der Entscheidung über die tatsächliche Kausalität prüfen die Gerichte, ob das rechtswidrige Verhalten eine conditio sine qua non für den geltend gemachten Schaden ist. Dies wird oft als „But‑for“-Test bezeichnet. Auf Unionsebene angewandt, besteht ein Kausalzusammenhang, wenn der Schaden ohne das Verhalten des Unionsorgans oder der Unionseinrichtung nicht eingetreten wäre. Besteht das Verhalten in einem Unterlassen, stellt sich die Frage, ob der Schaden nicht eingetreten wäre, wenn das Unionsorgan oder die Unionseinrichtung seiner bzw. ihrer Verpflichtung im Sinne des Unionsrechts nachgekommen wäre. Ist dies zu bejahen, besteht ein tatsächlicher Kausalzusammenhang.
103. Angesichts der Ausführungen in Rn. 67 des angefochtenen Urteils scheint das Gericht bei seiner Prüfung vom Vorliegen einer tatsächlichen Kausalität ausgegangen zu sein. Andernfalls wäre das Ergebnis, zu dem das Gericht kommt, nämlich dass der Kausalzusammenhang zwischen dem Verhalten von Frontex und dem geltend gemachten Schaden durch die Entscheidungen der Rechtsmittelführer unterbrochen worden sei, nicht nachvollziehbar. Die Begründung des Gerichts beruht also auf der Annahme, dass die von Frontex unterlassene Überprüfung des Vorliegens einer Rückkehrentscheidung die conditio sine qua non für den von den Rechtsmittelführern erlittenen Schaden gewesen sei. Eine solche Schlussfolgerung kann natürlich nur dann gezogen werden, wenn die Rückkehrentscheidung nicht vorgelegen hat, was im Verfahren vor dem Gericht nicht festgestellt worden ist. Wäre die Überprüfung jedoch erfolgt, wäre der „But‑for“-Test erfolgreich. Mit anderen Worten: Hätte Frontex eine solche Überprüfung vorgenommen, hätte sie möglicherweise festgestellt, dass keine Rückkehrentscheidung vorlag, und die Rechtsmittelführer wären nicht in die gemeinsame Rückkehraktion einbezogen worden und hätten folglich nicht den geltend gemachten Schaden erlitten.
104. Der „But‑for“-Test unterscheidet nicht zwischen verschiedenen Arten von Folgen; es wird nicht danach gefragt, ob die Folgen wahrscheinlich oder unwahrscheinlich, vorhersehbar oder unvorhersehbar, unmittelbar oder fernliegend sind(42 ). Dennoch schränken die Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten die tatsächliche Kausalität oftmals ein, indem sie zusätzliche Voraussetzungen für die Entstehung der Haftung einführen. Dies wird allgemein als rechtliche Kausalität bezeichnet.
105. Die Gerichte sowohl auf nationaler Ebene als auch auf Unionsebene drücken diese zusätzlichen Voraussetzungen durch die Verwendung unterschiedlicher Formulierungen und Begrifflichkeiten aus(43 ). So haben die Unionsgerichte, ohne zu erläutern, was sie damit meinen, Formulierungen wie der Schaden, der mit hinreichender Unmittelbarkeit auf das rechtswidrige Verhalten zurückgeht, das Bestehen eines hinreichend unmittelbaren ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem Verhalten und dem Schaden oder das Verhalten, das die entscheidende Ursache für den Schaden sein muss, verwendet(44 ).
106. In diesem Zusammenhang hat das Gericht in Rn. 67 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass „der bloße Umstand, dass das rechtswidrige Verhalten eine notwendige Bedingung (conditio sine qua non ) für die Entstehung des Schadens darstellt, dass dieser also nicht entstanden wäre, wenn das Verhalten nicht vorgelegen hätte, zum Nachweis eines Kausalzusammenhangs nicht ausreicht “(45 ).
107. In der Rechtsprechung des Gerichtshofs wurde eine solche Formulierung nicht verwendet(46 ). Dennoch scheint der Gerichtshof auch der Ansicht zu sein, dass der „But‑for“-Test nicht immer ausreicht, um eine Haftung zu begründen. So hat er in einer Reihe von Urteilen festgestellt, dass aus den gemeinsamen Rechtsgrundsätzen der Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten, auf die Art. 340 Abs. 2 AEUV Bezug nimmt, keine Verpflichtung der Europäischen Union abgeleitet werden kann, Schadensersatz für jede noch so entfernte nachteilige Folge zu leisten(47 ).
108. Auch wenn von Generalanwälten(48 ) und in der Literatur(49 ) angemerkt wurde, dass die Rechtsprechung der Unionsgerichte zur Beurteilung des Kausalzusammenhangs nicht systematisch und notwendigerweise einzelfallabhängig sei, kann man also festhalten, dass es im Unionsrecht der außervertraglichen Haftung ein bestimmtes Verständnis der rechtlichen Kausalität gibt.
109. Insbesondere wurden in der Rechtsprechung schon früh Grenzen für den „But‑for“-Test gezogen, indem die Haftung der Unionsorgane und ‑einrichtungen für zu weit entfernte Schäden ausgeschlossen wurde.
110. In dieser Rechtsprechung wurde zuweilen festgestellt, dass der Schaden zu weit entfernt ist, weil andere, einschließlich des Geschädigten selbst, zu dem Schaden beigetragen haben. In der Rechtssache Trubowest z. B. vertrat der Gerichtshof die Auffassung, dass „selbst im Fall eines etwaigen Beitrags der Organe zu dem Schaden, dessen Ersatz gefordert wird, dieser Beitrag wegen einer Verantwortlichkeit anderer, etwa der Rechtsmittelführer, zu weit entfernt sein könnte“(50 ).
111. Die Fälle, die den Beitrag des Geschädigten berücksichtigen, wurden nach meinem Verständnis kasuistisch entwickelt(51 ) und nicht als Ergebnis einer umfassenden Theorie zur rechtlichen Beurteilung des Kausalzusammenhangs(52 ).
112. Der Beitrag des Geschädigten zu dem von einem Unionsorgan oder einer Unionseinrichtung verursachten Schaden wurde von den Unionsgerichten mit zwei unterschiedlichen Ansätzen behandelt. In einigen Fällen wurde der Beitrag des Geschädigten als ein Element berücksichtigt, das zur Herabsetzung der Höhe des Schadensersatzes, für den das Unionsorgan oder die Unionseinrichtung haftet, aber nicht zur Unterbrechung des Kausalzusammenhangs führt(53 ). In einer Reihe anderer Fälle wurde der Beitrag des Geschädigten als ein Element betrachtet, das den Kausalzusammenhang unterbricht. In diesen Fällen kamen die Unionsgerichte zu dem Schluss, dass das Verhalten des Geschädigten und nicht das Verhalten des Organs die entscheidende Ursache für den Schaden war(54 ).
113. Die Rechtsmittelführer machen geltend, dass das Gericht einen Rechtsfehler begangen habe, weil die Rechtsprechung den Beitrag des Geschädigten als Element zur Minderung der Schadensersatzpflicht und nicht als einen den Kausalzusammenhang unterbrechenden Faktor berücksichtige. Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden, da – wie oben dargelegt – in der Rechtsprechung beide Ansätze vertreten werden.
114. Ich möchte dennoch darauf hinweisen, dass die bisherigen Fälle, in denen der Gerichtshof eine Unterbrechung des Kausalzusammenhangs aufgrund eigener Entscheidungen des Geschädigten festgestellt hat, zumeist Schäden betrafen, die im Rahmen einer Geschäftstätigkeit erlitten wurden, und daher nicht automatisch auf den vorliegenden Fall übertragen werden können. Dabei handelte es sich überwiegend um marktbezogene Fälle wie z. B. Dumpingfälle(55 ), Wettbewerbsfälle(56 ) oder Fusionsfälle(57 ), in denen die Geschädigten Wirtschaftsteilnehmer waren, und der Gerichtshof kam zu der Schlussfolgerung, dass nachlässiges Verhalten oder einfach eine falsche geschäftliche Einschätzung dieser Parteien die Unterbrechung des Kausalzusammenhangs bewirkt.
115. Der im vorliegenden Fall geltend gemachte Schaden hat nichts mit dem üblichen Geschäftsrisiko zu tun, das Marktteilnehmer zu tragen haben. Es kann auch nicht argumentiert werden, dass dieser Schaden durch nachlässiges Verhalten der Rechtsmittelführer entstanden sei, geschweige denn, dass ihr nachlässiges Verhalten die entscheidende Ursache für den Schaden gewesen sei, was einer der Gründe war, aus denen der Gerichtshof in der Rechtssache Trubowest das Vorliegen eines Kausalzusammenhangs verneint hat(58 ).
116. Im vorliegenden Fall ist der Schaden vielmehr die Folge einer vermeintlichen Verletzung der Grundrechte, einschließlich des Grundsatzes der Nichtzurückweisung, der Rechtsmittelführer, die zudem schutzbedürftig waren(59 ). In Anbetracht der Tatsache, dass es sich bei den Rechtsmittelführern um in die Türkei zurückgeführte syrische Kurden handelte, scheint es mir objektiv nicht möglich, ihre Entscheidung, in den Irak zu fliehen, als ein Land, das sie für sicher hielten, als eine völlig autonome Entscheidung ihrerseits anzusehen. Selbst wenn es tatsächlich ihre eigene Entscheidung und die Alternative, in der Türkei zu bleiben, nicht ausgeschlossen war, war eine solche Entscheidung wohl kaum ihre „freie Wahl“.
117. Vor diesem Hintergrund schlage ich dem Gerichtshof vor, festzustellen, dass der tatsächliche Kausalzusammenhang im vorliegenden Fall nicht durch die eigene Entscheidung der Rechtsmittelführer unterbrochen wurde. Hätte es die vermeintlich rechtswidrige Unterlassung von Frontex nicht gegeben, wären die Rechtsmittelführer nicht vor die Notwendigkeit gestellt worden, eine so schwierige Entscheidung über ihr Leben zu treffen.
118. Ich bin daher der Ansicht, dass der erste Teil des dritten Rechtsmittelgrundes begründet ist.
119. Gleichwohl schließe ich nicht aus, dass einige der von den Rechtsmittelführern geltend gemachten Schadensposten als zu weit von der Unterlassung von Frontex entfernt anzusehen sein könnten und somit die Haftung von Frontex für sie ausgeschlossen sein könnte. Dies betrifft vor allem den materiellen Schaden im Zusammenhang mit der Niederlassung im Irak, die die Rechtsmittelführer unabhängig davon, wo sie sich niedergelassen hätten, nicht hätten vermeiden können. Im Rahmen der Beurteilung der rechtlichen Kausalität könnte es Gründe dafür geben, diese Art des Schadens auszuschließen. Das ist jedoch eine andere Argumentation als die des Gerichts, die rechtsfehlerhaft war und nach der die eigene Entscheidung der Rechtsmittelführer den Zusammenhang zwischen der Unterlassung von Frontex und dem Schaden der Rechtsmittelführer unterbrochen hat. Nur diese Argumentation war Gegenstand des vorliegenden Rechtsmittels.
2. Kausalzusammenhang mit Blick auf den materiellen Schaden in Form der Kosten für die anwaltliche Unterstützung im Rahmen des Beschwerdeverfahrens
120. Die Rechtsmittelführer machen ferner geltend, dass das Gericht in Rn. 70 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerhaft nicht festgestellt habe, dass für die Einreichung ihrer Beschwerden bei Frontex im vorliegenden Fall aufgrund besonderer Umstände im Zusammenhang mit der nicht ordnungsgemäßen Bearbeitung ihrer Beschwerden durch Frontex und ihrer mangelnden Kenntnis der Unionssprachen eine anwaltliche Vertretung erforderlich gewesen sei.
121. Meines Erachtens hat das Gericht in Bezug auf diesen Schadensposten keinen Rechtsfehler begangen.
122. In der Rechtssache Internationaler Hilfsfonds/Kommission(60 ) entschied der Gerichtshof, dass kein unmittelbarer Kausalzusammenhang zwischen dem Schaden in Form der im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens vor dem Europäischen Bürgerbeauftragten entstandenen Anwaltskosten und den Handlungen der Kommission bestand, weil die Anrufung des Europäischen Bürgerbeauftragten das Ergebnis einer freien Entscheidung der Betroffenen ist und die Kosten, die ihnen dadurch entstehen, daher nicht als Schaden angesehen werden können, der dem betreffenden Organ zugerechnet werden könnte.
123. Im vorliegenden Fall gibt es meines Erachtens keinen Grund, warum eine vergleichbare Feststellung nicht auch für die Beschwerden der Rechtsmittelführer im Rahmen des in der Verordnung 2016/1624 vorgesehenen Beschwerdeverfahrens getroffen werden könnte(61 ).
124. Ähnlich wie die Verfahren vor dem Bürgerbeauftragten ist das Beschwerdeverfahren als ein Verwaltungsverfahren ausgestaltet, das nach Unionsrecht nicht zwingend vorgeschrieben ist und auch nicht den Zugang zu anderen gerichtlichen und verwaltungsrechtlichen Rechtsbehelfen berührt(62 ).
125. Was das Vorbringen der Rechtsmittelführer zur unzulänglichen Bearbeitung ihrer Beschwerden durch Frontex angeht, so stellt dies nicht die Natur des Beschwerdeverfahrens an sich in Frage.
126. Die Argumente der Rechtsmittelführer, die sich auf ihre mangelnde Kenntnis der Unionssprachen stützen, können ebenfalls nicht überzeugen. Gemäß Art. 72 Abs. 10 Unterabs. 2 der Verordnung 2016/1624 muss das standardisierte Beschwerdeformular „in Sprachen, die die Bürger von Drittstaaten verstehen oder bei denen es Grund zu der Annahme gibt, dass sie sie verstehen“, auf der Website der Agentur und während sämtlicher Tätigkeiten der Agentur in Papierform verfügbar sein. Das zeigt, dass der Unionsgesetzgeber diesen Punkt berücksichtigt hat, ohne daraus jedoch Schlussfolgerungen in Bezug auf die Notwendigkeit einer anwaltlichen Unterstützung zu ziehen.
127. Ich bin daher der Ansicht, dass der zweite Teil des dritten Rechtsmittelgrundes als unbegründet zurückzuweisen ist.
D. Der vierte Rechtsmittelgrund
128. Mit dem vierten Rechtsmittelgrund rügen die Rechtsmittelführer, dass das Gericht in den Rn. 44 bis 46, 50 und 51 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerhaft bestimmte Beweise, nämlich die Anlagen C.1, C.3 bis C.6 und E.1, für unzulässig erklärt habe. Das Gericht habe Art. 85 Abs. 2 seiner Verfahrensordnung falsch ausgelegt, da die in dieser Bestimmung enthaltene Präklusionsvorschrift nicht für Gegenbeweise oder für die Ergänzung bereits vorgelegter Beweise gelte, wie es hier der Fall sei.
129. Insoweit machen die Rechtsmittelführer geltend, dass i) die Anlage C.1 (ein Sachverständigengutachten aus dem Jahr 2022), die Anlagen C.4 und C.5 (zwei Berichte der Parlamentarischen Versammlung des Europarats aus dem Jahr 2016) und die Anlage C.6 (Auszüge aus dem Jahresbericht 2016 des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen) Gegenbeweise seien, da sie ihren früheren Vortrag substantiierten und eine Erwiderung auf in der Klagebeantwortung von Frontex vorgebrachte Argumente darstellten, ii) die Anlage C.3 (eine undatierte schriftliche Erklärung eines der Rechtsmittelführer) eine Ergänzung bereits vorgelegter Beweise darstelle und iii) die Anlage E.1 (der Aktionsplan, den Frontex den Rechtsmittelführern im Jahr 2017 übermittelt habe) die Verteidigungsrechte von Frontex nicht beeinträchtige, da Frontex ihr Inhalt bekannt gewesen sei.
130. Frontex macht geltend, dass der vierte Rechtsmittelgrund ins Leere gehe und jedenfalls unbegründet sei. Erstens habe dieser Rechtsmittelgrund keine Auswirkung auf den Erfolg des Verfahrens, ob die Anlagen nun zu den Akten genommen würden oder nicht. Zweitens würde die Zulassung verspätet vorgelegter Beweise als Gegenbeweise bedeuten, dass die Präklusionsvorschrift von Art. 85 Abs. 1 und 2 der Verfahrensordnung des Gerichts niemals zur Anwendung käme, und die Rechtsmittelführer hätten, wie das Gericht zutreffend festgestellt habe, nicht begründet, warum die Beweise verspätet vorgelegt worden seien.
131. Meines Erachtens geht der vierte Rechtsmittelgrund entgegen der Auffassung von Frontex nicht ins Leere(63 ).
132. Nach der Rechtsprechung gilt im Unionsrecht der Grundsatz der freien Beweiswürdigung, so dass die Parteien grundsätzlich die Möglichkeit haben, sich zum Nachweis einer bestimmten Tatsache auf Beweismittel jeder Art zu berufen(64 ). Folglich sind auch Dokumente zulässig, die für den Ausgang des Rechtsstreits nicht entscheidend sind, sondern z. B. nur der Klärung oder der Ergänzung der den Unionsgerichten vorgelegten Informationen dienen. Das Recht einer Partei auf Vorlage von Beweisen ist nicht an deren objektive Notwendigkeit für die Entscheidung der Sache geknüpft.
133. Dennoch stimme ich mit Frontex überein, dass dieser Rechtsmittelgrund unbegründet ist.
134. Wie das Gericht in Rn. 44 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat, müssen die Parteien die verspätete Vorlage neuer Beweise oder Beweisangebote begründen, die Unionsgerichte sind jedoch befugt, die Stichhaltigkeit der Begründung für die Verspätung zu prüfen sowie die Beweise oder Beweisangebote zurückzuweisen, wenn die verspätete Vorlage rechtlich nicht hinreichend gerechtfertigt oder begründet ist. Nach der Rechtsprechung kann die verspätete Vorlage von Beweisen u. a. dann gerechtfertigt sein, wenn die Partei zuvor nicht über die betreffenden Beweise verfügen konnte oder wenn es die Verspätung, mit der die Gegenpartei Beweise vorgelegt hat, rechtfertigt, dass die Verfahrensakten zur Wahrung des Grundsatzes des kontradiktorischen Verfahrens ergänzt werden(65 ).
135. Im vorliegenden Fall ist in Bezug auf die in der späten Phase der Erwiderung vorgelegten Dokumente (Anlagen C.1 und C.3 bis C.6) offensichtlich, dass diese keine neuen Aspekte betrafen, die durch die Klagebeantwortung von Frontex in das Verfahren eingeführt worden wären. Was ferner das vor dem Schluss des mündlichen Verfahrens vorgelegte Dokument (Anlage E.1) angeht, ist klar, dass der eigene Fehler der Rechtsmittelführer keine tragfähige Rechtfertigung für die Verspätung ist, und ist der Umstand, dass dieses Dokument nicht geeignet war, die Verteidigungsrechte von Frontex zu beeinträchtigen, unerheblich.
136. Unter diesen Umständen hat das Gericht zu Recht festgestellt, dass die Rechtsmittelführer die verspätete Vorlage der fraglichen Beweise nicht rechtlich hinreichend begründet hätten, und diese Beweise folglich zu Recht als unzulässig zurückgewiesen.
137. Ich bin daher der Ansicht, dass der vierte Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen ist.
VI. Schlussfolgerungen
138. Auf der Grundlage der vorstehenden Ausführungen schlage ich vor, das angefochtene Urteil hinsichtlich des ersten und des zweiten Rechtsmittelgrundes sowie des ersten Teils des dritten Rechtsmittelgrundes aufzuheben und das Rechtsmittel hinsichtlich des zweiten Teils des dritten Rechtsmittelgrundes und des vierten Rechtsmittelgrundes zurückzuweisen.
139. Nach Art. 61 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union kann der Gerichtshof, wenn er eine Entscheidung des Gerichts aufhebt, den Rechtsstreit selbst endgültig entscheiden, wenn dieser zur Entscheidung reif ist.
140. Das ist hier nicht der Fall. Auch wenn ich die Feststellung des Gerichts, dass der Kausalzusammenhang im vorliegenden Fall nicht habe nachgewiesen werden können, für rechtsfehlerhaft halte, müsste, um zu entscheiden, ob ein solcher Kausalzusammenhang besteht, festgestellt werden, ob eine Rückkehrentscheidung vorlag. Dies setzt eine Tatsachenwürdigung voraus, die das Gericht bisher nicht vorgenommen hat. Daher kann der Gerichtshof weder über das Bestehen eines Kausalzusammenhangs noch über die anderen Voraussetzungen für die Haftung entscheiden.
VII. Ergebnis
141. Ich schlage dem Gerichtshof vor,
– das Urteil des Gerichts vom 6. September 2023, WS u. a./Frontex (T‑600/21, EU:T:2023:492), aufzuheben;
– die Rechtssache an das Gericht zurückzuverweisen.