C-410/23 – Pielatak

C-410/23 – Pielatak

CURIA – Documents

Language of document : ECLI:EU:C:2025:325

Vorläufige Fassung

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer)

8. Mai 2025(*)

„ Vorlage zur Vorabentscheidung – Verbraucherschutz – Richtlinie 93/13/EWG – Missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen – Art. 2 Buchst. b – Begriff des Verbrauchers – Vertrag mit doppeltem Zweck – Landwirt, der einen Vertrag über den Kauf einer Ware abgeschlossen hat, die sowohl für seinen landwirtschaftlichen Betrieb als auch für den Eigenverbrauch im Haushalt bestimmt ist – Elektrizitätsbinnenmarkt – Richtlinie 2009/72/EG – Art. 3 Abs. 7 – Anhang I Abs. 1 Buchst. a – Haushaltskunde – Befristeter Elektrizitätsliefervertrag mit festem Tarif – Vertragsstrafe für die vorzeitige Kündigung – Nationale Regelung, mit der die Höhe der Vertragsstrafe auf die ‚Gebühren und Entschädigungszahlungen, die sich aus dem Inhalt des Vertrags ergeben‘, beschränkt wird “

In der Rechtssache C‑410/23 [Pielatak](i)

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Sąd Okręgowy w Warszawie (Regionalgericht Warschau, Polen) mit Entscheidung vom 26. Mai 2023, beim Gerichtshof eingegangen am 3. Juli 2023, in dem Verfahren

I. SA

gegen

S. J.

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten I. Jarukaitis (Berichterstatter), der Richter N. Jääskinen, A. Arabadjiev und M. Condinanzi sowie der Richterin R. Frendo,

Generalanwalt: A. Rantos,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna als Bevollmächtigten,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch O. Beynet, M. Owsiany-Hornung und T. Scharf als Bevollmächtigte,

aufgrund der nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Entscheidung, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 2 Buchst. b und c der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. 1993, L 95, S. 29), und von Art. 3 Abs. 5 und 7 sowie von Anhang I Abs. 1 Buchst. a und e der Richtlinie 2009/72/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/54/EG (ABl. 2009, L 211, S. 55).

2        Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der I. SA, einem Stromlieferanten (im Folgenden: Lieferant), und S. J., einem Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebs, über die Zahlung einer Vertragsstrafe, weil ein befristeter Elektrizitätsliefervertrag mit festem Tarif, den diese Parteien geschlossen hatten, von dem Landwirt vorzeitig gekündigt worden ist.

 Rechtlicher Rahmen

 Unionsrecht

 Richtlinie 93/13

3        In Art. 2 der Richtlinie 93/13 heißt es:

„Im Sinne dieser Richtlinie bedeuten:

b)      Verbraucher: eine natürliche Person, die bei Verträgen, die unter diese Richtlinie fallen, zu einem Zweck handelt, der nicht ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann;

c)      Gewerbetreibender: eine natürliche oder juristische Person, die bei Verträgen, die unter diese Richtlinie fallen, im Rahmen ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit handelt, auch wenn diese dem öffentlich-rechtlichen Bereich zuzurechnen ist.“

 Richtlinie 2009/72

4        In den Erwägungsgründen 3, 7, 8, 51, 52, 54 und 57 der Richtlinie 2009/72 hieß es:

„(3)      Die Freiheiten, die der Vertrag den Bürgern der Union garantiert … sind nur in einem vollständig geöffneten Markt erreichbar, der allen Verbrauchern die freie Wahl ihrer Lieferanten und allen Anbietern die freie Belieferung ihrer Kunden gestattet.

(7)      In der Mitteilung der Kommission [an den Europäischen Rat und das Europäische Parlament] vom 10. Januar 2007 mit dem Titel ‚Eine Energiepolitik für Europa‘ [(KOM[2007] 1 endg.)] wurde dargelegt, wie wichtig es ist, den Elektrizitätsbinnenmarkt zu vollenden und für alle in der [Europäischen] Gemeinschaft niedergelassenen Elektrizitätsunternehmen gleiche Bedingungen zu schaffen. …

(8)      Um den Wettbewerb zu gewährleisten und die Stromversorgung zu den wettbewerbsfähigsten Preisen sicherzustellen, sollten die Mitgliedstaaten und die nationalen Regulierungsbehörden den grenzüberschreitenden Zugang sowohl für neue Stromversorger aus unterschiedlichen Energiequellen als auch für Stromversorger, die innovative Erzeugungstechnologien anwenden, begünstigen.

(51)      Im Mittelpunkt dieser Richtlinie sollten die Belange der Verbraucher stehen, und die Gewährleistung der Dienstleistungsqualität sollte zentraler Bestandteil der Aufgaben von Elektrizitätsunternehmen sein. Die bestehenden Verbraucherrechte müssen gestärkt und abgesichert werden und sollten auch auf mehr Transparenz ausgerichtet sein. Durch den Verbraucherschutz sollte sichergestellt werden, dass allen Kunden im größeren Kontext der Gemeinschaft die Vorzüge eines Wettbewerbsmarktes zugute kommen. Die Rechte der Verbraucher sollten von den Mitgliedstaaten oder, sofern dies von einem Mitgliedstaat so vorgesehen ist, von den Regulierungsbehörden durchgesetzt werden.

(52)      Die Verbraucher sollten klar und verständlich über ihre Rechte gegenüber dem Energiesektor informiert werden. …

(54)      Ein besserer Verbraucherschutz ist gewährleistet, wenn für alle Verbraucher ein Zugang zu wirksamen Streitbeilegungsverfahren besteht. …

(57)      Für die Mitgliedstaaten sollte es die oberste Priorität sein, den fairen Wettbewerb und einen freien Marktzugang für die einzelnen Versorger und die Entwicklung von Kapazitäten für neue Erzeugungsanlagen zu fördern, damit die Verbraucher die Vorzüge eines liberalisierten Elektrizitätsbinnenmarkts im vollen Umfang nutzen können.“

5        Art. 1 („Gegenstand und Anwendungsbereich“) der Richtlinie 2009/72 bestimmte:

„Mit dieser Richtlinie werden gemeinsame Vorschriften für die Elektrizitätserzeugung, ‑übertragung, ‑verteilung und ‑versorgung sowie Vorschriften im Bereich des Verbraucherschutzes erlassen, um in der Gemeinschaft für die Verbesserung und Integration von durch Wettbewerb geprägte Strommärkte zu sorgen. …“

6        Art. 2 der Richtlinie 2009/72 enthielt folgende Begriffsbestimmungen:

„Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

7.      ‚Kunden‘ einen Großhändler oder Endkunden, die Elektrizität kaufen;

9.      ‚Endkunden‘ einen Kunden, der Elektrizität für den eigenen Verbrauch kauft;

10.      ‚Haushalts-Kunde‘ einen Kunde[n], der Elektrizität für den Eigenverbrauch im Haushalt kauft; dies schließt gewerbliche und berufliche Tätigkeiten nicht mit ein;

11.      ‚Nichthaushaltskunde‘ eine natürliche oder juristische Person, die Elektrizität für andere Zwecke als den Eigenverbrauch im Haushalt kauft; hierzu zählen auch Erzeuger und Großhändler;

12.      ‚zugelassener Kunde‘ einen Kunde[n], dem es gemäß Artikel 33 frei steht, Elektrizität von einem Lieferanten [seiner] Wahl zu kaufen;

…“

7        Art. 3 („Gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen und Schutz der Kunden“) Abs. 5 und 7 der Richtlinie 2009/72 sah vor:

„(5)      Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass

a)      in den Fällen, in denen Kunden im Rahmen der Vertragsbedingungen beabsichtigen, den Lieferanten zu wechseln, die betreffenden Betreiber diesen Wechsel innerhalb von drei Wochen vornehmen, und

b)      die Kunden das Recht haben, sämtliche sie betreffenden Verbrauchsdaten zu erhalten.

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die unter den Buchstaben a und b genannten Rechte allen Kunden ohne Diskriminierung bezüglich der Kosten, des Aufwands und der Dauer gewährt werden.

(7)      Die Mitgliedstaaten ergreifen geeignete Maßnahmen zum Schutz der Endkunden und tragen insbesondere dafür Sorge, dass für schutzbedürftige Kunden ein angemessener Schutz besteht. … Die Mitgliedstaaten gewährleisten einen hohen Verbraucherschutz, insbesondere in Bezug auf die Transparenz der Vertragsbedingungen, allgemeine Informationen und Streitbeilegungsverfahren. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass zugelassene Kunden tatsächlich leicht zu einem neuen Lieferanten wechseln können. Zumindest im Fall der Haushalts-Kunden schließen solche Maßnahmen die in Anhang I aufgeführten Maßnahmen ein.“

8        Art. 33 („Marktöffnung und Gegenseitigkeit“) Abs. 1 der Richtlinie 2009/72 bestimmte:

„Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass folgende Kunden zugelassene Kunden sind:

c)      ab dem 1. Juli 2007 alle Kunden.“

9        Art. 37 („Aufgaben und Befugnisse der Regulierungsbehörde“) Abs. 1 der Richtlinie 2009/72 bestimmte:

„Die Regulierungsbehörde hat folgende Aufgaben:

l)      sie erkennt die Vertragsfreiheit in Bezug auf unterbrechbare Lieferverträge und langfristige Verträge an, sofern diese mit dem geltenden Gemeinschaftsrecht vereinbar sind und mit der Politik der Gemeinschaft in Einklang stehen;

…“

10      Anhang I („Maßnahmen zum Schutz der Kunden“) Abs. 1 der Richtlinie 2009/72 sah vor:

„Unbeschadet der Verbraucherschutzvorschriften der Gemeinschaft, insbesondere der Richtlinien 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz [(ABl. 1997, L 144, S. 19)] und [93/13], soll mit den in Artikel 3 genannten Maßnahmen sichergestellt werden, dass die Kunden

a)      Anspruch auf einen Vertrag mit ihren Anbietern von Elektrizitätsdienstleistungen haben, in dem Folgendes festgelegt ist:

–        Vertragsdauer, Bedingungen für eine Verlängerung und Beendigung der Leistungen und des Vertragsverhältnisses, die Frage, ob ein kostenfreier Rücktritt vom Vertrag zulässig ist,

Die Bedingungen müssen gerecht und im Voraus bekannt sein. Diese Informationen sollten in jedem Fall vor Abschluss oder Bestätigung des Vertrags bereitgestellt werden. …

e)      den Lieferanten ohne Berechnung von Gebühren wechseln können;

…“

11      Die Richtlinie 2009/72 wurde gemäß Art. 72 Abs. 1 der Richtlinie (EU) 2019/944 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juni 2019 mit gemeinsamen Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Änderung der Richtlinie 2012/27/EU (ABl. 2019, L 158, S. 125) mit Wirkung vom 1. Januar 2021 aufgehoben und durch die Richtlinie 2019/944 ersetzt.

 Richtlinie 2011/83/EU

12      Der 17. Erwägungsgrund der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. 2011, L 304, S. 64) lautet:

„Die Definition des Verbrauchers sollte natürliche Personen, die außerhalb ihrer gewerblichen, geschäftlichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit handeln, umfassen. Wird der Vertrag jedoch teilweise für gewerbliche und teilweise für nichtgewerbliche Zwecke abgeschlossen (Verträge mit doppeltem Zweck) und ist der gewerbliche Zweck im Gesamtzusammenhang des Vertrags nicht überwiegend, so sollte diese Person auch als Verbraucher betrachtet werden.“

 Richtlinie 2019/944

13      Im ersten Erwägungsgrund der Richtlinie 2019/944 heißt es:

„Die Richtlinie [2009/72] ist erheblich zu ändern. Aus Gründen der Klarheit empfiehlt es sich, die genannte Richtlinie neu zu fassen.“

14      Art. 12 („Recht auf Wechsel und Bestimmungen über Wechselgebühren“) Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2019/944 sieht vor:

„(2)      Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass zumindest den Haushaltskunden und Kleinunternehmen keine Wechselgebühren in Rechnung gestellt werden.

(3)      Abweichend von Absatz 2 können die Mitgliedstaaten zulassen, dass Versorger oder im Bereich der Aggregierung tätige Marktteilnehmer den Kunden, die einen befristeten Elektrizitätsliefervertrag mit festem Tarif freiwillig vorzeitig kündigen, Kündigungsgebühren berechnen, sofern diese Gebühren in einem Vertrag vorgesehen sind, den der Kunde freiwillig geschlossen hat, und der Kunde vor Vertragsabschluss unmissverständlich über diese Gebühren informiert worden ist. Die Gebühren müssen verhältnismäßig sein und dürfen nicht höher sein als der dem Versorger oder dem im Bereich der Aggregierung tätigen Marktteilnehmer infolge der Vertragskündigung unmittelbar entstehende wirtschaftliche Verlust, einschließlich der Kosten etwaiger gebündelter Investitionen oder Dienstleistungen, die dem Endkunden im Rahmen des Vertrags bereits erbracht wurden. Die Beweislast dafür, dass dem Versorger oder dem im Bereich der Aggregierung tätigen Marktteilnehmer ein unmittelbarer wirtschaftlicher Verlust entstanden ist, liegt beim Versorger oder dem im Bereich der Aggregierung tätigen Marktteilnehmer, und die Zulässigkeit von Kündigungsgebühren wird von der Regulierungsbehörde oder einer anderen zuständigen nationalen Behörde überwacht.“

 Polnisches Recht

15      Die Ustawa – Prawo energetyczne (Energiegesetz) vom 10. April 1997 (Dz. U. Nr. 54, Pos. 348) in ihrer auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren Fassung (im Folgenden: Energiegesetz) bestimmt in Art. 4j Abs. 3a:

„Ein Endkunde kann einen befristeten Vertrag, auf dessen Grundlage ein Energieunternehmen ihn mit gasförmigen Brennstoffen oder Energie versorgt, durch eine schriftliche Erklärung gegenüber dem Energieunternehmen kündigen, ohne dass er andere Gebühren oder Entschädigungszahlungen als die aus dem Inhalt des Vertrags hervorgehenden zahlen muss.“

16      Die Ustawa – Kodeks cywilny (Gesetz über das Zivilgesetzbuch) vom 23. April 1964 (Dz. U. Nr. 16, Pos. 93) in ihrer auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren Fassung (im Folgenden: Zivilgesetzbuch) bestimmt in Art. 483 § 1:

„Im Vertrag kann vereinbart werden, dass als Ersatz für den Schaden, der durch die Nicht- oder Schlechterfüllung einer nicht in Geld bestehenden Schuld entsteht, ein bestimmter Betrag zu zahlen ist (Vertragsstrafe).“

 Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefragen

17      Am 18. März 2017 schlossen S. J. und der Lieferant einen Elektrizitätsliefervertrag (im Folgenden: im Ausgangsverfahren in Rede stehender Vertrag), dem ein Anhang 1 und allgemeine Geschäftsbedingungen beigefügt waren, die Bestandteil dieses Vertrags waren.

18      Art. 7 Abs. 2 des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Vertrags sah vor, dass er für einen befristeten Zeitraum bis zum 31. Dezember 2021 geschlossen wurde und dass die Stromlieferung am 1. Januar 2018 beginnen sollte. In Art. 7 Abs. 6 hieß es, dass der Kunde u. a. im Fall der Kündigung des Vertrags vor dem in Art. 7 Abs. 2 genannten Zeitpunkt gemäß den Grundsätzen in Nr. VI Abs. 1 bis 3 der genannten allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Vertragsstrafe zu zahlen hat. Nach Nr. VI Abs. 1 entsprach der Betrag dieser Vertragsstrafe dem Strom, den der Kunde im selben Vertrag als „geplante Energiemenge“ für einen bestimmten Lieferort angegeben hatte, zum Einheitspreis von 60 Zloty (PLN) (etwa 14 Euro) pro Megawattstunde (MWh). Die nicht genutzte Energiemenge wurde als Summe des geschätzten durchschnittlichen Energieverbrauchs der gesamten Monate von der Kündigung des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Vertrags bis zum Ende des in Art. 7 Abs. 2 genannten Zeitraums berechnet. Der am Verbrauchsort geplante Stromverbrauch betrug 20 MWh pro Jahr, und der in Anhang 1 des Vertrags genannte Verbrauchsort des Stroms war der landwirtschaftliche Betrieb von S. J.

19      Mit Schreiben vom 5. Mai 2017, das dem Lieferanten am 8. Mai 2017 zugestellt wurde, teilte S. J. diesem mit, dass er den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Vertrag unter Ausübung des für Verbraucherverträge vorgesehenen gesetzlichen Widerrufsrechts widerrufe. Ferner gab er eine Erklärung ab, die den Verzicht auf die Rechtswirkungen eines irrtümlich geschlossenen Vertrags betraf, und machte geltend, dass dieser Vertrag ungültig sei.

20      Mit Schreiben vom 22. Mai 2020 teilte der Lieferant mit, dass er diese Erklärungen für unwirksam halte. Er übersandte zum einen eine Zahlungsaufforderung, mit der S. J. eine Frist bis zum 7. Juli 2020 eingeräumt wurde, um 4 700,22 PLN (etwa 1 128 Euro) als Vertragsstrafe zu zahlen, und zum anderen eine Rechnung vom 5. März 2018 über 254,33 PLN (etwa 61 Euro) sowie eine berichtigte Rechnung vom 8. Januar 2020 über 314,90 PLN (etwa 75 Euro) für die im Zeitraum vom 1. bis zum 10. Januar 2018 gelieferte Energie.

21      Da S. J. sich weigerte, diese Beträge zu zahlen, erhob der Lieferant beim Sąd Rejonowy dla m. st. Warszawy w Warszawie (Rayongericht für die Hauptstadt Warschau, Polen) Klage auf Verurteilung von S. J. zur Zahlung der Beträge. Das Rayongericht wies die Klage ab. Zum einen sei S. J. kein Verbraucher, so dass er den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Vertrag nicht auf der Grundlage der Verbraucherschutzvorschriften rechtmäßig habe widerrufen können. Insoweit führte es u. a. aus, dass in dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Vertrag als Verbrauchsort der landwirtschaftliche Betrieb von S. J. genannt sei und S. J. zwar angegeben habe, dass die gekaufte Energie auch für den Eigenverbrauch im Haushalt bestimmt sei, doch reiche dies nicht aus, um ihn als Verbraucher einzustufen, da der Vertrag vorsehe, dass er für Personen bestimmt sei, die keine Verbraucher seien. Denn die Verwendung eines Angebots, das für Kunden bestimmt sei, die keine Verbraucher seien, beweise schon für sich allein, dass S. J. den Vertrag als Gewerbetreibender geschlossen habe und dieser Vertrag mit seiner gewerblichen Tätigkeit, nämlich seinem landwirtschaftlichen Betrieb, in direktem Zusammenhang stehe.

22      Zum anderen wandte das Rayongericht Art. 4j Abs. 3a des Energiegesetzes an, kam jedoch zu dem Befund, dass dem Antrag auf Zahlung der Vertragsstrafe nicht stattzugeben sei, da nach Art. 483 § 1 des Zivilgesetzbuchs eine solche Vertragsstrafe nur im Fall der Nicht- oder Schlechterfüllung einer nicht in Geld bestehenden Schuld vorgesehen werden könne, während hier Gegenstand der Leistung des Käufers bei einem Energieverkauf eine in Geld bestehende Leistung sei, nämlich die Zahlung des Preises.

23      Außerdem wurden die Anträge auf Bezahlung des Energieverbrauchs als unbegründet zurückgewiesen, da der Lieferant keine Energie geliefert hatte.

24      Der Lieferant hat gegen dieses Urteil beim Sąd Okręgowy w Warszawie (Regionalgericht Warschau, Polen), dem vorlegenden Gericht, Berufung eingelegt. Er macht u. a. einen Verstoß gegen Art. 4j Abs. 3a des Energiegesetzes und gegen Art. 483 § 1 des Zivilgesetzbuchs geltend.

25      Das vorlegende Gericht führt aus, dass nach Angaben von S. J. am 18. März 2017 Vertreter eines Elektrizitätsunternehmens auf seinem landwirtschaftlichen Betrieb erschienen seien und ihm ein Stromlieferungsangebot gemacht hätten. Er habe auf ihren Rat hin die ihm vorgelegten Blankoformulare unterzeichnet und Ende April 2017 ein Exemplar des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Vertrags erhalten, das zum einen Daten und Anhänge enthalten habe, die sich von denen in dem ihm unterbreiteten Angebot unterschieden hätten, und zum anderen bei den Informationen über den vorgesehenen Energieverbrauch willkürliche Angaben enthalten habe. Aus diesem Grund habe er mit Schreiben vom 5. Mai 2017 seinen Willen bekundet, diesen Vertrag zu widerrufen.

26      In diesem Zusammenhang möchte das vorlegende Gericht erstens wissen, ob S. J. die Eigenschaft eines Gewerbetreibenden oder eines Verbrauchers hat und ob sein Widerruf folglich gültig war. Insoweit weist es u. a. darauf hin, dass der Sąd Rejonowy dla m. st. Warszawy w Warszawie (Rayongericht für die Hauptstadt Warschau) festgestellt habe, dass der im Ausgangsverfahren in Rede stehende Vertrag als Empfänger den „landwirtschaftlichen Betrieb“ von S. J. angegeben habe, und dass das Rayongericht allein auf der Grundlage von Art. 2 Abs. 4 des Vertrags, wonach der Vertrag für Personen bestimmt sei, die keine Verbraucher seien, festgestellt habe, dass S. J. kein Verbraucher sei. Desgleichen weist vorlegende Gericht darauf hin, dass nach polnischem Recht ein Landwirt als Gewerbetreibender anzusehen sei, es sei denn, er bewirtschafte seinen landwirtschaftlichen Betrieb für seinen eigenen Bedarf.

27      Zwar sei nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs die Eigenschaft als Verbraucher oder Gewerbetreibender im Sinne der Richtlinie 93/13 anhand eines funktionellen Kriteriums zu beurteilen, nämlich danach, ob die in Rede stehende Vertragsbeziehung außerhalb der Ausübung einer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit liege, doch sei eine solche funktionale Unterscheidung im vorliegenden Fall nicht möglich, da Gegenstand des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Vertrags unbestreitbar der Kauf von Energie sowohl für den betreffenden landwirtschaftlichen Betrieb als auch für den Eigenverbrauch im Haushalt von S. J. gewesen sei. Ferner weist es darauf hin, dass Verträge mit doppeltem Zweck in der Richtlinie 93/13 nicht aufgeführt seien und dass zwar der 17. Erwägungsgrund der Richtlinie 2011/83 auf diese Art von Verträgen verweise, doch habe der Gerichtshof u. a. im Urteil vom 20. Januar 2005, Gruber (C‑464/01, EU:C:2005:32), bei der Prüfung, ob der Unterzeichner eines solchen Vertrags als Verbraucher angesehen werden könne, andere Kriterien als die im 17. Erwägungsgrund genannten herangezogen.

28      In Anbetracht dessen möchte das vorlegende Gericht wissen, wie der Begriff des Verbrauchers im Sinne von Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 93/13 auszulegen ist, wenn der in Rede stehende Vertrag einen teils privaten und teils gewerblichen oder beruflichen Zweck hat.

29      Zweitens führt das vorlegende Gericht im Anschluss an die Feststellung, dass für die Entscheidung des bei ihm anhängigen Rechtsstreits in Anbetracht des Zeitpunkts des Abschlusses des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Vertrags die Richtlinie 2009/72 maßgeblich sei, aus, dass die Möglichkeit des freien Wechsels des Energielieferanten und der besondere Verbraucherschutz zu den in dieser Richtlinie aufgestellten Grundsätzen gehörten und dass die Möglichkeit des Widerrufs eines Vertrags eng mit dem Wechsel des Lieferanten verbunden sei. Die Möglichkeit, dem Kunden im Fall der Kündigung eines befristeten Energielieferungsvertrags Gebühren in Rechnung zu stellen, sei im Hinblick auf die Gewährleistung der Möglichkeit des freien Wechsels des Energielieferanten jedoch problematisch.

30      Aus Art. 3 Abs. 7 und Anhang I der Richtlinie 2009/72 ergebe sich, dass ein Kunde, der Verbraucher sei, bei einem Wechsel des Lieferanten oder einem Widerruf des Vertrags nichts zu zahlen habe. Zudem folge aus Art. 3 Abs. 7, dass für einen Verbraucher die Möglichkeit gewährleistet sein müsse, leicht zu einem neuen Lieferanten zu wechseln, ohne dass er hinsichtlich der Kosten diskriminiert werde und ohne dass die finanzielle Benachteiligung ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung gegenüber anderen Lieferanten darstelle, so dass der Kunde nicht tatsächlich den Lieferanten wechseln könne.

31      Allerdings enthalte Art. 4j Abs. 3a des Energiegesetzes, der die Möglichkeit vorsehe, dem Kunden bei vorzeitiger Kündigung eines befristeten Vertrags Gebühren in Rechnung zu stellen, für Verbraucher keine Ausnahme. Daher stelle sich die Frage, ob das Energiegesetz gegen die Richtlinie 2009/72 verstoße, insbesondere gegen das hohe Verbraucherschutzniveau, das in Anhang I Abs. 1 Buchst. a und e der Richtlinie vorgesehen und im 51. Erwägungsgrund der Richtlinie genannt sei. Insoweit weist das vorlegende Gericht darauf hin, dass das polnische Recht die Verhängung von Vertragsstrafen erlaube, jedoch keine Kriterien für deren Berechnung vorsehe, insbesondere im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit zu den Kosten, den damit verbundenen Risiken oder dem erlittenen Schaden, was gegen die u. a. in Art. 3 Abs. 7 der Richtlinie aufgestellten Anforderungen verstoße. Denn in der Praxis könnten solche Vertragsstrafen den Kosten entsprechen, die für die vereinbarte Energielieferung in Rechnung gestellt werden könnten, was de facto die Möglichkeit verhindere, solche Verträge zu kündigen.

32      Unter diesen Umständen hat der Sąd Okręgowy w Warszawie (Regionalgericht Warschau) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Erfassen Art. 2 Buchst. b und c der Richtlinie 93/13 und die darin enthaltene Definition des Begriffs des Verbrauchers sowie der 17. Erwägungsgrund der Richtlinie 2011/83 auch einen Landwirt, der einen Strombezugsvertrag sowohl für den landwirtschaftlichen Betrieb als auch für den Eigenverbrauch im Haushalt abschließt?

2.      Sind Art. 3 Abs. 5 und 7, der 51. Erwägungsgrund sowie Anhang I Abs. 1 Buchst. a und e der Richtlinie 2009/72, die vorschreiben, dass von den Verbrauchern im Fall des Widerrufs eines Stromlieferungsvertrags keine Gebühren erhoben werden dürfen, dahin auszulegen, dass sie der Möglichkeit entgegenstehen, einem Stromabnehmer, der ein Verbraucher ist, eine Vertragsstrafe für die Kündigung eines für einen bestimmten Zeitraum abgeschlossenen Elektrizitätsliefervertrags aufzuerlegen (Art. 4j Abs. 3a des Energiegesetzes)?

 Zu den Vorlagefragen

 Zur ersten Vorlagefrage

33      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass das vorlegende Gericht im Wortlaut seiner ersten Frage zwar nicht nur auf Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 93/13 Bezug nimmt, der den Begriff des Verbrauchers im Sinne der Richtlinie definiert, sondern auch auf Art. 2 Buchst. c, der den Begriff des Gewerbetreibenden im Sinne der Richtlinie definiert, dass sich aber ebenfalls aus dem Wortlaut sowie den Gründen des Vorabentscheidungsersuchens ergibt, dass es nur um eine Auslegung des Begriffs des Verbrauchers ersucht.

34      Unter diesen Umständen ist anzunehmen, dass das vorlegende Gericht mit seiner ersten Frage im Wesentlichen wissen möchte, ob Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 93/13 im Licht des 17. Erwägungsgrundes der Richtlinie 2011/83 dahin auszulegen ist, dass ein Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebs, der einen Vertrag über den Kauf von Strom abschließt, der sowohl für seinen landwirtschaftlichen Betrieb als auch für den Eigenverbrauch im Haushalt bestimmt ist, unter den Begriff des Verbrauchers im Sinne dieser Vorschrift fällt.

35      Gemäß Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 93/13 ist ein Verbraucher eine natürliche Person, die bei Verträgen, die unter diese Richtlinie fallen, zu einem Zweck handelt, der nicht ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann.

36      Insoweit hat der Gerichtshof wiederholt entschieden, dass der Begriff des Verbrauchers im Sinne von Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 93/13 objektiven Charakter hat und von den konkreten Kenntnissen, die die betreffende Person haben mag, oder den Informationen, über die sie tatsächlich verfügt, unabhängig ist. Die Verbrauchereigenschaft ist somit anhand eines funktionellen Kriteriums zu beurteilen, nämlich, ob die in Rede stehende Vertragsbeziehung außerhalb der Ausübung einer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit liegt (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 19. November 2015, Tarcău, C‑74/15, EU:C:2015:772, Rn. 27, und Urteil vom 8. Juni 2023, YYY. [Begriff des Verbrauchers], C‑570/21, EU:C:2023:456, Rn. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung).

37      Zur Frage, ob, und wenn ja, in welchen Fällen eine Person, die einen Vertrag mit doppeltem Zweck geschlossen hat, d. h. einen Vertrag über eine Ware oder Dienstleistung, die für eine Verwendung bestimmt ist, die sich teilweise auf ihre gewerbliche oder berufliche Tätigkeit bezieht und die daher nur teilweise nicht dieser Tätigkeit zugerechnet werden kann, gleichwohl unter den Begriff des Verbrauchers im Sinne von Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 93/13 fallen kann, hat der Gerichtshof bereits festgestellt, dass dieser Begriff zwar nicht allein anhand des Wortlauts dieser Vorschrift bestimmt werden kann, doch schließt der Regelungszusammenhang dieser Vorschrift nicht aus, dass eine natürliche Person, die einen solchen Vertrag schließt, in bestimmten Fällen als „Verbraucher“ im Sinne dieser Vorschrift eingestuft werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. Juni 2023, YYY. [Begriff des Verbrauchers], C‑570/21, EU:C:2023:456, Rn. 31 bis 39).

38      Insoweit hat der Gerichtshof entschieden, dass zur Gewährleistung der Beachtung der vom Unionsgesetzgeber auf dem Gebiet der Verbraucherverträge verfolgten Ziele und der Kohärenz des Unionsrechts insbesondere der im 17. Erwägungsgrund der Richtlinie 2011/83 enthaltene Begriff des Verbrauchers zu berücksichtigen ist, der die Absicht des Unionsgesetzgebers in Bezug auf die Definition des Begriffs des Verbrauchers bei Verträgen mit doppeltem Zweck verdeutlicht und aus dem hervorgeht, dass diese Person auch als Verbraucher betrachtet werden sollte, wenn der Vertrag teilweise für gewerbliche oder berufliche und teilweise für nicht gewerbliche oder nicht berufliche Zwecke abgeschlossen wird und der gewerbliche oder berufliche Zweck im Gesamtzusammenhang des Vertrags nicht überwiegend ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. Juni 2023, YYY. [Begriff des Verbrauchers], C‑570/21, EU:C:2023:456, Rn. 40 bis 45).

39      Ferner hat der Gerichtshof darauf hingewiesen, dass der zwingende Charakter der in der Richtlinie 93/13 enthaltenen Bestimmungen und die besonderen Erfordernisse des Verbraucherschutzes eine weite Auslegung des Begriffs des Verbrauchers im Sinne von Art. 2 Buchst. b der Richtlinie erfordern, um die praktische Wirksamkeit der Richtlinie zu gewährleisten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. Juni 2023, YYY. [Begriff des Verbrauchers], C‑570/21, EU:C:2023:456, Rn. 46).

40      In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof auch betont, dass in Anbetracht dessen, dass Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 93/13 die Verbraucher vor missbräuchlichen Vertragsklauseln schützen soll, die enge Auslegung des Begriffs des Verbrauchers, die im Urteil vom 20. Januar 2005, Gruber (C‑464/01, EU:C:2005:32), zur Bestimmung des Anwendungsbereichs der in den Art. 13 bis 15 des Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 1972, L 299, S. 32) in der durch die aufeinanderfolgenden Übereinkommen über den Beitritt neuer Mitgliedstaaten zu diesem Übereinkommen geänderten Fassung vorgesehenen abweichenden Zuständigkeitsvorschriften für Verträge mit doppeltem Zweck vorgenommen wurde, nicht entsprechend auf den Begriff des Verbrauchers im Sinne von Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 93/13 erstreckt werden kann (Urteil vom 8. Juni 2023, YYY. [Begriff des Verbrauchers], C‑570/21, EU:C:2023:456, Rn. 51).

41      Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte hat der Gerichtshof entschieden, dass Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 93/13 dahin auszulegen ist, dass unter den Begriff des Verbrauchers im Sinne dieser Bestimmung eine Person fällt, die gemeinsam mit einem anderen Kreditnehmer, der nicht im Rahmen seiner gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit gehandelt hat, einen Kreditvertrag abgeschlossen hat, der teilweise für eine mit ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit zusammenhängende Verwendung und teilweise für eine nicht mit dieser Tätigkeit zusammenhängende Verwendung bestimmt ist, wenn der gewerbliche oder berufliche Zweck derart gering ist, dass er im Gesamtzusammenhang dieses Vertrags nicht überwiegt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. Juni 2023, YYY. [Begriff des Verbrauchers], C‑570/21, EU:C:2023:456, Rn. 53).

42      Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass für die Feststellung, ob eine natürliche Person, die einen unter die Richtlinie 93/13 fallenden Vertrag mit doppeltem Zweck abschließt, zu Zwecken handelt, die nicht ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können, und die folglich unter den Begriff des Verbrauchers im Sinne von Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 93/13 fällt, zu prüfen ist, ob der gewerbliche oder berufliche Zweck dieses Vertrags derart gering ist, dass er im Gesamtzusammenhang des Vertrags nicht überwiegt.

43      Nach ständiger Rechtsprechung hat das nationale Gericht, das mit einem Rechtsstreit über einen Vertrag befasst ist, der möglicherweise in den Geltungsbereich der Richtlinie 93/13 fällt, unter Berücksichtigung aller Beweise und insbesondere des Wortlauts des Vertrags die Frage zu prüfen, ob die betreffende Person als Verbraucher im Sinne der Richtlinie eingestuft werden kann. Hierzu muss das nationale Gericht sämtliche Umstände des Einzelfalls, insbesondere die Art der Ware oder Dienstleistung, die Gegenstand des in Rede stehenden Vertrags ist, berücksichtigen, die belegen können, zu welchem Zweck die Ware oder Dienstleistung erworben wird (Urteil vom 8. Juni 2023, YYY. [Begriff des Verbrauchers], C‑570/21, EU:C:2023:456, Rn. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung).

44      Gleiches gilt für einen Vertrag mit doppeltem Zweck im Hinblick auf die Beurteilung zum einen des Umfangs jeder der beiden Teile eines solchen Vertrags in dessen Gesamtzusammenhang und zum anderen im Hinblick auf den überwiegenden Zweck dieses Vertrags. Somit ist es bei einem Vertrag mit doppeltem Zweck Sache des nationalen Gerichts, sämtliche Umstände des in Rede stehenden Vertrags zu prüfen und auf der Grundlage der ihm vorliegenden objektiven Beweise zu beurteilen, inwieweit der gewerbliche oder berufliche bzw. der nicht gewerbliche oder nicht berufliche Zweck dieses Vertrags in dessen Gesamtzusammenhang überwiegend ist (vgl. entsprechend Urteil vom 8. Juni 2023, YYY. [Begriff des Verbrauchers], C‑570/21, EU:C:2023:456, Rn. 56 und 58).

45      Folglich können die Bestimmungen des betreffenden Vertrags zwar berücksichtigt werden, doch erlauben sie für sich genommen nicht die Feststellung, ob die betreffende natürliche Person bei Abschluss eines solchen Vertrags mit doppeltem Zweck zu Zwecken gehandelt hat, die nicht ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit zugerechnet werden können. In Anbetracht des Gegenstands des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Vertrags, der den Kauf von Strom betrifft, ist allerdings darauf hinzuweisen, dass eine von den Parteien vorgenommene hohe Einschätzung des jährlichen Stromverbrauchs zeigen kann, dass der berufliche oder gewerbliche Zweck überwiegt, während eine niedrige Einschätzung des Verbrauchs darauf hindeuten kann, dass der überwiegende Zweck im Eigenverbrauch im Haushalt besteht.

46      Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 93/13 im Licht des 17. Erwägungsgrundes der Richtlinie 2011/83 dahin auszulegen ist, dass ein Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebs, der einen Vertrag über den Kauf von Strom abschließt, der sowohl für seinen landwirtschaftlichen Betrieb als auch für den Eigenverbrauch im Haushalt bestimmt ist, unter den Begriff des Verbrauchers im Sinne dieser Vorschrift fällt, wenn der berufliche oder gewerbliche Zweck dieses Vertrags derart gering ist, dass er im Gesamtzusammenhang dieses Vertrags nicht überwiegt.

 Zur zweiten Vorlagefrage

47      Zunächst ist festzustellen, dass aus dem Vorabentscheidungsersuchen nicht hervorgeht, inwiefern die Auslegung des im Wortlaut der zweiten Frage genannten Art. 3 Abs. 5 der Richtlinie 2009/72 für die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits relevant sein soll. Denn nach Art. 3 Abs. 5 Buchst. a und b der Richtlinie stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass zum einen in den Fällen, in denen Kunden im Rahmen der Vertragsbedingungen beabsichtigen, den Lieferanten zu wechseln, die betreffenden Betreiber diesen Wechsel innerhalb von drei Wochen vornehmen, und zum anderen die Kunden das Recht haben, sämtliche sie betreffenden Verbrauchsdaten zu erhalten, wobei diese Rechte allen Kunden ohne Diskriminierung bezüglich der Kosten, des Aufwands und der Dauer zu gewähren sind.

48      Aus dem Vorabentscheidungsersuchen ergibt sich, dass der im Ausgangsverfahren in Rede stehende Vertrag gekündigt wurde, bevor er in Kraft trat und bevor auf seiner Grundlage überhaupt eine Stromlieferung stattgefunden hatte. Unter diesen Umständen und in Ermangelung einer diesbezüglichen Erläuterung durch das vorlegende Gericht gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass der Ausgangsrechtsstreit einen Fall eines Lieferantenwechsels betreffen würde. Ebenso wenig gibt es Anhaltspunkte dafür, dass der Rechtsstreit die Weitergabe von Verbrauchsdaten durch den Lieferanten betrifft. Im Übrigen ist das Recht, leicht zu einem neuen Lieferanten zu wechseln, das nach Art. 2 Nr. 12 der Richtlinie 2009/72 in Verbindung mit ihrem Art. 33 seit dem 1. Juli 2007 allen Kunden im Sinne von Art. 2 Nr. 7 der Richtlinie zusteht und in Bezug auf das das vorlegende Gericht die Zweifel äußert, die seine zweite Frage rechtfertigen, ausdrücklich in Art. 3 Abs. 7 der Richtlinie vorgesehen, der ebenfalls Gegenstand dieser Frage ist.

49      Ebenso wenig erscheint die erbetene Auslegung des ebenfalls im Wortlaut der zweiten Frage genannten Anhang I Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2009/72 für die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits erforderlich. Denn diese Bestimmung betrifft den Fall eines Wechsels des Stromlieferanten, wohingegen aus dem Vorabentscheidungsersuchen – wie in der vorstehenden Randnummer des vorliegenden Urteils festgestellt – nicht hervorgeht, inwiefern dieser Rechtsstreit einen solchen Fall betreffen soll.

50      Sodann ist darauf hinzuweisen, dass der vom vorlegenden Gericht im Wortlaut der zweiten Frage verwendete Begriff des Verbrauchers in der Richtlinie 2009/72 nicht definiert wird; doch hat der Gerichtshof bereits festgestellt, dass dieser Begriff mangels gegenteiliger Angaben in einer der Bestimmungen der Richtlinie weit gefasst ist und grundsätzlich jeden „Endkunden“ im Sinne von Art. 2 Nr. 9 der Richtlinie erfasst, d. h. sowohl die „Haushalts-Kunden“ im Sinne von Art. 2 Nr. 10 als auch die „Nichthaushaltskunden“ im Sinne von Art. 2 Nr. 11 der Richtlinie (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Januar 2024, G [Gebühren bei vorzeitiger Kündigung], C‑371/22, EU:C:2024:21, Rn. 35).

51      Jedoch ergibt sich aus dem Vorabentscheidungsersuchen, dass im Mittelpunkt der Fragen des vorlegenden Gerichts die Tragweite der in Anhang I Abs. 1 Buchst. a fünfter Gedankenstrich der Richtlinie 2009/72 genannten Maßnahme steht. Dieser Anhang I betrifft aber insbesondere die „Haushalts-Kunden“ im Sinne von Art. 2 Nr. 10 der Richtlinie, wie sich aus Art. 3 Abs. 7 letzter Satz der Richtlinie ergibt.

52      Schließlich geht aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten hervor, dass der im Ausgangsverfahren in Rede stehende Vertrag nicht nur befristet war, sondern auch zu einem festen Tarif für seine gesamte Laufzeit geschlossen wurde.

53      In Anbetracht dessen ist davon auszugehen, dass das vorlegende Gericht mit seiner zweiten Frage im Wesentlichen wissen möchte, ob Art. 3 Abs. 7 und Anhang I Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2009/72 im Licht ihres 51. Erwägungsgrundes dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, die es erlaubt, eine Vertragsstrafe gegen einen Haushaltskunden zu verhängen, wenn er einen befristeten Elektrizitätsliefervertrag mit festem Tarif vorzeitig kündigt.

54      Bei der Auslegung einer Unionsrechtsvorschrift ist nicht nur deren Wortlaut zu berücksichtigen, sondern auch der Zusammenhang, in dem sie steht, und die Ziele, die mit der Regelung verfolgt werden, zu der sie gehört (Urteile vom 7. Juni 2005, VEMW u. a., C‑17/03, EU:C:2005:362, Rn. 41, und vom 11. Januar 2024, G [Gebühren bei vorzeitiger Kündigung], C‑371/22, EU:C:2024:21, Rn. 32).

55      Was als Erstes den Wortlaut der Bestimmungen, um deren Auslegung ersucht wird, anbelangt, ist darauf hinzuweisen, dass Art. 3 Abs. 7 der Richtlinie 2009/72 den Mitgliedstaaten aufgibt, geeignete Maßnahmen zum Schutz der Endkunden zu ergreifen, ein hohes Verbraucherschutzniveau insbesondere in Bezug auf die Transparenz der Vertragsbedingungen, allgemeine Informationen und Streitbeilegungsverfahren zu gewährleisten und sicherzustellen, dass zugelassene Kunden tatsächlich leicht zu einem neuen Lieferanten wechseln können. Diese Bestimmung stellt ferner klar, dass diese Maßnahmen zumindest im Fall der Haushaltskunden die in Anhang I der Richtlinie aufgeführten Maßnahmen einschließen.

56      Wie sich aus Anhang I Abs. 1 Buchst. a fünfter Gedankenstrich der Richtlinie 2009/72 ergibt, gehören dazu Maßnahmen, mit denen sichergestellt werden soll, dass die Kunden das Recht auf einen mit ihrem Stromlieferanten geschlossenen Vertrag haben, in dem u. a. „die Frage, ob ein kostenfreier Rücktritt vom Vertrag zulässig ist“ festgelegt ist.

57      Aus einem Vergleich der verschiedenen Sprachfassungen der Richtlinie 2009/72 ergibt sich jedoch, dass diese Bestimmung offenbar nur in ihrer französischen Sprachfassung vorsieht, dass die Mitgliedstaaten zumindest in Bezug auf Haushaltskunden Maßnahmen ergreifen müssen, um sicherzustellen, dass der Vertrag, den die Kunden mit ihrem Stromlieferanten schließen, ihren Anspruch auf kostenfreien Rücktritt vorsieht. Denn in allen anderen Sprachfassungen der Richtlinie beschränkt sich diese Bestimmung im Wesentlichen auf den Hinweis, dass die Mitgliedstaaten zumindest in Bezug auf Haushaltskunden Maßnahmen ergreifen müssen, um sicherzustellen, dass die Kunden Anspruch auf einen Vertrag mit ihrem Stromlieferanten haben, in dem festgelegt ist, ob ein kostenfreier Rücktritt vom Vertrag möglich ist.

58      Es ist jedoch ständige Rechtsprechung, dass die in einer der Sprachfassungen einer unionsrechtlichen Vorschrift verwendete Formulierung nicht als alleinige Grundlage für die Auslegung dieser Vorschrift herangezogen werden oder insoweit Vorrang vor den anderen sprachlichen Fassungen beanspruchen kann. Die Notwendigkeit einer einheitlichen Anwendung und damit auch Auslegung einer Vorschrift des Rechts der Europäischen Union schließt nämlich aus, sie in einer ihrer Fassungen isoliert zu betrachten, sondern gebietet vielmehr, sie anhand der allgemeinen Systematik und des Zwecks der Regelung auszulegen, zu der sie gehört (Urteil vom 30. Juni 2022, Allianz Elementar Versicherung, C‑652/20, EU:C:2022:514, Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung).

59      Ferner wird im letzten Unterabsatz von Anhang I Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2009/72 klargestellt, dass die Vertragsbedingungen gerecht und im Voraus bekannt sein müssen und dass die in dieser Bestimmung aufgeführten Informationen in jedem Fall vor Abschluss oder Bestätigung des Vertrags bereitgestellt werden müssen.

60      Somit sieht der Wortlaut von Art. 3 Abs. 7 und Anhang I Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2009/72 vor, dass die Mitgliedstaaten zumindest in Bezug auf Haushaltskunden die erforderlichen Maßnahmen treffen müssen, um sicherzustellen, dass diese Kunden tatsächlich leicht zu einem neuen Lieferanten wechseln können, wenn sie dies wünschen. Außerdem müssen sie die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass die Vertragsbedingungen gerecht, klar abgefasst und im Voraus bekannt sind, damit der Kunde die Tragweite der Vertragsbestimmungen vor Unterzeichnung des Vertrags verstehen und ihm freiwillig und in Kenntnis der Sachlage zustimmen kann, so dass die mit diesem Wortlaut aufgestellte Transparenzvoraussetzung erfüllt wird und Verfahren zur Beilegung der Rechtsstreitigkeiten bestehen, die zwischen diesen Kunden und ihrem Stromlieferanten entstehen könnten.

61      Dagegen lässt sich dem Wortlaut dieser Bestimmungen nicht entnehmen, ob sie für die Mitgliedstaaten die Möglichkeit ausschließen, in ihren nationalen Rechtsvorschriften vorzusehen, dass eine Vertragsstrafe gegen einen Haushaltskunden verhängt werden darf, wenn er einen befristeten Elektrizitätsliefervertrag mit festem Tarif vorzeitig kündigt.

62      Insoweit stellt der Umstand, dass eine nationale Regelung es erlaubt, dass ein solcher Vertrag im Fall seiner vorzeitigen Kündigung durch den Kunden eine Vertragsstrafe vorsieht, nicht zwangsläufig ein Hindernis dafür dar, dass dieser Kunde tatsächlich leicht zu einem neuen Lieferanten wechseln kann, wie es im Wortlaut von Art. 3 Abs. 7 der Richtlinie 2009/72 vorgesehen ist, sofern diese Regelung Instrumente enthält, mit denen die Einhaltung der in Rn. 60 des vorliegenden Urteils genannten Voraussetzungen gewährleistet und insbesondere die Höhe einer solchen Vertragsstrafe kontrolliert werden kann (vgl. entsprechend Urteil vom 11. Januar 2024, G [Gebühren bei vorzeitiger Kündigung], C‑371/22, EU:C:2024:21, Rn. 37). Denn eher als das bloße Bestehen einer solchen Strafe kann deren Höhe ein Hindernis für einen solchen Wechsel darstellen.

63      Was als Zweites den Zusammenhang anbelangt, in dem Art. 3 Abs. 7 und Anhang I Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2009/72 stehen, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass gemäß Art. 3 Abs. 5 der Richtlinie der Lieferantenwechsel im Rahmen der Vertragsbedingungen zu erfolgen hat. Im gleichen Sinne überträgt Art. 37 Abs. 1 Buchst. l der Richtlinie den Regulierungsbehörden die Aufgabe, die Vertragsfreiheit in Bezug auf unterbrechbare Lieferverträge und langfristige Verträge anzuerkennen, sofern diese mit dem geltenden Unionsrecht vereinbar sind und mit der Unionspolitik in Einklang stehen.

64      Sodann trifft es zwar zu, dass die Mitgliedstaaten nach Anhang I Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2009/72 in Verbindung mit ihrem Art. 3 Abs. 7 zumindest in Bezug auf Haushaltskunden verpflichtet sind, Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass die Kunden „den Lieferanten ohne Berechnung von Gebühren wechseln können“. Daraus kann jedoch nicht abgeleitet werden, dass die Richtlinie 2009/72 der Verhängung einer Vertragsstrafe grundsätzlich entgegensteht, wenn ein Haushaltskunde einen befristeten Elektrizitätsliefervertrag mit festem Tarif vorzeitig kündigt.

65      Die Annahme, dass Anhang I Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2009/72 impliziere, dass gegen einen Haushaltskunden selbst dann keine Vertragsstrafe verhängt werden dürfe, wenn er einen befristeten Elektrizitätsliefervertrag mit festem Tarif vorzeitig kündige, liefe nämlich dem Wortlaut der meisten Sprachfassungen von Anhang I Abs. 1 Buchst. a fünfter Gedankenstrich zuwider und würde dieser Bestimmung je nach gewählter Sprachfassung des Anhangs ihre praktische Wirksamkeit nehmen oder die Richtlinie 2009/72 widersprüchlich machen.

66      Bei mehreren möglichen Auslegungen einer Vorschrift des Unionsrechts ist derjenigen der Vorzug zu geben, die die praktische Wirksamkeit der Vorschrift zu wahren geeignet ist (Urteile vom 24. Februar 2000, Kommission/Frankreich, C‑434/97, EU:C:2000:98, Rn. 21, und vom 23. November 2023, EVN Business Service u. a., C‑480/22, EU:C:2023:918, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung). Außerdem ist nach einem allgemeinen Auslegungsgrundsatz eine Vorschrift nach Möglichkeit so auszulegen, dass ihre Gültigkeit nicht infrage steht (Urteile vom 4. Oktober 2001, Italien/Kommission, C‑403/99, EU:C:2001:507, Rn. 37, und vom 21. September 2023, Stappert Deutschland, C‑210/22, EU:C:2023:693, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung).

67      Daher ist davon auszugehen, dass sich die in Anhang I Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2009/72 angeführten etwaigen Gebühren für einen Lieferantenwechsel von den ebendort unter Buchst. a genannten Kosten unterscheiden, die mit der Kündigung eines Vertrags zusammenhängen, und dass Anhang I Abs. 1 Buchst. e grundsätzlich nicht ausschließt, dass die Mitgliedstaaten weiterhin die Möglichkeit haben, in ihren nationalen Rechtsvorschriften vorzusehen, dass eine Vertragsstrafe gegen einen Haushaltskunden verhängt werden darf, wenn er einen befristeten Elektrizitätsliefervertrag mit festem Tarif vorzeitig kündigt.

68      In diesem Sinne hat sich im Übrigen der Unionsgesetzgeber ausdrücklich geäußert, als er die Richtlinie 2019/944 erlassen hat, wie eindeutig aus deren Art. 12 Abs. 2 und 3 hervorgeht. Nach ihrem ersten Erwägungsgrund ist die Richtlinie 2019/944 eine Neufassung der Richtlinie 2009/72 und ersetzt diese ab dem 1. Januar 2021.

69      Schließlich beschränkt sich der 51. Erwägungsgrund der Richtlinie 2009/72 auf den Hinweis, dass erstens die Belange der Verbraucher im Mittelpunkt dieser Richtlinie stehen sollten und die Gewährleistung der Dienstleistungsqualität zentraler Bestandteil der Aufgaben von Elektrizitätsunternehmen sein sollte, zweitens, dass die bestehenden Verbraucherrechte gestärkt und abgesichert werden müssen und auf mehr Transparenz ausgerichtet sein sollten, drittens, dass durch den Verbraucherschutz sichergestellt werden sollte, dass allen Kunden im größeren Kontext der Gemeinschaft die Vorzüge eines Wettbewerbsmarkts zugutekommen, und viertens, dass die Rechte der Verbraucher von den Mitgliedstaaten oder, sofern dies von einem Mitgliedstaat so vorgesehen ist, von den Regulierungsbehörden durchgesetzt werden sollten. Dieser Erwägungsgrund enthält somit keinen Hinweis darauf, dass den Mitgliedstaaten grundsätzlich die Möglichkeit genommen würde, in ihren nationalen Rechtsvorschriften vorzusehen, dass eine Vertragsstrafe gegen einen Haushaltskunden verhängt werden darf, wenn er einen befristeten Elektrizitätsliefervertrag mit festem Tarif vorzeitig kündigt.

70      Demgegenüber sieht der 52. Erwägungsgrund der Richtlinie 2009/72 vor, dass die Verbraucher klar und verständlich über ihre Rechte gegenüber dem Energiesektor informiert werden sollten, und im 54. Erwägungsgrund der Richtlinie heißt es, dass die in Art. 3 Abs. 7 der Richtlinie vorgesehenen Streitbeilegungsverfahren allen Verbrauchern zugutekommen sollten.

71      Daher ist festzustellen, dass aus dem Zusammenhang, in dem Art. 3 Abs. 7 und Anhang I Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2009/72 stehen, nicht hervorgeht, dass diese Vorschriften grundsätzlich einer nationalen Regelung entgegenstünden, die es erlaubt, dass eine Vertragsstrafe gegen einen Haushaltskunden verhängt wird, wenn er einen befristeten Elektrizitätsliefervertrag mit festem Tarif vorzeitig kündigt. Dagegen ergibt sich aus diesem Zusammenhang im Wesentlichen, dass eine solche nationale Regelung, wie bereits aus dem Wortlaut der auszulegenden Vorschriften hervorgeht, sicherstellen muss, dass die Kunden – insbesondere Haushaltskunden – das Recht haben, ihren Lieferanten zu wählen, und dass die Verbraucher klar und nachvollziehbar über ihre Rechte informiert sowie in die Lage versetzt werden müssen, diese im Rahmen eines Streitbeilegungsverfahrens durchzusetzen (vgl. entsprechend Urteil vom 11. Januar 2024, G [Gebühren bei vorzeitiger Kündigung], C‑371/22, EU:C:2024:21, Rn. 44).

72      Was als Drittes die mit der Richtlinie 2009/72 verfolgten Ziele anbelangt, hat der Gerichtshof festgestellt, dass mit dieser Richtlinie nach ihrem Art. 1 gemeinsame Vorschriften für die Elektrizitätserzeugung, ‑übertragung, ‑verteilung und ‑versorgung sowie Vorschriften im Bereich des Verbraucherschutzes erlassen werden sollen, um in der Union für die Verbesserung und Integration von durch Wettbewerb geprägten Strommärkten zu sorgen. In diesem Rahmen zielt diese Richtlinie, wie sich aus ihren Erwägungsgründen 3, 7 und 8 ergibt, insbesondere darauf ab, einen vollständig geöffneten und durch Wettbewerb geprägten Elektrizitätsbinnenmarkt zu errichten, der allen Verbrauchern die freie Wahl ihrer Lieferanten und den Anbietern die freie Belieferung ihrer Kunden gestattet, die Wettbewerbsfähigkeit im Binnenmarkt zu fördern, um die Stromversorgung zu den wettbewerbsfähigsten Preisen sicherzustellen, und auf diesem Markt gleiche Bedingungen zu schaffen, um zur Vollendung des Elektrizitätsbinnenmarkts zu gelangen (Urteil vom 11. Januar 2024, G [Gebühren bei vorzeitiger Kündigung], C‑371/22, EU:C:2024:21, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung).

73      Der Gerichtshof hat auch bereits festgestellt, dass befristete Elektrizitätsversorgungsverträge mit festem Tarif dadurch den Schutz der Kunden gewährleisten können, dass sie ihnen einen niedrigen und stabilen Strompreis garantieren, indem den Verbrauchern die Sicherheit geboten wird, dass die von ihnen zu tragenden Kosten während der gesamten Vertragsdauer nicht schwanken. Um jedoch seinen Verpflichtungen aus solchen Verträgen nachzukommen, kann der betreffende Anbieter von Elektrizitätsdienstleistungen spezifische Kosten aufgewendet haben, die ihm im Vergleich zu einem unbefristeten Vertrag ohne festen Tarif zusätzliche Kosten verursachen konnten, insbesondere um sich gegen die Volatilität der Kosten auf dem Großkundenstrommarkt abzusichern. So kann die Möglichkeit, die Auferlegung einer Vertragsstrafe zulasten des Kunden zu erlauben, wenn er diesen Typ eines befristeten Vertrags mit festem Tarif vorzeitig kündigt, es dem Lieferanten ermöglichen, die besonderen Kosten auszugleichen, die sich für ihn aus diesem Vertragstyp ergeben, ohne dass er das mit einem solchen Vertragstyp verbundene finanzielle Risiko auf alle seine Kunden abwälzen muss, was zu höheren Strompreisen für diese führen könnte und was letztlich dem Ziel zuwiderliefe, die wettbewerbsfähigsten Preise für die Verbraucher sicherzustellen (Urteil vom 11. Januar 2024, G [Gebühren bei vorzeitiger Kündigung], C‑371/22, EU:C:2024:21, Rn. 47).

74      Der Gerichtshof hat weiter ausgeführt, dass jedoch auch das mit der Richtlinie 2009/72 verfolgte allgemeine Ziel, zur Vollendung des Elektrizitätsbinnenmarkts zu gelangen, sowie die in den Erwägungsgründen 51 und 57 dieser Richtlinie genannten spezifischeren Ziele, Kunden die Vorzüge eines Wettbewerbsmarkts und liberalisierten Marktes zugutekommen zu lassen, zu berücksichtigen sind. Die Verwirklichung dieser Ziele wäre aber gefährdet, wenn eine nationale Regelung die Auferlegung von Vertragsstrafen erlauben würde, die in keinem Verhältnis zu den durch den Vertrag entstandenen, aber wegen dessen vorzeitiger Kündigung nicht vollständig abgeschriebenen Kosten stehen. Solche Strafen können die betroffenen Kunden nämlich künstlich davon abhalten, ihren befristeten Elektrizitätsversorgungsvertrag mit festem Tarif vorzeitig zu kündigen, um den Lieferanten zu wechseln, und sie somit daran hindern, im vollen Umfang von einem durch Wettbewerb geprägten und liberalisierten Elektrizitätsbinnenmarkt zu profitieren (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Januar 2024, G [Gebühren bei vorzeitiger Kündigung], C‑371/22, EU:C:2024:21, Rn. 48).

75      Diese Erwägungen, die der Gerichtshof im Rahmen einer Rechtssache angestellt hat, die die vorzeitige Kündigung eines befristeten Elektrizitätsversorgungsvertrags mit festem Tarif durch einen Nichthaushaltskunden betraf, sind auf einen Vertrag gleicher Art, der mit einem Haushaltskunden geschlossen wurde, übertragbar, da die Richtlinie 2009/72 hinsichtlich der in den Rn. 72 bis 74 des vorliegenden Urteils genannten Ziele nicht nach der Eigenschaft des betreffenden Verbrauchers unterscheidet.

76      Somit ergibt sich aus den Zielen der Richtlinie 2009/72, dass die Mitgliedstaaten grundsätzlich die Möglichkeit haben müssen, in ihren nationalen Rechtsvorschriften vorzusehen, dass eine Vertragsstrafe gegen einen Haushaltskunden verhängt werden darf, wenn er einen befristeten Elektrizitätsversorgungsvertrag mit festem Tarif vorzeitig kündigt, sofern die sich aus dieser Richtlinie ergebenden allgemeinen Bedingungen, die insbesondere die erforderliche Information dieses Kunden und das Bestehen eines Streitbeilegungsverfahrens betreffen, erfüllt sind.

77      Da die zweite Frage nach den Angaben des vorlegenden Gerichts allerdings eine nationale Regelung betrifft, die die Verhängung von Vertragsstrafen erlaubt, ohne jedoch Kriterien für deren Berechnung insbesondere in Bezug auf die Verhältnismäßigkeit zu den Kosten, den damit verbundenen Risiken oder dem erlittenen Schaden vorzusehen, ist noch darauf hinzuweisen, dass die Mitgliedstaaten – auch wenn die Richtlinie 2009/72 insoweit keinen Hinweis enthält – nach ständiger Rechtsprechung ihre Befugnisse unter Wahrung des Unionsrechts ausüben müssen und daher die praktische Wirksamkeit der Richtlinie 2009/72 nicht beeinträchtigen dürfen (Urteil vom 11. Januar 2024, G [Gebühren bei vorzeitiger Kündigung], C‑371/22, EU:C:2024:21, Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung).

78      Die praktische Wirksamkeit der Richtlinie 2009/72 würde jedoch beeinträchtigt, wenn es der im Rahmen des Streitbeilegungsverfahrens, das die Mitgliedstaaten nach dieser Richtlinie zugunsten der Stromverbraucher vorsehen müssen, befassten Verwaltungs- oder Justizbehörde unmöglich wäre, die Höhe einer Vertragsstrafe wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden zu bewerten und gegebenenfalls ihre Herabsetzung oder sogar Aufhebung anzuordnen, falls sich herausstellen sollte, dass diese im Hinblick auf alle den Einzelfall kennzeichnenden Umstände außer Verhältnis zu den Kosten steht, die durch einen Vertrag wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden entstanden sind, aber wegen dessen vorzeitiger Kündigung nicht vollständig abgeschrieben worden sind, so dass die Vertragsstrafe praktisch dazu führen würde, dass das Recht des Endkunden, tatsächlich leicht zu einem neuen Lieferanten wechseln zu können, ausgehöhlt und die in den Rn. 72 und 74 des vorliegenden Urteils genannten Ziele der Richtlinie 2009/72 gefährdet würden (vgl. entsprechend Urteil vom 11. Januar 2024, G [Gebühren bei vorzeitiger Kündigung], C‑371/22, EU:C:2024:21, Rn. 51).

79      Auch wenn diese Beurteilung der Verhältnismäßigkeit der Höhe einer solchen Vertragsstrafe allein Sache der nationalen Behörde ist, die mit einem etwaigen Rechtsstreit befasst ist, ist gleichwohl, um dem vorlegenden Gericht eine sachdienliche Antwort zu geben, darauf hinzuweisen, dass für diese Beurteilung u. a. berücksichtigt werden können: die ursprüngliche Dauer des in Rede stehenden Vertrags, die zum Zeitpunkt seiner Kündigung noch verbleibende Laufzeit, die Strommenge, die zur Durchführung dieses Vertrags gekauft wurde, die der Kunde letztlich aber nicht verbrauchen wird, sowie die Mittel, über die ein angemessen sorgfältiger Lieferant verfügt hätte, um etwaige wirtschaftliche Verluste aufgrund dieser vorzeitigen Kündigung zu begrenzen (vgl. entsprechend Urteil vom 11. Januar 2024, G [Gebühren bei vorzeitiger Kündigung], C‑371/22, EU:C:2024:21, Rn. 52).

80      Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass Art. 3 Abs. 7 und Anhang I Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2009/72 im Licht des 51. Erwägungsgrundes dieser Richtlinie einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen nicht entgegenstehen, sofern eine solche Regelung gewährleistet, dass die Vertragsstrafe, die auf ihrer Grundlage vereinbart werden kann, gerecht, klar abgefasst, im Voraus bekannt und freiwillig vereinbart ist und die Möglichkeit eines verwaltungsrechtlichen oder gerichtlichen Rechtsbehelfs besteht, in dessen Rahmen die befasste Behörde die Verhältnismäßigkeit dieser Strafe im Hinblick auf alle Umstände des Einzelfalls beurteilen und gegebenenfalls ihre Herabsetzung oder Aufhebung anordnen kann (vgl. entsprechend Urteil vom 11. Januar 2024, G [Gebühren bei vorzeitiger Kündigung], C‑371/22, EU:C:2024:21, Rn. 55).

81      Um dem vorlegenden Gericht eine sachdienliche Antwort zu geben, ist noch hinzuzufügen, dass es zum einen in Anbetracht dieser Auslegung unerheblich ist, ob im Rahmen des Ausgangsrechtsstreits S. J. als „Haushalts-Kunde“ im Sinne von Art. 2 Nr. 10 der Richtlinie 2009/72 oder als „Nichthaushaltskunde“ im Sinne von Art. 2 Nr. 11 der Richtlinie eingestuft wird, da im Fall der vorzeitigen Kündigung eines befristeten Elektrizitätsversorgungsvertrags mit festem Tarif durch einen Nichthaushaltskunden eine entsprechende Auslegung gilt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Januar 2024, G [Gebühren bei vorzeitiger Kündigung], C‑371/22, EU:C:2024:21, Rn. 55).

82      Zum anderen lässt gemäß Anhang I Abs. 1 der Richtlinie 2009/72 diese Auslegung die Rechte unberührt, die ein Kunde wie S. J. gegebenenfalls aus den Verbraucherschutzvorschriften der Union, insbesondere der Richtlinie 93/13, herleiten könnte, wenn dieser Kunde im Übrigen unter den Begriff des Verbrauchers im Sinne von Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 93/13 fällt.

83      Nach alledem ist auf die zweite Frage zu antworten, dass Art. 3 Abs. 7 und Anhang I Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2009/72 im Licht des 51. Erwägungsgrundes der Richtlinie dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung nicht entgegenstehen, nach der ein Haushaltskunde, der einen befristeten Elektrizitätsversorgungsvertrag mit festem Tarif vorzeitig kündigt, zur Zahlung der vertraglich vereinbarten Vertragsstrafe verpflichtet ist, sofern diese Regelung zum einen gewährleistet, dass eine solche Vertragsstrafe gerecht, klar abgefasst, im Voraus bekannt und freiwillig vereinbart ist und zum anderen die Möglichkeit eines verwaltungsrechtlichen oder gerichtlichen Rechtsbehelfs vorsieht, in dessen Rahmen die befasste Behörde die Verhältnismäßigkeit dieser Vertragsstrafe anhand sämtlicher Umstände des Einzelfalls beurteilen und gegebenenfalls ihre Herabsetzung oder Aufhebung anordnen kann. Diese Auslegung lässt die Rechte unberührt, die ein solcher Kunde gegebenenfalls aus den Verbraucherschutzvorschriften der Union, insbesondere der Richtlinie 93/13, herleiten könnte, wenn der Kunde im Übrigen unter den Begriff des Verbrauchers im Sinne von Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 93/13 fällt.

 Kosten

84      Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des beim vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt:

1.      Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen ist im Licht des 17. Erwägungsgrundes der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates

dahin auszulegen, dass

ein Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebs, der einen Vertrag über den Kauf von Strom abschließt, der sowohl für seinen landwirtschaftlichen Betrieb als auch für den Eigenverbrauch im Haushalt bestimmt ist, unter den Begriff des Verbrauchers im Sinne dieser Vorschrift fällt, wenn der berufliche oder gewerbliche Zweck dieses Vertrags derart gering ist, dass er im Gesamtzusammenhang dieses Vertrags nicht überwiegt.

2.      Art. 3 Abs. 7 und Anhang I Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2009/72/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/54/EG im Licht des 51. Erwägungsgrundes der Richtlinie 2009/72

sind dahin auszulegen, dass

sie einer nationalen Regelung nicht entgegenstehen, nach der ein Haushaltskunde, der einen befristeten Elektrizitätsversorgungsvertrag mit festem Tarif vorzeitig kündigt, zur Zahlung der vertraglich vereinbarten Vertragsstrafe verpflichtet ist, sofern diese Regelung zum einen gewährleistet, dass eine solche Vertragsstrafe gerecht, klar abgefasst, im Voraus bekannt und freiwillig vereinbart ist und zum anderen die Möglichkeit eines verwaltungsrechtlichen oder gerichtlichen Rechtsbehelfs vorsieht, in dessen Rahmen die befasste Behörde die Verhältnismäßigkeit dieser Vertragsstrafe anhand sämtlicher Umstände des Einzelfalls beurteilen und gegebenenfalls ihre Herabsetzung oder Aufhebung anordnen kann. Diese Auslegung lässt die Rechte unberührt, die ein solcher Kunde gegebenenfalls aus den Verbraucherschutzvorschriften der Union, insbesondere der Richtlinie 93/13, herleiten könnte, wenn der Kunde im Übrigen unter den Begriff des Verbrauchers im Sinne von Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 93/13 fällt.

Unterschriften




Leave a Comment

Schreibe einen Kommentar