C-554/23 P – Fertilizers Europe/ Nevinnomysskiy Azot und NAK „Azot“

C-554/23 P – Fertilizers Europe/ Nevinnomysskiy Azot und NAK „Azot“

CURIA – Documents

Language of document : ECLI:EU:C:2025:291

Vorläufige Fassung

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Dritte Kammer)

30. April 2025(*)

„ Rechtsmittel – Dumping – Einfuhren von Ammoniumnitrat mit Ursprung in Russland – Endgültige Antidumpingzölle – Art. 11 Abs. 2 der Verordnung (EU) 2016/1036 – Antrag auf eine Auslaufüberprüfung von Antidumpingmaßnahmen – In dieser Bestimmung vorgesehene Frist für die Stellung eines solchen Antrags – Ausreichen der Beweise – Nach Ablauf dieser Frist übermittelte Informationen “

In den verbundenen Rechtssachen C‑554/23 P und C‑568/23 P

betreffend zwei Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 4. und 14. September 2023,

Fertilizers Europe mit Sitz in Brüssel (Belgien), vertreten durch J. Beck, Advocaat, und L. Ruessmann, Avocat,

Klägerin in der Rechtssache C‑554/23 P,

andere Parteien des Verfahrens:

AO Nevinnomysskiy Azot mit Sitz in Nevinnomyssk (Russland),

AO Novomoskovskaya Aktsionernaya Kompania NAK „Azot“ mit Sitz in Novomoskovsk (Russland),

vertreten durch A. de Moncuit, E. Gergondet, N. Mizulin, A. Nosowicz, Avocats, und P. Vander Schueren, Advocaat,

Klägerinnen im ersten Rechtszug,

Europäische Kommission, vertreten durch G. Luengo und P. Němečková als Bevollmächtigte,

Beklagte im ersten Rechtszug,

und

Europäische Kommission, vertreten durch G. Luengo und P. Němečková als Bevollmächtigte,

Klägerin in der Rechtssache C‑568/23 P,

andere Parteien des Verfahrens:

AO Nevinnomysskiy Azot mit Sitz in Nevinnomyssk,

AO Novomoskovskaya Aktsionernaya Kompania NAK „Azot“ mit Sitz in Novomoskovsk,

vertreten durch A. de Moncuit, E. Gergondet, N. Mizulin, A. Nosowicz, Avocats, und P. Vander Schueren, Advocaat,

Klägerinnen im ersten Rechtszug,

Fertilizers Europe mit Sitz in Brüssel, vertreten durch J. Beck, Advocaat, und L. Ruessmann, Avocat,

Streithelferin im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. Lycourgos, der Richter S. Rodin (Berichterstatter) und N. Piçarra, der Richterin O. Spineanu-Matei und des Richters N. Fenger,

Generalanwältin: L. Medina,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 28. November 2024

folgendes

Urteil

1        Mit ihren jeweiligen Rechtsmitteln beantragen Fertilizers Europe und die Europäische Kommission die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 5. Juli 2023, Nevinnomysskiy Azot und NAK „Azot“/Kommission (T‑126/21, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2023:376), mit dem das Gericht die Durchführungsverordnung (EU) 2020/2100 der Kommission vom 15. Dezember 2020 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Ammoniumnitrat mit Ursprung in Russland im Anschluss an eine Auslaufüberprüfung nach Artikel 11 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2016/1036 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. 2020, L 425, S. 21, im Folgenden: streitige Verordnung) für nichtig erklärt hat.

 Rechtlicher Rahmen

 Streitige Verordnung

2        Im 20. Erwägungsgrund der streitigen Verordnung heißt es:

„Die Kommission leitete die Auslaufüberprüfung auf der Grundlage des Überprüfungsantrags ein, der ursprünglich am 21. Juni 2019 eingereicht [(im Folgenden: ursprünglicher Überprüfungsantrag)] und durch zusätzliche Informationen ergänzt wurde (im Folgenden zusammen der ‚konsolidierte Überprüfungsantrag‘). Der konsolidierte Überprüfungsantrag, der die Grundlage für die Einleitung dieser Auslaufüberprüfung darstellt, wurde in das offene Dossier aufgenommen und den interessierten Parteien zur Konsultation zur Verfügung gestellt. Wie unter Punkt 4.1 der Bekanntmachung dargelegt, legte der Antragsteller in seinem [ursprünglichen] Überprüfungsantrag Beweise für einen Normalwert auf der Grundlage der tatsächlichen Inlandspreise vor und berechnete den Normalwert ebenfalls, falls die Inlandspreise nicht als zuverlässig und den normalen Handelsverkehr widerspiegelnd angesehen würden. Ob der ursprüngliche [Überprüfungsa]ntrag durch geschätzte Normalwerte auf der Grundlage der verfügbaren Informationen über die tatsächlichen Inlandspreise in dem betroffenen Land ergänzt wurde, ist insofern irrelevant, als die Kommission die Auslaufüberprüfung auf der Grundlage des konsolidierten Überprüfungsantrags einleitete.“

 Verordnung 2016/1036

3        Art. 1 („Grundsätze“) Abs. 1 der Verordnung (EU) 2016/1036 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2016 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Union gehörenden Ländern (ABl. 2016, L 176, S. 21) in der durch die Verordnung (EU) 2018/825 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 (ABl. 2018, L 143, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung 2016/1036) bestimmt:

„Ein Antidumpingzoll kann auf jede Ware eingeführt werden, die Gegenstand eines Dumpings ist und deren Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr in der [Europäischen] Union eine Schädigung verursacht.“

4        Art. 2 Abs. 1 und 3 der Verordnung 2016/1036 sieht vor:

„(1)      Der Normalwert stützt sich normalerweise auf die Preise, die im normalen Handelsverkehr von unabhängigen Abnehmern im Ausfuhrland gezahlt wurden oder zu zahlen sind.

Wird jedoch die gleichartige Ware von dem Ausführer im Ausfuhrland weder hergestellt noch verkauft, so kann der Normalwert anhand der Preise der anderen Verkäufer oder Hersteller ermittelt werden.

Die Preise zwischen Parteien, zwischen denen eine geschäftliche Verbindung oder eine Ausgleichsvereinbarung besteht, können nur dann als im normalen Handelsverkehr angesehen und für die Ermittlung des Normalwerts herangezogen werden, wenn festgestellt wird, dass sie durch diese Geschäftsbeziehung nicht beeinflusst werden.

Bei der Prüfung der Frage, ob zwischen zwei Parteien eine geschäftliche Verbindung besteht, kann die Bestimmung des Begriffs ‚verbundene Personen‘ in Artikel 127 der Durchführungsverordnung (EU) 2015/2447 der Kommission [vom 24. November 2015 mit Einzelheiten zur Umsetzung von Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. 2015, L 343, S. 558)] berücksichtigt werden.

(3)      Wird die gleichartige Ware im normalen Handelsverkehr nicht oder nur in unzureichenden Mengen verkauft oder lassen diese Verkäufe wegen der besonderen Marktlage keinen angemessenen Vergleich zu, so wird der Normalwert der gleichartigen Ware anhand der Herstellkosten in dem Ursprungsland zuzüglich eines angemessenen Betrags für Vertriebs‑, Verwaltungs- und Gemeinkosten und für Gewinne oder anhand der Preise bestimmt, die bei der Ausfuhr in ein geeignetes Drittland im normalen Handelsverkehr gelten, sofern diese Preise repräsentativ sind.

Von einer besonderen Marktlage für die betroffene Ware im Sinne des Unterabsatzes 1 kann unter anderem dann ausgegangen werden, wenn die Preise künstlich niedrig sind, wenn in beträchtlichem Umfang Barterhandel betrieben wird oder wenn nichtkommerzielle Verarbeitungsvereinbarungen bestehen.“

5        Art. 5 Abs. 3 und 9 der Verordnung 2016/1036 lautet:

„(3)      Die Kommission prüft, soweit möglich, die Richtigkeit und die Stichhaltigkeit der dem Antrag beigefügten Beweise, um festzustellen, ob genügend Beweise vorliegen, um die Einleitung einer Untersuchung zu rechtfertigen.

(9)      Stellt sich heraus, dass genügend Beweise vorliegen, um die Einleitung eines Verfahrens zu rechtfertigen, so eröffnet die Kommission innerhalb von 45 Tagen nach dem Zeitpunkt der Antragstellung ein Verfahren und veröffentlicht eine Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union. Reichen die Beweise nicht aus, so wird der Antragsteller hiervon innerhalb von 45 Tagen nach dem Zeitpunkt, zu dem der Antrag bei der Kommission gestellt worden ist, unterrichtet. Die Kommission unterrichtet die Mitgliedstaaten in der Regel innerhalb von 21 Tagen nach dem Zeitpunkt der Antragstellung bei der Kommission über die von ihr durchgeführte Prüfung des Antrags.“

6        Art. 11 Abs. 1, 2, 5 und 6 der Verordnung 2016/1036 bestimmt:

„(1)      Eine Antidumpingmaßnahme bleibt nur so lange und in dem Umfang in Kraft, wie dies notwendig ist, um das schädigende Dumping unwirksam zu machen.

(2)      Eine endgültige Antidumpingmaßnahme tritt fünf Jahre nach ihrer Einführung oder fünf Jahre nach dem Datum des Abschlusses der letzten Überprüfung außer Kraft, die sowohl das Dumping als auch die Schädigung betraf, außer wenn in einer Überprüfung festgestellt wird, dass das Dumping und die Schädigung bei einem Auslaufen der Maßnahme wahrscheinlich anhalten oder erneut auftreten würden. Eine solche Überprüfung bei Auslaufen der Maßnahme wird von der Kommission von Amts wegen oder auf einen von den Unionsherstellern oder in deren Namen gestellten Antrag hin eingeleitet, und die Maßnahme bleibt bis zum Abschluss dieser Überprüfung in Kraft.

Eine Überprüfung bei Auslaufen der Maßnahme wird eingeleitet, wenn der Antrag genügend Beweise dafür enthält, dass das Dumping und die Schädigung bei einem Auslaufen der Maßnahmen wahrscheinlich anhalten oder erneut auftreten würden. Diese Wahrscheinlichkeit kann beispielsweise durch Beweise für ein Anhalten des Dumpings und der Schädigung aufgezeigt werden oder durch Beweise dafür, dass die Beseitigung der Schädigung teilweise oder ausschließlich auf die geltenden Maßnahmen zurückzuführen ist, oder durch Beweise dafür, dass die Umstände der Ausführer oder die Marktbedingungen darauf hindeuten, dass das schädigende Dumping wahrscheinlich anhalten wird, oder durch Beweise dafür, dass nach wie vor Verzerrungen des Rohstoffangebots vorliegen.

Im Rahmen der Untersuchungen gemäß diesem Absatz erhalten die Ausführer, die Einführer, die Vertreter des Ausfuhrlandes und die Unionshersteller Gelegenheit, die in dem Überprüfungsantrag dargelegten Behauptungen zu ergänzen, zu widerlegen oder zu erläutern, und in den Schlussfolgerungen werden alle einschlägigen und ordnungsgemäß belegten Beweise gebührend berücksichtigt, die im Zusammenhang mit der Frage vorgelegt werden, ob die Schädigung und das Dumping bei einem Auslaufen der Maßnahmen wahrscheinlich anhalten oder erneut auftreten würden.

Eine Bekanntmachung über das bevorstehende Auslaufen der Maßnahme wird im Amtsblatt der Europäischen Union zu einem geeigneten Zeitpunkt im letzten Jahr der Geltungsdauer der Maßnahmen gemäß diesem Absatz veröffentlicht. Danach sind die Unionshersteller bis spätestens drei Monate vor Ablauf des Fünfjahreszeitraums berechtigt, einen Antrag auf Überprüfung gemäß Unterabsatz 2 zu stellen. Ferner wird eine Bekanntmachung über das tatsächliche Auslaufen von Maßnahmen gemäß diesem Absatz veröffentlicht.

(5)      Die einschlägigen Bestimmungen dieser Verordnung über die Verfahren und den Ablauf von Untersuchungen, abgesehen von den Bestimmungen über die Fristen, gelten für die Überprüfungen nach den Absätzen 2, 3 und 4.

Die Überprüfungen nach den Absätzen 2 und 3 werden ohne Verzögerungen durchgeführt und normalerweise innerhalb von 12 Monaten nach der Einleitung der Überprüfung abgeschlossen. Diese Überprüfungen werden in jedem Fall innerhalb von 15 Monaten nach ihrer Einleitung abgeschlossen.

Überprüfungen nach Absatz 4 werden in jedem Fall innerhalb von neun Monaten nach ihrer Einleitung abgeschlossen.

Wird in einem Verfahren eine Überprüfung nach Absatz 2 eingeleitet, während in demselben Verfahren eine Überprüfung nach Absatz 3 anhängig ist, so wird die Überprüfung nach Absatz 3 zu demselben Zeitpunkt abgeschlossen, zu dem auch die Überprüfung nach Absatz 2 abgeschlossen sein muss.

Wird die Untersuchung nicht innerhalb der in Unterabsatz 2, 3 und 4 genannten Fristen abgeschlossen, so

–        treten die Maßnahmen im Falle von Überprüfungen nach Absatz 2 außer Kraft,

–        treten die Maßnahmen im Falle paralleler Überprüfungen nach den Absätzen 2 und 3 außer Kraft, sofern die Überprüfung nach Absatz 2 eingeleitet worden war, während in demselben Verfahren eine Überprüfung nach Absatz 3 anhängig war, oder sofern solche Überprüfungen gleichzeitig eingeleitet worden waren, oder

–        werden die Maßnahmen im Falle von Überprüfungen nach den Absätzen 3 und 4 unverändert aufrechterhalten.

Anschließend wird eine Bekanntmachung über das Außerkrafttreten bzw. die Aufrechterhaltung der Maßnahmen gemäß diesem Absatz im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

(6)      Überprüfungen nach Maßgabe dieses Artikels werden von der Kommission eingeleitet. Die Kommission entscheidet gemäß dem in Artikel 15 Absatz 2 genannten Beratungsverfahren, ob Überprüfungen nach Maßgabe des Absatzes 2 dieses Artikels eingeleitet bzw. nicht eingeleitet werden. Die Kommission informiert die Mitgliedstaaten auch, wenn ein Wirtschaftsbeteiligter oder ein Mitgliedstaat einen Antrag eingereicht hat, der die Einleitung einer Überprüfung nach Maßgabe der Absätze 3 und 4 dieses Artikels rechtfertigt, und die Kommission die Prüfung dieses Antrags abgeschlossen hat oder wenn die Kommission selbst festgestellt hat, dass überprüft werden sollte, ob die weitere Anwendung von Maßnahmen notwendig ist.

Sofern die Überprüfungen dies rechtfertigen, werden die Maßnahmen gemäß dem in Artikel 15 Absatz 3 vorgesehenen Prüfverfahren gemäß Absatz 2 dieses Artikels aufgehoben oder aufrechterhalten oder gemäß den Absätzen 3 und 4 dieses Artikels aufgehoben, aufrechterhalten oder geändert.

Werden Maßnahmen für einzelne Ausführer, aber nicht für das Land als Ganzes aufgehoben, so bleiben diese Ausführer weiterhin in das Verfahren einbezogen und können im Rahmen einer für dieses Land nach Maßgabe dieses Artikels durchgeführten Überprüfung automatisch erneut untersucht werden.“

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

7        Die Vorgeschichte des Rechtsstreits ist in den Rn. 2 bis 13 des angefochtenen Urteils dargestellt und lässt sich für die Zwecke der vorliegenden verbundenen Rechtssachen wie folgt zusammenfassen.

8        Die AO Nevinnomysskiy Azot und die AO Novomoskovskaya Aktsionernaya Kompania NAK „Azot“ (im Folgenden zusammen: „Azot“-Unternehmen) sind in Russland ansässige Hersteller und Ausführer von Ammoniumnitrat. Sie unterliegen als solche der Verordnung (EG) Nr. 2022/95 des Rates vom 16. August 1995 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Ammoniumnitrat mit Ursprung in Russland (ABl. 1995, L 198, S. 1).

9        Nach einer ersten Auslaufüberprüfung und einer ersten Interimsüberprüfung wurde mit der Verordnung (EG) Nr. 658/2002 des Rates vom 15. April 2002 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Ammoniumnitrat mit Ursprung in Russland (ABl. 2002, L 102, S. 1) ein endgültiger Antidumpingzoll auf die Einfuhren von Ammoniumnitrat aus Russland aufrechterhalten. Nach einer zweiten Auslaufüberprüfung und einer zweiten teilweisen Interimsüberprüfung wurden die Maßnahmen mit der Verordnung (EG) Nr. 661/2008 des Rates vom 8. Juli 2008 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Ammoniumnitrat mit Ursprung in Russland nach einer Überprüfung wegen bevorstehenden Außerkrafttretens gemäß Artikel 11 Absatz 2 und einer teilweisen Interimsüberprüfung gemäß Artikel 11 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 384/96 (ABl. 2008, L 185, S. 1) aufrechterhalten. Nach einer dritten Auslaufüberprüfung erhielt die Kommission mit ihrer Durchführungsverordnung (EU) Nr. 999/2014 vom 23. September 2014 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Ammoniumnitrat mit Ursprung in Russland im Anschluss an eine Auslaufüberprüfung nach Artikel 11 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1225/2009 des Rates (ABl. 2014, L 280, S. 19) die Maßnahmen aufrecht. Nach einer Interimsüberprüfung gemäß Art. 11 Abs. 3 der Verordnung 2016/1036 erließ die Kommission die Durchführungsverordnung (EU) 2018/1722 vom 14. November 2018 zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 999/2014 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Ammoniumnitrat mit Ursprung in Russland im Anschluss an eine Interimsüberprüfung nach Artikel 11 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2016/1036 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. 2018, L 287, S. 3).

10      Während des gesamten Zeitraums, in dem diese Überprüfungsverfahren stattfanden, unterlagen die „Azot“-Unternehmen einem Antidumpingzoll, der für das gesamte russische Hoheitsgebiet galt.

11      Am 21. Juni 2019 stellte Fertilizers Europe, ein europäischer Verband von Düngemittelherstellern, nach Art. 11 Abs. 2 der Verordnung 2016/1036 bei der Kommission in Bezug auf das Auslaufen der betreffenden Antidumpingmaßnahmen den ursprünglichen Überprüfungsantrag. In diesem Antrag machte Fertilizers Europe geltend, dass es Beweise dafür gebe, dass das Dumping bei einem Auslaufen dieser Maßnahmen wahrscheinlich anhalten würde. Sie stützte sich dabei auf einen Vergleich zwischen den Ausfuhrpreisen und einem rechnerisch ermittelten Normalwert.

12      Auf diesen Antrag hin ersuchte die Kommission Fertilizers Europe um zusätzliche Informationen zur Ergänzung und Klärung ihres ursprünglichen Überprüfungsantrags (im Folgenden: zusätzliche Informationen). Am 20. August 2019 übermittelte Fertilizers Europe diese zusätzlichen Informationen, die in den konsolidierten Überprüfungsantrag aufgenommen wurden und sich auf einen Normalwert stützten, der auf den tatsächlichen Preisen auf dem russischen Inlandsmarkt beruhte.

13      Am 23. September 2019 veröffentlichte die Kommission die Bekanntmachung der Einleitung einer Überprüfung wegen des bevorstehenden Außerkrafttretens der Antidumpingmaßnahmen gegenüber den Einfuhren von Ammoniumnitrat mit Ursprung in Russland (ABl. 2019, C 318, S. 6), da sie der Ansicht war, dass genügend Beweise vorlägen, um eine solche Überprüfung einzuleiten und eine Untersuchung durchzuführen.

14      Nach Abschluss dieser Untersuchung gelangte die Kommission zu dem Schluss, dass das Dumping und die Schädigung bei einem Auslaufen dieser Antidumpingmaßnahmen wahrscheinlich erneut auftreten würden. Mit dem Erlass der streitigen Verordnung verlängerte sie diese Maßnahmen daher um fünf Jahre.

 Klage vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

15      Mit ihrer Klage vor dem Gericht beantragten die „Azot“-Unternehmen die Nichtigerklärung der streitigen Verordnung. Diese Unternehmen stützten ihre Klage auf einen Klagegrund, mit dem sie im Wesentlichen rügten, dass dadurch gegen Art. 11 Abs. 2 und 5 sowie gegen Art. 5 Abs. 3 der Verordnung 2016/1036 verstoßen worden sei, dass die Kommission zu Unrecht eine Auslaufüberprüfung der Antidumpingmaßnahmen gegenüber den Einfuhren von Ammoniumnitrat mit Ursprung in Russland durchgeführt habe, obwohl hierfür nicht genügend Beweise vorgelegen hätten.

16      Zu den rechtlichen Kriterien für den Inhalt eines Überprüfungsantrags hat das Gericht als Erstes in den Rn. 65 bis 67 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass „sich aus einer wörtlichen Auslegung von Art. 11 Abs. 2 der [Verordnung 2016/1036 ergibt], dass der Überprüfungsantrag, der von Unionsherstellern oder in deren Namen bis spätestens drei Monate vor Ablauf des Fünfjahreszeitraums, nach dem die Antidumpingmaßnahmen auslaufen [(im Folgenden: gesetzliche Frist)], zu stellen ist, bereits genügend Beweise dafür enthalten muss, dass das Dumping und die Schädigung bei einem Auslaufen der Maßnahmen wahrscheinlich anhalten oder erneut auftreten würden“, denn Art. 11 Abs. 2 Unterabs. 4 der Verordnung 2016/1036, der die gesetzliche Frist festlege, innerhalb deren der Überprüfungsantrag zu stellen sei, verweise ausdrücklich auf Art. 11 Abs. 2 Unterabs. 2 dieser Verordnung, der die inhaltlichen Voraussetzungen des Antrags, unter denen eine Überprüfung möglich sei, bestimme.

17      Als Zweites hat das Gericht in den Rn. 69 und 70 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass diese Auslegung erforderlich sei, um das Ziel zu erreichen, sicherzustellen, dass die der Kommission innerhalb der gesetzlichen Frist vorgelegten Beweise ausreichten, um festzustellen, dass das Dumping und die Schädigung bei einem Auslaufen der betreffenden Antidumpingmaßnahmen wahrscheinlich anhalten oder erneut auftreten würden. Dementsprechend hat es die Auffassung vertreten, dass die Einführung dieser Frist zur Rechtssicherheit beitrage, indem sie es den Marktteilnehmern ermögliche, rechtzeitig zu erfahren, ob diese Maßnahmen voraussichtlich aufrechterhalten würden, und indem sie der Kommission einen angemessenen Zeitrahmen verschaffe, um die Beweise zu bewerten, die in einem Überprüfungsantrag enthalten seien, und es ihr ermögliche, sich zu vergewissern, dass die Beweise ausreichten und relevant seien, um zu verhindern, dass eine Antidumpingmaßnahme zu Unrecht über die vorgeschriebene Zeit hinaus aufrechterhalten werde.

18      Als Drittes hat das Gericht in den Rn. 71 bis 74 des angefochtenen Urteils entschieden, dass die Unionshersteller nach Ablauf der gesetzlichen Frist und innerhalb der drei Monate vor dem Auslaufen der betreffenden Antidumpingmaßnahmen zusätzliche Informationen auf der Grundlage von Art. 11 Abs. 2 der Verordnung 2016/1036 vorlegen könnten und dass die Kommission innerhalb dieser drei Monate zusätzliche Klarstellungen erhalten oder anfordern könne, die ausreichende Beweise, die vor Ablauf dieser gesetzlichen Frist vorgelegt worden seien, ergänzten oder untermauerten, was zu einer konsolidierten Fassung des Überprüfungsantrags führe, wobei solche zusätzlichen Informationen jedoch weder neues Vorbringen darstellen noch den innerhalb der gesetzlichen Frist gestellten Überprüfungsantrag ersetzen oder den darin enthaltenen nicht ausreichenden Beweisen abhelfen könnten.

19      Als Viertes hat das Gericht in den Rn. 78 bis 101 des angefochtenen Urteils das Vorbringen der Kommission geprüft und zurückgewiesen, demzufolge sie nach Art. 11 Abs. 5 der Verordnung 2016/1036 befugt sei, Art. 5 Abs. 3 und 9 dieser Verordnung, nach dem sich das Verfahren der Ausgangsuntersuchung richte, anzuwenden.

20      Auf der Grundlage dieser Erwägungen ist das Gericht in Rn. 104 des angefochtenen Urteils zu dem Ergebnis gelangt, dass die Kommission einen Rechtsfehler begangen habe, als sie im 20. Erwägungsgrund der streitigen Verordnung festgestellt habe, dass es irrelevant sei, dass der ursprüngliche Überprüfungsantrag durch zusätzliche Informationen ergänzt worden sei, und dass die Einleitung der Überprüfung auf der Grundlage des konsolidierten Überprüfungsantrags habe gerechtfertigt werden können.

21      In Bezug auf die Frage, ob der ursprüngliche Überprüfungsantrag genügend Beweise enthielt, und die Art der zusätzlichen Informationen hat das Gericht in den Rn. 105 und 140 des angefochtenen Urteils zum einen entschieden, dass die Informationen, die die Kommission im vorliegenden Fall nach Ablauf der gesetzlichen Frist erlangt habe, nicht als bloße Erläuterung der im ursprünglichen Überprüfungsantrag enthaltenen Beweise, sondern als neue Beweise anzusehen seien, und zum anderen, dass aus der streitigen Verordnung hervorgehe, dass die Kommission die im ursprünglichen Überprüfungsantrag enthaltenen Beweise als nicht ausreichend angesehen habe, um die betreffenden Antidumpingmaßnahmen zu überprüfen.

22      Folglich ist das Gericht in Rn. 142 des angefochtenen Urteils zu dem Ergebnis gelangt, dass die streitige Verordnung für nichtig zu erklären sei, ohne dass die übrigen Rügen der „Azot“-Unternehmen geprüft zu werden brauchten.

 Anträge der Parteien des Rechtsmittelverfahrens und Verfahren vor dem Gerichtshof

23      Mit ihrem Rechtsmittel in der Rechtssache C‑554/23 P beantragt Fertilizers Europe,

–        das Rechtsmittel für zulässig und begründet zu erklären,

–        das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage im Übrigen abzuweisen,

–        die ihr im vorliegenden Rechtsmittelverfahren und im Verfahren vor dem Gericht entstandenen Kosten den „Azot“-Unternehmen aufzuerlegen.

24      Mit ihrem Rechtsmittel in der Rechtssache C‑568/23 P beantragt die Kommission,

–        das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage im Übrigen abzuweisen,

–        die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens und des Rechtsmittelverfahrens den „Azot“-Unternehmen aufzuerlegen.

25      Mit Entscheidung des Präsidenten des Gerichtshofs vom 9. Oktober 2023 sind die Rechtssachen C‑554/23 P und C‑568/23 P zu gemeinsamem schriftlichen und mündlichen Verfahren sowie zu gemeinsamem Urteil verbunden worden.

26      Die „Azot“-Unternehmen beantragen,

–        die Rechtsmittel insgesamt zurückzuweisen und das angefochtene Urteil zu bestätigen,

–        hilfsweise, die Sache zur Entscheidung nach Maßgabe des Urteils des Gerichtshofs an das Gericht zurückzuverweisen, und

–        die ihnen im vorliegenden Rechtsmittelverfahren und im Verfahren vor dem Gericht entstandenen Kosten der Kommission und Fertilizers Europe aufzuerlegen.

 Zu den Rechtsmitteln

27      Fertilizers Europe und die Kommission stützen ihre Rechtsmittel auf vier bzw. zwei Rechtsmittelgründe.

28      Mit dem ersten und dem zweiten Rechtsmittelgrund von Fertilizers Europe sowie dem ersten Rechtsmittelgrund der Kommission werden Rechtsfehler gerügt, die das Gericht bei der Auslegung von Art. 11 der Verordnung 2016/1036 begangen haben soll, während mit dem dritten und dem vierten Rechtsmittelgrund von Fertilizers Europe sowie dem zweiten Rechtsmittelgrund der Kommission, die hilfsweise geltend gemacht werden, ein Rechtsfehler des Gerichts bei der Anwendung dieses Art. 11 sowie eine Verfälschung der Tatsachen und Beweise gerügt werden.

 Zu dem ersten und dem zweiten Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C554/23 P und dem ersten Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C568/23 P

 Vorbringen der Parteien

29      Mit ihrem ersten und zweiten Rechtsmittelgrund macht Fertilizers Europe bzw. mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund macht die Kommission im Wesentlichen geltend, das Gericht habe in den Rn. 65 bis 67 und 71 bis 104 des angefochtenen Urteils einen Rechtsfehler begangen, als es Art. 11 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 5 Abs. 3 und 9 der Verordnung 2016/1036 dahin ausgelegt habe, dass sich die Kommission bei der Prüfung der Frage, ob genügend Beweise vorlägen, um eine Auslaufüberprüfung von Antidumpingmaßnahmen durchzuführen, nur auf einen Überprüfungsantrag stützen könne, der von den Unionsherstellern innerhalb der in Art. 11 Abs. 2 Unterabs. 4 der Verordnung 2016/1036 vorgesehenen gesetzlichen Frist gestellt worden sei und allenfalls durch Informationen ergänzt worden sei, die die in diesem Antrag enthaltenen Beweise lediglich untermauerten.

30      Was als Erstes die Wortlautauslegung von Art. 11 Abs. 2 der Verordnung 2016/1036 betrifft, vertritt Fertilizers Europe die Ansicht, dass sich entgegen den Feststellungen des Gerichts in den Rn. 65 bis 67 des angefochtenen Urteils aus dem Wortlaut von Art. 11 Abs. 2 Unterabs. 2 und 4 dieser Verordnung nicht zwangsläufig ergebe, dass ein innerhalb der gesetzlichen Frist gestellter Überprüfungsantrag bereits genügend Beweise enthalten müsse, um die Durchführung einer Auslaufüberprüfung der betreffenden Antidumpingmaßnahmen zu rechtfertigen.

31      Nach Ansicht der Kommission ist Art. 11 Abs. 2 Unterabs. 4 der Verordnung 2016/1036 hinsichtlich der Frage, ob sie ihre Beurteilung auf die innerhalb der gesetzlichen Frist vorgelegten Beweise beschränken müsse, neutral. Entgegen den Ausführungen des Gerichts im angefochtenen Urteil könne insbesondere aus der Wendung „gemäß Unterabsatz 2“ in dieser Bestimmung nicht abgeleitet werden, dass die Kommission verpflichtet wäre, allein auf der Grundlage eines innerhalb der gesetzlichen Frist gestellten Antrags zu prüfen, ob die Beweise für die Einleitung einer Überprüfung ausreichten. Außerdem sehe dieser Art. 11 Abs. 2 Unterabs. 2 lediglich das rechtliche Kriterium dafür vor, dass die Kommission eine Auslaufüberprüfung der betreffenden Antidumpingmaßnahmen durchführen könne, ohne die allgemeinen Befugnisse, über die sie im Rahmen ihrer Beurteilung der Rechtfertigung einer solchen Überprüfung verfüge, ausdrücklich oder stillschweigend einzuschränken.

32      Was als Zweites den Zusammenhang von Art. 11 Abs. 2 Unterabs. 4 der Verordnung 2016/1036 betrifft, trägt Fertilizers Europe vor, dass keine Bestimmung dieser Verordnung das weite Ermessen berühre, über das die Kommission im Bereich der gemeinsamen Handelspolitik verfüge.

33      Die Kommission macht geltend, aus den der Verordnung 2016/1036 vorausgegangenen Antidumpingverordnungen gehe hervor, dass ihre Pflicht, festzustellen, ob ein Antrag genügend Beweise enthalte, um die Einleitung einer Ausgangsuntersuchung oder eines Überprüfungsverfahrens zu rechtfertigen, nicht von der Einhaltung einer Frist abhänge, was sich auch mit der Verordnung 2016/1036 nicht geändert habe.

34      Im Übrigen weisen die Klägerinnen darauf hin, dass die Kommission nach Art. 11 Abs. 2 Unterabs. 1 der Verordnung 2016/1036 die Möglichkeit habe, von Amts wegen eine Auslaufüberprüfung von Antidumpingmaßnahmen einzuleiten.

35      Die Klägerinnen vertreten ferner die Auffassung, dass mit Art. 5 Abs. 3 und 9 in Verbindung mit Art. 11 Abs. 5 der Verordnung 2016/1036 für die nach Art. 11 Abs. 2 dieser Verordnung gestellten Überprüfungsanträge ein Verfahren zur Anforderung noch fehlender Informationen eingeführt worden sei, das die Vorlage zusätzlicher und neuer Beweise nach Ablauf der gesetzlichen Frist ermögliche.

36      Als Drittes macht Fertilizers Europe geltend, die vom Gericht vorgenommene Auslegung von Art. 11 Abs. 2 der Verordnung 2016/1036 gefährde die Existenzgrundlage der Wirtschaftszweige der Union und stehe daher im Widerspruch zu dem mit der Verordnung 2016/1036 verfolgten Ziel, die Wirtschaftszweige der Union vor unlauteren Einfuhren aus Drittländern zu schützen. Diese Auslegung führe auch zu einer Verletzung der Verfahrensrechte der Unionshersteller, nämlich des Grundsatzes der Rechtssicherheit und der Wahrung der Verteidigungsrechte bei der Beurteilung eines von ihnen gestellten Überprüfungsantrags, da die Detailliertheit der erforderlichen Beweise von Fall zu Fall unterschiedlich sei und von tatsächlichen Umständen abhänge.

37      Außerdem solle das in der Verordnung 2016/1036 vorgesehene Verfahren der Auslaufüberprüfung endgültiger Antidumpingmaßnahmen sicherstellen, dass die Aufrechterhaltung der betreffenden Antidumpingmaßnahmen auf der Grundlage der während ihrer Überprüfung gesammelten Informationen und nicht nur auf der Grundlage des Überprüfungsantrags ordnungsgemäß begründet werde. Somit wäre Art. 11 Abs. 2 dieser Verordnung kohärent und mit dem Grundsatz der guten Verwaltung vereinbar, wenn die Beurteilung, ob die Beweise ausreichend seien, zum Zeitpunkt der Einleitung dieser Überprüfung erfolgen würde, ohne dass die Vorlage dieser Beweise innerhalb einer bestimmten Frist erfolgen müsste.

38      Die Kommission vertritt die Auffassung, das Gericht habe zu Recht festgestellt, dass das Ziel der gesetzlichen Frist darin bestehe, die Unionshersteller hinsichtlich des Zeitpunkts, zu dem ein Überprüfungsantrag zu stellen sei, zu leiten, um entweder die Einstellung der betreffenden Antidumpingmaßnahmen oder die Einleitung einer Auslaufüberprüfung in geordneter Weise zu organisieren und die interessierten Parteien entsprechend zu informieren. Allerdings hätte das Gericht aus dem Umstand, dass nach dieser Verordnung die Fristen, innerhalb deren sich die Kommission zu der Frage äußern könne, ob die in einem Überprüfungsantrag enthaltenen Beweise ausreichten, länger seien als jene, innerhalb deren sie über einen Antrag auf Einleitung einer Ausgangsuntersuchung entscheiden könne, schließen müssen, dass die Kommission für die Beurteilung der Frage, ob die in einem Überprüfungsantrag enthaltenen Beweise ausreichten, zumindest über die gleichen Befugnisse verfügen müsse wie für die Beurteilung der Frage, ob die in einem Antrag auf Einleitung einer Ausgangsuntersuchung enthaltenen Beweise ausreichten.

39      Nach Ansicht der Kommission kann dieses Ziel entgegen der Feststellung des Gerichts nicht darin bestehen, zur Rechtssicherheit für die Wirtschaftsteilnehmer auf dem Unionsmarkt beizutragen, denn den interessierten Parteien werde weder der von Unionsherstellern gestellte Überprüfungsantrag übermittelt noch würden sie über die Stellung eines solchen Antrags informiert, bevor die Kommission die Bekanntmachung über die Einleitung der Auslaufüberprüfung der betreffenden Antidumpingmaßnahmen veröffentliche.

40      Die „Azot“-Unternehmen entgegnen, dass das Gericht zu Recht festgestellt habe, dass sich aus dem Wortlaut und dem Zusammenhang von Art. 11 Abs. 2 Unterabs. 2 und 4 der Verordnung 2016/1036 ergebe, dass ein Antrag auf Auslaufüberprüfung von Antidumpingmaßnahmen spätestens zum Zeitpunkt des Ablaufs der gesetzlichen Frist genügend Beweise enthalten müsse, um die Einleitung einer solchen Überprüfung zu rechtfertigen.

41      Als Erstes machen diese Unternehmen im Wesentlichen geltend, das Gericht habe Art. 11 Abs. 2 der Verordnung 2016/1036 in Anbetracht seines Wortlauts und des Zusammenhangs, in den sich diese Bestimmung einfüge, zutreffend ausgelegt. Insbesondere sei das Recht der Unionshersteller, einen Überprüfungsantrag zu stellen, in Unterabs. 4 dieser Bestimmung geregelt, der auf deren Unterabs. 2 verweise. Ein Überprüfungsantrag, der vor Ablauf der gesetzlichen Frist zu stellen sei, müsse zum einen genügend Beweise enthalten und zum anderen auf die Wahrscheinlichkeit eines schädigenden Dumpings hindeuten. Diese Frist sei ausreichend, damit diese Hersteller die relevanten Beweise zusammentragen könnten und die Kommission diese eingehend prüfen könne, während gleichzeitig verhindert werde, dass Antidumpingmaßnahmen über einen zu langen Zeitraum ungerechtfertigt aufrechterhalten würden. Hätte der Unionsgesetzgeber die Pflichten dieser Hersteller beschränken wollen, hätte er dies ausdrücklich getan.

42      Als Zweites machen die „Azot“-Unternehmen geltend, dass Art. 11 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung 2016/1036 zwar nicht bestimme, zu welchem Zeitpunkt die Unionshersteller im Rahmen ihres Überprüfungsantrags genügend Beweise vorlegen müssten, jedoch nicht getrennt von Art. 11 Abs. 2 Unterabs. 4 der Verordnung 2016/1036 gelesen werden dürfe, der hierfür gerade eine Frist enthalte.

43      Als Drittes tragen die „Azot“-Unternehmen vor, die vom Gericht vorgenommene Auslegung von Art. 11 Abs. 2 der Verordnung 2016/1036 wahre die Rechte aller interessierten Parteien und führe nicht zu einer Beschränkung der Pflichten und Befugnisse der Kommission, die vorbehaltlich der Einhaltung der Verfahrensfristen befugt sei, zu beurteilen, ob die in einem Überprüfungsantrag enthaltenen Beweise ausreichend seien. In diesem Rahmen könne sich die Kommission jedoch nicht auf die Vorschriften über andere Arten von Überprüfungen oder Untersuchungen oder auf Befugnisse berufen, die es ihr erlaubten, von Amts wegen tätig zu werden, und sie müsse sowohl die einschlägigen Verfahrensvorschriften als auch die allgemeinen Grundsätze der Union beachten, so dass sie nicht versuchen dürfe, die Unzulänglichkeit der von den Unionsherstellern in einem Überprüfungsantrag vorgelegten Beweise zu heilen.

 Würdigung durch den Gerichtshof

44      Der erste und der zweite Rechtsmittelgrund von Fertilizers Europe sowie der erste Rechtsmittelgrund der Kommission richten sich gegen die Rn. 65 bis 104 des angefochtenen Urteils. In diesen Randnummern hat das Gericht Art. 11 Abs. 2 der Verordnung 2016/1036 dahin ausgelegt, dass er es der Kommission nicht erlaube, über einen Antrag auf Überprüfung von Antidumpingmaßnahmen auf der Grundlage neuer Beweise zu entscheiden, die auf ihr Ersuchen hin von Unionsherstellern weniger als drei Monate vor dem Außerkrafttreten dieser Maßnahmen vorgelegt worden seien, mit Ausnahme der von diesen Herstellern vorgelegten zusätzlichen Informationen, die sich darauf beschränkten, die in diesem Überprüfungsantrag enthaltenen Beweise zu ergänzen oder zu untermauern. Wie oben in Rn. 20 ausgeführt, hat das Gericht aus dieser Auslegung abgeleitet, dass die Kommission dem Umstand, dass der ursprüngliche Überprüfungsantrag durch zusätzliche Informationen ergänzt worden sei, hätte Bedeutung beimessen müssen und dass die Einleitung der Überprüfung der betreffenden Antidumpingmaßnahmen nicht auf der Grundlage des konsolidierten Überprüfungsantrags habe gerechtfertigt werden können.

45      Für die Feststellung, ob die vom Gericht vorgenommene Auslegung von Art. 11 Abs. 2 der Verordnung 2016/1036, wie die Rechtsmittelführerinnen geltend machen, rechtsfehlerhaft ist, ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs die Bestimmungen eines Unionsrechtsakts unter Berücksichtigung nicht nur ihres Wortlauts, sondern auch des Zusammenhangs, in dem sie stehen, und der mit der Regelung, zu der sie gehören, verfolgten Ziele auszulegen sind (Urteil vom 28. November 2024, Hengshi Egypt Fiberglass Fabrics und Jushi Egypt for Fiberglass Industry/Kommission, C‑269/23 P und C‑272/23 P, EU:C:2024:984, Rn. 69 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

46      Was als Erstes den Wortlaut der in Rede stehenden Bestimmungen betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 11 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 der Verordnung 2016/1036 „[e]ine Überprüfung bei Auslaufen der Maßnahme … eingeleitet [wird], wenn der Antrag genügend Beweise dafür enthält, dass das Dumping und die Schädigung bei einem Auslaufen der Maßnahmen wahrscheinlich anhalten oder erneut auftreten würden“.

47      Außerdem sieht Art. 11 Abs. 2 Unterabs. 4 Satz 2 der Verordnung 2016/1036 vor, dass die Unionshersteller bis spätestens drei Monate vor dem Außerkrafttreten der betreffenden Antidumpingmaßnahmen berechtigt sind, einen Antrag auf Überprüfung „gemäß Unterabsatz 2“ dieses Art. 11 Abs. 2 zu stellen.

48      Aus einer Zusammenschau der in den beiden vorstehenden Randnummern genannten Bestimmungen ergibt sich, dass die Kommission verpflichtet ist, Antidumpingmaßnahmen zu überprüfen, wenn ein Überprüfungsantrag zum einen gemäß Art. 11 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 der Verordnung 2016/1036 genügend Beweise dafür enthält, dass das Dumping und die Schädigung bei einem Auslaufen der betreffenden Antidumpingmaßnahmen wahrscheinlich anhalten oder erneut auftreten würden, und zum anderen spätestens drei Monate vor dem Außerkrafttreten dieser Maßnahmen gestellt wird.

49      Dagegen ergibt sich aus der Zusammenschau dieser Bestimmungen kein Erfordernis, das die Befugnisse der Kommission zur Vornahme einer solchen Überprüfung beschränkt.

50      Insbesondere lässt sich eine solche Beschränkung nicht unmittelbar aus der Angabe in Art. 11 Abs. 2 Unterabs. 4 der Verordnung 2016/1036 ableiten, wonach die Unionshersteller berechtigt sind, einen Antrag auf Überprüfung „gemäß Unterabsatz 2“ zu stellen, da in diesem Art. 11 Abs. 2 Unterabs. 2 lediglich eine Verpflichtung der Kommission zur Durchführung einer Überprüfung in bestimmten Situationen festgelegt ist und Beispiele für Beweise, die insoweit relevant sein können, angeführt sind.

51      Wie die Generalanwältin in Nr. 40 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, kann außerdem in Anbetracht dessen, dass das in Art. 11 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung 2016/1036 genannte Kriterium der Hinlänglichkeit der Beweise nur die Kommission zum Zeitpunkt des Erlasses einer Entscheidung über die Überprüfung bindet, der Verweis auf diese Bestimmung in Art. 11 Abs. 2 Unterabs. 4 dieser Verordnung nicht dahin verstanden werden, dass die Unionshersteller verpflichtet wären, solche Beweise innerhalb der gesetzlichen Frist vorzulegen.

52      Daraus folgt, dass der Wortlaut von Art. 11 Abs. 2 der Verordnung 2016/1036 entgegen den Feststellungen des Gerichts in den Rn. 65 bis 67 des angefochtenen Urteils nicht so verstanden werden kann, dass er die Richtigkeit des restriktiven Verständnisses der Befugnisse der Kommission, das das Gericht in diesem Urteil zugrunde gelegt hat, eindeutig belegt.

53      Was als Zweites den Zusammenhang betrifft, in den sich Art. 11 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 und Art. 11 Abs. 2 Unterabs. 4 Satz 2 der Verordnung 2016/1036 einfügen, sind, wie die Generalanwältin in den Nrn. 44 bis 50 ihrer Schlussanträge im Wesentlichen ausgeführt hat, Art. 11 Abs. 2 und Abs. 1 dieser Verordnung insgesamt zu berücksichtigen.

54      Nach Art. 11 Abs. 1 der Verordnung 2016/1036 darf eine Antidumpingmaßnahme nur so lange und in dem Umfang in Kraft bleiben, wie dies notwendig ist, um das schädigende Dumping unwirksam zu machen. Außerdem geht aus Art. 11 Abs. 2 Unterabs. 3 der Verordnung 2016/1036 hervor, dass in den Schlussfolgerungen einer von der Kommission durchgeführten Überprüfungsuntersuchung alle einschlägigen und ordnungsgemäß belegten Beweise gebührend berücksichtigt werden müssen, die im Zusammenhang mit der Frage vorgelegt werden, ob die Schädigung und das Dumping bei einem Auslaufen der betreffenden Antidumpingmaßnahmen wahrscheinlich anhalten oder erneut auftreten würden.

55      Aus einer Zusammenschau dieser beiden Bestimmungen ergibt sich, dass die Kommission während des Überprüfungsverfahrens alle in der vorstehenden Randnummer genannten Beweise berücksichtigen muss, ohne dass die Frist, innerhalb deren ihr diese Beweise zur Verfügung gestellt wurden, entscheidend wäre. Der Unionsgesetzgeber hat somit eine allgemeine Regel aufgestellt, die sicherstellen soll, dass das Ergebnis des Überprüfungsverfahrens mit dem in Art. 11 Abs. 1 der Verordnung 2016/1036 aufgestellten Grundsatz im Einklang steht. Wie die Generalanwältin in Nr. 49 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, würde die Tragweite dieser vom Unionsgesetzgeber getroffenen Entscheidung erheblich eingeschränkt, wenn man annähme, dass die Kommission in einer Vorphase des Überprüfungsverfahrens vielmehr verpflichtet wäre, die zur Verfügung gestellten Beweise auf der Grundlage eines rein zeitlichen Kriteriums unberücksichtigt zu lassen.

56      Nach Art. 11 Abs. 2 Unterabs. 1 Satz 2 der Verordnung 2016/1036 wird „[e]ine solche Überprüfung bei Auslaufen der Maßnahme … von der Kommission von Amts wegen oder auf einen von den Unionsherstellern oder in deren Namen gestellten Antrag hin eingeleitet, und die Maßnahme bleibt bis zum Abschluss dieser Überprüfung in Kraft“. Die Kommission ist somit befugt, eine Überprüfung von Antidumpingmaßnahmen unabhängig davon durchzuführen, ob ein Überprüfungsantrag von Unionsherstellern gestellt wurde, und zwar zu jedem beliebigen Zeitpunkt vor dem Außerkrafttreten dieser Maßnahmen. Folglich könnte die Annahme, dass die Kommission bei der Entscheidung über einen Überprüfungsantrag an die spätestens drei Monate vor dem Außerkrafttreten dieser Maßnahmen vorgelegten, in diesem Antrag enthaltenen Beweise gebunden ist, sie dazu zwingen, den Antrag abzulehnen, wenn sie über neuere Beweise verfügt, während sie immer noch beschließen kann, von Amts wegen eine Überprüfung durchzuführen. Ein solches Ergebnis könnte die Wirksamkeit der durchgeführten Verfahren beeinträchtigen, ohne jedoch deren Ausgang zu ändern.

57      Was als Drittes das Ziel der Verordnung 2016/1036 betrifft, ist festzustellen, dass nach Art. 1 („Grundsätze“) Abs. 1 dieser Verordnung „[e]in Antidumpingzoll … auf jede Ware eingeführt werden [kann], die Gegenstand eines Dumpings ist und deren Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr in der Union eine Schädigung verursacht“. Die Fähigkeit der Kommission, die vollständige Erreichung dieses Ziels sicherzustellen, würde jedoch beeinträchtigt, wenn sie, wie das Gericht im angefochtenen Urteil festgestellt hat, bei der Entscheidung, ob eine Überprüfung von Antidumpingmaßnahmen vorzunehmen ist, vor dem Außerkrafttreten dieser Maßnahmen nicht alle Beweise für die Frage berücksichtigen könnte, ob die Schädigung und das Dumping bei einem Auslaufen dieser Maßnahmen wahrscheinlich anhalten oder erneut auftreten würden.

58      Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass Art. 11 Abs. 2 Unterabs. 4 Satz 2 der Verordnung 2016/1036 – entgegen den Ausführungen des Gerichts in Rn. 70 des angefochtenen Urteils und wie die Kommission geltend macht – nicht darauf abzielt, es den Marktteilnehmern zu ermöglichen, rechtzeitig zu erfahren, ob die Antidumpingmaßnahmen voraussichtlich aufrechterhalten werden. Zum einen wird, wie die Kommission in ihrer Rechtsmittelschrift hervorhebt, ein Überprüfungsantrag vor der Veröffentlichung der Bekanntmachung über die Einleitung der Überprüfungsuntersuchung im Amtsblatt der Europäischen Union keiner interessierten Partei übermittelt. Zum anderen ist die Kommission – wie oben in Rn. 56 festgestellt – befugt, eine Überprüfung von Antidumpingmaßnahmen unabhängig davon durchzuführen, ob ein Überprüfungsantrag von Unionsherstellern gestellt wurde, und zwar zu jedem beliebigen Zeitpunkt vor dem Außerkrafttreten dieser Maßnahmen.

59      Dagegen ist unstreitig, dass das Gericht in Rn. 70 des angefochtenen Urteils zu Recht festgestellt hat, dass die in Art. 11 Abs. 2 Unterabs. 4 Satz 2 der Verordnung 2016/1036 vorgesehene gesetzliche Frist für die Stellung eines Überprüfungsantrags u. a. zum Ziel hat, der Kommission einen angemessenen Zeitrahmen zu verschaffen, um die in diesem Antrag enthaltenen Beweise zu bewerten, und es ihr zu ermöglichen, sich zu vergewissern, dass die Beweise ausreichen und relevant sind, um zu verhindern, dass eine Antidumpingmaßnahme zu Unrecht über die vorgeschriebene Zeit hinaus aufrechterhalten wird.

60      Die Befugnis der Kommission, weniger als drei Monate vor dem Auslaufen von Antidumpingmaßnahmen ergänzende Beweise zu sammeln oder anzufordern, wenn sie dies für angebracht hält, ist jedoch nicht geeignet, die Erreichung des in der vorstehenden Randnummer dargelegten Ziels von Art. 11 Abs. 2 Unterabs. 4 Satz 2 der Verordnung 2016/1036 zu beeinträchtigen, da das Bestehen einer solchen Befugnis nicht bedeutet, dass dem Steller eines Antrags auf Überprüfung das Recht zuerkannt würde, seinen Antrag nach Ablauf der gesetzlichen Frist von sich aus zu ergänzen oder einen solchen Antrag nach Ablauf dieser Frist einzureichen. Somit ist das Gericht in Rn. 77 des angefochtenen Urteils zu Unrecht davon ausgegangen, dass dieser Bestimmung bei ihrer von der Kommission der streitigen Verordnung zugrunde gelegten Auslegung insofern ihr Sinn genommen würde, als die darin vorgesehene rechtliche Verpflichtung gegenstandslos würde.

61      Aus dem Vorstehenden ergibt sich, ohne dass zu den Befugnissen Stellung genommen zu werden braucht, die die Kommission möglicherweise aus Art. 5 der Verordnung 2016/1036 herleiten könnte, dass Art. 11 Abs. 2 dieser Verordnung dahin auszulegen ist, dass die Kommission Beweise berücksichtigen darf, die Unionshersteller in dem Zeitraum von drei Monaten vor dem Außerkrafttreten der Antidumpingmaßnahmen auf ihr Ersuchen hin vorgelegt haben, um zu entscheiden, ob eine Überprüfung dieser Antidumpingmaßnahmen einzuleiten ist.

62      Daher hat das Gericht einen Rechtsfehler begangen, als es in Rn. 104 des angefochtenen Urteils entschieden hat, dass die Kommission einen Rechtsfehler begangen habe, als sie im 20. Erwägungsgrund der streitigen Verordnung festgestellt habe, dass es irrelevant sei, dass der ursprüngliche Überprüfungsantrag durch zusätzliche Informationen ergänzt worden sei, und dass die Einleitung der Überprüfung auf der Grundlage des konsolidierten Überprüfungsantrags habe gerechtfertigt werden können.

63      Nach alledem ist dem ersten und dem zweiten Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑554/23 P sowie dem ersten Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑568/23 P stattzugeben. Da der Rechtsfehler des Gerichts bei der Auslegung von Art. 11 Abs. 2 der Verordnung 2016/1036 ausreicht, um dem Tenor des angefochtenen Urteils die Grundlage zu nehmen, ist dieses Urteil aufzuheben, ohne dass der dritte und der vierte Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑554/23 P sowie der zweite Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑568/23 P geprüft zu werden brauchen.

 Zur Klage vor dem Gericht

64      Nach Art. 61 Abs. 1 Satz 2 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union kann der Gerichtshof im Fall der Aufhebung der Entscheidung des Gerichts den Rechtsstreit selbst endgültig entscheiden, wenn dieser zur Entscheidung reif ist.

65      Dies ist vorliegend nicht der Fall.

66      Das Gericht hat sich nicht mit der im Rahmen des ersten Klagegrundes erhobenen Rüge auseinandergesetzt, wonach die Kommission in der streitigen Verordnung zu Unrecht angenommen habe, dass der konsolidierte Überprüfungsantrag genügend Beweise dafür enthalten habe, dass das Dumping bei einem Auslaufen der betreffenden Antidumpingmaßnahmen wahrscheinlich anhalten würde.

67      Da die Prüfung dieser Rüge komplexe Tatsachenwürdigungen erfordert, für die der Gerichtshof nicht über die erforderlichen tatsächlichen Angaben verfügt, ist der Rechtsstreit nicht zur Entscheidung reif, so dass die Sache an das Gericht zurückzuverweisen ist.

 Kosten

68      Da die Sache an das Gericht zurückverwiesen wird, ist die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens vorzubehalten.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1.      Das Urteil des Gerichts der Europäischen Union vom 5. Juli 2023, Nevinnomysskiy Azot und NAK „Azot“/Kommission (T126/21, EU:T:2023:376), wird aufgehoben.

2.      Die Sache wird an das Gericht der Europäischen Union zurückverwiesen.

3.      Die Kostenentscheidung bleibt vorbehalten.

Unterschriften



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