C-546/23 P – UG/ Kommission

C-546/23 P – UG/ Kommission

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Language of document : ECLI:EU:C:2024:975

Vorläufige Fassung

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Siebte Kammer)

21. November 2024(*)

Inhaltsverzeichnis

I. Rechtlicher Rahmen

A. Statut

B. BBSB

C. Rahmenvereinbarung

D. Richtlinie 2002/14/EG

II. Vorgeschichte des Rechtsstreits

III. Verfahren vor dem Gericht nach Zurückverweisung und angefochtenes Urteil

IV. Anträge der Parteien des Rechtsmittelverfahrens

V. Zum Rechtsmittel

A. Zum ersten Rechtsmittelgrund

1. Vorbringen der Parteien

2. Würdigung durch den Gerichtshof

a) Zur Zulässigkeit

b) Zur Begründetheit

B. Zum zweiten Rechtsmittelgrund

1. Vorbringen der Parteien

2. Würdigung durch den Gerichtshof

a) Zur Zulässigkeit

b) Zur Begründetheit

C. Zum dritten Rechtsmittelgrund

1. Vorbringen der Parteien

2. Würdigung durch den Gerichtshof

a) Zur Zulässigkeit

b) Zur Begründetheit

1) Zum ersten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes

2) Zum zweiten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes

3) Zum dritten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes

4) Zum vierten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes

5) Zum fünften Teil des dritten Rechtsmittelgrundes

D. Zum vierten Rechtsmittelgrund

1. Vorbringen der Parteien

2. Würdigung durch den Gerichtshof

E. Zum Schadensersatzantrag

1. Vorbringen der Parteien

2. Würdigung durch den Gerichtshof

Kosten

„ Rechtsmittel – Öffentlicher Dienst – Vertragsbedienstete – Vertrag auf unbestimmte Dauer – Kündigung des Vertrags – Art. 47 Buchst. c Ziff. i der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Union – Unzulängliche fachliche Leistungen – Nicht mit dem dienstlichen Interesse vereinbare dienstliche Führung und Arbeitsauffassung – Begründungspflicht – Anspruch auf rechtliches Gehör – Anspruch auf Elternurlaub – Art. 42a des Statuts der Beamten der Europäischen Union “

In der Rechtssache C‑546/23 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 29. August 2023,

UG, vertreten durch M. Richard, Avocat,

Rechtsmittelführerin,

andere Partei des Verfahrens:

Europäische Kommission, zunächst vertreten durch I. Melo Sampaio und A. Sauka als Bevollmächtigte, dann durch A. Sauka als Bevollmächtigten,

Beklagte im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Siebte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten der Ersten Kammer F. Biltgen in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Siebten Kammer, der Präsidentin der Fünften Kammer M. L. Arastey Sahún (Berichterstatterin) und des Richters J. Passer,

Generalanwalt: P. Pikamäe,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1        Mit ihrem Rechtsmittel begehrt UG die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 21. Juni 2023, UG/Kommission (T‑571/17 RENV, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2023:351), mit dem ihre Klage auf Aufhebung der Entscheidung der Europäischen Kommission vom 17. Oktober 2016, mit der ihr Vertrag als Vertragsbedienstete gekündigt wurde (im Folgenden: streitige Entscheidung), und auf Ersatz des materiellen und immateriellen Schadens, der ihr dadurch entstanden sein soll, abgewiesen wurde.

I.      Rechtlicher Rahmen

A.      Statut

2        Art. 42a des Statuts der Beamten der Europäischen Union in der im vorliegenden Fall anwendbaren Fassung (im Folgenden: Statut) bestimmt:

„Ein Beamter hat für jedes Kind Anspruch auf höchstens sechs Monate Elternurlaub ohne Grundgehalt, der in den ersten zwölf Jahren nach der Geburt oder der Adoption des Kindes zu nehmen ist. …“

3        Art. 47 des Statuts bestimmt:

„Der Beamte scheidet endgültig aus dem Dienst aus durch:

d)      Entlassung wegen unzulänglicher fachlicher Leistungen

…“

4        Art. 51 des Statuts bestimmt:

„(1)      Die Anstellungsbehörde eines jeden Organs legt Verfahren fest, um Fälle unzulänglicher fachlicher Leistungen frühzeitig und in geeigneter Weise zu erkennen, zu behandeln und zu beheben.

Bei der Verabschiedung interner Bestimmungen erfüllt die Anstellungsbehörde eines jeden Organs folgende Anforderungen:

a)      Ein Beamter, der auf der Grundlage von drei aufeinanderfolgenden unzulänglichen jährlichen Beurteilungen nach Artikel 43 weiterhin keine Verbesserung seiner beruflichen Leistungen zeigt, wird um eine Besoldungsgruppe zurückgestuft. Zeigen die nächsten beiden jährlichen Beurteilungen weiterhin unzulängliche Leistungen, so wird der Beamte entlassen;

b)      in einem Vorschlag, einen Beamten in eine niedrigere Besoldungsgruppe einzustufen oder zu entlassen, müssen die dafür maßgebenden Gründe dargelegt werden, und der Vorschlag ist dem Beamten mitzuteilen. Der Vorschlag der Anstellungsbehörde ist dem Paritätischen Beratenden Ausschuss nach Artikel 9 Absatz 6 vorzulegen.

(2)      Der Beamte ist berechtigt, seine vollständige Personalakte einzusehen und von allen Verfahrensunterlagen Abschrift zu nehmen. Zur Vorbereitung seiner Verteidigung steht dem Beamten vom Zeitpunkt des Erhalts des Vorschlags an eine Frist von mindestens 15, höchstens jedoch 30 Tagen zur Verfügung. Er kann sich eines Beistands seiner Wahl bedienen. Der Beamte hat das Recht, sich schriftlich zu äußern. Er wird vom Paritätischen Beratenden Ausschuss gehört. Der Beamte kann auch Zeugen benennen.

…“

5        Art. 60 des Statuts bestimmt:

„Der Beamte darf dem Dienst außer bei Krankheit oder Unfall nicht ohne vorherige Zustimmung seines Vorgesetzten fernbleiben. Unbeschadet der etwaigen disziplinarrechtlichen Folgen wird jedes unbefugte Fernbleiben vom Dienst, das ordnungsgemäß festgestellt worden ist, auf den Jahresurlaub des Beamten angerechnet. Ist der Jahresurlaub des Beamten verbraucht, so verwirkt er für die entsprechende Zeit den Anspruch auf seine Dienstbezüge.

…“

6        Art. 1 Abs. 6 des Anhangs II des Statuts bestimmt:

„Die Tätigkeit der Mitglieder der Personalvertretung und der Beamten, die nach Bestellung durch die Personalvertretung in einer auf Grund des Statuts oder von dem Organ geschaffenen Einrichtung einen Sitz haben, gilt als Teil des Dienstes, den sie bei ihrem Organ zu leisten haben. Dem Betreffenden darf aus der Ausübung dieser Tätigkeit kein Nachteil erwachsen.“

7        Art. 9 Abs. 1 Buchst. h des Anhangs IX des Statuts bestimmt:

„Die Anstellungsbehörde kann eine der folgenden Strafen verhängen:

h)      Entfernung aus dem Dienst, gegebenenfalls unter zeitweiliger Kürzung des Ruhegehalts oder unter Einbehaltung eines Teilbetrags des Invalidengeldes während eines bestimmten Zeitraums, wobei sich die Auswirkungen dieser Strafe nicht auf die dem Beamten gegenüber anspruchsberechtigten Personen erstrecken dürfen. Bei einer solchen Kürzung dürfen jedoch die Bezüge des ehemaligen Beamten das in Anhang VIII Artikel 6 vorgesehene Existenzminimum zuzüglich etwaiger Familienzulagen nicht unterschreiten.“

B.      BBSB

8        Art. 47 der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Union in der im vorliegenden Fall anwendbaren Fassung (im Folgenden: BBSB) bestimmt:

„Das Beschäftigungsverhältnis des Bediensteten auf Zeit endet, außer im Fall des Todes,

c)      bei Verträgen auf unbestimmte Dauer:

i)      nach Ablauf der im Vertrag vorgesehenen Kündigungsfrist; die Kündigungsfrist darf nicht weniger als einen Monat je abgeleistetem Dienstjahr betragen; sie beträgt mindestens drei Monate und höchstens zehn Monate. Die Kündigungsfrist darf jedoch nicht während einer durch ein ärztliches Attest bestätigten Schwangerschaft, während eines Mutterschaftsurlaubs oder während eines Krankheitsurlaubs, soweit dieser Krankheitsurlaub einen Zeitraum von drei Monaten nicht überschreitet, beginnen. Außerdem wird die Kündigungsfrist während einer durch ein ärztliches Attest bestätigten Schwangerschaft, des Mutterschaftsurlaubs oder des Krankheitsurlaubs in den genannten Grenzen ausgesetzt.

…“

C.      Rahmenvereinbarung

9        Paragraf 5 Abs. 4 der am 18. Juni 2009 geschlossenen Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub (überarbeitete Fassung) im Anhang der Richtlinie 2010/18/EU des Rates vom 8. März 2010 zur Durchführung der von BUSINESSEUROPE, UEAPME, CEEP und EGB geschlossenen überarbeiteten Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub und zur Aufhebung der Richtlinie 96/34/EG (ABl. 2010, L 68, S. 13) (im Folgenden: Rahmenvereinbarung) bestimmte:

„Um sicherzustellen, dass die Arbeitnehmer ihr Recht auf Elternurlaub wahrnehmen können, treffen die Mitgliedstaaten und/oder die Sozialpartner nach den nationalen Rechtsvorschriften, Tarifverträgen und/oder Gepflogenheiten die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz der Arbeitnehmer gegen Benachteiligung oder Kündigung aufgrund der Beantragung oder Inanspruchnahme des Elternurlaubs.“

D.      Richtlinie 2002/14/EG

10      Art. 7 der Richtlinie 2002/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2002 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in der Europäischen Gemeinschaft (ABl. 2002, L 80, S. 29) bestimmt:

„Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass die Arbeitnehmervertreter bei der Ausübung ihrer Funktion einen ausreichenden Schutz und ausreichende Sicherheiten genießen, die es ihnen ermöglichen, die ihnen übertragenen Aufgaben in angemessener Weise wahrzunehmen.“

II.    Vorgeschichte des Rechtsstreits

11      Die Vorgeschichte des Rechtsstreits ist teilweise in den Rn. 2 bis 19 des angefochtenen Urteils dargestellt. Für das Rechtsmittelverfahren lässt sie sich wie folgt zusammenfassen.

12      UG wurde vom Amt für Gebäude, Anlagen und Logistik – Luxemburg (OIL) der Kommission am 20. März 2007 gemäß Art. 3a Buchst. a BBSB auf bestimmte Dauer (1. April 2007 bis 31. März 2009) als Vertragsbedienstete eingestellt, und zwar für die Tätigkeit als Erzieherin im Centre Polyvalent de l’Enfance.

13      Ihr Vertrag wurde am 25. Februar 2009 bis zum 31. März 2010 verlängert.

14      Am 5. Februar 2010 wurde der Vertrag mit Wirkung ab dem 1. April 2010 auf unbestimmte Dauer verlängert.

15      Vom 16. November 2011 bis zum 1. April 2014 war UG wegen der Ausübung eines gewerkschaftlichen Amts in Teilzeit (50 %) in Höhe von 50 % der Arbeitszeit von ihrem Dienst als Erzieherin freigestellt.

16      UG wurde am 13. Mai 2014 in die Sektion Luxemburg (Luxemburg) der Personalvertretung gewählt und als Mitglied der zentralen Personalvertretung in Brüssel (Belgien) bestimmt (im Folgenden zusammen: Personalvertretungen).

17      Am 8. April 2016 erstellte die zum Abschluss von Dienstverträgen ermächtigte Behörde für UG die Beurteilung für das Jahr 2015 (im Folgenden: Beurteilung 2015), in der festgestellt wurde, dass deren Leistungen in dem Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2015 insgesamt ungenügend gewesen seien.

18      Vom 15. Juli 2016 bis zum 14. November 2016 befand sich UG auf ihren Wunsch hin in Elternurlaub.

19      Mit Schreiben vom 8. September 2016 (im Folgenden: Schreiben vom 8. September 2016) teilte die zum Abschluss von Dienstverträgen ermächtigte Behörde UG mit, dass sie beabsichtige, deren Vertrag wegen ungenügender Leistungen und nicht zufriedenstellender dienstlicher Führung seit 2013 gemäß Art. 47 BBSB zu kündigen.

20      In ihrem Schreiben vom 30. September 2016 ließ UG die Gründe, die die zum Abschluss von Dienstverträgen ermächtigte Behörde in dem Schreiben vom 8. September 2016 angegeben hatte, nicht gelten.

21      Am 17. Oktober 2016 erließ die zum Abschluss von Dienstverträgen ermächtigte Behörde die streitige Entscheidung, mit der sie den Vertrag von UG gemäß Art. 47 Buchst. c BBSB kündigte, und zwar – wegen der Kündigungsfrist von neun Monaten ab dem 1. November 2016 – mit Wirkung zum 31. Juli 2017.

22      Am 29. November 2016 stellte die zum Abschluss von Dienstverträgen ermächtigte Behörde dann fest, dass die Kündigungsfrist am 21. November 2016 zu laufen begonnen habe und das Vertragsverhältnis am 20. August 2017 enden werde.

23      Der Elternurlaub von UG wurde, wie von ihr mit einem Schreiben vom 16. Dezember 2016 beantragt, bis zum 20. August 2017 verlängert.

24      Am 17. Januar 2017 legte UG gegen die streitige Entscheidung gemäß Art. 90 Abs. 2 des Statuts Beschwerde ein.

25      Diese wurde von der zum Abschluss von Dienstverträgen ermächtigten Behörde am 18. Mai 2017 zurückgewiesen.

26      Mit Klageschrift, die am 22. August 2017 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob UG Klage auf Aufhebung der streitigen Entscheidung und Ersatz des ihr durch diese entstandenen materiellen und immateriellen Schadens.

27      Mit Urteil vom 2. April 2020, UG/Kommission (T‑571/17, im Folgenden: erstes Urteil, EU:T:2020:141), hob das Gericht die streitige Entscheidung auf, forderte die Parteien auf, ihm binnen drei Monaten entweder den einvernehmlich festgelegten Betrag der finanziellen Entschädigung für die Rechtswidrigkeit der streitigen Entscheidung oder, falls keine Einigung erzielt werden könne, ihre bezifferten Anträge in Bezug auf diesen Betrag mitzuteilen, wies die Klage im Übrigen ab und behielt sich die Kostenentscheidung vor.

28      Mit Beschluss vom 13. November 2020, UG/Kommission (T‑571/17, EU:T:2020:553), stellte das Gericht fest, dass das Verfahren betreffend die finanzielle Entschädigung im Zusammenhang mit der streitigen Entscheidung erledigt sei, und erlegte der Kommission neben ihren eigenen Kosten die Hälfte der Kosten von UG und UG die Hälfte ihrer eigenen Kosten auf.

29      Mit Urteil vom 25. November 2021, Kommission/UG (C‑249/20 P, im Folgenden: Rechtsmittelurteil, EU:C:2021:964), hob der Gerichtshof das erste Urteil des Gerichts insoweit auf, als die streitige Entscheidung aufgehoben, ein die Haftung der Kommission begründender Rechtsverstoß festgestellt und der auf Ersatz des immateriellen Schadens gerichtete Antrag von UG als unzulässig zurückgewiesen wurde.

30      Der Gerichtshof stellte fest, dass das Gericht, indem es in den Rn. 64, 70 und 71 seines ersten Urteils angenommen habe, dass die zum Abschluss von Dienstverträgen ermächtigte Behörde UG in dem Schreiben vom 8. September 2016 vorgeworfen habe, innerhalb einer Frist von drei Monaten die Ziele nicht erreicht zu haben, die in der Beurteilung 2015 für sie festgesetzt worden seien, den Inhalt dieses Schreibens offensichtlich verfälscht habe (Rechtsmittelurteil, Rn. 27).

31      Die Aufgaben, mit denen UG betraut worden sei, seien, wie sich aus den Rn. 70 und 71 des ersten Urteils des Gerichts ergebe, zwar auf eine gewisse Dauer angelegt gewesen und auch so beschrieben worden. Das Gericht habe aber nicht begründet, warum es angenommen habe, dass es nicht sinnvoll gewesen sei, von UG zu verlangen, dass sie innerhalb von drei Monaten eine Liste mit pädagogischen Maßnahmen erstelle (Rechtsmittelurteil, Rn. 38).

32      Der Gerichtshof gelangte deshalb zu dem Schluss, dass das Gericht seiner Begründungspflicht nicht nachgekommen sei. Aus den Entscheidungsgründen des ersten Urteils des Gerichts gehe nämlich nicht hervor, auch nicht mittelbar, warum es angenommen habe, dass die Frist von drei Monaten, die UG gewährt worden sei, um die Liste mit den pädagogischen Maßnahmen zu erstellen, zu kurz gewesen sei (Rechtsmittelurteil, Rn. 39).

33      Der Gerichtshof verwies die Sache daher an das Gericht zurück und behielt sich die Kostenentscheidung vor.

III. Verfahren vor dem Gericht nach Zurückverweisung und angefochtenes Urteil

34      UG machte in Bezug auf ihren Antrag auf Aufhebung der streitigen Entscheidung (Rechtssache T‑571/17 RENV) im Wesentlichen sieben Klagegründe geltend. Sie rügte einen Begründungsmangel (erster Klagegrund), einen Verstoß gegen Art. 51 des Statuts und den Anspruch auf rechtliches Gehör (zweiter Klagegrund), Rechtsfehler in Bezug auf den Anspruch auf Elternurlaub und das Recht auf Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (dritter Klagegrund), mehrere offensichtliche Beurteilungsfehler und Fehler bei der Tatsachenfeststellung (vierter Klagegrund), einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (fünfter Klagegrund), einen Verstoß gegen das in Anhang IX des Statuts vorgesehene Disziplinarverfahren (sechster Klagegrund) und einen Missbrauch von Befugnissen (siebter Klagegrund).

35      Das Gericht wies diese Klagegründe allesamt als unbegründet zurück.

36      Außerdem entschied das Gericht über die Schadensersatzanträge von UG, nämlich, die Kommission zu verurteilen, an sie eine Entschädigung für die Gehälter, die sie seit dem Wirksamwerden der Kündigung ihres Vertrags nicht erhalten habe, und eine Entschädigung zur Wiedergutmachung des immateriellen Schadens, den sie wegen der erniedrigenden und diskriminierenden Behandlung erlitten habe, die sie wegen ihrer gewerkschaftlichen Tätigkeit und der Inanspruchnahme ihres Elternurlaubs erfahren habe, zu zahlen.

37      Das Gericht stellte insoweit fest, dass UG ihre Schadensersatzanträge nicht auf Rechtsverstöße stütze, die sich von denen unterschieden, auf die sie ihren Antrag auf Aufhebung der streitigen Entscheidung gestützt habe. Da der Antrag auf Aufhebung der streitigen Entscheidung als unbegründet zurückgewiesen wurde, entschied es deshalb, dass auch die Schadensersatzanträge zurückzuweisen seien, ohne dass über deren Zulässigkeit entschieden zu werden brauche.

38      Entsprechend wies das Gericht die Klage von UG in vollem Umfang ab.

IV.    Anträge der Parteien des Rechtsmittelverfahrens

39      Mit ihrem Rechtsmittel beantragt UG,

–        das angefochtene Urteil insoweit aufzuheben, als das Gericht angenommen habe, dass ihre Entlassung rechtmäßig sei und ihr ein Drittel der Kosten der Kommission auferlegt habe;

–        ihr 68 000 Euro als Ersatz des materiellen Schadens zuzusprechen und den Rechtsstreit insoweit selbst endgültig zu entscheiden;

–        ihr 40 000 als Ersatz des immateriellen Schadens zuzusprechen und den Rechtsstreit insoweit selbst endgültig zu entscheiden;

–        die Kommission zu verurteilen, ihr die vorbehaltlich einer Erhöhung vorläufig mit 10 000 Euro bezifferten Kosten und Rechtsanwaltskosten des Rechtsmittelverfahrens zu erstatten;

–        die Kommission zu verurteilen, ihr in Höhe von 30 000 Euro alle Kosten und Rechtsanwaltskosten zu erstatten, die im Zusammenhang mit dem Rechtsmittelverfahren entstanden sind.

40      Die Kommission beantragt,

–        das Rechtsmittel zurückzuweisen und

–        UG die Kosten aufzuerlegen.

V.      Zum Rechtsmittel

41      In Bezug auf ihren Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Urteils macht UG im Wesentlichen vier Rechtsmittelgründe geltend: Sie rügt eine Verletzung des Schutzes betreffend den Elternurlaub (erster Rechtsmittelgrund), eine Verletzung des Schutzes der Mitglieder der Personalvertretung (zweiter Rechtsmittelgrund), offensichtliche Beurteilungsfehler (dritter Rechtsmittelgrund) und einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (vierter Rechtsmittelgrund).

A.      Zum ersten Rechtsmittelgrund

1.      Vorbringen der Parteien

42      UG macht geltend, dass das Gericht in den Rn. 92 und 93 des angefochtenen Urteils zu Unrecht zwischen dem Erlass der Entlassungsentscheidung während des Elternurlaubs und dem Wirksamwerden der Entlassungsentscheidung während des Elternurlaubs unterschieden habe und daraus zu Unrecht gefolgert habe, dass der Erlass der streitigen Entscheidung während ihres Elternurlaubs keinen Verstoß gegen Art. 42a des Statuts in Verbindung mit den in Paragraf 5 Abs. 4 der Rahmenvereinbarung enthaltenen Mindestvorschriften darstelle.

43      Die streitige Entscheidung habe dazu geführt, dass sie ihre Tätigkeit nach dem Elternurlaub nicht mehr aufgenommen habe, was zeige, dass die Entlassung einer Person während des Elternurlaubs eine Verletzung des Schutzes gemäß Paragraf 5 Abs. 4 der Rahmenvereinbarung und der Verpflichtung des Arbeitgebers, den Bediensteten, der Elternurlaub nimmt, weiter zu beschäftigen, darstelle.

44      Die Art. 47 und 51 des Statuts, Art. 9 Abs. 1 Buchst. h des Anhangs IX des Statuts und Art. 47 BBSB seien in Einklang mit den Bestimmungen der Rahmenvereinbarung und Art. 33 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) auszulegen, und zwar dahin, dass sie einer Entlassung während der gesamten Dauer des Elternurlaubs entgegenstünden.

45      Abgesehen davon entspreche es nicht den Anforderungen des Schutzes gegen Entlassung während des Elternurlaubs, wenn unzulängliche fachliche Leistungen mit einer schweren Verletzung der Dienstpflichten gleichgesetzt würden, wie es das Gericht in Rn. 109 des angefochtenen Urteils getan habe.

46      Zu Rn. 112 des angefochtenen Urteils macht UG geltend, dass es äußerst selten vorkomme, dass der Arbeitgeber im Kündigungsschreiben angebe, dass zwischen der Kündigung und dem Elternurlaub ein Zusammenhang bestehe.

47      Da aus zahlreichen Schriftstücken, die sich in den Akten befänden, hervorgehe, dass ihr Elternurlaub der wirkliche Grund für ihre Entlassung gewesen sei, habe das Gericht in Rn. 144 des angefochtenen Urteils zu Unrecht angenommen, dass die in Rn. 142 des angefochtenen Urteils festgestellte Rechtswidrigkeit für sich allein nicht zur Aufhebung der streitigen Entscheidung führen könne.

48      Im vorliegenden Fall habe die Kommission mit ihrer Entlassung ihre Befugnisse missbraucht. Sie habe sie unter dem Vorwand einer Entlassung wegen unzulänglicher fachlicher Leistungen nämlich in Wirklichkeit dafür bestraft, zu einer Zeit Elternurlaub genommen zu haben, die ihr nicht gepasst habe.

49      Die streitige Entscheidung stelle daher eine Diskriminierung im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme von Elternurlaub dar, die gegen Art. 14 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden: EMRK) in Verbindung mit deren Art. 8 und Art. 1 des am 4. November 2000 in Rom unterzeichneten Protokolls Nr. 12 zur EMRK verstoße.

50      Die Kommission meint, der erste Rechtsmittelgrund sei unzulässig, weil UG mit ihm eine neue Gesamtbeurteilung der Rechtssache erreichen wolle. Jedenfalls sei der erste Rechtsmittelgrund unbegründet.

2.      Würdigung durch den Gerichtshof

a)      Zur Zulässigkeit

51      Zu der Einrede der Unzulässigkeit, die die Kommission in Bezug auf den ersten Rechtsmittelgrund erhebt, ist festzustellen, dass sich aus Art. 256 AEUV, Art. 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und Art. 168 Abs. 1 Buchst. d und Art. 169 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs ergibt, dass in der Rechtsmittelschrift die beanstandeten Teile des Urteils oder Beschlusses, dessen Aufhebung beantragt wird, sowie die konkreten rechtlichen Argumente, die diesen Antrag stützen, genau bezeichnet werden müssen. Ein Rechtsmittel, das nur die bereits vor dem Gericht geltend gemachten Klagegründe und Argumente wörtlich wiedergibt, genügt diesem Erfordernis nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht. Ein solches Rechtsmittel zielt nämlich in Wirklichkeit nur auf eine erneute Prüfung der beim Gericht eingereichten Klage ab, was nicht in die Zuständigkeit des Gerichtshofs fällt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Juli 2024, Thunus u. a./EIB, C‑561/23 P, EU:C:2024:603, Rn. 22 und 23 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

52      Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass UG mit dem ersten Rechtsmittelgrund im Wesentlichen Rechtsfehler rügt, die dem Gericht unterlaufen sein sollen. Sie bezeichnet insoweit mehrfach die beanstandeten Teile des angefochtenen Urteils sowie die konkreten rechtlichen Argumente, die den Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Urteils stützen.

53      Der erste Rechtsmittelgrund ist mithin nicht unzulässig.

b)      Zur Begründetheit

54      In den Rn. 90 bis 114 des angefochtenen Urteils hat das Gericht geprüft, ob das Vorbringen von UG, dass die Kommission dadurch, dass sie sie während ihres Elternurlaubs entlassen habe, gegen Art. 42a des Statuts in Verbindung mit den in Paragraf 5 Abs. 4 der Rahmenvereinbarung enthaltenen Mindestvorschriften verstoßen habe, begründet ist.

55      Insoweit hat das Gericht entschieden, dass es der zuständigen Behörde nach Art. 42a des Statuts nicht verwehrt sei, einen Beamten zu entlassen oder den Arbeitsvertrag eines Vertragsbediensteten oder eines Bediensteten auf Zeit zu kündigen, der sich zum Zeitpunkt der Kündigung in Elternurlaub befinde und nach dessen Ablauf grundsätzlich auf seinen Dienstposten oder zu seinen Aufgaben zurückkehren sollte (angefochtenes Urteil, Rn. 97 bis 112).

56      Zu Paragraf 5 Abs. 4 der Rahmenvereinbarung, auf den sich UG beruft, hat das Gericht festgestellt, dass dieser Paragraf, um sicherzustellen, dass die Arbeitnehmer ihr Recht auf Elternurlaub tatsächlich wahrnehmen könnten, vorschreibe, die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz der Arbeitnehmer gegen Benachteiligungen oder Entlassungen zu treffen, die auf einem Antrag auf Elternurlaub oder auf dessen Inanspruchnahme beruhten (angefochtenes Urteil, Rn. 111). Es hat sich insoweit auf das Urteil vom 27. Februar 2014, Lyreco Belgium (C‑588/12, EU:C:2014:99, Rn. 34) bezogen.

57      Entsprechend hat das Gericht entschieden, dass mit Paragraf 5 Abs. 4 der Rahmenvereinbarung weder bezweckt noch bewirkt werde, es einem Arbeitgeber zu verwehren, über die Entlassung eines im Elternurlaub befindlichen Arbeitnehmers zu entscheiden, sofern die Entlassung nicht mit dem Antrag auf Elternurlaub oder dessen Inanspruchnahme begründet werde und die übrigen im anwendbaren Recht oder der einschlägigen Regelung vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt seien (angefochtenes Urteil, Rn. 112).

58      Zu Art. 47 BBSB hat das Gericht festgestellt, dass diese Bestimmung keine Vorbehalte oder Ausnahmen vorsehe, die an die Versetzung des betreffenden Bediensteten in Elternurlaub anknüpften (angefochtenes Urteil, Rn. 101).

59      In den Rn. 115 bis 146 des angefochtenen Urteils ist das Gericht auf das Vorbringen von UG eingegangen, dass der streitige Beschluss wegen ihrer Beantragung von Elternurlaub gegen Art. 42a des Statuts in Verbindung mit den in Paragraf 5 Abs. 4 der Rahmenvereinbarung enthaltenen Mindestvorschriften verstoße.

60      Das Gericht hat hierzu ausgeführt, dass es der zuständigen Behörde nach Art. 42a des Statuts in Verbindung mit den in Paragraf 5 Abs. 4 der Rahmenvereinbarung enthaltenen Mindestvorschriften verwehrt sei, einen Beamten oder sonstigen Bediensteten aufgrund der Beantragung von Elternurlaub wegen unzulänglicher fachlicher Leistungen zu entlassen, insbesondere wenn dies auf Gründen beruhe, die mit den beantragten Anfangs- und Enddaten oder der beantragten Dauer des Elternurlaubs zusammenhingen (angefochtenes Urteil, Rn. 122).

61      Das Gericht hat angenommen, dass es der zum Abschluss von Dienstverträgen ermächtigten Behörde zwar freigestanden habe, den Antrag von UG auf Elternurlaub mit der Begründung abzulehnen, dass die für die Dauer dieses Urlaubs vorgesehenen Daten mit den dienstlichen Erfordernissen unvereinbar seien, sie mit ihrer Berufung auf die beantragten Daten des Elternurlaubs als einen der Gründe für die Entlassung wegen unzulänglicher fachlicher Leistungen aber gegen Art. 42a des Statuts in Verbindung mit den in Paragraf 5 Abs. 4 der Rahmenvereinbarung enthaltenen Mindestvorschriften verstoßen habe (angefochtenes Urteil, Rn. 142).

62      Das Gericht hat festgestellt, dass die streitige Entscheidung aus diesem Grund rechtswidrig sei und im vorliegenden Fall die Feststellung, dass die fachlichen Leistungen von UG insgesamt unzulänglich seien, auf mehreren Gründen beruhe, die sich von dem Grund unterschieden, der sich auf die von UG in ihrem Antrag auf Elternurlaub gewählten Daten beziehe (angefochtenes Urteil, Rn. 144 bis 146). Es ist deshalb zu dem Schluss gelangt, dass die festgestellte Rechtswidrigkeit für sich allein nicht zur Aufhebung der streitigen Entscheidung führen könne.

63      Mit dem ersten Rechtsmittelgrund hat UG nicht dargetan, dass die oben in den Rn. 53 bis 61 dargestellten Erwägungen rechtsfehlerhaft wären.

64      Das Urteil vom 27. Februar 2014, Lyreco Belgium (C‑588/12, EU:C:2014:99), auf das das Gericht seine Erwägungen gestützt hat, kann nicht dahin verstanden werden, dass es nach ihm absolut verboten wäre, einen Arbeitnehmer, der sich im Elternurlaub befindet, zu entlassen. Es ist vielmehr dahin zu verstehen, dass es nach ihm verboten ist, einen solchen Arbeitnehmer ohne schwerwiegenden oder ausreichenden Grund zu entlassen. Verboten ist nach dem genannten Urteil mithin die Entlassung wegen der Beantragung oder der Inanspruchnahme von Elternurlaub.

65      Im Übrigen hat der Gerichtshof in dem Urteil vom 20. Juni 2013, Riežniece (C‑7/12, EU:C:2013:410, Rn. 34 und 35), entschieden, dass Arbeitnehmer nach Paragraf 2 Nr. 4 der am 14. Dezember 1995 geschlossenen Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub im Anhang der Richtlinie 96/34 des Rates vom 3. Juni 1996 zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Elternurlaub (ABl. L 145, S. 4) in der durch die Richtlinie 97/75/EG des Rates vom 15. Dezember 1997 (ABl. 1998, L 10, S. 24) geänderten Fassung gegen Entlassungen geschützt sein mussten, die auf einem Antrag auf Elternurlaub oder auf der Inanspruchnahme des Elternurlaubs „beruhten“, und es einem Arbeitgeber nicht verboten war, einen Arbeitnehmer, der Elternurlaub in Anspruch genommen hat, zu entlassen, wenn diese Entlassung nicht wegen des Antrags auf Elternurlaub oder der Inanspruchnahme des Elternurlaubs erfolgte.

66      Im vorliegenden Fall beruht die Feststellung, dass die fachlichen Leistungen von UG insgesamt unzulänglich seien, aber auf mehreren Gründen, die sich von dem Grund unterscheiden, der sich auf die von ihr in ihrem Antrag auf Elternurlaub gewählten Daten bezieht (siehe oben, Rn. 62).

67      Zu dem Vorbringen von UG, dass aus zahlreichen Schriftstücken, die sich in den Akten befänden, hervorgehe, dass ihr Elternurlaub der wirkliche Grund für ihre Entlassung gewesen sei, und das Gericht dies außer Acht gelassen habe, ist festzustellen, dass es UG damit in Wirklichkeit darum geht, die erneute Prüfung von Tatsachenvorbringen aus dem Verfahren vor dem Gericht zu erreichen. Nach der oben in Rn. 51 dargestellten Rechtsprechung ist ihr Vorbringen daher als unzulässig zurückzuweisen.

68      Der erste Rechtsmittelgrund ist somit als teils unbegründet, teils unzulässig zurückzuweisen.

B.      Zum zweiten Rechtsmittelgrund

1.      Vorbringen der Parteien

69      Mit dem zweiten Rechtsmittelgrund macht UG geltend, dass das Gericht in den Rn. 165 und 168 des angefochtenen Urteils zu Unrecht angenommen habe, dass die streitige Entscheidung nicht allein darauf beruhe, dass sie Mitglied der zentralen Personalvertretung in Brüssel und der Sektion Luxemburg der Personalvertretung gewesen sei, gleichzeitig aber einräume, dass die zum Abschluss von Dienstverträgen ermächtigte Behörde ihr in der Begründung der streitigen Entscheidung vorgeworfen habe, in den Jahren 2014 und 2016 bei der Planung ihrer Tätigkeiten als Mitglied der Personalvertretung das dienstliche Interesse nicht berücksichtigt zu haben.

70      Eine Kündigung lediglich dann nicht gelten zu lassen, wenn sie ausdrücklich mit der Eigenschaft als Mitglied der Personalvertretung begründet sei, würde letztlich den Mindestvorschriften in Art. 7 der Richtlinie 2002/14 ihre praktische Wirksamkeit und dem Schutz der Mitglieder der Personalvertretung gegen Entlassung wegen ihrer Aufgaben als Mitglied einer Gewerkschaft seine Wirksamkeit nehmen. Es komme nämlich selten vor, dass ein Arbeitgeber, der sich eines Mitglieds der Personalvertretung entledigen wolle, dies in der Begründung der Entlassungsentscheidung ausdrücklich zugebe.

71      Im vorliegenden Fall habe die zum Abschluss von Dienstverträgen ermächtigte Behörde allerdings mehrfach ausdrücklich erwähnt, dass sie gewerkschaftliche Tätigkeiten ausübe. Die Beispiele, die sie, UG, insoweit angeführt habe, zeigten, dass ihre Vorgesetzte sie andauernd diskriminiert habe.

72      Die Auffassung, die das Gericht in den Rn. 173 ff. des angefochtenen Urteils geäußert habe, nämlich, dass ein Beamter oder sonstiger Bediensteter, der zu 50 % der Arbeitszeit an eine Gewerkschaft abgeordnet sei, gemäß Art. 60 des Statuts der vorherigen Zustimmung seines Vorgesetzten bedürfe, um dem Dienst fernzubleiben und an den Sitzungen teilzunehmen, zu denen er aufgrund seines Gewerkschaftsmandats oder seines Mandats als Mitglied der Personalvertretung eingeladen werde, sei nicht mit dem Grundsatz der Unabhängigkeit der Gewerkschaften und dem Grundsatz der Gleichwertigkeit von gewerkschaftlicher und dienstlicher Tätigkeit zu vereinbaren. Sie stelle auch eine durch Art. 14 EMRK in Verbindung mit Art. 11 EMRK verbotene Diskriminierung aufgrund der Ausübung gewerkschaftlicher Tätigkeiten dar.

73      Die Auffassung des Gerichts würde nämlich letztlich bedeuten, dass die Ausübung gewerkschaftlicher Tätigkeiten des Mitglieds der Personalvertretung dem dienstlichen Interesse untergeordnet werde, wie es von dem Vorgesetzten verstanden werde. Dieser habe bei der Organisation der Arbeit in seiner Dienststelle aber zu berücksichtigen, dass ein Mitglied seines Teams gewerkschaftliche Tätigkeiten ausübe und unbedingt über die hierfür erforderliche Zeit verfügen müsse.

74      Im Übrigen seien ihre durch die Ausübung ihrer gewerkschaftlichen Tätigkeit bedingten Abwesenheiten in ihrem „calendar planning“ ausgewiesen gewesen, zu dem ihre Vorgesetzte Zugang gehabt habe. Das Gericht habe in Rn. 175 des angefochtenen Urteils daher zu Unrecht angenommen, dass die streitige Entscheidung ohne Verstoß gegen die in Art. 7 der Richtlinie 2002/14 enthaltenen Mindestvorschriften habe damit begründet werden können, dass sie ihrer Verpflichtung nicht nachgekommen sei, ihren Vorgesetzten rechtzeitig vor den Gewerkschaftssitzungen ihre Teilnahme an ihnen mitzuteilen, da dieser Grund darauf beruhe, dass sie die für die Ausübung des ihr erteilten Mandats erforderlichen Voraussetzungen für die Organisation des Dienstes nicht eingehalten habe.

75      Diese Auffassung des Gerichts sei weder mit den in Art. 7 der Richtlinie 2002/14 vorgesehenen Mindestvorschriften noch mit Art. 12 der Charta vereinbar.

76      Die Kommission erwidert, dass UG mit dem zweiten Rechtsmittelgrund die vom Gericht festgestellten Tatsachen in Zweifel ziehe, aber nicht behaupte oder beweise, dass das Gericht diese verfälscht hätte. Der zweite Rechtsmittelgrund sei daher unzulässig, jedenfalls aber unbegründet.

2.      Würdigung durch den Gerichtshof

a)      Zur Zulässigkeit

77      Zu der Einrede der Unzulässigkeit, die die Kommission in Bezug auf den zweiten Rechtsmittelgrund erhebt, ist festzustellen, dass UG mit dem zweiten Rechtsmittelgrund im Wesentlichen rügt, dass dem Gericht Rechtsfehler unterlaufen seien. Sie bezeichnet insoweit mehrfach die beanstandeten Teile des angefochtenen Urteils sowie die konkreten rechtlichen Argumente, die den Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Urteils stützen.

78      Nach der oben in Rn. 51 dargestellten Rechtsprechung ist der zweite Rechtsmittelgrund mithin nicht unzulässig.

b)      Zur Begründetheit

79      Das Gericht hat angenommen, dass weder aus der Begründung der streitigen Entscheidung noch aus den Akten hervorgehe, dass die streitige Entscheidung allein auf der Mitgliedschaft von UG in den Personalvertretungen beruhte, unabhängig von der Ausübung ihrer Personalvertretungsfunktion oder ihrer gewerkschaftlichen Tätigkeiten allgemein (angefochtenes Urteil, Rn. 164). Die streitige Entscheidung enthalte keinen Anhaltspunkt dafür, dass die zum Abschluss von Dienstverträgen ermächtigte Behörde der Ansicht gewesen wäre, dass die Art und Weise, in der UG zum Zeitpunkt ihres Erlasses ihre Funktion als Mitglied der Personalvertretung oder allgemein ihre gewerkschaftlichen Tätigkeiten ausgeübt habe, ein Verhalten kennzeichnete, das dazu angetan gewesen wäre, die Kündigung ihres Vertrags wegen unzulänglicher fachlicher Leistungen zu rechtfertigen (angefochtenes Urteil, Rn. 165).

80      Ein Beamter oder sonstiger Bediensteter, der zu 50 % (Arbeitszeit) an eine Gewerkschaft abgeordnet sei, bedürfe allerdings gemäß Art. 60 des Statuts der vorherigen Zustimmung seines Vorgesetzten, um dem Dienst fernzubleiben und an den Sitzungen teilzunehmen, zu denen er aufgrund seines Gewerkschaftsmandats oder seines Mandats als Mitglied der Personalvertretung eingeladen werde. Von dieser Pflicht zur vorherigen Zustimmung gebe es nämlich nur bei Krankheit oder Unfall Ausnahmen, nicht aber für den Fall der Teilnahme an der gewerkschaftlichen Vertretung des Personals oder an den Sitzungen einer repräsentativen Einrichtung (angefochtenes Urteil, Rn. 173).

81      Das Gericht ist zu dem Schluss gelangt, dass die streitige Entscheidung ohne Verstoß gegen die in Art. 7 der Richtlinie 2002/14 enthaltenen Mindestvorschriften damit habe begründet werden können, dass UG ihrer Verpflichtung nicht nachgekommen sei, ihren Vorgesetzten rechtzeitig vor den Sitzungen der Personalvertretungen, deren Mitglied sie gewesen sei, mitzuteilen, dass sie daran teilnehmen werde, da dieser Grund nicht auf der Ausübung ihrer Tätigkeit als Mitglied der Personalvertretung beruhe, sondern darauf, dass UG die für die Ausübung des ihr erteilten Mandats erforderlichen Voraussetzungen für die Organisation des Dienstes nicht eingehalten habe (angefochtenes Urteil, Rn. 175).

82      Soweit UG mit dem zweiten Rechtsmittelgrund die vom Gericht vorgenommene Auslegung von Art. 60 des Statuts angreift, ist festzustellen, dass der Beamte dem Dienst nach Art. 60 Satz 1 des Statuts außer bei Krankheit oder Unfall nicht ohne vorherige Zustimmung seines Vorgesetzten fernbleiben darf.

83      Das Gericht nimmt bei seinen Erwägungen zum einen auf diese Vorschrift Bezug, die das Erfordernis der vorherigen Zustimmung des Vorgesetzten betrifft und nicht die Verpflichtung zur Unterrichtung des Vorgesetzten über die Tätigkeiten, mit denen ein Fernbleiben vom Dienst des Beamten einhergeht, und zum anderen in Rn. 174 des angefochtenen Urteils auf Art. 7 des Beschlusses K(2011) 3588 endgültig der Kommission vom 27. Mai 2011 „relative aux ressources humaines et financières allouées au comité du personnel de la Commission“ (über die personellen und finanziellen Mittel, die der Personalvertretung der Kommission zur Verfügung gestellt werden), wonach ein Fernbleiben vom Dienst wegen gewerkschaftlicher Tätigkeiten den Vorgesetzten vorher rechtzeitig schriftlich mitzuteilen ist.

84      Im Hinblick auf die Prüfung der Frage, ob der im angefochtenen Urteil gewählte Ansatz mit dem Unionsrecht in Einklang steht, ist festzustellen, dass die Beamten nach Art. 24b des Statuts Vereinigungsfreiheit haben und insbesondere Gewerkschaften oder Berufsverbänden der europäischen Beamten angehören können.

85      Außerdem ist zu beachten, dass die Tätigkeit der Mitglieder der Personalvertretung und der Beamten, die nach Bestellung durch die Personalvertretung in einer auf Grund des Statuts oder von dem Organ geschaffenen Einrichtung einen Sitz haben, als Teil des Dienstes gilt, den sie bei ihrem Organ zu leisten haben, und dem Betreffenden aus der Ausübung dieser Tätigkeit kein Nachteil erwachsen darf (Art. 1 Abs. 6 des Anhangs II des Statuts).

86      Im vorliegenden Fall wurde die Entlassung von UG in der streitigen Entscheidung nicht damit begründet, dass UG nicht an den Sitzungen der Personalvertretungen teilnehmen dürfe, deren Mitglied sie sei – was eine Verletzung ihrer im Statut vorgesehenen Rechte hätte darstellen können –, sondern damit, dass UG gegen ihre Verpflichtung verstoßen habe, ihre Vorgesetzten rechtzeitig vor diesen Sitzungen von ihrer Teilnahme an diesen Sitzungen zu unterrichten, wie das Gericht im angefochtenen Urteil bestätigt hat.

87      Durch diese Verpflichtung werde die im Statut vorgesehenen Rechte der Beamten und Bediensteten aber im Kern nicht angetastet.

88      Da das Vorbringen von UG im Rahmen des zweiten Rechtsmittelgrundes nicht durchgreift, ist dieser als unbegründet zurückzuweisen.

C.      Zum dritten Rechtsmittelgrund

1.      Vorbringen der Parteien

89      Der dritte Rechtsmittelgrund, mit dem offensichtliche Beurteilungsfehler gerügt werden, gliedert sich im Wesentlichen in fünf Teile.

90      Mit dem ersten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes macht UG zum einen geltend, dass das Gericht, indem es in den Rn. 187 bis 190 des ersten Urteils angenommen habe, dass die zum Abschluss von Dienstverträgen ermächtigte Behörde bei der Kündigung eines Vertrags auf unbestimmte Dauer eines Bediensteten auf Zeit oder eines Vertragsbediensteten über ein weites Ermessen verfüge und ein Fehler nur dann als „offensichtlich“ angesehen werden könne, wenn er eindeutig zu erkennen sei, die Wirksamkeit des Rechts auf Zugang zu den Gerichten beeinträchtigt habe.

91      Diese Annahme des Gerichts würde bedeuten, dass die für die Handlungen der Kommission geltende Vermutung der Rechtmäßigkeit trotz des Erfordernisses der Waffengleichheit unwiderleglich sei.

92      UG macht weiter geltend, dass das Gericht ihrem Antrag auf Erlass der erforderlichen Maßnahmen der Beweiserhebung zu Unrecht nicht stattgegeben habe.

93      UG führt insoweit Umstände tatsächlicher Art an, die ihrer Auffassung nach den Schluss zulassen, dass Grund für die streitige Entscheidung der Elternurlaub, den sie genommen habe, und ihre gewerkschaftlichen Tätigkeiten gewesen seien.

94      Zum anderen macht UG zur Dauer der Bearbeitung der Rechtssache durch das Gericht geltend, dass zwischen dem Abschluss des schriftlichen oder des mündlichen Verfahrens und der Verkündung des angefochtenen Urteils ein Jahr verstrichen sei, ohne dass in dem Verfahren irgendeine prozessleitende Maßnahme erlassen worden wäre. Die betreffenden Verfahren hätten insgesamt mehr als sechs Jahre gedauert, was eine Verletzung des in der EMRK und der Charta verbürgten Rechts darauf, dass ihre Sache von einem Gericht innerhalb angemessener Frist verhandelt werde, und der Verteidigungsrechte darstelle.

95      UG ersucht den Gerichtshof deshalb darum, daraus die entsprechenden Rechtsfolgen abzuleiten, insbesondere hinsichtlich der Rechtswidrigkeit der streitigen Entscheidung die Beweislast umzukehren.

96      Mit dem zweiten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes macht UG geltend, dass ihr Recht auf Anhörung aus Art. 51 Abs. 2 des Statuts verletzt worden sei.

97      Im vorliegenden Fall habe sie vor dem Erlass der streitigen Entscheidung nur acht Tage Zeit gehabt, um gegenüber der zum Abschluss von Dienstverträgen ermächtigten Behörde Stellung zu nehmen, wodurch ihre Verteidigungsrechte nicht hätten gewährleistet werden können.

98      Insoweit habe das Gericht in den Rn. 68 bis 70 des angefochtenen Urteils den Anspruch auf rechtliches Gehör rein formal aufgefasst, indem es nicht verlangt habe, dass die zum Abschluss von Dienstverträgen ermächtigte Behörde den Fall sorgfältig prüfe.

99      Außerdem habe das Gericht, indem es entschieden habe, dass sie zusätzliche Beweise beizubringen gehabt habe, ohne hierzu von der zum Abschluss von Dienstverträgen ermächtigten Behörde aufgefordert worden zu sein, zu Unrecht eine „Umkehr“ der Beweislast vorgenommen. Wegen der Substantiiertheit des Schreibens vom 30. September 2016 (siehe oben, Rn. 20) habe es der zum Abschluss von Dienstverträgen ermächtigten Behörde aber oblegen, die relevanten Belege zusammenzutragen.

100    Mit dem dritten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes macht UG geltend, dass das Gericht in Rn. 36 des angefochtenen Urteils, indem es angenommen habe, dass in der Begründung der Rechtsakte der Organe der Europäischen Union nicht alle tatsächlich und rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden brauchten, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Art. 296 AEUV genüge, nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen sei, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet, die Rechtsprechung des Gerichtshofs zu eng ausgelegt habe.

101    Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergebe sich nämlich nicht, dass die Organe der Europäischen Union in der Begründung ihrer Rechtsakte nicht alle tatsächlich und rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte zu nennen brauchten, sondern lediglich, dass sich das Erfordernis der Ausführlichkeit nach der Art des angefochtenen Rechtsakts richte.

102    Im angefochtenen Urteil habe das Gericht die erforderliche Ausführlichkeit der Begründung einer Entlassungsentscheidung aber nicht im Hinblick auf die Art eines solchen Rechtsakts, seiner Auswirkungen auf die berufliche Situation der betreffenden Person und deren Möglichkeit, die Kündigungsgründe in Zweifel zu ziehen, bestimmt.

103    Wegen des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf und des in Art. 30 in Verbindung mit Art. 47 der Charta vorgesehenen Schutzes vor ungerechtfertigter Entlassung dürfe die Kommission eine Kündigungsentscheidung nicht auf vage, nicht substantiierte Gründe stützen.

104    In der streitigen Entscheidung habe die zum Abschluss von Dienstverträgen ermächtigte Behörde lediglich eine Vielzahl von Vorwürfen erhoben, die vage formuliert gewesen seien und zu denen keine genauen, konkreten tatsächlichen Angaben gemacht worden seien.

105    Das Gericht habe daher in Rn. 39 des angefochtenen Urteils zu Unrecht angenommen, dass die zum Abschluss von Dienstverträgen ermächtigte Behörde im Schreiben vom 8. September 2016 auf ungefähr 20 näher geschilderte Vorfälle betreffend ihr Verhalten in den Jahren 2013 bis 2016 verwiesen habe.

106    In diesem Schreiben seien insoweit nämlich weder konkrete Beispiele noch Daten genannt.

107    Mit dem vierten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes greift UG Rn. 241 des angefochtenen Urteils an, in der das Gericht den Klagegrund, mit dem ein offensichtlicher Beurteilungsfehler gerügt wurde, zurückgewiesen hat, soweit er die verspätete Vorlage von ärztlichen Attesten für das Fernbleiben vom Dienst am 7. Mai und am 16. Juni 2014 und ein unbefugtes Fernbleiben vom Dienst am 18. Juni 2014 betraf.

108    UG meint, dass das Gericht, um festzustellen, ob ihre Verteidigungsrechte gewahrt worden seien, aber hätte prüfen müssen, ob sich die Kommission mehr als zwei Jahre später auf die verspätete Übermittlung ärztlicher Atteste und unbefugtes Fernbleiben vom Dienst habe berufen dürfen, zumal diese Vorfälle in der Beurteilung 2014 gar nicht erwähnt worden seien.

109    Zu dem Kündigungsgrund der verspäteten Übermittlung der ärztlichen Atteste hätte die Kommission nähere Ausführungen machen müssen. Insoweit habe das Gericht die Beweislast in den Rn. 246 und 253 des angefochtenen Urteils umgekehrt, indem es sie in eine Lage versetzt habe, in der es nahezu unmöglich oder äußerst schwierig gewesen sei, den verlangten Beweis zu erbringen.

110    Mit dem vierten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes macht UG geltend, dass das Gericht, indem es ihr in Rn. 265 des angefochtenen Urteils wegen Zeitablaufs verwehrt habe, die Beurteilung 2015 anzugreifen, ihr Recht auf ein faires Verfahren verletzt habe.

111    Da in den Beurteilungen 2014 und 2015 festgestellt worden sei, dass ihre fachlichen Leistungen ausreichten, hätte sie nicht erwarten können, dass sich die Kommission auf diese Beurteilungen berufen würde, um ihre Entlassung zu rechtfertigen.

112    Was die Beurteilung 2016 angeht, macht UG geltend, dass das in Rede stehende Verfahren der Entlassung eingeleitet worden sei, noch bevor die Frist zur Einlegung eines Rechtsbehelfs gegen diese Beurteilung abgelaufen gewesen sei.

113    UG wendet sich auch gegen Rn. 273 des angefochtenen Urteils, in der auf ihr unzulängliches Engagement in den Arbeitsgruppen, denen sie angehört habe, hingewiesen wird.

114    Außerdem macht UG geltend, dass das Gericht ihr Recht auf einen fairen Prozess verletzt habe, indem es in den Rn. 278 bis 286 des angefochtenen Urteils hinsichtlich der Erstellung der Zeitung des Centre polyvalent de l’enfance eine unwiderlegliche Umkehrung der Beweislast vorgenommen habe.

115    Sie habe beweisen können, dass sie diese Zeitung am 22. Januar 2016 abgesandt habe. Wegen eines technischen Problems habe die betreffende E‑Mail den Empfänger aber erst am 18. Juli 2016 erreicht.

116    Zu dem Kündigungsgrund der fehlenden Übermittlung einer Liste mit pädagogischen Maßnahmen macht UG geltend, dass ihre Vorgesetzte zum Zeitpunkt der Anforderung dieser Liste gewusst habe, dass sie beabsichtige, von Juli bis September 2016 Elternurlaub zu nehmen. Die Anforderung der Liste sei also reine Schikane gewesen.

117    Die Kommission hält den dritten Rechtsmittelgrund für unzulässig, jedenfalls aber für unbegründet.

2.      Würdigung durch den Gerichtshof

a)      Zur Zulässigkeit

118    Zu der Einrede der Unzulässigkeit, die die Kommission in Bezug auf den dritten Rechtsmittelgrund erhebt, ist festzustellen, dass UG mit diesem Rechtsmittelgrund im Wesentlichen rügt, dass dem Gericht Rechtsfehler unterlaufen seien. Sie bezeichnet insoweit mehrfach die beanstandeten Teile des angefochtenen Urteils sowie die konkreten rechtlichen Argumente, die den Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Urteils stützen.

119    Nach der oben in Rn. 51 dargestellten Rechtsprechung ist der dritte Rechtsmittelgrund mithin zulässig.

b)      Zur Begründetheit

1)      Zum ersten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes

120    Das Gericht hat angenommen, dass die zum Abschluss von Dienstverträgen ermächtigte Behörde bei der unter Einhaltung der vertraglich vorgesehenen Kündigungsfrist erfolgenden Kündigung eines Vertrags auf unbestimmte Dauer eines Bediensteten auf Zeit oder eines Vertragsbediensteten gemäß Art. 47 Buchst. c Ziff. i BBSB über ein weites Ermessen verfüge, so dass sich die unionsrichterliche Kontrolle auf die Prüfung der Frage beschränken müsse, ob kein offensichtlicher Fehler oder Missbrauch von Befugnissen vorliege (angefochtenes Urteil, Rn. 187).

121    Nach dem Urteil vom 19. Juli 1955, Kergall/Gemeinsame Versammlung (1/55, EU:C:1955:9, S. 23), obliege die Beurteilung der beruflichen Befähigung der Beamten und sonstigen Bediensteten der Unionsorgane in erster Linie Letzteren (angefochtenes Urteil, Rn. 188).

122    Ein Fehler in diesem Rahmen könne nur dann als „offensichtlich“ angesehen werden, wenn er anhand der Kriterien, die nach dem Willen des Gesetzgebers für die Ausübung des Ermessens durch die Verwaltung maßgebend seien, eindeutig zu erkennen sei. Daher sei der Klagegrund eines offensichtlichen Fehlers zurückzuweisen, wenn die angegriffene Beurteilung trotz der vom Kläger beigebrachten Beweise als nach wie vor gerechtfertigt und kohärent angesehen werden könne (angefochtenes Urteil, Rn. 189).

123    Nach dem Urteil vom 10. September 2019, HTTS/Rat (C‑123/18 P, EU:C:2019:694, Rn. 100 und die dort angeführte Rechtsprechung), gelte für die Rechtsakte der Unionsorgane grundsätzlich eine Vermutung der Rechtmäßigkeit, so dass diese Rechtswirkungen entfalteten, solange sie nicht zurückgenommen, im Rahmen einer Nichtigkeitsklage für nichtig erklärt oder infolge eines Vorabentscheidungsersuchens oder einer Einrede der Rechtswidrigkeit für ungültig erklärt worden seien (angefochtenes Urteil, Rn. 190).

124    Insoweit hat das Gericht im angefochtenen Urteil zum einen festgestellt, dass die streitige Entscheidung rechtswidrig sei, weil sich die zum Abschluss von Dienstverträgen ermächtigte Behörde nicht auf die gewünschten Daten des Elternurlaubs als Gründe für eine Entlassung wegen unzulänglicher fachlicher Leistungen habe berufen können, gleichzeitig aber angenommen, dass die Feststellung, dass die fachlichen Leistungen von UG insgesamt unzulänglich seien, auf mehreren Gründen beruhe, die sich von diesem Grund unterschieden, so dass es zu dem Schluss gelangt ist, dass diese Rechtswidrigkeit für sich allein nicht zur Aufhebung der streitigen Entscheidung führen könne (siehe oben, Rn. 61 und 62).

125    Zum anderen hat das Gericht festgestellt, dass die streitige Entscheidung zwar unter mehreren offensichtlichen Beurteilungsfehlern leide (angefochtenes Urteil, Rn. 218, 340 und 350), aber mehrere Begründungen enthalte, deren Rechtswidrigkeit nicht dargetan sei und die hinreichend bedeutsam seien, um die Feststellung der zum Abschluss von Dienstverträgen ermächtigten Behörde, dass die fachlichen Leistungen von UG insgesamt unzulänglich seien, zu stützen (angefochtenes Urteil, Rn. 360 und 361).

126    Das Vorbringen von UG, dass das Gericht rechtsfehlerhaft entschieden habe, dass die zum Abschluss von Dienstverträgen ermächtigte Behörde über ein weites Ermessen verfüge, beruht daher zum einen – da das Gericht festgestellt hat, dass beim Erlass der streitigen Entscheidung offensichtliche Beurteilungsfehler begangen worden seien – auf einem unrichtigen Verständnis des angefochtenen Urteils, und vermag zum anderen – da UG nicht dargetan hat, dass die streitige Entscheidung unter anderen offensichtlichen Beurteilungsfehlern litte, die zu ihrer Aufhebung hätten führen müssen – die Erwägungen des Gerichts nicht in Zweifel zu ziehen.

127    Soweit UG rügt, dass das Gericht ihrem Antrag auf Erlass der erforderlichen Maßnahmen der Beweiserhebung zu Unrecht nicht stattgegeben habe, ist festzustellen, dass es, was die vom erstinstanzlichen Gericht vorgenommene Würdigung von Anträgen einer Partei auf prozessleitende Maßnahmen oder Maßnahmen der Beweisaufnahme betrifft, nach ständiger Rechtsprechung allein Sache des Gerichts ist, zu entscheiden, ob das ihm in einer Rechtssache vorliegende Beweismaterial der Ergänzung bedarf. Es ist somit allein Sache des Gerichts, die Sachdienlichkeit eines Antrags auf eine prozessleitende Maßnahme im Hinblick auf den Streitgegenstand und die Erforderlichkeit der Durchführung dieser Maßnahme zu beurteilen (Urteil vom 12. November 2020, Fleig/EAD, C‑446/19 P, EU:C:2020:918, Rn. 53 und die dort angeführte Rechtsprechung).

128    Ob Verfahrensunterlagen beweiskräftig sind, unterliegt nämlich der freien Würdigung des Sachverhalts durch das Gericht, die der Überprüfung durch den Gerichtshof im Rechtsmittelverfahren entzogen ist, sofern nicht dem Gericht vorgelegte Beweismittel verfälscht worden sind oder die Unrichtigkeit der Tatsachenfeststellungen des Gerichts sich aus den Akten ergibt (Urteil vom 12. November 2020, Fleig/EAD, C‑446/19 P, EU:C:2020:918, Rn. 54).

129    Im vorliegenden Fall hat das Gericht im angefochtenen Urteil aus den ihm vorliegenden Akten zahlreiche Beweise herangezogen. Und UG führt im Rahmen des ersten Teils des dritten Rechtsmittelgrundes nicht aus, inwieweit das Gericht diese verfälscht haben soll oder warum die Tatsachenfeststellungen des Gerichts unrichtig sein sollen. Ihr Vorbringen ist daher als unzulässig zurückzuweisen.

130    Was die Dauer des Verfahrens vor den Unionsgerichten angeht, ist festzustellen, dass die Nichteinhaltung einer angemessenen Entscheidungsfrist zwar dazu zu führen kann, dass der Kläger nach Art. 268 in Verbindung mit Art. 340 Abs. 2 AEUV Klage gegen die Union erhebt und einen Schadensersatzanspruch geltend macht, nicht aber zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, sofern keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sich die Verfahrensdauer auf den Ausgang des Rechtsstreits ausgewirkt hat (Beschluss vom 29. September 2022, CX/Kommission, C‑71/22 P, EU:C:2022:745, Rn. 76 und die dort angeführte Rechtsprechung).

131    Demnach kann die Rüge der Nichteinhaltung einer angemesseneren Entscheidungsfrist, da keinerlei Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sich die Verfahrensdauer auf den Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits ausgewirkt hat, nicht zur Aufhebung des angefochtenen Urteils führen und ist daher als unzulässig zurückzuweisen.

132    Der erste Teil des dritten Rechtsmittelgrundes ist somit als teils unbegründet, teils unzulässig zurückzuweisen.

2)      Zum zweiten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes

133    Das Gericht hat angenommen, dass die Frist von acht Arbeitstagen, die UG für die Stellungnahme zu dem Schreiben vom 8. September 2016 gewährt worden sei, im Hinblick auf die schweren Folgen, die die Kündigung des Vertrags für ihre persönliche Situation haben würde, kurz erscheinen möge. UG habe sich jedoch zu den Gründen der streitigen Entscheidung geäußert. Und, wie aus der Begründung der streitigen Entscheidung hervorgehe, habe die zum Abschluss von Dienstverträgen ermächtigte Behörde ihre Stellungnahme auch berücksichtigt (angefochtenes Urteil, Rn. 68).

134    Die Unionsorgane seien zur Wahrung des Anspruchs auf rechtliches Gehör zwar verpflichtet, der Person, die Gegenstand einer sie beschwerenden Handlung sei, Gelegenheit zu geben, ihren Standpunkt sachgerecht zu vertreten, nicht aber dazu, diesen zu übernehmen (angefochtenes Urteil, Rn. 69).

135    UG habe bemängelt, dass die zum Abschluss von Dienstverträgen ermächtigte Behörde von ihr, nachdem sie die schriftliche Stellungnahme vom 30. September 2016 erhalten habe, nicht verlangt habe, zusätzliche Belege beizubringen. Es habe UG aber freigestanden, solche Belege in der Zeit vom 30. September bis zum 17. Oktober 2016, dem Tag des Erlasses des streitigen Beschlusses, beizubringen. Und UG habe weder angegeben, welcher Art diese zusätzlichen Belege, von denen die zum Abschluss von Dienstverträgen ermächtigte Behörde keine Kenntnis gehabt haben soll, gewesen seien noch welchen Inhalt sie gehabt hätten. Es sei deshalb nicht erwiesen, dass sich die Vorlage dieser Belege maßgeblich auf den verfügenden Teil der streitigen Entscheidung hätte auswirken können (angefochtenes Urteil, Rn. 70).

136    Das Gericht ist zu dem Schluss gelangt, dass UG Gelegenheit gegeben worden sei, ihren Standpunkt zur Richtigkeit und Erheblichkeit der Tatsachen und Umstände, auf deren Grundlage die zum Abschluss von Dienstverträgen ermächtigte Behörde die streitige Entscheidung erlassen habe, sachgerecht zu vertreten (angefochtenes Urteil, Rn. 71).

137    UG hat im Rahmen ihrer Rüge einer Verletzung der Verteidigungsrechte nicht dargetan, dass dem Gericht ein Rechtsfehler unterlaufen wäre. Und es ist nicht ersichtlich, dass das Ergebnis, zu dem das Gericht in Rn. 71 des angefochtenen Urteils gelangt ist, eine Verfälschung der von ihm untersuchten Tatsachen darstellen würde (vgl. entsprechend Urteil vom 6. Oktober 2022, KN/EWSA, C‑673/21 P, EU:C:2022:759, Rn. 103).

138    Folglich ist der zweite Teil des dritten Rechtsmittelgrundes als unbegründet zurückzuweisen.

3)      Zum dritten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes

139    Das Gericht hat in Rn. 36 des angefochtenen Urteils auf die gefestigte Rechtsprechung des Gerichtshofs hingewiesen, wonach die auch nach Art. 296 AEUV und Art. 41 Abs. 2 Buchst. c der Charta vorgeschriebene Begründung von Rechtsakten der Unionsorgane der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Organs, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen muss, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrolle durchführen kann. Das Begründungserfordernis ist anhand aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen, insbesondere des Inhalts des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und des Interesses, das die Adressaten des Rechtsakts oder andere unmittelbar und individuell von ihm betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich und rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Art. 296 AEUV genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (Urteil vom 11. Juni 2020, Kommission/Di Bernardo, C‑114/19 P, EU:C:2020:457, Rn. 29 und 51 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

140    Nachdem es auf die verschiedenen Umstände tatsächlicher Art eingegangen ist, die in der streitigen Entscheidung berücksichtigt wurden, und auf die Erwägungen, die darin angestellt wurden (angefochtenes Urteil, Rn. 38 bis 47), ist das Gericht zu dem Schluss gelangt, dass in der streitigen Entscheidung, die in einem UG bekannten Kontext ergangen sei, sowohl die rechtlichen Erwägungen als auch eine hinreichende Zahl von Tatsachen dargelegt worden seien, denen nach der Systematik dieser Entscheidung wesentliche Bedeutung zukomme und die UG in die Lage versetzt hätten, deren Begründetheit und Rechtmäßigkeit zu beurteilen (angefochtenes Urteil, Rn. 48).

141    Entgegen dem Vorbringen von UG hat das Gericht die durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs festgelegten Anforderungen an die Begründung der Handlungen der Unionsorgane, insbesondere die oben in Rn. 139 genannten, richtig dargestellt.

142    Das Vorbringen von UG zur Ausführlichkeit der Begründung der Handlungen der Unionsorgane ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

143    Zu dem Vorbringen von UG im Rahmen des dritten Teils des dritten Rechtsmittelgrundes zur inhaltlichen Prüfung der Begründung der streitigen Entscheidung ist festzustellen, dass UG den Gerichtshof damit in Wirklichkeit darum ersucht, die vom Gericht vorgenommene Tatsachenwürdigung zu überprüfen. Ihr Vorbringen ist daher als unzulässig zurückzuweisen.

144    Somit ist der dritte Teil des dritten Rechtsmittelgrundes als teils unbegründet, teils unzulässig zurückzuweisen.

4)      Zum vierten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes

145    Der vierte Teil des dritten Rechtsmittelgrundes betrifft die Ausführungen des Gerichts zu dem in der streitigen Entscheidung angeführten Kündigungsgrund des angeblich unbefugten Fernbleibens vom Dienst von UG.

146    Das Gericht hat festgestellt, dass UG zwar vortrage, dass sie bei krankheitsbedingter Abwesenheit stets ein ärztliches Attest vorgelegt habe, aber keinen Grund für ihr Fernbleiben vom Dienst am 18. Juni 2014 angebe und auf kein zu den Akten gereichtes Schriftstück Bezug nehme, das eine solches Fernbleiben vom Dienst rechtfertigen könnte (angefochtenes Urteil, Rn. 240).

147    Das Vorbringen von UG sei daher nicht geeignet, die Entscheidung, mit der ihr unbefugtes Fernbleiben vom Dienst am 18. Juni 2014 festgestellt worden sei, in Frage zu stellen, so dass die in der Klageschrift erhobene Rüge, soweit sie sich gegen die Ausführungen auf S. 2 unter d) des Schreibens vom 8. September 2016 richte, als unbegründet zurückzuweisen sei (angefochtenes Urteil, Rn. 241).

148    Zu den Rn. 246 und 253 des angefochtenen Urteils, auf die sich UG in der Rechtsmittelschrift bezieht, ist festzustellen, dass das Gericht festgestellt hat, dass UG gegen die Entscheidung der zum Abschluss von Dienstverträgen ermächtigte Behörde vom 1. Juni 2016, mit festgestellt worden sei, dass sie dem Dienst am 30. und 31. Mai 2016 unbefugt ferngeblieben sei, keine Beschwerde gemäß Art. 91 Abs. 2 des Statuts eingelegt habe (angefochtenes Urteil, in Rn. 244).

149    UG berufe sich auf keine neue wesentliche Tatsache, die eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung vom 1. Juni 2016 rechtfertigen würde (angefochtenes Urteil, Rn. 245).

150    Das Gericht ist deshalb zu dem Schluss gelangt, dass das Vorbringen von UG, das sich inzident gegen die Entscheidung vom 1. Juni 2016 richte, unzulässig sei, da mit ihm eine bestandskräftig gewordene Handlung in Frage gestellt werden solle (angefochtenes Urteil, Rn. 246).

151    Zu Rn. 253 des angefochtenen Urteils, die den in der streitigen Entscheidung angegebenen Kündigungsgrund des angeblich unbefugten Fernbleibens von Dienst am 7. Mai und 16. Juni 2014 betrifft, ist festzustellen, dass das Gericht dort angenommen hat, dass UG weder nachgewiesen habe, dass sie die zur Bereinigung ihrer dienstrechtlichen Situation erforderlichen Bescheinigungen kurz nach dem ihr gesetzten Termin vorgelegt habe, noch behaupte, dass sie dies getan habe.

152    Mit dem Vorbringen im Rahmen des vierten Teils des dritten Rechtsmittelgrundes geht es UG in Wirklichkeit darum, zu erreichen, dass der Gerichtshof die Beurteilungen, die das Gericht in den oben in den Rn. 146 bis 151 genannten Randnummern des angefochtenen Urteils vorgenommen hat, überprüft.

153    Der vierte Teil des dritten Rechtsmittelgrundes ist daher als unzulässig zurückzuweisen.

5)      Zum fünften Teil des dritten Rechtsmittelgrundes

154    Im Rahmen der Prüfung der von der Kommission erhobenen Einrede der Unzulässigkeit hat das Gericht festgestellt, dass UG mit ihrem Vorbringen vor dem Gericht im Rahmen der zweiten bis fünften Rüge des dritten Teils des vierten Klagegrundes, mit dem ein offensichtlicher Beurteilungsfehler und tatsächliche Fehler gerügt würden, unter denen der Kündigungsgrund betreffend das Engagement von UG bei der Arbeit leide, darauf abziele, den Inhalt der qualitativen Bewertung ihrer Leistungsfähigkeit (Abschnitt 3.1 der Beurteilung 2015) und damit die Beurteilung 2015 in Frage zu stellen (angefochtenes Urteil, Rn. 263).

155    Die Beurteilung 2015 sei UG aber mitgeteilt worden. Und UG habe sie nicht innerhalb der in den Art. 90 und 91 des Statuts vorgesehenen Fristen angefochten. Deshalb seien sowohl die Beurteilung als auch die darin enthaltenen Bewertungen bestandskräftig geworden (angefochtenes Urteil, Rn. 264).

156    UG habe nicht das Vorliegen eines neuen wesentlichen Gesichtspunkts geltend gemacht, um darzutun, dass es ihr trotz des Fristablaufs nicht verwehrt sei, die Beurteilung 2015 anzufechten (angefochtenes Urteil, Rn. 265).

157    Das Gericht ist zu dem Schluss gelangt, dass UG die Beurteilung 2015 im Rahmen der gegen die streitige Entscheidung erhobenen Klage, für die die Beurteilung 2015 eine vorbereitende Rolle gespielt habe, unter diesen Umständen nicht inzident beanstanden könne (angefochtenes Urteil, Rn. 266).

158    Das Gericht hat zu Recht angenommen, dass die Beurteilung 2015 bestandskräftig ist, weil innerhalb der in den Art. 90 und 91 des Statuts vorgesehenen Fristen kein Rechtsbehelf eingelegt worden ist, und dass UG zu Unrecht geltend macht, dass das Gericht, indem es festgestellt habe, dass die Beurteilung 2015 im Rahmen der Klage, über die es zu entscheiden habe, nicht inzident beanstandet werden könne, die Verfahrensvorschriften verletzt und die Akten verfälscht habe (vgl. entsprechend Urteil vom 24. Juni 2021, WD/EFSA, C‑167/20 P, EU:C:2021:516, Rn. 39 und 40).

159    Zu den Rn. 278 bis 286 des angefochtenen Urteils, bei denen UG beanstandet, dass eine unwiderlegliche Beweislastumkehr vorgenommen worden sei, ist festzustellen, dass das Gericht in diesem Randnummern auf die von UG in der Klageschrift vorgetragenen tatsächlichen Umstände eingegangen ist, mit denen UG die Tatsachenfeststellungen angegriffen hat, die die Kommission in der streitigen Entscheidung vorgenommen hatte.

160    Das Gericht ist zu dem Schluss gelangt, dass UG keine Beweise vorgelegt habe, die geeignet wären, den von der Kommission vorgelegten Nachweis, wonach sie den Entwurf der Weihnachtszeitung 2015 erst am 18. Juli 2016 zur Validierung an die Mitglieder der Arbeitsgruppe „Zeitung des CPE“ übermittelt habe, zu entkräften (angefochtenes Urteil, Rn. 286).

161    Mit ihrem entsprechenden Vorbringen im Rahmen des fünften Teils des dritten Rechtsmittelgrundes greift UG aber in Wirklichkeit die Tatsachenfeststellungen des Gerichts an. Ihr Vorbringen ist daher als unzulässig zurückzuweisen.

162    Dasselbe gilt für die übrigen Argumente, die UG im Rahmen des fünften Teils des dritten Rechtsmittelgrundes vorbringt.

163    Der fünfte Teil des dritten Rechtsmittelgrundes ist daher als teils unbegründet, teils unzulässig zurückzuweisen und damit der dritte Rechtsmittelgrund insgesamt.

D.      Zum vierten Rechtsmittelgrund

1.      Vorbringen der Parteien

164    Mit ihrem vierten Rechtsmittelgrund, mit dem sie einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit rügt, macht UG im Wesentlichen geltend, dass das Gericht bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit ihrer Entlassung hätte berücksichtigen müssen, dass die Entlassung mit ihrem Elternurlaub begründet worden sei, dass sie gewerkschaftliche Tätigkeiten wahrgenommen habe und dass gegen sie, da die in der streitigen Entscheidung genannten Dienstpflichtverletzungen geringfügig gewesen seien, keine Disziplinarstrafe verhängt worden sei.

165    Die Kommission meint, der vierte Rechtsmittelgrund sei als unbegründet zurückzuweisen. Soweit mit ihm lediglich eine erneute Würdigung der bereits im Verfahren vor dem Gericht vorgebrachten Argumente erreicht werden solle, sei er auch unzulässig.

2.      Würdigung durch den Gerichtshof

166    Bei der Prüfung der streitigen Entscheidung ist das Gericht zu dem Schluss gelangt, dass der Kommission bei deren Erlass kein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen sei (angefochtenes Urteil, Rn. 351 bis 381).

167    Sodann hat das Gericht entschieden, dass die Kommission, da die streitige Entscheidung unter keinem offensichtlichen Beurteilungsfehler leide, befugt gewesen sei, den auf unbestimmte Dauer geschlossenen Vertrag von UG zu kündigen, und dass deshalb nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen worden sei (angefochtenes Urteil, Rn. 385 und 386).

168    UG bringt im Rahmen des vierten Rechtsmittelgrundes nichts vor, was geeignet wäre, diese rechtliche Würdigung des Gerichts in Zweifel zu ziehen.

169    Der vierte Rechtsmittelgrund ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

E.      Zum Schadensersatzantrag

1.      Vorbringen der Parteien

170    UG macht geltend, dass sie mit der Kommission einen Vergleich über den Ersatz des ihr entstandenen materiellen Schadens geschlossen habe. Für den Fall, dass dieser aufgrund des Rechtsmittelurteils nicht mehr gültig sein sollte, beantragt UG, ihr insoweit als billige Entschädigung 68 000 Euro zuzusprechen.

171    UG beantragt ferner, ihr als Entschädigung für ihren immateriellen Schaden 40 000 Euro zuzusprechen. Dieser Betrag sei im Hinblick auf die seelischen Leiden, die sie aufgrund ihrer rechtswidrigen Entlassung erlitten habe, angemessen.

172    Insoweit sei auch zu berücksichtigen, dass sie sich wegen der Entlassung in einer unsicheren Lage befinde und überschuldet sei.

173    Die Kommission tritt dem Vorbringen von UG entgegen

2.      Würdigung durch den Gerichtshof

174    Das Gericht hat im angefochtenen Urteil festgestellt, dass UG ihre Anträge auf Ersatz des materiellen und immateriellen Schadens nicht auf Rechtsverstöße stütze, die sich von denen unterschieden, auf die sie ihren Antrag auf Aufhebung der streitigen Entscheidung gestützt habe. Entsprechend hat das Gericht, da der Antrag auf Aufhebung der streitigen Entscheidung als unbegründet zurückgewiesen wurde, entschieden, dass auch die Schadensersatzanträge zurückzuweisen seien.

175    Da sämtliche Rechtsmittelgründe zurückgewiesen worden sind und das angefochtene Urteil daher nicht aufgehoben wird, ist auch das Vorbringen von UG, mit dem diese den Ersatz des ihr erlittenen Schadens beantragt, zurückzuweisen.

176    Das Rechtsmittel ist somit in vollem Umfang zurückzuweisen.

 Kosten

177    Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der nach Art. 184 Abs. 1 der Verfahrensordnung auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

178    Da die Kommission beantragt hat, UG die Kosten aufzulegen und UG mit allen ihren Rechtsmittelgründen unterlegen ist, sind UG neben ihren eigenen Kosten die der Kommission aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Siebte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1.      Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2.      UG trägt neben ihren eigenen Kosten die der Europäischen Kommission.

Unterschriften



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