Vorläufige Fassung
URTEIL DES GERICHTSHOFS (Siebte Kammer)
22. Juni 2023(* )
„Vorlage zur Vorabentscheidung – Handelspolitik – Schutz gegen Dumpingpraktiken – Einfuhren von Biodiesel mit Ursprung in Argentinien und Indonesien – Gültigkeit der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1194/2013 – Zulässigkeit – Fehlen einer von der Klägerin des Ausgangsverfahrens erhobenen Nichtigkeitsklage – Einführer – Feststellung von Dumping – Zu berücksichtigende Kriterien“
In der Rechtssache C‑268/22
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Nederlandstalige rechtbank van eerste aanleg Brussel (niederländischsprachiges Gericht Erster Instanz von Brüssel, Belgien) mit Entscheidung vom 14. März 2022, beim Gerichtshof eingegangen am 13. April 2022, in dem Verfahren
Vitol SA
gegen
Belgische Staat
erlässt
DER GERICHTSHOF (Siebte Kammer)
unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin M. L. Arastey Sahún sowie der Richter F. Biltgen und N. Wahl (Berichterstatter),
Generalanwältin: T. Ćapeta,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
– der Vitol SA, vertreten durch P. De Baere und J. Van den Bon, Advocaten,
– der belgischen Regierung, vertreten durch S. Baeyens, J.‑C. Halleux und C. Pochet als Bevollmächtigte,
– der griechischen Regierung, vertreten durch V. Baroutas und M. Tassopoulou als Bevollmächtigte,
– des Rates der Europäischen Union, vertreten durch B. Driessen und P. Mahnič als Bevollmächtigte, im Beistand von N. Tuominen, Avocată,
– der Europäischen Kommission, vertreten durch P.‑J. Loewenthal, G. Luengo und J. Zieliński als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Gültigkeit der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1194/2013 des Rates vom 19. November 2013 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls und zur endgültigen Vereinnahmung des vorläufigen Zolls auf die Einfuhren von Biodiesel mit Ursprung in Argentinien und Indonesien (ABl. 2013, L 315, S. 2, im Folgenden: streitige Verordnung) in der durch die Durchführungsverordnung (EU) 2017/1578 der Kommission vom 18. September 2017 (ABl. 2017, L 239, S. 9) geänderten Fassung.
2 Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Vitol SA und dem Belgische Staat (Belgischer Staat) über die Erstattung von Antidumpingzöllen, die auf die Einfuhr von Biodiesel aus Argentinien entrichtet wurden, an Vitol.
Rechtlicher Rahmen
Grundverordnung
3 Zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verordnung waren die Bestimmungen über die Einführung von Antidumpingmaßnahmen durch die Europäische Union in der Verordnung (EG) Nr. 1225/2009 des Rates vom 30. November 2009 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen [Union] gehörenden Ländern (ABl. 2009, L 343, S. 51, im Folgenden: Grundverordnung) enthalten.
4 Art. 1 der Grundverordnung bestimmte:
„(1) Ein Antidumpingzoll kann auf jede Ware erhoben werden, die Gegenstand eines Dumpings ist und deren Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr in der [Union] eine Schädigung verursacht.
(2) Eine Ware gilt als gedumpt, wenn ihr Preis bei der Ausfuhr in die [Union] niedriger ist als der vergleichbare Preis der zum Verbrauch im Ausfuhrland bestimmten gleichartigen Ware im normalen Handelsverkehr.
(3) Das Ausfuhrland ist normalerweise das Ursprungsland. Jedoch kann es sich auch um ein Zwischenland handeln, ausgenommen in den Fällen, in denen zum Beispiel die Ware nur Gegenstand eines Durchfuhrverkehrs durch dieses Land ist oder nicht in diesem Land hergestellt wird, oder wenn es dort keinen vergleichbaren Preis für sie gibt.
(4) Im Sinne dieser Verordnung ist ‚gleichartige Ware‘ eine Ware, die mit der betreffenden Ware identisch ist, d. h., ihr in jeder Hinsicht gleicht, oder, wenn es eine solche Ware nicht gibt, eine andere Ware, die zwar der betreffenden Ware nicht in jeder Hinsicht gleicht, aber Merkmale aufweist, die denen der betreffenden Ware sehr ähnlich sind.“
5 Art. 2 dieser Verordnung betrifft die Feststellung des Dumpings. Seine Abs. 3 und 5 über den Normalwert sahen vor:
„(3) Wird die gleichartige Ware im normalen Handelsverkehr nicht oder nur in unzureichenden Mengen verkauft oder lassen diese Verkäufe wegen der besonderen Marktlage keinen angemessenen Vergleich zu, so wird der Normalwert der gleichartigen Ware anhand der Herstellkosten in dem Ursprungsland zuzüglich eines angemessenen Betrags für Vertriebs‑, Verwaltungs- und Gemeinkosten und für Gewinne oder anhand der Preise bestimmt, die bei der Ausfuhr in ein geeignetes Drittland im normalen Handelsverkehr gelten, sofern diese Preise repräsentativ sind.
Von einer besonderen Marktlage für die betroffene Ware im Sinne des Unterabsatzes 1 kann unter anderem dann ausgegangen werden, wenn die Preise künstlich niedrig sind, wenn in beträchtlichem Umfang Barterhandel betrieben wird oder wenn nichtkommerzielle Verarbeitungsvereinbarungen bestehen.
…
(5) Die Kosten werden normalerweise anhand der Aufzeichnungen der Partei berechnet, sofern diese Aufzeichnungen den allgemein anerkannten Buchführungsgrundsätzen des betreffenden Landes entsprechen und nachgewiesen wird, dass diese Aufzeichnungen die mit der Produktion und dem Verkauf der betreffenden Ware verbundenen Kosten in angemessener Weise widerspiegeln.
Spiegeln die Aufzeichnungen der betreffenden Partei die mit der Produktion und dem Verkauf der betreffenden Ware verbundenen Kosten nicht in angemessener Weise wider, so werden diese Kosten berichtigt oder anhand der Kosten anderer Hersteller oder Ausführer in demselben Land bzw., wenn solche Informationen nicht zur Verfügung stehen oder nicht verwendet werden können, auf einer anderen angemessenen Grundlage einschließlich Informationen aus anderen repräsentativen Märkten ermittelt.
Die für die ordnungsgemäße Kostenverteilung vorgelegten Nachweise werden berücksichtigt, sofern diese Kostenverteilungen traditionell vorgenommen wurden. In Ermangelung einer besseren Methode wird die Kostenverteilung auf Umsatzbasis bevorzugt. Sofern dies nicht bereits bei den Kostenverteilungen gemäß diesem Unterabsatz erfolgt ist, werden angemessene Berichtigungen für die nicht wiederkehrenden Kostenfaktoren vorgenommen, die der künftigen und/oder derzeitigen Produktion zugute kommen.
Werden die Kosten während eines Teils des Kostendeckungszeitraums durch die Inbetriebnahme neuer Produktionsanlagen, die erhebliche zusätzliche Investitionen erfordern, und durch niedrige Kapazitätsauslastungsraten beeinflusst, die sich aus der Produktionsaufnahme innerhalb oder während eines Teils des Untersuchungszeitraums ergeben, so werden die Kosten am Ende der Anlaufphase unter Berücksichtigung der vorgenannten Aufteilungsregeln zugrunde gelegt und auf dieser Höhe für den betreffenden Zeitraum in die in Absatz 4 Unterabsatz 2 genannten gewogenen durchschnittlichen Kosten einbezogen. Die Dauer der Anlaufphase wird unter Berücksichtigung der Umstände des betreffenden Herstellers oder Ausführers bestimmt, darf aber einen angemessenen anfänglichen Anteil an dem Kostendeckungszeitraum nicht übersteigen. Für diese Kostenberichtigung während des Untersuchungszeitraums werden die Angaben zu der Anlaufphase, die sich über den Untersuchungszeitraum hinaus erstreckt, berücksichtigt, sofern sie vor den Kontrollbesuchen und innerhalb von drei Monaten nach der Einleitung der Untersuchung vorgelegt werden.“
6 In Art. 3 der Grundverordnung, der die Feststellung einer Schädigung betrifft, hieß es in den Abs. 4, 6 und 7:
„(4) Sind die Einfuhren einer Ware aus mehr als einem Land gleichzeitig Gegenstand von Antidumpinguntersuchungen, so werden die Auswirkungen dieser Einfuhren nur dann kumulativ beurteilt, wenn festgestellt wird, dass
a) die ermittelte Dumpingspanne für die Einfuhren aus jedem einzelnen Land den in Artikel 9 Absatz 3 genannten Mindestprozentsatz übersteigt und das Volumen der Einfuhren aus jedem einzelnen Land nicht unerheblich ist, und
b) eine kumulative Beurteilung der Auswirkungen der Einfuhren angesichts des Wettbewerbs zwischen den eingeführten Waren sowie des Wettbewerbs zwischen den eingeführten Waren und der gleichartigen Ware der [Union] angemessen ist.
…
(6) Aus allen einschlägigen im Hinblick auf Absatz 2 vorgelegten Beweisen muss hervorgehen, dass die gedumpten Einfuhren eine Schädigung im Sinne dieser Verordnung verursachen. Insbesondere gehört dazu der Nachweis, dass das gemäß Absatz 3 ermittelte Volumen und/oder Preisniveau für die in Absatz 5 genannten Auswirkungen auf den Wirtschaftszweig der [Union] verantwortlich sind und dass diese Auswirkungen ein solches Ausmaß erreichen, dass sie als bedeutend bezeichnet werden können.
(7) Andere bekannte Faktoren als die gedumpten Einfuhren, die den Wirtschaftszweig der [Union] zur gleichen Zeit schädigen, werden ebenfalls geprüft, um sicherzustellen, dass die durch diese anderen Faktoren verursachte Schädigung nicht nach Absatz 6 den gedumpten Einfuhren zugerechnet wird. In diesem Zusammenhang können unter anderem folgende Faktoren berücksichtigt werden: Volumen und Preise der nicht gedumpten Einfuhren, Nachfragerückgang oder Veränderung der Verbrauchsgewohnheiten, handelsbeschränkende Praktiken der ausländischen Hersteller und der [Unions]hersteller sowie Wettbewerb zwischen ihnen, Entwicklungen in der Technologie und Ausfuhrleistung und Produktivität des Wirtschaftszweiges der [Union].“
Vorläufige Verordnung
7 Am 27. Mai 2013 erließ die Kommission die Verordnung (EU) Nr. 490/2013 zur Einführung eines vorläufigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Biodiesel mit Ursprung in Argentinien und Indonesien (ABl. 2013, L 141, S. 6, im Folgenden: vorläufige Verordnung). In dieser Verordnung stellte sie u. a. fest, dass die Einfuhren von Biodiesel mit Ursprung in Argentinien gedumpt seien, was den betroffenen Wirtschaftszweig der Union schädige, und war der Ansicht, dass die Verhängung eines Antidumpingzolls für diese Einfuhren im Interesse der Union sei.
8 Art. 1 Abs. 1 dieser Verordnung sah vor:
„Es wird ein vorläufiger Antidumpingzoll eingeführt auf die Einfuhren von durch Synthese und/oder Hydrotreating gewonnenen Fettsäuremonoalkylestern und/oder paraffinischen Gasölen nichtfossilen Ursprungs, in Reinform oder in Gemischen, mit Ursprung in Argentinien und Indonesien, die derzeit unter den KN-Codes … eingereiht werden.“
S treitige Verordnung
9 Am 19. November 2013 führte der Rat der Europäischen Union mit der streitigen Verordnung einen endgültigen Antidumpingzoll auf die Einfuhren von Biodiesel mit Ursprung in Argentinien und Indonesien ein.
10 Der Rat bestätigte erstens die Schlussfolgerungen der vorläufigen Verordnung zum Normalwert der gleichartigen Ware in Bezug auf Argentinien, wonach dieser Wert gemäß Art. 2 Abs. 3 der Grundverordnung zu berechnen sei, da der argentinische Markt für Biodiesel einer starken staatlichen Regulierung unterliege (28. Erwägungsgrund der streitigen Verordnung).
11 Hinsichtlich der Produktionskosten nahm der Rat den Vorschlag der Kommission an, die Schlussfolgerungen der vorläufigen Verordnung zu ändern und von den Kosten der wichtigsten Rohstoffe, die in den Aufzeichnungen der nach Art. 2 Abs. 5 der Grundverordnung überprüften ausführenden argentinischen Hersteller angegeben waren, abzuweichen. Er war der Auffassung, dass diese Angaben die mit der Produktion von Biodiesel in Argentinien verbundenen Kosten nicht in angemessener Weise widerspiegelten, da das System der unterschiedlichen Ausfuhrzollsätze die Preise der wichtigsten Rohstoffe auf dem argentinischen Inlandsmarkt verzerre. Er ersetzte sie daher mit dem Durchschnitt der Referenzpreise für Sojabohnen, die das argentinische Landwirtschaftsministerium im Untersuchungszeitraum für Ausfuhren frei an Bord (FAB) veröffentlichte (Erwägungsgründe 35 bis 40 der streitigen Verordnung).
12 Der Rat stellte zweitens fest, dass der Wirtschaftszweig der Union im Sinne von Art. 3 Abs. 6 der Grundverordnung bedeutend geschädigt worden sei (Erwägungsgründe 105 bis 142 der streitigen Verordnung) und dieser Schaden durch die gedumpten Einfuhren von Biodiesel mit Ursprung in Argentinien verursacht worden sei (Erwägungsgründe 144 bis 157 der streitigen Verordnung), und bestätigte damit den Großteil der Erwägungen in der vorläufigen Verordnung. In diesem Zusammenhang stellte er fest, dass weitere Faktoren wie u. a. die Einfuhren des Wirtschaftszweigs der Union (Erwägungsgründe 151 bis 160 der streitigen Verordnung), die geringe Kapazitätsauslastung des Wirtschaftszweigs der Union (Erwägungsgründe 161 bis 171 der streitigen Verordnung) und das in einigen Mitgliedstaaten bestehende System der Doppelzählung für aus Abfallölen hergestellten Biodiesel (Erwägungsgründe 173 bis 179 der streitigen Verordnung) diesen Kausalzusammenhang zwischen dieser Schädigung und den gedumpten Einfuhren von Biodiesel mit Ursprung in Argentinien nicht hätten brechen können.
13 Drittens bestätigte der Rat, dass die Einführung der Antidumpingmaßnahmen unverändert im Interesse der Union liege (Erwägungsgründe 190 bis 201 der streitigen Verordnung).
14 Der Rat entschied u. a., dass angesichts der festgestellten Dumpingspannen und des Ausmaßes der Schädigung des Wirtschaftszweigs der Union die Sicherheitsleistungen für den mit der vorläufigen Verordnung eingeführten vorläufigen Antidumpingzoll endgültig vereinnahmt werden müssten (228. Erwägungsgrund und Art. 2 der streitigen Verordnung) und dass ein endgültiger Antidumpingzoll auf die Einfuhren von Biodiesel mit Ursprung in Argentinien eingeführt werden müsse (Art. 1 Abs. 1 der streitigen Verordnung).
15 Mit den Urteilen vom 15. September 2016, PT Musim Mas/Rat (T‑80/14, EU:T:2016:504), Unitec Bio/Rat (T‑111/14, EU:T:2016:505), Molinos Río de la Plata u. a./Rat (T‑112/14 bis T‑116/14 und T‑119/14, EU:T:2016:509), Cargill/Rat (T‑117/14, EU:T:2016:503), LDC Argentina/Rat (T‑118/14, EU:T:2016:502), PT Ciliandra Perkasa/Rat (T‑120/14, EU:T:2016:501) und PT Pelita Agung Agrindustri/Rat (T‑121/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:500) (im Folgenden zusammen: Urteile vom 15. September 2016) erklärte das Gericht die Art. 1 und 2 der streitigen Verordnung für nichtig, soweit sie die Klägerinnen dieser Rechtssachen betrafen.
16 Das Gericht stellte fest, dass die Unionsorgane nicht rechtlich hinreichend nachgewiesen hätten, dass in Argentinien und Indonesien eine erhebliche Verzerrung der Preise der wichtigsten für die Herstellung von Biodiesel verwendeten Rohstoffe vorliege, die sich aus einem System unterschiedlicher Ausfuhrzollsätze ergebe, nach dem auf Rohstoffe und Biodiesel unterschiedliche Steuersätze angewandt würden. Das Gericht war der Auffassung, dass die Unionsorgane nicht davon hätten ausgehen dürfen, dass die Preise für die Rohstoffe in den Aufzeichnungen der argentinischen und indonesischen ausführenden Hersteller nicht angemessen widergespiegelt worden seien, und die Organe daher diese Unterlagen bei der rechnerischen Ermittlung des Normalwerts für in Argentinien und Indonesien hergestellten Biodiesel nicht hätten unberücksichtigt lassen dürfen.
Verordnung (EU) 2015/476
17 In Art. 1 der Verordnung (EU) 2015/476 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2015 über die möglichen Maßnahmen der Union aufgrund eines vom WTO-Streitbeilegungsgremium angenommenen Berichts über Antidumping- oder Antisubventionsmaßnahmen (ABl. 2015, L 83, S. 6) heißt es:
„(1) Nimmt das [Streitbeilegungsgremium (DSB)] einen Bericht über eine aufgrund der [Grundverordnung] … ergriffene Maßnahme der Union (im Folgenden ‚angefochtene Maßnahme‘) an, so kann die Kommission nach dem in Artikel 4 Absatz 3 vorgesehenen Prüfverfahren eine oder mehrere der nachstehenden Maßnahmen ergreifen, sofern sie dies für angemessen erachtet:
a) Aufhebung oder Änderung der angefochtenen Maßnahme, oder
b) andere besondere Durchführungsmaßnahmen, die unter den Umständen des Einzelfalls angemessen erscheinen, um die Union mit den in dem Bericht enthaltenen Empfehlungen und Feststellungen in Einklang zu bringen.
…
(3) Ist es angemessen, vor oder gleichzeitig mit dem Ergreifen von Maßnahmen gemäß Absatz 1 eine Überprüfung durchzuführen, so leitet die Kommission diese Überprüfung ein. Die Kommission informiert die Mitgliedstaaten, wenn sie die Einleitung einer Überprüfung beschließt.“
18 Art. 3 dieser Verordnung sieht vor:
„Sofern nichts anderes bestimmt ist, sind Maßnahmen aufgrund der vorliegenden Verordnung ab ihrem Inkrafttreten wirksam und geben nicht zur Erstattung der vor diesem Zeitpunkt erhobenen Zölle Anlass.“
Durchführungsverordnung 2017/1578
19 Am 18. September 2017 erließ die Kommission die Durchführungsverordnung 2017/1578 zur Änderung der Durchführungsverordnung Nr. 1194/2013 des Rates zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls und zur endgültigen Vereinnahmung des vorläufigen Zolls auf die Einfuhren von Biodiesel mit Ursprung in Argentinien und Indonesien (ABl. 2017, L 239, S. 9).
20 Die Durchführungsverordnung 2017/1578 folgt u. a. auf den Panelbericht, der am 26. Oktober 2016 vom DSB der Welthandelsorganisation (WTO) in der Streitsache EU-Biodiesel (Argentinien) angenommen wurde, wonach festgestellt wurde, dass die Union gegen WTO-Recht verstoßen hatte, als sie Antidumpingzölle auf Biodiesel mit Ursprung in Argentinien verhängt hatte. Wie aus ihrem zwölften Erwägungsgrund hervorgeht, sollen mit dieser Verordnung „nicht WTO-konforme Aspekte der [streitigen] Verordnung überarbeitet und Kohärenz mit [dem Panelbericht und dem Bericht des Berufungsgremiums] hergestellt werden“.
21 In den Erwägungsgründen 130, 134 und 135 dieser Durchführungsverordnung hieß es:
„(130) Die Kommission erinnerte daran, dass diese Überprüfung auf der Grundlage der WTO-Ermächtigungsverordnung eingeleitet wurde, um die Feststellungen und Empfehlungen des Panels und des Berufungsgremiums im Streitfall „Europäische Union – Antidumpingmaßnahmen gegenüber Biodiesel aus Argentinien“ (WT/DS473/15) umzusetzen. Die Überprüfung beschränkt sich demnach auf Angelegenheiten vor der WTO sowie auf mögliche Folgen und/oder Änderungen technischer Art, die sich daraus ergeben. Somit sind alle Vorbringen Wilmars[, eines indonesischen ausführenden Herstellers,] unzulässig. Ferner erinnerte die Kommission daran, dass Wilmar in der Ausgangsuntersuchung bereits einen ähnlichen Einwand zur Gewinnspanne vorgebracht hatte, der zurückgewiesen wurde (vgl. Erwägungsgründe 43 bis 46 der [streitigen] Verordnung …). Nach der Unterrichtung beantragte der mitarbeitende argentinische ausführende Hersteller COFCO Argentina S.A. (zuvor bekannt als ,Noble Argentina S.A.‘), dass das Unternehmen als ,Neuausführer‘ behandelt und als ein ,anderes mitarbeitendes Unternehmen‘ in die Liste der Unternehmen, für die unternehmensspezifische Zollsätze gelten, aufgenommen werden solle.
…
(134) Auf der Grundlage der vorstehend dargelegten Neubewertung [nach Art. 1 Abs. 3 der Verordnung 2015/476] gelangte die Kommission zu dem Schluss, dass sich das in der Ausgangsuntersuchung ermittelte schädigende Dumping bestätigt hat.
(135) Die mit der [streitigen Verordnung] eingeführten Antidumpingmaßnahmen gegenüber den Einfuhren von Biodiesel mit Ursprung in Argentinien und Indonesien sollten daher unter Berücksichtigung der im Falle Argentiniens überarbeiteten und neu berechneten Dumpingspannen (siehe oben) aufrechterhalten werden.“
Durchführungsverordnung (EU) 2018/1570
22 In den Erwägungsgründen 89 bis 94 der Durchführungsverordnung (EU) 2018/1570 der Kommission vom 18. Oktober 2018 zur Einstellung des Verfahrens betreffend die Einfuhren von Biodiesel mit Ursprung in Argentinien und Indonesien und zur Aufhebung der Durchführungsverordnung Nr. 1194/2013 (ABl. 2018, L 262, S. 40) heißt es:
„(89) Die Kommission gelangt zu dem Schluss, dass es nicht möglich ist, zwischen den gedumpten Einfuhren aus Argentinien und der bedeutenden Schädigung des Wirtschaftszweigs der Union angesichts der Bedeutung anderer bekannter zu dieser Schädigung beitragender Faktoren einen echten und wesentlichen ursächlichen Zusammenhang herzustellen.
(90) Ein Unternehmen, COFCO Argentina …, brachte nach der Veröffentlichung der Durchführungsverordnung … 2017/1578 vor, dass es alle drei Kriterien für neue ausführende Hersteller gemäß Artikel 3 der [streitigen] Verordnung erfülle und legte entsprechende sachdienliche Beweise vor. Die Kommission hat den Antrag und die Beweise geprüft. Angesichts der Ergebnisse der erneut eingeleiteten Untersuchung wurde der Antrag jedoch hinfällig.
…
(91) Die Untersuchung sollte eingestellt werden, da i) die Dumpingspannen der Einfuhren aus Indonesien geringfügig sind und ii) kein echter und wesentlicher ursächlicher Zusammenhang zwischen den gedumpten Einfuhren aus Argentinien und der bedeutenden Schädigung des Wirtschaftszweigs der Union nach Maßgabe des Artikels 3 Absatz 7 der [Verordnung (EU) 2016/1036 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2016 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Union gehörenden Ländern (ABl. 2016, L 176, S. 21)] hergestellt werden kann. Das bedeutet, dass die noch geltenden Maßnahmen gegenüber den ausführenden Herstellern aus Argentinien und Indonesien, welche die Antidumpingmaßnahmen vor dem Gericht nicht erfolgreich angefochten hatten, aufgehoben werden sollten. Im Interesse der Klarheit und Rechtssicherheit sollte die [streitige Verordnung] daher aufgehoben werden.
(92) Die nach der [streitigen Verordnung] entrichteten endgültigen Antidumpingzölle auf die Einfuhren von Biodiesel aus Argentinien und Indonesien sowie die vorläufigen Zölle, die nach Artikel 2 jener Verordnung endgültig vereinnahmt wurden, sollten erstattet beziehungsweise erlassen werden, soweit sie sich auf die Einfuhren von Biodiesel beziehen, die von den Unternehmen zur Ausfuhr in die Union verkauft wurden, welche diese Verordnung erfolgreich vor Gericht angefochten haben, nämlich die argentinischen ausführenden Hersteller Unitec Bio SA, Molinos Rio de la Plata SA, Oleaginosa Moreno Hermanos SACIFI y A, Vicentin SAIC, Aceitera General Deheza SA, Bunge Argentina SA, Cargill SACI, Louis Dreyfus Commodities S.A. (LDC Argentina SA) und die indonesischen ausführenden Hersteller PT Pelita Agung Agrindustri, PT Ciliandra Perkasa, PT Wilmar Bioenergi Indonesia, PT Wilmar Nabati Indonesia, PT Perindustrian dan Perdagangan Musim Semi Mas (PT Musim Mas). Die Erstattung oder der Erlass ist nach den geltenden Zollvorschriften bei den nationalen Zollbehörden zu beantragen.
(93) Nach der Unterrichtung brachte PT Cermerlang Energi Perkasa vor, die Erstattung und der Erlass von Antidumpingzöllen sollten allen Unternehmen offen stehen, die diese Zölle entrichten mussten, und nicht nur den Unternehmen, die die [streitige] Verordnung erfolgreich vor Gericht angefochten hatten. Ferner sollte nicht nur die [streitige Verordnung], sondern auch die Änderungsverordnung … 2017/1578 aufgehoben werden.
(94) Erstens erinnerte die Kommission daran, dass mit der Verordnung … 2017/1578 lediglich die [streitige Verordnung] geändert wurde. Da die letztgenannte Verordnung aufgehoben wird, verliert die Änderungsverordnung ihre Rechtswirkung. Daher besteht keine Notwendigkeit, diese Verordnung ausdrücklich aufzuheben. Zweitens gilt die Nichtigerklärung der [streitigen Verordnung] durch das Gericht nur für diejenigen Unternehmen, die diese Verordnung vor dem Gericht angefochten haben. Dementsprechend wurden die von anderen Unternehmen erhobenen Antidumpingzölle nach dem Unionsrecht rechtmäßig erhoben. …“
23 Art. 1 der Verordnung 2018/1570 bestimmt, dass „[d]as Antidumpingverfahren betreffend die Einfuhren von durch Synthese und/oder Hydrotreating gewonnenen Fettsäuremonoalkylestern und/oder paraffinischen Gasölen nichtfossilen Ursprungs, in Reinform oder in Gemischen, mit Ursprung in Argentinien und Indonesien, die derzeit unter den KN-Codes … eingereiht werden [‚Biodiesel‘], … eingestellt [wird]“.
24 Art. 3 dieser Verordnung sieht vor, dass „[d]ie [streitige Verordnung] … aufgehoben [wird]“.
Ausgangsverfahren und Vorlagefrage
25 Die Klägerin des Ausgangsverfahrens, Vitol, eine Gesellschaft Schweizer Rechts, ist eine unabhängige Einführerin von Biodiesel. Sie wird weder in der streitigen Verordnung noch in der Durchführungsverordnung 2017/1578 erwähnt. Das Unternehmen COFCO Argentina, der argentinische Lieferant von Biodiesel der Klägerin des Ausgangsverfahrens, wird jedoch im 130. Erwägungsgrund der letztgenannten Verordnung erwähnt und unter den „anderen mitarbeitenden Unternehmen“ in die Liste der Unternehmen aufgenommen, für die unternehmensspezifische Zollsätze gelten.
26 Am 6. März 2018 reichte die Gesellschaft belgischen Rechts BVBA Vandevyver im Namen der Klägerin des Ausgangsverfahrens zwei Anmeldungen für die Einfuhr von Biodiesel aus Argentinien ein, von denen nur eine im Ausgangsrechtsstreit in Rede steht. Im Rahmen der betreffenden Anmeldung zahlte diese Klägerin auf der Grundlage der streitigen Verordnung in der durch die Durchführungsverordnung 2017/1578 geänderten Fassung Antidumpingzölle in Höhe von 1 272 023,58 Euro.
27 Am 3. April 2018 beantragte die Klägerin des Ausgangsverfahrens bei den zuständigen nationalen Behörden die Erstattung der von ihr entrichteten Antidumpingzölle. Mit Entscheidung vom 22. Juni 2018 wurde dieser Erstattungsantrag abgelehnt. Am 20. September 2018 legte sie gegen diesen Bescheid Einspruch ein, der mit Entscheidung vom 21. Mai 2019 zurückgewiesen wurde. Der von der Klägerin des Ausgangsverfahrens beim Adviseur-generaal (Generalberater, Belgien) gegen diese Entscheidung eingelegte Rechtsbehelf wurde am 25. August 2020 ebenfalls zurückgewiesen.
28 Am 13. November 2020 erhob die Klägerin des Ausgangsverfahrens Klage beim vorlegenden Gericht. In diesem Rahmen beantragte sie, dem Gerichtshof eine Frage nach der Vereinbarkeit der streitigen Verordnung in der durch die Durchführungsverordnung 2017/1578 geänderten Fassung mit der damals geltenden Grundverordnung zur Vorabentscheidung vorzulegen.
29 Das vorlegende Gericht weist erstens darauf hin, dass eine Person nur dann, wenn feststehe, dass eine direkte Klage nach Art. 263 Abs. 4 AEUV ohne jeden Zweifel zulässig gewesen wäre, daran gehindert sei, sich vor dem zuständigen nationalen Gericht auf ihre Ungültigkeit zu berufen. Obwohl der Gerichtshof diese Prüfung grundsätzlich im Rahmen der Vorabentscheidung vornehme, spreche nichts dagegen, dass das vorlegende Gericht bereits eine summarische Prüfung hinsichtlich der Frage vornehme, ob die Vorlage einer Vorabentscheidungsfrage erforderlich sei. Auf der Grundlage der ihm vorliegenden Unterlagen könne jedoch nicht festgestellt werden, dass die Klägerin des Ausgangsverfahrens ohne jeden Zweifel berechtigt gewesen sei, eine Nichtigkeitsklage gegen die streitige Verordnung nach Art. 263 Abs. 4 AEUV zu erheben.
30 Das vorlegende Gericht ist zweitens der Ansicht, dass die Frage, ob die Gültigkeit der streitigen Verordnung in der durch die Durchführungsverordnung 2017/1578 geänderten Fassung noch in Frage gestellt werden könne, und ob sich möglicherweise ein Problem hinsichtlich der Gültigkeit ergeben könne, für den Erlass des Urteils im Ausgangsverfahren relevant sein könnten. Im vorliegenden Fall habe die Klägerin des Ausgangsverfahrens plausibel dargelegt, dass die in der streitigen Verordnung vorgesehenen Antidumpingzölle möglicherweise gegen die Grundverordnung verstießen. Das vorlegende Gericht verweist insoweit auf die Urteile vom 15. September 2016 und weist darauf hin, dass weder die Durchführungsverordnung 2017/1578, mit der die Antidumpingzölle herabgesetzt worden seien, noch die Durchführungsverordnung 2018/1570, mit der die streitige Verordnung für die Zukunft aufgehoben worden sei, die etwaige Unvereinbarkeit der streitigen Verordnung mit der Grundverordnung in Frage stellten.
31 Unter diesen Umständen hat die Nederlandstalige rechtbank van eerste aanleg Brussel (niederländischsprachiges Gericht Erster Instanz von Brüssel, Belgien) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:
Verstößt die streitige Verordnung in der durch die Durchführungsverordnung 2017/1578 geänderten Fassung gegen die Grundverordnung, u. a. weil
– nicht nachgewiesen wurde, dass die Voraussetzungen vorlagen, um bei der Berechnung des Normalwerts der gleichartigen Ware von den mit der Herstellung und dem Verkauf dieser Ware verbundenen Kosten, wie sie sich aus den Aufzeichnungen der überprüften argentinischen ausführenden Hersteller ergaben, gemäß der in Art. 2 Abs. 5 der Grundverordnung aufgestellten Regel abzuweichen,
– die Auswirkungen der Einfuhren zu Unrecht gemäß Art. 3 Abs. 4 der Grundverordnung kumulativ beurteilt wurden und folglich nicht ausreichend nachgewiesen wurde, dass gedumpte Einfuhren vorlagen, die eine Schädigung im Sinne von Art. 3 Abs. 6 und 7 der Grundverordnung verursacht haben,
– und somit kein Dumping vorlag und kein Antidumpingzoll gemäß Art. 1 der Grundverordnung erhoben werden konnte?
Zur Zulässigkeit des Vorabentscheidungsersuchens
32 Die Zulässigkeit des vorliegenden Vorabentscheidungsersuchens, bei dem es um die Beurteilung der Gültigkeit der streitigen Verordnung geht, wird in zweifacher Hinsicht in Frage gestellt. Zum einen stellt sich in Anbetracht der Erklärungen der belgischen und der griechischen Regierung sowie des Rates die Frage, ob die Klägerin des Ausgangsverfahrens die Möglichkeit hat, diese Verordnung anzufechten, obwohl sie gegen diese keine Nichtigkeitsklage erhoben hat. Zum anderen ist unter Berücksichtigung speziell der von der Kommission abgegebenen Erklärungen zu prüfen, ob das vorlegende Gericht die Gründe, aus denen sich die Gültigkeit der streitigen Verordnung im vorliegenden Fall als problematisch erweist, hinreichend darlegt.
Zur Befugnis zur Erhebung einer Klage auf Nichtigerklärung der streitigen Verordnung nach Art. 263 Abs. 4 AEUV
33 In ihren beim Gerichtshof abgegebenen schriftlichen Erklärungen äußern die belgische und die griechische Regierung sowie der Rat Zweifel an der Zulässigkeit des vorliegenden Vorabentscheidungsersuchens im Hinblick auf die Rechtsprechung, die sich u. a. aus den Urteilen vom 9. März 1994, TWD Textilwerke Deggendorf (C‑188/92, EU:C:1994:90), und vom 15. Februar 2001, Nachi Europe (C‑239/99, EU:C:2001:101), ergebe, da die Klägerin des Ausgangsverfahrens vor dem Unionsrichter ohne jeden Zweifel eine Nichtigkeitsklage gemäß Art. 263 Abs. 4 AEUV gegen die streitige Verordnung hätte erheben können.
34 Insoweit ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass sich nur derjenige im Rahmen einer Klage vor einem innerstaatlichen Gericht auf die Ungültigkeit von Bestimmungen in einem Unionsrechtsakt, der Grundlage für eine ihm gegenüber ergangene nationale Entscheidung ist, berufen kann, der auch nach Art. 263 Abs. 4 AEUV fristgerecht eine Nichtigkeitsklage gegen den betreffenden Unionsrechtsakt erhoben hat oder dies deshalb nicht getan hat, weil er nicht ohne jeden Zweifel dazu befugt war (Urteile vom 25. Juli 2018, Georgsmarienhütte u. a., C‑135/16, EU:C:2018:582, Rn. 17 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 21. Dezember 2021, Vítkovice Steel, C‑524/20, EU:C:2021:1048, Rn. 59).
35 Daher ist eine Person nur dann, wenn davon ausgegangen werden kann, dass sie ohne jeden Zweifel befugt gewesen wäre, eine Klage auf Nichtigerklärung eines Unionsrechtsakts nach Art. 263 Abs. 4 AEUV zu erheben, daran gehindert, sich vor den nationalen Gerichten auf seine Ungültigkeit zu berufen und diese demnach gegebenenfalls zu veranlassen, dem Gerichtshof auf der Grundlage von Art. 267 AEUV Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen. Da somit Zweifel daran bestehen können, dass die betreffende Partei von der streitigen Bestimmung oder den streitigen Bestimmungen unmittelbar und individuell betroffen ist, kann die Einrede der Unzulässigkeit, die sich aus der in der vorstehenden Randnummer des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung ergibt, nicht geltend gemacht werden.
36 Was im vorliegenden Fall zunächst die Frage betrifft, ob die Klägerin des Ausgangsverfahrens eindeutig vor dem Unionsrichter eine Klage nach Art. 263 Abs. 4 letzter Satzteil AEUV gegen die streitige Verordnung hätte erheben können, weil diese einen Rechtsakt mit Verordnungscharakter darstellte, der sie unmittelbar betraf und keine Durchführungsmaßnahmen im Sinne dieser Bestimmung nach sich zog, genügt die Feststellung, dass ihr die Zahlung der Antidumpingzölle mit dem Bescheid vom 22. Juni 2018 auferlegt wurde. Es ist nämlich für die Feststellung, ob ein Rechtsakt Durchführungsmaßnahmen nach sich zieht, nicht relevant, ob die auf nationaler Ebene getroffenen Maßnahmen mechanischen Charakter haben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Oktober 2018, Internacional de Productos Metálicos/Kommission, C‑145/17 P, EU:C:2018:839, Rn. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung). Folglich kann nicht davon ausgegangen werden, dass diese Verordnung offensichtlich keine Durchführungsmaßnahmen im Sinne dieser Vorschrift nach sich zieht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. März 2021, Von Aschenbach & Voss, C‑708/19, EU:C:2021:190, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung).
37 Unter diesen Umständen würde der Klägerin des Ausgangsverfahrens nur dann das Recht genommen, sich vor den nationalen Gerichten auf die Ungültigkeit dieser Verordnung zu berufen, wenn davon ausgegangen werden kann, dass sie ohne jeden Zweifel von der streitigen Verordnung im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV unmittelbar und individuell betroffen ist.
38 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass Verordnungen, die einen Antidumpingzoll einführen, normativen Charakter haben, da sie für die Gesamtheit der betroffenen Wirtschaftsteilnehmer gelten (Urteil vom 10. März 2021, Von Aschenbach & Voss, C‑708/19, EU:C:2021:190, Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung).
39 Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs geht jedoch hervor, dass ein Wirtschaftsteilnehmer von einer Verordnung, durch die ein Antidumpingzoll eingeführt wird, unmittelbar und individuell betroffen sein kann (Urteil vom 10. März 2021, Von Aschenbach & Voss, C‑708/19, EU:C:2021:190, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).
40 Was erstens die Frage betrifft, ob die Klägerin des Ausgangsverfahrens von der streitigen Verordnung unmittelbar betroffen war, ist unstreitig, dass diese Verordnung ihre Rechtsstellung unmittelbar berührt hat, da sie die Rechtsgrundlage für den gegen sie verhängten Antidumpingzoll bildete.
41 Was zweitens die Frage angeht, ob die Klägerin von der streitigen Verordnung individuell betroffen war, ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof bestimmte Kategorien von Wirtschaftsteilnehmern bezeichnet hat, die als von einer Verordnung, durch die ein Antidumpingzoll eingeführt wird, individuell betroffen angesehen werden können, ohne dass dies ausschließt, dass auch andere Wirtschaftsteilnehmer wegen bestimmter sie besonders kennzeichnender Eigenschaften, die sie aus dem Kreis aller übrigen Personen herausheben, von einer solchen Verordnung individuell betroffen sein können (Urteil vom 10. März 2021, Von Aschenbach & Voss, C‑708/19, EU:C:2021:190, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung).
42 Von einer Verordnung, durch die ein Antidumpingzoll eingeführt wird, können erstens diejenigen Hersteller und Ausführer der betroffenen Ware individuell betroffen sein, denen aufgrund von Angaben über ihre geschäftliche Tätigkeit Dumpingpraktiken vorgeworfen werden, zweitens diejenigen Einführer der betroffenen Ware, deren Weiterverkaufspreise bei der rechnerischen Ermittlung der Ausfuhrpreise berücksichtigt wurden und die daher von den Feststellungen über das Vorliegen eines Dumpings betroffen sind, und drittens diejenigen Einführer, die mit Ausführern der betroffenen Ware geschäftlich verbunden sind, vor allem dann, wenn der Ausfuhrpreis auf der Grundlage der von diesen Einführern praktizierten Wiederverkaufspreise auf dem Markt der Union berechnet wurde, und dann, wenn der Antidumpingzoll selbst anhand dieser Wiederverkaufspreise berechnet wurde (Urteil vom 10. März 2021, Von Aschenbach & Voss, C‑708/19, EU:C:2021:190, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung).
43 Daher reicht die Eigenschaft als Einführer für sich genommen nicht aus, um einen Einführer als von einer Verordnung, mit der ein Antidumpingzoll eingeführt wird, individuell betroffen anzusehen. Ein Einführer ist nämlich, selbst wenn er mit den Ausführern der betreffenden Ware geschäftlich verbunden ist, nur dann individuell betroffen, wenn er beweisen kann, dass Angaben zu seiner geschäftlichen Tätigkeit zur Feststellung von Dumpingpraktiken berücksichtigt wurden oder, wenn dies nicht der Fall ist, dass er andere ihn besonders kennzeichnende Eigenschaften aufweist, die ihn aus dem Kreis aller übrigen Personen herausheben (Urteil vom 10. März 2021, Von Aschenbach & Voss, C‑708/19, EU:C:2021:190, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).
44 Auch wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass ein Einführer der betroffenen Ware als von einer Verordnung, durch die ein Antidumpingzoll eingeführt wird, individuell betroffen angesehen werden kann, muss er doch das Vorliegen bestimmter ihn besonders kennzeichnender Eigenschaften, die ihn aus dem Kreis aller übrigen Personen herausheben, nachweisen.
45 Das vorlegende Gericht weist aber darauf hin, dass auf der Grundlage der ihm vorliegenden Unterlagen nicht festgestellt werden könne, dass die Klägerin des Ausgangsverfahrens ohne jeden Zweifel berechtigt gewesen sei, eine Klage nach Art. 263 AEUV zu erheben.
46 Im vorliegenden Fall ist nämlich zunächst nicht nachgewiesen worden, dass Daten zur Geschäftstätigkeit der Klägerin des Ausgangsverfahrens bei der Feststellung von Dumpingpraktiken berücksichtigt wurden. Insbesondere ist nicht nachgewiesen worden, dass die etwaigen Wiederverkaufspreise der Klägerin des Ausgangsverfahrens bei der rechnerischen Ermittlung der Ausfuhrpreise herangezogen wurden und dass sie daher von den Feststellungen zum Vorliegen eines Dumpings betroffen ist.
47 Sodann ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin des Ausgangsverfahrens auch nicht an dem Verwaltungsverfahren beteiligt war, das zum Erlass des Antidumpingzolls geführt hat, wie dies u. a. in der Rechtssache der Fall war, in der das Urteil vom 10. März 2021, Von Aschenbach & Voss (C‑708/19, EU:C:2021:190), ergangen ist.
48 Schließlich trifft es zwar zu, dass der argentinische Biodiesellieferant der Klägerin des Ausgangsverfahrens, COFCO Argentina, in der Durchführungsverordnung 2017/1578 (130. Erwägungsgrund) und in der Durchführungsverordnung 2018/1570 (90. Erwägungsgrund) namentlich genannt wird, doch ist dieser Umstand nicht geeignet, die Klägerin des Ausgangsverfahrens zu individualisieren, so dass diese, wie es die Rechtsprechung verlangt, ohne jeden Zweifel als klagebefugt im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV angesehen werden konnte.
49 Insoweit ist es unerheblich, dass sich die Klägerin des Ausgangsverfahrens der Nichtigkeitsklage ihres Herstellers, mit dem sie geschäftlich verbunden ist, gegebenenfalls hätte anschließen können. Diese Möglichkeit belegt nämlich nicht, dass die Klägerin des Ausgangsverfahrens ohne jeden Zweifel von der streitigen Verordnung individuell betroffen wäre.
50 Nach alledem ist festzustellen, dass die dem Gerichtshof vorliegenden Informationen nicht die Annahme zulassen, dass Vitol ohne jeden Zweifel befugt gewesen wäre, vor dem Unionsrichter auf der Grundlage von Art. 263 Abs. 4 AEUV eine Nichtigkeitsklage gegen die streitige Verordnung zu erheben.
Zur Frage, ob die in der Vorlageentscheidung dargelegten Angaben ausreichen, um die Gültigkeit der streitigen Verordnung in Frage zu stellen
51 Die Kommission bezweifelt die Zulässigkeit des Vorabentscheidungsersuchens und macht geltend, das vorlegende Gericht habe nicht die Gründe dargelegt, aus denen es die Gültigkeit der streitigen Verordnung in Frage stelle.
52 Es ist darauf hinzuweisen, dass aus dem Geist der Zusammenarbeit, in dem das Vorabentscheidungsverfahren durchzuführen ist, folgt, dass es unerlässlich ist, dass das nationale Gericht in seiner Vorlageentscheidung die genauen Gründe darlegt, aus denen es eine Beantwortung seiner Fragen nach der Auslegung oder der Gültigkeit bestimmter Vorschriften des Unionsrechts für entscheidungserheblich hält (Urteil vom 4. Mai 2016, Philip Morris Brands u. a., C‑547/14, EU:C:2016:325, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung).
53 Daher ist entscheidend, dass das nationale Gericht insbesondere die genauen Gründe angibt, aus denen ihm die Gültigkeit von Bestimmungen des Unionsrechts fraglich erscheint, und die Gründe angibt, aus denen es sie für ungültig hält (Urteil vom 4. Mai 2016, Philip Morris Brands u. a., C‑547/14, EU:C:2016:325, Rn. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung). Dieses Erfordernis ergibt sich auch aus Art. 94 Buchst. c der Verfahrensordnung des Gerichtshofs.
54 In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, dass die Angaben in den Vorlageentscheidungen nicht nur dem Gerichtshof zweckdienliche Antworten ermöglichen, sondern auch den Regierungen der Mitgliedstaaten und den anderen Beteiligten die Möglichkeit geben sollen, gemäß Art. 23 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union Erklärungen abzugeben. Der Gerichtshof hat darüber zu wachen, dass diese Möglichkeit gewahrt wird, wobei zu berücksichtigen ist, dass den Beteiligten aufgrund der genannten Vorschrift nur die Vorlageentscheidungen zugestellt werden (Urteil vom 5. Mai 2022, Universiteit Antwerpen u. a., C‑265/20, EU:C:2022:361, Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).
55 Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich zum einen, dass der Gerichtshof die Gültigkeit eines Unionsrechtsakts oder bestimmter Vorschriften dieses Rechtsakts im Rahmen einer Vorlage zur Vorabentscheidung anhand der in der Vorlageentscheidung bezeichneten Ungültigkeitsgründe prüft. Werden die genauen Gründe, aus denen die Gültigkeit dieses Rechtsakts oder dieser Vorschriften dem vorlegenden Gericht fraglich erscheint, überhaupt nicht angegeben, führt dies zur Unzulässigkeit der Fragen, die deren Gültigkeit betreffen (vgl. u. a. Urteil vom 4. Mai 2016, Philip Morris Brands u. a., C‑547/14, EU:C:2016:325, Rn. 50).
56 Im vorliegenden Fall enthält das Vorabentscheidungsersuchen hinreichende Angaben zu den Gründen, die das vorlegende Gericht veranlasst haben, den Gerichtshof nach der Gültigkeit der streitigen Verordnung zu fragen. Das vorlegende Gericht bezieht sich insbesondere auf die Feststellungen des Gerichts in den Urteilen vom 15. September 2016, wonach der Rat und die Kommission bei der Berechnung des Normalwerts von Biodiesel, der nach der streitigen Verordnung in Argentinien und Indonesien hergestellt worden sei, nicht hätten davon ausgehen dürfen, dass die Aufzeichnungen der argentinischen und der indonesischen ausführenden Hersteller die Preise der Rohstoffe nicht angemessen widerspiegelten, und dass diese Organe daher diese Dokumente bei dieser Berechnung nicht hätten unberücksichtigt lassen dürfen. Das vorlegende Gericht weist außerdem darauf hin, dass die Durchführungsverordnung 2017/1578 die rechtsfehlerhaften Schlussfolgerungen, mit denen die streitige Verordnung in Bezug auf die Berechnung der Dumpingspanne ab initio behaftet gewesen sei, nicht berichtigt habe.
57 Unter diesen Umständen verfügt der Gerichtshof über die tatsächlichen und rechtlichen Angaben, die für eine zweckdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Frage erforderlich sind. Diese Angaben haben es der Kommission außerdem ermöglicht, in der Sache zu der dem Gerichtshof vorgelegten Frage sachdienlich Stellung zu nehmen.
58 Der Umstand, dass die Frage nach den Ausführungen der Kommission auf einem möglichen Missverständnis hinsichtlich der Tragweite der Urteile vom 15. September 2016 beruht, betrifft die materiell-rechtliche Frage der Beurteilung der Gültigkeit der streitigen Verordnung.
59 Nach alledem ist das Vorabentscheidungsersuchen für zulässig zu erklären.
Zur Vorlagefrage
60 Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob die streitige Verordnung in der durch die Durchführungsverordnung 2017/1578 geänderten Fassung wegen Verstoßes gegen die Grundverordnung ungültig ist.
61 Es möchte insbesondere wissen, ob die streitige Verordnung in der durch die Durchführungsverordnung 2017/1578 geänderten Fassung erstens gegen Art. 2 Abs. 5 der Grundverordnung verstößt, da im Rahmen der Berechnung des Normalwerts der gleichartigen Ware nicht nachgewiesen wurde, dass die Voraussetzungen für ein Abweichen von der Verwendung der mit der Herstellung und dem Verkauf dieser Ware verbundenen Kosten entsprechend den Aufzeichnungen der von der Untersuchung betroffenen argentinischen ausführenden Hersteller erfüllt waren. Zweitens möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die streitige Verordnung in der durch die Durchführungsverordnung 2017/1578 geänderten Fassung gegen die Grundverordnung verstößt, da die Auswirkungen der Einfuhren unter Verstoß gegen Art. 3 Abs. 4 der Grundverordnung kumulativ beurteilt wurden und daher nicht hinreichend nachgewiesen wurde, dass die Einfuhren gedumpt waren und den Wirtschaftszweig der Union im Sinne von Art. 3 Abs. 6 und 7 dieser Verordnung geschädigt haben.
62 Vorab ist daran zu erinnern, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs die Unionsorgane im Bereich der gemeinsamen Handelspolitik, besonders im Bereich handelspolitischer Schutzmaßnahmen, wegen der Komplexität der von ihnen zu prüfenden wirtschaftlichen und politischen Sachverhalte über ein weites Ermessen verfügen (Urteil vom 4. Februar 2021, eurocylinder systems, C‑324/19, EU:C:2021:94, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).
63 Die gerichtliche Kontrolle der Ausübung eines solchen Ermessens ist sowohl im Rahmen einer auf Art. 263 AEUV gestützten Klage als auch im Rahmen eines gemäß Art. 267 AEUV eingereichten Ersuchens um Vorabentscheidung über die Gültigkeit auf die Prüfung der Fragen zu beschränken, ob die Verfahrensvorschriften eingehalten wurden, ob der Sachverhalt, der der beanstandeten Entscheidung zugrunde gelegt wurde, zutreffend festgestellt ist und ob keine offensichtlich fehlerhafte Beurteilung dieses Sachverhalts und kein Ermessensmissbrauch vorliegen (Urteil vom 4. Februar 2021, eurocylinder systems, C‑324/19, EU:C:2021:94, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung).
64 Eine Kontrolle, die sich darauf beschränkt, zu klären, ob die Gesichtspunkte, die die Unionsorgane ihren Feststellungen zugrunde legen, die aus ihnen gezogenen Schlüsse stützen können, greift nämlich nicht in ihr weites Ermessen im Bereich der Handelspolitik ein (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Februar 2012, Rat und Kommission/Interpipe Niko Tube und Interpipe NTRP, C‑191/09 P und C‑200/09 P, EU:C:2012:78, Rn. 68).
65 Im vorliegenden Fall beruhen die Gründe, aus denen das vorlegende Gericht Zweifel an der Gültigkeit der streitigen Verordnung in der durch die Durchführungsverordnung 2017/1578 geänderten Fassung hat, im Wesentlichen auf den Beurteilungen des Gerichts in den Urteilen vom 15. September 2016 und auf den Feststellungen, die nach der erneuten Einleitung der die in Rede stehenden Waren betreffenden Antidumpinguntersuchung im Mai 2018 getroffen wurden.
66 Was erstens die Frage betrifft, ob die streitige Verordnung in der durch die Durchführungsverordnung 2017/1578 geänderten Fassung gegen Art. 2 Abs. 5 der Grundverordnung verstößt, ist darauf hinzuweisen, dass diese Bestimmung es erlaubt, bei der Berechnung des „Normalwerts“ der gleichartigen Ware von den Kosten abzuweichen, die in den Aufzeichnungen der untersuchten ausführenden Hersteller angegeben sind, wobei dieser Wert der Feststellung dient, ob ein Dumping im Sinne von Art. 1 Abs. 2 der Grundverordnung vorliegt.
67 Wie das vorlegende Gericht ausgeführt hat, ist aber in der streitigen Verordnung in der durch die Durchführungsverordnung 2017/1578 geänderten Fassung nicht nachgewiesen worden, dass die in Art. 2 Abs. 5 der Grundverordnung für die Berechnung des Normalwerts der gleichartigen Ware vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt waren.
68 Diese Schlussfolgerung ergibt sich u. a. aus den Urteilen vom 15. September 2016, die auf mehrere Nichtigkeitsklagen einer Reihe argentinischer und indonesischer ausführender Hersteller folgen. Nach seiner Prüfung hatte das Gericht im Wesentlichen entschieden, dass die Organe das Vorliegen einer erheblichen Verzerrung der Preise der wichtigsten für die Herstellung von Biodiesel in Argentinien und Indonesien verwendeten Rohstoffe, die sich aus einem System unterschiedlicher Ausfuhrzollsätze ergebe, nach dem auf Rohstoffe und Biodiesel unterschiedliche Steuersätze angewandt würden, nicht rechtlich hinreichend nachgewiesen hätten.
69 Das Gericht war daher der Ansicht, dass die Organe nicht hätten davon ausgehen dürfen, dass die Preise der Rohstoffe in den Aufzeichnungen der argentinischen und der indonesischen ausführenden Hersteller nicht angemessen widergespiegelt worden seien, und dass sie diese Aufzeichnungen bei der Berechnung des Normalwerts des in Argentinien und Indonesien hergestellten Biodiesels nicht hätten unberücksichtigt lassen dürfen. Es hat daher die Art. 1 und 2 der streitigen Verordnung für nichtig erklärt, soweit sie die Gesellschaften betrafen, die diese Verordnung durch die Erhebung einer Nichtigkeitsklage nach Art. 263 AEUV angefochten hatten.
70 Nach der Entscheidung des Rates, seine Rechtsmittel gegen die Urteile vom 15. September 2016 in den Rechtssachen C‑602/16 P bis C‑609/16 P zurückzunehmen, sind diese Rechtssachen mit Beschlüssen des Präsidenten des Gerichtshofs vom 15. und 16. Februar 2018 im Register des Gerichtshofs gestrichen worden. Folglich sind die Urteile vom 15. September 2016 rechtskräftig geworden und sind seit dem Tag ihrer Verkündung bindend, wobei die absolute Rechtskraft eines Nichtigkeitsurteils eines Unionsgerichts sowohl den Tenor des Urteils als auch die tragenden Gründe der Entscheidung erfasst (Urteil vom 14. November 2017, British Airways/Kommission, C‑122/16 P, EU:C:2017:861, Rn. 82 und die dort angeführte Rechtsprechung).
71 Die Urteile vom 15. September 2016 erklären die streitige Verordnung zwar nur insoweit für nichtig, als sie die Kläger der jeweiligen Rechtssachen betrifft, und zwar im Einklang mit dem Grundsatz, dass ein Punkt der Begründung eines Nichtigkeitsurteils keine Verbindlichkeit für Personen hat, die nicht Partei des Verfahrens waren und für die das Urteil daher keine wie auch immer geartete Entscheidung enthalten kann (Urteil vom 14. September 1999, Kommission/AssiDomän Kraft Products u. a., C‑310/97 P, EU:C:1999:407, Rn. 55), doch sind alle Konsequenzen aus den Feststellungen zu ziehen, die sowohl das Gericht als auch die Kommission selbst im Anschluss an die erneut eingeleitete Antidumpinguntersuchung betreffend die Einfuhren von Biodiesel mit Ursprung in Argentinien und Indonesien im Mai 2018 getroffen haben.
72 Es stellte sich jedoch klar heraus, dass das Vorgehen des Rates, bei der Berechnung des Normalwerts der gleichartigen Ware von den Kosten der wichtigsten Rohstoffe, die in den Aufzeichnungen der überprüften argentinischen ausführenden Hersteller angegeben waren, wegen der durch das System der unterschiedlichen Ausfuhrzollsätze verursachten Verzerrung der Preise dieser Rohstoffe abzuweichen und sie durch den Referenzpreis zu ersetzen, nicht mit Art. 2 Abs. 5 Unterabs. 1 und 2 der Grundverordnung vereinbar war.
73 Dieses Ergebnis kann nicht dadurch in Frage gestellt werden, dass es im 94. Erwägungsgrund der Durchführungsverordnung 2018/1570 heißt, dass „[d]ie Nichtigerklärung der [streitigen] Verordnung durch das Gericht … nur für … Unternehmen [gilt], die diese Verordnung vor dem Gericht angefochten haben, [und dass] die von anderen Unternehmen erhobenen Antidumpingzölle nach dem Unionsrecht rechtmäßig erhoben [wurden]“. Eine solche Feststellung kann der Möglichkeit eines nationalen Gerichts, das mit einer Anfechtung der von den nationalen Behörden in Anwendung der streitigen Verordnung erlassenen individuellen Rechtsakte befasst ist, die Gültigkeit dieser Verordnung im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens in Frage zu stellen, nicht vorgreifen, sofern nicht erwiesen ist, dass die betroffene Person ohne jeden Zweifel über eine Klagebefugnis verfügt hat, um die Nichtigerklärung dieser Verordnung zu erwirken.
74 Was zweitens die Frage betrifft, ob die streitige Verordnung in der durch die Durchführungsverordnung 2017/1578 geänderten Fassung gegen die Grundverordnung verstößt, weil die Auswirkungen der Einfuhren zu Unrecht Gegenstand einer kumulativen Beurteilung nach Art. 3 Abs. 4 der Grundverordnung gewesen seien, so dass gemäß Art. 3 Abs. 6 und 7 der Grundverordnung nicht rechtlich hinreichend nachgewiesen worden sei, dass es sich um gedumpte Einfuhren handelt, die eine Schädigung im Sinne dieser Verordnung verursacht haben, ist die erneute Einleitung der die fraglichen Waren betreffenden Antidumpinguntersuchung, die zum Erlass der Durchführungsverordnung 2018/1570 und zur Aufhebung der streitigen Verordnung geführt hat, beides zeitlich nach dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Sachverhalt, heranzuziehen.
75 Mit der Durchführungsverordnung 2018/1570 kam die Kommission im Anschluss an die erneute Einleitung der Untersuchung, insbesondere im Anschluss an die Urteile vom 15. September 2016, zu dem Schluss, dass nicht nur die Dumpingspannen Indonesiens geringfügig seien, sondern dass auch nicht davon ausgegangen werden könne, dass ein echter und wesentlicher ursächlicher Zusammenhang zwischen den gedumpten Einfuhren aus Argentinien und der bedeutenden Schädigung des Wirtschaftszweigs der Union hergestellt werden könne, wie dies nach der Grundverordnung erforderlich sei (Erwägungsgründe 81 bis 89). Denn wenn man die Auswirkungen der Einfuhren aus Argentinien unabhängig von Indonesien betrachtet, kann nicht festgestellt werden, dass ein solcher Kausalzusammenhang bestand.
76 Unter diesen Umständen ist die streitige Verordnung in der durch die Durchführungsverordnung 2017/1578 geänderten Fassung wegen eines Verstoßes gegen die Grundverordnung offensichtlich ungültig, weil nicht rechtlich hinreichend nachgewiesen wurde, dass die Einfuhren gedumpt waren und den Wirtschaftszweig der Union im Sinne von Art. 3 Abs. 6 und 7 der letztgenannten Verordnung geschädigt haben.
77 Somit sind alle Konsequenzen aus der u. a. im 91. Erwägungsgrund der Durchführungsverordnung 2018/1570 angeführten Feststellung zu ziehen, wonach bei Erlass der streitigen Verordnung nicht nachgewiesen worden sei, dass ein echter und wesentlicher ursächlicher Zusammenhang zwischen den gedumpten Einfuhren aus Argentinien und der bedeutenden Schädigung des Wirtschaftszweigs der Union nach Maßgabe von Art. 3 Abs. 6 und 7 der Grundverordnung hergestellt werden könne. Daraus folgt zwangsläufig, dass nicht ordnungsgemäß nachgewiesen wurde, dass eine durch Dumping verursachte Schädigung vorlag, und dass folglich kein Antidumpingzoll im Sinne von Art. 1 der Grundverordnung eingeführt werden konnte.
78 Nach alledem ist festzustellen, dass die streitige Verordnung in der durch die Durchführungsverordnung 2017/1578 geänderten Fassung ungültig ist, da sie gegen die Anforderungen aus Art. 2 Abs. 5 sowie Art. 3 Abs. 4, 6 und 7 der Grundverordnung verstößt.
Kosten
79 Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des beim vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Siebte Kammer) für Recht erkannt:
Die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1194/2013 des Rates vom 19. November 2013 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls und zur endgültigen Vereinnahmung des vorläufigen Zolls auf die Einfuhren von Biodiesel mit Ursprung in Argentinien und Indonesien in der durch die Durchführungsverordnung (EU) 2017/1578 der Kommission vom 18. September 2017 geänderten Fassung ist ungültig, da sie gegen die Anforderungen aus Art. 2 Abs. 5 sowie Art. 3 Abs. 4, 6 und 7 der Verordnung (EG) Nr. 1225/2009 des Rates vom 30. November 2009 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen [Union] gehörenden Ländern verstößt.
Unterschriften