T-628/22 – Repasi/ Kommission

T-628/22 – Repasi/ Kommission

CURIA – Documents

Language of document : ECLI:EU:T:2023:353

BESCHLUSS DES GERICHTS (Sechste Kammer)

21. Juni 2023(*)

„Nichtigkeitsklage – Umwelt – Delegierte Verordnung (EU) 2022/1214 – Taxonomie – Wirtschaftstätigkeiten in den Sektoren fossiles Gas und Kernenergie – Einbeziehung in nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten – Mitglied des Parlaments – Keine unmittelbare Betroffenheit – Unzulässigkeit“

In der Rechtssache T‑628/22,

René Repasi, wohnhaft in Karlsruhe (Deutschland), vertreten durch Rechtsanwalt H.‑G. Kamann und Rechtsanwältin D. Fouquet sowie durch F. Kainer und M. Nettesheim, Professoren,

Kläger,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch F. Erlbacher, A. Nijenhuis und G. von Rintelen als Bevollmächtigte,

Beklagte,

erlässt

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin M. J. Costeira, des Richters P. Zilgalvis (Berichterstatter) und der Richterin E. Tichy-Fisslberger,

Kanzler: V. Di Bucci,

folgenden

Beschluss

1        Mit seiner Klage nach Art. 263 AEUV begehrt der Kläger, Herr René Repasi, die Nichtigerklärung der Delegierten Verordnung (EU) 2022/1214 der Kommission vom 9. März 2022 zur Änderung der Delegierten Verordnung (EU) 2021/2139 in Bezug auf Wirtschaftstätigkeiten in bestimmten Energiesektoren und der Delegierten Verordnung (EU) 2021/2178 in Bezug auf besondere Offenlegungspflichten für diese Wirtschaftstätigkeiten (ABl. 2022, L 188, S. 1, im Folgenden: angefochtene Verordnung).

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

2        Am 18. Juni 2020 erließen das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union die Verordnung (EU) 2020/852 über die Einrichtung eines Rahmens zur Erleichterung nachhaltiger Investitionen und zur Änderung der Verordnung (EU) 2019/2088 (ABl. 2020, L 198, S. 13), die die Kriterien enthält zur Bestimmung, ob eine Wirtschaftstätigkeit als ökologisch nachhaltig einzustufen ist, um damit den Grad der ökologischen Nachhaltigkeit einer Investition ermitteln zu können.

3        Art. 3 der Verordnung 2020/852 legt Kriterien für ökologisch nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten im Licht von sechs Umweltzielen fest, die in Art. 9 dieser Verordnung festgelegt sind.

4        Art. 4 der Verordnung 2020/852 sieht vor, dass die Mitgliedstaaten und die Europäische Union anhand der Kriterien von Art. 3 dieser Verordnung bestimmen, ob eine Wirtschaftstätigkeit als eine ökologisch nachhaltige Wirtschaftstätigkeit für die Zwecke aller Maßnahmen einzustufen ist, mit denen für Finanzmarktteilnehmer oder Emittenten Anforderungen an Finanzprodukte oder Unternehmensanleihen festgelegt werden, die als „ökologisch nachhaltig“ bereitgestellt werden.

5        Gemäß Art. 9 der Verordnung 2020/852 gelten Klimaschutz, Anpassung an den Klimawandel, nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen, Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft, Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung sowie Schutz und Wiederherstellung der Biodiversität und der Ökosysteme als Umweltziele.

6        Außerdem heißt es im 41. Erwägungsgrund der Verordnung 2020/852:

„Neben der Nutzung klimaneutraler Energie und mehr Investitionen in Wirtschaftstätigkeiten und Sektoren, die bereits ,CO2-arm‘ sind, erfordert der Übergang eine erhebliche Verringerung der Treibhausgasemissionen bei anderen Wirtschaftstätigkeiten und Sektoren, für die es keine technisch und wirtschaftlich durchführbaren CO2-armen Alternativen gibt. Bei diesen Übergangswirtschaftstätigkeiten sollte davon ausgegangen werden, dass sie einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz leisten, wenn ihre Treibhausgasemissionen erheblich unter dem Sektor- oder dem Branchendurchschnitt liegen, wenn sie die Entwicklung und den Einsatz CO2-armer Alternativen nicht behindern und wenn sie nicht zu Lock-in-Effekten bei Vermögenswerten führen, die mit dem Ziel der Klimaneutralität unvereinbar sind, wobei die wirtschaftliche Lebensdauer dieser Vermögenswerte zu berücksichtigen ist. Die technischen Bewertungskriterien für diese Übergangswirtschaftstätigkeiten sollten sicherstellen, dass diese Übergangstätigkeiten eine glaubwürdige Entwicklung in Richtung Klimaneutralität haben und sollten in regelmäßigen Abständen entsprechend angepasst werden.“

7        In Bezug auf diese Übergangswirtschaftstätigkeiten sieht Art. 10 Abs. 3 der Verordnung 2020/852 vor, dass die Europäische Kommission gemäß Art. 23 dieser Verordnung einen delegierten Rechtsakt erlässt, um zum einen technische Bewertungskriterien festzulegen, anhand deren bestimmt wird, unter welchen Bedingungen davon auszugehen ist, dass eine bestimmte Wirtschaftstätigkeit einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz leistet und zum anderen, um technische Bewertungskriterien für jedes relevante Umweltziel festzulegen, anhand deren bestimmt wird, ob eine Wirtschaftstätigkeit, für die technische Bewertungskriterien festgelegt werden, eines oder mehrere dieser Ziele erheblich beeinträchtigt.

8        Am 4. Juni 2021 erließ die Kommission die Delegierte Verordnung (EU) 2021/2139 zur Ergänzung der Verordnung 2020/852 durch Festlegung der technischen Bewertungskriterien, anhand deren bestimmt wird, unter welchen Bedingungen davon auszugehen ist, dass eine Wirtschaftstätigkeit einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz oder zur Anpassung an den Klimawandel leistet, und anhand deren bestimmt wird, ob diese Wirtschaftstätigkeit erhebliche Beeinträchtigungen eines der übrigen Umweltziele vermeidet (ABl. 2021, L 442, S. 1).

9        Die Verordnung 2021/2139 legt technische Bewertungskriterien fest, die mehrere Sektoren und Wirtschaftstätigkeiten erfassen, die einen Beitrag zu den Zielen des Klimaschutzes und der Anpassung an den Klimawandel leisten können. Sie sieht für jede dieser Tätigkeiten quantitative oder qualitative technische Bewertungskriterien vor, anhand deren bestimmt wird, ob die eingestufte Tätigkeit einen wesentlichen Beitrag zu den Zielen des Klimaschutzes und der Anpassung an den Klimawandel leistet und ob sie erhebliche Beeinträchtigungen anderer Ziele, die durch die Verordnung 2020/852 vorgesehen sind, vermeidet.

10      Am 9. März 2022 erließ die Kommission die angefochtene Verordnung, mit der u. a. technische Bewertungskriterien festgelegt werden sollen, um bestimmte Tätigkeiten in den Sektoren Kernenergie und Gas in den Bereich der Übergangstätigkeiten im Sinne von Art. 10 Abs. 2 der Verordnung 2020/852 einzubeziehen.

11      Der Kläger ist Abgeordneter im Europäischen Parlament.

 Anträge der Parteien

12      Der Kläger beantragt im Wesentlichen,

–        die angefochtene Verordnung für nichtig zu erklären;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

13      Die Kommission beantragt,

–        die Klage für unzulässig zu erklären;

–        dem Kläger die Kosten aufzuerlegen.

14      In seiner Stellungnahme zur Einrede der Unzulässigkeit beantragt der Kläger, diese Einrede zurückzuweisen.

 Rechtliche Würdigung

15      Nach Art. 130 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts kann das Gericht auf Antrag des Beklagten vorab über die Einrede der Unzulässigkeit entscheiden. Gemäß Art. 130 Abs. 6 dieser Verfahrensordnung kann das Gericht beschließen, das mündliche Verfahren über diesen Antrag zu eröffnen.

16      Im vorliegenden Fall hält sich das Gericht für durch die Aktenstücke hinreichend unterrichtet und entscheidet, dass das mündliche Verfahren nicht eröffnet zu werden braucht.

17      Die Kommission trägt vor, der Kläger sei von der angefochtenen Verordnung nicht unmittelbar betroffen.

18      Sie macht im Wesentlichen geltend, dass es dem institutionellen Gleichgewicht, dem demokratischen Prinzip des Erlasses von Mehrheitsbeschlüssen und dem Ausschluss von Popularklagen zuwiderliefe, dem Kläger eine Klageberechtigung zuzuerkennen.

19      Die Kommission führt weiter aus, dass der Grundsatz des Anspruchs auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz und die Achtung der gemeinsamen Verfassungstraditionen der Mitgliedstaaten nicht angeführt werden könnten, um die Anerkennung einer Klageberechtigung des Klägers, die Verletzung der Rechte des Parlaments geltend zu machen, zu stützen.

20      Der Kläger macht im Wesentlichen geltend, der Rechtsstatus als Mitglied des Parlaments verleihe ihm nach dem Unionsrecht und dem Grundsatz der repräsentativen Demokratie Stimm- und Initiativrechte, ein Recht auf Mitwirkung an einem ordnungsgemäßen Rechtsetzungsverfahren, Verfahrensrechte auf Einhaltung der Zuständigkeitsregeln und verfahrensrechtlichen Regelungen sowie ein Recht, die demokratischen Befugnisse des Parlaments zu verteidigen.

21      Die Anerkennung seiner Klagebefugnis als Abgeordneter ermögliche entgegen dem Vorbringen der Kommission, das institutionelle Gleichgewicht zu schützen, indem eine Klageberechtigung gewährleistet werde, um zu überprüfen, ob die Wahl des Verfahrens zum Erlass eines Rechtsakts nicht gegen die Rechte der Abgeordneten verstoße, ohne jedoch eine Popularklage zuzulassen.

22      Der Kläger macht somit im Wesentlichen geltend, dass die Kommission mit dem Erlass der angefochtenen Verordnung die ihr nach Art. 290 AEUV übertragene Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte überschritten habe, so dass die angefochtene Verordnung die Gesetzgebungskompetenz des Parlaments und damit die Rechte des Klägers als Mitglied des Parlaments beeinträchtigt habe. Er sei daher als von der angefochtenen Verordnung unmittelbar und individuell betroffen anzusehen.

23      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Zulässigkeit einer Klage, die von einer natürlichen oder juristischen Person gegen eine nicht an sie gerichtete Handlung erhoben wird, nach Art. 263 Abs. 4 AEUV unter der Bedingung steht, dass dieser Person eine Klagebefugnis zuerkannt wird, die in zwei Fällen vorliegt. Zum einen kann eine derartige Klage erhoben werden, wenn diese Handlung die Person unmittelbar und individuell betrifft. Zum anderen kann eine solche Person gegen einen Rechtsakt mit Verordnungscharakter, der keine Durchführungsmaßnahmen nach sich zieht, klagen, sofern dieser Rechtsakt sie unmittelbar betrifft (Urteile vom 19. Dezember 2013, Telefónica/Kommission, C‑274/12 P, EU:C:2013:852, Rn. 19, und vom 13. März 2018, Industrias Químicas del Vallés/Kommission, C‑244/16 P, EU:C:2018:177, Rn. 39).

24      Die in Art. 263 Abs. 4 AEUV genannte Voraussetzung, wonach eine natürliche oder juristische Person von der klagegegenständlichen Handlung unmittelbar betroffen sein muss, erfordert, dass zwei Kriterien kumulativ erfüllt sind, nämlich zum einen, dass sich die beanstandete Maßnahme unmittelbar auf die Rechtsstellung des Einzelnen auswirkt, und zum anderen, dass sie den Adressaten, die mit ihrer Durchführung betraut sind, keinerlei Ermessensspielraum lässt, ihre Umsetzung vielmehr rein automatisch erfolgt und sich allein aus der Unionsregelung ohne Anwendung weiterer Durchführungsvorschriften ergibt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 5. Mai 1998, Glencore Grain/Kommission, C‑404/96 P, EU:C:1998:196, Rn. 41, und vom 6. November 2018, Scuola Elementare Maria Montessori/Kommission, Kommission/Scuola Elementare Maria Montessori und Kommission/Ferracci, C‑622/16 P bis C‑624/16 P, EU:C:2018:873, Rn. 42).

25      Ferner ist darauf hinzuweisen, dass das ordentliche Gesetzgebungsverfahren gemäß Art. 289 AEUV in der gemeinsamen Annahme einer Verordnung, einer Richtlinie oder eines Beschlusses durch das Europäische Parlament und den Rat auf Vorschlag der Kommission besteht (vgl. Urteil vom 14. April 2015, Rat/Kommission, C‑409/13, EU:C:2015:217, Rn. 69).

26      Außerdem kann der Kommission nach Art. 290 Abs. 1 AEUV in Gesetzgebungsakten die Befugnis übertragen werden, Rechtsakte ohne Gesetzescharakter mit allgemeiner Geltung zur Ergänzung oder Änderung bestimmter nicht wesentlicher Vorschriften des betreffenden Gesetzgebungsakts zu erlassen. Nach Unterabs. 2 dieser Bestimmung müssen in dem Gesetzgebungsakt, mit dem diese Delegation vorgenommen wird, Ziele, Inhalt, Geltungsbereich und Dauer der Befugnisübertragung ausdrücklich festgelegt werden. Dieses Erfordernis impliziert, dass die Übertragung einer delegierten Befugnis dem Erlass von Vorschriften dient, die sich in einen rechtlichen Rahmen einfügen, wie er durch den Basisgesetzgebungsakt definiert ist (Urteil vom 17. März 2016, Parlament/Kommission, C‑286/14, EU:C:2016:183, Rn. 30).

27      Die in Art. 290 AEUV vorgesehene Möglichkeit, Befugnisse zu übertragen, soll dem Gesetzgeber erlauben, sich auf die wesentlichen Elemente einer Regelung sowie auf ihre nicht wesentlichen Elemente, deren gesetzliche Regelung er für sachgerecht hält, zu konzentrieren und der Kommission die Aufgabe anzuvertrauen, bestimmte nicht wesentliche Elemente des erlassenen Gesetzgebungsakts zu „ergänzen“ oder aber solche Elemente im Rahmen einer ihr eingeräumten Ermächtigung zu „ändern“ (Urteil vom 17. März 2016, Parlament/Kommission, C‑286/14, EU:C:2016:183, Rn. 54).

28      Folglich sind die wesentlichen Bestimmungen einer Materie in der Grundregelung zu erlassen und können nicht Gegenstand einer Übertragung von Durchführungsbefugnissen sein (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 5. September 2012, Parlament/Rat, C‑355/10, EU:C:2012:516, Rn. 64, und vom 10. September 2015, Parlament/Rat, C‑363/14, EU:C:2015:579, Rn. 46).

29      Im Übrigen muss eine übertragene Befugnis jedenfalls die wesentlichen Aspekte des Basisrechtsakts beachten und sich in den rechtlichen Rahmen, wie er durch den Basisgesetzgebungsakt definiert ist, einfügen (Urteil vom 11. Mai 2017, Dyson/Kommission, C‑44/16 P, EU:C:2017:357, Rn. 53).

30      Insoweit ergibt sich zwar aus der Rechtsprechung, dass eine Handlung des Parlaments, die sich auf die Bedingungen auswirkt, unter denen seine Mitglieder ihre parlamentarischen Aufgaben wahrnehmen, eine Handlung ist, die deren Rechtsstellung unmittelbar betrifft (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 29. Juni 2004, Front national/Parlament, C‑486/01 P, EU:C:2004:394, Rn. 35, und vom 2. Oktober 2001, Martinez u. a./Parlament, T‑222/99, T‑327/99 und T‑329/99, EU:T:2001:242, Rn. 60 bis 65).

31      Diese Rechtsprechung betrifft jedoch interne organisatorische Maßnahmen des Parlaments, die seine Mitglieder unmittelbar betreffen, und ist nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar, in dem die vom Kläger als Mitglied des Parlaments geltend gemachten Rechte durch den behaupteten Eingriff in die Gesetzgebungskompetenz des Parlaments nur mittelbar verletzt werden könnten.

32      Selbst wenn die Kommission mit dem Erlass der angefochtenen Verordnung die ihr nach Art. 290 AEUV übertragene Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte überschritten haben sollte, würden die oben in Rn. 20 genannten Rechte des Klägers durch einen solchen Eingriff in die Gesetzgebungskompetenz des Parlaments nur mittelbar verletzt. Sämtliche Rechte des Klägers im Zusammenhang mit der Ausübung der Gesetzgebungskompetenz des Parlaments sollen nämlich nur im Rahmen der internen Verfahren des Parlaments ausgeübt werden.

33      Entgegen dem Vorbringen des Klägers kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass eine Verletzung der Rechte des Parlaments die Rechtsstellung seiner Mitglieder im Sinne der oben in Rn. 24 angeführten Rechtsprechung unmittelbar betreffen würde.

34      Die vom Kläger geltend gemachten Rechte auf Mitwirkung an einem ordnungsgemäßen Rechtsetzungsverfahren, auf Einhaltung der Zuständigkeits- und verfahrensrechtlichen Regelungen, darauf, die demokratischen Befugnisse des Parlaments zu verteidigen,  sowie die Stimm- und Initiativrechte und das Recht zur Mitwirkung zwecks politischer Einflussnahme  können daher nicht als vom Erlass der angefochtenen Verordnung unmittelbar verletzt angesehen werden.

35      Der Grundsatz der repräsentativen Demokratie und der Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit, auf die sich der Kläger beruft, vermögen diese Schlussfolgerung nicht in Frage zu stellen. Wie sich nämlich aus Art. 263 Abs. 2 AEUV ergibt, hat das Parlament das Recht, Klage gegen Unionsrechtsakte zu erheben, so dass die Wahrung dieser Grundsätze durch das in den Verträgen vorgesehene Rechtsbehelfssystem gewährleistet wird.

36      Aus dem gleichen Grund kann der Auslegung des Klägers nicht gefolgt werden, wonach die Mitglieder des Parlaments als von den Rechtsakten unmittelbar betroffen anzusehen seien, die Zuständigkeitsregeln, grundlegende Bestimmungen des Rechtsetzungsverfahrens oder Rechtsakte, die einen Ermessensmissbrauch darstellten, beträfen.

37      Da schließlich das Vorbringen des Klägers zum institutionellen Gleichgewicht oder zum Recht der Minderheit auf Rechtsschutz nicht geeignet ist, darzutun, dass seine Rechtsstellung von der angefochtenen Verordnung unmittelbar betroffen ist, ist es ebenfalls zurückzuweisen.

38      Soweit das Vorbringen des Klägers dahin zu verstehen sein sollte, dass das Gericht ersucht wird, den Mitgliedern des Parlaments unabhängig von den Voraussetzungen von Art. 263 AEUV eine besondere Klageberechtigung zuzuerkennen, die dazu bestimmt wäre, die demokratischen Befugnisse des Parlaments zu verteidigen und ein Instrument inhaltlicher Opposition darzustellen, genügt die Feststellung, dass der AEU-Vertrag eine solche Klage nicht vorsieht und es nicht Sache des Gerichts ist, in den Verträgen nicht vorgesehene Klagemodalitäten zu schaffen (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 25. Juli 2002, Unión de Pequeños Agricultores/Rat, C‑50/00 P, EU:C:2002:462, Rn. 45).

39      Die Klage ist somit unzulässig.

40      Unter diesen Umständen hat sich der Streithilfeantrag der Französischen Republik gemäß Art. 142 Abs. 2 der Verfahrensordnung erledigt.

 Kosten

41      Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

42      Da der Kläger mit seinem Vorbringen unterlegen ist, sind ihm gemäß dem Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

43      Nach Art. 144 Abs. 10 der Verfahrensordnung trägt die Französische Republik ihre eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

beschlossen:

1.      Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.

2.      Der Streithilfeantrag der Französischen Republik hat sich erledigt.

3.      Der Kläger trägt neben seinen eigenen Kosten die Kosten der Europäischen Kommission.

4.      Die Französische Republik trägt ihre eigenen Kosten.

Luxemburg, den 21. Juni 2023

Der Kanzler

 

Die Kammerpräsidentin

V. Di Bucci

 

M. J. Costeira



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