Verhandlungstermin am 29. September 2017 in Sachen V ZR 193/16, 9.30 Uhr (Einrichtung eines Flüchtlingsheims in einer ursprünglich als Altenpflegeheim genutzten Teileigentumseinheit?)
Mitteilung der Pressestelle
Nr. 125/2017
Verhandlungstermin am 29. September 2017 in Sachen V ZR 193/16, 9.30 Uhr (Einrichtung eines Flüchtlingsheims in einer
ursprünglich als Altenpflegeheim genutzten
Teileigentumseinheit?)
Der unter anderem für das Wohnungseigentumsrecht zuständige V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs verhandelt über die Klage einer Teileigentümerin, die erreichen will, dass die zweite Teileigentumseinheit der Anlage nicht als Flüchtlingsunterkunft genutzt werden darf.
Sachverhalt:
Die Teileigentümergemeinschaft besteht aus der Klägerin und der Beklagten. Bei der Errichtung des Gebäudes zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde es als Kinderheim konzipiert und zunächst auch als solches genutzt. In den 70iger Jahren des letzten Jahrhunderts erfolgte die Aufteilung in zwei Teileigentumseinheiten (vgl. dazu § 1 Abs. 3 WEG*). Zu dieser Zeit befand sich in der deutlich größeren Einheit Nr. 1, die inzwischen im Eigentum der Beklagten steht, ein Altenpflegeheim. In der Einheit Nr. 2 der Klägerin wurde fortlaufend eine Arztpraxis betrieben; heute ist dort eine kardiologische Praxis ansässig.
Die Teilungserklärung enthält folgende Regelung:
Herr (…) teilt hiermit das Eigentum (…) in der Weise in Miteigentumsanteile auf, dass mit jedem Miteigentumsanteil das Sondereigentum an bestimmten, nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen, verbunden wird.
Im Einzelnen wurden gebildet:
1. Miteigentumsanteil von 869/1000 verbunden mit dem Sondereigentum an sämtlichen (…) Räumen des Altenpflegeheims (…), im Aufteilungsplan mit Nr. 1 bezeichnet,
2. Miteigentumsanteil von 131/1000, verbunden mit dem Sondereigentum an sämtlichen (…) Räumen der (…) Praxis, im Aufteilungsplan mit Nr. 2 bezeichnet.
Die Einheit Nr. 1 – das frühere Altenpflegeheim – steht seit dem Jahr 2003 leer. Die Beklagte hat zunächst angekündigt, darin ein Arbeiterwohnheim einrichten zu wollen; nunmehr will sie die Einheit als Unterkunft für Asylbewerber oder Flüchtlinge nutzen.
Bisheriger Prozessverlauf:
Auf die von der Klägerin erhobene Unterlassungsklage hat das Amtsgericht der Beklagten untersagt, in dem Teileigentum Nr. 1 eine Unterkunft für „Arbeiter, Asylbewerber, Flüchtlinge oder sonstige in den Raum München Zugezogene oder gestrandete Personen zu betreiben oder von Dritten betreiben zu lassen.“ Das Landgericht hat die Berufung durch Beschluss zurückgewiesen.
Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass sich der Unterlassungsanspruch aus § 15 Abs. 3 WEG** ergebe. Dabei könne offen bleiben, ob die Bezeichnung „Altenpflegeheim“ in der Teilungserklärung eine sogenannte Zweckbestimmung oder (nur) eine reine Beschreibung darstelle. Jedenfalls dürfe die Einheit nach der Teilungserklärung nicht für Wohnzwecke genutzt werden. Ein Gebrauch der Einheit für die Unterbringung von Flüchtlingen bzw. Arbeitern sei damit unvereinbar. Zwischen einer Wohnnutzung und einer Nutzung als Heim müsse nämlich unterschieden werden. Die Unterbringung in einem Heim sei nicht als Wohnen anzusehen und daher im Teileigentum zulässig. Dagegen stelle es eine Wohnnutzung dar, wenn die Räumlichkeiten Flüchtlingen bzw. Arbeitern als (schlichte) Unterkunft dienten. Darauf komme es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entscheidend an (Verweis auf das Urteil vom 15. Januar 2010 – V ZR 72/09, NJW 2010, 3093 Rn. 17). Dass das von der Beklagten geplante Flüchtlingsheim durch Security-Personal bewacht und durch externe Dienstleister gemanagt werden solle, ändere hieran nichts. Ebenso unerheblich sei die gemeinschaftliche Nutzung von Küche und Sanitäreinrichtungen. Die in der Teilungserklärung nicht vorgesehene Nutzung sei auch nicht ausnahmsweise zulässig. Dies komme nur dann in Betracht, wenn sie bei typisierender Betrachtung nicht mehr störe als eine zulässige Nutzung. So liege es hier aber nicht. Die mit einer Büronutzung oder einem klassischen, eng betreuten Heim einhergehenden Störungen seien erheblich geringer, als wenn das Teileigentum einer großen Anzahl von Asylbewerbern und Flüchtlingen zum Wohnen zur Verfügung gestellt werde. Dies ergebe sich schon aus der intensiveren Nutzung, der größeren Geräuschentwicklung und dem höheren Konfliktpotential.
Mit der von dem V. Senat des Bundesgerichtshofs zugelassenen Revision will die Beklagte die Abweisung der Unterlassungsklage erreichen.
Vorinstanzen:
AG Starnberg – Urteil vom 18. Dezember 2015 – 3 C 682/15 WEG
LG München I – Beschluss vom 15. Juni 2016 – 36 S 734/16 WEG
*§ 1 WEG Begriffsbestimmungen
(1) Nach Maßgabe dieses Gesetzes kann an Wohnungen das Wohnungseigentum, an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen eines Gebäudes das Teileigentum begründet werden.
(2) Wohnungseigentum ist das Sondereigentum an einer Wohnung in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört.
(3) Teileigentum ist das Sondereigentum an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen eines Gebäudes in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört.
**§ 15 WEG Gebrauchsregelung
(3) Jeder Wohnungseigentümer kann einen Gebrauch der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile und des gemeinschaftlichen Eigentums verlangen, der (…) den Vereinbarungen (…) entspricht.
Karlsruhe, den 31. Juli 2017
Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501
Leave a Comment cancel
Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.