T-94/18 – Multifit/ EUIPO (fit+fun)

T-94/18 – Multifit/ EUIPO (fit+fun)

URTEIL DES GERICHTS (Sechste Kammer)

13. Dezember 2018()

„Unionsmarke – Anmeldung der Unionswortmarke fit + fun – Absolutes Eintragungshindernis – Fehlende Unterscheidungskraft – Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EU) 2017/1001“

In der Rechtssache T‑94/18

Multifit Tiernahrungs GmbH mit Sitz in Krefeld (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwalt N. Weber und Rechtsanwältin L. Thiel,

Klägerin,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch M. Fischer, D. Walicka, M. Eberl und A. Sesma Merino als Bevollmächtigte,

Beklagter,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des EUIPO vom 7. Dezember 2017 (Sache R 847/2017-1) über die Anmeldung des Wortzeichens fit + fun als Unionsmarke

erlässt

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten G. Berardis sowie des Richters S. Papasavvas (Berichterstatter) und der Richterin O. Spineanu‑Matei,

Kanzler: R. Ūkelytė, Verwaltungsrätin,

aufgrund der am 19. Februar 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 25. April 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung,

auf die mündliche Verhandlung vom 13. September 2018

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 3. November 2016 meldete die Klägerin, die Multifit Tiernahrungs GmbH, nach der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke (ABl. 2009, L 78, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EU] 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke [ABl. 2017, L 154, S. 1]) beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) eine Unionsmarke an.

2        Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um das Wortzeichen fit + fun.

3        Die Marke wurde für folgende Waren der Klassen 3, 5, 18, 19, 20, 21, 28 und 31 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

–        Klasse 3: „Shampoos für Tiere“;

–        Klasse 5: „Nahrungsergänzungsmittel, Diätfuttermittel für veterinärmedizinische Zwecke“;

–        Klasse 18: „Halsbänder für Tiere; Futtersäcke für Tiere; Tragevorrichtungen für Tiere (Taschen), insbesondere Transporttaschen für Tiere; Ledergurte, insbesondere Tragegurte für Tiere; Lederriemen; Maulkörbe; Leinen für Tiere; Bekleidung für Tiere; Geschirre für Tiere; Zaumzeug für Tiere; Pferdegeschirre und Sattlerwaren; Peitschen“;

–        Klasse 19: „Aquarienkies“;

–        Klasse 20: „Kissen für Haustiere; Hütten für Haustiere; Futterraufen“;

–        Klasse 21: „Aquarien; Käfige für Haustiere; Bürsten für Haustiere; Terrarien“;

–        Klasse 28: „Spielzeug für Haustiere“;

–        Klasse 31: „Futtermittel für Tiere; Heu; Kauknochen; Sand (Streumittel für Tiere), insbesondere Vogelsand; Streu“.

4        Mit Entscheidung vom 16. März 2017 wies der Prüfer die Anmeldung gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c in Verbindung mit Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c sowie Art. 7 Abs. 2 der Verordnung 2017/1001) für die oben in Rn. 3 genannten Waren zurück.

5        Am 27. April 2017 legte die Klägerin nach den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 66 bis 71 der Verordnung 2017/1001) beim EUIPO Beschwerde gegen die Entscheidung des Prüfers ein.

6        Mit Entscheidung vom 7. Dezember 2017 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Erste Beschwerdekammer des EUIPO die Beschwerde zurück. Sie war insbesondere der Auffassung, dass die Elemente „fit“, „+“ und „fun“ nicht unterscheidungskräftig seien, da es sich um geläufige Werbebegriffe handele, die durch ihren lobenden Charakter zum Kauf anregten. Auch enthalte die Anmeldemarke keine Elemente konzeptioneller Faszination oder Überraschung. Es handle sich vielmehr um eine Aneinanderreihung simpler und üblicher Begriffe, die in der Werbewelt besondere Popularität genössen. Es bestehe auch keine besondere Originalität oder Wirkung; insbesondere werde weder ein kognitiver Prozess ausgelöst, noch sei ein Deutungsaufwand erforderlich. Im Zusammenhang mit Tieren werde das in Rede stehende Zeichen sofort die werbende Assoziation von Spaß und Freude hervorrufen, statt auf die unternehmerische Herkunft hinzuweisen. Das Wortspielelement zweier mit dem Buchstaben „f“ beginnender, dreibuchstabiger Wörter bleibe in dieser doch recht gewöhnlichen Ausführung deutlich hinter den anderen Kriterien zurück. Der sich daraus ergebende Gesamteindruck gehe nicht über die Summe der Markenbestandteile hinaus.

 Anträge der Parteien

7        Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben,

–        dem EUIPO die Kosten aufzuerlegen.

8        Das EUIPO beantragt,

–        die Klage abzuweisen,

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

9        Die Klägerin stützt ihre Klage auf einen einzigen Klagegrund, mit dem sie einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 rügt.

10      Sie macht geltend, die angemeldete Marke verfüge über das für eine Eintragung als Unionsmarke erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft.

11      Das EUIPO tritt diesem Vorbringen entgegen.

12      Nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 sind Marken, die keine Unterscheidungskraft haben, von der Eintragung ausgeschlossen. Nach Art. 7 Abs. 2 finden die Vorschriften von Abs. 1 auch dann Anwendung, wenn die Eintragungshindernisse nur in einem Teil der Europäischen Union vorliegen.

13      Nach ständiger Rechtsprechung bedeutet Unterscheidungskraft einer Marke im Sinne dieser Bestimmung, dass die Marke geeignet ist, die Ware oder Dienstleistung, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie somit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. Urteil vom 24. Februar 2016, Coca‑Cola/HABM [Form einer Konturflasche ohne Riffelung], T‑411/14, EU:T:2016:94‚ Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung).

14      Diese Unterscheidungskraft einer Marke ist zum einen im Hinblick auf die Waren oder Dienstleistungen, für die sie angemeldet worden ist, und zum anderen im Hinblick auf ihre Wahrnehmung durch die maßgeblichen Verkehrskreise, die aus den Verbrauchern dieser Waren oder Dienstleistungen bestehen, zu beurteilen (vgl. Urteil vom 24. Februar 2016, Form einer Konturflasche ohne Riffelung, T‑411/14, EU:T:2016:94‚ Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

15      Die Eintragung von Marken, die aus Zeichen oder Angaben bestehen, die sonst als Werbeslogans, Qualitätshinweise oder Aufforderungen zum Kauf der Waren oder Dienstleistungen verwendet werden, auf die sich diese Marken beziehen, ist nicht schon wegen einer solchen Verwendung ausgeschlossen. An die Beurteilung der Unterscheidungskraft solcher Marken sind keine strengeren Maßstäbe anzulegen als an sonstige Zeichen (vgl. Urteil vom 21. Januar 2010, Audi/HABM, C‑398/08 P, EU:C:2010:29, Rn. 35 und 36 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

16      Außerdem reicht die Tatsache allein, dass eine Marke von den angesprochenen Verkehrskreisen als Werbeslogan wahrgenommen wird und dass andere Unternehmen sie sich im Hinblick auf ihren anpreisenden Charakter grundsätzlich zu eigen machen könnten, nicht aus, um den Schluss zu ziehen, dass dieser Marke die Unterscheidungskraft fehlt (Urteil vom 21. Januar 2010, Audi/HABM, C‑398/08 P, EU:C:2010:29, Rn. 44).

17      Der anpreisende Sinn einer Wortmarke schließt nicht aus, dass sie gleichwohl geeignet ist, gegenüber den Verbrauchern die Herkunft der von ihr gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Eine solche Marke kann daher von den angesprochenen Verkehrskreisen gleichzeitig als Werbeslogan und als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Waren oder Dienstleistungen wahrgenommen werden. Sofern diese Verkehrskreise die Marke als Herkunftshinweis wahrnehmen, ist es folglich für ihre Unterscheidungskraft unerheblich, dass sie gleichzeitig oder sogar in erster Linie als Werbeslogan aufgefasst wird (Urteil vom 21. Januar 2010, Audi/HABM, C‑398/08 P, EU:C:2010:29, Rn. 45).

18      Im Licht dieser Erwägungen ist zu prüfen, ob – wie von der Klägerin vorgetragen – die Beschwerdekammer mit ihrer Feststellung, dass die Anmeldemarke keine Unterscheidungskraft habe, gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 verstoßen hat.

19      Erstens hat die Beschwerdekammer hinsichtlich der maßgeblichen Verkehrskreise angenommen, dass die von der angemeldeten Marke beanspruchten Waren sich sowohl an die „breite Öffentlichkeit“, insbesondere Tierbesitzer, als auch an Fachleute, insbesondere Gewerbetreibende im Tierfachhandel, richteten. Da sich die angemeldete Marke aus zwei englischen Wörtern zusammensetze, bestehe das relevante Publikum aus englischsprachigen Verbrauchern innerhalb der Union. Der Grad der Aufmerksamkeit dieser Verkehrskreise sei je nach Art der betreffenden Waren durchschnittlich bis erhöht. Diesen Beurteilungen der Beschwerdekammer, die im Übrigen von der Klägerin nicht angegriffen werden, ist angesichts der Art der in Rede stehenden Waren und der angemeldeten Marke zu folgen.

20      Zweitens sind die angemeldeten Waren für Tiere bestimmt, und die meisten dieser Waren sollen offenkundig der Förderung des Tierwohls dienen.

21      Drittens ist in Bezug auf die Beurteilung der Bedeutung der angemeldeten Marke durch die Beschwerdekammer auf die ständige Rechtsprechung zu verweisen, wonach im Fall zusammengesetzter Wortzeichen für die Beurteilung, ob eine Marke Unterscheidungskraft hat, auf den von ihr hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen ist (vgl. Urteil vom 18. Mai 2017, Sabre GLBL/EUIPO [INSTASITE], T‑375/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:348, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung). Dies bedeutet jedoch nicht, dass nicht zunächst die einzelnen Gestaltungselemente der Marke geprüft werden dürften. Es kann sich nämlich als zweckmäßig erweisen, bei der Gesamtbeurteilung jeden einzelnen Bestandteil der betreffenden Marke zu untersuchen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. Oktober 2007, Henkel/HABM, C‑144/06 P, EU:C:2007:577, Rn. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung).

22      Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdekammer darauf hingewiesen, dass sich die angemeldete Marke aus zwei simplen und üblichen englischen Begriffen zusammensetze, nämlich „fit“ und „fun“, die durch ein „+“ verbunden seien. In einer solchen Zusammensetzung bedeute das Wort „fit“ „(körperlich) fit“, „gesund“, „tauglich“, „in körperlich guter Form“ sowie „passend“ und „geeignet“. Das Wort „fun“ bedeute „Spaß“, „Freude“ und „Vergnügen“. Das Zeichen fit + fun habe in seiner Gesamtheit im Englischen eine klare Bedeutung und werde von den maßgeblichen Verkehrskreisen unzweideutig als „fit und Spaß“ oder als „passend und Spaß“ verstanden.

23      Die Klägerin hat weder in ihren Schriftsätzen noch in der mündlichen Verhandlung den Sinngehalt beanstandet, den die Beschwerdekammer dem angemeldeten Zeichen beigemessen hat.

24      Im vorliegenden Fall genügt daher die Feststellung, dass die oben in Rn. 22 wiedergegebene Bedeutung der angemeldeten Marke in Anbetracht der Begriffe, aus denen sie besteht, von der Beschwerdekammer zutreffend festgestellt wurde.

25      Viertens hat die Beschwerdekammer in Bezug auf die Wahrnehmung der angemeldeten Marke durch die maßgeblichen Verkehrskreise festgestellt, dass das Zeichen fit + fun kein Element der konzeptionellen Faszination oder der Überraschung enthalte, sondern dass es sich vielmehr um eine Aneinanderreihung simpler und üblicher Begriffe handele, die in der Werbewelt besondere Popularität genössen. Ebenso wenig liege eine besondere Originalität oder Wirkung vor, durch die ein kognitiver Prozess ausgelöst werden könne. Die Begriffe „fit“ und „fun“ hätten lobenden Charakter, und da sie die Vorzüge der von der Anmeldemarke beanspruchten Waren hervorhöben, würden sie von den maßgeblichen Verkehrskreisen spontan als anpreisend und nicht als Hinweis auf die betriebliche Herkunft wahrgenommen.

26      Die Klägerin macht geltend, das angesprochene Publikum erkenne in dem in Rede stehenden Zeichen keine Werbeaussage, da es sich nicht um einen Werbeslogan handele. Es handele sich bei den Begriffen, aus denen sich das Zeichen zusammensetze, auch weder um einen Qualitätshinweis noch um eine Aufforderung zum Kauf. Mit der angemeldeten Marke würden den von ihr erfassten Waren menschliche Eigenschaften zugesprochen, so dass sie eine gewisse Originalität aufweise, die geeignet sei, das Eintragungshindernis des Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 zu überwinden. Bei der Verwendung des Buchstaben „f“ in doppelter Form handle es sich nicht nur um ein Wortspielelement, sondern um eine Alliteration. Die Gemeinsamkeit der Begriffe „fit“ und „fun“ erschöpfe sich gerade nicht in ihrer Buchstabenzahl und dem Buchstaben „f“ am Wortbeginn, sondern die beiden Wörter seien auch unter Verwendung identischer Vokal- und Konsonantenkombinationen gebildet. Schließlich könne in dem in Rede stehenden Zeichen auch ein gewisses Paradoxon, ja sogar eine Widersprüchlichkeit, gesehen werden. Denn das Wort „fit“ könne auf eine Tätigkeit verweisen, die mit Anstrengung und Disziplin verbunden sei, während das Wort „fun“ auf Spaß hinweise. Eine solche Zusammenfügung von Begriffen löse in Bezug auf die von der Anmeldemarke beanspruchten Waren einen gedanklichen Prozess aus.

27      Soweit Marken, die aus Zeichen oder Angaben bestehen, die sonst als Werbeslogans, Qualitätshinweise oder Aufforderungen zum Kauf der mit diesen Marken bezeichneten Waren oder Dienstleistungen verwendet werden, nicht beschreibend im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 sind, können sie eine, und sei es auch einfache, Sachaussage enthalten und dennoch geeignet sein, den Verbraucher auf die betriebliche Herkunft der fraglichen Waren oder Dienstleistungen hinzuweisen. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn diese Marken nicht nur in einer gewöhnlichen Werbemitteilung bestehen, sondern eine gewisse Originalität oder Prägnanz aufweisen, ein Mindestmaß an Interpretationsaufwand erfordern oder bei den angesprochenen Verkehrskreisen einen Denkprozess auslösen (vgl. Urteil vom 21. Januar 2010, Audi/HABM, C‑398/08 P, EU:C:2010:29, Rn. 56 und 57).

28      Im vorliegenden Fall werden die Verkehrskreise, wie die Beschwerdekammer zutreffend angenommen hat, die Zusammensetzung der Wörter „fit“ und „fun“ ohne jede Überlegung dahin verstehen, dass sie „fit und Spaß“ oder „passend und Spaß“ bedeuten. Da nämlich diese beiden Begriffe – gerade in der Werbebranche – üblich und gewöhnlich sind und kein im Hinblick auf die englische Syntax und Grammatik ungewöhnliches Element beinhalten, stellen sie, wie die Beschwerdekammer zutreffend festgestellt hat, eine gewöhnliche Werbemitteilung dar, die bei den angesprochenen Verkehrskreisen keinen Denkprozess auslösen wird. Anders als von der Klägerin vorgetragen, ist es auch unwahrscheinlich, dass die maßgeblichen Verkehrskreise einen Widerspruch zwischen den in Rede stehenden Wörtern erkennen werden, da beide das Wohlbefinden betreffen. Schließlich trägt die Klägerin zwar vor, dass die angemeldete Marke nicht die Eigenschaften oder die Qualität der von ihr beanspruchten Waren beschreibe, doch reicht das bloße Fehlen von Informationen über die Art der betreffenden Waren nicht aus, um einem Zeichen Unterscheidungskraft zu verleihen (vgl. Urteil vom 30. Juni 2004, Norma Lebensmittelfilialbetrieb/HABM [Mehr für Ihr Geld], T‑281/02, EU:T:2004:198‚ Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung).

29      Im Übrigen macht die Klägerin geltend, dass die durch die angemeldete Marke vermittelte Aussage vage, individuell, diffus und subjektiv sei. Dass bestimmte Wörter in komplexen Marken verschieden aufgefasst werden oder einen unbestimmteren Aussagegehalt haben können, macht derartige Zeichen jedoch nicht unterscheidungskräftig im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 (vgl. Urteil vom 19. Mai 2009, Euro‑Information/HABM [CYBERCREDIT u. a.], T‑211/06, T‑213/06, T‑245/06, T‑155/07 und T‑178/07, nicht veröffentlicht, EU:T:2009:160, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).

30      Nach alledem hat die Beschwerdekammer zutreffend festgestellt, dass die angemeldete Marke keine Unterscheidungskraft habe.

31      Auch durch das übrige Vorbringen der Klägerin kann dieses Ergebnis nicht in Frage gestellt werden.

32      Erstens macht die Klägerin geltend, die Beschwerdekammer habe einen Rechtsfehler begangen, indem sie davon ausgegangen sei, dass kein Zusammenhang zwischen der Frage der Unterscheidungskraft einer Marke und ihrem beschreibenden Charakter bestehe.

33      Die Beschwerdekammer hat die Auffassung vertreten, dass es bei der Frage der Unterscheidungskraft nicht auf den beschreibenden Charakter ankomme. Für die Zurückweisung der Anmeldung eines Zeichens auf der Grundlage von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 genüge vielmehr, dass das Zeichen trotz nicht unmittelbarer Beschreibung der von der angemeldeten Marke beanspruchten Waren nicht als betriebliches Herkunftszeichen für diese agieren könne und von den maßgeblichen Verkehrskreisen lediglich als werbende und lobende Botschaft wahrgenommen werde, wie dies bei der äußerst simplen und geläufigen Konstruktion „fit + fun“ der Fall sei.

34      Zwar impliziert die Überschneidung zwischen den absoluten Eintragungshindernissen insbesondere, dass einer Wortmarke, die Merkmale von Waren oder Dienstleistungen beschreibt, aus diesem Grund in Bezug auf diese Waren oder Dienstleistungen die Unterscheidungskraft fehlen kann, und zwar unbeschadet anderer Gründe, die dieses Fehlen von Unterscheidungskraft begründen können (vgl. Beschluss vom 18. März 2010, CFCMCEE/HABM, C‑282/09 P, EU:C:2010:153, Rn. 52 und die dort angeführte Rechtsprechung). Es besteht also ein Zusammenhang zwischen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001.

35      Gleichwohl bedeutet der Umstand, dass ein Zeichen nicht beschreibend ist, nicht automatisch, dass es unterscheidungskräftig wäre (Urteil vom 9. Oktober 2002, Dart Industries/HABM [UltraPlus], T‑360/00, EU:T:2002:244‚ Rn. 30). Wie die Beschwerdekammer zutreffend ausgeführt hat, genügt es nämlich für die Zurückweisung der Anmeldung eines Zeichens auf der Grundlage von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001, dass das Zeichen für die beanspruchten Waren nicht als betrieblicher Herkunftshinweis agieren kann. Dem oben in Rn. 32 dargestellten Vorbringen der Klägerin kann daher nicht gefolgt werden.

36      Zweitens trägt die Klägerin vor, es stehe dem Schutz der angemeldeten Marke nicht entgegen, dass sie eine positive Wirkung habe. Sie beruft sich insoweit auf eine Entscheidung einer der Beschwerdekammern des EUIPO, in der anerkannt worden sei, dass das bloße Hervorrufen von Assoziationen und einem allgemeinen positiven Gefühl kein Eintragungshindernis darstelle.

37      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass das EUIPO verpflichtet ist, seine Befugnisse im Einklang mit den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts, wie dem Grundsatz der Gleichbehandlung und dem Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung, auszuüben (Urteil vom 10. März 2011, Agencja Wydawnicza Technopol/HABM, C‑51/10 P, EU:C:2011:139, Rn. 73).

38      Nach diesen beiden Grundsätzen muss das EUIPO im Rahmen der Prüfung der Anmeldung einer Unionsmarke die zu ähnlichen Anmeldungen ergangenen Entscheidungen berücksichtigen und besonderes Augenmerk auf die Frage richten, ob im gleichen Sinne zu entscheiden ist oder nicht (vgl. Urteil vom 10. März 2011, Agencja Wydawnicza Technopol/HABM, C‑51/10 P, EU:C:2011:139, Rn. 74 und die dort angeführte Rechtsprechung).

39      Allerdings müssen der Grundsatz der Gleichbehandlung und der Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung mit dem Gebot rechtmäßigen Handelns in Einklang gebracht werden (Urteil vom 10. März 2011, Agencja Wydawnicza Technopol/HABM, C‑51/10 P, EU:C:2011:139, Rn. 75).

40      Folglich kann sich der Anmelder eines Zeichens als Marke nicht auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen, um eine identische Entscheidung zu erlangen (vgl. Urteil vom 10. März 2011, Agencja Wydawnicza Technopol/HABM, C‑51/10 P, EU:C:2011:139, Rn. 76 und die dort angeführte Rechtsprechung).

41      Im Übrigen muss aus Gründen der Rechtssicherheit und gerade auch der ordnungsgemäßen Verwaltung die Prüfung jeder Anmeldung streng und umfassend sein, um eine ungerechtfertigte Eintragung von Marken zu verhindern. Diese Prüfung muss in jedem Einzelfall erfolgen. Die Eintragung eines Zeichens als Marke hängt nämlich von besonderen, im Rahmen der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls anwendbaren Kriterien ab, anhand deren ermittelt werden soll, ob das fragliche Zeichen nicht unter ein Eintragungshindernis fällt (vgl. Urteil vom 10. März 2011, Agencja Wydawnicza Technopol/HABM, C‑51/10 P, EU:C:2011:139, Rn. 77 und die dort angeführte Rechtsprechung).

42      Im vorliegenden Fall stand der Anmeldung, anders als möglicherweise bestimmten früheren Anmeldungen von Zeichen, durch die positive Gefühle hervorgerufen wurden, unter Berücksichtigung der Waren, für die die Eintragung beantragt wurde, und der Wahrnehmung durch die beteiligten Verkehrskreise das Eintragungshindernis des Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 entgegen.

43      Jedenfalls ist festzustellen, dass die in der Klageschrift zitierte Entscheidung der Beschwerdekammer, wie von der Klägerin ausgeführt, auf Art. 7 Abs. 1 Buchst. c und nicht auf Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 gestützt war.

44      Außerdem kann nach Auffassung der Klägerin den Ausführungen der Beschwerdekammer zum Urteil vom 2. Dezember 2008, Ford Motor/HABM (FUN) (T‑67/07, EU:T:2008:542), nicht gefolgt werden. Insoweit hat die Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass in diesem Urteil das Zeichen FUN für Motorlandfahrzeuge sowie deren Teile und Zubehör vom Gericht für nicht beschreibend erklärt worden sei, es jedoch bezüglich der Unterscheidungskraft nicht zu einer negativen Entscheidung gekommen sei, so dass die Beschwerdekammer anschließend dem Zeichen FUN für die in Rede stehenden Waren die Unterscheidungskraft abgesprochen habe.

45      Diese von der Beschwerdekammer vorgenommene Analyse des Urteils vom 2. Dezember 2008, FUN (T‑67/07, EU:T:2008:542), ist fehlerfrei. So hat das Gericht in diesem Urteil festgestellt, dass die betreffende Beschwerdekammer, nämlich die Zweite Beschwerdekammer, vom beschreibenden Charakter des Zeichens FUN auf das Fehlen seiner Unterscheidungskraft geschlossen hat. Da das Gericht aber entschieden hat, dass die Beschwerdekammer das Zeichen FUN zu Unrecht für beschreibend hielt, kam es zu dem Ergebnis, dass den Ausführungen der Beschwerdekammer zu Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 nicht gefolgt werden könne, weil sie auf dem derart festgestellten Fehler beruhten. Unter diesen Umständen hat die Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung fehlerfrei festgestellt, dass das Gericht sich im Urteil vom 2. Dezember 2008, FUN (T‑67/07, EU:T:2008:542), nicht zur originären Unterscheidungskraft dieses Zeichens geäußert habe. Das Vorbringen der Klägerin ist somit sachlich unzutreffend. Jedenfalls geht aus der angefochtenen Entscheidung nicht hervor, dass die Beschwerdekammer aus diesem Urteil Folgen für die Beurteilung des beschreibenden Charakters der angemeldeten Marke abgeleitet hätte, so dass der Fehler, den sie bei der Auslegung des Urteils begangen haben soll, sich nicht auf die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung auswirken würde.

46      Drittens macht die Klägerin geltend, die Beschwerdekammer habe in Rn. 21 der angefochtenen Entscheidung zu Unrecht angenommen, dass einem Werbeslogan nur dann Unterscheidungskraft beigemessen werden könne, wenn die Verwendung des Begriffs überraschend sei.

47      Insoweit genügt der Hinweis, dass die Beschwerdekammer in Rn. 21 der angefochtenen Entscheidung u. a. Rn. 47 des Urteils vom 21. Januar 2010, Audi/HABM (C‑398/08 P, EU:C:2010:29), angeführt hat. In dieser Rn. 47 hat der Gerichtshof entschieden, dass die Tatsache, dass eine Marke als phantasievoll, überraschend und unerwartet und damit als merkfähig angesehen werden kann, keine notwendige Voraussetzung für die Feststellung der Unterscheidungskraft eines Werbeslogans darstellt. Der Gerichtshof hat jedoch auch festgestellt, dass das Vorliegen dieser Merkmale grundsätzlich geeignet ist, einem Werbeslogan Unterscheidungskraft zu verleihen.

48      Folglich hat die Beschwerdekammer zu Recht festgestellt, dass es sich bei der Tatsache, dass ein Werbeslogan überraschend sei, nach der Rechtsprechung um einen Aspekt handele, der bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft einer Marke berücksichtigt werden müsse. Die Klägerin kann daher nicht mit Erfolg geltend machen, dass die Beschwerdekammer insoweit einen Fehler begangen habe.

49      Viertens führt die Klägerin aus, sie benutze die angemeldete Marke nicht im Bereich gesunder, der Fitness dienlicher Produkte für Tiere, sondern die von ihr angebotenen Waren würden als „preisbewusste Alternative“ beworben. Auch in dieser Hinsicht gehe die angemeldete Marke über eine reine werbliche Botschaft hinaus.

50      Hierbei ist zum einen zu beachten, dass es sich bei den Waren der Klasse 5, nämlich bei „Nahrungsergänzungsmitteln“ und „Diätfuttermitteln für veterinärmedizinische Zwecke“, offenkundig um Waren handelt, deren Zweck in erster Linie in der Förderung der Tiergesundheit besteht.

51      Zum anderen trägt die Klägerin vor, die von ihr angebotenen Waren würden als „preisbewusste Alternative“ beworben. Allerdings erbringt sie keine Beweise für diese Aussagen.

52      Jedenfalls reicht, wie oben in Rn. 28 ausgeführt, die Tatsache, dass die angemeldete Marke nicht die Eigenschaften der von ihr beanspruchten Waren beschreibt, nicht aus, um ihr Unterscheidungskraft zu verleihen. Das entsprechende Argument ist demnach zurückzuweisen.

53      Fünftens rügt die Klägerin, die Beschwerdekammer habe sich unzureichend mit der tatsächlichen und konkreten Benutzung der angemeldeten Marke auf dem Markt auseinandergesetzt, obwohl dieses Kriterium für die Beurteilung der Unterscheidungskraft relevant sei. Die Klägerin weist darauf hin, dass die angemeldete Marke für die von ihr beanspruchten Waren weder üblich noch gebräuchlich sei und auf dem Markt von keinem anderen Anbieter benutzt werde.

54      Der Nachweis der tatsächlichen Benutzung des angemeldeten Zeichens durch die maßgeblichen Verkehrskreise oder durch Wettbewerber bei Angaben im geschäftlichen Verkehr und in der Werbung ist im Rahmen der Anwendung von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 kein relevantes Kriterium (vgl. Urteil vom 27. Juni 2013, International Engine Intellectual Property Company/HABM [PURE POWER], T‑248/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:333‚ Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung).

55      Die tatsächliche Benutzung eines angemeldeten Zeichens ist nämlich nur im Rahmen der Anwendung von Art. 7 Abs. 3 der Verordnung 2017/1001 zu beurteilen. So erlaubt diese Bestimmung die Eintragung einer zunächst nicht unterscheidungskräftigen Marke, wenn diese für die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, infolge ihrer Benutzung Unterscheidungskraft erlangt hat.

56      Im vorliegenden Fall hat sich die Klägerin jedoch, wie sie in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, weder auf Art. 7 Abs. 3 der Verordnung 2017/1001 berufen noch geltend gemacht, dass die angemeldete Marke gemäß dieser Bestimmung aufgrund ihrer Benutzung Unterscheidungskraft erlangt habe. Unter diesen Umständen kann sie sich weder mit Erfolg darauf berufen, dass sie selbst die angemeldete Marke tatsächlich und konkret benutzt habe, noch darauf, dass diese Marke von keinem anderen Unternehmen benutzt werde. Solche Erwägungen sind im vorliegenden Fall unerheblich, da der angemeldeten Marke hierdurch keine Unterscheidungskraft verliehen und sie somit auch nicht eintragungsfähig werden kann.

57      Folglich kann die Klägerin nicht mit Erfolg geltend machen, dass die Beschwerdekammer die tatsächliche und konkrete Benutzung der angemeldeten Marke auf dem Markt unzureichend geprüft habe.

58      Nach alledem ist der einzige Klagegrund zurückzuweisen und somit die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

 Kosten

59      Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des EUIPO dessen Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Multifit Tiernahrungs GmbH trägt die Kosten.

Berardis

Papasavvas

Spineanu-Matei

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 13. Dezember 2018.

Der Kanzler

 

      Der Präsident

E. Coulon

 

            G. Berardis


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