T-851/14 – Slovak Telekom/ Kommission

T-851/14 – Slovak Telekom/ Kommission

CURIA – Documents

Language of document : ECLI:EU:T:2018:929

Vorläufige Fassung

URTEIL DES GERICHTS (Neunte erweiterte Kammer)

13. Dezember 2018(*)

„Wettbewerb – Missbrauch einer beherrschenden Stellung – Slowakischer Markt für Breitbandtelekommunikationsdienste – Zugang von Drittunternehmen zu den Teilnehmeranschlüssen des auf dem Markt etablierten Anbieters – Beschluss, mit dem eine Zuwiderhandlung gegen Art. 102 AEUV und Art. 54 des EWR-Abkommens festgestellt wird – Einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung – Begriff ‚Missbrauch‘ – Verweigerung des Zugangs – Margenbeschneidung – Berechnung der Margenbeschneidung – Kriterium des ebenso effizienten Wettbewerbers – Verteidigungsrechte – Zurechnung der von der Tochtergesellschaft begangenen Zuwiderhandlung an die Muttergesellschaft – Bestimmender Einfluss der Muttergesellschaft auf die Geschäftspolitik der Tochtergesellschaft – Tatsächliche Ausübung – Beweislast – Berechnung der Geldbuße – Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen von 2006“

In der Rechtssache T‑851/14

Slovak Telekom, a.s., mit Sitz in Bratislava (Slowakei), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwalt D. Geradin und R. O’Donoghue, Barrister,

Klägerin,

gegen

Europäische Kommission, zunächst vertreten durch M. Farley, L. Malferrari und G. Koleva, dann durch M. Farley, M. Kellerbauer, L. Malferrari und C. Vollrath als Bevollmächtigte,

Beklagte,

unterstützt durch

Slovanet, a.s., mit Sitz in Bratislava, Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt P. Tisaj,

Streithelferin,

betreffend eine Klage nach Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung des Beschlusses C(2014) 7465 final der Kommission vom 15. Oktober 2014 in einem Verfahren nach Artikel 102 AEUV und Artikel 54 des EWR-Abkommens (Sache AT.39523 – Slovak Telekom) in der durch die Beschlüsse C(2014) 10119 final und C(2015) 2484 final der Kommission vom 16. Dezember 2014 bzw. 17. April 2015 berichtigten Fassung, soweit er die Klägerin betrifft, hilfsweise auf Herabsetzung der gegen die Klägerin verhängten Geldbuße,

erlässt

DAS GERICHT (Neunte erweiterte Kammer)

unter Mitwirkung des Richters M. van der Woude in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten, der Richter S. Gervasoni, L. Madise und R. da Silva Passos (Berichterstatter) sowie der Richterin K. Kowalik-Bańczyk,

Kanzler: N. Schall, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 26. April 2018,

folgendes

Urteil(1)

I.      Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Die Klägerin, die Slovak Telekom, a.s., ist der etablierte Telekommunikationsanbieter in der Slowakei. Die Deutsche Telekom AG, der etablierte Telekommunikationsanbieter in Deutschland und Muttergesellschaft des Konzerns Deutsche Telekom, war seit dem 4. August 2000 und während des gesamten in der vorliegenden Rechtssache relevanten Zeitraums zu 51 % an der Klägerin beteiligt, deren übrige Anteile zu 34 % vom Wirtschaftsministerium der Slowakischen Republik und zu 15 % vom Fonds des nationalen Erbes der Slowakischen Republik gehalten wurden.

2        Am 15. Oktober 2014 erließ die Europäische Kommission den Beschluss C(2014) 7465 final in einem Verfahren nach Artikel 102 AEUV und Artikel 54 des EWR-Abkommens (Sache AT.39523 – Slovak Telekom), der durch die Beschlüsse C(2014) 10119 final und C(2015) 2484 final vom 16. Dezember 2014 bzw. 17. April 2015 berichtigt wurde (im Folgenden: angefochtener Beschluss). Er ist an die Klägerin und an Deutsche Telekom gerichtet. Deutsche Telekom hat am 24. Dezember 2014 eine Klage erhoben, mit der sie ebenfalls die Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses begehrt (Rechtssache T‑827/14).

A.      Technologischer Hintergrund, Sachverhalt und rechtlicher Rahmen des angefochtenen Beschlusses

3        Die Klägerin ist als indirektes Nachfolgeunternehmen des im Jahr 1992 aufgelösten staatseigenen Post- und Telekommunikationsunternehmens der größte Telekommunikations- und Breitbandanbieter in der Slowakei. Das gesetzliche Monopol, das sie auf dem slowakischen Telekommunikationsmarkt innehatte, endete im Jahr 2000.  Die Klägerin bietet ein breites Spektrum an Daten- und Sprachdiensten an und ist Eigentümerin und Betreiberin von Kupferleitungs- und Glasfasernetzen und eines Mobilfunknetzes. Die Kupferleitungsnetze und das Mobilfunknetz decken fast das gesamte Territorium der Slowakei ab.

4        Der angefochtene Beschluss betrifft wettbewerbswidrige Praktiken auf dem slowakischen Markt für Breitbandinternetdienste. Er zielt im Wesentlichen auf die Bedingungen ab, die die Klägerin in der Slowakei von 2005 bis 2010 für den entbündelten Zugang anderer Wirtschaftsteilnehmer zu den kupferbasierten Teilnehmeranschlüssen festlegte.

5        Als Teilnehmeranschluss wird der physische Anschluss mit Doppelader-Metallleitung (auch „Leitung“ genannt) bezeichnet, über den der Netzabschlusspunkt in den Räumlichkeiten des jeweiligen Teilnehmers mit dem Hauptverteiler oder einer entsprechenden Einrichtung im öffentlichen Telefonfestnetz verbunden ist.

6        Der entbündelte Zugang zum Teilnehmeranschluss ermöglicht es den Neueintretenden – in Abgrenzung zu den etablierten Telekommunikationsnetzanbietern üblicherweise als „alternative Anbieter“ bezeichnet –, die bereits bestehende, diesen etablierten Anbietern gehörende Telekommunikationsinfrastruktur zu nutzen, um den Endnutzern verschiedene Dienstleistungen anzubieten, wobei sie in Wettbewerb mit den etablierten Anbietern treten. Zu den verschiedenen Telekommunikationsdienstleistungen, die über den Teilnehmeranschluss an die Endnutzer erbracht werden können, zählt die Breitbanddatenübertragung für einen festen Internetanschluss sowie für Multimediaanwendungen mittels der DSL-Technologie („digital subscriber line“, digitaler Teilnehmeranschluss).

7        Die Entbündelung des Teilnehmeranschlusses wurde auf der Ebene der Europäischen Union insbesondere durch die Verordnung (EG) Nr. 2887/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2000 über den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss (ABl. 2000, L 336, S. 4) und die Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und ‑dienste (ABl. 2002, L 108, S. 33) geregelt. Die Verordnung Nr. 2887/2000 verpflichtete die Betreiber „mit beträchtlicher Marktmacht“, entbündelten Zugang zu ihren Teilnehmeranschlüssen zu gewähren („unbundled local loop“ oder ULL) und ein Standardangebot zu veröffentlichen. Diese Bestimmungen wurden in der Slowakei mit dem Zákon z 3. decembra 2003 č. 610/2003 Z.z. o elektronických komunikáciách, v znení neskorších predpisov (Gesetz Nr. 610/2003 vom 3. Dezember 2003 über die elektronische Kommunikation) in geänderter Fassung umgesetzt, der, mit bestimmten Ausnahmen, am 1. Januar 2004 in Kraft getreten ist.

8        Dieser Regelungsrahmen verpflichtete die Betreiber, denen von der nationalen Regulierungsbehörde eine beträchtliche Marktmacht zugeschrieben wurde (im Allgemeinen die etablierten Anbieter), im Wesentlichen zur Gewährung eines entbündelten Zugangs zu ihren Teilnehmeranschlüssen sowie zu den damit verbundenen Dienstleistungen an alternative Anbieter zu transparenten, fairen und diskriminierungsfreien Bedingungen sowie zur Aufrechterhaltung eines Standardangebots für einen solchen entbündelten Zugang. Die nationale Regulierungsbehörde hatte sicherzustellen, dass durch die Tarifgestaltung für den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss auf Basis der Kosten ein fairer und nachhaltiger Wettbewerb gefördert wird. Dazu konnte die nationale Regulierungsbehörde u. a. Änderungen des Standardangebots verlangen.

9        Nach Durchführung einer Marktanalyse erließ die nationale slowakische Regulierungsbehörde für den Telekommunikationssektor (im Folgenden: TUSR) am 8. März 2005 die erstinstanzliche Entscheidung Nr. 205/14/2005, mit der sie die Klägerin als Betreiber mit beträchtlicher Marktmacht auf dem Vorleistungsmarkt für den Zugang zum entbündelten Teilnehmeranschluss im Sinne der Verordnung Nr. 2887/2000 bezeichnete. Die TUSR erlegte der Klägerin daraufhin verschiedene Verpflichtungen auf, u. a. die Verpflichtung zur Vorlage eines Standardangebots binnen 60 Tagen. Diese Entscheidung wurde von der Klägerin angefochten und am 14. Juni 2005 vom Vorsitzenden der TUSR bestätigt. Nach dieser bestätigenden Entscheidung war die Klägerin verpflichtet, allen Anträgen auf Entbündelung ihrer Teilnehmeranschlüsse, die als angemessen und begründet galten, stattzugeben und den Zugang zu gewähren, um es den alternativen Anbietern zu ermöglichen, diese Anschlüsse zu nutzen, um ihre eigenen Leistungen auf dem „Endkundenmarkt (‚Massenmarkt‘)“ für Festnetz-Breitbanddienste in der Slowakei anzubieten. Der Beschluss vom 14. Juni 2005 verpflichtete die Klägerin auch, alle in Betracht gezogenen Änderungen am Standardangebot für entbündelte Teilnehmeranschlüsse mindestens 45 Tage im Voraus zu veröffentlichen und der TUSR zu übermitteln.

10      Am 12. August 2005 veröffentlichte die Klägerin ihr Standardangebot für entbündelte Teilnehmeranschlüsse (im Folgenden: Standardangebot). Dieses Angebot, das bis Ende 2010 neunmal geändert wurde, enthält die vertraglichen und technischen Bedingungen für einen Zugang zu den Teilnehmeranschlüssen der Klägerin. Auf der Vorleistungsebene bietet die Klägerin Zugang zu Teilnehmeranschlüssen an, der in oder bei einem Hauptverteiler entbündelt ist, bis zu dem der zugangswillige alternative Anbieter sein eigenes Zentralnetz ausgebaut hat.

11      Nach dem angefochtenen Beschluss deckte das Teilnehmeranschlussnetz der Klägerin, das für die Bereitstellung von Breitbanddiensten verwendet werden könnte, in der Zeit von 2005 bis 2010 75,7 % aller slowakischen Haushalte ab, nachdem die betroffenen Anschlüsse von diesem Betreiber entbündelt worden seien. Diese Abdeckung habe sich auf alle Teilnehmeranschlüsse des Metallleitungsnetzes der Klägerin erstreckt, die zur Übertragung eines Breitbandsignals geeignet gewesen seien. In diesem Zeitraum seien allerdings ab dem 18. Dezember 2009 nur wenige Teilnehmeranschlüsse der Klägerin entbündelt und von nur einem alternativen Anbieter im Hinblick auf die Bereitstellung von Breitbanddiensten für Geschäftskunden genutzt worden.

B.      Verfahren vor der Kommission

12      Die Kommission leitete im vorliegenden Fall von Amts wegen eine Untersuchung u. a. der Bedingungen für einen entbündelten Zugang zu den Teilnehmeranschlüssen der Klägerin ein. Im Anschluss an Auskunftsverlangen vom 13. Juni 2008, die an alternative Anbieter gerichtet waren, und an eine unangekündigte Prüfung in den Räumlichkeiten der Klägerin vom 13. bis 15. Januar 2009 beschloss die Kommission am 8. April 2009, gegen diese Gesellschaft ein förmliches Prüfverfahren im Sinne des Art. 2 ihrer Verordnung (EG) Nr. 773/2004 vom 7. April 2004 über die Durchführung von Verfahren auf der Grundlage der Artikel [101 AEUV] und [102 AEUV] durch die Kommission (ABl. 2004, L 123, S. 18) einzuleiten.

13      Die Untersuchung wurde in Form von zusätzlichen Auskunftsverlangen an alternative Anbieter und an die TUSR sowie einer angekündigten Prüfung am 13. und 14. Juli 2009 in den Räumlichkeiten der Klägerin fortgesetzt.

14      Die Klägerin gab in mehreren zwischen dem 11. August 2009 und dem 31. August 2010 an die Kommission gerichteten schriftlichen Sachvorträgen an, dass aus ihrer Sicht keine Grundlage für die Annahme bestehe, dass sie vorliegend gegen Art. 102 AEUV verstoßen habe.

15      Im Rahmen der Untersuchung lehnte die Klägerin die Vorlage von Informationen zum Zeitraum vor dem 1. Mai 2004, dem Datum des Beitritts der Slowakischen Republik zur Union, ab. Sie erhob beim Gericht Klage auf Nichtigerklärung zum einen der Entscheidung C(2009) 6840 der Kommission vom 3. September 2009 in einem Verfahren nach Artikel 18 Absatz 3 und Artikel 24 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln [101 AEUV] und [102 AEUV] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) und zum anderen der Entscheidung C(2010) 902 der Kommission vom 8. Februar 2010 in einem Verfahren nach Artikel 18 Absatz 3 und Artikel 24 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1/2003. Mit Urteil vom 22. März 2012, Slovak Telekom/Kommission (T‑458/09 und T‑171/10, EU:T:2012:145), hat das Gericht die gegen diese Entscheidungen erhobenen Klagen abgewiesen.

16      Am 13. Dezember 2010 beschloss die Kommission nach Auskunftsverlangen an die Deutsche Telekom, gegen diese ein förmliches Prüfverfahren im Sinne von Art. 2 der Verordnung Nr. 773/2004 einzuleiten.

17      Am 7. Mai 2012 richtete die Kommission eine Mitteilung der Beschwerdepunkte an die Klägerin, die am darauffolgenden Tag Deutsche Telekom übermittelt wurde. In dieser Mitteilung der Beschwerdepunkte legte die Kommission ihren vorläufigen Standpunkt dar, dass sich die Klägerin mutmaßlich eines Verstoßes gegen Art. 102 AEUV schuldig gemacht habe, indem sie die Margen ihrer Wettbewerber beim entbündelten Zugang zu ihren Teilnehmeranschlüssen sowie auf den regionalen und nationalen Vorleistungsmärkten für Breitbandzugangsdienste beschnitten und den alternativen Anbietern den Zugang zu bestimmten Vorleistungen verweigert habe. Außerdem vertrat sie die vorläufige Auffassung, dass Deutsche Telekom, weil sie im relevanten Zeitraum Muttergesellschaft der Klägerin gewesen sei, für diese Zuwiderhandlung hafte.

18      Nach Einsicht der Akten erwiderten die Klägerin und Deutsche Telekom jeweils am 5. September 2012 auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte. Am 6. und 7. November 2012 wurde daraufhin eine mündliche Anhörung durchgeführt.

19      Am 21. Juni 2013 legte die Klägerin der Kommission ein Angebot mit Verpflichtungszusagen zur Entkräftung der Einwendungen der Kommission aus wettbewerbsrechtlicher Sicht vor und bat diese, anstelle eines Verbotsbeschlusses einen Beschluss über Verpflichtungszusagen im Sinne des Art. 9 der Verordnung Nr. 1/2003 zu erlassen. Die Kommission erachtete diese Verpflichtungszusagen jedoch als unzureichend und beschloss deshalb, das Verfahren fortzusetzen.

20      Die Kommission richtete an die Klägerin am 6. Dezember 2013 und an Deutsche Telekom am 10. Januar 2014 ein Sachverhaltsschreiben, um ihnen Gelegenheit zu geben, Stellung zu zusätzlichen Beweismitteln zu nehmen, die die Kommission nach Übermittlung der Mitteilung der Beschwerdepunkte erhalten habe. Die Kommission gab an, dass diese Beweismittel, zu denen die Klägerin und Deutsche Telekom Zugang gehabt hätten, für einen möglichen endgültigen Beschluss verwendet werden könnten.

21      Die Klägerin und Deutsche Telekom erwiderten am 21. Februar bzw. am 6. März 2014 auf das Sachverhaltsschreiben.

22      Die Kommission informierte bei Besprechungen mit der Klägerin (16. September 2014) und mit Deutsche Telekom (29. September 2014) darüber, dass der Erlass eines Beschlusses auf der Grundlage des Art. 7 der Verordnung Nr. 1/2003 in Betracht gezogen werde.

C.      Angefochtener Beschluss

23      Im angefochtenen Beschluss vertritt die Kommission die Auffassung, dass das Unternehmen, das die Klägerin und Deutsche Telekom bildeten, vom 12. August 2005 bis zum 31. Dezember 2010 (im Folgenden: relevanter Zeitraum) eine einzige und ununterbrochene Zuwiderhandlung gegen Art. 102 AEUV und Art. 54 des EWR-Abkommens im Zusammenhang mit Breitbanddiensten in der Slowakei begangen habe.

1.      Bestimmung der maßgebenden Märkte und beherrschende Stellung der Klägerin auf diesen Märkten

24      Im angefochtenen Beschluss bestimmt die Kommission zwei sachlich relevante Märkte:

–        den Endkundenmarkt („Massenmarkt“) für an festen Standorten angebotene Breitbanddienste;

–        den Vorleistungsmarkt für den Zugang zu entbündelten Teilnehmeranschlüssen.

25      In räumlicher Hinsicht erstreckt sich der relevante Markt nach dem angefochtenen Beschluss auf das gesamte Hoheitsgebiet der Slowakei.

26      Nach den Feststellungen der Kommission hatte die Klägerin im relevanten Zeitraum eine Monopolstellung auf dem Vorleistungsmarkt für den entbündelten Zugang zu entbündelten Teilnehmeranschlüssen inne und war kein unmittelbarer Wettbewerbsdruck in Form tatsächlicher oder potenzieller Wettbewerbskräfte oder einer ausgleichenden Nachfragemacht gegeben, der die Marktmacht dieser Gesellschaft einschränken würde. Die Klägerin habe daher im relevanten Zeitraum eine beherrschende Stellung auf diesem Markt gehabt. In diesem Zeitraum habe die Klägerin auch auf dem Endkundenmarkt („Massenmarkt“) für an festen Standorten angebotene Breitbanddienste eine beherrschende Stellung gehabt.

2.      Verhalten der Klägerin

a)      Verweigerung eines entbündelten Zugangs zu den Teilnehmeranschlüssen der Klägerin

27      Im ersten Teil ihrer mit „Zugangsverweigerung“ überschriebenen Analyse hält die Kommission fest, dass die Klägerin, obwohl mehrere alternative Anbieter ein großes Interesse an einem Zugang zu ihren Teilnehmeranschlüssen zum Ausdruck gebracht hätten, um mit ihr auf dem Endkundenmarkt für Breitbanddienste zu konkurrieren, im Standardangebot missbräuchliche Modalitäten und Bedingungen festgesetzt habe, um einen solchen Zugang inakzeptabel werden zu lassen. Die Klägerin habe so den Zugang zu diesem Endkundenmarkt für Breitbanddienste verzögert, erschwert bzw. verhindert.

28      Als Erstes setze ein entbündelter Zugang zu den Teilnehmeranschlüssen durch einen alternativen Anbieter voraus, dass dieser zuvor hinreichende und angemessene Informationen über das Netz des etablierten Unternehmens erhalte. Diese Informationen müssten es dem betreffenden alternativen Anbieter erlauben, sein Geschäftspotenzial abzuschätzen und auf der Grundlage entbündelter Zugänge zu Teilnehmeranschlüssen geeignete Pläne für das Endkundengeschäft zu erarbeiten. Im vorliegenden Fall habe das Standardangebot dieses Informationsbedürfnis der alternativen Anbieter jedoch nicht erfüllt.

29      So liefere das Standardangebot trotz der durch den maßgebenden rechtlichen Rahmen (siehe oben, Rn. 7 und 8) festgelegten Regelungen keine derartigen Grundinformationen über die physischen Zugangsorte und die Verfügbarkeit von Teilnehmeranschlüssen in bestimmten Teilen des Netzes. Den alternativen Anbietern seien derartige Informationen nur auf Antrag gegen Zahlung einer Gebühr innerhalb von fünf Tagen nach Inkrafttreten einer Vertraulichkeitsvereinbarung mit der Klägerin und nur gegen Vorlage einer Bankgarantie offengelegt worden. Diese Erfordernisse hätten die Mitteilung der relevanten Informationen an die alternativen Anbieter ungebührlich verzögert und erschwert und diese so von Bemühungen um Zugang zu den Teilnehmeranschlüssen der Klägerin abgeschreckt.

30      Auch im Fall eines Zugangs auf Antrag seien die von der Klägerin mitgeteilten Informationen unzureichend gewesen. Konkret habe die Klägerin keine Informationen über die Verfügbarkeit ihrer Teilnehmeranschlüsse mitgeteilt, obwohl die alternativen Anbieter diese Informationen zwingend benötigt hätten, um ihre Geschäftspläne rechtzeitig zu erstellen und die Geschäftspotenziale einer Entbündelung zu bestimmen. Sie hätte nicht nur ein Verzeichnis der Hauptverteiler und ähnlicher Einrichtungen mitteilen müssen, sondern auch Beschreibungen der geografischen Abdeckung der jeweiligen Vermittlungsstellen, die aktuelle Auslastung der Kabelinfrastruktur (in %) für DSL-Dienste, den Stand des Ausbaus der Einrichtung des Pulsmodulationsverfahrens („pulse code modulation“, PCM) in Bezug auf die Kabel, die an die betreffenden Hauptverteiler angeschlossen seien, Namen und Funktionen der Verteiler sowie die Art ihrer Benutzung in den technischen und methodischen Leitlinien der Klägerin wie auch die maximale Länge homogener Leitungen zum Teilnehmeranschluss. Im Übrigen sei sich die Klägerin der Problematik durchaus bewusst gewesen, die für die alternativen Anbieter mit diesen Zugangsbedingungen zu Informationen und dem beschränkten Umfang der bereitgestellten Informationen verbunden gewesen sei. Des Weiteren stellte die Kommission fest, dass das Entbündelungs-Standardangebot der Klägerin von Anfang an die Verhängung finanzieller Sanktionen für den Fall unvollständiger Zugangsanträge vorgesehen habe, obwohl diese Gesellschaft erst im Mai 2009 ein Muster für Entbündelungsanträge von alternativen Anbietern veröffentlicht habe.

31      Als Zweites habe die Klägerin ungerechtfertigterweise den Umfang der Verpflichtung zur Entbündelung von Teilnehmeranschlüssen reduziert.

32      So habe die Klägerin erstens die „passiven“ Leitungen, d. h. Leitungen, die physisch zwar vorhanden, aber nicht in Gebrauch gewesen seien, zu Unrecht von dieser Verpflichtung ausgenommen. Durch diese Vorgehensweise habe sie eine erhebliche Anzahl an potenziellen Kunden für sich reserviert, die ihre Breitbandleistungen noch nicht gekauft hätten, aber an ihr Netz angeschlossen gewesen seien, obwohl die maßgeblichen regulatorischen Rahmenbedingungen keine Einschränkung der Entbündelungsverpflichtung auf lediglich aktive Leitungen vorsähen und der betreffende Markt im Wachstum begriffen gewesen sei. Die von der Klägerin vorgenommene Beschränkung sei durch keinerlei objektive technische Gründe gerechtfertigt gewesen.

33      Zweitens habe die Klägerin zu Unrecht die von ihr als „konfliktverursachende Dienste“ eingestuften Dienste von ihrer Entbündelungsverpflichtung ausgenommen, d. h. jene Dienste, die sie anbieten konnte und die in Konflikt mit der Bereitstellung des Zugangs zu einem Teilnehmeranschluss für einen alternativen Anbieter geraten konnten. Abgesehen davon, dass der Begriff der konfliktverursachenden Dienste selbst vage sei, sei die von der Klägerin einseitig erstellte Liste solcher Dienste offen und führe folglich zu Unsicherheit für die alternativen Anbieter. Diese Einschränkung habe den alternativen Anbietern eine große Zahl an potenziellen Kunden vorenthalten, die der Klägerin vorbehalten und daher dem Endkundenmarkt entzogen gewesen seien.

34      Drittens hält die Kommission die von der Klägerin im Standardangebot festgelegte Regel, nach der nur 25 % der in einem vielpaarigen Kabel enthaltenen Teilnehmeranschlüsse für die Bereitstellung von Breitbanddiensten verwendet werden konnten, um Übersprechen und Interferenzen zu vermeiden, für ungerechtfertigt. Diese Regel sei nicht gerechtfertigt, da sie allgemein und abstrakt sei und weder die Kabeleigenschaften noch die konkrete Mischung der Übertragungstechniken berücksichtige. Diesbezüglich zeige die Praxis in anderen Mitgliedstaaten das Bestehen von Alternativen zu solchen abstrakten Vorausbeschränkungen auf, wie beispielsweise den Grundsatz einer 100%-Kabelfüllung in Verbindung mit der A-posteriori-Lösung aller konkreten Probleme, die sich aus Spektruminterferenzen ergäben. Schließlich habe die Klägerin auf sich selbst eine Maximalkabelnutzungsregelung von 63 % angewandt, die weniger streng sei als jene, die sie den alternativen Anbietern auferlegt habe.

35      Als Drittes habe die Klägerin schließlich im Standardangebot mehrere unfaire Bedingungen für den entbündelten Zugang zu ihren Teilnehmeranschlüssen festgelegt.

36      Erstens hat die Klägerin laut dem angefochtenen Beschluss in das Standardangebot unfaire Bedingungen bezüglich der Kollokation aufgenommen, die sie in diesem Angebot definiere als „Bereitstellung von Platz und der benötigten technischen Ausrüstung für die geeignete Unterbringung von Telekommunikationseinrichtungen des entsprechend befugten Anbieters zum Zweck der Bereitstellung von Dienstleistungen für Endkunden des befugten Anbieters über Zugänge zu den betreffenden Teilnehmeranschlüssen“. Das derart geschaffene Hindernis für die alternativen Anbieter ergebe sich konkret aus folgenden Umständen: (1) Die Bedingungen hätten eine vorläufige Prüfung der Kollokationsmöglichkeiten vorgeschrieben, die objektiv nicht notwendig gewesen sei; (2) die alternativen Anbieter hätten die Bestimmung der Kollokationsform durch die Klägerin nur unter Zahlung zusätzlicher Gebühren anfechten können; (3) das Auslaufen des Reservierungszeitraums nach der Unterrichtung des alternativen Anbieters über das Ergebnis der vorläufigen oder detaillierten Prüfung ohne Abschluss der Kollokationsvereinbarung habe bewirkt, dass das Verfahren der vorläufigen oder detaillierten Prüfung habe in vollem Umfang wiederholt werden müssen; (4) die Klägerin sei bei der Bearbeitung zusätzlicher detaillierter Prüfungen, die sich im Zuge der Verhandlungen ergeben hätten, an keinerlei Fristen gebunden gewesen und habe das Recht gehabt, einen Kollokationsentwurf während der Frist bis zur Annahme eines Angebots durch den betreffenden alternativen Anbieter ohne Begründung und ohne Rechtsfolgen zurückzuziehen; (5) die Klägerin habe sich zu keinem präzisen Zeitrahmen für die Umsetzung der Kollokation verpflichtet; (6) die Klägerin habe einseitig unfaire und intransparente Kollokationsgebühren verlangt.

37      Zweitens seien die alternativen Anbieter nach dem Standardangebot verpflichtet gewesen, für jeden einzelnen Kollokationsraum für zwölf Monate im Voraus monatliche Prognosen der zu erwartenden Anträge auf Eignungsprüfung der Teilnehmeranschlüsse vorzulegen, bevor sie einen Antrag auf Eignungsprüfung des entsprechenden Teilnehmeranschlusses hätten stellen können. Dieses Erfordernis verlange aber von den alternativen Anbietern, Prognosen zu einer Zeit vorzulegen, zu der sie gar nicht in der Lage seien, ihren Bedarf an entbündelten Teilnehmeranschlüssen zu schätzen. Darüber hinaus bemängelt die Kommission den Umstand, dass bei Nichteinhaltung der Prognosebestimmungen Strafzahlungen verhängt worden seien, sowie den zwingenden Charakter der Prognoseverpflichtung und das Fehlen einer Frist für die Antwort der Klägerin auf einen Antrag auf Eignungsprüfung bei Abweichung des Antrags von dem prognostizierten Volumen.

38      Drittens sei das verpflichtende Eignungsprüfungsverfahren, das es den alternativen Anbietern in der Phase der Eignungsprüfung habe ermöglichen sollen, zu bestimmen, ob sich ein spezieller Teilnehmeranschluss für die DSL-Technologie oder eine andere Breitbandtechnologie eigne, die sie zu nutzen beabsichtigten, bevor sie tatsächlich einen festen Antrag zur Entbündelung stellten, so ausgestaltet gewesen, dass diese Anbieter von der Beantragung eines entbündelten Zugangs zu den Teilnehmeranschlüssen der Klägerin abgeschreckt worden seien. So sei zwar eine Überprüfung der Eignung der Teilnehmeranschlüsse für die Entbündelung bzw. der Grundvoraussetzungen für die Entbündelung einer spezifischen Leitung notwendig, jedoch habe die Abkopplung dieses Eignungsprüfungsverfahrens von dem eigentlichen Antrag auf Zugang zum Teilnehmeranschluss die Entbündelung unnötig verzögert und für die alternativen Anbieter zusätzliche Kosten verursacht. Außerdem seien mehrere im Rahmen des Eignungsprüfungsverfahrens untersuchte Gesichtspunkte überflüssig gewesen. Des Weiteren verweist die Kommission auf den ungerechtfertigten Charakter des auf zehn Tage begrenzten Gültigkeitszeitraums der Eignungsprüfung eines Teilnehmeranschlusses, nach dessen Ablauf die Stellung eines Zugangsantrags nicht mehr möglich gewesen sei.

39      Viertens habe das Standardangebot nachteilige Bedingungen in Bezug auf Reparaturen, Instandhaltung und Wartung enthalten, und zwar wegen (1) des Fehlens einer angemessenen Definition der „planmäßigen“ und „außerplanmäßigen Arbeiten“, (2) mangelnder Klarheit der Unterscheidung zwischen „außerplanmäßigen Arbeiten“ und einfachen „Störungen“, was zu ungerechtfertigtem Verhalten seitens der Klägerin führen könnte, (3) sehr kurzer Fristen für die Unterrichtung eines alternativen Anbieters über solche Arbeiten und für die Weiterleitung dieser Information an dessen Kunden sowie (4) der Verlagerung der Verantwortung für reparaturbedingte Unterbrechungen der Dienste auf den alternativen Anbieter, wenn dieser als nicht kooperativ angesehen worden sei.

40      Fünftens betrachtet die Kommission einige Bedingungen für die von jedem alternativen Anbieter, der mit der Klägerin eine Kollokationsvereinbarung abschließen und letztlich einen Zugang zu ihren Teilnehmeranschlüssen erlangen wollte, geforderte Bankbürgschaft als unfair. So habe die Klägerin zunächst bei der Annahme oder Ablehnung einer Bankbürgschaft über einen zu großen Ermessensspielraum verfügt und habe diesbezüglich keiner Frist unterlegen. Ferner stehe der auf 66 387,84 Euro festgelegte Betrag der Bürgschaft in keinem angemessenen Verhältnis zu Risiko und Kosten der Klägerin, zumal es das Standardangebot der Klägerin erlaube, bei Inanspruchnahme eine Vervielfachung dieser Bürgschaft zu verlangen, wobei der ursprüngliche Betrag der Bankbürgschaft bis zum 12-Fachen erhöht werden könne. Darüber hinaus sei die Klägerin in der Lage gewesen, die Bankbürgschaft nicht nur zur Abdeckung einer Nichtzahlung für tatsächlich von ihr bereitgestellte Dienstleistungen, sondern auch für jedwede sonstige Schadensersatzansprüche in Anspruch zu nehmen, die sie habe geltend machen können. Im Übrigen habe die Klägerin die Bankbürgschaft abrufen können, ohne nachweisen zu müssen, dass sie den Schadensersatzpflichtigen zur Leistung aufgefordert habe, und ohne dass der Schadensersatzpflichtige die Möglichkeit gehabt hätte, sich dagegen zu wehren. Schließlich hätten die alternativen Anbieter von keiner vergleichbaren Bürgschaft profitiert, obwohl ihnen aus dem Verhalten der Klägerin in Verbindung mit dem entbündelten Zugang zu Teilnehmeranschlüssen beträchtliche Verluste entstehen könnten.

41      Die Kommission kam zu dem Schluss, dass all diese Aspekte des Verhaltens der Klägerin in der Gesamtschau eine Verweigerung des entbündelten Zugangs zu den Teilnehmeranschlüssen dieses Anbieters ergeben hätten.

b)      Margenbeschneidung der alternativen Anbieter im Rahmen der Schaffung eines entbündelten Zugangs zu den Teilnehmeranschlüssen der Klägerin

42      Im zweiten Teil ihrer Analyse des Verhaltens der Klägerin stellt die Kommission das Vorliegen einer Margenbeschneidung durch Handlungen dieser Gesellschaft hinsichtlich des entbündelten Zugangs zu ihren Teilnehmeranschlüssen fest, was eine eigenständige Form des Missbrauchs einer beherrschenden Stellung darstelle. So sei die Differenz zwischen den Preisen, die die Klägerin den alternativen Anbietern für die Bereitstellung des entbündelten Zugangs zu ihren Teilnehmeranschlüssen berechnet habe, und den Preisen, die diese Gesellschaft ihren eigenen Kunden berechnet habe, entweder negativ oder zumindest nicht ausreichend gewesen, um es ebenso effizienten Marktteilnehmern wie der Klägerin zu ermöglichen, die spezifischen Kosten zu decken, die Letztere zur Erbringung ihrer eigenen Produkte und Dienstleistungen auf dem nachgelagerten Markt, d. h. dem Endkundenmarkt, tragen müsse.

43      Bei dem Szenario eines ausschließlich Breitbanddienste beinhaltenden Dienstleistungsportfolios wäre ein ebenso effizienter Wettbewerber mittels eines entbündelten Zugangs zu den Teilnehmeranschlüssen der Klägerin in der Lage gewesen, das gesamte Portfolio an DSL-Produkten zu reproduzieren, das die Klägerin im Laufe der Zeit entwickelt habe. Die Methode der Berücksichtigung getrennter Zeiträume bei der Berechnung der Margen (d. h. die Berechnung der verfügbaren Margen für jedes Jahr von 2005 bis 2010) zeige aber, dass einem ebenso effizienten Wettbewerber wie der Klägerin negative Margen entstanden wären und dass dieser Wettbewerber das von der Klägerin angebotene Breitbanddienstportfolio auf dem Endkundenmarkt daher nicht wirtschaftlich hätte reproduzieren können.

44      Auch bei dem Szenario eines Portfolios, das aufgrund eines vollständigen Zugangs zum entbündelten Teilnehmeranschluss neben Breitbanddiensten auch Sprachtelefoniedienste beinhaltet, wäre ein ebenso effizienter Wettbewerber wie die Klägerin aufgrund der von dieser Gesellschaft auf dem Vorleistungsmarkt für den entbündelten Zugang berechneten Preise nicht in der Lage gewesen, im Zeitraum von 2005 bis 2010 auf dem relevanten Endkundenmarkt rentabel tätig zu sein. Ein ebenso effizienter Wettbewerber hätte demnach das von der Klägerin angebotene Portfolio in diesem Zeitraum nicht rentabel reproduzieren können. Diese Feststellung werde auch durch das Hinzurechnen von ab dem Jahr 2007 verfügbaren Multiplay-Diensten zu diesem Referenzportfolio nicht berührt.

45      Da weder die Klägerin noch Deutsche Telekom im Verwaltungsverfahren eine sachliche Rechtfertigung für ihr Verhalten mit Verdrängungswirkung vorgebracht hätten, sei das Verhalten der Klägerin im relevanten Zeitraum als missbräuchliche Margenbeschneidung zu beurteilen.

3.      Analyse der wettbewerbsbeschränkenden Wirkungen des Verhaltens der Klägerin

46      Die Kommission vertritt die Auffassung, dass diese beiden Verhaltensweisen der Klägerin, nämlich die Verweigerung des entbündelten Zugangs zu ihren Teilnehmeranschlüssen und die Beschneidung der Margen der alternativen Anbieter, geeignet gewesen seien, alternative Anbieter am Zutritt zum slowakischen Endkundenmarkt („Massenmarkt“) für an festen Standorten angebotene Breitbanddienste mittels eines entbündelten Zugangs zu hindern. Die Verhaltensweisen hätten den Wettbewerb auf diesem Markt behindert, da für die konkurrierenden Anbieter keine tatsächliche rentable Alternative zu einem effizienten DSL-basierten Breitbandzugang auf der Grundlage entbündelter Teilnehmeranschlüsse bestanden habe. Die Auswirkungen des Verhaltens der Klägerin auf den Wettbewerb seien umso stärker ausgeprägt gewesen, als der Endkundenmarkt für Breitbanddienste während des relevanten Zeitraums ein starkes Wachstumspotenzial aufgewiesen habe.

47      Des Weiteren habe diese Blockierung des Zugangs zur Entbündelung des Teilnehmeranschlusses den alternativen Anbietern eine Einkunftsquelle vorenthalten, die ihnen die Vornahme weiterer Investitionen in das Netz ermöglicht hätte (Konzept der „Investitionsleiter“), insbesondere in Form der Entwicklung ihres eigenen Zugangsnetzes, um ihre Endkunden direkt anzuschließen.

48      Die Kommission gelangt zu dem Ergebnis, dass das wettbewerbswidrige Verhalten der Klägerin auf dem slowakischen Endkundenmarkt („Massenmarkt“) für an festen Standorten angebotene Breitbanddienste geeignet gewesen sei, negative Auswirkungen auf den Wettbewerb nach sich zu ziehen und angesichts der das gesamte Gebiet der Slowakei umfassenden geografischen Ausdehnung den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen.

4.      Adressaten des angefochtenen Beschlusses und Geldbußen

49      Nach dem angefochtenen Beschluss war Deutsche Telekom während des gesamten relevanten Zeitraums nicht nur in der Lage, einen bestimmenden Einfluss auf die Geschäftspolitik der Klägerin auszuüben, sondern hat diesen Einfluss auch tatsächlich ausgeübt. Die Kommission nahm an, dass die Klägerin und Deutsche Telekom zu ein und demselben Unternehmen gehörten, und machte deshalb beide Gesellschaften für die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung gegen Art. 102 AEUV, die Gegenstand des angefochtenen Beschlusses ist, haftbar.

50      Was die Ahndung der Zuwiderhandlung angeht, weist die Kommission darauf hin, dass der Betrag der Geldbußen nach den Grundsätzen ihrer Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen gemäß Artikel 23 Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung Nr. 1/2003 (ABl. 2006, C 210, S. 2; im Folgenden: Leitlinien von 2006) festgesetzt worden sei. Die Kommission berechnete zunächst den Grundbetrag der Geldbuße.

51      Sie legte dabei 10 % des Umsatzes zugrunde, den die Klägerin im letzten vollständigen Geschäftsjahr, in dem sie an der Zuwiderhandlung beteiligt war (2010), auf dem Markt für den entbündelten Zugang zu den Teilnehmeranschlüssen und auf dem Endkundenmarkt für an einem festen Standort angebotene Breitbanddienste erzielt hatte. Sie multiplizierte diesen Anteil am Umsatz mit dem Faktor 5,33, um die Dauer der Zuwiderhandlung (fünf Jahre und vier Monate) zu berücksichtigen. Dies ergab einen Grundbetrag von 38 838 000 Euro. Es handelt sich um die erste für die betreffende Zuwiderhandlung verhängte Geldbuße, für die die Klägerin und Deutsche Telekom nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. a des angefochtenen Beschlusses gesamtschuldnerisch haften.

52      Sodann nahm die Kommission eine zweifache Anpassung dieses Grundbetrags vor. Als Erstes stellte sie fest, dass Deutsche Telekom vor der Begehung der Zuwiderhandlung, um die es hier geht, bereits mit ihrer Entscheidung 2003/707/EG vom 21. Mai 2003 in einem Verfahren nach Artikel 82 [EG] (Sachen COMP/37.451, 37.578, 37.579 – Deutsche Telekom AG) (ABl. 2003, L 263, S. 9) für eine Zuwiderhandlung gegen Art. 102 AEUV wegen einer Margenbeschneidung im Telekommunikationssektor haftbar gemacht worden sei und dass sie, als diese Entscheidung ergangen sei, bereits zu 51 % an der Klägerin beteiligt und in der Lage gewesen sei, einen beherrschenden Einfluss auf diese Gesellschaft auszuüben. Folglich müsse bei Deutsche Telekom der Grundbetrag wegen Rückfälligkeit um 50 % erhöht werden. Als Zweites stellte die Kommission fest, dass der weltweite Umsatz von Deutsche Telekom im Jahr 2013 60,123 Mrd. Euro betragen habe und dass zur Gewährleistung einer ausreichenden Abschreckung der gegen Deutsche Telekom verhängten Geldbuße auf den Grundbetrag ein Multiplikator von 1,2 anzuwenden sei. Das Ergebnis dieser zweifachen Anpassung des Grundbetrags, nämlich 31 070 000 Euro, führt nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. b des angefochtenen Beschlusses zu einer gesonderten, nur gegen Deutsche Telekom verhängten Geldbuße.

5.      Verfügender Teil des angefochtenen Beschlusses

53      Die Art. 1 und 2 des angefochtenen Beschlusses lauten:

„Artikel 1

(1) Das Unternehmen bestehend aus Slovak Telekom a.s. / Deutsche Telekom AG hat eine einzige und ununterbrochene Zuwiderhandlung gegen Artikel 102 AEUV und Artikel 54 des EWR-Abkommens begangen.

(2) Die Zuwiderhandlung dauerte vom 12. August 2005 bis zum 31. Dezember 2010 und bestand in den folgenden Verhaltensweisen:

(1)      Zurückhaltung netzrelevanter Informationen, die für die Entbündelung der Teilnehmeranschlüsse erforderlich sind, gegenüber alternativen Anbietern;

(2)      Verringerung des Umfangs seiner Verpflichtungen in Bezug auf die entbündelten Teilnehmeranschlüsse;

(3)      Festsetzung unfairer Bedingungen in seinem Standardangebot für entbündelte Teilnehmeranschlüsse in Bezug auf Kollokation, Eignungsprüfung, Vorlage von Prognosen, Reparaturen und Bankbürgschaften;

(4)      Anwendung unfairer Tarife, die es einem ebenso effizienten Wettbewerber, der auf der Vorleistungsebene auf den entbündelten Zugang zu den Teilnehmeranschlüssen von Slovak Telekom a.s. angewiesen ist, unmöglich machen, ebenso umfassende Breitbanddienste für Endkunden wie Slovak Telekom a.s. aufzubauen, ohne Verluste zu verzeichnen.

Artikel 2

Für die in Artikel 1 genannte Zuwiderhandlung werden folgende Geldbußen verhängt:

(a)      gegen die Deutsche Telekom AG und die Slovak Telekom a.s. gesamtschuldnerisch eine Geldbuße von 38 838 000 EUR;

(b)      gegen die Deutsche Telekom AG eine Geldbuße von 31 070 000 EUR.

…“

II.    Verfahren und Anträge der Parteien

[nicht wiedergegeben]

71      Die Klägerin beantragt,

–        die Art. 1 und 2 des angefochtenen Beschlusses für nichtig zu erklären, soweit dieser sie betrifft;

–        hilfsweise, die in Art. 2 des angefochtenen Beschlusses gegen sie verhängte Geldbuße herabzusetzen;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen;

–        jeder Partei ihre eigenen Kosten aufzuerlegen, falls der Gerichtshof die Klage als unzulässig oder als unbegründet abweisen sollte.

72      Die Kommission und die Streithelferin beantragen,

–        die Klage in vollem Umfang abzuweisen und

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

III. Rechtliche Würdigung

[nicht wiedergegeben]

B.      Zur Begründetheit

91      Die Klägerin macht fünf Klagegründe geltend, die sich sowohl auf den Klageantrag auf Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses als auch auf den Hilfsantrag auf Herabsetzung der gegen sie verhängten Geldbuße beziehen. Gerügt werden offensichtliche Beurteilungs- und Rechtsfehler bei der Anwendung von Art. 102 AEUV im Zusammenhang mit dem missbräuchlichen Verhalten der Klägerin (erster Klagegrund), eine Verletzung der Verteidigungsrechte der Klägerin im Zusammenhang mit der Beurteilung der Margenbeschneidung (zweiter Klagegrund), Fehler bei der Feststellung der Margenbeschneidung (dritter Klagegrund), ein Fehler bei der Feststellung, dass die Klägerin und Deutsche Telekom zu einem einheitlichen Unternehmen gehörten und beide für die Zuwiderhandlung verantwortlich seien (vierter Klagegrund), und Fehler bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße (fünfter Klagegrund).

1.      Zum ersten Klagegrund: offensichtliche Beurteilungs- und Rechtsfehler bei der Anwendung von Art. 102 AEUV im Zusammenhang mit dem missbräuchlichen Verhalten der Klägerin

92      Mit dem ersten Klagegrund wendet sich die Klägerin gegen das rechtliche Kriterium, das die Kommission im angefochtenen Beschluss bei der Feststellung, dass die Verhaltensweise der Klägerin einen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung darstelle, angewandt hat.

93      Sie macht im Großen und Ganzen fünf Rügen geltend. Erstens habe die Kommission nicht geprüft, ob der Zugang zu ihrem kupferbasierten DSL-Netz im Sinne des Urteils vom 26. November 1998, Bronner (C‑7/97, EU:C:1998:569) für ein Tätigwerden auf dem slowakischen Endkundenmarkt für Breitbanddienste unentbehrlich gewesen sei. Zweitens habe die Kommission das Urteil vom 9. September 2009, Clearstream/Kommission (T‑301/04, EU:T:2009:317), nicht richtig berücksichtigt. Drittens sei der angefochtene Beschluss hinsichtlich der Anforderungen an den Nachweis einer vollständigen bzw. konstruktiven Zugangsverweigerung wettbewerbspolitisch widersprüchlich. Viertens sei die Begründung der ausnahmsweisen Nichtanwendung der Voraussetzungen gemäß dem Urteil vom 26. November 1998, Bronner (C‑7/97, EU:C:1998:569), in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht fehlerhaft. Sie sei im Übrigen auch nicht ausreichend. Fünftens habe die Kommission nicht nachgewiesen, dass der Zugang zu ihren Teilnehmeranschlüssen für Wettbewerber auf dem nachgelagerten Markt unentbehrlich wäre.

94      Die Kommission und die Streithelferin treten diesem Vorbringen entgegen. Sie sind der Auffassung, dass der erste Klagegrund zurückzuweisen sei.

a)      Zur ersten und zur fünften Rüge

95      Mit der ersten und mit der fünften Rüge wendet sich die Klägerin dagegen, dass die Kommission ihre Verhaltensweisen im relevanten Zeitraum, auf die sich Abschnitt 7 des angefochtenen Beschlusses (Rn. 355 bis 821) bezieht, als „Verweigerung des Zugangs“ zu ihren Teilnehmeranschlüssen eingestuft habe, ohne zu prüfen, ob dieser im Sinne von Rn. 41 des Urteils vom 26. November 1998, Bronner (C‑7/97, EU:C:1998:569), unentbehrlich gewesen sei.

96      Mit der ersten Rüge greift die Klägerin die Feststellung der Kommission an, dass sich die Umstände des vorliegenden Falls anders als die Umstände in der Sache, in der das Urteil vom 26. November 1998, Bronner (C‑7/97, EU:C:1998:569) ergangen sei, verhielten (angefochtener Beschluss, Rn. 361 bis 371). Nach diesem Urteil sei eine Voraussetzung dafür, dass die Verweigerung des Zugangs gegen Art. 102 AEUV verstoße, dass diese ein Erzeugnis oder eine Dienstleistung betreffe, dessen bzw. deren Lieferung für die Ausübung der betreffenden Tätigkeit unentbehrlich sei (im Folgenden: Voraussetzung der Unentbehrlichkeit). Die Kommission habe im vorliegenden Fall zu Unrecht nicht geprüft, ob der Zugang zu ihrem Netz unentbehrlich gewesen sei, um auf dem slowakischen Endkundenmarkt für Breitbanddienste tätig zu sein. Die Annahme der Kommission, dass sie nach dem Urteil vom 17. Februar 2011, TeliaSonera Sverige (C‑52/09, EU:C:2011:83), bei einer konstruktiven Lieferverweigerung nicht verpflichtet sei, nachzuweisen, dass die in dem Urteil vom 26. November 1998, Bronner (C‑7/97, EU:C:1998:569), aufgestellten Voraussetzungen, u. a. die Voraussetzung der Unentbehrlichkeit, erfüllt seien (angefochtener Beschluss, Rn. 359 ff.), sei unzutreffend.

97      Aus einer Gesamtschau der Rn. 55 bis 58 des Urteils vom 17. Februar 2011, TeliaSonera Sverige (C‑52/09, EU:C:2011:83), ergebe sich, dass eine Margenbeschneidung eine eigenständige Form von Missbrauch im Sinne von Art. 102 AEUV sei, für die nicht vorher das Vorliegen einer Verpflichtung zum Verkauf, die die Voraussetzungen des Urteils vom 26. November 1998, Bronner (C‑7/97, EU:C:1998:569) erfülle, nachgewiesen werden müsse. Da die Kommission aber angenommen habe, dass Rn. 55 des Urteils vom 17. Februar 2011, TeliaSonera Sverige (C‑52/09, EU:C:2011:83), nicht nur für eine Margenbeschneidung, sondern auch für eine konstruktive Zugangsverweigerung wie die, um die es hier gehe, gelte, habe sie zu Unrecht versucht, den auf eine ganz bestimmte Fallgestaltung zugeschnitten Ansatz des Urteils erheblich auszuweiten.

98      Auch wenn sich aus dem Urteil vom 17. Februar 2011,TeliaSonera Sverige (C‑52/09, EU:C:2011:83), ergebe, dass die Voraussetzung der Unentbehrlichkeit nicht für alle Formen von Missbrauch im Sinne von Art. 102 AEUV im Zusammenhang mit den „Geschäftsbedingungen“ gelte, bedeute dies noch nicht, dass sie für eine konstruktive Zugangsverweigerung nicht gälte. Der Gerichtshof habe weder in dem Urteil vom 17. Februar 2011, TeliaSonera Sverige (C‑52/09, EU:C:2011:83), noch in irgendeinem anderen Urteil festgestellt, dass die in dem Urteil vom 26. November 1998, Bronner (C‑7/97, EU:C:1998:569), aufgestellte Voraussetzung der Unentbehrlichkeit nur für die vollständige Zugangsverweigerung gälte. Wäre dies der Fall, würde die praktische Wirksamkeit von Art. 102 AEUV geschmälert. Auch wenn das Urteil vom 26. November 1998, Bronner (C‑7/97, EU:C:1998:569), eine vollständige Lieferverweigerung betreffe, habe der Gerichtshof in diesem Urteil die allgemeinen Grundsätze einer Verpflichtung zur Unterstützung der Wettbewerber aufgestellt.

99      Mit den in der Klagebeantwortung angeführten Urteilen verfolge die Kommission einen neuen Ansatz, der von dem des angefochtenen Beschluss abweiche. Jedenfalls sei erstens festzustellen, dass sich das Urteil vom 26. November 1998, Bronner (C‑7/97, EU:C:1998:569), das Urteil vom 6. März 1974, Istituto Chemioterapico Italiano und Commercial Solvents/Kommission (6/73 und 7/73, EU:C:1974:18), zu eigen gemacht habe, aus dem sich ergebe, dass die Unentbehrlichkeit ein Tatbestandsmerkmal sei. Die beiden Urteile stünden daher miteinander in Einklang.

100    Zweitens sei die von der Kommission angeführte Rechtsprechung, nämlich die Urteile vom 14. Februar 1978, United Brands und United Brands Continentaal/Kommission (27/76, EU:C:1978:22), und vom 16. September 2008, Sot. Lélos kai Sia u. a. (C‑468/06 bis C‑478/06, EU:C:2008:504), im vorliegenden Fall nicht einschlägig. In diesen beiden Rechtssachen sei es nicht um eine Lieferverweigerung gegangen, sondern darum, dass eine Lieferverweigerung als Mittel, eine andere Wettbewerbsbeschränkung hervorzurufen, gedient habe. Außerdem sei es nicht um den Verkauf einer Vorleistung an Wettbewerber auf einem nachgelagerten Markt gegangen, sondern um die Lieferung eines Endprodukts zu Vertriebs- oder Verkaufszwecken. Und das Unternehmen in der beherrschenden Stellung habe sich dafür entschieden, die Lieferung von Produkten einzustellen, die es den betreffenden Kunden zuvor geliefert habe, während im vorliegenden Fall wie in der Rechtssache, in der das Urteil vom 26. November 1998, Bronner (C‑7/97, EU:C:1998:569), ergangen sei, den Unternehmen, die den Zugang beantragt gehabt hätten, von dem Unternehmen in beherrschender Stellung zuvor kein Zugang gewährt worden sei.

101    Drittens sei zu der von der Kommission angeführten Rechtsprechung, die die Verweigerung der Gewährung einer Lizenz betreffe, nämlich den Urteilen vom 5. Oktober 1998, Volvo (238/87, EU:C:1988:477, Rn. 8), vom 6. April 1995, RTE und ITP/Kommission (C‑241/91 P und C‑242/91 P, EU:C:1995:98, Rn. 50), und vom 29. April 2004, IMS Health (C‑418/01, EU:C:2004:257, Rn. 35), festzustellen, dass diese im Einklang mit dem Urteil vom 26. November 1998, Bronner (C‑7/97, EU:C:1998:569), stehe, in dem auf das Urteil vom 6. April 1995, RTE und ITP/Kommission (C‑241/91 P und C‑242/91 P, EU:C:1995:98), Bezug genommen werde, das in der nachfolgenden Rechtsprechung zitiert werde. Die Kommission könne sich, nur weil in Sachen, die das geistige Eigentum beträfen, strengere Voraussetzungen gälten, u. a., dass die Vorleistung für die Herstellung eines ,„neuen Erzeugnisses“ unentbehrlich sein müsse, in Sachen, die keinen Bezug zum geistigen Eigentum hätten, nicht einfach über die Voraussetzungen des Urteils vom 26. November 1998, Bronner (C‑7/97, EU:C:1998:569), hinwegsetzen.

102    Viertens macht die Klägerin zu dem Urteil vom 17. Februar 2011, TeliaSonera Sverige (C‑52/09, EU:C:2011:83), geltend, dass es keine Anhaltspunkte dafür gebe, dass der Gerichtshof die Geltung der im Urteil vom 26. November 1998, Bronner (C‑7/97, EU:C:1998:569), aufgestellten Voraussetzungen auf den betreffenden Fall hätte beschränken wollen. Es bestehe ein Unterschied zwischen der vom Gerichtshof in dem Urteil vom 17. Februar 2011, TeliaSonera Sverige (C‑52/09, EU:C:2011:83), getroffenen Feststellung, dass die in dem Urteil vom 26. November 1998, Bronner (C‑7/97, EU:C:1998:569), aufgestellten Voraussetzungen nicht für alle Sachen gälten, die „Geschäftsbedingungen“ beträfen, und der Annahme der Kommission, dass diese Voraussetzungen in solchen Sachen überhaupt nicht gälten.

103    Fünftens vermöchten die von der Kommission angeführten Entscheidungen, deren Auffassung überhaupt nicht zu stützen. Die Analyse der Kommission in der Entscheidung 2001/892/EG vom 25. Juli 2001 in einem Verfahren nach Artikel 82 EG-Vertrag (COMP/C‑1/36.915 – Deutsche Post AG – Aufhaltung grenzüberschreitender Postsendungen) (ABl. 2001, L 331, S. 40) beruhe nämlich auf der Feststellung, dass das Vertriebsnetz von Deutsche Post für die im Vereinigten Königreich ansässigen Absender unentbehrlich sei. Die als Beispiel für eine konstruktive Zugangsverweigerung angeführte Sache Polaroid/SSI Europe gebe für den vorliegenden Fall nichts her.

104    Mit ihrer fünften Rüge macht die Klägerin geltend, dass im angefochtenen Beschluss nicht nachgewiesen werde, dass der Zugang zu ihren Teilnehmeranschlüssen für die auf nachgelagerten Märkten tätigen Wettbewerber unentbehrlich wäre. Nach dem Urteil vom 29. April 2004, IMS Health (C‑418/01, EU:C:2004:257, Rn. 28), genüge es nicht, dass nachgewiesen werde, dass alternative Lösungen für die anderen Wirtschaftsteilnehmer weniger vorteilhaft seien. Vielmehr müsse nachgewiesen werden, dass das betreffende Netz im Sinne des Urteils vom 26. November 1998, Bronner (C‑7/97, EU:C:1998:569), unentbehrlich sei. Ein Anspruch auf Zugang zu einer Einrichtung bestehe nämlich erst dann, wenn die Verweigerung des Zugangs objektiv hinreichend schwere Auswirkungen auf den Wettbewerb habe.

105    Im Übrigen seien die Fragen, denen die Kommission in Abschnitt 7.3 des angefochtenen Beschlusses (insbesondere Rn. 382 und 384) nachgegangen sei, nämlich, ob ihr Kupfernetz wichtig sei und ob der wirksame Zugang zu der auf den entbündelten Teilnehmeranschlüssen basierenden DSL-Technologie für die alternativen Anbieter in der Slowakei als Vorleistung wichtig sei, irrelevant. Die Kommission habe dabei die Voraussetzung der Unentbehrlichkeit nicht richtig angewandt. Sie hätte prüfen müssen, ob der Zugang zu den Teilnehmeranschlüssen für die Wettbewerber, die ihr, der Klägerin, auf dem nachgelagerten Endkundenmarkt Konkurrenz machen wollten, derart unentbehrlich sei, dass dies ohne den Zugang unmöglich oder überaus schwierig wäre. Der Zugang zu Breitbanddiensten erfolge größtenteils über andere Technologien als ihr Kupfernetz. Der Zugang zu ihren Teilnehmeranschlüssen sei deshalb nicht derart unentbehrlich, dass ohne ihn der Eintritt in den Markt unmöglich wäre oder unzumutbar erschwert würde.

106    Die Kommission und die Streithelferin treten diesem Vorbringen entgegen.

107    Nach ständiger Rechtsprechung trägt das Unternehmen, das eine beherrschende Stellung innehat, eine besondere Verantwortung dafür, dass es durch sein Verhalten einen wirksamen und unverfälschten Wettbewerb auf dem Binnenmarkt nicht beeinträchtigt (vgl. Urteil vom 6. September 2017, Intel/Kommission, C‑413/14 P, EU:C:2017:632, Rn. 135 und die dort angeführte Rechtsprechung). Ist eine beherrschende Stellung aus einem ehemaligen gesetzlichen Monopol entstanden, muss dies berücksichtigt werden (Urteil vom 27. März 2012, Post Danmark, C‑209/10, EU:C:2012:172, Rn. 23).

108    Deshalb verbietet Art. 102 AEUV einem Unternehmen in beherrschender Stellung insbesondere die Anwendung von Praktiken, die für seine als ebenso effizient geltenden Wettbewerber eine Verdrängungswirkung entfalten und damit seine Stellung stärken, indem andere Mittel als diejenigen eines Leistungswettbewerbs herangezogen werden. Unter diesem Blickwinkel kann nicht jeder Preiswettbewerb als zulässig angesehen werden (vgl. Urteil vom 6. September 2017, Intel/Kommission, C‑413/14 P, EU:C:2017:632, Rn. 136 und die dort angeführte Rechtsprechung).

109    Bei der nach Art. 102 AEUV verbotenen missbräuchlichen Ausnutzung einer beherrschenden Stellung handelt es sich um einen objektiven Begriff, mit dem Verhaltensweisen eines Unternehmens in beherrschender Stellung gemeint sind, die auf einem Markt, auf dem der Grad an Wettbewerb gerade wegen der Anwesenheit des betreffenden Unternehmens bereits geschwächt ist, die Aufrechterhaltung des auf dem Markt noch bestehenden Grades an Wettbewerb oder die Entwicklung des Wettbewerbs durch den Einsatz von anderen Mitteln behindern als denjenigen eines normalen Produkt- oder Dienstleistungswettbewerbs auf der Grundlage der Leistungen der Wirtschaftsteilnehmer (vgl. Urteile vom 19. April 2012, Tomra Systems u. a./Kommission, C‑549/10 P, EU:C:2012:221, Rn. 17 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 9. September 2009, Clearstream/Kommission, T‑301/04, EU:T:2009:317, Rn. 140 und die dort angeführte Rechtsprechung).

110    Art. 102 AEUV erfasst nicht nur Verhaltensweisen, durch die den Verbrauchern ein unmittelbarer Schaden erwächst, sondern auch solche, die die Verbraucher durch die Beeinträchtigung des Wettbewerbs schädigen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 27. März 2012, Post Danmark, C‑209/10, EU:C:2012:172, Rn. 20 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 29. März 2012, Telefónica und Telefónica de España/Kommission, T‑336/07, EU:T:2012:172, Rn. 171).

111    Die Wirkung auf die Wettbewerbssituation, von der oben in Rn. 109 die Rede ist, betrifft nicht notwendig die konkrete Wirkung des beanstandeten missbräuchlichen Verhaltens. Für die Feststellung eines Verstoßes gegen Art. 102 AEUV ist nachzuweisen, dass das missbräuchliche Verhalten des Unternehmens in beherrschender Stellung darauf gerichtet ist, den Wettbewerb zu beschränken, oder anders ausgedrückt, dass das Verhalten eine solche Wirkung haben kann (Urteil vom 19. April 2012, Tomra Systems u. a./Kommission, C‑549/10 P, EU:C:2012:221, Rn. 68; vgl. auch Urteile vom 9. September 2009, Clearstream/Kommission, T‑301/04, EU:T:2009:317, Rn. 144 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 29. März 2012, Telefónica und Telefónica de España/Kommission, T‑336/07, EU:T:2012:172, Rn. 268 und die dort angeführte Rechtsprechung).

112    Zur Missbräuchlichkeit einer Margenbeschneidung ist festzustellen, dass nach Art. 102 Abs. 2 Buchst. a AEUV die unmittelbare oder mittelbare Erzwingung von unangemessenen Preisen durch ein Unternehmen in beherrschender Stellung ausdrücklich verboten ist (Urteile vom 17. Februar 2011, TeliaSonera Sverige, C‑52/09, EU:C:2011:83, Rn. 25, und vom 29. März 2012, Telefónica und Telefónica de España/Kommission, T‑336/07, EU:T:2012:172, Rn. 173). Da die Liste der missbräuchlichen Verhaltensweisen in Art. 102 AEUV aber nicht abschließend ist, handelt es sich bei der in dieser Bestimmung enthaltenen Aufzählung missbräuchlicher Praktiken nicht um eine erschöpfende Wiedergabe der Arten der nach dem Unionsrecht verbotenen Ausnutzung einer beherrschenden Stellung (Urteile vom 21. Februar 1973, Europemballage und Continental Can/Kommission, 6/72, EU:C:1973:22, Rn. 26, vom 17. Februar 2011, TeliaSonera Sverige, C‑52/09, EU:C:2011:83, Rn. 26, und vom 29. März 2012, Telefónica und Telefónica de España/Kommission, T‑336/07, EU:T:2012:172, Rn. 173).

113    Der erste Klagegrund betrifft lediglich das rechtliche Kriterium, das die Kommission in Abschnitt 7 des angefochtenen Beschlusses (Erwägungsgründe 355 bis 821) bei der Einstufung einer Reihe von Verhaltensweisen der Klägerin im relevanten Zeitraum als „Zugangsverweigerung“ angewandt hat. Die Klägerin bestreitet nicht, dass die von der Kommission in diesem Abschnitt des angefochtenen Beschlusses festgestellten Verhaltensweisen begangen worden sind. Es handelt sich dabei um folgende Verhaltensweisen der Klägerin: (1) Zurückhaltung von Informationen über ihr Netz, die für die Entbündelung ihrer Teilnehmeranschlüsse erforderlich sind, gegenüber alternativen Anbietern, (2) Verringerung ihrer gesetzlichen Verpflichtungen in Bezug auf die entbündelten Teilnehmeranschlüsse und (3) Festsetzung mehrerer unfairer Bedingungen in ihrem Standardangebot für entbündelte Teilnehmeranschlüsse. Diese Verhaltensweisen gehören zu den Verhaltensweisen, wegen derer die Kommission eine einzige und ununterbrochene Zuwiderhandlung gegen Art. 102 AEUV festgestellt hat (angefochtener Beschluss, 1511. Erwägungsgrund).

114    Wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, wendet sie sich mit dem ersten Klagegrund auch nicht gegen die von der Kommission in Abschnitt 8 (Erwägungsgründe 822 bis 1045) des angefochtenen Beschlusses vorgenommene Analyse der Margenbeschneidung. In ihrer Klage stellt die Klägerin nämlich nicht in Abrede, dass ein solches Verhalten eine eigenständige, sich von der Zugangsverweigerung unterscheidende Form des Missbrauchs darstellt, für die die im Urteil vom 26. November 1998, Bronner (C‑7/97, EU:C:1998:569), aufgestellten Kriterien nicht gelten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. Juli 2014, Telefónica und Telefónica de España/Kommission, C‑295/12 P, EU:C:2014:2062, Rn. 75 und die dort angeführte Rechtsprechung). Im Kern rügt die Klägerin mit der ersten und der fünften Rüge also, dass die Kommission die oben in Rn. 113 dargestellten Verhaltensweisen im Hinblick auf ihre Teilnehmeranschlüsse als „Zugangsverweigerung“ eingestuft habe, ohne vorher geprüft zu haben, ob der Zugang zu diesen Anschlüssen im Sinne der dritten in Rn. 41 des Urteils vom 26. November 1998, Bronner (C‑7/97, EU:C:1998:569), aufgestellten Bedingung „unentbehrlich“ ist.

115    In diesem Urteil hat der Gerichtshof entschieden, dass die Weigerung eines Unternehmens in beherrschender Stellung, Zugang zu einer Dienstleistung zu gewähren, nur dann als Missbrauch im Sinne von Art. 102 AEUV einzustufen ist, wenn sie geeignet ist, jeglichen Wettbewerb auf dem Markt durch denjenigen, der die Dienstleistung begehrt, auszuschalten, nicht objektiv zu rechtfertigen ist und die Dienstleistung selbst für die Ausübung der Tätigkeit des Nachfragers unentbehrlich ist (Urteil vom 26. November 1998, Bronner, C‑7/97, EU:C:1998:569, Rn. 41; vgl. auch Urteil vom 9. September 2009, Clearstream/Kommission, T‑301/04, EU:T:2009:317, Rn. 147 und die dort angeführte Rechtsprechung).

116    Im Übrigen ist den Rn. 43 und 44 des Urteils vom 26. November 1998, Bronner (C‑7/97, EU:C:1998:569), zu entnehmen, dass zur Beantwortung der Frage, ob ein Produkt oder eine Dienstleistung unerlässlich für ein Unternehmen ist, das auf einem bestimmten Markt tätig werden will, zu untersuchen ist, ob es Produkte oder Dienstleistungen gibt, die Alternativlösungen darstellen, auch wenn sie weniger günstig sind, und ob technische, rechtliche oder wirtschaftliche Hindernisse bestehen, die geeignet sind, jedem Unternehmen, das auf diesem Markt tätig zu werden beabsichtigt, die Entwicklung – gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit anderen Wirtschaftsteilnehmern – von Alternativprodukten oder ‑dienstleistungen unmöglich zu machen oder zumindest unzumutbar zu erschweren. Nach Rn. 46 des Urteils vom 26. November 1998, Bronner (C‑7/97, EU:C:1998:569), muss für die Annahme wirtschaftlicher Hindernisse zumindest dargetan sein, dass die Entwicklung dieser Produkte oder Dienstleistungen unrentabel wäre, wenn sie in vergleichbarem Umfang hergestellt bzw. erbracht würden wie von dem Unternehmen, das die bereits existierenden Produkte oder Dienstleistungen kontrolliert (Urteil vom 29. April 2004, IMS Health, C‑418/01, EU:C:2004:257, Rn. 28).

117    Da im vorliegenden Fall die Regelung für den Telekommunikationssektor aber den für diesen geltenden Rechtsrahmen festlegt und damit die Wettbewerbsbedingungen mitbestimmt, unter denen ein Telekommunikationsunternehmen seinen Tätigkeiten auf den betroffenen Märkten nachgeht, stellt sie einen relevanten Gesichtspunkt für die Anwendung von Art. 102 AEUV auf die Verhaltensweisen eines solchen Unternehmens dar, insbesondere bei der Beurteilung der Missbräuchlichkeit solcher Verhaltensweisen (Urteil vom 14. Oktober 2010, Deutsche Telekom/Kommission, C‑280/08 P, EU:C:2010:603, Rn. 224).

118    Die Kommission weist zu Recht darauf hin, dass die oben in Rn. 115 dargestellten Voraussetzungen in Fällen entwickelt und angewandt worden sind, in denen es um die Frage ging, ob Art. 102 AEUV gebieten kann, dass ein Unternehmen in beherrschender Stellung anderen Unternehmen Zugang zu einer Ware oder einer Dienstleistung gewährt, obwohl es hierzu gesetzlich in keiner Weise verpflichtet ist.

119    Ein solcher Kontext unterscheidet sich von dem der vorliegenden Rechtssache, in der die Klägerin von der TUSR mit Bescheid vom 8. März 2005, der am 14. Juni 2005 vom Vorsitzenden dieser Behörde bestätigt wurde, aufgegeben wurde, allen Anträgen auf Entbündelung ihrer Teilnehmeranschlüsse, die als angemessen und begründet galten, stattzugeben, um es den alternativen Anbietern zu ermöglichen, diese Anschlüsse zu nutzen, um ihre eigenen Leistungen auf dem „Endkundenmarkt (‚Massenmarkt‘)“ für Festnetz-Breitbanddienste in der Slowakei anzubieten (siehe oben, Rn. 9). Damit sollten für die Klägerin und deren Wettbewerber Investitions- und Innovationsanreize geschaffen und zugleich sichergestellt werden, dass der Wettbewerb auf dem Markt erhalten bleibt (angefochtener Beschluss, Erwägungsgründe 218, 373, 388, 1053 und 1129).

120    Mit dem Bescheid der TUSR, der in Anwendung des Gesetzes Nr. 610/2003 erging, wurde in der Slowakei das in Art. 3 der Verordnung Nr. 2887/2000 aufgestellte Erfordernis des entbündelten Zugangs zu den Teilnehmeranschlüssen der Betreiber mit beträchtlicher Macht auf dem Markt für die Bereitstellung öffentlicher Telefonfestnetze umgesetzt (angefochtener Beschluss, Erwägungsgründe 37 bis 46). Dieses Erfordernis hat der Unionsgesetzgeber im sechsten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 2887/2000 wie folgt gerechtfertigt: „Für neue Marktteilnehmer wäre es unwirtschaftlich, innerhalb einer angemessenen Frist ein komplettes Gegenstück zu den zum Teilnehmeranschluss führenden Metallleitungen des etablierten Betreibers zu schaffen.

121    Nach den einschlägigen Rechtsvorschriften war es also eindeutig erforderlich, dass Zugang zu den Teilnehmeranschlüssen der Klägerin besteht, um auf dem slowakischen Markt der Breitband‑Internetzugänge die Entstehung und Entwicklung eines wirksamen Wettbewerbs zu ermöglichen. Die Kommission musste deshalb nicht nachweisen, dass der Zugang zu diesen Anschlüssen im Sinne der letzten Voraussetzung gemäß Rn. 41 des Urteils vom 26. November 1998, Bronner (C‑7/97, EU:C:1998:569), unentbehrlich gewesen wäre.

122    Dass die Kommission die Unentbehrlichkeit des Zugangs zu dem betreffenden Netz nicht nachgewiesen hat, ist demnach nicht zu beanstanden.

123    Dies gälte auch dann, wenn anzunehmen wäre, dass die Erwägungen des Urteils vom 17. Februar 2011, TeliaSonera Sverige (C‑52/09, EU:C:2011:83), hier einschlägig wären. In diesem Urteil hat der Gerichtshof entschieden, dass den Rn. 48 und 49 des Urteils vom 26. November 1998, Bronner (C‑7/97, EU:C:1998:569), nicht zu entnehmen ist, dass die für den Nachweis einer missbräuchlichen Lieferverweigerung, wie sie Gegenstand der betreffenden ersten Vorlagefrage war, notwendigen Voraussetzungen zwangsläufig auch für die Beurteilung der Missbräuchlichkeit eines Verhaltens gelten, das darin besteht, für die Erbringung von Dienstleistungen oder den Verkauf von Waren Bedingungen aufzustellen, die für den Empfänger nachteilig sind oder nicht von Interesse sein können (Urteil vom 17. Februar 2011, TeliaSonera Sverige, C‑52/09, EU:C:2011:83, Rn. 55). Derartige Verhaltensweisen könnten nämlich als solche eine eigenständige Form des Missbrauchs sein, die sich von der Lieferverweigerung unterscheidet (Urteil vom 17. Februar 2011, TeliaSonera Sverige, C‑52/09, EU:C:2011:83, Rn. 56).

124    Weiter hat der Gerichtshof festgestellt, dass eine abweichende Auslegung des Urteils vom 26. November 1998, Bronner (C‑7/97, EU:C:1998:569), darauf hinausliefe, dass das Verhalten eines beherrschenden Unternehmens in Bezug auf seine Geschäftsbedingungen nur dann als missbräuchlich anzusehen wäre, wenn die für den Nachweis einer Lieferverweigerung notwendigen Voraussetzungen erfüllt wären, was die praktische Wirksamkeit von Art. 102 AEUV ungebührlich einschränken würde (Urteil vom 17. Februar 2011, TeliaSonera Sverige, C‑52/09, EU:C:2011:83, Rn. 58).

125    Die Klägerin macht insoweit zu Recht geltend, dass die Verhaltensweise, um die es in dem Ausgangsverfahren ging, mit dem sich der Gerichtshof in dem Urteil vom 17. Februar 2011, TeliaSonera Sverige (C‑52/09, EU:C:2011:83), befasst hat, wie sich aus Rn. 8 dieses Urteils ergibt, lediglich in einer Margenbeschneidung bestand, die der etablierte schwedische Festnetzanbieter angewandt haben soll, um alternative Anbieter davon abzuhalten, Zugang zu seinen Teilnehmeranschlüssen zu verlangen. Daraus kann aber nicht abgeleitet werden, dass die vom Gerichtshof in dem Urteil vorgenommene Auslegung der Bedingungen gemäß Rn. 41 des Urteils vom 26. November 1998, Bronner (C‑7/97, EU:C:1998:569), auf diese Form des Missbrauchs beschränkt wäre und für Verhaltensweisen, die nicht lediglich die Entgelte betreffen, wie diejenigen, die von der Kommission in Abschnitt 7 des angefochtenen Beschlusses untersucht worden sind (siehe oben, Rn. 27 bis 41), nicht gälten.

126    Zunächst ist festzustellen, dass sich der Gerichtshof in den Rn. 55 bis 58 des Urteils vom 17. Februar 2011, TeliaSonera Sverige (C‑52/09, EU:C:2011:83), nicht auf die besondere Missbrauchsform der Beschneidung der Margen konkurrierender Anbieter auf einem nachgelagerten Markt bezogen hat, sondern auf die „Erbringung von Dienstleistungen oder den Verkauf von Waren [zu] Bedingungen, die für den Empfänger nachteilig sind oder nicht von Interesse sein können“, und auf die von dem beherrschenden Unternehmen festgelegten „Geschäftsbedingungen“. Diese Formulierung legt nahe, dass mit diesen Verhaltensweisen der Verdrängung nicht nur die Margenbeschneidung, sondern auch andere Geschäftspraktiken gemeint sind, die geeignet sind, für aktuelle oder potenzielle Wettbewerber eine rechtswidrige Verdrängungswirkung zu erzeugen, wie die, die von der Kommission als konstruktive Verweigerung des Zugangs zu den Teilnehmeranschlüssen der Klägerin eingestuft worden sind (vgl. in diesem Sinne angefochtener Beschluss, 366. Erwägungsgrund).

127    Dieses Verständnis des Urteils vom 17. Februar 2011, TeliaSonera Sverige (C‑52/09, EU:C:2011:83), wird dadurch bestätigt, dass der Gerichtshof in diesem Teil seiner Analyse auf die Rn. 48 und 49 des Urteils vom 26. November 1998, Bronner (C‑7/97, EU:C:1998:569), verweist. Diese Randnummern waren der zweiten Vorlagefrage dieser Rechtssache gewidmet. Diese betraf aber nicht die Weigerung des betreffenden beherrschenden Unternehmens, dem Verleger einer Konkurrenztageszeitung Zugang zu seinem Hauszustellungssystem zu gewähren, die Gegenstand der ersten Vorlagefrage war, sondern die Einstufung als Missbrauch einer beherrschenden Stellung einer Verhaltensweise, die darin bestanden haben soll, dass das Unternehmen den Zugang zu seinem Hauszustellungssystem davon abhängig gemacht hat, dass der Verleger der Konkurrenztageszeitung es zugleich mit weiteren Dienstleistungen wie dem Vertrieb durch Verkaufsstellen oder dem Druck beauftragt.

128    Somit ist festzustellen, dass die Einstufung der in Abschnitt 7 des angefochtenen Beschlusses geprüften Verhaltensweisen der Klägerin als Missbrauch im Sinne von Art. 102 AEUV nicht voraussetzte, dass die Kommission nachweist, dass der Zugang zu den Teilnehmeranschlüssen der Klägerin im Sinne der oben in Rn. 116 dargestellten Rechtsprechung für die Ausübung der Tätigkeit der konkurrierenden Anbieter auf dem Endkundenmassenmarkt für an einem festen Standort angebotene Breitbanddienste unentbehrlich war.

129    Folglich sind die erste und die fünfte Rüge des ersten Klagegrundes als unbegründet zurückzuweisen.

b)      Zur dritten Rüge

130    Mit der dritten Rüge macht die Klägerin geltend, die Nichtanwendung der im Urteil vom 26. November 1998, Bronner (C‑7/97, EU:C:1998:569), aufgestellten Voraussetzungen in Fällen einer konstruktiven Zugangsverweigerung sei wettbewerbspolitisch widersprüchlich. Dies würde nämlich bedeuten, dass eine konstruktive Zugangsverweigerung leichter nachgewiesen werden könne als eine unmittelbare, so dass der schwerere Missbrauch weniger streng behandelt würde als der weniger schwere. Im vorliegenden Fall habe zumindest einer ihrer Wettbewerber Zugang zu ihren Teilnehmeranschlüssen, weshalb nicht angenommen werden könne, dass sie den Zugang zu ihren Anschlüssen gänzlich verweigert hätte (angefochtener Beschluss, Rn. 408). Obwohl die Verweigerung des Zugangs gegenüber allen Interessenten ein schwererer Fall sei als eine konstruktive Verweigerung des Zugang, sollen die im Urteil vom 26. November 1998, Bronner (C‑7/97, EU:C:1998:569), aufgestellten Voraussetzungen nur für Erstere, nicht aber für Letztere gelten.

131    Die Kommission habe weder allgemeinen dargetan, warum die konstruktive Verweigerung des Zugangs strenger zu behandeln sei als die Verweigerung des Zugangs gegenüber allen Interessenten, noch konkret, warum die im Urteil vom 26. November 1998, Bronner (C‑7/97, EU:C:1998:569), aufgestellten Voraussetzungen in Fällen der Verweigerung des Zugangs gegenüber allen Interessenten nicht gelten sollten.

132    Die Kommission und die Streithelferin treten diesem Vorbringen entgegen.

133    Es beruht auf der unzutreffenden Annahme, dass die Schwere einer Zuwiderhandlung gegen Art. 102 AEUV durch die Weigerung eines beherrschenden Unternehmens, anderen Unternehmen ein Produkt zu liefern oder eine Dienstleistung zu erbringen, allein von der Art der Zuwiderhandlung abhinge. Für die Schwere einer Zuwiderhandlung gegen Art. 102 AEUV sind aber eine ganze Reihe von Faktoren maßgeblich, die nichts damit zu tun haben, ob die Verweigerung der Lieferung ausdrücklich oder konstruktiv erfolgt, etwa die räumliche Reichweite der Zuwiderhandlung, die Frage, ob die Zuwiderhandlung absichtlich erfolgt, oder die Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf den Markt. Bestätigt wird dies durch die Leitlinien von 2006, in denen es in Ziff. 20 heißt, dass die Schwere einer Zuwiderhandlung gegen Art. 101 oder 102 AEUV in jedem Einzelfall unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände beurteilt wird.

134    Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof in Rn. 69 des Urteils vom 17. Februar 2011, TeliaSonera Sverige (C‑52/09, EU:C:2011:83), festgestellt hat, dass sich bei der Beurteilung der Auswirkungen der Margenbeschneidung die Frage nach der Unentbehrlichkeit des Vorleistungsprodukts stellen könnte. Mit der Berufung auf die Verpflichtung der Kommission, die Unentbehrlichkeit des ungebündelten Zugangs zu den Teilnehmeranschlüssen der Klägerin nachzuweisen, wollte die Klägerin im vorliegenden Fall aber lediglich ihre Behauptung untermauern, die Kommission habe bei der Beurteilung der in Abschnitt 7 des angefochtenen Beschlusses geprüften Verhaltensweisen nicht das angemessene rechtliche Kriterium angewandt (vgl. entsprechend Urteil vom 29. März 2012, Telefónica und Telefónica de España/Kommission, T‑336/07, EU:T:2012:172, Rn. 182). Die Beurteilung der wettbewerbswidrigen Auswirkungen dieser Verhaltensweise, die die Kommission in Abschnitt 9 des angefochtenen Beschlusses (Erwägungsgründe 1046 bis 1109) vorgenommen hat, wollte sie damit nicht angreifen.

135    Folglich ist die dritte Rüge des ersten Klagegrundes als unbegründet zurückzuweisen.

c)      Zur zweiten Rüge

136    Mit der zweiten Rüge macht die Klägerin geltend, die Nichtanwendung der im Urteil vom 26. November 1998, Bronner (C‑7/97, EU:C:1998:569), aufgestellten Voraussetzungen im angefochtenen Beschluss sei nicht mit dem Urteil vom 9. September 2009, Clearstream/Kommission (T‑301/04, EU:T:2009:317, insbesondere Rn. 146), zu vereinbaren, in dem diese Voraussetzungen angewandt worden seien, obwohl es um eine konstruktive Lieferverweigerung gegangen sei, wie sie in Rn. 360 des angefochtenen Beschlusses beschrieben sei. Die Kommission habe einen Fehler begangen, da in der Rechtssache Clearstream die faktische Monopolstellung der betreffenden Gesellschaft gesetzlich geschützt gewesen sei, so dass die in dem Urteil vom 26. November 1998, Bronner (C‑7/97, EU:C:1998:569), aufgestellten Voraussetzungen erfüllt gewesen seien. Anders als in der Rechtssache, in der das Urteil vom 9. September 2009, Clearstream/Kommission (T‑301/04, EU:T:2009:317), ergangen sei, könne die Kommission im vorliegenden Fall nicht nachweisen, dass ihr DSL-Netz unentbehrlich gewesen wäre. Deshalb gebe sie sich so viel Mühe, die vorliegende Rechtssache von den Rechtssachen Bronner und Clearstream abzugrenzen.

137    Die Kommission und die Streithelferin treten diesem Vorbringen entgegen.

138    Wie die Kommission zu Recht geltend macht, besteht kein Widerspruch zwischen der Vorgehensweise der Kommission in der Sache, in der das Urteil vom 9. September 2009, Clearstream/Kommission (T‑301/04, EU:T:2009:317), ergangen ist, und dem vorliegenden Fall. In der Sache, in der das Urteil vom 9. September 2009, Clearstream/Kommission (T‑301/04, EU:T:2009:317), ergangen ist, war das Unternehmen in beherrschender Stellung nämlich nicht verpflichtet, die betreffenden Dienstleistungen zu erbringen. Es hatte seine Geschäftsposition auch nicht im Rahmen eines gesetzlichen Monopols entwickelt.

139    Nach der oben in Rn. 117 dargestellten Rechtsprechung stellt die Regelung für den Telekommunikationssektor, wenn sie den für diesen geltenden Rechtsrahmen festlegt und damit die Wettbewerbsbedingungen mitbestimmt, unter denen ein Telekommunikationsunternehmen seinen Tätigkeiten auf den betroffenen Märkten nachgeht, einen relevanten Gesichtspunkt für die Anwendung von Art. 102 AEUV auf die Verhaltensweisen eines solchen Unternehmens dar, insbesondere bei der Beurteilung der Missbräuchlichkeit solcher Verhaltensweisen.

140    Folglich ist die zweite Rüge des ersten Klagegrundes als unbegründet zurückzuweisen.

d)      Zur vierten Rüge

141    Mit der vierten Rüge macht die Klägerin geltend, der angefochtene Beschluss enthalte in Rn. 370 Rechts- und Tatsachenfehler und leide unter Begründungsmängeln. Die Kommission habe in dieser Randnummer begründet, warum es gerechtfertigt sei, die Voraussetzungen des Urteils vom 26. November 1998, Bronner (C‑7/97, EU:C:1998:569), ausnahmsweise nicht anzuwenden. Diese fänden auf eine Lieferverweigerung keine Anwendung. Sie, die Klägerin, sei aufgrund einer Vorabverpflichtung gesetzlich verpflichtet, Zugang zu ihren Teilnehmeranschlüssen zu gewähren. Außerdem sei ihr Netz vormals von der Regierung unter Monopolbedingungen entwickelt worden.

142    Was als Erstes die Rechts- und Tatsachenfehler angeht, die der Kommission insoweit unterlaufen sein sollen, rügt die Klägerin, die Kommission habe zu Unrecht angenommen, dass die Voraussetzungen des Urteils vom 26. November 1998, Bronner (C‑7/97, EU:C:1998:569), wegen der Vorabverpflichtung, Zugang zu den Teilnehmeranschlüssen zu gewähren, ausnahmsweise nicht anzuwenden seien.

143    Eine solche Verpflichtung sei im Hinblick auf die Tatbestandsvoraussetzungen von Art. 102 AEUV nicht relevant, weil mit ihr andere Ziele verfolgt würden als mit Art. 102 AEUV. In Rn. 113 des Urteils vom 10. April 2008, Deutsche Telekom/Kommission (T‑271/03, EU:T:2008:101), werde unterschieden zwischen der ex-ante-Funktion einer sich aus einer Regulierung ergebenen Verpflichtung, mit der die Macht der Unternehmen, die auf dem Markt eine beherrschende Stellung innehätten, reduziert werden solle, und der ex-post-Funktion des Wettbewerbsrechts, nach dem sich die Behörden mit dem konkreten Verhalten von Unternehmen zu befassen haben und prüfen, ob diese eine eventuell bestehende Marktmacht missbraucht haben. Die Kommission habe rechtsfehlerhaft nicht zwischen diesen beiden Aspekten unterschieden.

144    Eine Lieferverpflichtung etwa könne durch eine ex-ante-Regulierung in Fällen auferlegt werden, in denen die Kommission eine solche Verpflichtung gemäß Art. 102 AEUV nur unter außergewöhnlichen Umständen auferlegen könne. Zwar könne die Regelung für den Telekommunikationssektor nach der Rechtsprechung bei der Anwendung von Art. 102 AEUV auf die Verhaltensweisen eines Unternehmens in beherrschender Stellung berücksichtigt werden (Urteil vom 14. Oktober 2010, Deutsche Telekom/Kommission, C‑280/08 P, EU:C:2010:603, Rn. 224 und 227). Im angefochtenen Beschluss habe die Kommission die sich aus einer solchen Regelung ergebenden Verpflichtungen aber nicht lediglich berücksichtigt. Sie habe sich die Beurteilungen des TUSR voll und ganz zu eigen gemacht, ohne irgendwelche Überprüfungen vorzunehmen.

145    Die in dem Urteil vom 10. April 2008, Deutsche Telekom/Kommission, (T‑271/03, EU:T:2008:101), enthaltene Feststellung, dass vom Unionsrecht abgeleitete Rechtsvorschriften im Hinblick auf Art. 102 AEUV relevant sein „können“, gelte nur für die betreffende Rechtssache. Der Gerichtshof habe sich mit der Frage zu befassen gehabt, ob die Kommission fehlerhaft festgestellt habe, dass eine durch solche Rechtsvorschriften vorgegebene gesetzliche Verpflichtung bestanden habe. Weder aus diesem Urteil noch aus dem Bestehen einer gesetzlichen Verpflichtung könne abgeleitet werden, dass sich die Kommission über die Voraussetzungen des Urteils vom 26. November 1998, Bronner (C‑7/97, EU:C:1998:569), hinwegsetzen könne.

146    Wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, vertritt sie die Auffassung, dass mit Art. 102 AEUV und den aus dem Unionsrecht abgeleiteten Rechtsvorschriften verschiedene Ziele verfolgt werden. Eine nationale Regulierungsbehörde könne sich zwar dafür entscheiden, den Wettbewerb auf dem Markt zu erhöhen. Auf der Grundlage von Art. 102 AEUV könne ein Kontrahierungszwang aber nur auferlegt werden, um eine missbräuchliche Zugangsverweigerung abzustellen.

147    Auch werde Art. 21 Abs. 3 des Gesetzes Nr. 610/2003, mit dem die Kommission ihre Feststellung begründet habe, dass der TUSR eine Interessenabwägung vorgenommen habe, in den vorausgegangenen Entscheidungen dieser Behörde nicht erwähnt. Jedenfalls könne sich die Kommission nicht allein deshalb über die Voraussetzungen des Urteils vom 26. November 1998, Bronner (C‑7/97, EU:C:1998:569), hinwegsetzen, weil nach den nationalen Rechtsvorschriften eine allgemeine Verpflichtung zur Interessenabwägung bestehe. Jedenfalls müsse sie bei einer gesetzlichen Vorabverpflichtung darlegen, warum die Voraussetzungen des Urteils vom 26. November 1998, Bronner (C‑7/97, EU:C:1998:569), keine Anwendung fänden. Auch wenn in der Rechtssache, in der dieses Urteil ergangen sei, keine einschlägige gesetzliche Verpflichtung bestanden habe, könnte daraus nicht das abgeleitet werden, was die Kommission daraus ableiten wolle.

148    Was zweitens den von der Kommission angeführten Grund angeht, dass das Netz der Klägerin, unter Monopolbedingungen entwickelt worden sei, macht die Klägerin geltend, dass diese Begründung durch die Rechtsprechung, auf die sich die Kommission im angefochtenen Beschluss berufe, nicht entkräftet werde. Rn. 109 des Urteils vom 17. Februar 2011, TeliaSonera Sverige (C‑52/09, EU:C:2011:83), die die Kommission zitiert habe, sei nicht einschlägig. Aus Rn. 23 des Urteils vom 27. März 2012, Post Danmark (C‑209/10, EU:C:2012:172), auf die sich die Kommission beziehe, gehe hervor, dass ein ehemaliges staatliches Monopol bei der Berücksichtigung des Verhaltens eines Unternehmens relevant sein könne. Aus diesem Urteil könne daher nicht abgeleitet werden, dass die in dem Urteil vom 26. November 1998, Bronner (C‑7/97, EU:C:1998:569), aufgestellten Voraussetzungen keine Anwendung fänden.

149    Die Auffassung, dass die in dem Urteil vom 26. November 1998, Bronner (C‑7/97, EU:C:1998:569), aufgestellten Voraussetzungen keine Anwendung fänden, wenn das betreffende Netz historisch auf ein staatliches Monopol zurückgehe, sei nicht haltbar, da Art. 102 AEUV für frühere staatliche Monopole keine Sonderbehandlung vorsehe. Vielmehr habe sich die Kommission in der Vergangenheit dahin geäußert, dass es für die Beurteilung der Frage, ob derzeit ein Missbrauch im Sinne von Art. 102 AEUV vorliege, unerheblich sei, dass seinerzeit ein Monopol bestanden habe.

150    Die Kommission und die Streithelferin treten diesem Vorbringen entgegen.

151    Es kann insoweit mit dem Hinweis sein Bewenden haben, dass die oben in den Rn. 117 bis 121 angestellten Erwägungen nicht auf der Annahme beruhen, dass sich die Verpflichtung der Klägerin, entbündelten Zugang zu ihren Teilnehmeranschlüssen zu gewähren, aus Art. 102 AEUV ergäbe. In Einklang mit der oben in Rn. 117 dargestellten Rechtsprechung wird in den genannten Randnummern lediglich darauf hingewiesen, dass die Existenz einer solchen gesetzlichen Verpflichtung einen relevanten Umstand des wirtschaftlichen und rechtlichen Kontexts darstellt, nach dem zu beurteilen ist, ob die in Abschnitt 7 des angefochtenen Beschlusses geprüften Verhaltensweisen der Klägerin einen Missbrauch im Sinne von Art. 102 AEUV darstellen.

152    Soweit sich die Klägerin zur Stützung ihres oben in Rn. 143 dargestellten Vorbringens auf Rn. 113 des Urteils vom 10. April 2008, Deutsche Telekom/Kommission (T‑271/03, EU:T:2008:101), beruft, kann sie damit keinen Erfolg haben. Zwar hat das Gericht in dieser Randnummer festgestellt, dass die nationalen Regulierungsbehörden aufgrund einzelstaatlichen Rechts tätig werden, das durchaus andere Ziele als die Wettbewerbspolitik der Union verfolgen kann. Diese Erwägung bezog sich aber auf das Vorbringen der betreffenden Klägerin, dass die Vorabkontrolle ihrer Tarife durch die deutsche Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post die Anwendung von Art. 102 AEUV auf eine etwaige Margenbeschneidung bei ihren Tarifen für den entbündelten Zugang zu ihren Teilnehmeranschlüssen ausschließe, das vom Gericht zurückgewiesen wurde. Sie hatte also nichts mit der Frage zu tun, ob die Existenz einer gesetzlichen Verpflichtung des Anbieters in beherrschender Stellung, Zugang zu seinen Teilnehmeranschlüssen zu gewähren, für die Beurteilung der Frage relevant ist, ob dessen Zugangspolitik mit Art. 102 AEUV vereinbar ist.

153    Im Übrigen ist nach ständiger Rechtsprechung bei der Anwendung von Art. 102 AEUV zu berücksichtigen, dass eine beherrschende Stellung aus einem gesetzlichen Monopol entstanden ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. März 2012, Post Danmark, C‑209/10, EU:C:2012:172, Rn. 23 und die dort angeführte Rechtsprechung).

154    Die vierte Rüge ist daher, soweit mit ihr Rechts- und Tatsachenfehler beanstandet werden, die der Kommission dadurch unterlaufen seien, dass sie die Nichtanwendung der im Urteil vom 26. November 1998, Bronner (C‑7/97, EU:C:1998:569), aufgestellten Voraussetzungen damit begründet habe, dass die Klägerin aufgrund einer Vorabverpflichtung Zugang zu ihren Teilnehmeranschlüssen habe gewähren müssen, und dass früher ein staatliches Monopol bestanden habe, als unbegründet zurückzuweisen.

155    Als Zweites rügt die Klägerin, die Rechtfertigung der Nichtanwendung der im Urteil vom 26. November 1998, Bronner (C‑7/97, EU:C:1998:569), aufgestellten Voraussetzungen mit der Erforderlichkeit, den Erstzugang verpflichtend zu machen, leide unter einem Begründungsmangel. Die Kommission habe weder geprüft, ob eine Vorabverpflichtung bestanden habe, noch, welchen Inhalt sie gehabt habe. Sie sei auch nicht auf die Rechtfertigung durch die Erforderlichkeit, den Erstzugang verpflichtend zu machen, eingegangen. Dasselbe gelte für die Frage, warum das Fehlen eines solchen Zugangs jeglichen wirksamen Wettbewerb beseitige. Die Einschätzung, dass die nationale Regelung eine Abwägung zwischen den Anreizen für sie, die Klägerin, ihre Infrastruktur für eigene Zwecke zu behalten, und den Anreizen der Unternehmen, die potenziell Zugang zu ihren Teilnehmeranschlüssen haben wollten, vorgenommen habe, habe die Kommission in keiner Weise belegt. Im angefochtenen Beschluss werde nicht dargelegt, warum die betreffenden gesetzlichen Verpflichtungen eine ausreichende Grundlage dafür bieten sollten, sich über die im Urteil vom 26. November 1998, Bronner (C‑7/97, EU:C:1998:569), aufgestellten Voraussetzungen hinwegzusetzen. Die Kommission hätte besonders klar, plausibel und detailliert begründen müssen, warum der Zugang ursprünglich verpflichtend gemacht worden sei und damit, warum durch die Verweigerung des Zugangs jeglicher wirksamer Wettbewerb beseitigt würde.

156    In der Erwiderung ergänzt die Klägerin erstens, dass die Rn. 36 bis 49 des angefochtenen Beschlusses lediglich eine allgemeine Darstellung des rechtlichen Rahmens und eine zusammenfassende Beschreibung der Vorabverpflichtung, Zugang zu gewähren, enthielten. Es werde dort aber nicht auf die Frage eingegangen, ob diese Verpflichtung es erlaube, sich über die Voraussetzungen des Urteils vom 26. November 1998, Bronner (C‑7/97, EU:C:1998:569), hinwegzusetzen.

157    Zweitens habe der TUSR bei der Auferlegung der Vorabverpflichtungen nicht auf die slowakischen Rechtsvorschriften über die Abwägung verwiesen. Jedenfalls unterscheide sich die Abwägung nach Maßgabe der früheren Rechtsvorschriften von der Abwägung nach Maßgabe von Art. 102 AEUV. Zudem könne der Verweis auf die Abwägung, die der TUSR durchgeführt haben soll, nicht rechtfertigen, dass hinsichtlich der übrigen Voraussetzungen des Urteils vom 26. November 1998, Bronner (C‑7/97, EU:C:1998:569), jegliche Ausführungen fehlten.

158    Drittens verwechsle die Kommission, wenn sie geltend mache, dass die Voraussetzungen des Urteils vom 26. November 1998, Bronner (C‑7/97, EU:C:1998:569), im vorliegenden Fall ohnehin nicht anzuwenden seien, Begründetheit und Begründung.

159    Viertens vermöge der Hinweis auf Abschnitt 9.3 des angefochtenen Beschlusses, der die wettbewerbswidrigen Auswirkungen betreffe, nicht, den angefochtenen Beschluss zu begründen. Die Ausschaltung jeglichen wirksamen Wettbewerbs sei nur eine der Voraussetzungen, die in dem Urteil vom 26. November 1998, Bronner (C‑7/97, EU:C:1998:569), aufgestellt worden seien. Hinsichtlich der übrigen Voraussetzungen sei die Begründung des angefochtenen Beschlusses mangelhaft. Die Prüfung der wettbewerbswidrigen Wirkungen im angefochtenen Beschluss enthebe nicht von der Verpflichtung, speziell auf die Voraussetzungen der Unentbehrlichkeit einzugehen. Der betreffende Abschnitt des angefochtenen Beschlusses widerlege das Vorbringen der Kommission. Er enthalte nämlich Beweise dafür, dass es keine wettbewerbswidrigen Auswirkungen gebe.

160    Zu dem als Grund für die Nichtanwendung der in dem Urteil vom 26. November 1998, Bronner (C‑7/97, EU:C:1998:569), aufgestellten Voraussetzungen angeführten Umstand, dass ihr Netz unter Monopolbedingungen entwickelt worden sei, macht die Klägerin geltend, dass die Ausführungen in Rn. 373 des angefochtenen Beschlusses nicht ausreichten, um zu begründen, warum die Kommission der Auffassung sei, dass das Bestehen eines früheren staatlichen Monopols bei der Prüfung eines Missbrauchs nach Art. 102 AEUV relevant sei.

161    Die Kommission unterliege dem Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung. Sie habe daher die spezifischen Merkmale des früheren staatlichen Monopols zu prüfen, das sie heranziehen möchte, um sich über die in dem Urteil vom 26. November 1998, Bronner (C‑7/97, EU:C:1998:569), aufgestellten Voraussetzungen hinwegzusetzen. Diese Merkmale seien in hohem Maße relevant. Die in Rn. 891 des angefochtenen Beschlusses angeführten Umstände, die ihre Investitionen in Breitband-Anlagegüter im Zeitraum von 2003 bis 2010 beträfen, könnten nicht einfach als Details des Sachverhalts, denen keine besondere Bedeutung zukomme, abgetan werden. Vielmehr hätte die Kommission prüfen müssen, um welche Art von Investitionen es sich dabei gehandelt habe und welche Auswirkungen sie im Hinblick auf ihre historische Position gehabt hätten. Wäre die im angefochtenen Beschluss enthaltene Begründung ausreichend, würde dies praktisch darauf hinauslaufen, dass der Kommission in Fällen, in denen in der Vergangenheit ein staatliches Monopol bestanden habe, keine Grenzen gesetzt seien.

162    Die Kommission und die Streithelferin treten diesem Vorbringen entgegen.

163    Die nach Art. 296 AEUV vorgeschriebene Begründung muss dem betreffenden Rechtsakt angepasst sein und die Überlegungen des Organs, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen und ihre Rechte verteidigen können und das Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. Für Entscheidungen, die nach Art. 102 AEUV erlassen worden sind, verlangt dieser Grundsatz, dass in der angefochtenen Entscheidung die Tatsachen, die die Maßnahme rechtfertigen, und die Erwägungen angegeben werden, die zum Erlass der Entscheidung geführt haben (Urteil vom 9. September 2010, Tomra Systems u. a./Kommission, T‑155/06, EU:T:2010:370, Rn. 227).

164    Erstens macht die Klägerin geltend, dass im angefochtenen Beschluss nicht geprüft werde, ob eine gesetzliche Vorabverpflichtung bestanden und welchen Inhalt sie gehabt habe, dass im angefochtenen Beschluss die Einschätzung der Kommission, dass die nationale Regelung eine Abwägung zwischen den Anreizen für die Klägerin, ihre Infrastruktur für eigene Zwecke zu behalten, und den Anreizen der Unternehmen, die potenziell Zugang zu deren Teilnehmeranschlüssen haben wollen, vorgenommen habe, nicht mit Belegen untermauert werde und dass im angefochtenen Beschluss nicht begründet werde, warum die gesetzlichen Vorabverpflichtungen es erlaubt hätten, die im Urteil vom 26. November 1998, Bronner (C‑7/97, EU:C:1998:569), für den Zugang zu einer Vorleistung aufgestellten Voraussetzungen außer Betracht zu lassen. Hierzu ist zum einen festzustellen, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss in den Rn. 36 bis 46 den Rechtsrahmen dargestellt hat, der in der Slowakischen Republik für die Entbündelung von Teilnehmeranschlüssen gilt. Zum anderen hat sie in den Rn. 355 bis 371 des angefochtenen Beschlusses den für die Bewertung der missbräuchlichen Zugangsverweigerung maßgeblichen Rechtsrahmen dargestellt. Sie hat insoweit insbesondere ausgeführt, dass sich der vorliegende Fall ihrer Auffassung nach in tatsächlicher Hinsicht von der Sache unterscheide, in der das Urteil vom 26. November 1998, Bronner (C‑7/97, EU:C:1998:569), ergangen sei, und dass dieses Urteil im vorliegenden Fall nicht einschlägig sei. Das Vorbringen der Klägerin ist somit zurückzuweisen.

165    Zweitens macht die Klägerin geltend, die Kommission hätte besonders klar, plausibel und detailliert begründen müssen, warum durch die Verweigerung des Zugangs jeglicher wirksamer Wettbewerb ausgeschaltet würde. Hierzu ist festzustellen, dass die Klägerin im vorliegenden Fall mit der Berufung auf die Unentbehrlichkeit des ungebündelten Zugangs zu ihren Teilnehmeranschlüssen lediglich ihre Behauptung untermauern wollte, die Kommission habe bei der Beurteilung der in Abschnitt 7 des angefochtenen Beschlusses geprüften Verhaltensweisen nicht das richtige rechtliche Kriterium angewandt (vgl. entsprechend Urteil vom 29. März 2012, Telefónica und Telefónica de España/Kommission, T‑336/07, EU:T:2012:172, Rn. 182). Die Beurteilung der wettbewerbswidrigen Auswirkungen dieser Verhaltensweise, die die Kommission in Abschnitt 9 des angefochtenen Beschlusses (Erwägungsgründe 1046 bis 1109) vorgenommen hat, wollte sie damit nicht angreifen. Jedenfalls ist festzustellen, dass die in diesem Abschnitt des angefochtenen Beschlusses enthaltenen Ausführungen hinsichtlich der negativen Auswirkungen des Ausschlussverhaltens der Klägerin auf den Wettbewerb eindeutig und klar sind.

166    Drittens macht die Klägerin geltend, dass die Ausführungen in Rn. 373 des angefochtenen Beschlusses nicht ausreichten, um zu begründen, warum die Kommission der Auffassung sei, dass das Bestehen eines früheren staatlichen Monopols bei der Prüfung eines Missbrauchs nach Art. 102 AEUV relevant sei. Hierzu ist festzustellen, dass die Kommission in dieser Randnummer unter Verweis auf die einschlägigen Bestimmungen der Art. 8 und 12 der Richtlinie 2002/21 und von Art. 21 Abs. 3 des Gesetzes Nr. 610/2003 feststellt, dass bei der Leistungspflicht, die der Klägerin durch die Entscheidung des TUSR auferlegt worden sei, die Investitions- und Innovationsanreize sowohl für die Klägerin als auch für deren Wettbewerber berücksichtigt worden seien und zugleich sichergestellt werden musste, dass der Wettbewerb auf dem Markt erhalten bleibe. Die Kommission hat in Rn. 373 des angefochtenen Beschlusses weiter ausgeführt, dass die Auferlegung einer Pflicht zur Gewährung eines Zugangs oder einer Leistungspflicht auch keine Auswirkungen auf die Investitions- und Innovationsanreize haben könne, wenn sich die Marktstellung des beherrschenden Unternehmens unter dem Schutz von Sonder- und Exklusivrechten entwickelt habe oder wie im vorliegenden Fall aus staatlichen Ressourcen finanziert worden sei. Die Kommission hat sodann auf Rn. 23 des Urteils vom 27. März 2012, Post Danmark (C‑209/10, EU:C:2012:172), verwiesen, wonach, wenn eine beherrschende Stellung aus einem ehemaligen gesetzlichen Monopol entstanden ist, dies berücksichtigt werden muss, und festgestellt, dass dies vorliegend bei der Klägerin der Fall sei. Schließlich hat die Kommission in Rn. 373 des angefochtenen Beschlusses ausgeführt, dass der dritte Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 2887/2000 daran erinnere, dass einer der Gründe, warum das Ortsanschlussnetz „eines der Segmente des liberalisierten Telekommunikationsmarktes [ist], in denen der geringste Wettbewerb herrscht“, darin zu suchen sei, dass neue Marktteilnehmer keine ausgedehnten alternativen Netzinfrastrukturen gehabt hätten, da Betreiber wie die Klägerin ihre lokale Zugangsinfrastruktur während eines beträchtlichen Zeitraums unter dem Schutz von Exklusivrechten aufgebaut hätten und jahrzehntelang Investitionskosten durch Monopolmieten für Sprachtelefondienste und aus staatlichen Mitteln hätten finanzieren können.

167    Im Übrigen hat die Kommission in Rn. 370 des angefochtenen Beschlusses darauf hingewiesen, dass die Wettbewerbsstruktur eines Markts nach Rn. 109 des Urteils vom 17. Februar 2011, TeliaSonera Sverige (C‑52/09, EU:C:2011:83), auch stark von der ehemaligen Monopolstruktur bestimmt werde.

168    Somit ist festzustellen, dass die Kommission ihre Annahme, dass der Umstand, dass das betreffende Netz unter Monopolbedingungen entwickelt worden sei, relevant und bei der Prüfung nach Art. 102 AEUV zu berücksichtigen sei, ausreichend begründet hat.

169    Die vierte Rüge des ersten Klagegrundes ist mithin auch insoweit zurückzuweisen, als mit ihr ein Verstoß gegen die Begründungspflicht beanstandet wird.

170    Nach alledem ist der erste Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.

2.      Zum zweiten Klagegrund: Verletzung der Verteidigungsrechte der Klägerin im Zusammenhang mit der Beurteilung der Margenbeschneidung

171    Der zweite Klagegrund betrifft die Verteidigungsrechte der Klägerin. Er besteht aus zwei Teilen. Mit dem ersten Teil werden Verfahrensfehler gerügt, die der Kommission bei der Berechnung der langfristigen durchschnittlichen Grenzkosten (im Folgenden: LRAIC) der Klägerin unterlaufen sein sollen, d. h. der Kosten, die diese nicht zu tragen gehabt hätte, wenn sie die entsprechenden Dienstleistungen nicht angeboten hätte. Mit dem zweiten Teil beanstandet die Klägerin, dass sie im Verwaltungsverfahren nicht zu der Methode der Berücksichtigung mehrerer Zeiträume habe Stellung nehmen können, die bei ihren Kosten angewandt worden seien, um festzustellen, ob eine Margenbeschneidung vorliege.

a)      Zum ersten Teil des zweiten Klagegrundes: Verfahrensfehler der Kommission bei der Berechnung der langfristigen durchschnittlichen Grenzkosten (LRAIC)

172    Die Klägerin rügt, die Kommission habe bei der Prüfung der LRAIC die Methoden, die Grundsätze und die Daten geändert. Außerdem habe sie vor Erlass des angefochtenen Beschlusses ihre Einwände gegen die von ihr für diese Prüfung vorgelegten Daten nicht mitgeteilt. In der Mitteilung der Beschwerdepunkte habe die Kommission, da sie, die Klägerin, nicht über spezielle Daten über die LRAIC verfügt habe, lediglich die Daten aus ihrem internen Kostenrechnungssystem, die sogenannten UCN-Daten (účelové členenie nákladov, Klassifikation spezifischer Kosten), sowie die von ihr vorgelegten Rentabilitätsübersichten zugrunde gelegt. Die UCN-Daten beruhten auf den historischen Kosten, die in vollem Umfang in absteigender Reihenfolge aufgeschlüsselt seien. Es sei eine lineare Abschreibung zugrunde gelegt worden, so dass eine Deckung der Kosten in der Vergangenheit nicht möglich sei. In der Mitteilung der Beschwerdepunkte (Rn. 1038) habe die Kommission aber selbst eingeräumt, dass die Aussagekraft solcher Daten bei der Analyse einer Margenbeschneidung begrenzt sei, und sei zu dem Schluss gelangt, dass die Daten ungenügend seien. Nach der Mitteilung der Beschwerdepunkte habe sie, die Klägerin, daher auf der Grundlage des im Februar 2013 erstellten Consulting-Berichts, den sie der Kommission im Anhang auf die Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte übermittelt habe, neue Daten vorgelegt. Bei diesen Daten seien insbesondere die historischen Kosten angepasst worden. Die Kommission habe die von ihr vorgeschlagene Neubewertung der Vermögenswerte und die von ihr vorgeschlagene Abschreibung daraufhin akzeptiert (angefochtener Beschluss, Rn. 894).

173    Indem sie diese Daten in erheblichem Umfang akzeptiert habe, habe die Kommission den Consulting-Bericht für plausibel gehalten. Außerdem habe sie gegen die Grundsätze, die Methode und die Daten, die sie vorgeschlagen habe, vor Erlass des angefochtenen Beschlusses keine Einwände erhoben. Im angefochtenen Beschluss habe sie diese Grundsätze, diese Methode und diese Daten dann aber zum Teil nicht gelten lassen wollen (angefochtener Beschluss, Rn. 899). Die Kommission hätte ihre Einwände gegen die Grundsätze, die Methode und die Daten, wie sie sie dann im angefochtenen Beschluss ausführlich dargelegt habe, vor dessen Erlass mitteilen müssen. Dadurch, dass sie dies nicht getan habe, habe die Kommission ihre Verteidigungsrechte verletzt. Die Kommission sei nämlich verpflichtet gewesen, die Methode, die Grundsätze und die Daten über die Kosten, die sie bei dem ihr obliegenden Nachweis der Zuwiderhandlung habe zugrunde legen wollen, in vollem Umfang darzulegen und ihr ihren Standpunkt mitzuteilen. Sie, die Klägerin, habe den Anhörungsbeauftragten auch auf diese verfahrensrechtliche Problematik aufmerksam gemacht. Sie sei damit aber nicht durchgedrungen.

174    Die Kommission räume selbst ein, dass sie zum Zeitpunkt des Erlasses der Mitteilung der Beschwerdepunkte über keine Daten zu den LRAIC verfügt habe. Diese Kosten würden im angefochtenen Beschluss aber herangezogen. Mithin habe die Kommission zwischen diesen beiden Dokumenten ihren Ansatz geändert. Da die Kommission ihren Ansatz nach der Übermittlung der Mitteilung der Beschwerdepunkte geändert habe, hätte sie ihr eine neue Mitteilung der Beschwerdepunkte oder ein neues Sachverhaltsschreiben übermitteln müssen.

175    Die Tabellen zur Berechnung der Margenbeschneidung, die die Kommission am 16. September 2014 in der Besprechung über den Stand des Verfahrens vorgelegt habe, stützten die betreffenden Stellen des angefochtenen Beschlusses nicht. Außerdem seien ihre Verteidigungsrechte damit nicht gewahrt worden. Die Tabellen seien oberflächlich. Sie umfassen lediglich vier Seiten, und die wiedergegebenen Daten würden in keiner Weise erläutert. Außerdem habe ihr die Kommission die Tabellen erst in der Besprechung über den Stand des Verfahrens vom 16. September 2014 übermittelt, d. h. einen Monat vor dem Erlass des angefochtenen Beschlusses. Zu diesem Zeitpunkt habe die Position der Kommission bereits endgültig festgestanden. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin insoweit ausgeführt, dass ihr die Kommission in der Besprechung vom 16. September 2014 zu verstehen gegeben habe, dass sie dabei sei, einen für sie nachteiligen Beschluss zu verfassen. Jedenfalls zeige die Übermittlung der Tabellen, dass die Kommission davon ausgegangen sei, dass sie verpflichtet gewesen sei, nach der Mitteilung der Beschwerdepunkte ein Dokument über die Berechnung der Margenbeschneidung vorzulegen.

176    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.

177    Wie sich aus Rn. 862 des angefochtenen Beschlusses ergibt, hat die Kommission die Klägerin zur Vorlage der Daten aufgefordert, die zur Berechnung der Kosten im Zusammenhang mit den zusätzlichen Aufwendungen benötigt werden, die erforderlich sind, um die Vorleistungsdienste in Endkundendienste umzuwandeln. Vor der Mitteilung der Beschwerdepunkte hatte die Klägerin der Kommission eine Kostenberechnung für die Jahre 2003 bis 2010 (UCN-Tabellen) und mehrere weitere Tabellen mit Berechnungen vorgelegt. Mit dem ersten Teil des zweiten Klagegrundes macht die Klägerin geltend, ihre Verteidigungsrechte seien verletzt worden, weil die Kommission die Einwände, die sie gegen die Methode, die Grundsätze und die Daten, die sie vorgeschlagen habe, erstmals in den Rn. 860 bis 921 des angefochtenen Beschlusses geäußert habe.

178    Hierzu ist festzustellen, dass die Beachtung der Verteidigungsrechte bei der Durchführung von Verwaltungsverfahren im Bereich der Wettbewerbspolitik einen allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts darstellt, dessen Wahrung die Gerichte der Union zu sichern haben (vgl. Urteil vom 18. Juni 2013, ICF/Kommission, T‑406/08, EU:T:2013:322, Rn. 115 und die dort angeführte Rechtsprechung).

179    Danach ist dem betroffenen Unternehmen im Verwaltungsverfahren Gelegenheit zu geben, zum Vorliegen und zur Erheblichkeit der von der Kommission angeführten Tatsachen und Umstände sowie zu den von ihr zur Stützung ihrer Behauptung, dass eine Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln vorliege, herangezogenen Schriftstücken effektiv Stellung zu nehmen. In diesem Sinne sieht Art. 27 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 vor, dass den Beteiligten eine Mitteilung der Beschwerdepunkte übersandt wird, in der alle wesentlichen Tatsachen, auf die sich die Kommission in diesem Verfahrensstadium stützt, klar angegeben werden müssen (Urteil vom 5. Dezember 2013, SNIA/Kommission, C‑448/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:801, Rn. 41 und 42).

180    Dieses Erfordernis ist erfüllt, wenn die endgültige Entscheidung den Betroffenen keine anderen Zuwiderhandlungen zur Last legt als diejenigen, die in der Mitteilung der Beschwerdepunkte genannt werden, und sich nur auf Tatsachen stützt, zu denen die Betroffenen im Verwaltungsverfahren Gelegenheit zur Äußerung hatten (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 24. Mai 2012, MasterCard u. a./Kommission, T‑111/08, EU:T:2012:260, Rn. 266, und vom 18. Juni 2013, ICF/Kommission, T‑406/08, EU:T:2013:322, Rn. 117).

181    Die Darstellung der wesentlichen Tatsachen, auf die sich die Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte stützt, kann jedoch in gedrängter Form erfolgen, und die Entscheidung braucht nicht notwendig ein Abbild der Mitteilung der Beschwerdepunkte zu sein, da es sich bei dieser um ein vorbereitendes Schriftstück handelt, dessen tatsächliche und rechtliche Wertungen lediglich vorläufiger Natur sind (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 17. November 1987, British American Tobacco und Reynolds Industries/Kommission, 142/84 und 156/84, EU:C:1987:490, Rn. 70, vom 5. Dezember 2013, SNIA/Kommission, C‑448/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:801, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 24. Mai 2012, MasterCard u. a./Kommission, T‑111/08, EU:T:2012:260, Rn. 267). Zulässig sind daher Ergänzungen zur Mitteilung der Beschwerdepunkte unter Berücksichtigung der Stellungnahmen der Parteien, deren Argumente zeigen, dass sie ihre Verteidigungsrechte tatsächlich wahrnehmen konnten. Die Kommission darf auch unter Berücksichtigung des Verwaltungsverfahrens Argumente, auf die sie ihre Beschwerdepunkte stützt, in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht ändern oder ergänzen (Urteil vom 9. September 2011, Alliance One International/Kommission, T‑25/06, EU:T:2011:442, Rn. 181). Bis zum Erlass einer endgültigen Entscheidung kann daher die Kommission in Anbetracht insbesondere der schriftlichen oder mündlichen Äußerungen der Beteiligten entweder einzelne oder auch sämtliche bis dahin gegen diese erhobenen Beschwerdepunkte fallen lassen und damit ihre Auffassung zugunsten der Beteiligten ändern oder umgekehrt beschließen, neue Beschwerdepunkte hinzuzufügen, sofern sie den betreffenden Unternehmen Gelegenheit gibt, hierzu Stellung zu nehmen (vgl. Urteil vom 30. September 2003, Atlantic Container Line u. a./Kommission, T‑191/98 und T‑212/98 bis T‑214/98, EU:T:2003:245, Rn. 115 und die dort angeführte Rechtsprechung).

182    Wegen der Vorläufigkeit der rechtlichen Beurteilung des Sachverhalts in der Mitteilung der Beschwerdepunkte ist die endgültige Entscheidung der Kommission nicht allein deshalb für nichtig zu erklären, weil die endgültige Beurteilung des Sachverhalts nicht genau der vorläufigen entspricht (Urteil vom 5. Dezember 2013, SNIA/Kommission, C‑448/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:801, Rn. 43). Wird ein Argument, das eine Partei im Verwaltungsverfahren vorgebracht hat, berücksichtigt, ohne dass der Partei vor Erlass der endgültigen Entscheidung Gelegenheit gegeben wurde, sich dazu zu äußern, so kann allein darin keine Verletzung ihrer Verteidigungsrechte liegen, wenn dieses Argument die Natur der gegen sie erhobenen Vorwürfe nicht verändert (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 10. Juli 2001, Irish Sugar/Kommission, C‑497/99 P, EU:C:2001:393, Rn. 24, und Urteile vom 28. Februar 2002, Compagnie générale maritime u. a./Kommission, T‑86/95, EU:T:2002:50, Rn. 447, und vom 9. September 2011, Alliance One International/Kommission, T‑25/06, EU:T:2011:442, Rn. 182).

183    Denn die Kommission muss, eben um die Verteidigungsrechte der Adressaten einer Mitteilung von Beschwerdepunkten zu wahren, diese anhören und ihre Stellungnahme zu den gegen sie erhobenen Vorwürfen berücksichtigen. Sie muss die rechtliche Beurteilung des Sachverhalts in der Mitteilung der Beschwerdepunkte in ihrer endgültigen Entscheidung also präzisieren können, indem sie Erkenntnisse aus dem Verwaltungsverfahren berücksichtigt. Sie kann Beschwerdepunkte, bei denen sich herausgestellt hat, dass sie unbegründet sind, fallen lassen, oder bei den Beschwerdepunkten, die sie aufrechterhält, ihre Argumentation verfeinern und vervollständigen. Allerdings darf die Kommission dabei nur Tatsachen feststellen, zu denen sich die Betreffenden äußern konnten. Und sie muss im Verwaltungsverfahren die für die Verteidigung erforderlichen Informationen mitgeteilt haben (vgl. Urteile vom 3. September 2009, Prym und Prym Consumer/Kommission, C‑534/07 P, EU:C:2009:505, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 5. Dezember 2013, SNIA/Kommission, C‑448/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:801, Rn. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung).

184    Nach einer gefestigten Rechtsprechung liegt eine Verletzung der Verteidigungsrechte vor, wenn aufgrund eines von der Kommission begangenen Fehlers die Möglichkeit besteht, dass das von ihr durchgeführte Verwaltungsverfahren zu einem anderen Ergebnis hätte führen können. Zum Nachweis eines solchen Verstoßes braucht ein klagendes Unternehmen nicht darzutun, dass die Entscheidung der Kommission einen anderen Inhalt gehabt hätte. Es muss nur hinreichend belegen, dass es sich ohne den Fehler besser hätte verteidigen können, z. B. deshalb, weil es zu seiner Verteidigung Schriftstücke hätte einsetzen können, in die ihm im Verwaltungsverfahren keine Einsicht gewährt wurde (vgl. Urteile vom 2. Oktober 2003, Thyssen Stahl/Kommission, C‑194/99 P, EU:C:2003:527, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 24. Mai 2012, MasterCard u. a./Kommission, T‑111/08, EU:T:2012:260, Rn. 269 und die dort angeführte Rechtsprechung; Urteil vom 9. September 2015, Philips/Kommission, T‑92/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:605, Rn. 93).

185    Im vorliegenden Fall hat die Kommission die Daten zu den Kosten im Rahmen der Untersuchung in Form von UCN-Tabellen erhalten. Dabei handelt es sich um ein Buchhaltungsinstrument der Klägerin, in dem nach Handelsprodukten und nach Produktfamilien geordnet die Gesamteinnahmen, die Summe der Betriebskosten, das eingesetzte Kapital und die gesamten Kapitalkosten, das Betriebsergebnis und der wirtschaftliche Gewinn zusammengestellt sind (angefochtener Beschluss, Rn. 863 und 864). Wie sich aus dem angefochtenen Beschluss ergibt, sind die in den UCN-Tabellen ausgewiesenen Kosten, die auf der Methode der vollständig zugerechneten Anschaffungskosten basieren, nicht mit den LRAIC identisch (angefochtener Beschluss, Rn. 875). Der Kommission wurden ferner Übersichten vorgelegt, in denen angegeben war, wie die Kostengruppen zusammengefasst wurden, außerdem Tabellen und Beschreibungen, die sich auf die Kosten der einzelnen Dienstleistungen bezogen (angefochtener Beschluss, Rn. 865 bis 867). Die Kommission verlangte von der Klägerin die Vorlage von Daten zur Rentabilität der Breitbandprodukte nach der LRAIC‑Methode (angefochtener Beschluss, Rn. 868 und 869). Die Klägerin gab an, dass in ihrem Unternehmen Rentabilitätswerte bei Breitbanddiensten nicht nach der LRAIC‑Methode berechnet würden. Daher verwendete die Kommission im Stadium der Mitteilung der Beschwerdepunkte die Daten, die ihr vorlagen, also die UCN-Daten und die Erläuterungen der Kosten, indem sie die individuellen Kosten anpasste (angefochtener Beschluss, Rn. 870 bis 875). Da keine LRAIC‑Kostendaten vorlagen, waren die in den UCN-Tabellen enthaltenen Zahlen nach Auffassung der Kommission zum damaligen Zeitpunkt die beste verfügbare Quelle für die Berechnungen der Margenbeschneidung (angefochtener Beschluss, Rn. 875). Auf der Grundlage dieser Zahlen hat die Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte festgestellt, dass ein ebenso effizienter Wettbewerber mit Zugang zu den Teilnehmeranschlüssen der Klägerin erhebliche negative Margen zu verzeichnen gehabt hätte, wenn er versucht hätte, das Endkundenportfolio der Klägerin im Zeitraum von 2005 bis 2010 zu reproduzieren (Mitteilung der Beschwerdepunkte, Rn. 1203 und 1222).

186    Als Erstes ist zu der Rüge der Klägerin, sie sei hinsichtlich der Grundsätze, der Methode und der Daten für die Berechnung der LRAIC nicht angehört worden, festzustellen, dass die Klägerin Gelegenheit hatte, auf die Ausführungen in der Mitteilung der Beschwerdepunkte zu erwidern, und hiervon auch reichlich Gebrauch gemacht hat. Die Klägerin hatte in ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte unter Berufung auf den Consulting-Bericht eine Methode vorgeschlagen, die auf dem Wiederbeschaffungsprinzip beruht und bei der die nachgelagerten Kosten für den Zeitraum von 2005 bis 2010 auf der Grundlage von Daten ab 2011 geschätzt wurden (angefochtener Beschluss, 881. Erwägungsgrund). Sie hatte in ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte geltend gemacht, dass bei der Ermittlung der LRAIC zum einen ihre Vermögenswerte neu zu bewerten seien und zum anderen zu berücksichtigen sei, dass ihr Netz für das Breitbandangebot nicht effizient sei. Zu Letzterem hatte sie vorgeschlagen, Optimierungsanpassungen vorzunehmen, nämlich die bestehenden Anlagegüter durch moderne Äquivalenzgüter zu ersetzen, die effizienter und billiger sind („modern asset equivalent“) (1), nach Möglichkeit die Technologie beizubehalten (2) und die Anlagegüter auf der Grundlage der derzeit verwendeten Kapazität (im Gegensatz zur installierten Kapazität) zu reduzieren (3) (im Folgenden zusammen: Optimierungsanpassungen).

187    Im angefochtenen Beschluss war die Kommission damit einverstanden, bei der Analyse der Margenbeschneidung die Neubewertung der Vermögenswerte der Klägerin zu berücksichtigen und bei den spezifischen Festkosten die Gemeinkosten („common and joint costs“) abzuziehen. Die Optimierungsanpassungen hat sie jedoch zurückgewiesen (angefochtener Beschluss, Rn. 894, 903, 904 und 910). Die Kommission hat im angefochtenen Beschluss daher andere Margen festgestellt als in der Mitteilung der Beschwerdepunkte.

188    Diese Änderungen bei der Berechnung der Margenbeschneidung sind jedoch darauf zurückzuführen, dass beim angefochtenen Beschluss Daten und Berechnungen zugrunde gelegt worden sind, die die Klägerin selbst auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte hin zur Verfügung gestellt hat. Dass diese Daten und Berechnungen berücksichtigt worden sind, zeigt sich u. a. in den Erwägungsgründen 910, 945, 963 und 984 des angefochtenen Beschlusses. Im Übrigen geht aus den Erwägungsgründen 946 (Fn. 1405) und 1000 des angefochtenen Beschlusses hervor, dass die Kommission die von der Klägerin als Antwort auf das Sachverhaltsschreiben übermittelte Aktualisierung der Berechnung der Margenbeschneidung beim Erlass des angefochtenen Beschlusses berücksichtigt hat (siehe oben, Rn. 21).

189    Als Zweites ist zu der Rüge der Klägerin, die Kommission habe bei der Berechnung der LRAIC die Grundsätze, die Methoden und die Daten geändert, ohne sie hierzu anzuhören, festzustellen, dass sich aus der Mitteilung der Beschwerdepunkte und dem angefochtenen Beschluss ergibt, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss im Zusammenhang mit der Margenbeschneidung keinen neuen Beschwerdepunkt vorgebracht hat. Sowohl in der Mitteilung der Beschwerdepunkte als auch im angefochtenen Beschluss ist die Kommission zu dem Schluss gelangt, dass ein ebenso effizienter Wettbewerber, der den Zugang zu den Teilnehmeranschlüssen auf dem Vorleistungsmarkt der Klägerin genutzt hätte, erhebliche negative Margen zu verzeichnen gehabt hätte, wenn er das Portfolio der Breitbanddienste der Klägerin über den Teilnehmeranschluss angeboten hätte (Mitteilung der Beschwerdepunkte, Rn. 1203; angefochtener Beschluss, Rn. 1023). Dies gelte selbst dann, wenn zusätzliche Dienstleistungen des nachgelagerten Portfolios, nämlich Sprache, Internet Protocol Television (IPTV) und Multi-Play berücksichtigt würden (Mitteilung der Beschwerdepunkte, Rn. 1222; angefochtener Beschluss, Rn. 1023). Sodann ist festzustellen, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss von einem kürzeren Zeitraum der Zuwiderhandlung ausgegangen ist als in der Mitteilung der Beschwerdepunkte. Sowohl in der Mitteilung der Beschwerdepunkte als auch im angefochtenen Beschluss wurde als Zeitpunkt des Beginns der Zuwiderhandlung der 12. August 2005 angenommen. Als Zeitpunkt des Endes der Zuwiderhandlung wurde in der Mitteilung der Beschwerdepunkte der 8. Mai 2012 angenommen (Mitteilung der Beschwerdepunkte, Rn. 1546), im angefochtenen Beschluss der 31. Dezember 2010 (angefochtener Beschluss, Rn. 1516). Hinsichtlich der Methode der Berechnung der Margen ist festzustellen, dass die Kommission sowohl in der Mitteilung der Beschwerdepunkte als auch im angefochtenen Beschluss auf die LRAIC abgestellt hat. In den Rn. 996 bis 1002 der Mitteilung der Beschwerdepunkte bzw. in den Rn. 860 und 861 des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission dargelegt, welche Grundsätze für sie bei der Berechnung der Kosten auf der Grundlage der LRAIC maßgeblich waren.

190    Speziell zur Methode der Berechnung der Margen ist festzustellen, dass die Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte und im angefochtenen Beschluss dieselbe Methode angewandt hat. Erstens sind in den Tabellen 48 und 78 bis 80 der Mitteilung der Beschwerdepunkte bzw. in den Tabellen 21 bis 24 des angefochtenen Beschlusses die auf der Vorleistungsebene für den Zugang zu den Teilnehmeranschlüssen zu entrichtenden Entgelte ausgewiesen. Die Kommission hat in den Rn. 935 bis 938 des angefochtenen Beschlusses erläutert, warum es ihrer Auffassung nach zwischen den von der Klägerin vorgelegten Zahlen und den Zahlen, die sie bei ihrer Rechnung zugrunde gelegt habe, einen Unterschied gebe. Zweitens ist festzustellen, dass Tabelle 81 der Mitteilung der Beschwerdepunkte Tabelle 25 des angefochtenen Beschlusses entspricht. In beiden sind die Netzkosten dargestellt. Tabelle 25 des angefochtenen Beschlusses liegen die Daten zugrunde, die die Klägerin in ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte übermittelt hatte. Drittens ist festzustellen, dass Tabelle 82 der Mitteilung der Beschwerdepunkte Tabelle 26 des angefochtenen Beschlusses entspricht, in der die laufenden Kosten für den Internet-Service-Provider (ISP) dargestellt sind. Bei der Berechnung dieser Kosten wurden die von der Klägerin gelieferten Daten zugrunde gelegt. Außerdem geht die Kommission in den Rn. 964 und 697 des angefochtenen Beschlusses auf die Argumente ein, die die Klägerin insoweit in ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte vorgebracht hatte. Viertens ist festzustellen, dass Tabelle 83 der Mitteilung der Beschwerdepunkte und Tabelle 27 des angefochtenen Beschlusses die Kosten für die Installation der Teilnehmeranschlüsse betreffen und identisch sind. Fünftens ist festzustellen, dass sowohl Tabelle 86 der Mitteilung der Beschwerdepunkte als auch die Tabellen 29 und 30 des angefochtenen Beschlusses die Abschreibung der Teilnehmer-Akquisitionskosten betreffen, wobei im angefochtenen Beschluss in Tabelle 29 von einer Abschreibung über drei Jahre und in Tabelle 30 dem Vorschlag der Klägern in der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte folgend von einer Abschreibung über vier Jahre ausgegangen wird. Sechstens ist festzustellen, dass Tabelle 87 der Mitteilung der Beschwerdepunkte Tabelle 31 des angefochtenen Beschlusses mit den Volumina gebündelter DSL-Zugang und DSL Internet der Klägerin entspricht. Siebtens ist festzustellen, dass die Ergebnisse der Berechnung der Margenbeschneidung in Tabelle 88 der Mitteilung der Beschwerdepunkte bzw. in den Tabellen 32 und 33 des angefochtenen Beschlusses dargestellt sind, wobei im angefochtenen Beschluss in Tabelle 32 von einer Abschreibung über drei Jahre und in Tabelle 33 von einer Abschreibung über vier Jahre ausgegangen wird.

191    Demnach hat die Kommission bei der Prüfung der Margen der Klägerin in der Mitteilung der Beschwerdepunkte und im angefochtenen Beschluss im Wesentlichen dieselbe Methode und dieselben Grundsätze angewandt. Die Rüge der Klägerin, die Kommission habe diese Methoden und Grundsätze vor dem Erlass des angefochtenen Beschlusses geändert, ohne sie anzuhören, ist daher zurückzuweisen.

192    Zu den Daten, die bei der Berechnung der Margen zugrunde gelegt wurden, ist festzustellen, dass, wie in den Rn. 875 bis 877 des angefochtenen Beschlusses erläutert wird, zum Zeitpunkt der Mitteilung der Beschwerdepunkte die UCN-Tabellen mit den vollständig zugerechneten Anschaffungskosten („fully allocated costs“) herangezogen wurden. Wie sich aus den Rn. 885 bis 894 des angefochtenen Beschlusses ergibt, hat die Kommission aber die von der Klägerin vorgeschlagene Aktualisierung der Buchwerte akzeptiert. Sie hat die von der Klägerin insoweit vorgeschlagenen Anpassungen mithin berücksichtigt und die Kosten der Vermögenswerte des Netzes angepasst, damit sie die von einem ebenso effizienten Wettbewerber zu tragenden Kosten genauer wiederspiegeln. Damit sollte gerade den Anforderungen an die Wahrung des rechtlichen Gehörs (siehe oben, Rn. 183) genügt werden. Der Anspruch der Parteien auf rechtliches Gehör im Verwaltungsverfahren verlangte nicht, dass den Parteien vor Erlass des angefochtenen Beschlusses erneut die Möglichkeit gegeben wird, zu den Berechnungen der Margenbeschneidung Stellung zu nehmen.

193    Folglich ist der erste Teil des zweiten Klagegrundes, mit dem Verfahrensfehler bei der Berechnung der LRAIC gerügt wurden, zurückzuweisen.

b)      Zum zweiten Teil des zweiten Klagegrundes: Keine Möglichkeit, im Verwaltungsverfahren zu der im Rahmen der Prüfung der Margenbeschneidung bei der Berechnung der Kosten der Klägerin angewandten Methode der Berücksichtigung eines mehrjährigen Zeitraums, Stellung zu nehmen

194    Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe die Kosten in der Mitteilung der Beschwerdepunkte jeweils jährlich berechnet und dabei die positive Marge, die im Jahr 2005 zu verzeichnen gewesen sei, nicht berücksichtigt. Im angefochtenen Beschluss habe sie bei der Berechnung der Kosten hingegen auf einen mehrjährigen Zeitraum abgestellt. Dadurch, dass sie ihr keine Gelegenheit gegeben habe, zu dieser Vorgehensweise Stellung zu nehmen, habe die Kommission ihre Verteidigungsrechte verletzt. Entgegen dem Vorbringen der Kommission könne aus ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht geschlossen werden, dass sie die Methode der Berücksichtigung eines mehrjährigen Zeitraums selbst vorgeschlagen habe. Sie habe vielmehr das Ertragswertverfahren (oder Discounted-Cash-Flow-Verfahren) vorgeschlagen, das in der Entscheidung C(2007) 3196 final vom 4. Juli 2007 in einem Verfahren nach Art. 82 des EG-Vertrags (Sache COMP/38.784 – Wanadoo España/Telefónica) auch von der Kommission angewandt worden sei. Das Ertragswertverfahren sei durch die Laufzeit eines Abonnements oder eines Vertrags gerechtfertigt.

195    Bei der Beurteilung nach dem Ertragswertverfahren hätte die Kommission nicht allein deshalb auf den Zeitraum von 2005 bis 2010 abstellen dürfen, weil diese Jahre auch bei der Methode der Berücksichtigung getrennter Zeiträume untersucht worden seien.

196    Nach der Methode der Berücksichtigung eines mehrjährigen Zeitraums, wie sie im angefochtenen Beschluss angewandt worden sei, würde für das Jahr 2005 eine positive Marge festgestellt werden und der Zeitraum des zur Last gelegten Missbrauchs gegenüber dem in der Mitteilung der Beschwerdepunkte angegebenen ausgeweitet. Die Kommission habe diese positive Marge außer Betracht gelassen. Sie habe festgestellt, dass ein Eintritt über vier Monate nicht als „dauerhafter Eintritt“ betrachtet werden könne (angefochtener Beschluss, Rn. 998). Durch den von der Mitteilung der Beschwerdepunkte abweichenden Ansatz, den die Kommission im angefochtenen Beschluss verfolgt habe, sei bei einem Jahr aus einer positiven Marge eine negative geworden, indem die Folgejahre in die Beurteilung einbezogen worden seien und festgestellt worden sei, dass die arithmetische Differenz insgesamt betrachtet negativ gewesen sei. Bei Berücksichtigung eines mehrjährigen Zeitraums sei es für ein Unternehmen, das eine beherrschende Stellung innehabe, unmöglich, vorherzusehen, wie die Beurteilung letztlich ausfalle. Außerdem sei die Berücksichtigung eines mehrjährigen Zeitraums insoweit willkürlich, als ein oder mehrere Jahre gleichzeitig positive und negative Margen hätten, je nachdem, welche Jahre berücksichtigt würden.

197    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. Nach ihrer Auffassung ist der zweite Teil des zweiten Klagegrundes zurückzuweisen.

198    Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, die Kommission habe die Methode der Berücksichtigung eines mehrjährigen Zeitraums angewandt, um die in der Mitteilung der Beschwerdepunkte angegebene Dauer der Zuwiderhandlung auszudehnen. Eine solche Vorgehensweise sei in der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht in Betracht gezogen worden. Außerdem habe die Kommission ihr keine Gelegenheit gegeben, zu dieser Vorgehensweise Stellung zu nehmen und damit ihre Verteidigungsrechte verletzt.

199    Hierzu ist festzustellen, dass die Kommission in Rn. 1012 der Mitteilung der Beschwerdepunkte ursprünglich angekündigt hatte, dass sie bei der Prüfung der Margen der Klägerin auf die Methode der Berücksichtigung getrennter Zeiträume (Jahre) abstellen werde. In den Rn. 1175 bis 1222 der Mitteilung der Beschwerdepunkte wurde die Margenbeschneidung für den betreffenden Zeitraum daher Jahr für Jahr berechnet. Im angefochtenen Beschluss hat die Kommission bei der Beurteilung der Margenbeschneidung die Methode der Berücksichtigung getrennter Zeiträume (Jahre) angewandt; sie hat ermittelt, welche Kosten und Einnahmen in den einzelnen Jahren zu verzeichnen waren (angefochtener Beschluss, Rn. 851). Die Ergebnisse der Analyse sind in den Rn. 1007 bis 1012 des angefochtenen Beschlusses zusammengefasst. Danach wurde bei der Analyse die Methode der Berücksichtigung getrennter Zeiträume (Jahre) zugrunde gelegt.

200    In Rn. 1281 der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte hatte sich die Klägerin dagegen gewandt, dass lediglich die Methode der Berücksichtigung getrennter Zeiträume (Jahre) angewandt werde, wie sie von der Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte angewandt worden war. Sie hatte im Kern geltend gemacht, dass die Anbieter im Telekommunikationssektor ihre Fähigkeit, eine angemessene Rendite zu erwirtschaften, im Hinblick auf einen längeren Zeitraum als ein Jahr untersuchten. Sie hatte deshalb u. a. vorgeschlagen, im Rahmen der Prüfung der Margenbeschneidung zur Schätzung der in einem mehrjährigen Zeitraum zu verzeichnenden Gesamtmarge ergänzend eine Analyse unter Berücksichtigung eines solchen Zeitraums durchzuführen.

201    Wie sich aus dem 859. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ergibt, hat die Kommission dem Einwand der Klägerin Rechnung getragen und einen mehrjährigen Zeitraum berücksichtigt, um zu ermitteln, ob dies etwas an ihrer Feststellung ändert, dass die von der Klägerin gegenüber alternativen Anbietern für den entbündelten Zugang zu den Teilnehmeranschlüssen praktizierten Entgelte von 2005 bis 2010 zu einer Margenbeschneidung geführt haben.

202    Bei dieser zusätzlichen Prüfung, deren Ergebnis in den Erwägungsgründen 1013 und 1014 des angefochtenen Beschlusses dargestellt ist, hat die Kommission bei den Dienstleistungsportfolios sowohl für den Zeitraum 2005 bis 2010 (angefochtener Beschluss, 1013. Erwägungsgrund, Tabelle 39) als auch für den Zeitraum 2005 bis 2008 (angefochtener Beschluss, 1014. Erwägungsgrund, Tabelle 40) jeweils eine negative Gesamtmarge festgestellt. Die Kommission ist deshalb im 1015. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu dem Schluss gelangt, dass eine Analyse unter Berücksichtigung eines mehrjährigen Zeitraums an ihrer nach der Methode der Berücksichtigung getrennter Zeiträume getroffenen Feststellung, dass eine Margenbeschneidung vorliege, nichts ändere.

203    Somit ist festzustellen, dass die Analyse der Margen der Klägerin unter Berücksichtigung eines mehrjährigen Zeitraums im angefochtenen Beschluss auf den Einwand hin durchgeführt wurde, der von dieser in ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte zur Methode der Berücksichtigung getrennter Zeiträume (Jahr für Jahr) erhoben worden war. Im angefochtenen Beschluss sollte hinsichtlich der Margen der Klägerin beim entbündelten Zugang zu den Teilnehmeranschlüssen die Analyse unter Berücksichtigung getrennter Zeiträume (Jahr für Jahr) durch die Analyse unter Berücksichtigung eines mehrjährigen Zeitraums ergänzt werden. Die zusätzlich durchgeführte Analyse unter Berücksichtigung eines mehrjährigen Zeitraums hat die Kommission in ihrer Auffassung bestärkt, dass auf dem slowakischen Markt der Breitbandinternetdienste vom 12. August 2005 bis zum 31. Dezember 2010 eine Margenbeschneidung existierte.

204    Wie die Kommission geltend macht, wurden der Klägerin durch die Analyse unter Berücksichtigung eines mehrjährigen Zeitraums also nicht Tatsachen zur Last gelegt, zu denen sich diese im Verwaltungsverfahren nicht hätte äußern können. Die Natur der gegen sie erhobenen Vorwürfe wurde nicht verändert. Es wurde auf einen von der Klägerin auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte erhobenen Einwand hin lediglich eine zusätzliche Analyse der durch die von der Klägerin für den entbündelten Zugang zu ihren Teilnehmeranschlüssen praktizierten Entgelte hervorgerufenen Margenbeschneidung durchgeführt.

205    Zu dem Vorbringen, die Kommission habe auf die Analyse unter Berücksichtigung eines mehrjährigen Zeitraums zurückgegriffen, um die Dauer der Zuwiderhandlung festzustellen und aus der positiven Marge des Jahres 2005 eine negative zu machen, ist festzustellen, dass die Kommission bereits aufgrund der Analyse unter Berücksichtigung getrennter Zeiträume (Jahre) zu dem Schluss gelangt war, dass ein ebenso effizienter Wettbewerber wie die Klägerin das deren Breitbanddienstleistungen umfassende Endkundenportfolio im Zeitraum zwischen 2005 und 2010 nicht rentabel hätte reproduzieren können (angefochtener Beschluss, 1012. Erwägungsgrund). Die Kommission vertrat die Auffassung, dass die Tatsache, dass von August bis Dezember 2005 eine positive Marge vorliege, dem Einschluss dieses Zeitraums in den Zeitraum der Zuwiderhandlung (Margenbeschneidung) nicht widerspreche, da Anbieter ihre Fähigkeit, eine angemessene Rendite zu erwirtschaften, über einen längeren Zeitraum prüften (angefochtener Beschluss, 998. Erwägungsgrund). Die Kommission hat die Dauer der Margenbeschneidung mithin auf der Grundlage der Methode der Berücksichtigung getrennter Zeiträume (Jahre) ermittelt. Die Methode der Berücksichtigung eines mehrjährigen Zeitraums wurde lediglich zusätzlich angewandt. Jedenfalls ist festzustellen, dass sich die Klägerin mit ihrem Vorbringen in Wirklichkeit gegen diese Vorgehensweise der Kommission wendet. Im Zusammenhang mit der gerügten Verletzung der Verteidigungsrechte kann sie mit ihrem Vorbringen nicht durchdringen. In Wirklichkeit greift sie die Methode an, nach der die Kommission im Zeitraum vom 12. August bis zum 31. Dezember 2005 eine Margenbeschneidung festgestellt hat.

206    Zu dem Vorbringen der Klägerin, die Methode der Berechnung der Margenbeschneidung, die die Kommission bei dieser zusätzlichen Prüfung angewandt habe, entspreche nicht der Methode, die sie, die Klägerin, in ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte ausgehend von der Entscheidungspraxis der Kommission vorgeschlagen habe, ist festzustellen, dass die Klägerin vorgeschlagen hatte, in dem Zeitraum von 2005 bis 2008 die „kumulierten Gewinne“ zu analysieren (Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, Rn. 1498 bis 1500). Die Kommission hat jedoch festgestellt, dass sich die von der Klägerin vorgeschlagene Analyse unter Berücksichtigung eines mehrjährigen Zeitraums von der rückwärts gewandten DCF‑Analyse unterscheide, die auf anderen Daten und einer anderen Methodik basiert habe (angefochtener Beschluss, 858. Erwägungsgrund). Sie ist auf den Vorschlag der Klägerin, eine Analyse unter Berücksichtigung eines mehrjährigen Zeitraums durchzuführen, aber eingegangen, indem sie eine solche Analyse ergänzend durchgeführt und für die Zeiträume 2005 bis 2010 (angefochtener Beschluss, Rn. 1013, Tabelle 39) bzw. 2005 bis 2008 (angefochtener Beschluss, Rn. 1014, Tabelle 40) die kumulativen Gewinne analysiert hat.

207    Zur Wahrung des Anspruchs der Klägerin auf rechtliches Gehör musste die Kommission die von der Klägerin in ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte zur Methode der Berechnung der Margen erhobenen Einwände nach der oben in Rn. 128 dargestellten Rechtsprechung beim Erlass des angefochtenen Beschlusses aber lediglich berücksichtigen (siehe oben, Rn. 183). Der Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör verlangte nicht, dass die Kommission zu dem von der Klägerin gewünschten Ergebnis gelangt, also feststellt, dass vom 12. August 2005 bis zum 31. Dezember 2010 keine Margenbeschneidung vorgelegen hat.

208    Was schließlich das Dokument mit den Margenberechnungen angeht, das die Kommission am 16. September 2014 in der Besprechung über den Stand des Verfahrens vorgelegt hat, macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, dass ihr dieses Dokument zu spät vorgelegt worden sei, da die Kommission ihr zu verstehen gegeben habe, dass der angefochtene Beschluss vorbereitet werde, und dass die Kommission davon ausgegangen sei, dass sie verpflichtet gewesen sei, diese abschließenden Margenberechnungen offenzulegen, bevor sie ihr den angefochtenen Beschluss zugestellt habe.

209    Wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 183 und 199 bis 204), war die Kommission nicht verpflichtet, ihre abschließenden Margenberechnungen offenzulegen, bevor sie der Klägerin den angefochtenen Beschluss zustellte. Etwas Abweichendes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Kommission zu einer „abschließenden Besprechung“ eingeladen hat. Wie die Kommission in ihren Schriftsätzen und in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, werden solche Besprechungen zwischen der Kommission und den betroffenen Unternehmen abgehalten, um eine gute Verwaltung und Transparenz zu gewährleisten und die Parteien über den Stand des Verfahrens zu unterrichten. Solche „abschließenden Besprechungen“ unterscheiden sich aber von den förmlichen Sitzungen, die nach den Verordnungen Nrn. 1/2003 und 773/2004 durchzuführen sind. Sie ergänzen diese. Daraus, dass die Kommission am 16. September 2014 zu einer Besprechung über den Stand des Verfahrens eingeladen hat, lässt sich daher nicht ableiten, dass die Kommission verpflichtet gewesen wäre, der Klägerin im Rahmen dieser Besprechung Gelegenheit zu geben, zu der Analyse der Margen Stellung zu nehmen, zumal die Klägerin über alle relevanten Umstände der von der Kommission durchgeführten Berechnung der Margen unterrichtet worden war und sie vor Erlass des angefochtenen Beschlusses Gelegenheit hatte, Stellung zu nehmen.

210    Folglich ist der zweite Teil des zweiten Klagegrundes und damit der zweite Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

3.      Dritter Klagegrund: Fehler bei der Feststellung der Margenbeschneidung

211    Mit dem dritten Klagegrund macht die Klägerin geltend, der Kommission seien bei der Feststellung der Margenbeschneidung Fehler unterlaufen. Der dritte Klagegrund besteht aus zwei Teilen. Mit dem ersten Teil wird gerügt, die von der Klägerin hinsichtlich der Berechnung der LRAIC vorgeschlagenen Optimierungsanpassungen seien nicht berücksichtigt worden. Mit dem zweiten Teil des dritten Klagegrundes wird gerügt, der Kommission sei bei der Margenbeschneidung ein Berechnungsfehler unterlaufen, weil sie die Einnahmen und Kosten über den gesamten Zeitraum der Zuwiderhandlung konsolidiert habe. Außerdem liege ein Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit vor.

a)      Zum ersten Teil des dritten Klagegrundes: Nichtberücksichtigung der Optimierungsanpassungen bei der Berechnung der LRAIC

212    Mit dem ersten Teil des dritten Klagegrundes greift die Klägerin die Erwägungsgründe 895 und 903 des angefochtenen Beschlusses an. Die Kommission habe dort bei der Berechnung der Margenbeschneidung die Optimierungsanpassungen zu Unrecht nicht berücksichtigt. Wären diese vorgenommen worden, wären die Kosten auf der Vorleistungsebene, die in die Berechnung der Margenbeschneidung eingeflossen seien, geringer ausgefallen. Die Ausführungen in den Erwägungsgründen 894 und 900 bis 902 des angefochtenen Beschlusses, mit denen die Kommission begründet habe, warum sie die Optimierungsanpassungen abgelehnt habe, seien daher nicht stichhaltig. Die Kommission habe ihre tatsächlichen nachgelagerten Kosten zu hoch angesetzt, was erhebliche Auswirkungen auf das Ergebnis gehabt habe, zu dem sie hinsichtlich der Margenbeschneidung gelangt sei. In den Jahren 2005 und 2007 habe es überhaupt keine Margenbeschneidung gegeben.

213    Bei ihren Vorschlägen habe es sich nicht um zusätzliche Anpassungen gehandelt, sondern um ihre Berechnung der LRAIC. Die Vorgehensweise der Kommission sei widersprüchlich. Auf der einen Seite habe sie das Wiederbeschaffungsprinzip anerkannt, auf der anderen Seite aber Optimierungsanpassungen, die mit der Berechnung der LRAIC in Einklang stünden, zurückgewiesen. Die hinsichtlich der Netzkosten vorgeschlagenen Anpassungen, die für die Schätzung der LRAIC unerlässlich seien, berücksichtigten eine gewisse Reservekapazität für Breitbanddienste für Endkunden.

214    Dieser Ansatz stehe in Einklang mit der Rechtsprechung. Nach den Urteilen vom 17. Februar 2011, TeliaSonera Sverige (C‑52/09, EU:C:2011:83), und vom 10. April 2008, Deutsche Telekom/Kommission (T‑271/03, EU:T:2008:101), könne es unter Umständen zweckmäßig sein, anstatt der Kosten des Unternehmens in beherrschender Stellung die Kosten der Wettbewerber zugrunde zu legen. So auch im vorliegenden Fall. Es sei für sie, die Klägerin, nämlich nicht leicht, an die Daten zu gelangen, die die für die Ermittlung der LRAIC erforderlich seien.

215    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.

216    Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, die Kommission habe es bei der Berechnung der LRAIC in den Erwägungsgründen 895 bis 903 des angefochtenen Beschlusses zu Unrecht abgelehnt, die LRAIC dahin anzupassen, dass auf der Grundlage der zum Zeitpunkt der von der Kommission vorgenommenen Beurteilung verfügbaren Informationen die Kosten maßgeblich sind, die ein effizientes Unternehmen gehabt hätte, das im Hinblick auf die aktuelle und zukünftige Nachfrage ein optimales Netz aufgebaut hätte.

217    Wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 186), hatte die Klägerin in ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte unter Berufung auf den Consulting-Bericht eine Methode vorgeschlagen, die auf dem Wiederbeschaffungsprinzip beruht und bei der die nachgelagerten Kosten für den Zeitraum von 2005 bis 2010 auf der Grundlage von Daten ab 2011 geschätzt wurden (angefochtener Beschluss, 881. Erwägungsgrund). Sie hatte in ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte geltend gemacht, dass bei der Ermittlung der LRAIC zum einen ihre Vermögenswerte neu zu bewerten seien und zum anderen zu berücksichtigen sei, dass ihr Netz für das Breitbandangebot nicht effizient sei. Was Letzteres angeht, hat die Klägerin die oben in Rn. 186 beschriebenen Optimierungsanpassungen vorgeschlagen.

218    In ihrer eigenen Berechnung der LRAIC hat die Klägerin die Kapitalkosten und die Abschreibungskosten der Vermögenswerte in den Jahren 2005 bis 2010 sowie die auf diese entfallenden Betriebsausgaben durch Anwendung des vom Verfasser des Consulting-Berichts für das Jahr 2011 berechneten gewichteten durchschnittlichen Anpassungsfaktors angepasst (angefochtener Beschluss, 897. Erwägungsgrund). Die Klägerin hat geltend gemacht, dass die vorgeschlagenen Optimierungsanpassungen Reservekapazitäten Rechnung trügen, die in den Netzelementen ermittelt worden seien. Es handele sich dabei um Anlagegüter, die, weil sie nicht produktiv genutzt würden, aus dem Netz entfernt, aber von ihr noch nicht verkauft worden seien (angefochtener Beschluss, 897. Erwägungsgrund).

219    Die Kommission hat es jedoch abgelehnt, diese Optimierungsanpassungen im angefochtenen Beschluss vorzunehmen.

220    Was als Erstes den Austausch der bestehenden Anlagegüter durch modernere Äquivalenzgüter angeht, hat die Kommission im 900. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass ein solcher Austausch nicht zulässig sei, da er vom Konzept her der Anpassung der Kosten ohne richtige Anpassung der Abschreibungen ähnele. Die Kommission hat insoweit auf die Erwägungsgründe 889 bis 893 des angefochtenen Beschlusses verwiesen, in denen sie Zweifel an der Anpassung der Anschaffungskosten für den Zeitraum von 2005 bis 2010 in der von der Klägerin vorgeschlagenen Form geäußert hat. Die Kommission hat ferner darauf hingewiesen, dass ein solcher Austausch nicht mit dem „ebenso effizienter Wettbewerber“-Test übereinstimme (angefochtener Beschluss, 901. Erwägungsgrund). Die Rechtsprechung habe bestätigt, dass die Missbräuchlichkeit der Preispolitik eines beherrschenden Unternehmens grundsätzlich anhand seiner eigenen Lage bestimmt werde. Im vorliegenden Fall basiere die von der Klägerin vorgeschlagene Anpassung der LRAIC aber auf einer Gesamtheit hypothetischer Anlagegüter, und nicht auf denselben Wirtschaftsgütern, die im Besitz der Klägerin gewesen seien.

221    Was als Zweites die Berücksichtigung der Kapazitätsüberschüsse der Netze auf der Grundlage der „aktuell“ genutzten Kapazität angeht, hat die Kommission festgestellt, dass es, da Investitionen auf der Grundlage von Prognosen der Nachfrage erfolgten, unvermeidlich sei, dass bei einer nachträglichen Sicht mitunter Kapazitäten ungenutzt blieben (angefochtener Beschluss, 902. Erwägungsgrund).

222    Keiner der Rügen, die von der Klägerin gegen diesen Teil des angefochtenen Beschlusses erhoben werden, kann gefolgt werden.

223    Erstens macht die Klägerin zu Unrecht geltend, dass zwischen der Ablehnung der Optimierungsanpassungen der LRAIC und dem Akzeptieren der von ihr vorgeschlagenen Neubewertung der Vermögenswerte im 894. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ein Widerspruch bestehe. Dasselbe gilt für ihr Vorbringen, die Kommission hätte die von ihr vorgeschlagenen Optimierungsanpassungen akzeptieren müssen, weil sie wie bei der Neubewertung der Vermögenswerte auch bei den Optimierungsanpassungen nicht über zuverlässige Daten hinsichtlich der historischen Kosten verfügt habe.

224    Die Neubewertung der Vermögenswerte basierte nämlich auf den Vermögenswerten, die die Klägerin 2011 besaß. Hierzu hat die Kommission festgestellt, dass keine Kostendaten vorlägen, die die inkrementellen Kosten der Breitband-Anlagegüter der Klägerin für den Zeitraum von 2005 bis 2010 besser abbildeten. Deshalb hat sie die von der Klägerin vorgeschlagene Neubewertung der Vermögenswerte der Klägerin im angefochtenen Beschluss in ihre Margenbeschneidungsanalyse einbezogen. Sie hat allerdings darauf hingewiesen, dass die Neubewertung der Vermögenswerte wahrscheinlich dazu führe, dass die Schätzung der nachgelagerten Anschaffungskosten zu niedrig ausfalle (angefochtener Beschluss, Erwägungsgründe 885 bis 894).

225    Hingegen wurden mit den von der Klägerin vorgeschlagenen Optimierungsanpassungen die Vermögenswerte auf das ungefähre Niveau eines effizienten Betreibers angepasst, der auf der Grundlage „heute verfügbarer“ Informationen und Nachfrageprognosen ein optimales Netz aufbauen würde, das zur Befriedigung der künftigen Nachfrage dimensioniert ist (angefochtener Beschluss, 895. Erwägungsgrund). Die Optimierungsanpassungen beruhten auf einer Projektion und auf einem Modell eines optimalen Netzes, und nicht auf einer Schätzung der inkrementellen Kosten der tatsächlich existierenden Anlagegüter der Klägerin.

226    Die Optimierungsanpassungen im Allgemeinen und die Ersetzung der vorhandenen Anlagegüter durch moderne Äquivalente im Besonderen hatten also ein anderes Ziel als die von der Klägerin vorgeschlagene Neubewertung der Anlagegüter. Und dass die Kommission die von der Klägerin vorgeschlagene Neubewertung der vorhandenen Anlagegüter wegen des Fehlens zuverlässiger anderer Daten über die LRAIC der Klägerin berücksichtigt hat, bedeutet nicht, dass sie die Optimierungsanpassungen der LRAIC akzeptiert hätte. Die Ungleichbehandlung der Ersetzung der vorhandenen Anlagegüter durch modernere Äquivalente und der von der Klägerin vorgeschlagenen Neubewertung der Anlagegüter ist daher nicht zu beanstanden.

227    Zweitens kann dem Vorbringen der Klägerin auch insoweit nicht gefolgt werden, als sie die Feststellung im 901. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angreift, wonach die Optimierungsanpassungen dazu führen würden, dass die LRAIC auf der Grundlage der Anlagegüter eines hypothetischen Wettbewerbers, und nicht auf der Grundlage der Anlagegüter der Klägerin berechnet würden.

228    Nach ständiger Rechtsprechung ist bei der Beurteilung der Zulässigkeit der von einem beherrschenden Unternehmen angewandten Preispolitik nach Art. 102 AEUV grundsätzlich auf Preiskriterien abzustellen, die sich auf die dem beherrschenden Unternehmen entstandenen Kosten und seine Strategie stützen (vgl. Urteil vom 17. Februar 2011, TeliaSonera Sverige, C‑52/09, EU:C:2011:83, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung; Urteil vom 29. März 2012, Telefónica und Telefónica de España/Kommission, T‑336/07, EU:T:2012:172, Rn. 190; vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. April 2008, Deutsche Telekom/Kommission, T‑271/03, EU:T:2008:101, Rn. 188 und die dort angeführte Rechtsprechung).

229    Insbesondere bei einer Preispolitik, die auf eine Margenbeschneidung hinausläuft, kann anhand dieser Prüfungskriterien festgestellt werden, ob das Unternehmen nach dem Kriterium des ebenso effizienten Wettbewerbers (siehe oben, Rn. 108) effizient genug gewesen wäre, um seine Endkundendienste anzubieten, ohne dabei Verluste hinnehmen zu müssen, wenn es vorher seine eigenen Vorleistungspreise für die Vorleistungen hätte zahlen müssen (Urteile vom 14. Oktober 2010, Deutsche Telekom/Kommission, C‑280/08 P, EU:C:2010:603, Rn. 201, vom 17. Februar 2011, TeliaSonera Sverige, C‑52/09, EU:C:2011:83, Rn. 42, und vom 29. März 2012, Telefónica und Telefónica de España/Kommission, T‑336/07, EU:T:2012:172, Rn. 191).

230    Ein solcher Ansatz ist umso mehr gerechtfertigt, als er außerdem mit dem allgemeinen Grundsatz der Rechtssicherheit im Einklang steht, da die Berücksichtigung der Kosten des beherrschenden Unternehmens es diesem erlaubt, im Hinblick auf seine besondere Verantwortung nach Art. 102 AEUV, die Rechtmäßigkeit seines eigenen Verhaltens zu beurteilen. Denn ein marktbeherrschendes Unternehmen kennt zwar seine eigenen Kosten und Entgelte, die seiner Wettbewerber aber in der Regel nicht (Urteile vom 14. Oktober 2010, Deutsche Telekom/Kommission, C‑280/08 P, EU:C:2010:603, Rn. 202, vom 17. Februar 2011, TeliaSonera Sverige, C‑52/09, EU:C:2011:83, Rn. 44, und vom 29. März 2012, Telefónica und Telefónica de España/Kommission, T‑336/07, EU:T:2012:172, Rn. 192).

231    Zwar hat der Gerichtshof in den Rn. 45 und 46 des Urteils vom 17. Februar 2011, TeliaSonera Sverige (C‑52/09, EU:C:2011:83), darauf hingewiesen, dass nicht auszuschließen ist, dass die Kosten und Preise der Wettbewerber für die Prüfung der auf eine Margenbeschneidung hinauslaufenden Preispolitik relevant sind. Die Preise und Kosten der Wettbewerber auf demselben Markt sind nach diesem Urteil aber nur dann zu prüfen, wenn in Anbetracht der Umstände eine Bezugnahme auf die Preise und Kosten des beherrschenden Unternehmens nicht möglich ist, was die Klägerin im vorliegenden Fall nicht geltend gemacht hat (vgl. entsprechend Urteil vom 29. März 2012, Telefónica und Telefónica de España/Kommission, T‑336/07, EU:T:2012:172, Rn. 193).

232    Im vorliegenden Fall sollten mit dem Austausch der bestehenden Anlagegüter durch modernere Äquivalenzgüter die Anschaffungskosten der Anlagegüter angepasst werden, indem „aktuelle“ Werte zugrunde gelegt wurden, ohne jedoch die Abschreibungen richtig anzupassen (angefochtener Beschluss, 900. Erwägungsgrund). Ein solcher Austausch hätte bedeutet, dass die Margenbeschneidung auf der Grundlage hypothetischer Anlagegüter berechnet wird, d. h. auf der Grundlage von Anlagegütern, die nicht denen entsprechen, die die Klägerin besaß. Die den Anlagegütern der Klägerin zuzuordnenden Kosten wären also zu niedrig geschätzt worden (angefochtener Beschluss, Erwägungsgründe 893 und 900). Ferner hätte die Berücksichtigung der Überkapazität der Netze auf der Grundlage der „aktuell“ genutzten Kapazität dazu geführt, dass nicht produktiv genutzte Anlagegüter der Klägerin ausgeschlossen worden wären (siehe oben, Rn. 218).

233    Nach den oben in den Rn. 228 bis 231 dargestellten Grundsätzen ist die Feststellung der Kommission, dass die von der Klägerin vorgeschlagenen Optimierungsanpassungen der LRAIC bei der Berechnung der Margenbeschneidung dazu geführt hätten, dass von den Kosten, die die Klägerin selbst im Zeitraum vom 12. August 2005 bis zum 31. Dezember 2010 gehabt habe, abgewichen worden wäre, daher nicht zu beanstanden.

234    Nicht gefolgt werden kann auch dem Vorbringen der Klägerin, die Kommission habe dadurch, dass sie im angefochtenen Beschluss festgestellt habe, dass es unvermeidlich sei, dass mitunter Kapazitäten ungenutzt blieben (angefochtener Beschluss, 902. Erwägungsgrund), gegen den Grundsatz, dass bei der Margenbeschneidung auf einen effizienten Wettbewerber abzustellen sei, verstoßen. Nach den oben in den Rn. 230 und 231 dargestellten Grundsätzen ist bei einer Preispolitik, die auf eine Margenbeschneidung hinausläuft, zu prüfen, ob ein Wettbewerber, der ebenso effizient ist wie das beherrschende Unternehmen, seine Endkundendienste anbieten könnte, ohne dabei Verluste hinnehmen zu müssen. Bei einer solchen Prüfung wird also nicht auf einen Anbieter abgestellt, der unter den im betreffenden Zeitraum gegebenen Marktbedingungen vollkommen effizient ist. Hätte die Kommission die durch die Kapazitätsüberschüsse bedingten Optimierungsanpassungen akzeptiert, hätten die Berechnungen der LRAIC durch die Klägerin aber die Kosten eines optimalen, nachfragegerechten Netzes widergespiegelt, das nicht unter den Ineffizienzen des Netzes der Klägerin leidet, d. h. die Kosten eines Wettbewerbers, der effizienter ist als die Klägerin. Auch wenn im vorliegenden Fall feststeht, dass ein Teil der relevanten Anlagegüter der Klägerin in der Zeit vom 12. August 2005 bis zum 31. Dezember 2010 nicht genutzt wurde, ist die Entscheidung der Kommission, diesen Teil der Anlagegüter, also die Kapazitätsüberschüsse, bei der Berechnung der LRAIC zu berücksichtigen, daher nicht zu beanstanden.

235    Die Kommission hat die Optimierungsanpassungen also zu Recht zurückgewiesen und im Rahmen der Prüfung der Missbräuchlichkeit der Preispolitik der Klägerin zu Recht auf deren Kosten abgestellt.

236    Drittens ist festzustellen, dass die Zurückweisung der Optimierungsanpassungen entgegen dem Vorbringen der Klägerin nicht im Widerspruch zu den Erwägungen in den Urteilen vom 17. Februar 2011, TeliaSonera Sverige (C‑52/09, EU:C:2011:83), und vom 10. April 2008, Deutsche Telekom/Kommission (T‑271/03, EU:T:2008:101), steht, wonach es zweckmäßig sein kann, anstatt auf die Kosten des Unternehmens in beherrschender Stellung auf die Kosten der Wettbewerber abzustellen.

237    Was die Rechtssache angeht, in der das Urteil vom 10. April 2008, Deutsche Telekom/Kommission (T‑271/03, EU:T:2008:101), ergangen ist, ist festzustellen, dass es sich bei dem Kündigungsentgelt, um das es in dieser Rechtssache ging, um ein Entgelt für Vorleistungen gehandelt hat, das dem Wettbewerber von dem Unternehmen in beherrschender Stellung als Teil des zu zahlenden Gesamtpreises in Rechnung gestellt wurde. Diese Kosten waren bei der Berechnung der Kosten eines ebenso effizienten Wettbewerbers einzubeziehen. Sie unterschieden sich aber von einer Projektion und dem Modell eines optimalen Netzes, die die inkrementellen Kosten der tatsächlich existierenden Anlagegüter der Klägerin nicht abbilden (siehe oben, Rn. 225).

238    Was das Urteil vom 17. Februar 2011, TeliaSonera Sverige (C‑52/09, EU:C:2011:83), angeht, ist festzustellen, dass danach die Preise und Kosten der Wettbewerber auf demselben Markt nur dann zu prüfen sind, wenn in Anbetracht der Umstände eine Bezugnahme auf die Preise und Kosten des beherrschenden Unternehmens nicht möglich ist (siehe oben, Rn. 230 und 231). Diese Voraussetzungen sind hier aber nicht erfüllt. Die Kosten der Klägerin konnten nämlich im Wege einer nachträglichen Neubewertung ermittelt werden und stellten einen Anhaltspunkt für die Schätzung der Kosten eines ebenso effizienten Wettbewerbers dar.

239    Der erste Teil des dritten Rechtsmittelgrundes ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

b)      Zum zweiten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes: Fehler bei der Berechnung der Margenbeschneidung wegen der Konsolidierung der Einnahmen und Kosten über den gesamten relevanten Zeitraum und Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit

240    Die Klägerin wendet sich gegen die Methode der Berücksichtigung eines mehrjährigen Zeitraums, wie sie im 1013. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses dargestellt ist. Die Kommission habe auf diese Methode, von der in der Mitteilung der Beschwerdepunkte keine Rede gewesen sei, zurückgegriffen, um aus positiven Margen negative zu machen. Nach der Methode der Berücksichtigung getrennter Zeiträume (Jahre) habe sie im Verwaltungsverfahren positive Margen festgestellt. Mit dem Rückgriff auf die Methode der Berücksichtigung eines mehrjährigen Zeitraums habe die Kommission den Zeitraum der Zuwiderhandlung ausgedehnt. Nach der Methode der Berücksichtigung getrennter Zeiträume (Jahre) seien für die einzelnen Jahre des Zeitraums 2005 bis 2010 jeweils negative Margen festgestellt worden. Aus der negativen Marge des Jahres 2005, die in der Mitteilung der Beschwerdepunkte festgestellt worden sei, sei im angefochtenen Beschluss jedoch eine positive Marge geworden. Nach der Methode der Berücksichtigung getrennter Zeiträume (Jahre) habe im Jahr 2005 mithin keine Margenbeschneidung vorgelegen. Anhand einer Beispielrechnung gelangt die Klägerin zu dem Schluss, dass nach der von der Kommission angewandten Methode der Berücksichtigung eines mehrjährigen Zeitraums für den gesamten Zeitraum eine Margenbeschneidung habe festgestellt werden können, was nicht der Fall sei, wenn auf die einzelnen Jahre abgestellt werde.

241    Die Methode der Berücksichtigung eines mehrjährigen Zeitraums sei daher willkürlich und nicht mit dem Grundsatz der Rechtssicherheit zu vereinbaren. Der Zeitraum der Zuwiderhandlung hänge nämlich voll und ganz davon ab, in welchem Zeitraum die Margen kumuliert und verglichen würden.

242    Würden diese Fehler berichtigt, wäre der Feststellung einer Margenbeschneidung die Grundlage entzogen. Die Kommission hätte ihre Verpflichtung, die Zuwiderhandlung nachzuweisen dann nicht erfüllt. Anlage A.21 der Klageschrift zeige, dass die von der Kommission vorgenommene Analyse der Kosten und Einnahmen sachlich nicht richtig sei.

243    Das Vorbringen der Kommission, eine Margenbeschneidung könne auch bei Vorliegen einer positiven Marge festgestellt werden, sei nicht mit der Rechtsprechung zu vereinbaren. Im Rahmen von Art. 102 AEUV sei für den Nachweis der Missbräuchlichkeit einer Preispolitik, die eine Margenbeschneidung bewirke, maßgeblich, ob das Unternehmen selbst oder ein ebenso effizientes Unternehmen seine Endkundendienste hätte anbieten können, ohne dabei Verluste hinnehmen zu müssen. Eine positive Marge stelle nicht zwangsläufig einen Missbrauch dar. Unabdingbare Voraussetzung für den Nachweis einer missbräuchlichen Margenbeschneidung sei eine negative Marge eines ebenso effizienten Wettbewerbers, die für das Jahr 2005 nicht nachgewiesen worden sei.

244    Im Übrigen treffe nicht zu, dass die Methode der Berücksichtigung eines mehrjährigen Zeitraums von ihr vorgeschlagen worden sei, wie die Kommission behaupte. Sie habe das Ertragswertverfahren vorgeschlagen (siehe oben, Rn. 194).

245    Die Kommission weist als Erstes darauf hin, dass, wie sich aus den Rn. 997 und 998 des angefochtenen Beschlusses ergebe, mit der Methode der Berücksichtigung getrennter Zeiträume (Jahre) nachgewiesen worden sei, dass einem ebenso effizienten Wettbewerber durch Verwenden des entbündelten Zugangs zu den Teilnehmeranschlüssen der Klägerin auf der Vorleistungsebene negative Margen entstanden wären und dass dieser Wettbewerber das Breitbandportfolio für Endkunden der Klägerin nicht wirtschaftlich hätte reproduzieren können. Daran ändere auch nichts, dass die Marge in den vier letzten Monaten des Jahres 2005 positiv gewesen sei. Erst nachdem sie zu diesem Ergebnis gelangt sei, habe sie ihre Analyse durch die Methode der Berücksichtigung eines mehrjährigen Zeitraums untermauert. Was die Richtigkeit dieser Methode angeht, verweist die Kommission auf ihre Ausführungen zum zweiten Teil des zweiten Klagegrundes.

246    Als Zweites macht die Kommission geltend, dass nach dem Urteil vom 17. Februar 2011, TeliaSonera Sverige (C‑52/09, EU:C:2011:83, Rn. 74 und 75), eine missbräuchliche Margenbeschneidung auch bei positiven Margen vorliegen könne, nämlich dann, wenn die Verhaltensweisen des Unternehmens in beherrschender Stellung den betroffenen Wirtschaftsteilnehmern die Ausübung ihrer Tätigkeiten auf dem betreffenden Markt, zumindest hätten erschweren können, z. B. aufgrund einer künstlich eingeschränkten Rentabilität, sofern die Verhaltensweisen nicht wirtschaftlich gerechtfertigt seien. Dass die Marge in den letzten vier Monaten des Jahres 2005 positiv gewesen sei, bedeute daher nicht zwangsläufig, dass das Verhalten der Klägerin in diesem Zeitraum nicht missbräuchlich gewesen wäre. Ein solches Verhalten stelle einen Missbrauch dar, wenn die Preispolitik der Klägerin geeignet gewesen sei, zumindest für ebenso effiziente Wettbewerber eine Verdrängungswirkung zu entfalten, indem ihnen der Zugang zu dem betreffenden Markt erschwert oder gar unmöglich gemacht worden sei. Außerdem sei bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Preispolitik eines Unternehmens in beherrschender Stellung auf dessen Strategie abzustellen. Im vorliegenden Fall habe die Klägerin gewusst, dass sie auf der Vorleistungsebene für den Zugang zu ihren Teilnehmeranschlüssen Preise festgesetzt habe, die höher gewesen seien als ihre durchschnittlichen Einkünfte, und dass sie eine Margenbeschneidung vornehmen könne.

247    Als Drittes weist die Klägerin zu den Einwänden gegen die Methode der Berücksichtigung eines mehrjährigen Zeitraums noch einmal darauf hin, dass der Zeitraum der Zuwiderhandlung bereits nach der Methode der Berücksichtigung getrennter Zeiträume bestimmt worden sei. Sie sei nach dieser Methode zu dem Ergebnis gekommen, dass der Zeitraum der Zuwiderhandlung am 12. August 2005 begonnen habe. Der für die Methode der Berücksichtigung eines mehrjährigen Zeitraums maßgebliche Zeitraum sei durch den Zeitraum der Zuwiderhandlung bestimmt worden, der bereits nach der Methode der Berücksichtigung getrennter Zeiträume bestimmt worden sei. Sie sei sich der Schwachpunkte der Methode der Berücksichtigung eines mehrjährigen Zeitraums durchaus bewusst. Diese Methode sei von der Klägerin aber in den Rn. 1388 und 1389 der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte vorgeschlagen worden.

248    Die Auffassung der Klägerin, dass bei der Methode der Berücksichtigung eines mehrjährigen Zeitraums auf die Laufzeit eines Vertrags mit einem Kunden oder eines Vertrags abgestellt werden könne, finde in der Rechtsprechung keine Stütze. In der Rechtssache Telefónica sei wie im vorliegenden Fall bei der Analyse unter Berücksichtigung eines mehrjährigen Zeitraums ein Zeitraum von etwa fünf Jahren zugrunde gelegt worden. Diese fünf Jahre hätten sowohl der Dauer der Zuwiderhandlung als auch der Lebensdauer der betreffenden Vermögenswerte entsprochen.

249    Die Streithelferin weist darauf hin, dass die Vorgehensweise der Kommission bei der Berechnung der Margenbeschneidung vorsichtig und der Klägerin günstig gewesen sei. Die Kommission habe in die LRAIC nämlich die Kollokationskosten nicht einbezogen. Sie habe sich insoweit nicht auf reine Hypothesen stützen wollen. Die Kollokationskosten stellten aber für die alternativen Anbieter eine unbekannte Größe und für die Klägerin einen erheblichen Teil der Kosten dar, die im Zusammenhang mit den Teilnehmeranschlüssen anfielen.

250    Mit dem zweiten Teil des dritten Klagegrundes macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, die Kommission habe auf die Methode der Berücksichtigung eines mehrjährigen Zeitraums nur zurückgegriffen, um auch die vier letzten Monate des Jahres 2005 in den Zeitraum der Zuwiderhandlung einzubeziehen, in denen nach der Methode der Berücksichtigung getrennter Zeiträume (Jahre) eine positive Marge zu verzeichnen gewesen sei. Die Kommission habe daher zu Unrecht festgestellt, dass im Jahr 2005 eine Margenbeschneidung vorgelegen habe. Außerdem habe sie gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit verstoßen.

251    Hierzu ist festzustellen, dass die Kommission nach der Methode der „getrennten Zeiträume“ (Jahr für Jahr) zu dem Schluss gelangt ist, dass die Klägerin am 12. August 2005 mit Verhaltensweisen der Margenbeschneidung begonnen habe. Die Analyse der einzelnen Jahre des relevanten Zeitraums habe ergeben, dass ein ebenso effizienter Wettbewerber durch Verwenden des entbündelten Zugangs zum Teilnehmeranschluss auf der Vorleistungsebene der Klägerin negative Margen verzeichnet hätte und dass er das Breitbandportfolio für Endkunden der Klägerin nicht wirtschaftlich hätte reproduzieren können (angefochtener Beschluss, 997. Erwägungsgrund). Die Tatsache, dass im Jahr 2005 für vier Monate eine positive Marge vorliege, widerspreche dieser Feststellung nicht, da ein Eintritt über vier Monate nicht als dauerhafter Eintritt betrachtet werden könne; die Anbieter prüften ihre Fähigkeit, eine angemessene Rendite zu erwirtschaften, über einen längeren, mehrere Jahre umfassenden Zeitraum (angefochtener Beschluss, 998. Erwägungsgrund). Dementsprechend hat die Kommission festgestellt, dass ein ebenso effizienter Wettbewerber wie die Klägerin das Endkundenportfolio der Klägerin im Zeitraum vom 12. August 2005 bis zum 31. Dezember 2010 nicht rentabel hätte reproduzieren können (angefochtener Beschluss, 1012. Erwägungsgrund).

252    Wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 228), ist bei der Beurteilung der Zulässigkeit der von einem beherrschenden Unternehmen angewandten Preispolitik grundsätzlich auf Preiskriterien abzustellen, die sich auf die dem beherrschenden Unternehmen entstandenen Kosten und seine Strategie stützen.

253    Insbesondere bei einer Preispolitik, die auf eine Margenbeschneidung hinausläuft, kann anhand dieser Prüfungskriterien festgestellt werden, ob das Unternehmen effizient genug gewesen wäre, um seine Endkundendienste anzubieten, ohne dabei Verluste hinnehmen zu müssen, wenn es vorher seine eigenen Vorleistungspreise für die Vorleistungen hätte zahlen müssen (siehe oben, Rn. 229 und die dort angeführte Rechtsprechung).

254    Ein solcher Ansatz ist umso mehr gerechtfertigt, als er außerdem mit dem allgemeinen Grundsatz der Rechtssicherheit im Einklang steht, da die Berücksichtigung der Kosten des beherrschenden Unternehmens es diesem erlaubt, im Hinblick auf seine besondere Verantwortung nach Art. 102 AEUV, die Rechtmäßigkeit seines eigenen Verhaltens zu beurteilen. Denn ein marktbeherrschendes Unternehmen kennt zwar seine eigenen Kosten und Entgelte, aber die seiner Wettbewerber in der Regel nicht. Außerdem beeinträchtigt ein Ausschlussmissbrauch auch die potenziellen Wettbewerber des beherrschenden Unternehmens, die die Aussicht auf mangelnde Rentabilität von einem Markteintritt abhalten könnte (siehe oben, Rn. 230 und die dort angeführte Rechtsprechung).

255    Demnach hat die Kommission beim Nachweis der Margenbeschneidung im 828. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu Recht auf das Kriterium des ebenso effizienten Wettbewerbers abgestellt, bei dem nachzuweisen ist, dass die nachgelagerte Geschäftstätigkeit des marktbeherrschenden Unternehmens auf der Grundlage der den Wettbewerbern dieses Unternehmens von der auf dem vorgelagerten Markt tätigen Sparte des marktbeherrschenden Unternehmens in Rechnung gestellten Preise nicht rentabel gewesen wäre.

256    Wie aus den Tabellen 32 bis 35 des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, hat die von der Kommission durchgeführte Analyse für die Zeit vom 12. August bis zum 31. Dezember 2005 bei allen Szenarien eine positive Marge ergeben, wie die Kommission im 998. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses selbst eingeräumt hat.

257    Für einen solchen Fall hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass, soweit das Unternehmen in beherrschender Stellung seine Preise in einer Höhe festlegt, die die Kosten für den Vertrieb der betreffenden Ware oder für die Erbringung der betreffenden Dienstleistung im Wesentlichen deckt, ein ebenso leistungsfähiger Wettbewerber wie dieses Unternehmen grundsätzlich die Möglichkeit hat, mit diesen Preisen zu konkurrieren, ohne Verluste zu erleiden, die langfristig untragbar wären (Urteil vom 27. März 2012, Post Danmark, C‑209/10, EU:C:2012:172, Rn. 38).

258    Demnach hatte ein ebenso effizienter Wettbewerber wie die Klägerin in der Zeit vom 12. August bis zum 31. Dezember 2005, sofern ihm ein entbündelter Zugang zu den Teilnehmeranschlüssen gewährt worden wäre, grundsätzlich die Möglichkeit, auf dem Endkundenbreitbandmarkt mit der Klägerin zu konkurrieren, ohne Verluste zu erleiden, die langfristig untragbar wären.

259    Zwar hat der Gerichtshof entschieden, dass die Kommission bei einer positiven Differenz im Rahmen der Prüfung der Ausschlusswirkungen einer Preispolitik durchaus nachweisen kann, dass diese Preispolitik den betroffenen Wirtschaftsteilnehmern die Ausübung ihrer Tätigkeiten auf dem betreffenden Markt, z. B. aufgrund einer geringeren Rentabilität, zumindest erschweren konnte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. Februar 2011, TeliaSonera Sverige, C‑52/09, EU:C:2011:83, Rn. 74). Diese Rechtsprechung lässt sich Art. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 zuordnen, wonach in allen Verfahren zur Anwendung von Art. 102 AEUV die Beweislast für eine Zuwiderhandlung gegen Art. 102 AEUV der Partei oder der Behörde obliegt, die diesen Vorwurf erhebt, hier also der Kommission.

260    Im vorliegenden Fall hat die Kommission im angefochtenen Beschluss aber nicht nachgewiesen, dass die Preispolitik der Klägerin in der Zeit vom 12. August bis zum 31. Dezember 2005 solche Ausschlusswirkungen gehabt hätte. Wegen der festgestellten positiven Margen war ein solcher Nachweis aber unbedingt erforderlich.

261    Mit der bloßen Behauptung, die Anbieter prüften ihre Fähigkeit, eine angemessene Rendite zu erwirtschaften, über einen längeren, mehrere Jahre umfassenden Zeitraum (angefochtener Beschluss, 998. Erwägungsgrund), ist dieser Nachweis nicht erbracht. Eine solche Vorgehensweise der Anbieter, einmal unterstellt, sie sei erwiesen, beruht nämlich auf einer Rentabilitätsprognose, die zwangsläufig unsicher ist. Im Übrigen sind die positiven Margen im vorliegenden Fall ganz am Anfang des relevanten Zeitpunkts aufgetreten, als noch keine negative Marge festgestellt werden konnte. Die Erwägung im 998. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genügt also nicht den oben in Rn. 230 dargestellten Anforderungen des Grundsatzes der Rechtssicherheit, nämlich, dass ein beherrschendes Unternehmen beurteilen können muss, ob sein Verhalten mit Art. 102 AEUV vereinbar ist.

262    Daran ändert auch die Feststellung negativer Margen nach der Methode der Berücksichtigung eines mehrjährigen Zeitraums nichts. Im vorliegenden Fall hat diese Methode nämlich nur mittels einer Verrechnung der positiven Margen des Jahres 2005 mit den negativen Margen der Jahre 2006 bis 2010 (angefochtener Beschluss, 1013. Erwägungsgrund) bzw. 2006 bis 2008 (angefochtener Beschluss, 1014. Erwägungsgrund) zur Feststellung negativer Margen geführt.

263    Die Kommission hat außerdem im 1026. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses auf der Grundlage von Dokumenten der Regulierungsabteilung der Klägerin von April 2005 zu einer Strategie für die Vorlage des Standardangebots für entbündelte Teilnehmeranschlüsse und für die Preise entbündelter Teilnehmeranschlüsse festgestellt, dass die Klägerin seit dem 12. August 2005 gewusst habe, dass die Preise für Zugänge auf Vorleistungsebene zu Teilnehmeranschlüssen bei alternativen Anbietern eine Margenbeschneidung verursachten.

264    Wegen der positiven Margen, die vom 12. August bis zum 31. Dezember 2005 zu verzeichnen waren, traf die Kommission hinsichtlich der Ausschlusswirkungen der der Klägerin in diesem Zeitraum zur Last gelegten Verhaltensweise der Margenbeschneidung aber eine besondere Nachweispflicht (vgl. die oben in Rn. 259 angeführte Rechtsprechung).

265    Mit der Behauptung der Kommission und den entsprechenden Belegen ist also nicht dargetan, dass die der Klägerin zur Last gelegte Verhaltensweise der Margenbeschneidung Ausschlusswirkung gehabt hätte, z. B., dass die Rentabilität geringer gewesen wäre, was für die betreffenden Anbieter die Ausübung ihrer Tätigkeit auf dem betreffenden Markt zumindest erschwert hätte.

266    In den Abschnitten 9 und 10 des angefochtenen Beschlusses, in denen es um die wettbewerbswidrigen Auswirkungen des Verhaltens der Klägerin geht, wird auf die Auswirkungen der Margenbeschneidung, die vom 12. August bis zum 31. Dezember 2005 vorgelegen haben soll, überhaupt nicht eingegangen.

267    Nach der gefestigten Rechtsprechung, nach der Zweifel, die dem Richter verbleiben, dem Unternehmen zugutekommen müssen, an das die eine Zuwiderhandlung feststellende Entscheidung gerichtet ist (Urteile vom 8. Juli 2004, JFE Engineering u. a./Kommission, T‑67/00, T‑68/00, T‑71/00 und T‑78/00, EU:T:2004:221, Rn. 177, und vom 12. Juli 2011, Hitachi u. a./Kommission, T‑112/07, EU:T:2011:342, Rn. 58), ist daher festzustellen, dass die Kommission nicht nachgewiesen hat, dass die Verhaltensweise der Klägerin, die zu einer Margenbeschneidung geführt hat, vor dem 1. Januar 2006 begonnen hätte. Der angefochtene Beschluss leidet insoweit unter einem Beurteilungsfehler. Daher braucht nicht geprüft zu werden, ob die Vorgehensweise der Kommission darüber hinaus gegen Art. 23 der Verordnung Nr. 1/2003 verstößt, wie die Klägerin geltend macht.

268    Folglich ist dem zweiten Teil des dritten Klagegrundes teilweise stattzugeben und ist Art. 1 Abs. 2 Nr. 4 des angefochtenen Beschlusses insoweit für nichtig zu erklären, als festgestellt wird, dass die Klägerin vom 12. August bis zum 31. Dezember 2005 unfaire Tarife angewandt habe, die es einem ebenso effizienten Wettbewerber, der auf der Vorleistungsebene auf den entbündelten Zugang zu den Teilnehmeranschlüssen der Klägerin angewiesen sei, unmöglich machten, ebenso umfassende Breitbanddienste für Endkunden wie die Klägerin aufzubauen, ohne Verluste zu verzeichnen.

[nicht wiedergegeben]

5.      Zum fünften Rechtsmittelgrund (hilfsweise geltend gemacht): Fehler bei der Festsetzung der Geldbuße

427    Die Klägerin rügt mit dem fünften Rechtsmittelgrund, den sie hilfsweise geltend macht, Fehler, die der Kommission bei der Festsetzung der gegen sie verhängten Geldbuße unterlaufen sein sollen. Der Klagegrund gliedert sich in zwei Teile. Beanstandet wird, dass die Kommission bei der Festsetzung der Geldbuße den Umsatz des Jahres 2010 zugrunde gelegt habe (erster Teil). Außerdem ist die Klägerin mit der Festsetzung des Beginns des Zeitraums der Zuwiderhandlung nicht einverstanden (zweiter Teil). Der Kommission seien insoweit offensichtliche Beurteilungsfehler unterlaufen.

b)      Zum ersten Teil des dritten Klagegrundes: offensichtlicher Beurteilungsfehler bei der Festsetzung der Geldbuße durch Zugrundelegung des Umsatzes, den die Klägerin im Jahr 2010 erzielt hat

428    Die Klägerin meint, die Kommission sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass bei der Festsetzung des Grundbetrags der Geldbuße gemäß Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 der Umsatz im letzten vollständigen Geschäftsjahr zugrunde zu legen sei, d. h. der Umsatz, den die Klägerin im Jahr 2010 auf dem Markt der entbündelten Teilnehmeranschlüsse und des Breitbandfestnetzes erzielt habe. Ihr sei insoweit ein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen.

429    Die Kommission sei damit von ihrer eigenen Entscheidungspraxis abgewichen. Die Klägerin verweist insoweit auf den Beschluss C(2011) 4378 endg. vom 22. Juni 2011 (Sache COMP/39.525 – Telekomunikacja Polska) (im Folgenden: Beschluss Telekomunikacja Polska). In Rn. 896 dieses Beschlusses habe die Kommission festgestellt, dass auf den durchschnittlichen Jahresumsatz abzustellen sei, da die Umsätze auf dem betreffenden Markt im relevanten Zeitraum stark gestiegen seien, was insbesondere für die Umsätze auf der Vorleistungsebene gegolten habe, und weil sich der Markt noch im Stadium der Entwicklung befunden habe, also höhere Wachstumsraten zu verzeichnen gehabt habe als ein normaler Markt zum Zeitpunkt der Zuwiderhandlung. Diese Erwägungen gälten auch für den vorliegenden Fall. Die Kommission habe im angefochtenen Beschluss eingeräumt, dass ihr Umsatz im Zeitraum von 2005 bis 2010 um 133 % gewachsen sei. Bei der Festsetzung des Grundbetrags der Geldbuße hätte daher der durchschnittliche Umsatz der fünf Jahre der von der Kommission festgestellten Zuwiderhandlung zugrunde gelegt werden müssen.

430    Indem sie im vorliegenden Fall auf den Umsatz des letzten Jahres abgestellt habe, habe die Kommission strengere Maßstäbe angelegt als im Beschluss Telekomunikacja Polska. Die Kommission verfüge bei der Bemessung der Geldbußen zwar über ein Ermessen. Sie dürfe aber nicht willkürlich oder widersprüchlich handeln.

431    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. Sie wird dabei von der Streithelferin unterstützt.

432    Zunächst ist festzustellen, dass bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße nach Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 sowohl die Schwere der Zuwiderhandlung als auch deren Dauer zu berücksichtigen ist.

433    Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 bestimmt: „Zur Festsetzung des Grundbetrags der Geldbuße verwendet die Kommission den Wert der von dem betreffenden Unternehmen im relevanten räumlichen Markt innerhalb des EWR verkauften Waren oder Dienstleistungen, die mit dem Verstoß in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang stehen. Im Regelfall ist der Umsatz im letzten vollständigen Geschäftsjahr zugrunde zu legen, in dem das Unternehmen an der Zuwiderhandlung beteiligt war.“

434    Zudem geht aus der Rechtsprechung hervor, dass der Teil des Umsatzes, der mit den Waren oder Dienstleistungen erzielt wurde, auf die sich die Zuwiderhandlung bezog, einen zutreffenden Anhaltspunkt für das Ausmaß der Zuwiderhandlung auf dem betreffenden Markt liefert und somit ein objektives Kriterium ist, das zutreffend angibt, wie schädlich sich die Zuwiderhandlung auf den normalen Wettbewerb auswirkt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. Juni 2016, Portugal Telecom/Kommission, T‑208/13, EU:T:2016:368, Rn. 236 und die dort angeführte Rechtsprechung).

435    Entsprechend zielt Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 bei einer Zuwiderhandlung gegen Art. 102 AEUV darauf ab, bei der Berechnung der gegen das betreffende Unternehmen verhängten Geldbuße einen Betrag als Ausgangspunkt festzulegen, der die wirtschaftliche Bedeutung der Zuwiderhandlung angemessen wiedergibt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 11. Juli 2013, Team Relocations u. a./Kommission, C‑444/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:464, Rn. 76, vom 12. November 2014, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission, C‑580/12 P, EU:C:2014:2363, Rn. 57, und vom 23. April 2015, LG Display und LG Display Taiwan/Kommission, C‑227/14 P, EU:C:2015:258, Rn. 53).

436    Dass die Kommission ihr Ermessen durch den Erlass der Leitlinien von 2006 selbst beschränkt hat, bedeutet nicht, dass ihr kein wesentliches Ermessen mehr verbliebe. Die Leitlinien von 2006 enthalten nämlich verschiedene Spielräume, die es der Kommission ermöglichen, ihr Ermessen im Einklang mit den Vorschriften der Verordnung Nr. 1/2003, wie sie von den Unionsgerichten ausgelegt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Juli 2013, Team Relocations u. a./Kommission, C‑444/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:464, Rn. 96 und die dort angeführte Rechtsprechung), und mit anderen Vorschriften und Grundsätzen des Unionsrechts auszuüben. In Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 heißt es selbst, dass bei der Festsetzung des Grundbetrags der Geldbuße „im Regelfall“ der Umsatz im letzten vollständigen Geschäftsjahr zugrunde zu legen ist, in dem das Unternehmen an der Zuwiderhandlung beteiligt war (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 9. September 2015, Samsung SDI u. a./Kommission, T‑84/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:611).

437    Im vorliegenden Fall geht aus den Erwägungsgründen 1490 bis 1495 des angefochtenen Beschlusses hervor, dass die Kommission bei der Festsetzung des Grundbetrags der gesamtschuldnerisch gegen die Klägerin und Deutsche Telekom verhängten Geldbuße den Umsatz zugrunde gelegt hat, den die Klägerin im letzten vollständigen Geschäftsjahr, in dem sie an der Zuwiderhandlung beteiligt war (2010), auf dem Markt des Zugangs zu den entbündelten Teilnehmeranschlüssen und der Endkunden an einem festen Standort angebotenen Breitbanddienste erzielt hat. Die Kommission hat also Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 angewandt.

438    Das Vorbringen der Klägerin, der Kommission sei dadurch, dass sie im vorliegenden Fall trotz eines starken Anstiegs des Umsatzes der Klägerin im relevanten Zeitraum nicht von dieser Regel abgewichen sei, ein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen, ist nicht stichhaltig.

439    Die Klägerin macht geltend, in den Jahren 2005 bis 2010 sei ihr Umsatz um 133 %, nämlich von 31 184 949 Euro auf 72 868 176 Euro, gestiegen. Die Klägerin hat aber nicht dargetan, dass dieser Umsatz von 72 868 176 Euro, den sie im letzten vollständigen Geschäftsjahr, in dem sie an der Zuwiderhandlung beteiligt war, erzielt hat, zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses keinen Anhaltspunkt für ihre reale Größe, ihre Wirtschaftskraft auf dem Markt und das Ausmaß der Zuwiderhandlung geliefert hätte.

440    Die Klägerin wirft der Kommission zu Unrecht vor, von dem Beschluss Telekomunikacja Polska und damit von ihrer bisherigen Praxis abgewichen zu sein und andere Maßstäbe angelegt zu haben als in Ziff. 13 der Leitlinien von 2006.

441    Nach ständiger Rechtsprechung bildet die frühere Entscheidungspraxis der Kommission nicht den rechtlichen Rahmen für Geldbußen in Wettbewerbssachen und haben Entscheidungen in anderen Fällen, da es wenig wahrscheinlich ist, dass deren Umstände, etwa die betroffenen Märkte, Produkte, Unternehmen und Zeiträume, die gleichen sind, in Bezug auf das mögliche Vorliegen eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung lediglich Hinweischarakter (vgl. Urteil vom 24. September 2009, Erste Group Bank u. a./Kommission, C‑125/07 P, C‑133/07 P und C‑137/07 P, EU:C:2009:576, Rn. 233 sowie die dort angeführte Rechtsprechung; Urteile vom 16. Juni 2011, Heineken Nederland und Heineken/Kommission, T‑240/07, EU:T:2011:284, Rn. 347, und vom 27. Februar 2014, InnoLux/Kommission, T‑91/11, EU:T:2014:92, Rn. 144).

442    Frühere Entscheidungen der Kommission über Geldbußen können im Hinblick auf die Einhaltung des Grundsatzes der Gleichbehandlung nur relevant sein, wenn dargetan wird, dass die diesen Entscheidungen zugrunde liegenden tatsächlichen Gegebenheiten wie die Märkte, die Erzeugnisse, die Länder, die Unternehmen und die betroffenen Zeiträume die gleichen sind wie in dem zu entscheidenden Fall (vgl. Urteile vom 13. September 2010, Trioplast Industrier/Kommission, T‑40/06, EU:T:2010:388, Rn. 145 und die dort angeführte Rechtsprechung, vom 29. Juni 2012, E.ON Ruhrgas und E.ON/Kommission, T‑360/09, EU:T:2012:332, Rn. 262 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 9. September 2015, Philips/Kommission, T‑92/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:605, Rn. 204 und die dort angeführte Rechtsprechung).

443    Die Klägerin hat aber nicht dargetan, dass die Umstände des vorliegenden Falles mit denen der Sache, in der der Beschluss Telekomunikacja Polska ergangen sei, vergleichbar wären. Die Kommission hat in ihren Schriftsätzen erläutert, dass sie in der Sache Telekomunikacja Polska auf den durchschnittlichen Umsatz der Jahre 2005 bis 2009 abgestellt habe, weil der relevante Umsatz im relevanten Zeitraum exponentiell gewachsen sei: 2006 bis 2007 um 2 800 %, 2007 bis 2008 um 370 % und 2008 bis 2009 um 160 %. Diese Zahlen, die von der Klägerin nicht bestritten werden, zeigen, dass sich der Umsatz in der Sache Telekomunikacja Polska mit einer viel höheren Wachstumsrate und weniger stetig entwickelte als im vorliegenden Fall.

444    Somit ist festzustellen, dass die Kommission dadurch, dass sie den Umsatz zugrunde gelegt hat, den die Klägerin in dem Jahr, das am 31. Dezember 2010 geendet hat, d. h. im letzten vollständigen Geschäftsjahr, in dem sie an der Zuwiderhandlung beteiligt war, erzielt hat, und sich damit an die von ihr selbst in Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 aufgestellte Regel gehalten hat, die Grenzen des Ermessens, über das sie bei der Festsetzung von Geldbußen verfügt, nicht überschritten hat.

445    Folglich ist der erste Teil des fünften Klagegrundes als unbegründet zurückzuweisen.

c)      Zum zweiten Teil des fünften Klagegrundes: offensichtlicher Beurteilungsfehler bei der Festsetzung des Beginns des Zeitraums der Zuwiderhandlung

446    Mit dem zweiten Teil des fünften Klagegrundes macht die Klägerin geltend, der angefochtene Beschluss leide insoweit an einem offensichtlichen Beurteilungsfehler, als darin festgestellt werde, dass die Zuwiderhandlung am 12. August 2005, dem Tag der Veröffentlichung des Standardangebots, begonnen habe. Das Standardangebot sei ein Rahmenvertrag. Es sei offen und könne insbesondere im Laufe der Verhandlungen mit Dritten oder nach Ratschlägen der nationalen Regulierungsbehörden Änderungen erfahren.

447    Es sei ihr erstes Standardangebot gewesen. Deshalb seien Klarstellungen und Änderungen aufgrund von Verhandlungen besonders wichtig gewesen.

448    Außerdem setze sich die Kommission mit ihrer Auffassung, dass die Zuwiderhandlung mit der Veröffentlichung des Standardangebots begonnen habe, in Widerspruch zu ihrer eigenen Entscheidungspraxis. So habe die Kommission etwa in der Entscheidung C(2004) 1958 final vom 2. Juni 2004 (Sache COMP/38.096 – Clearstream) (im Folgenden: Entscheidung Clearstream) festgestellt, dass Clearstream seine beherrschende Stellung missbraucht habe, indem es sich insgeheim geweigert habe, für Euroclear primäre Clearing- und Abrechnungsleistungen für Namensaktien zu erbringen. Die Kommission habe jedoch eingeräumt, dass den Vertragsparteien etwas Zeit zugestanden werden müsse, um die Vertragsmodalitäten auszuhandeln (Entscheidung Clearstream, Rn. 341). Auch in dem Beschluss Telekomunikacja Polska habe die Kommission nicht auf den Zeitpunkt der Veröffentlichung des Standardangebots abgestellt, sondern auf den Beginn der ersten Verhandlungen mit den anderen Anbietern.

449    Eine Zuwiderhandlung wegen einer Lieferverweigerung könne erst bestehen, wenn die Verhandlungen über den Zugang wegen der unangemessenen Bedingungen des Netzbetreibers gescheitert seien. Die Kommission müsse nachweisen, wann die Verhandlungen wegen von ihr gestellter unangemessener Bedingungen gescheitert seien. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass die Verhandlungen über den Zugang wegen der Komplexität der Materie naturgemäß lang und schwierig seien.

450    Die Klägerin macht hilfsweise geltend, dass die zur Last gelegte Zugangsverweigerung entweder nach Ablauf einer im Hinblick auf die erforderlichen Vorbereitungen der Vertragsparteien (Entscheidung Clearstream, Rn. 341) angemessenen Frist für die Gewährung des beantragten Zugangs oder mit dem Beginn der ersten Verhandlungen mit den anderen Anbietern begonnen habe (Beschluss Telekomunikacja Polska, Rn. 909).

451    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. Sie wird dabei von der Streithelferin unterstützt.

452    Im vorliegenden Fall ist unstreitig, dass der Vorsitzende der TUSR die Klägerin mit Bescheid vom 14. Juni 2005 dazu verpflichtete, zu fairen und angemessenen Bedingungen entbündelten Zugang zu ihren Teilnehmeranschlüssen zu gewähren, und dass die Klägerin daraufhin am 12. August 2005 ein Standardangebot für den entbündelten Zugang zu ihren Teilnehmeranschlüssen veröffentlichte (siehe oben, Rn. 9 und 10).

453    Die Klägerin wendet sich auch nicht gegen die Beschreibung des Inhalts des Standardangebots in Abschnitt 7.6 („Die unfairen Bedingungen von ST“) des angefochtenen Beschlusses. Auf der Grundlage dieser Beschreibung ist die Kommission zu dem Schluss gelangt, dass die Bedingungen des Standardangebots so festgelegt worden seien, dass der entbündelte Zugang zu den Teilnehmeranschlüssen für alternative Anbieter nicht akzeptabel geworden sei (angefochtener Beschluss, 820. Erwägungsgrund).

454    Aus Abschnitt 7.6 des angefochtenen Beschlusses geht aber hervor, dass sich die missbräuchlichen Verhaltensweisen, die von der Kommission dort als „Lieferverweigerung“ eingestuft worden sind, im Wesentlichen aus dem Standardangebot selbst ergeben.

455    Was erstens das Vorenthalten von für die Entbündelung von Teilnehmeranschlüssen notwendigen Informationen über das Netz der Klägerin gegenüber alternativen Anbietern angeht, hat die Kommission angenommen, dass das Standardangebot keine Grundinformationen über die physischen Zugangspunkte und die Verfügbarkeit von Teilnehmeranschlüssen in bestimmten Teilen des Zugangsnetzes enthalte (angefochtener Beschluss, 439. Erwägungsgrund). Die Kommission hat in den Erwägungsgründen 443 bis 528 des angefochtenen Beschlusses zwar die Netzinformationen geprüft, die die Klägerin einem alternativen Anbieter auf seinen Entbündelungsantrag hin geliefert hat. Aus diesem Teil des angefochtenen Beschlusses geht aber auch hervor, dass sich die Modalitäten des Zugangs zu solchen Informationen, die die Kommission für unfair und damit abschreckend für alternative Bieter gehalten hat, aus dem Standardangebot selbst ergeben. Die Kommission hat insbesondere beanstandet, dass das Standardangebot nicht den genauen Umfang der Netzinformationen, die den alternativen Anbietern geliefert würden, bestimmt habe, indem es die Kategorien der zu liefernden Netzinformationen spezifiziert habe (angefochtener Beschluss, 507. Erwägungsgrund), dass das Standardangebot die Offenlegung von Informationen aus nicht öffentlichen Informationssystemen erst nach Abschluss des Rahmenvertrags über den Zugang zu Teilnehmeranschlüssen vorsehe (angefochtener Beschluss, 510. Erwägungsgrund) und dass das Standardangebot die Offenlegung der Informationen über das Netz der Klägerin davon abhängig mache, dass der alternative Anbieter hohe Gebühren entrichte (angefochtener Beschluss, Erwägungsgründe 519 und 527).

456    Was zweitens die Verringerung der gesetzlichen Verpflichtungen in Bezug auf die entbündelten Teilnehmeranschlüsse durch die Klägerin angeht, ist festzustellen, dass sich die von der Kommission beanstandete Beschränkung der gesetzlichen Verpflichtungen auf aktive Leitungen (siehe oben, Rn. 32) aus Abschnitt 5.2 der Einleitung des Standardangebots der Klägerin ergibt (angefochtener Beschluss, Erwägungsgründe 535 und 536). Die Kommission hat aus den Bestimmungen des Anhangs 3 des Standardangebots abgeleitet, dass die Klägerin konfliktverursachende Dienste von ihrer Entbündelungsverpflichtung ausgenommen habe (siehe oben, Rn. 33) (angefochtener Beschluss, Erwägungsgründe 570, 572, 577, 578 und 584). Und die von der Klägerin für den entbündelten Zugang zu den Teilnehmeranschlüssen auferlegte einschränkende 25%-Regel für Kabeldienste, die die Kommission für ungerechtfertigt gehalten hat (siehe oben, Rn. 34), ergibt sich aus Anhang 8 des Standardangebots (angefochtener Beschluss, 606. Erwägungsgrund).

457    Was drittens die Festsetzung unfairer Bedingungen im Standardangebot für entbündelte Teilnehmeranschlüsse der Klägerin im Hinblick auf Kollokation, Prognosen, Reparaturen, Dienstleistungen und Wartungsarbeiten sowie Bankbürgschaften angeht, ist festzustellen, dass sich diese Bedingungen allesamt aus dem von der Klägerin am 12. August 2005 veröffentlichten Standardangebot ergeben, wie in Abschnitt 7.6.4 des angefochtenen Beschlusses dargelegt wird. Danach waren die von der Kommission beanstandeten Klauseln zur Kollokation in den Anhängen 4, 5, 14 und 15 des Standardangebots (angefochtener Beschluss, Erwägungsgründe 653, 655 und 683), zur Verpflichtung der alternativen Anbieter zur Vorlage von Prognosen in den Anhängen 12 und 14 des Standardangebots (angefochtener Beschluss, Erwägungsgründe 719 und 726 bis 728), zum Verfahren der Prüfung der Eignung der Teilnehmeranschlüsse in Anhang 5 des Standardangebots (angefochtener Beschluss, Erwägungsgründe 740, 743, 767, 768 und 774), zu den Bedingungen bezüglich Reparaturen, Dienstleistungen und Wartungsarbeiten in Anhang 11 des Standardangebots (angefochtener Beschluss, Erwägungsgründe 780, 781, 787, 790 und 796) und zu der vom den entbündelten Zugang begehrenden alternativen Anbieter verlangten Bankbürgschaft in den Anhängen 5 und 17 des Standardangebots (angefochtener Beschluss, Erwägungsgründe 800, 802 bis 807, 815 und 816) enthalten.

458    Selbst unterstellt, bestimmte dieser Zugangsmodalitäten hätten im Rahmen von bilateralen Verhandlungen zwischen der Klägerin und den Zugang begehrenden Anbietern aufgeweicht werden können, was die Klägerin lediglich behauptet hat, ohne dies zu belegen, würde dies die Feststellung der Kommission, dass das am 12. August 2005 veröffentlichte Standardangebot wegen der unfairen Bedingungen, die es enthalten habe, geeignet gewesen sei, ab diesem Zeitpunkt alternative Anbieter von der Einreichung von Zugangsanträgen abzuschrecken, nicht entkräften.

459    Die Feststellung der Kommission, dass die Klägerin durch die in ihrem am 12. August 2005 veröffentlichten Standardangebot festgelegten Zugangsmodalitäten den Eintritt alternativer Anbieter in den Endkundenmarkt („Massenmarkt“) für Breitbanddienste an einem festen Standort in der Slowakei trotz der entsprechenden Verpflichtung gemäß dem Bescheid der TUSR beeinträchtigt habe und dass dieses Verhalten daher geeignet gewesen sei, ab diesem Zeitpunkt solche negativen Auswirkungen auf den Wettbewerb zu haben (angefochtener Beschluss, insbesondere Erwägungsgründe 1048, 1050, 1109, 1184 und 1520), ist daher nicht zu beanstanden.

460    Dieses Ergebnis wird durch die Behauptung der Klägerin, die Kommission sei von ihrer Entscheidungspraxis, nämlich ihrer Vorgehensweise in der Entscheidung Clearstream und in dem Beschluss Telekomunikacja Polska abgewichen, nicht entkräftet. Die genannten Entscheidungen sind in einem Kontext ergangen, der sich von dem des vorliegenden Falles unterscheidet. Mit ihnen kann also nicht dargetan werden, dass die Kommission mit dem angefochtenen Beschluss von ihrer bisherigen Entscheidungspraxis abgewichen wäre.

461    Im Gegensatz zum angefochtenen Beschluss ist die Entscheidung Clearstream in einem Kontext ergangen, der dadurch gekennzeichnet war, dass das Unternehmen, dem die betreffende Infrastruktur gehörte, gesetzlich überhaupt nicht verpflichtet war, anderen Unternehmen Zugang zu seiner Infrastruktur zu gewähren, und auch nicht verpflichtet war, ein Standardangebot mit den Bedingungen für den Zugang zu der Infrastruktur zu veröffentlichen.

462    Die vier Monate, die das Gericht als angemessene Wartezeit für die Erbringung der primären Clearing- und Abrechnungsleistungen angesehen hat, wurden bestimmt, indem Beispiele verglichen wurden, in denen Clearstream Zugang zu seinem System Cascade RS gewährte. Es gab nämlich mehrere Präzedenzfälle, in denen Clearstream Zugang gewährt hatte, aus denen die Kommission und später dann das Gericht schließen konnten, dass für die Gewährung des Zugangs zu einem solchen System eine Wartezeit von vier Monaten angemessen sei (Urteil vom 9. September 2009, Clearstream/Kommission, T‑301/04, EU:T:2009:317, Rn. 151). Im vorliegenden Fall gab es keinen Präzedenzfall, der als Richtschnur hätte dienen können. Die Klägerin hatte lediglich einem anderen Anbieter Zugang zu ihren Teilnehmeranschlüssen gewährt, nämlich am 18. Dezember 2009. Die Kommission konnte daher keine „angemessene Wartezeit“ festlegen. Der Sachverhalt des vorliegenden Falls ist also in keiner Weise mit dem der Rechtssache vergleichbar, in der das Urteil vom 9. September 2009, Clearstream/Kommission (T‑301/04, EU:T:2009:317), ergangen ist.

463    In dem Beschluss Telekomunikacja Polska hatte die Kommission festgestellt, dass der betreffende etablierte Anbieter seine marktbeherrschende Stellung auf den polnischen Märkten für Vorleistungen für den Breitbandzugang und für den entbündelten Zugang zu seinen Teilnehmeranschlüssen dadurch missbraucht habe, dass er, weil er seine Stellung auf dem Endkundenmarkt habe behaupten wollen, nicht bereit gewesen sei, Zugang zu seinem Netz zu gewähren und Produkte auf der Vorleistungsebene dieser Märkte bereitzustellen. Außerdem war der Kontext des Beschlusses Telekomunikacja Polska dadurch gekennzeichnet, dass eine gesetzliche Verpflichtung bestand, die der der Klägerin in der vorliegenden Rechtssache entsprach, und dass der betreffende polnische Telekommunikationsanbieter ein Standardangebot für den entbündelten Zugang zu seinen Teilnehmeranschlüssen veröffentlichen musste. Bei näherer Betrachtung des Beschlusses Telekomunikacja Polska ist jedoch festzustellen, dass zwischen dem Ansatz dieses Beschlusses und dem des angefochtenen Beschlusses gar kein Widerspruch besteht. In dem Beschluss Telekomunikacja Polska hat die Kommission festgestellt, dass sich die wettbewerbswidrige Strategie des beherrschenden Anbieters im Wesentlichen erst bei den Verhandlungen mit den alternativen Anbietern, die entbündelten Zugang zu den Teilnehmeranschlüssen und Zugang zu den Vorleistungen für den Breitbandzugang begehrt hätten, konkretisiert habe. Die unangemessenen Bedingungen für den Zugang ergaben sich danach aus den Zugangsverträgen, die der betreffende Anbieter bei Verhandlungen mit alternativen Anbietern anbot. Außerdem ist davon auszugehen, dass die Verzögerung des Verhandlungsprozesses nicht bereits ab Veröffentlichung des ersten Standardangebots des beherrschenden Anbieters festgestellt werden konnte. Die Beschränkung des Zugangs zum Netz durch den beherrschenden Anbieter hat sich erst nach Abschluss der mit den alternativen Anbietern geschlossenen Verträge über den Zugang auf Vorleistungsebene entwickelt. Die Beschränkung des tatsächlichen Zugangs zu den Teilnehmeranschlüssen erfolgte, nachdem der betreffende alternative Anbieter Zugang zu einem Kollokationsraum oder die Genehmigung zur Installation eines Verbindungskabels erhalten hatte. Die Probleme des Zugangs zu zuverlässigen und genauen allgemeinen Informationen, auf die die alternativen Teilnehmer angewiesen waren, um Entscheidungen im Bereich des Zugangs zu treffen, traten in jeder Stufe des Prozesses des Zugangs zum Netz des beherrschenden Anbieters auf. Die Verhaltensweisen des beherrschenden Anbieters in der Sache Telekomunikacja Polska unterschieden sich demnach von den Verhaltensweisen, die von der Kommission im angefochtenen Beschluss als „Lieferverweigerung“ eingestuft worden sind und die sich im Wesentlichen aus dem Standardangebot für den entbündelten Zugang zu den Teilnehmeranschlüssen der Klägerin selbst ergaben (siehe oben, Rn. 455 bis 459). Aufgrund dieser Unterschiede war es gerechtfertigt, dass die Kommission im vorliegenden Fall anders als im Beschluss Telekomunikacja Polska, in dem als Beginn der Zuwiderhandlung gegen Art. 102 AEUV der mehrere Monate nach der Veröffentlichung des ersten Standardangebots liegende Zeitpunkt des Beginns der zwischen dem beherrschenden Anbieter und einem alternativen Anbieter geführten Verhandlungen über den Zugang angesehen wurde (angefochtener Beschluss, 909. Erwägungsgrund und Fn. 1259), als Zeitpunkt des Beginns der konstruktiven Verweigerung des Zugangs zu den Teilnehmeranschlüssen den 12. August 2005 angesehen hat, den Tag, an dem das Standardangebot veröffentlicht wurde.

464    Aus denselben Gründen ist das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen, eine Zuwiderhandlung in Form einer Lieferverweigerung könne nur festgestellt werden, nachdem die Verhandlungen wegen der unangemessenen Bedingungen des Netzbetreibers gescheitert seien. Außerdem ist nicht gesagt, dass durch Verhandlungen hätte erreicht werden können, dass die unfairen Klauseln und Bedingungen im Standardangebot gestrichen worden wären.

465    Zu dem Vorbringen der Klägerin, die Kommission trage die Beweislast für den Zeitpunkt des Scheiterns der Verhandlungen wegen von ihr gestellter unangemessener Bedingungen, ist festzustellen, dass dieser Zeitpunkt aus den oben in den Rn. 461 bis 464 genannten Gründen für die Festsetzung des Beginns der Zuwiderhandlung nicht maßgeblich ist. Außerdem weist die Streithelferin zu Recht darauf hin, dass sich der genaue Zeitpunkt des Scheiterns der Verhandlungen objektiv nicht bestimmen lässt. Daher ist die Kommission nicht verpflichtet, einen solchen Nachweis zu erbringen.

466    Soweit die Klägerin hilfsweise geltend macht, die zur Last gelegte Zugangsverweigerung könne erst nach Ablauf einer unter Berücksichtigung der erforderlichen Vorbereitungen der Vertragsparteien (Entscheidung Clearstream, Rn. 341) angemessenen normalen Wartezeit für die Gewährung des beantragten Zugangs beginnen, ist festzustellen, dass eine solche angemessene Wartezeit im vorliegenden Fall aus den oben in den Rn. 460 bis 462 genannten Gründen nicht existiert. Dieses Vorbringen ist mithin zurückzuweisen. Soweit die Klägerin weiter hilfsweise geltend macht, dass die Zuwiderhandlung mit dem Beginn der ersten Verhandlungen mit den anderen Anbietern beginne (Beschluss Telekomunikacja Polska, Rn. 909), ist festzustellen, dass die Verhandlungen, wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 463 und 465), im vorliegenden Fall für die Festsetzung des Beginns der Zuwiderhandlung nicht maßgeblich waren. Daher ist auch dieses Vorbringen zurückzuweisen.

467    Folglich ist der zweite Teil des fünften Klagegrundes, mit dem geltend gemacht wird, die Kommission habe zu Unrecht angenommen, dass die konstruktive Verweigerung des Zugangs zu den Teilnehmeranschlüssen am 12. August 2005 begonnen habe, als unbegründet zurückzuweisen.

468    Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin nicht beanstandet, dass die in Art. 1 Abs. 2 des angefochtenen Beschlusses angeführten Verhaltensweisen – Zurückhaltung netzrelevanter Informationen, die für die Entbündelung der Teilnehmeranschlüsse erforderlich sind, gegenüber alternativen Anbietern (1), Verringerung des Umfangs ihrer Verpflichtungen in Bezug auf die entbündelten Teilnehmeranschlüsse (2), Festsetzung unfairer Bedingungen in ihrem Standardangebot für entbündelte Teilnehmeranschlüsse in Bezug auf Kollokation, Eignungsprüfung, Vorlage von Prognosen, Reparaturen und Bankbürgschaften (3), Anwendung unfairer Tarife, die es einem ebenso effizienten Wettbewerber, der auf der Vorleistungsebene auf den entbündelten Zugang zu den Teilnehmeranschlüssen der Klägerin angewiesen ist, unmöglich machen, ebenso umfassende Breitbanddienste für Endkunden wie die Klägerin aufzubauen, ohne Verluste zu verzeichnen (4) – insgesamt als einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung eingestuft worden sind.

469    Da der zweite Teil des fünften Klagegrundes, mit dem geltend gemacht wird, dass die Kommission zu Unrecht angenommen habe, dass die konstruktive Verweigerung des Zugangs zu den Teilnehmeranschlüssen am 12. August 2005 begonnen habe, zurückgewiesen worden ist (siehe oben, Rn. 467), ist die Feststellung der Kommission, dass die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung, die Gegenstand des angefochtenen Beschlusses ist, am 12. August 2005 begonnen habe, nicht zu beanstanden.

470    Damit ist der fünfte Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

471    Somit ist Art. 1 Abs. 2 Nr. 4 des angefochtenen Beschlusses insoweit für nichtig zu erklären, als festgestellt wird, dass die Klägerin vom 12. August bis zum 31. Dezember 2005 unfaire Tarife angewandt habe, die es einem ebenso effizienten Wettbewerber, der auf der Vorleistungsebene auf den entbündelten Zugang zu den Teilnehmeranschlüssen der Klägerin angewiesen sei, unmöglich machten, ebenso umfassende Breitbanddienste für Endkunden wie die Klägerin aufzubauen, ohne Verluste zu verzeichnen (siehe oben, Rn. 268). Entsprechend ist auch Art. 2 des angefochtenen Beschlusses für nichtig zu erklären, soweit er die Klägerin betrifft. Im Übrigen sind die Anträge auf Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses zurückzuweisen.

IV.    Zum Hilfsantrag auf Abänderung des Betrags der Geldbuße

472    Die Klägerin beantragt hilfsweise, die mit dem angefochtenen Beschluss gegen sie verhängten Geldbußen herabzusetzen.

473    Nach ständiger Rechtsprechung bedeutet die in Art. 263 AEUV vorgesehene Rechtmäßigkeitskontrolle, dass der Unionsrichter sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht eine Kontrolle der beanstandeten Entscheidung im Hinblick auf die vom Kläger vorgebrachten Argumente vornimmt und befugt ist, die Beweise zu würdigen, die genannte Entscheidung für nichtig zu erklären und die Höhe der Geldbußen zu ändern (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 3. September 2009, Prym und Prym Consumer/Kommission, C‑534/07 P, EU:C:2009:505, Rn. 86 und die dort angeführte Rechtsprechung, vom 26. Januar 2017, Duravit u. a./Kommission, C‑609/13 P, EU:C:2017:46, Rn. 30 die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 27. März 2014, Saint-Gobain Glass France u. a./Kommission, T‑56/09 und T‑73/09, EU:T:2014:160, Rn. 461 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

474    Die Rechtmäßigkeitskontrolle wird ergänzt durch die dem Unionsrichter in Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003 im Einklang mit Art. 261 AEUV eingeräumte Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung. Diese Befugnis ermächtigt den Richter über die reine Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Sanktion hinaus dazu, die Beurteilung der Kommission durch seine eigene zu ersetzen und demgemäß die verhängte Geldbuße oder das verhängte Zwangsgeld aufzuheben, herabzusetzen oder zu erhöhen (Urteile vom 8. Dezember 2011, Chalkor/Kommission, C‑386/10 P, EU:C:2011:815, Rn. 63, und vom 8. Dezember 2011, KME Germany u. a./Kommission, C‑389/10 P, EU:C:2011:816, Rn. 130; vgl. auch Urteil vom 26. Januar 2017, Duravit u. a./Kommission, C‑609/13 P, EU:C:2017:46, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung).

475    Die Ausübung der Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung entspricht nicht einer Prüfung von Amts wegen. Das Verfahren vor den Gerichten der Union ist ein streitiges Verfahren. Mit Ausnahme der Gründe zwingenden Rechts, die der Richter von Amts wegen zu berücksichtigen hat, ist es deshalb grundsätzlich Sache des Klägers, gegen die angefochtene Entscheidung Klagegründe vorzubringen und für diese Beweise beizubringen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. Juli 2014, Telefónica und Telefónica de España/Kommission, C‑295/12 P, EU:C:2014:2062, Rn. 213 und die dort angeführte Rechtsprechung).

476    Ob die Höhe der Geldbußen, die die Kommission mit dem angefochtenen Beschluss verhängt hat, zu ändern ist, ist nach Maßgabe dieser Grundsätze zu prüfen.

477    Die Kommission hat nicht nachgewiesen, dass die Verhaltensweise der Klägerin, die zu einer Margenbeschneidung geführt hat, vor dem 1. Januar 2006 begonnen hätte, so dass Art. 1 Abs. 2 Nr. 4 des angefochtenen Beschlusses insoweit für nichtig zu erklären ist, als er die Klägerin betrifft und in die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung eine Margenbeschneidung einbezieht, die vom 12. August bis zum 31. Dezember 2005 begangen worden sein soll (siehe oben, Rn. 267, 268 und 471).

478    Was die Auswirkungen dieses Fehlers auf den Grundbetrag der Geldbuße angeht, für die die Klägerin gesamtschuldnerisch haftet, hält das Gericht es in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung für angemessen, den von der Kommission festgestellten Anteil an den relevanten Umsätzen der Klägerin von 10 % auf 9,8 % herabzusetzen. Da die Klägerin im letzten vollständigen Geschäftsjahr, in dem sie an der Zuwiderhandlung beteiligt war, einen relevanten Umsatz von 72 868 176 Euro erzielt hat, ist bei der Berechnung des Grundbetrags der Geldbuße, für die die Klägerin gesamtschuldnerisch haftet, von einem Betrag von 7 141 081,20 Euro auszugehen. Nach Multiplikation dieses Betrags mit einem Faktor von 5,33 für die Dauer der Zuwiderhandlung ergibt sich ein Grundbetrag der Geldbuße von 38 061 963 Euro. Im Übrigen ist der Antrag der Klägerin auf Herabsetzung der Geldbuße zurückzuweisen.

479    Die Kommission hat in der mündlichen Verhandlung hilfsweise beantragt, die gesamtschuldnerisch gegen sie und Deutsche Telekom verhängte Geldbuße zu erhöhen. Ohne dass über die Zulässigkeit eines solchen Antrags entschieden zu werden braucht, ist das Gericht der Auffassung, dass der in der vorstehenden Randnummer festgesetzte Betrag nicht abzuändern ist.

 Kosten

480    Die unterliegende Partei ist auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen (Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung). Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, trägt jede Partei ihre eigenen Kosten; das Gericht kann jedoch entscheiden, dass eine Partei außer ihren eigenen Kosten einen Teil der Kosten der Gegenpartei trägt, wenn dies in Anbetracht der Umstände des Einzelfalls gerechtfertigt erscheint (Art. 134 Abs. 3 der Verfahrensordnung). Im vorliegenden Fall sind die Kommission und die Streithelferin teilweise unterlegen. Die Klägerin hat aber lediglich beantragt, der Kommission die Kosten aufzuerlegen, nicht der Streithelferin.

481    Unter diesen Umständen sind der Klägerin vier Fünftel ihrer eigenen Kosten und gemäß den jeweiligen Anträgen vier Fünftel der Kosten der Kommission und der Streithelferin aufzuerlegen. Die Kommission trägt jeweils ein Fünftel ihrer eigenen Kosten und der Kosten der Klägerin. Die Streithelferin trägt ein Fünftel ihrer eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Neunte erweiterte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Art. 1 Abs. 2 Nr. 4 des Beschlusses C(2014) 7465 final der Kommission vom 15. Oktober 2014 in einem Verfahren nach Artikel 102 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union und Artikel 54 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (Sache AT.39523 – Slovak Telekom) wird insoweit für nichtig erklärt, als darin festgestellt wird, dass die Slovak Telekom, a.s. vom 12. August 2005 bis zum 31. Dezember 2005 unfaire Tarife angewandt habe, die es einem ebenso effizienten Wettbewerber, der auf der Vorleistungsebene auf den entbündelten Zugang zu ihren Teilnehmeranschlüssen angewiesen sei, unmöglich machten, ebenso umfassende Breitbanddienste für Endkunden wie sie aufzubauen, ohne Verluste zu verzeichnen.

2.      Art. 2 des Beschlusses C(2014) 7465 final wird insoweit für nichtig erklärt, als gegen die Slovak Telekom, a.s. gesamtschuldnerisch eine Geldbuße in Höhe von 38 838 000 Euro verhängt wird.

3.      Die Geldbuße, für die die Slovak Telekom, a.s. gesamtschuldnerisch haftet, wird auf 38 061 963 Euro festgesetzt.

4.      Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

5.      Die Slovak Telekom, a.s. trägt vier Fünftel ihrer eigenen Kosten, vier Fünftel der Kosten der Europäischen Kommission und vier Fünftel der Kosten der Slovanet, a.s.

6.      Die Kommission trägt ein Fünftel ihrer eigenen Kosten und ein Fünftel der Kosten der Slovak Telekom, a.s.

7.      Die Slovanet, a.s. trägt ein Fünftel ihrer eigenen Kosten.

Van der Woude

Gervasoni

Madise

da Silva Passos

 

      Kowalik-Bańczyk

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 13. Dezember 2018.

Unterschriften




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