T-810/16 – Barmenia Krankenversicherung / EUIPO (Mediline)

T-810/16 – Barmenia Krankenversicherung / EUIPO (Mediline)

URTEIL DES GERICHTS (Zweite Kammer)

23. Oktober 2017(*)

„Unionsmarke – Anmeldung der Unionswortmarke Mediline – Absolutes Eintragungshindernis – Beschreibender Charakter – Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 (jetzt Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung [EU] 2017/1001) – Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 7 Abs. 2 der Verordnung 2017/1001)“

In der Rechtssache T‑810/16

Barmenia Krankenversicherung AG mit Sitz in Wuppertal (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt M. Graf,

Klägerin,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch A. Schifko als Bevollmächtigten,

Beklagter,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des EUIPO vom 8. September 2016 (Sache R 2437/2015-1) über die Anmeldung des Wortzeichens Mediline als Unionsmarke

erlässt

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten M. Prek sowie der Richter E. Buttigieg und B. Berke (Berichterstatter),

Kanzler: E. Coulon,

aufgrund der am 21. November 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 3. Februar 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung,

aufgrund des Umstands, dass keine der Parteien innerhalb von drei Wochen nach der Bekanntgabe des Abschlusses des schriftlichen Verfahrens die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und des daraufhin gemäß Art. 106 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichts ergangenen Beschlusses, ohne mündliches Verfahren zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 8. Oktober 2015 meldete die Klägerin, die Barmenia Krankenversicherung AG, nach der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke (ABl. 2009, L 78, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EU] 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke [ABl. 2017, L 154, S. 1]) beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) eine Unionsmarke an.

2        Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um das Wortzeichen Mediline.

3        Es wurde für folgende Waren der Klasse 36 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet: „Versicherungen“.

4        Am 26. Oktober 2015 beanstandete der Prüfer die Anmeldung gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c der Verordnung 2017/1001) in Verbindung mit Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 7 Abs. 2 der Verordnung 2017/1001), da die Anmeldemarke beschreibend sei und keine Unterscheidungskraft aufweise.

5        Am 19. November 2015 nahm die Klägerin zu den Beanstandungen des Prüfers Stellung. Sie wies u. a. darauf hin, dass sich der fragliche Ausdruck in keinem Wörterbuch finde und dass mehrere „Mediline“-Marken vom EUIPO und vom Deutschen Patent- und Markenamt eingetragen worden seien.

6        Mit Entscheidung vom 24. November 2015 wies der Prüfer die Anmeldung wegen absoluter Eintragungshindernisse gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c sowie Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 zurück. Er stützte sich insbesondere auf folgende drei Gründe.

7        Erstens bestehe der angemeldete Begriff aus den englischen Wörtern „medi“, das eine Abkürzung für „medicine“ sei, und „line“, das eine Branche oder Produktgruppe von Versicherungsleistungen bezeichne. Daher werde der Verbraucher den Ausdruck „Mediline“ als Bezugnahme auf Versicherungsdienstleistungen, genauer auf eine Kategorie von Versicherungsdienstleistungen, die den medizinischen Bereich betreffen, auffassen. Zweitens besage die Tatsache, dass der Begriff nicht in Wörterbüchern zu finden sei, noch nicht, dass er unterscheidungskräftig sei. Drittens könnten die Eintragungen durch das EUIPO sowie durch das Deutsche Patent- und Markenamt nicht berücksichtigt werden, da die Marken nicht mit denen im vorliegenden Fall vergleichbar seien.

8        Am 7. Dezember 2015 legte die Klägerin Beschwerde gegen die Entscheidung des Prüfers ein und begründete diese mit Schriftsatz vom 29. Februar 2016.

9        Mit Entscheidung vom 8. September 2016 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Erste Beschwerdekammer des EUIPO die Beschwerde zurück.

10      Insbesondere stellte die Beschwerdekammer erstens fest, dass zum einen die maßgeblichen Verkehrskreise sowohl das breite Publikum als auch ein Fachpublikum umfassten, dessen Aufmerksamkeitsgrad in Bezug auf die von der Anmeldemarke erfassten Waren und Dienstleistungen erhöht sei. Zum anderen sei das Vorliegen absoluter Eintragungshindernisse, da es sich bei der angemeldeten Marke um einen aus englischen Wörtern zusammengesetzten Begriff handele, im Hinblick auf die englischsprachigen Verbraucher in der Europäischen Union zu beurteilen. Zweitens wies die Beschwerdekammer hinsichtlich der Anwendung von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 darauf hin, dass die Anmeldemarke aus der Zusammensetzung der Wortbestandteile „medi“ und „line“ bestehe. Zum einen werde das englischsprachige Publikum den Bestandteil „medi“ für eine Abkürzung des Adjektivs „medical“ halten. Im Hinblick auf die angemeldeten Dienstleistungen, die den Bereich des Versicherungswesens beträfen, werde das Element „medi“ beim relevanten Publikum eine unmittelbare gedankliche Verbindung, die über den Bereich der Anspielung hinausgehe und in den Bereich der Beschreibung falle, zum Bereich der Medizin hervorrufen, auch wenn der Ausdruck „medi“ auch andere Bedeutungen haben könne. Zum anderen handele es sich bei dem englischen Wort „line“, das „Linie“ bedeute, um einen Oberbegriff, der im Versicherungswesen eine Versicherungsbranche bezeichne. Die Beschwerdekammer zog daraus den Schluss, dass die beiden Bestandteile der Anmeldemarke für die fraglichen Dienstleistungen beschreibend seien und das Zeichen als Ganzes von den maßgeblichen englischsprachigen Verkehrskreisen im Sinne von „Versicherungsbranche, deren Versicherungen den medizinischen Bereich betreffen“, verstanden werde. Drittens stellte die Beschwerdekammer hinsichtlich der Anwendung von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 fest, dass die Anmeldemarke, die eine klare Bedeutung hinsichtlich des Zwecks und der Art der Dienstleistungen habe, keine Unterscheidungskraft aufweise, da sie für das maßgebliche englischsprachige Publikum nicht die Funktion des Hinweises auf die betriebliche Herkunft der betreffenden Dienstleistungen erfülle.

 Anträge der Parteien

11      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        dem EUIPO die Kosten aufzuerlegen.

12      Das EUIPO beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

13      Die Klägerin stützt die vorliegende Klage auf zwei Gründe, erstens einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 und zweitens einen Verstoß gegen deren Art. 7 Abs. 1 Buchst. b.

 Erster Klagegrund: Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009

14      Im Rahmen des ersten Klagegrundes wirft die Klägerin der Beschwerdekammer im Wesentlichen vor, unzutreffend festgestellt zu haben, dass das fragliche Wortzeichen für die mit der Markenanmeldung beanspruchten Dienstleistungen beschreibend sei.

15      Gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 sind von der Eintragung Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, welche im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geografischen Herkunft oder der Zeit der Herstellung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen können. Nach Art. 7 Abs. 2 dieser Verordnung finden die Vorschriften des Abs. 1 auch dann Anwendung, wenn die Eintragungshindernisse nur in einem Teil der Union vorliegen.

16      Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 verfolgt das im Allgemeininteresse liegende Ziel, dass Zeichen oder Angaben, die die Arten von Waren oder Dienstleistungen beschreiben, für die die Eintragung beantragt wird, von jedermann frei verwendet werden können. Diese Bestimmung erlaubt daher nicht, dass solche Zeichen oder Angaben aufgrund ihrer Eintragung als Marke einem einzigen Unternehmen vorbehalten werden (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 4. Mai 1999, Windsurfing Chiemsee, C‑108/97 und C‑109/97, EU:C:1999:230, Rn. 24 und 25, vom 23. Oktober 2003, HABM/Wrigley, C‑191/01 P, EU:C:2003:579, Rn. 30 bis 32, und vom 21. Januar 2015, Grundig Multimedia/HABM [GentleCare], T‑188/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:34, Rn. 18).

17      Ein Zeichen fällt nur dann unter das Verbot nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009, wenn es einen hinreichend direkten und konkreten Zusammenhang mit den in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen aufweist, der es den angesprochenen Verkehrskreisen ermöglicht, sofort und ohne weitere Überlegung eine Beschreibung der fraglichen Waren und Dienstleistungen oder eines ihrer Merkmale wahrzunehmen (Urteil vom 21. Januar 2015, GentleCare, T‑188/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:34, Rn. 19).

18      Der beschreibende Charakter einer Marke ist im Hinblick auf die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen und nach dem Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise, die aus den Verbrauchern dieser Dienstleistungen bestehen, zu beurteilen (vgl. Urteil vom 27. November 2003, Quick/HABM [Quick], T‑348/02, EU:T:2003:318, Rn. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung).

19      Erstens hat die Beschwerdekammer im vorliegenden Fall in den Rn. 12 und 13 der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass sich die verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen sowohl an das breite Publikum als auch an ein Fachpublikum richteten und dass der Aufmerksamkeitsgrad des Publikums aufgrund der Beschaffenheit der angemeldeten Dienstleistungen erhöht sei. Da es sich bei der angemeldeten Marke um einen aus englischen Wörtern zusammengesetzten Begriff handele, sei das Vorliegen absoluter Eintragungshindernisse außerdem im Hinblick auf die englischsprachigen Verbraucher in der Union zu beurteilen. Diese Schlussfolgerung, der die Klägerin nicht widersprochen hat, ist zu bestätigen.

20      Zweitens ergibt sich aus Rn. 14 der angefochtenen Entscheidung, dass die angemeldete Marke aus der Zusammensetzung der Wortbestandteile „Medi“ und „line“ besteht.

21      Die Klägerin hält es für willkürlich, das Zeichen in diese beiden Bestandteile aufzuteilen.

22      Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass, wie in der Rechtsprechung anerkannt, im Fall zusammengesetzter Wortzeichen für die Beurteilung, ob eine Marke Unterscheidungskraft hat, auf den von ihr hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen ist. Dies bedeutet jedoch nicht, dass nicht zunächst jedes der einzelnen Gestaltungselemente dieser Marke geprüft werden könnte. Es kann sich nämlich als zweckmäßig erweisen, im Zuge der Gesamtbeurteilung jeden einzelnen Bestandteil der betreffenden Marke zu untersuchen (Urteil vom 8. Februar 2011, Paroc/HABM [INSULATE FOR LIFE], T‑157/08, EU:T:2011:33, Rn. 50).

23      Daraus folgt, dass bei sprachlichen Ausdrücken, die aus einer Kombination von Bestandteilen bestehen, ein etwaiger beschreibender Charakter teilweise für jeden dieser Bestandteile getrennt geprüft werden kann, aber auf jeden Fall auch für das durch die Bestandteile gebildete Ganze festgestellt werden muss (Urteil vom 15. März 2012, Strigl und Securvita, C‑90/11 und C‑91/11, EU:C:2012:147, Rn. 23).

24      Zudem nimmt nach der Rechtsprechung der Durchschnittsverbraucher eine Marke zwar regelmäßig als Ganzes wahr und achtet nicht auf die verschiedenen Einzelheiten, wird jedoch ein von ihm wahrgenommenes Wortzeichen in die Wortbestandteile zerlegen, die ihm eine konkrete Bedeutung vermitteln oder die ihm bekannten Wörtern ähnlich sind (vgl. Urteil vom 13. Februar 2007, Mundipharma/HABM – Altana Pharma [RESPICUR], T‑256/04, EU:T:2007:46, Rn. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung).

25      Insoweit genügt die Feststellung, dass die Beschwerdekammer den Gesamteindruck der angemeldeten Marke in Rn. 18 der angefochtenen Entscheidung geprüft hat. Daher kann ihr nicht zum Vorwurf gemacht werden, in einem ersten Schritt, in den Rn. 15 und 16 der angefochtenen Entscheidung, jeden dieser Bestandteile getrennt geprüft zu haben.

26      Drittens hat die Beschwerdekammer in Rn. 15 der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass das englischsprachige Publikum den Bestandteil „Medi“ als Abkürzung des Adjektivs „medical“ verstehen und ihn daher eindeutig als Bezugnahme auf das Gebiet der Medizin wahrnehmen werde.

27      Entgegen dem Vorbringen der Klägerin ist diese Beurteilung nicht fehlerhaft. Der Bestandteil „Medi“ ist kein phantasievolles und unterscheidungskräftiges Zeichenelement. Das Gericht hat bereits entschieden, dass der Bestandteil „Medi“ nicht phantasievoll ist und beim relevanten Publikum keine mehr oder weniger entfernte Assoziation mit dem Wort „Medizin“ hervorrufen wird, sondern eine unmittelbare gedankliche Verbindung, die weit über den Bereich der Anspielung hinausgeht und in den Bereich der Beschreibung fällt (Urteile vom 12. Juli 2012, medi/HABM [medi], T‑470/09, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:369, Rn. 25, und vom 8. Februar 2013, Piotrowski/HABM [MEDIGYM], T‑33/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:71, Rn. 49).

28      Viertens hat die Beschwerdekammer in Rn. 16 der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass das Wort „line“ im Bereich der Versicherungsdienstleistungen ein Oberbegriff sei, der eine Versicherungsbranche, eine Produktsparte oder ‑gruppe bezeichne. Diese Schlussfolgerung, der die Klägerin nicht widersprochen hat, ist zu bestätigen.

29      Fünftens ist die Beschwerdekammer ausgehend von den oben dargestellten Erwägungen in den Rn. 17 und 18 der angefochtenen Entscheidung zu dem Ergebnis gelangt, dass die bloße Kombination der Bestandteile „Medi“ und „line“, von denen jeder die Zweckbestimmung der fraglichen Dienstleistungen beschreibe, selbst für die Bestimmung dieser Dienstleistungen beschreibend sei. Folglich werde das Zeichen „Mediline“ vom englischen Verbraucher als „Versicherungsbranche, deren Versicherungen den medizinischen Bereich betreffen“, verstanden.

30      Dieses Ergebnis ist zu bestätigen und wird durch das Vorbringen der Klägerin, der Begriff „Mediline“ bleibe mit Blick auf die angemeldeten Waren und Dienstleistungen in seiner Bedeutung verschwommen und unklar, nicht in Frage gestellt. Wie das EUIPO zutreffend ausgeführt hat, nimmt nämlich im Bereich der angemeldeten Dienstleistungen der Ausdruck „line“ unmittelbar Bezug auf die Versicherungsbranche, die durch den vorgestellten Zusatz „Medi“ sachlich auf den medizinischen Bereich konkretisiert wird.

31      Das Gleiche gilt für das Vorbringen der Klägerin, das angemeldete Zeichen finde sich in keinem Wörterbuch. Hierzu genügt der Hinweis, dass das EUIPO im Rahmen der Beurteilung eines absoluten Eintragungshindernisses nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c der Verordnung Nr. 207/2009 nicht beweisen muss, dass die als Unionsmarke angemeldete Marke in einem Wörterbuch steht. Die Eintragungsfähigkeit eines Zeichens als Unionsmarke ist nämlich allein auf der Grundlage des einschlägigen Unionsrechts in der Auslegung durch den Unionsrichter zu beurteilen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 22. Juni 2005, Metso Paper Automation/HABM [PAPERLAB], T‑19/04, EU:T:2005:247, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 23. Oktober 2007, BORCO-Marken-Import Matthiesen/HABM [Caipi], T‑405/04, nicht veröffentlicht, EU:T:2007:315, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

32      Sechstens macht die Klägerin geltend, dass verschiedene Wortmarken „Mediline“ sowie andere Wortmarken, die den Bestandteil „Medi“ enthielten, in Deutschland und in der Union bereits eingetragen worden seien.

33      Hierzu ist zum einen hinsichtlich der früheren Entscheidungen des EUIPO darauf hinzuweisen, dass das EUIPO zwar nach den Grundsätzen der Gleichbehandlung und der ordnungsgemäßen Verwaltung im Rahmen der Prüfung der Anmeldung einer Unionsmarke die zu ähnlichen Anmeldungen ergangenen Entscheidungen berücksichtigen und besonderes Augenmerk auf die Frage richten muss, ob im gleichen Sinne zu entscheiden ist oder nicht (Urteile vom 10. März 2011, Agencja Wydawnicza Technopol/HABM, C‑51/10 P, EU:C:2011:139, Rn. 74, und vom 14. Dezember 2016, Grid applications/EUIPO [APlan], T‑154/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:731, Rn. 38).

34      Diese Grundsätze müssen allerdings mit dem Gebot rechtmäßigen Handelns in Einklang gebracht werden. Folglich kann sich der Anmelder eines Zeichens als Marke nicht auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen, um eine identische Entscheidung zu erlangen (Urteile vom 10. März 2011, Agencja Wydawnicza Technopol/HABM, C‑51/10 P, EU:C:2011:139, Rn. 75 und 76, und vom 14. Dezember 2016, APlan, T‑154/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:731, Rn. 39).

35      Zudem muss aus Gründen der Rechtssicherheit und der ordnungsgemäßen Verwaltung die Prüfung jeder Anmeldung streng und umfassend sein, um eine ungerechtfertigte Eintragung von Marken zu verhindern. Diese Prüfung muss in jedem Einzelfall erfolgen. Die Eintragung eines Zeichens als Marke hängt von spezifischen, im Rahmen der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls anwendbaren Kriterien ab, anhand deren zu ermitteln ist, ob das fragliche Zeichen nicht unter ein Eintragungshindernis fällt (Urteil vom 14. Dezember 2016, APlan, T‑154/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:731, Rn. 40).

36      Im vorliegenden Fall geht aus den Rn. 15 bis 26 der angefochtenen Entscheidung hervor, dass die Beschwerdekammer eine vollständige und auf den Einzelfall bezogene Prüfung der angemeldeten Marke vorgenommen hat, bevor sie deren Eintragung abgelehnt hat. Zudem ergibt sich aus der Analyse der übrigen Rügen oben in den Rn. 19 bis 31, dass die Beschwerdekammer die Anmeldung der Marke aufgrund dieser Prüfung zu Recht wegen des absoluten Eintragungshindernisses von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 zurückgewiesen hat. Da die Prüfung des fraglichen Zeichens anhand dieser Bestimmung zu keinem anderen Ergebnis hat führen können, kann das Vorbringen der Klägerin zur fehlenden Berücksichtigung der Eintragung ähnlicher oder vergleichbarer Marken nicht durchgreifen.

37      Zum anderen genügt hinsichtlich der Entscheidungen des Deutschen Patent- und Markenamts der Hinweis, dass nach ständiger Rechtsprechung das System der Unionsmarke ein autonomes Rechtssystem ist, mit dem ihm eigene Ziele verfolgt werden und dessen Anwendung von jedem nationalen System unabhängig ist. Demzufolge ist die Eintragungsfähigkeit oder Schutzfähigkeit eines Zeichens als Unionsmarke nur auf der Grundlage der einschlägigen Unionsregelung zu beurteilen. Daher sind das EUIPO und gegebenenfalls der Unionsrichter nicht an eine auf der Ebene eines Mitgliedstaats oder gar eines Drittlands ergangene Entscheidung gebunden, in der die Eintragungsfähigkeit des betreffenden Zeichens als nationale Marke bejaht wird (vgl. Urteil vom 14. Dezember 2016, APlan, T‑154/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:731, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung). Das Vorbringen der Klägerin greift somit nicht durch.

38      Nach alledem ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer fehlerfrei entschieden hat, dass die angemeldete Marke für die beanspruchten Dienstleistungen beschreibend ist.

39      Der erste Klagegrund ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

 Zweiter Klagegrund: Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009

40      Wie aus Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 hervorgeht, ist ein Zeichen bereits dann von der Eintragung als Unionsmarke ausgeschlossen, wenn nur eines der absoluten Eintragungshindernisse vorliegt (Urteile vom 19. September 2002, DKV/HABM, C‑104/00 P, EU:C:2002:506, Rn. 29, vom 9. Juli 2008, Coffee Store/HABM [THE COFFEE STORE], T‑323/05, nicht veröffentlicht, EU:T:2008:265, Rn. 49, und vom 14. Dezember 2016, APlan, T‑154/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:731, Rn. 44).

41      Angesichts der Schlussfolgerungen, die sich aus der Prüfung des ersten Klagegrundes ergeben, geht der zweite Klagegrund des Verstoßes gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 ins Leere und ist daher zurückzuweisen.

42      Nach alledem ist die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

 Kosten

43      Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des EUIPO die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Barmenia Krankenversicherung AG trägt die Kosten.

Prek

Buttigieg

Berke

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 23. Oktober 2017.

Der Kanzler

 

Der Präsident

E. Coulon

 

      M. Prek


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