T-643/13 – Rogesa / Kommission
URTEIL DES GERICHTS (Fünfte Kammer)
11. Juli 2018()
„Zugang zu Dokumenten – Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 – System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten – Antrag auf Zugang zu den Informationen über die Ermittlung der 10 % effizientesten Anlagen der Stahlindustrie – Verweigerung des Zugangs – Ausnahme zum Schutz der geschäftlichen Interessen eines Dritten – Überwiegendes öffentliches Interesse – Verordnung (EG) Nr. 1367/2006 – Begriff der Informationen, die Emissionen in die Umwelt betreffen – Einhaltung der Fristen“
In der Rechtssache T‑643/13
Rogesa Roheisengesellschaft Saar mbH mit Sitz in Dillingen (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte S. Altenschmidt und P.‑A. Schütter,
Klägerin,
gegen
Europäische Kommission, zunächst vertreten durch F. Clotuche-Duvieusart und B. Martenczuk, dann durch F. Clotuche-Duvieusart und H. Krämer als Bevollmächtigte,
Beklagte,
betreffend eine Klage nach Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung der Entscheidung der Kommission vom 25. September 2013, mit der der Klägerin der Zugang zu Dokumenten mit Informationen über die Berechnungsgrundlagen zur Ermittlung der 10 % effizientesten Anlagen, die als Ausgangspunkt bei der Festlegung der Grundsätze für die Ex-ante-Benchmarks gemäß Art. 10a der Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 2003 über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 96/61/EG des Rates (ABl. 2003, L 275, S. 32) dienten, verweigert wurde,
erlässt
DAS GERICHT (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten D. Gratsias sowie der Richter A. Dittrich und P. G. Xuereb (Berichterstatter),
Kanzler: N. Schall, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 20. Juli 2017
folgendes
Urteil
Vorgeschichte des Rechtsstreits
1 Die Klägerin, die Rogesa Roheisengesellschaft Saar mbH, ist ein Stahlunternehmen mit Sitz in Deutschland.
2 Am 13. Oktober 2003 erließen das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union die Richtlinie 2003/87/EG über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 96/61/EG des Rates (ABl. 2003, L 275, S. 32), zuletzt geändert durch die Richtlinie (EU) 2018/410 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. März 2018 zur Änderung der Richtlinie 2003/87/EG zwecks Unterstützung kosteneffizienter Emissionsreduktionen und zur Förderung von Investitionen mit geringem CO2-Ausstoß und des Beschlusses (EU) 2015/1814 (ABl. 2018, L 76, S. 3). Dieses System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten wurde geschaffen, um Treibhausgasemissionen in der Europäischen Union zu verringern.
3 Nach Art. 10a der Richtlinie 2003/87 erlässt die Europäische Kommission unionsweite und vollständig harmonisierte Durchführungsmaßnahmen für die kostenlose Zuteilung von Emissionszertifikaten. Die Kommission ist insoweit insbesondere verpflichtet, die Ex-ante-Benchmarks für die einzelnen Sektoren festzulegen und dabei als Ausgangspunkt die Durchschnittsleistung der 10 % effizientesten Anlagen eines Sektors oder Teilsektors der Union in den Jahren 2007 und 2008 zugrunde zu legen.
4 Dieser Ausgangspunkt ist auf Schaubildern verzeichnet, die sich im Besitz der Kommission befinden und aus denen sich für jede der fraglichen Anlagen die Emissionsmenge von CO2 pro Tonne hergestellter Produkte in den betreffenden Bereichen ergibt. Für die Stahlindustrie gibt es drei Schaubilder, nämlich für die Bereiche Koks, Eisenerzsinter und flüssiges Roheisen. In diesen Schaubildern werden die fraglichen Anlagen nicht genannt, sondern durch einen Code in Form einer fortlaufenden Nummerierung bezeichnet. Jedes dieser Schaubilder enthält Angaben für ca. 30 Produktionsstätten.
5 Auf dieser Grundlage erließ die Kommission am 27. April 2011 den Beschluss 2011/278/EU zur Festlegung EU-weiter Übergangsvorschriften zur Harmonisierung der kostenlosen Zuteilung von Emissionszertifikaten gemäß Artikel 10a der Richtlinie 2003/87 (ABl. 2011, L 130, S. 1), in dem sie die Ex‑ante‑Benchmarks für jeden einschlägigen Bereich festlegte, u. a. für Koks, Eisenerzsinter und flüssiges Roheisen bzw. Heißmetall.
6 Die Erwägungsgründe des Beschlusses 2011/278 enthalten hierzu die folgenden Angaben.
7 Zunächst geht aus dem achten Erwägungsgrund des genannten Beschlusses hervor, dass die Kommission die Ex-ante-Benchmarks in zwei Schritten festlegte. In einem ersten Schritt wurden von den jeweiligen europäischen Branchenverbänden oder in deren Auftrag nach feststehenden Regeln, den sogenannten Branchen-Verfahrenshandbüchern, Daten über die Treibhausgas-Effizienz der fraglichen Anlagen erhoben. Die Stahlunternehmen der Union stellten diese Daten der Kommission über ihren Branchenverband, die Confédération européenne des industries du fer et de l’acier (Europäischer Verband der Eisen- und Stahlindustrie, im Folgenden: Eurofer), zur Verfügung. In einem zweiten Schritt und ergänzend zur Datenerhebung durch die europäischen Branchenverbände trugen Beratungsunternehmen im Auftrag der Kommission Daten über Anlagen zusammen, die von den Daten der Industrie nicht abgedeckt wurden, und auch die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten haben Daten und Analyseergebnisse übermittelt. Auf der Grundlage dieser zusätzlichen Informationen prüfte die Kommission, ob die ihr von den verschiedenen europäischen Branchenverbänden zur Verfügung gestellten Daten den effizientesten Techniken, Ersatzstoffen, alternativen Herstellungsprozessen, der hocheffizienten Kraft-Wärme-Kopplung, der effizienten energetischen Verwertung von Restgasen, der Verwendung von Biomasse sowie der Abscheidung und Speicherung von CO2, sofern entsprechende Anlagen zur Verfügung standen, hinreichend gerecht wurden.
8 Der elfte Erwägungsgrund des Beschlusses 2011/278 lautet:
„Falls überhaupt keine Daten bzw. keine Daten, die nach der Benchmarking-Methode erhoben wurden, vorlagen, wurden für die Berechnung der Benchmarkwerte Informationen über die gegenwärtigen Emissions- und Verbrauchswerte und über die effizientesten Techniken verwendet, die im Wesentlichen aus den gemäß der Richtlinie 2008/1/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Januar 2008 über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung … erstellten Merkblättern über beste verfügbare Techniken (BVT‑Merkblätter) abgeleitet wurden. Aufgrund des Mangels an Daten über Restgasbehandlung, Wärmeexport und Stromerzeugung sind die Werte für die Produkt-Benchmarks für Koks und Flüssigmetall insbesondere das Ergebnis der Berechnungen direkter und indirekter Emissionen auf Basis von Informationen über relevante Energieströme aus den maßgeblichen BVT‑Merkblättern und auf Basis der Standardemissionsfaktoren gemäß der Entscheidung 2007/589/EG der Kommission vom 18. Juli 2007 zur Festlegung von Leitlinien für die Überwachung und Berichterstattung betreffend Treibhausgasemissionen im Sinne der Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (Monitoring-Leitlinien) … Für die Produkt-Benchmark für Sintererz wurden Daten auch auf Basis von Angaben in dem betreffenden BVT‑Merkblatt über die relevanten Energieströme korrigiert, wobei der Restgasverbrennung in der Branche Rechnung getragen wurde.“
9 Am 19. März 2013 beantragte die Klägerin sowohl nach der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (ABl. 2001, L 145, S. 43) als auch nach der Verordnung (EG) Nr. 1367/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. September 2006 über die Anwendung der Bestimmungen des Übereinkommens von Århus über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten auf Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft (ABl. 2006, L 264, S. 13) Zugang zu den drei Schaubildern betreffend die Bereiche Koks, Eisenerzsinter und flüssiges Roheisen.
10 Dieser Antrag wurde von der Kommission mit Schreiben vom 2. April 2013 abgelehnt.
11 Am 5. April 2013 reichte die Klägerin einen Zweitantrag auf Zugang zu den fraglichen Dokumenten ein.
12 Mit Schreiben vom 25. April 2013 teilte die Kommission der Klägerin mit, dass sie die Frist für die Bearbeitung ihres Zweitantrags auf Zugang um 15 Arbeitstage bis zum 23. Mai 2013 verlängern müsse. Mit Schreiben vom 23. Mai 2013 teilte die Kommission der Klägerin mit, dass sie über den Antrag nicht in der festgesetzten Frist entscheiden könne und sie die Klägerin so bald wie möglich über ihre Entscheidung informieren werde.
13 Am 25. September 2013 erließ die Kommission die Entscheidung GESTDEM 2013/1504 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung).
14 Mit der angefochtenen Entscheidung verweigerte die Kommission den Zugang zu den fraglichen Dokumenten mit der Begründung, dass dadurch der Schutz geschäftlicher Interessen im Sinne von Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 beeinträchtigt würde. Diese Dokumente enthielten sensible Angaben über die betreffenden Bereiche. Angesichts der begrenzten Zahl von Anlagen, die die fraglichen Produkte herstellten, würde die Freigabe der Dokumente einen Gesamtüberblick über die Wettbewerbssituation und die CO2-Emissionseffizienz dieser Anlagen liefern. Informationen überEffizienzgewinne von Wettbewerbern könnten Hinweise auf die verwendete Technologie, das Produktionsverfahren und die Kohlekosten geben. Diese Informationen könnten auch ein Indiz für die in der gesamten Branche und in einzelnen Anlagen eingesetzte Herstellungsmethode und Technologie sein; wenn in diesen Dokumenten alle Anlagen aufgeführt würden, ließen sich daraus auch Rückschlüsse auf das Minderungspotenzial, zu erwartende Investitionen und die allgemeine Situation der Anlage bzw. der gesamten Branche ableiten. Im Übrigen habe die Industrie der Kommission die in diesen Dokumenten enthaltenen Angaben unter der Bedingung bereitgestellt, dass sie nicht weitergegeben würden.
15 Die Kommission stützte sich auch auf Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001, und zwar mit der Begründung, dass durch die Veröffentlichung der Dokumente ihr Entscheidungsprozess im Zusammenhang mit dem Erlass des Beschlusses über die nationalen Umsetzungsmaßnahmen gemäß Art. 11 Abs. 3 der Richtlinie 2003/87 in sehr hohem Maße beeinträchtigt würde.
16 Die Kommission führte in der angefochtenen Entscheidung aus, dass ein teilweiser Zugang zu den fraglichen Dokumenten nicht möglich sei und es kein überwiegendes öffentliches Interesse gebe, das sie zur Freigabe dieser Dokumente verpflichten würde. Was Art. 6 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1367/2006 anbelangt, wonach ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung angenommen wird, wenn die angeforderten Informationen Emissionen in die Umwelt betreffen, geht aus der angefochtenen Entscheidung hervor, dass die fraglichen Dokumente nach Ansicht der Kommission keine derartigen Angaben enthalten.
Verfahren und Anträge der Parteien
17 Mit Klageschrift, die am 3. Dezember 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben.
18 Am 3. März 2014 hat die Kommission ihre Klagebeantwortung eingereicht.
19 Die Erwiderung ist am 7. April 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen.
20 Mit Beschluss vom 16. Juni 2014 hat der Präsident der Fünften Kammer des Gerichts nach Anhörung der Parteien das Verfahren in der vorliegenden Rechtssache bis zur Entscheidung des Gerichtshofs, die das Verfahren in der Rechtssache C‑673/13 P, Kommission/Stichting Greenpeace Nederland und PAN Europe, beendet, ausgesetzt.
21 Nach der Verkündung des Urteils vom 23. November 2016, Kommission/Stichting Greenpeace Nederland und PAN Europe (C‑673/13 P, EU:C:2016:889), hat das Gericht die Parteien über die Fortsetzung des Verfahrens in der vorliegenden Rechtssache informiert und eine Frist für die Einreichung der Gegenerwiderung gesetzt.
22 Die Gegenerwiderung ist am 26. Januar 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen.
23 Auf Vorschlag des Berichterstatters hat das Gericht (Fünfte Kammer) beschlossen, das mündliche Verfahren zu eröffnen.
24 Mit prozessleitenden Maßnahmen nach Art. 89 Abs. 3 Buchst. a seiner Verfahrensordnung hat das Gericht die Parteien am 13. Juni 2017 um die Beantwortung schriftlicher Fragen gebeten. Die Parteien sind dem fristgerecht nachgekommen.
25 Mit Beschluss vom 22. Juni 2017 hat das Gericht der Kommission aufgegeben, gemäß Art. 91 Buchst. c der Verfahrensordnung eine Abschrift der angeforderten Dokumente vorzulegen, wobei es darauf hingewiesen hat, dass gemäß Art. 104 der Verfahrensordnung die Dokumente der Klägerin nicht bekannt gegeben werden. Die Kommission ist diesem Beschluss fristgerecht nachgekommen.
26 Die Parteien haben in der Sitzung vom 20. Juli 2017 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.
27 Mit Beschluss vom 14. Dezember 2017 hat das Gericht nach Art. 113 der Verfahrensordnung die Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens beschlossen.
28 Im Rahmen einer prozessleitenden Maßnahme vom 14. Dezember 2017 hat das Gericht die Kommission um die schriftliche Beantwortung einer Frage gebeten.
29 Die Kommission ist dem fristgerecht nachgekommen. In einem am 1. Februar 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Schreiben hat die Klägerin zur Antwort der Kommission Stellung genommen.
30 Mit Beschluss vom 9. Februar 2018 ist das mündliche Verfahren erneut geschlossen worden, und es ist mit der Beratung über die Rechtssache begonnen worden.
31 Die Klägerin beantragt,
– die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären;
– der Kommission die Kosten aufzuerlegen.
32 Die Kommission beantragt,
– die Klage abzuweisen;
– der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.
Rechtliche Würdigung
33 Zur Stützung ihrer Klage macht die Klägerin im Wesentlichen zwei Klagegründe geltend. Zum einen trägt sie vor, die Kommission habe ihr Recht auf Zugang zu Dokumenten nach der Verordnung Nr. 1049/2001 in Verbindung mit der Verordnung Nr. 1367/2006 verletzt. Zum anderen macht sie geltend, die Kommission habe einen Verfahrensfehler begangen, weil sie ihren Zugangsantrag nicht rechtzeitig beschieden habe.
34 Nach Auffassung des Gerichts ist zunächst der zweite Klagegrund zu prüfen.
35 Vor dieser Prüfung ist festzuhalten, dass die Kommission im Anschluss an den Beschluss des Gerichts, mit dem die Vorlage einer Abschrift der angeforderten Dokumente angeordnet wurde, dem Gericht eine Abschrift der drei betreffenden Schaubilder und eine weitere Seite, welche die den drei Schaubildern zugrunde liegenden Zahlen enthält, übermittelt hat. In der mündlichen Verhandlung hat die Kommission, ohne dass die Klägerin widersprochen hätte, erläutert, dass es sich hierbei um einen unselbständigen Anhang der Schaubilder handle, der vom Zugangsantrag der Klägerin erfasst sei.
36 Außerdem hat die Kommission in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass einige der in den fraglichen Dokumenten enthaltenen Daten aus Korrekturen resultierten, die sie – wie im elften Erwägungsgrund des Beschlusses 2011/278 erläutert – an den über Eurofer zur Verfügung gestellten Daten vorgenommen habe.
Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen die in der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehenen Fristen
37 Die Klägerin trägt vor, dass Art. 8 der Verordnung Nr. 1049/2001 lediglich die Möglichkeit einer einmaligen Verlängerung der Frist für den Erlass einer Entscheidung über einen Zweitantrag auf Zugang zu Dokumenten um 15 Arbeitstage vorsehe. Dadurch, dass die Kommission über fünfeinhalb Monate nach der Stellung des Zweitantrags der Klägerin über diesen entschieden habe, habe sie somit gegen Art. 8 der Verordnung Nr. 1049/2001 verstoßen. Die Kommission habe damit auch gegen die Anordnung des Art. 15 der Verordnung Nr. 1049/2001, eine gute Verwaltungspraxis zu etablieren, um die Ausübung des durch die Verordnung gewährleisteten Rechts zu erleichtern, verstoßen.
38 Dieser Verstoß gegen Art. 8 der Verordnung Nr. 1049/2001 sei offenbar mit der vollen Absicht erfolgt, das von der Klägerin geltend gemachte Recht möglichst zu vereiteln und den Zugang zu den fraglichen Dokumenten möglichst lange hinauszuzögern.
39 Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.
40 Nach Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001 gewährt ein mit einem Zweitantrag befasstes Organ binnen 15 Arbeitstagen nach Registrierung eines solchen Antrags entweder Zugang zu dem angeforderten Dokument oder teilt schriftlich die Gründe für die vollständige oder teilweise Ablehnung mit. Nach Art. 8 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 kann die Frist in Ausnahmefällen um 15 Arbeitstage verlängert werden.
41 Im vorliegenden Fall bestreitet die Kommission nicht, dass sie auf den Zweitantrag der Klägerin nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist geantwortet hat.
42 Antwortet das Organ auf einen Zweitantrag nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist, gilt dies nach Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1049/2001 als abschlägiger Bescheid und berechtigt den Antragsteller, nach Maßgabe der einschlägigen Bestimmungen des AEU-Vertrags Klage gegen das Organ zu erheben oder Beschwerde beim Europäischen Bürgerbeauftragten einzulegen.
43 Das Verstreichen der Frist hat jedoch nicht zur Folge, dass die Befugnis des Organs zum Erlass einer Entscheidung wegfällt. Es gibt keinen Rechtsgrundsatz, nach dem die Verwaltung ihre Befugnis verlöre, einen Antrag – auch außerhalb der dafür festgelegten Fristen – zu beantworten. Der Mechanismus einer stillschweigenden abschlägigen Entscheidung wurde eingeführt, um zu verhindern, dass die Verwaltung beschließt, einen Antrag auf Zugang zu Dokumenten nicht zu beantworten, und jeglicher gerichtlichen Kontrolle entgeht, und nicht, um jegliche verspätete Entscheidung rechtswidrig zu machen (Urteil vom 19. Januar 2010, Co-Frutta/Kommission, T‑355/04 und T‑446/04, EU:T:2010:15, Rn. 56 und 59).
44 Außerdem ist ein Organ, das die in Art. 8 der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehenen Antwortfristen nicht eingehalten hat, weiterhin verpflichtet, auf den Antrag des Betroffenen, und sei es auch verspätet, eine mit Gründen versehene Antwort zu geben (Urteil vom 14. Juli 2016, Sea Handling/Kommission, C‑271/15 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2016:557, Rn. 85).
45 Eine solche Lösung steht mit der Funktion des Mechanismus der stillschweigenden abschlägigen Entscheidung im Einklang, die darin besteht, es den Bürgern zu ermöglichen, gegen die Untätigkeit der Verwaltung vorzugehen mit dem Ziel, von ihr einen begründeten Bescheid zu erlangen (Urteil vom 19. Januar 2010, Co-Frutta/Kommission, T‑355/04 und T‑446/04, EU:T:2010:15, Rn. 59).
46 Durch eine solche Auslegung wird im Übrigen weder das mit Art. 296 AEUV verfolgte Ziel des Schutzes der Rechte der Bürger beeinträchtigt noch zugelassen, dass die Kommission die durch die Verordnung Nr. 1049/2001 festgelegten zwingenden Fristen außer Acht lässt. Ein durch die Nichteinhaltung der Antwortfristen etwa verursachter Schaden kann nämlich vor dem Gericht mit einer Schadensersatzklage geltend gemacht werden (Urteil vom 19. Januar 2010, Co-Frutta/Kommission, T‑355/04 und T‑446/04, EU:T:2010:15, Rn. 60). Der von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung hervorgehobene Umstand, dass der Nachweis eines solchen Schadens mitunter schwierig sei, berührt diese Schlussfolgerung nicht, da die Pflicht zum Nachweis eines Schadens jeder Partei obliegt, die das Gericht mit einer Klage auf Ersatz eines solchen Schadens befasst.
47 In der mündlichen Verhandlung hat sich die Klägerin zudem auf Art. 9 Abs. 4 des am 25. Juni 1998 in Aarhus unterzeichneten Übereinkommens über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (im Folgenden: Übereinkommen von Aarhus) berufen, wonach die in Art. 9 Abs. 1, 2 und 3 des Übereinkommens von Aarhus genannten Verfahren insbesondere zügig sein müssen. Bei den in Art. 9 („Zugang zu Gerichten“) Abs. 1, 2 und 3 des Übereinkommens von Aarhus genannten Verfahren handelt es sich aber um gerichtliche oder – was Abs. 3 betrifft – verwaltungsbehördliche Verfahren, um die von Privatpersonen und Behörden vorgenommenen Handlungen und begangenen Unterlassungen anzufechten, die gegen umweltbezogene Bestimmungen des innerstaatlichen Rechts verstoßen. Die von der Klägerin geltend gemachte Bestimmung ist daher für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits nicht relevant.
48 Die angefochtene Entscheidung kann daher nicht aufgrund des in der Überschreitung der in Art. 8 der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehenen Fristen bestehenden Verfahrensfehlers für nichtig erklärt werden.
49 Zu dem Vorbringen der Klägerin, der Verstoß gegen Art. 8 der Verordnung Nr. 1049/2001 sei mit der Absicht erfolgt, den Zugang zu den fraglichen Dokumenten möglichst lange hinauszuzögern, ist festzustellen, dass die Klägerin hierfür keine Nachweise vorgelegt hat.
50 Schließlich sind die Organe nach Art. 15 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001 zwar verpflichtet, eine gute Verwaltungspraxis zu entwickeln, um die Ausübung des durch diese Verordnung gewährleisteten Rechts auf Zugang zu Dokumenten zu erleichtern, jedoch hat die Klägerin nicht erläutert, warum eine etwaige Verletzung dieser Pflicht seitens der Kommission das Gericht zur Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung veranlassen sollte.
51 Nach alledem ist der zweite Klagegrund zurückzuweisen.
Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen die Verordnung Nr. 1049/2001 in Verbindung mit der Verordnung Nr. 1367/2006
52 Der erste Klagegrund gliedert sich in vier Teile. Erstens bestreitet die Klägerin, dass die Voraussetzungen von Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 erfüllt seien. Zweitens macht sie geltend, es sei jedenfalls gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung Nr. 1367/2006 ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung der fraglichen Angaben anzuerkennen, da sie Emissionen in die Umwelt beträfen. Ein überwiegendes öffentliches Interesse bestehe auch deshalb, weil der Zugang zu den fraglichen Dokumenten dazu diene, es möglich zu machen, die Richtigkeit des Ausgangspunkts für die Bestimmung der Ex-ante-Benchmarks durch die Kommission zu überprüfen. Drittens bestreitet die Klägerin, dass die Voraussetzungen von Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001 erfüllt seien. Viertens macht die Klägern geltend, die Kommission hätte ihr jedenfalls einen teilweisen Zugang zu den Dokumenten gewähren müssen.
53 Zunächst ist der dritte Teil dieses Klagegrundes zu prüfen.
Zum dritten Teil, betreffend die in Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehene Ausnahme zum Schutz des Entscheidungsprozesses
54 Die Klägerin trägt vor, dass die in Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehene Ausnahme Dokumente betreffe, die sich auf eine Angelegenheit bezögen, in der das betreffende Organ noch keinen Beschluss gefasst habe. Die Prüfung nationaler, der Kommission von den Mitgliedstaaten gemäß Art. 11 der Richtlinie 2003/87 mitgeteilter Umsetzungsmaßnahmen, auf die die Kommission in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen habe, sei zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung aber bereits beendet gewesen.
55 Die Kommission räumt ein, dass der Beschluss über die nationalen Umsetzungsmaßnahmen zum Zeitpunkt der Annahme der angefochtenen Entscheidung bereits ergangen war. Sie hält daher nicht an der Anwendbarkeit der Ausnahme nach Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001 fest.
56 Hierzu ist festzustellen, dass der Beschluss über die nationalen Umsetzungsmaßnahmen zum Zeitpunkt der Annahme der angefochtenen Entscheidung bereits ergangen war. Die angefochtene Entscheidung konnte daher nicht auf die Ausnahme nach Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001 gestützt werden. Allerdings hat sich die Kommission in der angefochtenen Entscheidung auch auf die Ausnahme nach Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 gestützt, um die Verweigerung des Zugangs zu den fraglichen Dokumenten zu rechtfertigen. Die angefochtene Entscheidung kann daher nur dann für nichtig erklärt werden, wenn sich die Kommission zu Unrecht auf die letztgenannte Ausnahme gestützt hat. Aus diesem Grund sind der erste, der zweite und der vierte Teil des ersten Klagegrundes, die die Anwendbarkeit der genannten Ausnahme im vorliegenden Fall betreffen, zu prüfen.
Zum ersten Teil, betreffend die in Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehene Ausnahme zum Schutz geschäftlicher Interessen
57 Die Klägerin vertritt die Auffassung, die Kommission sei in der angefochtenen Entscheidung zu Unrecht zu der Schlussfolgerung gelangt, dass die Verbreitung der fraglichen Dokumente den Schutz geschäftlicher Interessen im Sinne von Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 beeinträchtigen würde.
58 Sie macht zunächst geltend, dass der Abschluss von Vertraulichkeitsvereinbarungen mit privaten Organisationen nicht dazu führen dürfe, dass das System des freien Informationszugangs zu den bei den Organen der Union vorhandenen Dokumenten unterlaufen werde.
59 Die Klägerin räumt ein, dass die fraglichen Dokumente einen Überblick über die CO2-Effizienz verschiedener Anlagen der betreffenden Sektoren erlaubten. Sie wendet sich allerdings gegen die Beurteilung der Kommission, dass diese Dokumente geschäftssensible Informationen offenbarten, die Hinweise auf die Produktions‑ und die Kostenstruktur und damit auf die Wettbewerbssituation der betreffenden Anlagen lieferten. Denn für die Wettbewerbsposition komme es insbesondere auf einen Vergleich von Umsatz, Gewinnen und Marktanteilen an. Solche Angaben befänden sich aber nicht in den fraglichen Dokumenten. Die Klägerin macht außerdem geltend, dass diese Dokumente keine konkreten Angaben zu den Produktionsmengen der verschiedenen Anlagen enthielten und es daher unmöglich sei, auf der Grundlage der in diesen Dokumenten enthaltenen Angaben Rückschlüsse auf die Kosten der in diesen Anlagen verwendeten Roh‑ und Brennstoffe zu ziehen.
60 Da die in den fraglichen Dokumenten aufgeführten ca. 30 Produktionsstätten nicht namentlich gekennzeichnet seien, sei zudem ihre Identifikation nicht möglich. Selbst wenn aber eine Zuordnung einzelner Produktionsanlagen möglich wäre, dürften die Angaben über die CO2-Effizienz der betreffenden Anlagen keine so weitgehenden Rückschlüsse erlauben, dass deren Wettbewerbs‑ und Marktsituation offengelegt werde und Geschäftsgeheimnisse offenbart würden. Ohnehin könne die Menge der von einer Anlage verursachten CO2-Emissionen für jedermann frei zugänglich etwa dem Internet entnommen werden. In Verbindung mit den von den Unternehmen etwa in ihren Geschäftsberichten veröffentlichten Produktionsmengen sei damit bereits jetzt ohne Weiteres die Berechnung der spezifischen CO2-Emissionswerte pro Tonne der erzeugten Produkte möglich.
61 Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.
62 Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 15 Abs. 3 AEUV jeder Unionsbürger sowie jede natürliche oder juristische Person mit Wohnsitz oder satzungsgemäßem Sitz in einem Mitgliedstaat vorbehaltlich der Grundsätze und Bedingungen, die gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren festgelegt werden, das Recht auf Zugang zu Dokumenten der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union hat. Die Verordnung Nr. 1049/2001 soll ausweislich ihres vierten Erwägungsgrundes und ihres Art. 1 der Öffentlichkeit das Recht auf größtmöglichen Zugang zu den Dokumenten der Organe gewähren (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 28. Juni 2012, Kommission/Éditions Odile Jacob, C‑404/10 P, EU:C:2012:393, Rn. 111, vom 28. Juni 2012, Kommission/Agrofert Holding, C‑477/10 P, EU:C:2012:394, Rn. 53, und vom 14. November 2013, LPN und Finnland/Kommission, C‑514/11 P und C‑605/11 P, EU:C:2013:738, Rn. 40).
63 Zudem ist es Ziel der Verordnung Nr. 1367/2006, wie ihr Art. 1 vorsieht, eine möglichst umfassende und systematische Verfügbarkeit und Verbreitung der Umweltinformationen sicherzustellen, die sich im Besitz der Organe und Einrichtungen der Union befinden.
64 Daher sind Ausnahmen vom Grundsatz des größtmöglichen Zugangs zu diesen Dokumenten, insbesondere die in Art. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehenen, soweit sie durch Beschränkung dieses Zugangs von diesem Grundsatz abweichen, nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs eng auszulegen und anzuwenden (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 21. September 2010, Schweden u. a./API und Kommission, C‑514/07 P, C‑528/07 P und C‑532/07 P, EU:C:2010:541, Rn. 73, und vom 17. Oktober 2013, Rat/Access Info Europe, C‑280/11 P, EU:C:2013:671, Rn. 30).
65 Der bloße Umstand, dass ein Dokument ein durch eine in Art. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehene Ausnahme vom Zugangsrecht geschütztes Interesse betrifft, kann nicht ausreichen, um die Anwendung der Ausnahme zu rechtfertigen (Urteile vom 3. Juli 2014, Rat/in’t Veld, C‑350/12 P, EU:C:2014:2039, Rn. 51, und vom 13. April 2005, Verein für Konsumenteninformation/Kommission, T‑2/03, EU:T:2005:125, Rn. 69).
66 Verweigert das betreffende Organ den Zugang zu einem Dokument, dessen Übermittlung bei ihm beantragt wurde, muss es nämlich zum einen grundsätzlich erläutern, inwiefern der Zugang zu diesem Dokument das Interesse, das durch eine von ihm geltend gemachte Ausnahme nach Art. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 geschützt wird, konkret und tatsächlich beeinträchtigen könnte. Die Gefahr einer solchen Beeinträchtigung muss außerdem angemessen absehbar und darf nicht rein hypothetisch sein (vgl. Urteil vom 21. Juli 2011, Schweden/MyTravel und Kommission, C‑506/08 P, EU:C:2011:496, Rn. 76 und die dort angeführte Rechtsprechung).
67 Zum anderen muss ein Organ bei der Anwendung einer der Ausnahmen nach Art. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 das besondere Interesse, das durch die Nichtverbreitung des betreffenden Dokuments geschützt werden soll, u. a. gegen das allgemeine Interesse an der Zugänglichmachung dieses Dokuments abwägen, und zwar unter Berücksichtigung der Vorteile, die sich, wie im zweiten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1049/2001 ausgeführt, aus einer größeren Transparenz ergeben, nämlich einer besseren Beteiligung der Bürger am Entscheidungsprozess und einer größeren Legitimität, Effizienz und Verantwortung der Verwaltung gegenüber dem Bürger in einem demokratischen System (Urteile vom 1. Juli 2008, Schweden und Turco/Rat, C‑39/05 P und C‑52/05 P, EU:C:2008:374, Rn. 45, vom 17. Oktober 2013, Rat/Access Info Europe, C‑280/11 P, EU:C:2013:671, Rn. 32, und vom 3. Juli 2014, Rat/in’t Veld, C‑350/12 P, EU:C:2014:2039, Rn. 53).
68 Nach Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 verweigern die Organe den Zugang zu einem Dokument, durch dessen Verbreitung der Schutz der geschäftlichen Interessen einer natürlichen oder juristischen Person, einschließlich des geistigen Eigentums, beeinträchtigt würde.
69 Was den Begriff der geschäftlichen Interessen betrifft, so kann nach der Rechtsprechung nicht jede Information über eine Gesellschaft und ihre Geschäftsbeziehungen unter den Schutz fallen, der den geschäftlichen Interessen nach Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 zu garantieren ist; andernfalls würde die Geltung des allgemeinen Grundsatzes, der Öffentlichkeit einen größtmöglichen Zugang zu Dokumenten der Organe zu gewähren, vereitelt (Urteile vom 15. Dezember 2011, CDC Hydrogene Peroxide/Kommission, T‑437/08, EU:T:2011:752, Rn. 44, und vom 9. September 2014, MasterCard u. a./Kommission, T‑516/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:759, Rn. 81).
70 Um die in Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehene Ausnahmeregelung anzuwenden, muss daher nachgewiesen werden, dass die streitigen Dokumente Angaben enthalten, die durch ihre Veröffentlichung die geschäftlichen Interessen einer juristischen Person verletzen können. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die beantragten Dokumente sensible Geschäftsinformationen insbesondere zu den geschäftlichen Strategien der betreffenden Unternehmen oder ihren Geschäftsbeziehungen enthalten oder wenn sie Angaben zum Unternehmen selbst enthalten, die seinen Sachverstand aufzeigen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 9. September 2014, MasterCard u. a./Kommission, T‑516/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:759, Rn. 82 bis 84).
71 Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass nach dem 15. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1367/2006 die in der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehenen Ausnahmen vorbehaltlich speziellerer Bestimmungen der Verordnung Nr. 1367/2006 über Anträge auf Umweltinformationen gelten und die Gründe für die Verweigerung des Zugangs zu Umweltinformationen eng auszulegen sind, wobei das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe und ein etwaiger Bezug der beantragten Informationen zu Emissionen in die Umwelt zu berücksichtigen sind.
72 Im vorliegenden Fall ist zunächst festzustellen, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung eingeräumt hat, dass die fraglichen Dokumente „Umweltinformationen“ im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung Nr. 1367/2006 enthielten.
73 Des Weiteren hat die Kommission sowohl in der angefochtenen Entscheidung als auch in ihrer Klagebeantwortung geltend gemacht, dass für die Sammlung dieser Informationen strenge Vertraulichkeitsvereinbarungen gegolten hätten. Wenngleich die Kommission diesen Standpunkt in der Gegenerwiderung etwas abgewandelt hat, hat sie doch erst in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass sie nicht geltend machen wollte, dass die angefochtene Entscheidung aufgrund derartiger Vertraulichkeitsvereinbarungen gerechtfertigt sei.
74 Jedenfalls könnte die Kommission einer Person, die aufgrund der Verordnung Nr. 1049/2001 den Zugang zu in ihrem Besitz befindlichen Dokumenten beantragt, eine mit einem Dritten geschlossene „Vertraulichkeitsvereinbarung“ nicht entgegenhalten, da diese Verordnung ein Recht auf Zugang zu solchen Dokumenten verleiht, das zudem in Art. 42 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union als Grundrecht anerkannt ist, und die Ausnahmen von diesem Recht in der Verordnung Nr. 1049/2001 selbst abschließend aufgezählt sind, ohne dass dort die Möglichkeit angeführt würde, sich auf eine Vertraulichkeitsvereinbarung zu berufen. Bestätigt wird diese Auslegung im Übrigen durch einen Umkehrschluss aus dem 15. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1367/2006, nach dem der Begriff „geschäftliche Interessen“ „vertrauliche Übereinkünfte [umfasst], die von Organen oder Einrichtungen, die in ihrer Eigenschaft als Banken handeln, geschlossen werden“.
75 Die Kommission vertritt ausweislich der angefochtenen Entscheidung und ihrer Erläuterungen die Ansicht, dass die Ausnahme nach Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 dem Zugang zu den fraglichen Dokumenten aus zwei Gründen entgegenstehe. Erstens würde es ein solcher Zugang ermöglichen, von Anlagen, die zumindest von Personen, die selbst eine solche Anlage betrieben oder mit deren Betrieb befasst seien, identifiziert werden könnten, die spezifischen CO2-Emissionswerte pro Tonne zu kennen. Durch einen solchen Zugang ließe sich zudem ableiten, wie hoch die Kosten pro Tonne des jeweiligen Produkts seien, die das jeweilige Unternehmen für Emissionszertifikate aufwenden müsse; ferner könnte er Rückschlüsse auf die verwendete Technologie, das Produktionsverfahren, die Kohlekosten, die Kostenstruktur und die Ertragslage der betreffenden Anlagen zulassen. Zweitens hätte es die Verbreitung der fraglichen Dokumente erlaubt, einen Gesamtüberblick über die Wettbewerbssituation und die CO2-Emissionseffizienz dieser Anlagen zu gewinnen – ungeachtet des Umstands, dass diese Informationen in einer anonymisierten Form präsentiert werden.
76 Zu der Frage, ob die Verbreitung der fraglichen Dokumente die geschäftlichen Interessen der Betreiber der Anlagen, die identifiziert werden könnten, beeinträchtigen würde, ist Folgendes festzustellen.
77 Die fraglichen Dokumente enthalten in Bezug auf die in Rede stehenden Anlagen genaue Informationen über die spezifischen CO2-Emissionswerte pro Tonne. Solche Informationen können jedoch als sensible Geschäftsinformationen betrachtet werden, deren Verbreitung die geschäftlichen Interessen der diese Anlagen betreibenden Unternehmen beeinträchtigen könnte, da solche Daten für die von den betreffenden Unternehmen getragenen Kosten und damit ihre Wettbewerbsposition bedeutsam sind.
78 Wie die Kommission geltend gemacht hat – ohne dass ihr die Klägerin insoweit widersprochen hätte –, lässt sich aus den fraglichen Daten nämlich ableiten, wie hoch die Kosten pro Tonne des jeweiligen Produkts sind, die das Unternehmen für Emissionszertifikate aufwenden muss. Im Rahmen eines Systems, durch das die Treibhausgasemissionen mittels Zertifikaten verringert werden sollen, stellen jedoch Informationen über die CO2-Emissionseffizienz eines Unternehmens Daten dar, die für die Kosten und die Wettbewerbsposition des betreffenden Unternehmens relevant sind. Aus dem Schriftwechsel zwischen der Kommission und Eurofer über die von der Industrie hierfür zu liefernden Daten – d. h. aus einem Schreiben der Kommission vom 15. Februar 2010 an die betreffenden Unternehmen und dem entsprechenden Antwortschreiben von Eurofer vom 19. Februar 2010 – geht im Übrigen hervor, dass die betreffenden Unternehmen der Auffassung waren, dass es sich hierbei um vertrauliche Daten handle.
79 Zwar ist mit der Klägerin festzustellen, dass die Kommission nicht nachgewiesen hat, dass der Zugang zu Informationen über die CO2-Emissionseffizienz der betreffenden Anlagen weiter gehende Schlussfolgerungen zu der Technologie, der Herstellungsmethode, der Wettbewerbsposition und der Kostenstruktur dieser Anlagen zulässt. Jedoch wird durch die Tatsache, dass die in den fraglichen Dokumenten enthaltenen Daten weniger bedeutsam sind, als von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung behauptet, nicht die Schlussfolgerung berührt, dass es sich hierbei um Informationen handelt, deren Verbreitung, wie oben in Rn. 77 erläutert, die geschäftlichen Interessen der Unternehmen beeinträchtigen kann.
80 Es ist daher zu prüfen, ob die betreffenden Anlagen anhand der in den fraglichen Dokumenten enthaltenen Daten identifiziert werden können.
81 Die Kommission hält dies für möglich.
82 Nach Ansicht der Kommission erlaubt die Tatsache, dass die betreffenden Anlagen in den fraglichen Dokumenten nicht identifiziert, sondern mit einem Code bezeichnet seien, es nicht, auszuschließen, dass sachkundige Marktteilnehmer einzelne dieser Anlagen identifizieren könnten. Dies gelte insbesondere für die besonders effizienten bzw. ineffizienten Anlagen. Die Möglichkeit der Identifikation werde noch dadurch erhöht, dass mehrere Marktteilnehmer selbst über mehrere Anlagen verfügten, deren Emissionsintensitäten ihnen bekannt seien; dies erleichtere es ihnen, dann auch andere Anlagen zu identifizieren und somit Kenntnis über deren präzise Emissionsintensitäten zu erlangen. In der Gegenerwiderung hat die Kommission näher ausgeführt, diese Möglichkeit bestehe – insbesondere angesichts der geringen Zahl derartiger Anlagen – auf der Grundlage öffentlich zugänglicher oder extrapolierbarer Produktions- und/oder Emissionsdaten in Bezug auf solche anderen Anlagen.
83 Es ist festzustellen, dass die Klägerin zwar bestreitet, dass die Anlagen, auf die sich die in den fraglichen Dokumenten enthaltenen Informationen beziehen, identifiziert werden könnten, sich jedoch lediglich darauf stützt, dass es sich um etwa 30 Anlagen handle und diese Anlagen in den fraglichen Dokumenten nicht namentlich bezeichnet seien. Weder die Anzahl dieser Anlagen noch die Tatsache, dass sie in den fraglichen Dokumenten nicht namentlich bezeichnet sind, schließt es aber aus, dass sie aufgrund anderer Informationen identifiziert werden könnten.
84 Hierzu ist festzustellen, dass die Klägerin nicht bestreitet, dass diese anderen Informationen, auf die die Kommission Bezug genommen hat, existieren.
85 Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass sich die Kommission in der angefochtenen Entscheidung zu Recht auf die Ausnahme nach Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 gestützt hat, um den Zugang zu den fraglichen Dokumenten zu verweigern.
86 Dieses Ergebnis wird durch das übrige Vorbringen der Klägerin nicht in Frage gestellt.
87 Erstens macht die Klägerin geltend, dass auf der Grundlage von öffentlich verfügbaren Informationen über die Herstellung und die Emissionen bereits jetzt ohne Weiteres die Berechnung der spezifischen CO2-Emissionswerte pro Tonne der erzeugten Produkte einer bestimmten Anlage möglich sei und dass die Kommission die Verweigerung des Zugangs zu den fraglichen Dokumenten daher nicht darauf stützen könne, dass geschäftliche Interessen der betreffenden Unternehmen geschützt werden müssten.
88 Hierzu ist festzustellen, dass die Kommission, ohne dass die Klägerin widersprochen hätte, geltend gemacht hat, dass Informationen zu den tatsächlichen Emissionen der in Rede stehenden Anlagen für den betreffenden Zeitraum in einem von der Union erstellten Register öffentlich zugänglich seien. Die Parteien stimmen aber darin überein, dass die in diesem Register verfügbaren Informationen nicht unbedingt die Emissionen einer Anlage im Sinne der fraglichen Dokumente betreffen, sondern mitunter lediglich einen Gesamtwert für ein Unternehmen liefern, das mehrere Anlagen betreibt. Unter diesen Umständen ist der Schluss zu ziehen, dass die Klägerin nicht nachgewiesen hat, dass aufgrund der Informationen, auf die sie Bezug nimmt, für jede von den fraglichen Dokumenten erfasste Anlage der CO2-Effizienzwert berechnet werden könnte. Jedenfalls ist festzustellen, dass die Kommission in der Gegenerwiderung geltend gemacht hat, selbst wenn es möglich sein sollte, die spezifischen CO2-Emissionswerte pro Tonne dieser Anlagen anderweitig zu ermitteln, so erlaubten es die streitigen Dokumente doch, diese Werte mit einem höheren Grad an Genauigkeit zu ermitteln bzw. das Ergebnis von Ermittlungen zu überprüfen, die auf der Grundlage von anderen Informationen vorgenommen worden seien. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin dieses Vorbringen der Kommission nicht in Frage gestellt. Angesichts der vorstehenden Ausführungen ist das auf die Möglichkeit, die CO2-Effizienzwerte der betreffenden Anlagen mit anderen Mitteln festzustellen, gestützte Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen.
89 Zweitens hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht, dass die in den fraglichen Dokumenten enthaltenen Daten nicht mehr als vertraulich angesehen werden könnten, da sie älter als acht Jahre seien.
90 Insoweit ist zunächst das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen, dass aus Art. 8 der Richtlinie (EU) 2016/943 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2016 über den Schutz vertraulichen Know-hows und vertraulicher Geschäftsinformationen (Geschäftsgeheimnisse) vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung (ABl. 2016, L 157, S. 1) hervorgehe, dass solche Daten nur für einen Zeitraum von maximal sechs Jahren geschützt werden könnten. Dieses Vorbringen ist rechtlich nicht fundiert, da die Verjährung im Sinne dieses Artikels, deren Frist nach Abs. 2 dieses Artikels höchstens sechs Jahre beträgt, materielle Ansprüche und Klagen auf Anwendung der in dieser Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe betrifft, und nicht den Zeitraum, während dessen bestimmte Informationen schutzwürdig sind. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 4 Abs. 7 der Verordnung Nr. 1049/2001 die in dieser Verordnung vorgesehenen Ausnahmen höchstens für einen Zeitraum von 30 Jahren gelten und im Fall von Dokumenten, die unter die Ausnahmeregelungen bezüglich der Privatsphäre oder der geschäftlichen Interessen fallen, und im Fall von sensiblen Dokumenten erforderlichenfalls nach Ablauf dieses Zeitraums weiter Anwendung finden können.
91 Was sodann das Vorbringen der Klägerin in Bezug auf das Alter der fraglichen Daten zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Jahr 2017 betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass für die Prüfung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung die Tatsachen zum Zeitpunkt ihres Erlasses – das ist im vorliegenden Fall der 25. September 2013 – maßgeblich sind. Der seit diesem Datum verstrichene Zeitraum ist daher vom Gericht nicht zu berücksichtigen, wohl aber von der Kommission bei der Prüfung eines etwaigen neuen Antrags auf Zugang zu den fraglichen Dokumenten.
92 Des Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 4 Abs. 7 der Verordnung Nr. 1049/2001 die Ausnahmen gemäß den Abs. 1 bis 3 nur für den Zeitraum gelten, in dem der Schutz aufgrund des Inhalts des Dokuments gerechtfertigt ist. Im vorliegenden Fall betreffen die in den fraglichen Dokumenten enthaltenen Daten zwar die Jahre 2007 und 2008 und daher einen Zeitraum, der mehr als viereinhalb Jahre vor dem Erlass der angefochtenen Entscheidung endete. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass aus dem oben in Rn. 78 erwähnten Schriftwechsel hervorgeht, dass die betreffenden Unternehmen im Februar 2010 noch der Auffassung waren, dass die sie betreffenden Daten vertraulich zu behandeln seien. Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass sich aus diesen Daten ableiten lässt, wie hoch die Kosten pro Tonne des jeweiligen Produkts sind, die das betreffende Unternehmen für Emissionszertifikate aufwenden muss (siehe oben, Rn. 78). Unter diesen Umständen ist nicht nachgewiesen worden, dass die Kommission zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung zu dem Schluss hätte kommen müssen, dass der Schutz der fraglichen Interessen nach Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 nicht mehr gerechtfertigt sei.
93 Nach alledem ist im Ergebnis festzustellen, dass sich die Kommission auf die in Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehene Ausnahme stützen konnte, um den Zugang zu den fraglichen Dokumenten zu verweigern, da es möglich erschien, dass bestimmte von diesen Dokumenten betroffene Anlagen identifiziert werden könnten. In diesem Kontext muss daher nicht geprüft werden, ob die Kommission sich auf diese Ausnahme auch deshalb berufen konnte, weil die Verbreitung der fraglichen Dokumente es erlaubt hätte, einen Gesamtüberblick über die Wettbewerbssituation und die CO2-Emissionseffizienz dieser Anlagen zu gewinnen.
94 Infolgedessen ist der erste Teil des ersten Klagegrundes zurückzuweisen.
Zum zweiten Teil, betreffend das überwiegende öffentliche Interesse
95 Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung der fraglichen Dokumente gemäß Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 gegeben sei. Denn die in den fraglichen Dokumenten enthaltenen Angaben beträfen Emissionen in die Umwelt im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung Nr. 1367/2006.
96 In Beantwortung einer Frage des Gerichts zu den möglichen Auswirkungen des Urteils vom 23. November 2016, Kommission/Stichting Greenpeace Nederland und PAN Europe (C‑673/13 P, EU:C:2016:889), auf den vorliegenden Rechtsstreit hat die Klägerin geltend gemacht, dass dieses Urteil ihren Standpunkt bestätige, da die fraglichen Dokumente Angaben über die Menge, die Zusammensetzung und den Ort der CO2-Emissionen enthielten.
97 Die Klägerin fügt hinzu, sie habe Zugang zu den fraglichen Dokumenten beantragt, um die Richtigkeit des Ausgangspunkts für die Bestimmung der Ex-ante-Benchmarks durch die Kommission zu überprüfen. Sie vertritt die Auffassung, wegen ihrer Beteiligung über Eurofer an der Erhebung der der Kommission zur Verfügung gestellten Daten habe sie Anlass zu berechtigten Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der Festlegung der für die Stahlindustrie relevanten Ex-ante-Benchmarks. Diese Zweifel resultierten daraus, dass die Festlegungen der Kommission zu den 10 % effizientesten Anlagen scheinbar nicht auf die ihr zuvor über Eurofer mitgeteilten Daten zurückgeführt werden könnten. Es liege aber im allgemeinen Interesse der Öffentlichkeit, dass die Vorgaben der Richtlinie 2003/87 auch durch die Kommission richtig vollzogen würden. Dieses öffentliche Interesse überwiege das private Interesse Dritter am Schutz der Daten zur CO2-Effizienz ihrer jeweiligen Anlagen.
98 Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.
99 Nach Art. 6 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1367/2006 wird Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 dahin ausgelegt, dass ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung eines Dokuments besteht, wenn die angeforderten Informationen Emissionen in die Umwelt betreffen.
100 Nach der Rechtsprechung darf die Wendung „Informationen[, die] Emissionen in die Umwelt betreffen“ im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung Nr. 1367/2006 nicht eng ausgelegt werden (Urteil vom 23. November 2016, Kommission/Stichting Greenpeace Nederland und PAN Europe, C‑673/13 P, EU:C:2016:889, Rn. 51).
101 Aus der Rechtsprechung geht zudem hervor, dass im Hinblick auf das mit Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung Nr. 1367/2006 verfolgte Ziel, grundsätzlichen Zugang zu „Informationen[, die] Emissionen in die Umwelt betreffen“, zu gewähren, diese Wendung dahin aufzufassen ist, dass sie insbesondere die Daten einschließt, die es der Öffentlichkeit ermöglichen, Kenntnis darüber zu erlangen, was tatsächlich in die Umwelt freigesetzt wird oder voraussichtlich freigesetzt werden wird. Damit ist diese Wendung dahin auszulegen, dass sie insbesondere die Angaben über Art, Zusammensetzung, Menge, Zeitpunkt und Ort der Emissionen erfasst, ohne deswegen aber jede Information zu erfassen, die irgendeinen – selbst unmittelbaren – Bezug zu Emissionen in die Umwelt aufweist. Würde diese Wendung dahin ausgelegt, dass sie solche Informationen erfasste, schöpfte sie nämlich den Begriff „Umweltinformationen“ im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung Nr. 1367/2006 weitgehend aus. Eine solche Auslegung nähme somit der in Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehenen Möglichkeit der Organe, die Verbreitung von Umweltinformationen u. a. aus dem Grund zu verweigern, dass durch diese Verbreitung der Schutz der geschäftlichen Interessen einer bestimmten natürlichen oder juristischen Person beeinträchtigt würde, jede praktische Wirksamkeit und gefährdete das Gleichgewicht, das der Unionsgesetzgeber zwischen dem Ziel der Transparenz und dem Schutz dieser Interessen sicherstellen wollte. Sie führte ferner zu einer unverhältnismäßigen Beeinträchtigung des mit Art. 339 AEUV garantierten Schutzes des Berufsgeheimnisses (Urteil vom 23. November 2016, Kommission/Stichting Greenpeace Nederland und PAN Europe, C‑673/13 P, EU:C:2016:889, Rn. 79 bis 81).
102 Im vorliegenden Fall enthalten die fraglichen Dokumente für jede der in Rede stehenden Anlagen Informationen über die Emissionsmenge von CO2 pro Tonne hergestellter Produkte in den betreffenden Bereichen. Es ist daher offensichtlich, dass diese Informationen einen gewissen Bezug zu Emissionen in die Umwelt aufweisen.
103 Es ist jedoch daran zu erinnern, dass die fraglichen Dokumente keine Informationen über die Gesamtmenge des von einer bestimmten Anlage emittierten CO2 enthalten, sondern Informationen über die CO2-Effizienz der Anlagen, d. h. über die Menge an CO2, die bei der Herstellung einer Tonne Koks, Eisenerzsinter oder flüssigen Roheisens emittiert wird. Folglich ermöglichen diese Daten es der Öffentlichkeit nicht, Kenntnis darüber zu erlangen, was tatsächlich in die Umwelt freigesetzt wird oder voraussichtlich freigesetzt werden wird, also über die Menge an CO2-Emissionen der betreffenden Anlagen. Somit stellen die in den fraglichen Dokumenten enthaltenen Informationen keine Informationen, die Emissionen in die Umwelt betreffen, im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung Nr. 1367/2006 dar.
104 Dieses Ergebnis wird nicht durch das Vorbringen der Klägerin in Frage gestellt, dass die fraglichen Dokumente Informationen über die Zusammensetzung und den Ort der CO2-Emissionen der betreffenden Anlagen enthielten.
105 Zu dem ersten dieser Kriterien vertritt die Klägerin die Auffassung, dass die Informationen über die Mengen an CO2-Emissionen, die im öffentlichen Register eingetragen seien, Anlagen im weiten Sinn erfassten. Folglich werde ein integriertes Hüttenwerk, das u. a. Einrichtungen für die Herstellung von Koks, Eisenerzsinter, flüssigem Roheisen und Stahl umfasse, wie eine einzige Anlage behandelt. Die veröffentlichten Informationen über die Emissionen einer solchen Anlage gäben somit keinen Aufschluss über die Zusammensetzung dieser Emissionen in Bezug auf ihre konkrete Herkunft, wie etwa aus einer Einrichtung für die Herstellung von Koks. Die fraglichen Dokumente hingegen enthielten solche Informationen. Dieses Vorbringen ist zurückzuweisen. Es ist eindeutig, dass der Gerichtshof in dem erwähnten Urteil in der Rechtssache C‑673/13 P (siehe oben, Rn. 100) mit Informationen über die „Zusammensetzung“ der Emissionen Informationen über die chemische Zusammensetzung dieser Emissionen und nicht über ihre Herkunft meint.
106 Dasselbe gilt für das Vorbringen der Klägerin, dass die fraglichen Dokumente Informationen enthielten, die Aufschluss über die CO2-Emissionen einer konkreten Anlage zur Herstellung von Koks, Eisenerzsinter oder Roheisen gäben, und es sich daher um Informationen in Bezug auf den „Ort“ dieser Emissionen handle. Es ist nämlich offensichtlich, dass der Gerichtshof in dem erwähnten Urteil in der Rechtssache C‑673/13 P (siehe oben, Rn. 100) mit „Ort“ der Emissionen deren genauen Herkunftsort meint. Die betreffenden Dokumente enthalten jedoch keine genaue geografische Angabe des Ortes der fraglichen Emissionen.
107 Schließlich ist es zwar zutreffend, dass es im allgemeinen Interesse der Öffentlichkeit liegt, dass die Vorgaben der Richtlinie 2003/87 auch durch die Kommission richtig vollzogen werden, jedoch genügt diese Feststellung nicht als Nachweis dafür, dass dieses Interesse ein überwiegendes öffentliches Interesse darstellt, das die Kommission verpflichten würde, die fraglichen Dokumente in ihrer Gesamtheit zu verbreiten.
108 Nach alledem ist der zweite Teil des ersten Klagegrundes zurückzuweisen, ohne dass das Vorbringen der Kommission geprüft zu werden braucht, wonach die in den fraglichen Dokumenten enthaltenen Informationen nicht tatsächliche, sondern hypothetische Emissionen betreffen.
Zum vierten Teil, betreffend den teilweisen Zugang nach Art. 4 Abs. 6 der Verordnung Nr. 1049/2001
109 Die Klägerin vertritt die Auffassung, die Kommission hätte ihr zu den fraglichen Dokumenten zumindest einen teilweisen Zugang nach Art. 4 Abs. 6 der Verordnung Nr. 1049/2001 gewähren müssen, indem sie etwaige vertrauliche Daten in diesen Dokumenten, wie etwa die Angaben, die eine eindeutige Identifikation der jeweiligen Anlage ermöglichten, unkenntlich mache. Indem sie einen solchen teilweisen Zugang verweigert habe, habe die Kommission auch gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nach Art. 5 Abs. 4 EUV verstoßen.
110 Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.
111 Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass in den fraglichen Dokumenten die betreffenden Anlagen nicht genannt, sondern durch einen Code in Form einer fortlaufenden Nummerierung bezeichnet sind. Es gab somit keine vertraulichen Daten, die die Kommission hätte unkenntlich machen können, um Zugang zu dem Rest dieser Dokumente gewähren zu können.
112 Da die Ausnahme nach Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 u. a. deshalb Anwendung findet, weil die Verbreitung der fraglichen Dokumente es ermöglichen würde, die von diesen Dokumenten betroffenen Anlagen zu identifizieren (siehe oben, Rn. 75), ist allerdings festzustellen, dass die Verweigerung selbst eines teilweisen Zugangs eigentlich voraussetzt, dass sonst alle betroffenen Anlagen identifiziert werden könnten. Die Kommission behauptet dies jedoch nicht. Sie hat nämlich lediglich geltend gemacht, dass sachkundige Marktteilnehmer einzelne der Anlagen, insbesondere die besonders effizienten bzw. ineffizienten, identifizieren könnten.
113 In Beantwortung einer Frage des Gerichts zu diesem Punkt hat die Kommission geltend gemacht, dass ihre Schlussfolgerung in Abschnitt 5 der angefochtenen Entscheidung, dass im vorliegenden Fall kein teilweiser Zugang gewährt werden könne, weil die fraglichen Dokumente vollständig unter die Ausnahme nach Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 fielen, implizit, aber notwendig auf die Erwägungen in Abschnitt 3 der angefochtenen Entscheidung verweise, auf deren Grundlage sie zu dem Schluss gelangt sei, dass der Zugang zu den fraglichen Dokumenten in ihrer Gesamtheit verweigert werden müsse. Diese Erwägungen bezögen sich ausdrücklich auf die Beeinträchtigung der geschäftlichen Interessen der Industriebranchen als solchen, unabhängig von jeglicher Möglichkeit zur Identifizierung einzelner Marktteilnehmer. Eine derartige Beeinträchtigung würde auch dann eintreten, wenn lediglich die Daten zu den hinsichtlich der CO2-Emissionen besonders effizienten bzw. ineffizienten Anlagen unkenntlich gemacht würden. Denn auch in diesem Fall würde mit der Offenlegung der CO2-Effizienzwerte ein Indiz für die in der gesamten Branche und in einzelnen Anlagen eingesetzte Herstellungsmethode und Technologie offengelegt.
114 Das Gericht teilt die Ansicht der Kommission, dass die Erwägungen in Abschnitt 5 der angefochtenen Entscheidung notwendig auf jene in deren Abschnitt 3, insbesondere auf die Beeinträchtigung geschäftlicher Interessen der Industrie, unabhängig von der Möglichkeit zur Identifizierung bestimmter Marktteilnehmer, verweisen. Ein etwaiger teilweiser Zugang in dem Sinne, dass bestimmte Angaben, anhand deren die verschiedenen Anlagen identifiziert werden könnten, entfernt würden, würde aber – wie von der Kommission in Abschnitt 3 der angefochtenen Entscheidung erläutert –immer noch einen Gesamtüberblick über die Wettbewerbssituation und die CO2-Emissionseffizienz der Industrie in der Union vermitteln, während die Bestandteile dieses Überblicks geschäftssensibel wären. In diesem Zusammenhang kann der in Abschnitt 3 der angefochtenen Entscheidung beschriebene Schaden für die geschäftlichen Interessen der Industrie nur als eine Beeinträchtigung der Interessen natürlicher oder juristischer Personen, die in den fraglichen Industriebranchen tätig sind, gewertet werden, so dass die Voraussetzung nach Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 erfüllt ist.
115 Diese Schlussfolgerung wird nicht durch das Vorbringen der Klägerin in Frage gestellt, die Kommission habe mit der Festlegung der Benchmarks im Beschluss 2011/278 selbst Indizien für die in der betreffenden Branche eingesetzte Herstellungsmethode und Technologie offengelegt. Da die Benchmarks auf der Grundlage der Durchschnittsleistung der 10 % effizientesten Anlagen festgelegt wurden, liefern sie nämlich weder für die gesamte Branche noch für einzelne Anlagen Indizien.
116 Folglich ist der vierte Teil des ersten Klagegrundes zurückzuweisen und damit die Klage insgesamt abzuweisen.
Kosten
117 Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr entsprechend dem Antrag der Kommission ihre eigenen Kosten und die Kosten der Kommission aufzuerlegen.
Aus diesen Gründen hat
DAS GERICHT (Fünfte Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Rogesa Roheisengesellschaft Saar mbH trägt die Kosten.
Gratsias |
Dittrich |
Xuereb |
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 11. Juli 2018.
Der Kanzler |
Der Präsident |
E. Coulon |
D. Gratsias |
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