T-640/16 – GEA Group/ Kommission

T-640/16 – GEA Group/ Kommission

Language of document : ECLI:EU:T:2018:700

Vorläufige Fassung

URTEIL DES GERICHTS (Fünfte Kammer)

18. Oktober 2018()

„Wettbewerb – Kartelle – Wärmestabilisatoren – Beschluss, mit dem ein Verstoß gegen Art. 81 EG festgestellt wird – Beschluss zur Änderung einer ursprünglichen Entscheidung – Nichtigkeitsklage – Rechtsschutzinteresse – Zulässigkeit – Geldbußen – Obergrenze von 10 % – Konzern – Gleichbehandlung“

In der Rechtssache T‑640/16

GEA Group AG mit Sitz in Düsseldorf (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte I. du Mont und C. Wagner,

Klägerin,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch P. Rossi, A. Biolan und V. Bottka als Bevollmächtigte,

Beklagte,

wegen einer Klage gemäß Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung des Beschlusses K(2016) 3920 endg. der Kommission vom 29. Juni 2016 zur Änderung der Entscheidung K(2009) 8682 endg. der Kommission vom 11. November 2009 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/38589 – Wärmestabilisatoren)

erlässt

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten D. Gratsias, der Richterin I. Labucka (Berichterstatterin) und des Richters I. Ulloa Rubio,

Kanzler: N. Schall, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 1. Februar 2018

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Die Klägerin, die GEA Group AG, ist 2005 aus der Fusion der Metallgesellschaft AG (im Folgenden: MG) und einer anderen Gesellschaft hervorgegangen. MG war die Dachgesellschaft, die vor 2000 unmittelbar oder durch Tochterunternehmen die Chemson Gesellschaft für Polymer-Additive mbH (im Folgenden: OCG) und die Polymer-Additive ABC‑One Produktions- und Vertriebs GmbH (im Folgenden: OCA) hielt.

2        Am 17. Mai 2000 veräußerte MG die OCG, die in Aachener Chemische Werke Gesellschaft für glastechnische Produkte und Verfahren mbH (im Folgenden: ACW) umbenannt wurde.

3        Nach der Auflösung von OCA im Mai 2000 wurden deren Tätigkeiten von einer ab dem 30. August 2000 als Chemson Polymer-Additive AG (im Folgenden: CPA) bezeichneten Gesellschaft wieder aufgenommen, die heute nicht mehr zu dem Konzern gehört, deren Dachgesellschaft die Klägerin war.

 Rechtssache T45/10

4        Mit ihrer Entscheidung K(2009) 8682 endg. vom 11. November 2009 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/38589 – Wärmestabilisatoren) (im Folgenden: Entscheidung von 2009) stellte die Kommission fest, dass eine Reihe von Unternehmen gegen Art. 81 EG und Art. 53 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) verstoßen hätten, indem sie sich an zwei Komplexen wettbewerbswidriger Vereinbarungen und abgestimmter Verhaltensweisen im EWR, zum einen im Bereich Zinnstabilisatoren und zum anderen im Bereich Epoxid-Sojaöle und Ester (im Folgenden: ESBO/Ester), beteiligt hätten.

5        In Art. 1 Abs. 2 Buchst. k der Entscheidung von 2009 wurde die Klägerin für die im Bereich ESBO/Ester vom 11. September 1991 bis zum 17. Mai 2000 begangenen Zuwiderhandlungen haftbar gemacht.

6        Ihre Haftung wurde für den gesamten Zeitraum der Zuwiderhandlung als Rechtsnachfolgerin der MG für die Verstöße festgestellt, die vom 11. September 1991 bis zum 17. Mai 2000 von OCG und vom 13. März 1997 bis zum 17. Mai 2000 von OCA begangen worden waren.

7        Darüber hinaus wurde ACW als Rechtsnachfolgerin von OCG zum einen für die Zuwiderhandlung von OCG während des gesamten Zeitraums der Zuwiderhandlung, d. h. vom 11. September 1991 bis zum 17. Mai 2000, und zum anderen für die Zuwiderhandlung von OCA vom 30. September 1999 bis zum 17. Mai 2000, dem Zeitraum, in dem deren Anteile zu 100 % von OCG gehalten wurden, zur Rechenschaft gezogen.

8        Als Rechtsnachfolgerin von OCA wurde CPA zum einen für die von OCA vom 13. März 1997 bis zum 17. Mai 2000 begangene Zuwiderhandlung und zum anderen für die von OCG vom 30. September 1995 bis zum 30. September 1999, dem Zeitraum, in dem sich die Anteile von OCG zu 100 % in den Händen von OCA befanden, begangene Zuwiderhandlung zur Rechenschaft gezogen. Art. 2 Abs. 2 der Entscheidung von 2009 lautet:

„Für die … Zuwiderhandlungen im Bereich ESBO/Ester werden folgende Geldbußen verhängt:

 …

31)      [die Klägerin], [ACW] und [CPA] haften gesamtschuldnerisch für … 1 913 971 [Euro];

32)      [die Klägerin] und [ACW] haften gesamtschuldnerisch für … 1 432 229 [Euro];

 …“

9        Mit Klageschrift, die am 28. Januar 2010 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob die Klägerin Klage gegen die Entscheidung von 2009.

10      Mit Urteil vom 15. Juli 2015, GEA Group/Kommission (T‑45/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:507), wies das Gericht die Klage der Klägerin ab.

 Rechtssache T189/10

11      Am 15. Dezember 2009 machte ACW die Europäische Kommission darauf aufmerksam, dass die in der Entscheidung von 2009 gegen sie verhängte Geldbuße die Obergrenze von 10 % ihres Umsatzes (im Folgenden: Obergrenze von 10 %) im Sinne von Art. 23 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 [EG] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) überschreite.

12      Da die gegen ACW verhängte Geldbuße die Obergrenze von 10 % überschritt, erließ die Kommission am 8. Februar 2010 die Entscheidung K(2010) 727 endg. zur Änderung der Entscheidung [von 2009] (im Folgenden: Entscheidung von 2010).

13      In der Entscheidung von 2010 stellte die Kommission fest, dass die Geldbuße, die gegen ACW gesamtschuldnerisch zum einen mit der Klägerin und CPA und zum anderen mit der Klägerin festgesetzt worden sei, die Obergrenze von 10 % überschreite, so dass die Entscheidung von 2009 geändert werden müsse (vgl. zweiter Erwägungsgrund der Entscheidung von 2010).

14      Die Kommission führte in der Entscheidung von 2010 zudem aus, dass die Höhe der gegen die Klägerin und CPA verhängten Geldbuße unverändert bleibe, dass aber die gegen ACW verhängte Geldbuße herabgesetzt werden müsse und dass die Entscheidung von 2010 keine Auswirkungen auf die anderen Adressaten der Entscheidung von 2009 habe.

15      Art. 1 der Entscheidung von 2010 änderte Art. 2 Abs. 2 der Entscheidung von 2009 wie folgt:

„Artikel 2 Nummer 31 erhält folgenden Wortlaut:

‚31.a) [die Klägerin], [ACW] und [CPA] haften gesamtschuldnerisch für … 1 086 129 [Euro];

31.b) [die Klägerin] und [CPA] haften gesamtschuldnerisch für … 827 842 [Euro].‘

Artikel 2 Nummer 32 erhält folgenden Wortlaut:

‚32) [die Klägerin] haftet für 1 432 229 [Euro].‘“

16      Mit Klageschrift, die am 20. April 2010 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob die Klägerin Klage gegen die Entscheidung von 2010 und beantragte hilfsweise, die gegen sie verhängte Geldbuße abzuändern.

17      Mit Urteil vom 15. Juli 2015, GEA Group/Kommission (T‑189/10, EU:T:2015:504), erklärte das Gericht die Entscheidung von 2010 für nichtig, soweit sie die Klägerin betraf. Es entschied, dass die Kommission die Verteidigungsrechte der Klägerin verletzt habe, indem sie die Entscheidung von 2010 ohne vorherige Anhörung erlassen habe.

 Angefochtener Beschluss

18      Mit Schreiben vom 5. Februar 2016 teilte die Kommission der Klägerin mit, dass sie beabsichtige, eine neue Entscheidung zu erlassen, und forderte ACW, CPA und die Klägerin zur Abgabe ihrer schriftlichen Stellungnahmen auf.

19      Die Klägerin reichte ihre schriftliche Stellungnahme am 24. März 2016 bei der Kommission ein.

20      Mit Schreiben vom 2. Mai 2016 antwortete die Kommission auf die Stellungnahme der Klägerin.

21      Am 29. Juni 2016 erließ die Kommission den Beschluss K(2016) 3920 endg. zur Änderung der Entscheidung von 2009 (im Folgenden: angefochtener Beschluss).

22      In Art. 1 des angefochtenen Beschlusses wurde der oben in Rn. 15 wiedergegebene Wortlaut von Art. 1 der Entscheidung von 2010, durch den Art. 2 Abs. 2 der Entscheidung von 2009 geändert wurde, ohne Änderung übernommen.

23      In Art. 2 des angefochtenen Beschlusses wurde der Zeitpunkt der Fälligkeit der Geldbußen auf den 10. Mai 2010 festgesetzt.

 Verfahren und Anträge der Parteien

24      Mit Klageschrift, die am 8. September 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben.

25      In der Anlage zur Klageschrift hat die Klägerin die Stellungnahme vorgelegt, die die Kommission am 18. März 2013 auf die Frage des Gerichts zu einer möglichen Verbindung der Rechtssachen T‑45/10 und T‑189/10 in den Verfahren betreffend diese beiden Rechtssachen abgegeben hatte (im Folgenden: Anlage A.9).

26      Am 22. September 2016 hat der Präsident des Gerichts im Rahmen einer prozessleitenden Maßnahme an die Klägerin die Frage gerichtet, ob die Vorlage der Anlage A.9 von der Kommission genehmigt worden sei.

27      Am 27. September 2016 hat die Klägerin dem Gericht mitgeteilt, dass sie nicht die Genehmigung der Kommission zur Vorlage der Anlage A.9 eingeholt habe.

28      Mit Beschluss vom 28. September 2016 hat der Präsident der Fünften Kammer des Gerichts beschlossen, die Anlage A.9 der Klageschrift nicht aus der Gerichtsakte zu entfernen, weil erstens das fragliche Dokument aus einem früheren Verfahren in der Rechtssache T‑189/10 zwischen denselben Parteien stammt, zweitens die Rechtssache T‑640/16 mit den verbundenen Rechtssachen T‑45/10 und T‑189/10 zusammenhängt, da der angefochtene Beschluss in der vorliegenden Rechtssache auf die Nichtigerklärung der Entscheidung von 2010 in der Rechtssache T‑189/10 hin erlassen wurde, und drittens die Anlage A.9 eine Antwort der Kommission auf eine prozessleitende Maßnahme des Gerichts in den Rechtssachen T‑45/10 und T‑189/10 betrifft.

29      Die Parteien haben in der Sitzung vom 1. Februar 2018 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.

30      Die Klägerin beantragt:

–        den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären;

–        hilfsweise, die Geldbuße herabzusetzen und einen neuen, nach dem Erlass des angefochtenen Beschlusses liegenden Zeitpunkt für die Zahlung der Geldbuße und als Zeitpunkt, ab dem Verzugszinsen zu zahlen sind, festzusetzen;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

31      Die Kommission beantragt:

–        die Klage als unzulässig abzuweisen;

–        hilfsweise, die Klage als unbegründet abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

32      Die Klägerin beantragt mit ihrer Klage in erster Linie, den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären, und hilfsweise, die gegen sie festgesetzte Geldbuße abzuändern. 

33      In der Klagebeantwortung macht die Kommission geltend, dass die Klage unzulässig sei.

34      Da die Klägerin in erster Linie die Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses beantragt, ist nur für den Fall einer Zurückweisung dieses Antrags eine Prüfung ihres hilfsweise gestellten Antrags auf Herabsetzung der gegen sie verhängten Geldbuße erforderlich.

 Zur Zulässigkeit

35      Nach Ansicht der Kommission hat die Klägerin kein Rechtsschutzinteresse an der Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses.

36      Zum einen habe sie in dem angefochtenen Beschluss keine neue der Klägerin zuzurechnende Zuwiderhandlung festgestellt und den Betrag der Geldbuße, die in der Entscheidung von 2009 gegen die Klägerin verhängt worden sei, die gegenüber der Klägerin im Anschluss an das Urteil vom 15. Juli 2015, GEA Group/Kommission (T‑45/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:507), bestandskräftig geworden sei, nicht geändert.

37      So kann nach Ansicht der Kommission eine Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses für die Klägerin keinen Vorteil begründen, da die Klägerin die Geldbuße, zu deren Zahlung sie gemäß der Entscheidung von 2009 verpflichtet sei, jedenfalls zahlen müsse.

38      Sie fügt hinzu, dass im Sinne des Urteils vom 6. Oktober 2015, Corporación Empresarial de Materiales de Construcción/Kommission (T‑250/12, EU:T:2015:749‚ Rn. 47 und 48), nur dann etwas anderes gelten könnte, wenn die Klägerin neben der Geldbuße auch die Feststellung ihrer Beteiligung an der Zuwiderhandlung hätte anfechten können.

39      Zum anderen könne die gegenüber ACW und CPA gesamtschuldnerisch mit der Klägerin verhängte Geldbuße nicht geändert werden, da sie auf der Entscheidung von 2010 beruhe, die gegenüber ACW und CPA ebenfalls bestandskräftig geworden sei.

40      Die Klägerin könne von ACW und CPA nicht verlangen, eine umfangreichere oder eine andere Haftung zu übernehmen, als in der Entscheidung von 2010 zur Deckung der gemäß der Entscheidung von 2009 noch geschuldeten Beträge festgesetzt worden sei.

41      Die Klägerin macht ihrerseits geltend, dass sie als Adressatin des angefochtenen Beschlusses klagebefugt sei.

42      Sie verfüge auch über ein Rechtsschutzinteresse, da die Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses die Kommission dazu verpflichte, ihr die Geldbuße, die sie am 22. Juli 2016 gezahlt habe, zurückzuerstatten.

43      Zu dem Vorbringen der Kommission hinsichtlich der Unzulässigkeit der Klage vertritt die Klägerin die Auffassung, dass diese Erwägungen unzutreffend seien. Erstens beruhten sie auf der Prämisse, dass die Entscheidung von 2009 eine Rechtsgrundlage für die Erhebung der Geldbuße darstelle.

44      Der Erlass des angefochtenen Beschlusses durch die Kommission erklärt sich aber nach Ansicht der Klägerin nur dadurch, dass die Entscheidung von 2010, die die Entscheidung von 2009 „ersetzt“ habe, mit Urteil vom 15. Juli 2015, GEA Group/Kommission (T‑189/10, EU:T:2015:504), für nichtig erklärt worden sei.

45      So habe die Kommission gegenüber der Klägerin eine neue Entscheidung in der Sache erlassen müssen, um über eine Rechtsgrundlage zu verfügen, um ihr eine Geldbuße aufzuerlegen.

46      Daher könne eine Bezugnahme auf die Entscheidung von 2009 keinen Einfluss auf die Beurteilung der Zulässigkeit der Klage haben.

47      Zweitens macht die Klägerin geltend, dass, wenn die Klage tatsächlich unzulässig sei, diese Unzulässigkeit auch in der Rechtssache T‑189/10 hätte festgestellt werden müssen, da das Gericht verpflichtet gewesen sei, die Zulässigkeit dieser Klage von Amts wegen zu prüfen. Da dies aber nicht der Fall sei, könne nicht davon ausgegangen werden, dass die vorliegende Klage unzulässig sei.

48      Drittens macht die Klägerin geltend, sie habe ein Interesse daran, dass das Gericht über den verfügenden Teil der Entscheidung von 2009, wie er durch die Entscheidung von 2010 ersetzt und in dem angefochtenen Beschluss übernommen worden sei, entscheide, da sich das Gericht in der Rechtssache T‑45/10, insbesondere nach der Nichtigerklärung der Entscheidung von 2010, zur Festlegung der im verfügenden Teil der Entscheidung von 2009 genannten gesamtschuldnerischen Haftung der Gesellschaften nicht habe äußern können.

49      Viertens würde eine Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses die Kommission verpflichten, die gesamtschuldnerische Haftung der Klägerin im Hinblick auf eine „bessere“ Aufteilung der Geldbuße erneut festzulegen, und könnte eine Grundlage für die Erhebung einer Schadensersatzklage vor dem Gericht bilden.

50      Fünftens führt die Klägerin aus, dass die Klage nicht nur gegen eine „neue Aufteilung der Haftung“, sondern auch gegen die Verhängung von Geldbußen gegen sie sowie das Verfahren, das zum Erlass des angefochtenen Beschlusses und die Festlegung des Zeitpunkts der Zahlung dieser Geldbußen geführt habe, gerichtet sei.

51      In diesem Zusammenhang ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Kommission im Hinblick auf die Beurteilung der Zulässigkeit der Klage nicht in Abrede stellt, dass die Klägerin klagebefugt ist, was jedenfalls nicht ernsthaft erörtert werden muss, da die Klägerin Adressatin des angefochtenen Beschlusses ist.

52      Vielmehr erhebt die Kommission die Einrede des fehlenden Rechtsschutzinteresses der Klägerin.

53      Nach ständiger Rechtsprechung ist eine Nichtigkeitsklage einer natürlichen oder juristischen Person nur zulässig, wenn die Klagepartei ein Interesse an der Nichtigerklärung der angefochtenen Handlung hat, wobei ein solches Interesse voraussetzt, dass die Nichtigerklärung dieser Handlung als solche Rechtswirkungen haben kann und dass der Rechtsbehelf der Partei, die ihn eingelegt hat, damit im Ergebnis einen Vorteil verschaffen kann (vgl. Urteile vom 13. Juli 2000, Parlament/Richard, C‑174/99 P, EU:C:2000:412, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung, vom 10. September 2009, Akzo Nobel u. a./Kommission, C‑97/08 P, EU:C:2009:536, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 28. September 2004, MCI/Kommission, T‑310/00, EU:T:2004:275, Rn. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung).

54      Im vorliegenden Fall ist zur Beurteilung, ob die Klägerin ein Interesse an der Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses hat, zunächst daran zu erinnern, dass der Klägerin gemäß Art. 2 Nrn. 31 und 32 der Entscheidung von 2009 zum einen gesamtschuldnerisch mit ACW und CPA die Zahlung einer Geldbuße in Höhe von 1 913 971 Euro und zum anderen gesamtschuldnerisch mit ACW die Zahlung einer Geldbuße in Höhe von 1 432 229 Euro auferlegt wurde.

55      Mit diesen Geldbußen sollte die Zuwiderhandlung sanktioniert werden, an der zum einen das aus der Klägerin, ACW und CPA bestehende Unternehmen im Sinne des Wettbewerbsrechts der Europäischen Union vom 30. September 1995 bis zum 17. Mai 2000 und zum anderen das aus der Klägerin und ACW bestehende Unternehmen im Sinne des Wettbewerbsrechts der Union vom 11. September 1991 bis zum 29. September 1995 beteiligt war.

56      Damit steht aufgrund der gesamtschuldnerischen Natur der Verpflichtung zur Zahlung der dort festgesetzten Geldbuße fest, dass die Kommission berechtigt war, von der Klägerin in Durchführung von Art. 2 Nr. 31 der Entscheidung von 2009 die Zahlung einer Geldbuße in Höhe von 1 913 971 Euro und in Durchführung von Art. 2 Nr. 32 dieser Entscheidung die Zahlung eines Betrags von 1 432 229 Euro zu verlangen.

57      Die gesamtschuldnerische Verhängung einer Geldbuße führt nämlich dazu, dass die Kommission von jedem einzelnen Gesamtschuldner die vollständige Zahlung der geschuldeten Summe verlangen kann.

58      Die Entscheidung von 2010 änderte hinsichtlich der Klägerin nichts an der Tragweite dieser Verpflichtung.

59      Denn mit der Entscheidung von 2010 wollte die Kommission lediglich einen Fehler bei der Anwendung der Obergrenze von 10 % auf die ACW korrigieren, wozu sie gemäß Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 verpflichtet war.

60      Zu diesem Zweck wandte die Kommission im Rahmen der Entscheidung von 2010 die Obergrenze von 10 % auf den Gesamtbetrag der gegen ACW verhängten Geldbußen an und setzte diesen demgemäß auf 1 086 129 Euro herab.

61      Um diese Herabsetzung durchzuführen, hat die Kommission diese gesamte Summe der Geldbuße zugeschlagen, für die ACW aufgrund der Zuwiderhandlung, an der sich die Klägerin, ACW und CPA vom 30. September 1995 bis zum 17. Mai 2000 beteiligt hatten, gesamtschuldnerisch einzustehen hatte, während für den Restbetrag der Geldbuße, d. h. 827 842 Euro, nur die Klägerin und CPA gesamtschuldnerisch einzustehen hatten (Art. 2 Nr. 31 Buchst. a und b der Entscheidung von 2009 in der durch die Entscheidung von 2010 geänderten Fassung).

62      Darüber hinaus setzte die Kommission gegen die Klägerin allein eine Geldbuße in Höhe von 1 432 229 Euro wegen der Zuwiderhandlung fest, an der die Klägerin und ACW im Zeitraum vom 11. September 1991 bis zum 29. September 1995 beteiligt waren, da der von ACW geschuldete Gesamtbetrag nach Anwendung der Obergrenze von 10 % bereits durch die erste Geldbuße gedeckt war (Art. 2 Nr. 32 der Entscheidung von 2009 in der durch die Entscheidung von 2010 geänderten Fassung).

63      Folglich war die Klägerin in jedem Fall verpflichtet, an die Kommission Beträge zu zahlen, die genau mit denen identisch waren, deren Zahlung ihr ursprünglich durch die Entscheidung von 2009 auferlegt worden war.

64      Mit der Entscheidung von 2010 wurde jedoch das gesamtschuldnerische Außenverhältnis zwischen der Klägerin, ACW und CPA im Hinblick auf die Zahlung des Betrags jeder dieser Geldbußen geändert. Zum einen sind bezüglich der ersten dieser Geldbußen ACW und CPA nur mehr in Höhe von 1 086 129 Euro Gesamtschuldner der Klägerin und nur die CPA ist Gesamtschuldnerin mit der Klägerin für den verbleibenden Betrag von 827 842 Euro. Zum anderen wurde die Klägerin alleinige Schuldnerin des Betrags der zweiten Geldbuße, d. h. in Höhe von 1 432 229 Euro.

65      Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin nacheinander eine Klage gegen die Entscheidung von 2009, eingetragen unter dem Aktenzeichen T‑45/10, und eine Klage gegen die Entscheidung von 2010, eingetragen unter dem Aktenzeichen T‑189/10, erhoben hat. Mit zwei gesonderten, am selben Tag verkündeten Urteilen wies das Gericht zum einen die erste Klage ab und erklärte zum anderen die Entscheidung von 2010 für nichtig, wobei es dem Klagegrund einer Verletzung der Verteidigungsrechte der Klägerin stattgab.

66      Wie die Kommission vorträgt, führte der Umstand, dass das Gericht die Klage der Klägerin mit Urteil vom 15. Juli 2015, GEA Group/Kommission (T‑45/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:507), abgewiesen hat, da keine Rechtsmittel gegen dieses Urteil eingelegt wurden, zwar dazu, dass die Feststellungen der Kommission zur Haftung der Klägerin wegen ihrer Zugehörigkeit zu ein und demselben, aus ACW, CPA und ihr selbst bestehenden Unternehmen im Sinne des Wettbewerbsrechts der Union bestandskräftig wurden, doch konnte dies hinsichtlich der Festlegung des gesamtschuldnerischen Charakters der gemäß Art. 2 Nrn. 31 und 32 der Entscheidung von 2009 geschuldeten Geldbußen nicht der Fall sein. Denn dieser Teil der Entscheidung von 2009 wurde, nachdem die Klägerin die Klage in der Rechtssache T‑45/10 erhoben hatte, durch die Entscheidung von 2010 geändert.

67      Zwar hatte die Nichtigerklärung der Entscheidung von 2010 in der Rechtssache T‑189/10 aufgrund ihrer Rückwirkung zur Folge, dass die vor dieser Entscheidung bestehende Rechtslage und damit Art. 2 Nrn. 31 und 32 der Entscheidung von 2009 in seiner ursprünglichen Fassung wiederhergestellt wurde.

68      Jedoch erließ die Kommission im Anschluss an diese Nichtigerklärung den angefochtenen Beschluss, durch dessen verfügenden Teil, der mit dem der Entscheidung von 2010 völlig identisch ist, Art. 2 Nrn. 31 und 32 der Entscheidung von 2009 erneut geändert wurde.

69      Insoweit waren, entgegen dem Vorbringen der Kommission, ACW und CPA ebenso wie die Klägerin, obwohl sie nicht Parteien des Verfahrens der von der Klägerin gegen die Entscheidung von 2010 erhobenen Klage waren, durch die Nichtigerklärung der Entscheidung von 2010 in ihrer jeweiligen Rechtsstellung betroffen.

70      Zum einen ist nämlich darauf hinzuweisen, dass Nichtigkeitsurteilen im Unionsrecht absolute Rechtskraft zukommt (Urteil vom 14. September 1999, Kommission/AssiDomän Kraft Products u. a., C‑310/97 P, EU:C:1999:407‚ Rn. 54).

71      Zum anderen hängt die rechtliche Situation von ACW und CPA hinsichtlich der für nichtig erklärten Bestimmungen mit der der Klägerin zusammen, da diese Bestimmungen die Höhe der Geldbußen, die ihnen wegen der Zuwiderhandlungen, für die sie gesamtschuldnerisch haften, aufzuerlegen sind, sowie das gesamtschuldnerische Außenverhältnis dieser Gesellschaften im Hinblick auf diese Geldbußen festlegen (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 10. April 2014, Kommission u. a./Siemens Österreich u. a., C‑231/11 P bis C‑233/11 P, EU:C:2014:256‚ Rn. 41 bis 52).

72      Art. 2 Nrn. 31 und 32 der Entscheidung von 2009 in der durch die Entscheidung von 2010 geänderten Fassung änderte die rechtliche Situation der Klägerin sowie von ACW und CPA, indem die Geldbußen anders aufgeteilt wurden als in den Bestimmungen in ihrer ursprünglichen Fassung.

73      Ebenso verhält es sich mit dem verfügenden Teil des angefochtenen Beschlusses, der Art. 2 Nrn. 31 und 32 der Entscheidung von 2009 mit gleichem Wortlaut wie in der Entscheidung von 2010 änderte.

74      Im Übrigen äußerte sich das Gericht im Urteil vom 15. Juli 2015, GEA Group/Kommission (T‑189/10, EU:T:2015:504), nur zur Verletzung der Verteidigungsrechte der Klägerin und nicht zur materiellen Rechtmäßigkeit der Entscheidung von 2010.

75      So kann die vorliegende Klage, obwohl Art. 1 dieser Entscheidung und Art. 1 des angefochtenen Beschlusses gleichlautende Bestimmungen enthalten, dazu führen, dass eine für die Klägerin günstigere Aufteilung des Betrags der in diesen Bestimmungen vorgesehenen Geldbußen vorgenommen wird.

76      Im Übrigen unterscheidet sich der angefochtene Beschluss von der Entscheidung von 2010 durch die Einfügung eines Art. 2, in dem der Zeitpunkt festgelegt wird, ab dem Verzugszinsen fällig werden, dessen Nichtigerklärung als solche der Klägerin einen Vorteil verschaffen kann.

77      Folglich hat die Klägerin ein Interesse an der Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses, so dass die hierauf gerichteten Klageanträge zulässig sind.

 Zur Begründetheit

78      Die Klägerin macht fünf Klagegründe geltend.

79      Der erste Klagegrund stützt sich auf eine Verletzung der Verjährungsvorschriften. Mit dem zweiten Klagegrund wird ein Verstoß gegen Art. 266 AEUV und die Verteidigungsrechte gerügt. Der dritte Klagegrund betrifft eine Verletzung von Art. 23 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 1/2003. Der vierte Klagegrund wird auf eine Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung und der fünfte Klagegrund auf eine Befugnisüberschreitung und einen Begründungsmangel gestützt.

80      Es ist zuerst der vierte Klagegrund zu prüfen.

 Zum vierten Klagegrund

81      Im Rahmen des vierten Klagegrundes wirft die Klägerin der Kommission vor, in zweifacher Weise den Grundsatz der Gleichbehandlung verletzt zu haben.

82      Erstens weist die Klägerin darauf hin, dass sie gemäß der Entscheidung von 2009 bezüglich der Zeiträume der Zuwiderhandlungen mit der ACW gleichgestellt werde.

83      Die Anwendung der Obergrenze von 10 % zugunsten von ACW befreie diese hinsichtlich des Zeitraums der Zuwiderhandlung vom 11. September 1991 bis zum 29. September 1995 von ihrer Haftung.

84      Daher hätte die Kommission den Vorteil der Herabsetzung der Geldbuße in der Folge der Anwendung der Obergrenze von 10 % auf ACW auf die Klägerin ausdehnen müssen, um so die Klägerin für diesen Zeitraum der Zuwiderhandlung nicht allein haftbar zu machen.

85      Zudem könne die Aufteilung der Geldbuße, wie sie aus dem angefochtenen Beschluss folge, die endgültige Aufteilung der Geldbuße vor den nationalen Gerichten negativ zu ihrem Nachteil beeinflussen, da es ihr nicht möglich sei, eine Rückgriffsklage hinsichtlich des entsprechenden Betrags der Geldbuße zu erheben.

86      Zweitens weist die Klägerin darauf hin, dass sie jeglichen Gesamtschuldner verloren habe, soweit die Kommission den auf ACW entfallenden Teil der Geldbuße, zu deren Zahlung die Klägerin gesamtschuldnerisch mit ACW verpflichtet gewesen sei, um 100 % gekürzt habe, wohingegen sie den auf ACW entfallenden Teil der Geldbuße, zu dessen Zahlung die Klägerin gesamtschuldnerisch mit ACW und CPA verpflichtet gewesen sei, lediglich um 43 % gekürzt habe.

87      Diese Entscheidung sei aber für CPA vorteilhaft, da diese im Gegensatz zur Klägerin, der als Gesamtschuldnerin, aber auch als Alleinschuldnerin eine höhere Belastung auferlegt worden sei, keine höhere Geldbuße zu tragen habe.

88      Die Klägerin macht geltend, die Kommission hätte die Obergrenze von 10 % proportional zum Betrag der beiden Geldbußen, d. h. der Geldbußen, die gegen sie gesamtschuldnerisch mit ACW und CPA bzw. gesamtschuldnerisch mit ACW verhängt worden seien, anwenden müssen.

89      Auch wenn diese Aufteilung nicht möglich gewesen sei, weil die Entscheidung von 2010 gegenüber ACW und CPA bestandskräftig geworden sei, sei dennoch davon auszugehen, dass die Kommission den Betrag der gegen die Klägerin verhängten Geldbuße hätte herabsetzen müssen.

90      Diesbezüglich weist sie darauf hin, dass diese Aufteilung nicht das Gesamtschuldverhältnis, sondern das Verhältnis zwischen den Gesamtschuldnern und der Kommission betreffe.

91      Zunächst erwidert die Kommission, dass die Argumentation der Klägerin auf der irrigen Annahme beruhe, dass ACW hinsichtlich des Zeitraums der Zuwiderhandlung vom 11. September 1991 bis zum 29. September 1995 von ihrer Haftung befreit worden sei.

92      Sie weist darauf hin, dass sie in dem angefochtenen Beschluss den Höchstbetrag der Geldbuße, für dessen Zahlung jede Gesellschaft, die zu ein und demselben Unternehmen im Sinne von Art. 101 AEUV gehöre, als Gesamtschuldnerin haftbar gemacht werden könne, festgesetzt habe. Dabei stellt sie klar, dass dieser Höchstbetrag keinesfalls eine gesonderte Geldbuße darstelle und sich nicht auf einen bestimmten Zeitraum der Beteiligung an der Zuwiderhandlung beziehe.

93      Zudem sei die Zuwiderhandlung von einem Unternehmen im Sinne von Art. 101 AEUV begangen worden. Auch spiegele die Geldbuße, die gegenüber jeder zu ein und demselben Unternehmen im Sinne von Art. 101 AEUV gehörenden Gesellschaft verhängt werde, nicht die Beteiligung dieser Gesellschaften an der Zuwiderhandlung wider, sondern nur den Höchstbetrag, der von ihnen gegebenenfalls wegen der Beteiligung des Unternehmens im Sinne von Art. 101 AEUV an der Zuwiderhandlung verlangt werden könne.

94      Außerdem stellt die Kommission klar, dass die Klägerin wegen der Herabsetzung der gesamtschuldnerischen Haftung von ACW nicht die Zahlung einer individuellen Geldbuße schulde, sondern gegenüber der Kommission nur aus der ihr ursprünglich gesamtschuldnerisch mit ACW auferlegten Geldbuße verpflichtet sei.

95      Sodann trägt die Kommission vor, dass die Klägerin nicht dargelegt habe, inwiefern eine Aufteilung des Betrags der Geldbuße hätte günstiger sein können.

96      Schließlich fordert die Kommission die Klägerin auf, eine Klage vor den zuständigen nationalen Gerichten zu erheben, wenn sie der Auffassung sei, dass die Geldbuße im Innenverhältnis der Gesamtschuldner unverhältnismäßig auf ihr laste.

97      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Grundsatz der Gleichbehandlung, der verlangt, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden dürfen, es sei denn, dass eine solche Behandlung objektiv gerechtfertigt ist, ein allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts ist, der in den Art. 20 und 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert ist (Urteil vom 11. Juli 2014, Sasol u. a./Kommission, T‑541/08, EU:T:2014:628‚ Rn. 181).

98      Im vorliegenden Fall macht die Klägerin zwei Fälle von Ungleichbehandlung geltend. Der erste Fall betrifft die unterschiedliche Behandlung ihrer Situation gegenüber der von ACW, während sich der zweite Fall auf die unterschiedliche Behandlung ihrer Situation im Vergleich zu der von CPA bezieht.

99      Was zum Ersten die Ungleichbehandlung gegenüber ACW anbelangt, macht die Klägerin geltend, sie hätte in gleicher Weise wie ACW als Folge der Anwendung der Obergrenze von 10 % auf ACW von ihrer Haftung befreit werden müssen.

100    Die Anwendung Obergrenze von 10 % auf ACW befreit diese jedoch keineswegs von ihrer Haftung für die Beteiligung an der Zuwiderhandlung.

101    Denn es wurde lediglich der Teil der Geldbuße, zu dessen Zahlung sie gesamtschuldnerisch, insbesondere zusammen mit der Klägerin, verpflichtet war, herabgesetzt.

102    Darüber hinaus spiegelt die jeder Gesellschaft als Teil ein und desselben Unternehmens im Sinne von Art. 101 AEUV auferlegte Geldbuße nicht die Beteiligung dieser Gesellschaften an der Zuwiderhandlung, sondern nur den Höchstbetrag wider, den die Kommission von ihnen wegen der Beteiligung des Unternehmens im Sinne von Art. 101 AEUV an der Zuwiderhandlung gegebenenfalls fordern kann.

103    Somit lässt sich keine Ungleichbehandlung der Klägerin gegenüber ACW feststellen.

104    Was zum Zweiten die unterschiedliche Behandlung im Vergleich zu CPA anbelangt, macht die Klägerin geltend, dass die Änderung der gesamtschuldnerischen Beziehungen zwischen CPA, ACW und der Klägerin nur zum Vorteil von CPA vorgenommen worden sei, da die Klägerin einen Teil der gesamtschuldnerischen Geldbuße allein tragen müsse.

105    Denn nach der Ansicht der Klägerin hätte die Kommission den herabgesetzten Teil der Geldbuße, zu dessen Zahlung ACW ursprünglich verpflichtet gewesen sei, anders zwischen den Gesamtschuldnern aufteilen müssen.

106    Hierzu ist festzustellen, dass die Kommission im vorliegenden Fall, da die Gleichbehandlung nicht nur unter Berücksichtigung der ACW, CPA und der Klägerin gesamtschuldnerisch auferlegten Geldbuße, sondern auch der Geldbuße, die gegen ACW und die Klägerin als Gesamtschuldner verhängt wurde, zu beurteilen ist, ihren Verpflichtungen aus dem Grundsatz der Gleichbehandlung nicht nachgekommen ist.

107    Zum einen befinden sich nämlich die Klägerin und CPA in einer vergleichbaren Situation, soweit sie beide Gesellschaften sind, die gesamtschuldnerisch mit ACW zur Zahlung einer Geldbuße verpflichtet sind.

108    Zum anderen hätte die Kommission sicherlich den Teil der Geldbuße, zu dessen Zahlung ACW und die Klägerin gesamtschuldnerisch verpflichtet blieben, anders bestimmen können, um so den Teil der Geldbuße, den die Klägerin gegebenenfalls allein zu tragen hatte, zu begrenzen.

109    Dies wäre insbesondere dann der Fall gewesen, wenn die Kommission die Herabsetzung der von ACW zu tragenden Geldbuße im Rahmen der zwei in Rede stehenden Gesamtschuldbeziehungen proportional aufgeteilt hätte.

110    In diesem Fall hätte zum einen der Gesamtbetrag der Geldbußen, die die Kommission von ACW fordern konnte, nicht mehr als 10 % des Umsatzes von ACW betragen dürfen und zum anderen der Kürzungsbetrag gleichmäßig zwischen der gegen ACW und die Klägerin gesamtschuldnerisch verhängten Geldbuße sowie der gegen die Klägerin, ACW und CPA gesamtschuldnerisch verhängten Geldbuße aufgeteilt werden müssen.

111    Daher hat die Kommission, indem sie die Herabsetzung der Geldbuße, die sie zugunsten von ACW vorgenommen hat, ausschließlich der gegen die Klägerin, CPA und ACW gesamtschuldnerisch verhängten Geldbuße zurechnete, den Grundsatz der Gleichbehandlung verletzt, ohne dass objektive Rechtfertigungsgründe vorlagen.

112    Somit ist dem vierten Klagegrund stattzugeben.

113    Obwohl dieser Klagegrund geeignet ist, die Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses in seiner Gesamtheit zu begründen, ist im Interesse einer geordneten Rechtspflege der fünfte Rechtsmittelgrund betreffend Art. 2 des angefochtenen Beschlusses zu prüfen, mit dem eine Befugnisüberschreitung sowie ein Begründungsmangel gerügt wird und der sich auf den Fälligkeitszeitpunkt der in Rede stehenden Geldbußen bezieht.

 Zum fünften Klagegrund

114    Mit dem aus zwei Teilen bestehenden fünften Klagegrund macht die Rechtsmittelführerin geltend, dass Art. 2 des angefochtenen Beschlusses, in dem der Fälligkeitszeitpunkt der Geldbußen auf den 10. Mai 2010 festgesetzt wird, eine Befugnisüberschreitung und einen Begründungsmangel beinhalte.

115    Zum einen ist nach Ansicht der Klägerin die Verpflichtung zur Zahlung von Geldbußen bis spätestens zum 10. Mai 2010 rechtswidrig, da es zu diesem Zeitpunkt keine rechtliche Grundlage für eine derartige Verpflichtung gegeben habe und da sie jedenfalls eine solche rückwirkend gesetzte Frist unter keinen denkbaren Umständen befolgen könne. Zum anderen führt die Klägerin aus, dass der Beschluss der früheren Praxis der Kommission zuwiderlaufe und dass die Begründung, die die Kommission vorgetragen habe, nicht kohärent sei.

116    Die Kommission tritt dieser Argumentation entgegen. Neben ihrem Vorbringen, dass der angefochtene Beschluss ausreichend begründet sei, macht sie im Wesentlichen geltend, dass die Klägerin ab dem Erlass der Entscheidung von 2009 verpflichtet gewesen sei, die Geldbußen zu zahlen und dass die Festlegung des Zeitpunkts der Fälligkeit der Geldbußen auf drei Monate nach Erlass der Entscheidung von 2010 zu ihren Gunsten gewesen sei.

117    In Bezug auf den ersten Teil des vorliegenden Klagegrundes, mit dem im Wesentlichen eine Befugnisüberschreitung aufgrund einer fehlenden Grundlage für die Festlegung der Fälligkeit der Geldbußen auf den 10. Mai 2010 gerügt wird, ist zum einen darauf hinzuweisen, dass die der Kommission eingeräumte Befugnis nach ständiger Rechtsprechung das Recht umfasst, den Fälligkeitstermin für die Geldbuße und den Beginn der Laufzeit der Verzugszinsen zu bestimmen, den Zinssatz für diese Zinsen und die Einzelheiten der Durchführung ihrer Entscheidung festzulegen, wobei sie gegebenenfalls die Stellung einer Bankbürgschaft verlangen kann, die die Hauptforderung und die Zinsen für die festgesetzte Geldbuße abdeckt, weil es, wenn sie eine solche Befugnis nicht hätte, durch den Vorteil, den die Unternehmen aus der verspäteten Zahlung der Geldbußen ziehen könnten, zu einer Abschwächung der Sanktionen käme, die die Kommission im Rahmen der ihr übertragenen Aufgabe, für die Einhaltung der Wettbewerbsregeln zu sorgen, verhängt hat (vgl. Urteil vom 29. April 2015, Total und Elf Aquitaine/Kommission, T‑470/11, EU:T:2015:241, Rn. 109 und die dort angeführte Rechtsprechung).

118    Zum anderen gelten die Bestimmungen von Art. 299 AEUV, nach denen Rechtsakte, insbesondere jene der Kommission, die eine Zahlung auferlegen, vollstreckbare Titel sind, für Entscheidungen dieses Organs über die Verhängung einer Geldbuße (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 12. März 2012, Universal/Kommission, T‑42/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:122, Rn. 29).

119    Im vorliegenden Fall ist zum Ersten festzustellen, dass die Kommission nach dem Wortlaut des 23. Erwägungsgrunds des angefochtenen Beschlusses erstens der Ansicht ist, dass die Entscheidung von 2009, die durch das Urteil vom 15. Juli 2015, GEA Group/Kommission (T‑45/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:507), bestätigt worden sei, die Grundlage für die Verhängung der Geldbußen bleibe.

120    Zweitens stellt die Kommission klar, dass nach dem Bescheid, mit dem die Entscheidung von 2010 bekannt gegeben worden sei, die Geldbuße innerhalb von drei Monaten nach dieser Entscheidung zu zahlen gewesen sei. Somit geht die Kommission stillschweigend davon aus, dass es notwendig gewesen sei, in dem angefochtenen Beschluss ein solches Datum festzusetzen.

121    Drittens weist die Kommission darauf hin, dass die Klägerin zwar Bankbürgschaften bis zum Zeitpunkt der Nichtigerklärung der Entscheidung von 2010 beigebracht habe, sie diese Bürgschaften für die Zeit danach aber nicht durch neue Bürgschaften oder durch eine vorläufige Zahlung der geschuldeten Geldbuße ersetzt habe. Daraus folgert die Kommission, dass die Klägerin ab dem Zeitpunkt, ab dem die Geldbuße nicht mehr durch eine Bürgschaft gedeckt gewesen sei, d. h. ab dem 15. Juli 2015, dem Tag der Verkündung des Urteils vom 15. Juli 2015, GEA Group/Kommission (T‑189/10, EU:T:2015:504), Verzugszinsen schulde.

122    Zum Zweiten ist einerseits darauf hinzuweisen, dass die Entscheidung von 2010 die Bestimmungen von Art. 2 Nrn. 31 und 32 der Entscheidung von 2009 über die Festsetzung der Höhe der Geldbußen, für die die Klägerin, CPA und ACW gesamtschuldnerisch hafteten, durch neue Bestimmungen ersetzt hat, die den Gesamtbetrag der von ACW geschuldeten Geldbuße und die gesamtschuldnerischen Beziehungen zwischen diesen drei Gesellschaften änderten.

123    Mit anderen Worten waren die Bestimmungen von Art. 2 Nrn. 31 und 32 der Entscheidung von 2009 in ihrer ursprünglichen Fassung zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Entscheidung von 2010 und ihrer Bekanntgabe nicht mehr anwendbar und konnten nicht als Grundlage für die Festsetzung des Zeitpunkts der Fälligkeit der in Rede stehenden Geldbußen dienen. Erst der Tag des Zugangs der Mitteilung, mit der die Entscheidung von 2010 bekannt gegeben wurde, die ab diesem Zeitpunkt die Rechtsgrundlage für die Verpflichtung zur Zahlung dieser Geldbußen darstellte, konnte der Zeitpunkt sein, ab dem diese Frist zu laufen begann.

124    Andererseits wurde die Entscheidung von 2010 vom Gericht mit Urteil vom 15. Juli 2015, GEA Group/Kommission (T‑189/10, EU:T:2015:504), für nichtig erklärt, soweit sie die Klägerin betraf, so dass, wie die Klägerin im Wesentlichen geltend macht, diese Entscheidung weder für die Verpflichtung der Klägerin, die in Rede stehenden Geldbußen zu zahlen, noch für die Bestimmung des Zeitpunkts ihrer Fälligkeit als Rechtsgrundlage herangezogen werden kann.

125    Wie oben in Rn. 67 ausgeführt, hatte diese Nichtigerklärung zwar zur Folge, dass wieder die ursprüngliche Fassung von Art. 2 Nrn. 31 und 32 der Entscheidung von 2009 galt. Jedoch wurde diese Fassung durch die Fassung, die sich aus Art. 1 des angefochtenen Beschlusses ergab, erneut ersetzt.

126    Somit ist davon auszugehen, dass sich die Verpflichtung zur Zahlung der Geldbußen ausschließlich aus Art. 1 des angefochtenen Beschlusses ergibt und dass die Frist für die Fälligkeit der Geldbußen erst ab dem Tag des Empfangs der Mitteilung, mit der dieser Beschluss bekannt gegeben wurde, zu laufen beginnen konnte.

127    Daraus folgt, dass dem ersten Teil des fünften Klagegrundes stattzugeben ist, ohne dass es erforderlich wäre, seinen zweiten Teil zu prüfen, und dass Art. 2 des angefochtenen Beschlusses deshalb für nichtig zu erklären ist.

128    Nach alledem ist der angefochtene Beschluss in vollem Umfang für nichtig zu erklären, ohne dass die anderen Klagegründe geprüft werden müssen. Da die Klageanträge zur Abänderung nur hilfsweise gestellt worden sind, erübrigt sich deren Prüfung.

 Kosten

129    Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission unterlegen ist, sind ihr die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Der Beschluss K(2016) 3920 endg. der Kommission vom 29. Juni 2016 zur Änderung der Entscheidung K(2009) 8682 endg. der Kommission vom 11. November 2009 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/38589 – Wärmestabilisatoren) wird für nichtig erklärt.

2.      Die Europäische Kommission trägt die Kosten.

Gratsias

Labucka

Ulloa Rubio

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 18. Oktober 2018.

Unterschriften


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