T-617/21 – B&Bartoni/ EUIPO – Hypertherm (Électrode à insérer dans une torche)

T-617/21 – B&Bartoni/ EUIPO – Hypertherm (Électrode à insérer dans une torche)

CURIA – Documents

Language of document : ECLI:EU:T:2023:152

Vorläufige Fassung

URTEIL DES GERICHTS (Dritte erweiterte Kammer)

22. März 2023(*)

„Gemeinschaftsgeschmacksmuster – Nichtigkeitsverfahren – Eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster, das eine Elektrode zum Einsetzen in einen Brenner darstellt – Nichtigkeitsgrund – Art. 4 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 6/2002 – Bauelement eines komplexen Erzeugnisses“

In der Rechtssache T‑617/21,

B&Bartoni spol. s r.o. mit Sitz in Dolní Cetno (Tschechische Republik), vertreten durch Rechtsanwältin E. Lachmannová,

Klägerin,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch J. Ivanauskas als Bevollmächtigten,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des EUIPO und Streithelferin vor dem Gericht:

Hypertherm, Inc. mit Sitz in Hanover, New Hampshire (Vereinigte Staaten), vertreten durch J. Day, Solicitor, und Rechtsanwalt T. de Haan,

erlässt

DAS GERICHT (Dritte erweiterte Kammer)

zum Zeitpunkt der Beratung unter Mitwirkung des Präsidenten M. van der Woude, des Richters G. De Baere, der Richterin G. Steinfatt, des Richters K. Kecsmár und der Richterin S. Kingston (Berichterstatterin),

Kanzler: A. Juhász-Tóth, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

auf die mündliche Verhandlung vom 22. September 2022

folgendes

Urteil

1        Mit ihrer Klage nach Art. 263 AEUV beantragt die Klägerin, die B&Bartoni spol. s r.o., die Aufhebung der Entscheidung der Dritten Beschwerdekammer des Amtes der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) vom 16. Juli 2021 (Sache R 2843/2019-3) (im Folgenden: angefochtene Entscheidung).

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

2        Am 22. Dezember 2017 stellte die Klägerin beim EUIPO einen Antrag auf Nichtigerklärung des auf eine am 2. September 2011 eingegangene Anmeldung unter der Nr. 1292122-0001 eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters, das in folgenden Abbildungen wiedergegeben ist:

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3        Das Geschmacksmuster, dessen Nichtigerklärung beantragt wurde, ist zur Verwendung bei den Erzeugnissen „Schweißbrenner (Teil von ‑)“ in Klasse 08.05 des Abkommens von Locarno zur Errichtung einer Internationalen Klassifikation für gewerbliche Muster und Modelle vom 8. Oktober 1968 in geänderter Fassung bestimmt.

4        Zur Stützung des Antrags auf Nichtigerklärung wurde Art. 25 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 6/2002 des Rates vom 12. Dezember 2001 über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster (ABl. 2002, L 3, S. 1) in Verbindung mit deren Art. 4 und 5 in Anspruch genommen.

5        Der Antrag auf Nichtigerklärung wurde u. a. auf die Nichteinhaltung der in Art. 4 der Verordnung Nr. 6/2002 vorgesehenen Schutzvoraussetzungen für ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster gestützt. Insoweit hatte die Klägerin geltend gemacht, die Elektrode, deren Gemeinschaftsgeschmacksmuster angegriffen werde, stelle ein Bauelement eines komplexen Erzeugnisses dar, das bei bestimmungsgemäßer Verwendung dieses Erzeugnisses nicht sichtbar sei im Sinne von Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 6/2002, es handele sich nämlich um einen Brenner, der Teil eines Plasmaschneidsystems sei.

6        Auf dieser Grundlage gab die Nichtigkeitsabteilung am 16. Oktober 2019 dem Antrag auf Nichtigerklärung statt. Dementsprechend erklärte sie das angegriffene Gemeinschaftsgeschmacksmuster für nichtig.

7        Am 13. Dezember 2019 legte die Streithelferin, die Hypertherm, Inc., gegen die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung Beschwerde beim EUIPO ein.

8        Mit der angefochtenen Entscheidung gab die Beschwerdekammer der Beschwerde statt und wies den Antrag auf Nichtigerklärung u. a. mit der Begründung zurück, dass das in dem angegriffenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster dargestellte Erzeugnis nicht als Bauelement eines komplexen Erzeugnisses im Sinne von Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 6/2002 angesehen werden könne.

 Anträge der Parteien

9        Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        dem EUIPO die Kosten aufzuerlegen.

10      Das EUIPO beantragt,

–        die Klage insgesamt abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

11      Die Streithelferin beantragt,

–        die Klage insgesamt abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten einschließlich der im Verfahren vor der Beschwerdekammer angefallenen Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

12      Die Klägerin macht im Wesentlichen als einzigen Klagegrund einen Verstoß gegen Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 6/2002 wegen fehlerhafter Auslegung des Begriffs „Bauelement eines komplexen Erzeugnisses“ geltend. Der Beschwerdekammer sei ein Rechtsfehler unterlaufen, indem sie zu dem Schluss gekommen sei, dass es sich bei der fraglichen Elektrode nicht um ein Bauelement eines komplexen Erzeugnisses handele, und den Antrag auf Nichtigerklärung auf dieser Grundlage zurückgewiesen habe.

 Zulässigkeit der von der Streithelferin im Rahmen der prozessleitenden Maßnahme vorgelegten tatsächlichen Angaben und Beweise

13      Zur Prüfung des einzigen Klagegrundes hat das Gericht eine prozessleitende Maßnahme im Sinne von Art. 89 seiner Verfahrensordnung erlassen, mit der es die Parteien aufgefordert hat, erstens die Frage zu beantworten, ob, wie in Rn. 50 der Klageschrift ausgeführt wird, der Markt für Elektroden, die mit Hypertherm-Brennern verwendet werden, aufgrund des angegriffenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters ein „monopolistischer Markt“ ist, und zweitens anzugeben, inwieweit die fragliche Elektrode auch bei anderen Brennern als Hypertherm-Brennern verwendet werden kann.

14      In Beantwortung der vom Gericht im Rahmen der prozessleitenden Maßnahme gestellten Fragen hat die Streithelferin die als Anlagen C.13 bis C.18 vorgelegten Beweise sowie die sich daraus ergebenden tatsächlichen Angaben beigebracht. Die Anlagen C.13 bis C.17 bestehen aus Auszügen aus online verfügbaren Katalogen und Broschüren von Drittunternehmen, die mit Hypertherm-Brennern kompatible Elektroden bzw. mit der Hypertherm-Elektrode kompatible Brenner anbieten. Bei der Anlage C.18 handelt es sich um eine eidesstattliche Versicherung des Leiters der Abteilung für geistiges Eigentum der Streithelferin, mit der diese Kompatibilität bestätigt wird.

15      In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin geltend gemacht, die in Beantwortung der Fragen des Gerichts vorgelegten tatsächlichen Angaben und Beweise seien unzulässig, da sie nicht in der Akte des EUIPO enthalten seien.

16      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 85 Abs. 1 und 3 der Verfahrensordnung Beweise im Rahmen des ersten Schriftsatzwechsels vorzulegen sind, wobei die Hauptparteien ausnahmsweise noch vor Abschluss des mündlichen Verfahrens Beweise vorlegen können, sofern die Verspätung der Vorlage gerechtfertigt ist. Eine solche Rechtfertigung für die verspätete Vorlage von Beweisen nach dem ersten Schriftsatzwechsel kann jedoch nicht verlangt werden, wenn sie in Beantwortung einer prozessleitenden Maßnahme innerhalb der dafür gesetzten Frist vorgelegt werden (vgl. Urteil vom 7. Juli 2021, HM/Kommission, T‑587/16 RENV, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:415, Rn. 68 und die dort angeführte Rechtsprechung).

17      Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die tatsächlichen Angaben und die vorgelegten Beweise in Beantwortung der Fragen beigebracht worden sind, die das Gericht im Rahmen der oben in Rn. 13 erwähnten prozessleitenden Maßnahme gestellt hat.

18      Daher sind die von der Streithelferin in Beantwortung der Fragen des Gerichts vorgelegten Beweise zulässig. Da sich die tatsächlichen Angaben aus diesen Beweisen ergeben, ist auch das Vorbringen der Klägerin, dass die Angaben unzulässig seien, zurückzuweisen.

19      Im Übrigen hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung zu den von der Streithelferin vorgelegten tatsächlichen Angaben und Beweisen Stellung nehmen können, so dass der Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens gewahrt worden ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Mai 1998, Rat/de Nil und Impens, C‑259/96 P, EU:C:1998:224, Rn. 31).

 Begründetheit des einzigen Klagegrundes

 Vorbemerkungen

20      Gemäß Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 6/2002 wird ein Geschmacksmuster nur gemeinschaftlich geschützt soweit es neu ist und Eigenart hat.

21      Nach dem Wortlaut von Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 6/2002 gilt ein Geschmacksmuster, das in einem Erzeugnis, das Bauelement eines komplexen Erzeugnisses ist, benutzt oder in dieses Erzeugnis eingefügt wird, nur dann als neu und hat nur dann Eigenart:

–        wenn das Bauelement, das in das komplexe Erzeugnis eingefügt ist, bei dessen bestimmungsgemäßer Verwendung sichtbar bleibt (Art. 4 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 6/2002) und

–        soweit diese sichtbaren Merkmale des Bauelements selbst die Voraussetzungen der Neuheit und Eigenart erfüllen (Art. 4 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 6/2002).

22      „Bestimmungsgemäße Verwendung“ bedeutet nach Art. 4 Abs. 3 der Verordnung Nr. 6/2002 Verwendung durch den Endbenutzer, ausgenommen Instandhaltungs‑, Wartungs- oder Reparaturarbeiten.

23      Nach Art. 3 Buchst. b der Verordnung Nr. 6/2002 bezeichnet ein „Erzeugnis“ jeden industriellen oder handwerklichen Gegenstand, einschließlich – u. a. – der Einzelteile, die zu einem komplexen Erzeugnis zusammengebaut werden sollen. Nach Art. 3 Buchst. c der Verordnung Nr. 6/2002 bezeichnet ein „komplexes Erzeugnis“ ein Erzeugnis aus mehreren Bauelementen, die sich ersetzen lassen, so dass das Erzeugnis auseinander- und wieder zusammengebaut werden kann.

24      Ob die fragliche Elektrode ein „Bauelement eines komplexen Erzeugnisses“ im Sinne von Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 6/2002 darstellt, ist im Licht der vorstehenden Vorschriften zu prüfen.

25      Zunächst ist mit dem EUIPO und der Streithelferin festzustellen, dass Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 6/2002 eine Ausnahme von der Schutzregelung des Art. 4 Abs. 1 der Verordnung ist. Als Ausnahme ist diese Bestimmung eng auszulegen, um den Ausschluss des Geschmacksmusterschutzes zu beschränken. Nach ständiger Rechtsprechung sind nämlich Bestimmungen, mit denen die Rechte der Inhaber von Geschmacksmustern aus der Verordnung beschränkt werden, eng auszulegen, wobei allerdings die praktische Wirksamkeit der Beschränkung gewahrt bleiben muss und deren Ziel zu beachten ist (vgl. Urteil vom 27. September 2017, Nintendo, C‑24/16 und C‑25/16, EU:C:2017:724, Rn. 74 und die dort angeführte Rechtsprechung).

26      Sodann ist der Ausdruck „Bauelement eines komplexen Erzeugnisses“ mangels Definition in der Verordnung Nr. 6/2002 entsprechend dem Sinn, den er nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch hat, zu bestimmen (vgl. Urteil vom 20. Dezember 2017, Acacia und D’Amato, C‑397/16 und C‑435/16, EU:C:2017:992, Rn. 64 und die dort angeführte Rechtsprechung). So hat der Gerichtshof den Ausdruck „Bauelement eines komplexen Erzeugnisses“ dahin definiert, dass er die verschiedenen Einzelteile bezeichnet, die zu einem komplexen industriellen oder handwerklichen Gegenstand zusammengebaut werden sollen und sich ersetzen lassen, so dass ein solcher Gegenstand auseinander- und wieder zusammengebaut werden kann, und deren Fehlen dazu führen würde, dass das komplexe Erzeugnis nicht bestimmungsgemäß verwendet werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. Dezember 2017, Acacia und D’Amato, C‑397/16 und C‑435/16, EU:C:2017:992, Rn. 65).

27      Im Übrigen ist die Frage, ob ein Erzeugnis unter den Ausdruck „Bauelement eines komplexen Erzeugnisses“ fällt, im Einzelfall anhand eines Bündels relevanter Indizien zu beurteilen.

28      Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdekammer bei ihrer Entscheidung, dass die fragliche Elektrode diesem Ausdruck nicht entspreche, im Wesentlichen u. a. folgende Indizien berücksichtigt: erstens den Verschleiß der Elektrode, zweitens, dass der Brenner beim Ersetzen der Elektrode nicht auseinander- und wieder zusammengebaut werden muss, drittens, dass der Brenner ohne die Elektrode als vollständig angesehen wird, und viertens die Austauschbarkeit der Elektrode.

29      Das Vorbringen der Klägerin zu jedem dieser Indizien ist nacheinander zu analysieren, bevor ihr übriges Vorbringen geprüft wird.

 Zum Verschleiß der Elektrode

30      Die Beschwerdekammer hat in Rn. 26 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass der Verschleiß der fraglichen Elektrode an sich darauf hindeute, dass eine bestimmte Elektrode nicht als Bauelement eines spezifischen Brenners angesehen werden könne. Bei ihrer Schlussfolgerung auf den Verschleiß der Elektrode hat die Beschwerdekammer im Wesentlichen darauf hingewiesen, dass sie erstens keinen dauerhaften Teil des Brenners darstelle und nicht fest mit diesem verbunden sei, anders als der Abzug oder der Griff, die wesentliche Teile des Brenners seien, und dass sie zweitens eine relativ kurze Lebensdauer habe, nämlich zwei bis drei Stunden tatsächliche Lichtbogenzeit beim manuellen Schneiden bzw. drei bis fünf Stunden beim maschinellen Schneiden, und daher regelmäßig vom Endbenutzer ersetzt werden müsse.

31      Insoweit macht die Klägerin geltend, der Beschwerdekammer sei ein Rechtsfehler unterlaufen, indem sie sich auf eine Unterscheidung zwischen einem „sich nicht verschleißenden“ und einem „sich verschleißenden“ Bauelement gestützt habe und davon ausgegangen sei, dass nur die erste Kategorie von Bauelementen ein Bauelement eines komplexen Erzeugnisses darstellen könne. Eine solche Unterscheidung sei künstlich und entbehre jeder Grundlage im Unionsrecht, da das Wort „Bauelement“ nicht nahelege, dass es eine besondere Beschaffenheit wie Haltbarkeit aufweisen müsse.

32      Das EUIPO und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

33      Es ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdekammer kein Rechtsfehler unterlaufen ist, als sie bei der Beurteilung, ob es sich bei der Elektrode um ein „Bauelement eines komplexen Erzeugnisses“ handelt, den Verschleiß der Elektrode berücksichtigt hat.

34      Zwar finden sich, wie die Klägerin geltend macht, die Kriterien der Haltbarkeit und des regelmäßigen Kaufs oder Ersetzens des Bauelements nicht im Wortlaut der Verordnung Nr. 6/2002.

35      Jedoch hat sich die Beschwerdekammer in den Rn. 26 und 27 der angefochtenen Entscheidung in Ermangelung einer Definition des Ausdrucks „Bauelement eines komplexen Erzeugnisses“ in der Verordnung zu Recht neben anderen relevanten Gesichtspunkten auf das Fehlen einer festen und dauerhaften Verbindung mit dem komplexen Erzeugnis sowie auf den regelmäßigen Kauf und das regelmäßige Ersetzen der Elektrode aufgrund ihrer kurzen Lebensdauer gestützt. Diese Kriterien, die sich auf typische Merkmale eines Verschleißteils beziehen, stellen relevante Indizien dar, die dazu dienen können, zu bestimmen, was ein Bauelement eines komplexen Erzeugnisses ist.

36      Aus dem Wortlaut von Art. 3 Buchst. b und c der Verordnung Nr. 6/2002 geht nämlich hervor, dass die Bauelemente eines komplexen Erzeugnisses Einzelteile sind, die zu einem komplexen industriellen oder handwerklichen Gegenstand zusammengebaut werden sollen und sich ersetzen lassen, so dass ein solcher Gegenstand auseinander- und wieder zusammengebaut werden kann (vgl. auch Urteil vom 20. Dezember 2017, Acacia und D’Amato, C‑397/16 und C‑435/16, EU:C:2017:992, Rn. 65). Die fragliche Elektrode soll indes als Verschleißteil eines Brenners vom Endbenutzer leicht zu dem Brenner hinzugefügt werden, relativ schnell verschlissen oder verwendet werden, und sich leicht ersetzen lassen, ohne dass dafür ein solcher Gegenstand auseinander- und wieder zusammengebaut werden muss (siehe unten, Rn. 40 ff., zum Umstand, dass der Brenner beim Ersetzen der fraglichen Elektrode nicht auseinander- und wieder zusammengebaut werden muss).

37      Außerdem ist der Endbenutzer, der die Elektrode regelmäßig kauft und ersetzt, insbesondere aufgrund des Verschleißes der fraglichen Elektrode in der Lage, ihre Merkmale wahrzunehmen und zu beurteilen, unabhängig von der Frage, ob die Elektrode nach ihrem Einbau in den Brenner sichtbar bleibt.

38      Schließlich kann die Argumentation der Beschwerdekammer insoweit nicht durch das Vorbringen der Klägerin in Frage gestellt werden, das auf eine frühere Entscheidung des EUIPO (Sache R 2337/2012-3) vom 9. April 2014 gestützt wird, die nach Ansicht der Klägerin Ähnlichkeiten mit der vorliegenden Sache aufweist. Zum einen hat die Beschwerdekammer nämlich, wie sich aus Rn. 29 der angefochtenen Entscheidung ergibt, die von der Klägerin angeführte Entscheidung geprüft, und erläutert, aus welchen Gründen sie der Auffassung war, dass sich die Entscheidung vom vorliegenden Fall unterscheide. Zum anderen ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass das EUIPO nach den Umständen des Einzelfalls entscheidet und nicht durch frühere Entscheidungen in anderen Sachen gebunden ist. Des Weiteren ist das Gericht im Rahmen seiner Rechtmäßigkeitsprüfung nicht an die Entscheidungspraxis des EUIPO gebunden (vgl. Urteil vom 15. Dezember 2015, LTJ Diffusion/HABM – Arthur et Aston [ARTHUR & ASTON], T‑83/14, EU:T:2015:974, Rn. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung).

39      Nach alledem ist festzustellen, dass der Beschwerdekammer kein Rechtsfehler unterlaufen ist, als sie die Auffassung vertreten hat, dass die Elektrode die Merkmale eines Verschleißteils aufweise und dass dieser Umstand ein relevantes Indiz dafür darstelle, dass die fragliche Elektrode nicht als Bauelement eines komplexen Erzeugnisses angesehen werden könne.

 Zum Umstand, dass der Brenner beim Ersetzen der Elektrode nicht auseinander- und wieder zusammengebaut werden muss

40      Die Beschwerdekammer hat in Rn. 29 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass beim Ersetzen oder Austauschen einer Elektrode der Brenner und das Schneidsystem weder auseinander- noch wieder zusammengebaut würden, wie es die Definition in Art. 3 Buchst. c der Verordnung Nr. 6/2002 verlange. Vielmehr sei die Elektrode dazu bestimmt, zusammen mit dem Brenner verwendet, an dessen Vorderseite angebracht und dann gegebenenfalls wieder abgenommen zu werden.

41      Die Klägerin macht insoweit geltend, der Beschwerdekammer seien Rechts- und Tatsachenfehler unterlaufen, indem sie sich auf die Erwägungen gestützt habe, dass beim Ersetzen einer Elektrode der Brenner und das Schneidsystem nicht auseinander- und wieder zusammengebaut würden.

42      Erstens verlange der Wortlaut der Verordnung Nr. 6/2002 keineswegs, dass das komplexe Erzeugnis vollständig auseinandergebaut werden müsse, damit ein Erzeugnis als „Bauelement“ eines solchen komplexen Erzeugnisses angesehen werden könne. Art. 3 Buchst. c der Verordnung betreffe nur die Möglichkeit, ein Bauelement ersetzen zu lassen, so dass das komplexe Erzeugnis auseinander- und wieder zusammengebaut werden könne, ohne dass es erforderlich sei, dieses zu beschädigen oder zu zerstören.

43      Zweitens setze das Ersetzen der Elektrode voraus, dass der Brenner auseinander- und wieder zusammengebaut werde. Um die Elektrode zu ersetzen, müsse der Benutzer mehrere Teile des Brenners, nämlich die Abdeckung, die Haltekappe und die Düse, durch Abschrauben vom Brenner entfernen und sie nach dem Einbau der neuen Elektrode wieder anbringen.

44      Das EUIPO und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

45      Es ist davon auszugehen, dass der Beschwerdekammer kein Rechtsfehler unterlaufen ist, als sie berücksichtigt hat, dass der Brenner und das Schneidsystem beim Ersetzen einer Elektrode weder auseinander- noch wieder zusammengebaut würden. Wie sich oben aus den Rn. 23 und 26 ergibt, ist nämlich die Frage, ob das Ersetzen eines Erzeugnisses erfordert, dass ein komplexes Erzeugnis auseinander- und wieder zusammengebaut wird, ein relevanter Faktor, der bei der Feststellung, ob ein solches Erzeugnis ein Bauelement des komplexen Erzeugnisses darstellt, zu berücksichtigen ist.

46      Die Bezugnahme darauf, dass das Erzeugnis „auseinander- und wieder zusammengebaut“ wird, ist nämlich in der in Art. 3 Buchst. c der Verordnung Nr. 6/2002 vorgesehenen Definition des „komplexen Erzeugnisses“ in folgender Formulierung enthalten: „ein Erzeugnis aus mehreren Bauelementen, die sich ersetzen lassen, so dass das Erzeugnis auseinander- und wieder zusammengebaut werden kann“. Die Definition eines „Bauelements eines komplexen Erzeugnisses“ im Urteil vom 20. Dezember 2017, Acacia und D’Amato (C‑397/16 und C‑435/16, EU:C:2017:992, Rn. 65), enthält dieselbe Formulierung (siehe oben, Rn. 26). Die Berücksichtigung des Umstands, ob „auseinander- und wieder zusammengebaut“ wird, beruht somit auf der Verordnung Nr. 6/2002 und der Rechtsprechung des Gerichtshofs.

47      So wird ein Erzeugnis, bei dessen Ersetzen das Erzeugnis, in das es integriert ist, nicht auseinander- und wieder zusammengebaut werden muss und das spezifisch dafür konzipiert ist, regelmäßig und einfach durch die Endbenutzer ersetzt zu werden, weniger wahrscheinlich ein Bauelement eines komplexen Erzeugnisses darstellen als ein Erzeugnis, das, wie das EUIPO vorbringt, normalerweise von Fachleuten ersetzt wird, die über besondere Kenntnisse hierfür verfügen.

48      Außerdem ist das Vorbringen der Klägerin, das Ersetzen der Elektrode setze voraus, dass der Brenner auseinander- und wieder zusammengebaut werde, zurückzuweisen. Die Beschwerdekammer ist nämlich in Rn. 29 der angefochtenen Entscheidung zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass beim Ersetzen der Elektrode das Schneidsystem und der Brenner weder auseinander- noch wieder zusammengebaut würden. Auch wenn, wie die Klägerin vorträgt, die Abdeckung, die Haltekappe und die Düse entfernt und nach dem Ersetzen der Elektrode wieder angebracht werden müssen, bleibt dies, wie die Streithelferin in der mündlichen Verhandlung erläutert hat, für den Endbenutzer ein einfacher Vorgang. Ein solcher Vorgang kann daher nicht als ein solcher angesehen werden, bei dem der Brenner im Sinne der Verordnung Nr. 6/2002 „auseinander- und wieder zusammengebaut“ wird.

49      Nach alledem ist festzustellen, dass der Beschwerdekammer kein Rechts- oder Tatsachenfehler unterlaufen ist, als sie die Auffassung vertreten hat, dass beim Ersetzen der Elektrode das Schneidsystem und der Brenner weder auseinander- noch wieder zusammengebaut würden und dass dieser Umstand ein relevantes Indiz dafür darstelle, dass die fragliche Elektrode nicht als Bauelement eines komplexen Erzeugnisses angesehen werden könne.

 Zum Umstand, dass der Brenner ohne die Elektrode als vollständig angesehen wird

50      Die Beschwerdekammer hat in Rn. 29 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass der Brenner ohne die Elektrode als vollständiges und unbeschädigtes Erzeugnis angesehen werden könne. Auch könne der Brenner ohne die Elektrode auf dem Markt angeboten werden und diese werde üblicherweise getrennt vom Brenner beworben und verkauft (Rn. 30 der angefochtenen Entscheidung).

51      Die Klägerin macht insoweit geltend, der Beschwerdekammer sei ein Rechtsfehler unterlaufen, indem sie die Auffassung vertreten habe, dass das fragliche komplexe Erzeugnis, nämlich ein Brenner bzw. ein Plasmaschneidsystem, ohne die Elektrode ein vollständiges Erzeugnis darstelle, und daraus geschlossen habe, dass die Elektrode kein Bauelement dieses komplexen Erzeugnisses sei.

52      Nach Ansicht der Klägerin muss – um zu bestimmen, ob ein Erzeugnis ein Bauelement eines komplexen Erzeugnisses darstellt – erstens das komplexe Erzeugnis in dem Zustand betrachtet werden, in dem es die Funktion erfüllen könne, für die es bestimmt sei. Daher könne im vorliegenden Fall das fragliche komplexe Erzeugnis ohne die Elektrode nicht vollständig sein, da es ohne sie nicht funktionieren, d. h. Metall schneiden oder fugenhobeln, könne. Außerdem sei es für die Feststellung, ob dieses Teil unter den Ausdruck „Bauelement eines komplexen Erzeugnisses“ im Sinne von Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 6/2002 falle, unerheblich, ob das komplexe Erzeugnis ohne das fragliche Bauelement beschädigt wäre.

53      Zweitens sei es für die Feststellung, ob es sich bei der fraglichen Elektrode um ein Bauelement eines komplexen Erzeugnisses im Sinne von Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 6/2002 handele, unerheblich, ob der Brenner ohne die Elektrode bzw. die Elektrode ohne den Brenner vertrieben werde.

54      Das EUIPO und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

55      Als Erstes ist festzustellen, dass die Vollständigkeit des Erzeugnisses ein relevantes Indiz für die Beurteilung des Ausdrucks „Bauelement eines komplexen Erzeugnisses“ im Sinne von Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 6/2002 darstellt. Der Beschwerdekammer kann daher nicht vorgeworfen werden, diesen Gesichtspunkt in ihre Beurteilung einbezogen zu haben.

56      Beim Kauf eines Brenners ohne Elektrode oder wenn diese aus dem Brenner herausgenommen wird, wird der Endbenutzer den Brenner nämlich nicht als beschädigt oder unvollständig wahrnehmen. Dagegen wird ein komplexes Erzeugnis ohne seine Bauelemente vom Endbenutzer grundsätzlich nicht als ein vollständiges Erzeugnis wahrgenommen, das bestimmungsgemäß verwendet werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. Dezember 2017, Acacia und D’Amato, C‑397/16 und C‑435/16, EU:C:2017:992, Rn. 65) oder als Erzeugnis, das sich in gutem Zustand befindet.

57      Was das Vorbringen der Klägerin betrifft, das fragliche komplexe Erzeugnis könne ohne die Elektrode nicht vollständig sein, da es ohne sie nicht funktionieren könne, trifft es zu, dass der Brenner und das Plasmaschneidsystem ihre Funktion, das Metall zu schneiden oder zu fugenhobeln, nicht erfüllen können, ohne dass dort eine Elektrode eingesetzt wird. Dies bedeutet jedoch für sich genommen nicht, dass die Elektrode als Bauelement eines komplexen Erzeugnisses anzusehen ist.

58      Entgegen dem Vorbringen der Klägerin können die Definition eines „Bauelements eines komplexen Erzeugnisses“ im Urteil vom 20. Dezember 2017, Acacia und D’Amato (C‑397/16 und C‑435/16, EU:C:2017:992, Rn. 65), und insbesondere die Klarstellung, dass „[das] Fehlen [von Einzelheiten] dazu führen würde, dass das komplexe Erzeugnis nicht bestimmungsgemäß verwendet werden kann“ (siehe oben, Rn. 26), nicht dahin ausgelegt werden, dass bei einem Erzeugnis, das die Funktion, zu der es bestimmt ist, nicht ohne ein anderes Erzeugnis erfüllen kann, dieses in jedem Fall als Bauelement des ersten Erzeugnisses anzusehen ist. Eine solche Auslegung wäre nämlich so übermäßig weit gefasst, dass eine große Zahl gesonderter Erzeugnisse, u. a. sich verschleißende Erzeugnisse, ohne die komplexe Erzeugnisse die Funktion, für die sie bestimmt sind, nicht erfüllen können, zu Unrecht als Bauelemente dieser komplexen Erzeugnisse angesehen würden. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin soll mit der im Kontext von Art. 110 Abs. 1 der Verordnung Nr. 6/2002 aufgestellten Definition nicht abschließend bestimmt werden, was nicht in den Anwendungsbereich des Ausdrucks „Bauelement eines komplexen Erzeugnisses“ im Sinne von Art. 4 Abs. 2 der Verordnung fällt.

59      Als Zweites ist mit der Streithelferin davon auszugehen, dass die Beschwerdekammer bei der Feststellung, ob es sich bei der fraglichen Elektrode um ein Bauelement eines komplexen Erzeugnisses im Sinne von Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 6/2002 handelt, rechtsfehlerfrei als relevantes Indiz berücksichtigt hat, dass der Brenner auf dem Markt ohne die Elektrode angeboten werden kann und dass diese üblicherweise getrennt vom Brenner beworben und verkauft wird.

60      Was den Umstand angeht, dass der Brenner auf dem Markt ohne die Elektrode angeboten wird, so steht es zwar jedem Hersteller frei, das komplexe Erzeugnis mit seinen Bauelementen zu vertreiben oder sie gesondert zu verkaufen. Wie die Klägerin hervorhebt, sollte diese geschäftliche Entscheidung nicht als ausschlaggebender Gesichtspunkt für die Beurteilung der Frage angesehen werden, ob ein Erzeugnis ein Bauelement eines komplexen Erzeugnisses darstellt.

61      Es ist jedoch ungewöhnlich, dass der Kauf eines komplexen Erzeugnisses nicht dessen tatsächliche Bauelemente einschließt. Im vorliegenden Fall wird der fragliche Brenner aber, wie sich aus den Akten (Anlagen C.8 bis C.11) ergibt, sowohl mit als auch ohne die betreffenden Elektroden verkauft.

62      Nach alledem ist festzustellen, dass der Beschwerdekammer kein Rechts- oder Tatsachenfehler unterlaufen ist, als sie die Auffassung vertreten hat, dass das fragliche komplexe Erzeugnis, nämlich ein Brenner bzw. ein Plasmaschneidsystem, ohne die Elektrode ein vollständiges Erzeugnis darstelle, und dass dieser Umstand ein relevantes Indiz dafür sei, dass die fragliche Elektrode nicht als Bauelement eines komplexen Erzeugnisses angesehen werden könne.

 Zur Austauschbarkeit der Elektrode

63      Die Beschwerdekammer hat in Rn. 28 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass verschiedene Elektroden mit demselben Brenner für verschiedene Vorgänge verwendet würden, wie z. B. Elektroden für das Schneiden mit Oberflächenkontakt und Elektroden für den Maßschnitt oder das Fugenhobeln, und dass verschiedenartige Brenner, die für verschiedene Schneidsysteme geeignet seien, die fragliche Elektrode verwenden könnten. Sie hat ihre Schlussfolgerung, dass die Elektrode kein Bauelement eines komplexen Erzeugnisses darstelle, neben anderen relevanten Gesichtspunkten auf die Austauschbarkeit der Elektrode gestützt.

64      In diesem Zusammenhang bringt die Klägerin vor, entgegen der Auffassung der Beschwerdekammer sei es für die Feststellung, ob die Elektrode ein Bauelement eines komplexen Erzeugnisses sei, unerheblich, dass verschiedene Elektroden von demselben Brenner verwendet werden könnten und verschiedene Brenner dieselbe Elektrode verwenden könnten.

65      Das EUIPO und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

66      Im vorliegenden Fall steht fest, dass der Endbenutzer die fragliche Elektrode mit verschiedenen Brennern verwenden kann. Wie die Streithelferin in Beantwortung der vom Gericht im Rahmen der oben in Rn. 13 angesprochenen prozessleitenden Maßnahme gestellten Fragen hervorgehoben hat, kann die fragliche Elektrode mit Brennern verwendet werden, die von anderen Unternehmen als der Streithelferin stammen.

67      Ebenso steht fest, dass der Brenner der Streithelferin mit verschiedenen Elektroden verwendet werden kann. Wie die Streithelferin in Beantwortung der Fragen des Gerichts ausgeführt hat, sind Elektroden anderer Unternehmen mit ihren Brennern kompatibel.

68      Zwar lässt, wie die Klägerin hervorhebt, allein der Umstand, dass ein Erzeugnis durch ein anderes, nicht identisches Erzeugnis ersetzt und in verschiedenen komplexen Erzeugnissen verwendet werden kann, nicht den Schluss zu, dass es sich bei einem solchen Erzeugnis um ein gesondertes Erzeugnis handelt, das kein Bauelement eines komplexen Erzeugnisses darstellt.

69      Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Beschwerdekammer keinen Rechtsfehler begangen hat, als sie die Austauschbarkeit der Elektrode zur Vervollständigung ihrer Analyse berücksichtigt hat. Ein Erzeugnis, das nicht durch ein anderes, nicht identisches Erzeugnis ersetzt werden oder in verschiedenen komplexen Erzeugnissen verwendet werden kann, ist nämlich grundsätzlich eher geeignet, auf dauerhafte und zweckmäßige Weise mit dem komplexen Erzeugnis verbunden zu werden und somit ein Bauelement dieses komplexen Erzeugnisses darzustellen.

70      Daraus folgt, dass der Beschwerdekammer kein Rechts- oder Tatsachenfehler unterlaufen ist, als sie bei der Feststellung, ob die fragliche Elektrode ein Bauelement eines komplexen Erzeugnisses im Sinne von Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 6/2002 darstellt, berücksichtigt hat, dass diese Elektrode durch eine andere Elektrode ersetzt werden könne und dass verschiedenartige Brenner die fragliche Elektrode verwenden könnten.

 Zum Zweck von Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 6/2002

71      Die Klägerin wirft der Beschwerdekammer vor, den tatsächlichen Zweck der Beschränkung des Schutzes nach Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 6/2002 für nicht sichtbare Bauelemente komplexer Erzeugnisse nicht hinreichend berücksichtigt zu haben. Der Schutz von Verschleißteilen, die bei bestimmungsgemäßer Verwendung des Erzeugnisses nicht sichtbar seien und in keiner Weise zum allgemeinen Erscheinungsbild des komplexen Erzeugnisses beitrügen, stelle eine unerwünschte Beschränkung des Wettbewerbs auf dem Markt für Bauelemente komplexer Erzeugnisse dar, wie in der vorliegenden Rechtssache, die einen monopolistischen Markt für Ersatzteile betreffe.

72      Das EUIPO und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

73      Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdekammer für die Feststellung, ob ein Erzeugnis ein Bauelement eines komplexen Erzeugnisses im Sinne von Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 6/2002 ist, keine Prüfung etwaiger unerwünschter Auswirkungen auf den Wettbewerb auf den relevanten Märkten vornehmen muss.

74      Selbst wenn der Schutz des Wettbewerbs auf den Märkten für Ersatzteile den Ausschluss bestimmter nicht sichtbarer Bauelemente komplexer Erzeugnisse vom Geschmacksmusterschutz nach Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 6/2002 begründet hätte, bedeutet dies nicht, dass diese Erwägung Teil der von der Beschwerdekammer vorgenommenen Prüfung dessen sein muss, was ein Bauelement eines komplexen Erzeugnisses darstellt. Die Rüge der Klägerin geht daher ins Leere.

75      Jedenfalls belegt die Klägerin ihre Behauptung nicht, dass die vorliegende Rechtssache aufgrund des angegriffenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters einen monopolistischen Markt für Ersatzteile betreffe. Auf eine entsprechende Frage des Gerichts im Rahmen der oben in Rn. 13 angesprochenen prozessleitenden Maßnahme hat sie lediglich wiederholt, dass das angegriffene Gemeinschaftsgeschmacksmuster die Hersteller daran hindere, mit den Brennern der Streithelferin kompatible Elektroden zu vertreiben, ohne nähere Angaben zu machen.

76      Insoweit zeigt sich vielmehr, wie die Streithelferin in Beantwortung der Fragen des Gerichts hervorgehoben hat, dass der Brenner der Streithelferin mit anderen Elektroden verwendet werden kann, die möglicherweise ein anderes Aussehen und andere technische Spezifikationen haben als die Elektrode, deren Gemeinschaftsgeschmacksmuster im vorliegenden Fall angegriffen wird, ohne dieses zu verletzen.

77      Mithin ist das Vorbringen der Klägerin zum Zweck von Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 6/2002 zurückzuweisen.

78      Daraus folgt, dass der Beschwerdekammer, indem sie sich auf ein Bündel relevanter Indizien gestützt hat, kein Rechts- oder Tatsachenfehler unterlaufen ist, als sie zu dem Ergebnis gelangt ist, dass es sich bei der fraglichen Elektrode um ein gesondertes Erzeugnis und nicht um ein Bauelement eines komplexen Erzeugnisses im Sinne von Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 6/2002 handele.

79      Nach alledem ist der einzige Klagegrund zurückzuweisen und damit die Klage insgesamt abzuweisen.

 Kosten

80      Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

81      Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß den Anträgen des EUIPO und der Streithelferin die Kosten aufzuerlegen.

82      Die Streithelferin hat außerdem beantragt, der Klägerin die im Verfahren vor der Beschwerdekammer angefallenen Kosten aufzuerlegen. Hierzu genügt die Feststellung, dass für die Tragung der im Beschwerdeverfahren vor dem EUIPO entstandenen Kosten weiterhin Nr. 2 des Tenors der angefochtenen Entscheidung gilt, da mit dem vorliegenden Urteil die gegen diese Entscheidung gerichtete Klage abgewiesen wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. Oktober 2017, Aldi/EUIPO – Sky [SKYLITe], T‑736/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:729, Rn. 131).

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Dritte erweiterte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die B&Bartoni spol. s r.o. trägt die Kosten.

Van der Woude

De Baere

Steinfatt

Kecsmár

 

      Kingston

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 22. März 2023.

Unterschriften



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