T-540/15 – De Capitani/ Parlament

T-540/15 – De Capitani/ Parlament

Language of document : ECLI:EU:T:2018:167

Vorläufige Fassung

URTEIL DES GERICHTS (Siebte erweiterte Kammer)

22. März 2018()

„Zugang zu Dokumenten – Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 – Dokumente betreffend ein laufendes Gesetzgebungsverfahren – Triloge – Vierspaltige Tabelle zum Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Europol und zur Aufhebung der Beschlüsse 2009/371/JI und 2005/681/JI – Teilweise Verweigerung des Zugangs – Nichtigkeitsklage – Rechtsschutzinteresse – Zulässigkeit – Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001 – Ausnahme zum Schutz des Entscheidungsprozesses – Fehlen einer allgemeinen Vermutung, dass der Zugang zu den im Rahmen der Triloge erstellten vierspaltigen Tabellen verweigert wird“

In der Rechtssache T‑540/15

Emilio De Capitani, wohnhaft in Brüssel (Belgien), Prozessbevollmächtigte: O. Brouwer, J. Wolfhagen und E. Raedts, Rechtsanwälte,

Kläger,

gegen

Europäisches Parlament, ursprünglich vertreten durch N. Görlitz, A. Troupiotis und C. Burgos, danach durch M. Görlitz, C. Burgos und I. Anagnostopoulou als Bevollmächtigte,

Beklagter,

unterstützt durch

Rat der Europäischen Union, vertreten durch E. Rebasti, B. Driessen und J.‑B. Laignelot als Bevollmächtigte,

sowie durch

Europäische Kommission, vertreten durchJBaquero Cruz und F. Clotuche-Duvieusart als Bevollmächtigte,

Streithelfer,

betreffend eine Klage gemäß Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung des Beschlusses A(2015) 4931 des Europäischen Parlaments vom 8. Juli 2015, mit dem dem Kläger der vollständige Zugang zu den Dokumenten LIBE-2013-0091-02 und LIBE-2013-0091-03 verweigert wurde,

erlässt

DAS GERICHT (Siebte erweiterte Kammer)

unter Mitwirkung des Richters M. Van der Woude in Wahrnehmung der Aufgaben des Kammerpräsidenten, der Richterin V. Tomljenović, des Richters E. Bieliūnas, der Richterin A. Marcoulli und des Richters A. Kornezov (Berichterstatter),

Kanzler: P. Cullen, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 20. September 2017

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Mit Schreiben vom 15. April 2015 beantragte der Kläger, Herr Emilio De Capitani, beim Europäischen Parlament auf der Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (ABl. 2001, L 145, S. 43) den Zugang zu vom Parlament ausgearbeiteten bzw. ihm zur Verfügung gestellten Dokumenten, die folgende Informationen enthielten: „in allen Ausschüssen vorgeschlagene Begründungen für die Suche nach im Voraus erzielten Einigungen in laufenden Mitentscheidungsverfahren, mehrspaltige Tabellen (mit der Darstellung des Vorschlags der Europäischen Kommission, der Leitlinien des Parlamentsausschusses, der von den internen Gremien des Rates der Europäischen Union vorgeschlagenen Abänderungen und gegebenenfalls der vorgeschlagenen Kompromissentwürfe), die den Trilogen für die laufenden Mitentscheidungsverfahren vorgelegt wurden“ (im Folgenden: Erstantrag).

2        Am 3. Juni 2015 antwortete das Parlament dem Kläger, dass es, wenn dem Antrag gefolgt würde, aufgrund der sehr großen Zahl der im Erstantrag genannten Dokumente zu einer übermäßigen administrativen Belastung kommen würde, so dass dieser Antrag abzulehnen sei.

3        Mit Schreiben 19. Juni 2015 übermittelte der Kläger dem Parlament einen Antrag gemäß Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001, in dem er die oben in Rn. 1 genannten Dokumente auf die mehrspaltigen Tabellen begrenzte, die im Rahmen der zum Zeitpunkt des Erstantrags laufenden Triloge erstellt wurden und die die ordentlichen Gesetzgebungsverfahren mit der Rechtsgrundlage in Titel V AEUV („Der Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts“) und in Art. 16 AEUV über den Schutz personenbezogener Daten betrafen (im Folgenden: Zweitantrag).

4        In seinem Beschluss A(2015) 4931 vom 8. Juli 2015 teilte das Parlament dem Kläger mit, dass es im Hinblick auf den Zweitantrag sieben mehrspaltige Tabellen ermittelt habe. Das Parlament gewährte zu fünf von ihnen uneingeschränkten Zugang. In Bezug auf die beiden anderen, nämlich die in den Dokumenten LIBE-2013-0091-02 und LIBE-2013-0091-03 enthaltenen Tabellen (im Folgenden: in Rede stehende Dokumente), gewährte es nur zu den drei ersten Spalten dieser Tabellen Zugang und verweigerte die Verbreitung der vierten Spalte. Der Kläger beanstandet diese Verweigerung des vollständigen Zugangs zu den in Rede stehenden Dokumenten (im Folgenden: angefochtener Beschluss).

5        Die in den in Rede stehenden Dokumenten enthaltenen Tabellen weisen vier Spalten auf, wobei die erste den Wortlaut des Gesetzesvorschlags der Kommission, die zweite den Standpunkt des Parlaments und die von ihm vorgeschlagenen Abänderungen, die dritte den Standpunkt des Rates und die vierte den Wortlaut des vorläufigen Kompromisses (Dokument LIBE-2013-0091-02) oder den vorläufigen Standpunkt des Ratsvorsitzes gegenüber den vom Parlament vorgeschlagenen Abänderungen (Dokument LIBE-2013-0091-03) enthält.

6        Das Parlament stützte den angefochtenen Beschluss auf Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001, da erstens die vierte Spalte der in Rede stehenden Dokumente vorläufige Kompromisstexte und die vorläufigen Vorschläge des Ratsvorsitzes enthalte, deren Verbreitung eine tatsächliche, konkrete und ernstliche Beeinträchtigung des Entscheidungsprozesses des Organs sowie des interinstitutionellen Entscheidungsprozesses im Zusammenhang mit dem laufenden Gesetzgebungsverfahren darstelle und sich zweitens im vorliegenden Fall kein öffentliches Interesse habe feststellen lassen, das gegenüber der Effizienz dieses Verfahrens vorrangig sei.

7        In Bezug auf die behauptete ernstliche Beeinträchtigung des Entscheidungsprozesses stützte sich das Parlament auf folgende Gründe:

–        der Entscheidungsprozess werde durch die Verbreitung der vierten Spalte der in Rede stehenden Dokumente tatsächlich, konkret und ernsthaft beeinträchtigt;

–        der Bereich, zu dem die in Rede stehenden Dokumente gehörten, der der polizeilichen Zusammenarbeit, sei sehr sensibel und die Verbreitung der vierten Spalte dieser Dokumente würde das Vertrauen zwischen den Mitgliedstaaten und zwischen den Organen der Europäischen Union und somit deren gute Zusammenarbeit sowie die interne Beschlussfassung des Parlaments schwächen;

–        eine Verbreitung zu einem Zeitpunkt, zu dem die Verhandlungen noch nicht abgeschlossen seien, könnte wahrscheinlich zur Ausübung öffentlichen Drucks auf den Berichterstatter, die Schattenberichterstatter und die Fraktionen führen, da die Verhandlungen die sehr sensiblen Themen des Datenschutzes und des Verwaltungsrats der Agentur der Europäischen Union für Zusammenarbeit und Ausbildung im Bereich der Strafverfolgung (Europol) beträfen;

–        die Gewährung eines Zugangs zur vierten Spalte der in Rede stehenden Dokumente würde den Ratsvorsitz zu größerer Zurückhaltung beim Informationsaustausch und bei der Zusammenarbeit mit dem Verhandlungsteam des Parlaments und insbesondere dem Berichterstatter veranlassen; darüber hinaus wäre dieses gezwungen, aufgrund des zunehmenden Drucks durch die nationalen Behörden und die Interessengruppen vorzeitig strategische Entscheidungen zu treffen, die darin bestünden, festzulegen, in welchem Fall dem Rat nachzugeben sei und in welchem Fall von seinem Vorsitz mehr zu verlangen sei, was „die Möglichkeiten einer Einigung auf eine gemeinsame Linie erheblich erschweren würde“;

–        der Grundsatz, dass „nichts vereinbart ist, solange nicht alles vereinbart ist“ sei für das gute Funktionieren des Gesetzgebungsverfahrens sehr wichtig, so dass die Verbreitung eines Elements vor dem Ende der Verhandlungen negative Auswirkungen auf alle anderen Teile eines Dossiers haben könnte, selbst wenn es als solches nicht sensibler Natur wäre; darüber hinaus würde die Verbreitung von noch nicht endgültigen Standpunkten einen falschen Eindruck von den tatsächlichen Standpunkten der Organe hervorrufen;

–        daher müsse der uneingeschränkte Zugang zur vierten Spalte solange verweigert werden, bis der Text, der Gegenstand einer Einigung sei, von den Mitgesetzgebern gebilligt worden sei.

8        Zum Vorliegen eines etwaigen überwiegenden öffentlichen Interesses trägt das Parlament vor, dass der Grundsatz der Transparenz und die vorrangigen Erfordernisse der Demokratie für sich genommen ein überwiegendes öffentliches Interesse weder darstellten noch darstellen könnten.

 Verfahren und Anträge der Parteien

9        Mit Klageschrift, die am 18. September 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben.

10      Mit Schriftsätzen, die am 21. Januar 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen sind, haben der Rat und die Kommission beantragt, in der vorliegenden Rechtssache als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge des Parlaments zugelassen zu werden. In ihren Stellungnahmen haben weder der Kläger noch das Parlament gegen diese Streithilfeanträge Einwände erhoben.

11      Am 9. Februar 2016 hat das Parlament seine Klagebeantwortung bei der Kanzlei des Gerichts eingereicht.

12      Durch Beschluss des Präsidenten der Vierten Kammer des Gerichts vom 22. März 2016 sind der Rat und die Kommission in der vorliegenden Rechtssache als Streithelfer zugelassen worden.

13      Die Erwiderung ist am 4. April 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingereicht worden.

14      Am 13. und 17. Mai 2016 haben die Kommission und der Rat bei der Kanzlei des Gerichts ihren jeweiligen Streithilfeschriftsatz eingereicht.

15      Am 17. Mai 2016 ist auch die Gegenerwiderung bei der Kanzlei des Gerichts eingereicht worden.

16      Der Kläger hat am 6. Juli 2016 der Kanzlei des Gerichts seine Stellungnahme zu den Streithilfeschriftsätzen übermittelt.

17      Im Zuge einer Änderung der Besetzung der Kammern des Gerichts ist die Rechtssache der Siebten Kammer des Gerichts zugewiesen und einem neuen Berichterstatter zugeteilt worden.

18      Am 5. April 2017 hat das Gericht beschlossen, die Rechtssache an die Siebte erweiterte Kammer zu verweisen.

19      Da ein Kammermitglied an der weiteren Mitwirkung am Verfahren gehindert war, hat der Präsident des Gerichts gemäß Art. 17 Abs. 2 der Verfahrensordnung des Gerichts den Vizepräsidenten des Gerichts dazu bestimmt, die Kammer zu ergänzen.

20      Mit Beschluss vom 18. Mai 2017 hat die Siebte erweiterte Kammer des Gerichts dem Parlament im Rahmen prozessleitender Maßnahmen aufgegeben, ihm eine Kopie der in Rede stehenden Dokumente zu übermitteln, wobei diese Kopie gemäß Art. 104 der Verfahrensordnung dem Kläger nicht übermittelt worden ist.

21      Am 23. Mai 2017 hat die Siebte erweiterte Kammer des Gerichts den Parteien im Rahmen prozessleitender Maßnahmen Fragen zur schriftlichen Beantwortung gestellt.

22      Am 14. Juni 2017 ist das Parlament den prozessleitenden Maßnahmen nachgekommen.

23      Am selben Tag haben der Kläger, das Parlament, der Rat und die Kommission bei der Kanzlei des Gerichts ihre Antworten auf die prozessleitenden Maßnahmen eingereicht.

24      Der Kläger beantragt:

–        den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären;

–        dem Parlament die Kosten aufzuerlegen.

25      Das Parlament, unterstützt durch den Rat und die Kommission, beantragt:

–        die Klage abzuweisen;

–        dem Kläger die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

 Zum Rechtsschutzinteressse

26      In seiner Antwort vom 14. Juni 2017 auf die Fragen des Gerichts im Rahmen der prozessleitenden Maßnahmen hat das Parlament darauf hingewiesen, dass es am 23. Oktober 2016 einen Antrag auf Zugang u. a. zu den in Rede stehenden Dokumenten erhalten und diesem Antrag entsprochen habe, indem es sie über das Register der Dokumente des Parlaments der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt habe, da das Gesetzgebungsverfahren, auf das sie sich bezogen hätten, abgeschlossen gewesen sei. In einer Fn. 3 hat es die Internetverbindung angegeben, die den entsprechenden Zugang ermögliche.

27      In der mündlichen Verhandlung haben der Rat und die Kommission im Wesentlichen geltend gemacht, dass der Kläger daher zufrieden gestellt sei und somit sein Rechtsschutzinteresse verloren habe, so dass die Hauptsache erledigt sei.

28      Der Kläger bestreitet, kein Rechtsschutzinteresse mehr zu haben.

29      Nach ständiger Rechtsprechung ist eine Nichtigkeitsklage einer natürlichen oder juristischen Person nur zulässig, wenn der Kläger ein Interesse an der Nichtigerklärung der angefochtenen Handlung hat (Urteil vom 10. Dezember 2010, Ryanair/Kommission, T‑494/08 bis T‑500/08 und T‑509/08, EU:T:2010:511, Rn. 41, Beschlüsse vom 9. November 2011, ClientEarth u. a./Kommission, T‑120/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:646, Rn. 46, sowie vom 30. April 2015, EEB/Kommission, T‑250/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:274, Rn. 14).

30      Das Rechtsschutzinteresse des Klägers im Hinblick auf den Klagegegenstand muss bei Klageerhebung gegeben sein, andernfalls ist die Klage unzulässig, und muss bis zum Erlass der gerichtlichen Entscheidung weiter vorliegen – andernfalls ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt – was voraussetzt, dass die Klage der Partei, die sie erhoben hat, im Ergebnis einen Vorteil verschaffen kann (Urteil vom 10. Dezember 2010, Ryanair/Kommission, T‑494/08 bis T‑500/08 und T‑509/08, EU:T:2010:511, Rn. 42 und 43, Beschlüsse vom 9. November 2011, ClientEarth u. a./Kommission, T‑120/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:646, Rn. 47 und 49, sowie vom 30. April 2015, EEB/Kommission, T‑250/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:274, Rn. 15 und 17).

31      Es ist daher zu prüfen, ob die öffentliche Zugänglichmachung der fraglichen Dokumente über das elektronische Register der Dokumente des Parlaments nach Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens, auf das sie sich bezog, den Gegenstand der Klage auf Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses entfallen lässt.

32      Insoweit folgt aus der Rechtsprechung, dass ein Kläger weiterhin ein Interesse daran hat, eine Handlung eines Unionsorgans für nichtig erklären zu lassen, um zu verhindern, dass sich der behauptete Rechtsverstoß in Zukunft wiederholt. Ein solches Interesse folgt aus Art. 266 Abs. 1 AEUV, wonach das Organ, dem das für nichtig erklärte Handeln zur Last fällt, die sich aus dem Urteil des Gerichtshofs ergebenden Maßnahmen zu ergreifen hat. Dieses Rechtsschutzinteresse kann jedoch nur gegeben sein, wenn sich der behauptete Rechtsverstoß unabhängig von den Umständen der Rechtssache, die zur Klageerhebung geführt haben, in Zukunft wiederholen kann (vgl. Urteil 7. Juni 2007, Wunenburger/Kommission, C‑362/05 P, EU:C:2007:322, Rn. 50 bis 52 und die dort angeführte Rechtsprechung). Dies ist in der vorliegenden Rechtssache der Fall, da der vom Kläger behauptete Rechtsverstoß auf einer Auslegung einer der in der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehenen Ausnahmen beruht, deren Wiederholung durch den Rat anlässlich eines neuerlichen Antrags sehr wahrscheinlich ist, zumal ein Teil der geltend gemachten Gründe für die Verweigerung des Zugangs in dem angefochtenen Beschluss sich übergreifend auf alle Anträge auf Zugang zu den Arbeiten der laufenden Triloge übertragen lassen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. März 2011, Access Info Europe/Rat, T‑233/09, EU:T:2011:105, Rn. 35).

33      Im Übrigen waren sowohl der Erstantrag als auch der Zweitantrag des Klägers ausdrücklich darauf gerichtet, ihm eine Reihe von Dokumenten zu übermitteln, die laufende Gesetzgebungstätigkeiten betrafen. Somit wird der Kläger durch die öffentliche Zugänglichmachung der in Rede stehenden Dokumente nach Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens, auf das sie sich beziehen, angesichts des Gegenstands seiner Anträge nicht vollständig zufrieden gestellt, so dass er weiterhin ein Interesse daran hat, die Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses zu beantragen.

 Zur Begründetheit

34      Der Kläger macht zur Stützung seiner Klage zwei Klagegründe geltend, und zwar einen Verstoß gegen Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001 und einen Begründungsmangel des angefochtenen Beschlusses. Zunächst ist der erste Klagegrund zu prüfen.

35      Dieser besteht aus drei Teilen. Mit dem ersten Teil wird gerügt, das Parlament habe im Hinblick auf die Verweigerung des vollständigen Zugangs zu den in Rede stehenden Dokumenten nicht in rechtlich hinreichender Weise dargetan, dass der Zugang zu diesen Dokumenten das Gesetzgebungsverfahren ernstlich, und zwar konkret, tatsächlich und nicht hypothetisch, beeinträchtigen würde. Der Inhalt des zweiten Teils betrifft die Missachtung des Grundsatzes des möglichst umfassenden Zugangs zu Gesetzgebungsdokumenten der Union. Dem dritten Teil zufolge habe es das Parlament zu Unrecht abgelehnt, im vorliegenden Fall das Bestehen eines überwiegenden öffentlichen Interesses am vollständigen Zugang zu den in Rede stehenden Dokumenten anzuerkennen. Zunächst sind die ersten beiden Teile des ersten Klagegrundes zusammen zu prüfen.

 Vorbringen der Parteien

36      Als Erstes macht der Kläger geltend, der Zugang zur vierten Spalte der in Rede stehenden Dokumente hätte ihm nur verweigert werden dürfen, wenn das Parlament dargetan hätte, dass die Gefahr einer ernstlichen Beeinträchtigung des Entscheidungsprozesses bei verständiger Betrachtung absehbar und nicht rein hypothetisch gewesen wäre, und, wie ein vollständiger Zugang zu den beiden in Rede stehenden Dokumenten das geschützte Interesse konkret und tatsächlich habe beeinträchtigen können. Er betont die Bedeutung des Zugangs zur vierten Spalte dieser Schriftstücke im Rahmen einer repräsentativen Demokratie, damit die Bürger von ihren Vertretern verlangen könnten, Rechenschaft über die von ihnen getroffenen Entscheidungen abzulegen und gegebenenfalls mit den von ihnen für geeignet gehaltenen Mitteln ihre Ansichten über die im Rahmen der betreffenden Triloge erzielten Einigungen zum Ausdruck zu bringen.

37      Erstens habe das Parlament nicht erläutert, warum der fragliche Gesetzgebungsvorschlag allein deswegen, weil er in den Bereich der polizeilichen Zusammenarbeit falle, als sehr sensibel angesehen werden müsse, und nicht begründet, inwiefern das Vertrauen zwischen den Mitgliedstaaten oder zwischen den Organen geschwächt worden wäre, wenn der Kompromisstext in der vierten Spalte der beiden in Rede stehenden Dokumente verbreitet worden wäre. Der Umstand, dass intensive Beratungen zu einem Gesetzesvorschlag führen könnten oder tatsächlich führten, bedeute keineswegs, dass eine Frage so sensibel sei, dass ihre Geheimhaltung gerechtfertigt sei.

38      Zweitens wendet sich der Kläger gegen den vom Parlament im angefochtenen Beschluss vorgebrachten Ablehnungsgrund, dass die Verbreitung der vierten Spalte der in Rede stehenden Dokumente zu einem stärkeren öffentlichen Druck führen würde, da die Standpunkte der verschiedenen Organe mit Ausnahme des Kompromisstextes bereits bekannt seien und das Gesetzgebungsverfahren grundsätzlich öffentlich und transparent sein müsse. Der vorübergehende Charakter der Informationen in der vierten Spalte der Tabellen, wie der in den in Rede stehenden Schriftstücken enthaltenen (im Folgenden: Tabellen der Triloge), der von der Öffentlichkeit problemlos verstanden werden könne, bestätige vielmehr, dass es wichtig sei, hierzu Zugang zu erhalten, um dieser Öffentlichkeit eine Vorstellung davon zu vermitteln, wie die Gesetzgebungsverhandlungen geführt würden, und einen Überblick über die verschiedenen dabei erörterten Vorschläge zu geben.

39      Drittens habe es das Parlament versäumt, die Gründe anzugeben, die die Annahme zuließen, dass der Grundsatz, dass „nichts vereinbart ist, solange nicht alles vereinbart ist“, eine Verweigerung der Verbreitung der vierten Spalte der Tabellen der Triloge gerechtfertigt habe und die nachvollziehbar machten, inwiefern dieser Grundsatz mit einer ernstlichen Beeinträchtigung des Entscheidungsprozesses verknüpft sei. Zudem sei die Effizienz des Gesetzgebungsverfahrens als solche kein Ziel, das in Art. 294 AEUV angeführt oder aufgenommen sei.

40      Als Zweites macht der Kläger geltend, das Parlament habe im angefochtenen Beschluss nicht berücksichtigt, dass es im vorliegenden Fall in seiner Eigenschaft als Mitgesetzgeber gehandelt habe und dass in diesem Fall im Licht der im sechsten Erwägungsgrund und in Art. 12 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 anerkannten Besonderheiten des Gesetzgebungsverfahrens der Zugang grundsätzlich so umfassend wie möglich sein sollte. Außerdem sei nach der Rechtsprechung der Ermessensspielraum, der den Organen hinsichtlich der Nichtverbreitung von Dokumenten im Rahmen des üblichen Gesetzgebungsverfahrens belassen werde, äußerst gering, wenn nicht gar inexistent (Urteil vom 17. Oktober 2013, Rat/Access Info Europe, C‑280/11 P, EU:C:2013:671, Rn. 63). Eine andere Schlussfolgerung würde bedeuten, dass bei einem Rückgriff auf die Triloge in der ersten Lesung das im Vertrag vorgesehene Gesetzgebungsverfahren umgangen würde und die Unionsbürger daran gehindert würden, Zugang zu Dokumenten zu erlangen, zu denen sie auf andere Weise Zugang hätten.

41      Ganz allgemein umfasse das demokratische Modell, für das sich die Union entschieden habe, zwei Dimensionen, nämlich zum einen das Vorhandensein einer repräsentativen Demokratie, worauf in Art. 10 Abs. 1 und 2 EUV hingewiesen werde, was bedeute, dass die Vertreter hinsichtlich der von ihnen getroffenen gesetzgeberischen Entscheidungen von den Bürgern verantwortlich gemacht werden könnten, und zum anderen die Existenz einer partizipativen Demokratie, die sowohl in Art. 10 Abs. 3 EUV als auch im zweiten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1049/2001 verankert sei, wonach die Unionsbürger ermächtigt würden, am Entscheidungsprozess teilzuhaben. Der Begriff der Transparenz sei im Hinblick auf diese beiden Dimensionen relevant, während das Parlament nur die erste Dimension berücksichtigt habe.

42      Als Drittes hat der Kläger in seiner Stellungnahme zu den Streithilfeschriftsätzen hinsichtlich des Bestehens einer allgemeinen Vermutung für die Nichtverbreitung der die Arbeiten der Triloge betreffenden Dokumente, wie sie Kommission und Rat vorschlagen, eingewandt, dass diese Vermutung im Widerspruch zum Urteil vom 16. Juli 2015, ClientEarth/Kommission (C‑612/13 P, EU:C:2015:486, Rn. 77 und 78) stehe. In seiner Antwort auf die oben in Rn. 21 erwähnten prozessleitenden Maßnahmen hat er die Frage, ob die Tabellen der Triloge die in der Rechtsprechung aufgestellten Voraussetzungen dafür erfüllten, von dieser Vermutung erfasst zu werden, verneint, indem er darauf hingewiesen hat, dass der Gerichtshof solche allgemeinen Vermutungen der Nichtverbreitung nur bei laufenden Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren zugelassen habe. Die Tabellen der Triloge seien aber nicht Teil solcher Verfahren, sondern des Gesetzgebungsverfahrens. Selbst wenn man annähme, dass diese Vermutung im Bereich der Gesetzgebung angewandt werden könne, könne sie sich nicht auch auf die Tabellen der Triloge erstrecken, da diese gegenwärtig die wichtigste Phase des Gesetzgebungsprozesses der Union darstellten.

43      Das Parlament, unterstützt durch den Rat und die Kommission, wendet erstens insbesondere ein, dass die Frage der Organisation der Polizei eine der grundlegenden Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten betreffe und dass einige von ihnen die Auffassung vertreten könnten, dass die Zusammenarbeit in diesem Bereich in ihre Souveränität eingreife. Die Sensibilität des betreffenden Bereichs und des fraglichen Gesetzesvorschlags werde auch durch die intensiven Beratungen während der Verhandlungen über bestimmte Aspekte dieses Vorschlags, wie die Organisation des Verwaltungsrats von Europol oder der Datenschutz, illustriert. In einem solchen Kontext sei es von vorrangiger Bedeutung, eine zeitlich begrenzte Nichtverbreitung der vierten Spalte der Tabellen der Triloge sicherzustellen.

44      Ferner gäben die Zusammensetzung und die Befugnisse des Verwaltungsrats einer neu geschaffenen Agentur immer Anlass zu intensiven Diskussionen zwischen den Organen. Auch seien die jeweiligen ursprünglichen Standpunkte der Organe hinsichtlich des Schutzes und der Verarbeitung der Daten von Europol sehr unterschiedlich. Angesichts des zentralen Aspekts dieser Themen während des gesamten Verfahrens der Triloge, die nur Beispiele für die objektiv heiklen Teile des fraglichen Gesetzgebungsverfahrens seien, sei der angefochtene Beschluss, der während einer sehr kurzen Zeitspanne die Vertraulichkeit der vierten Spalte der Tabellen der Triloge habe wahren sollen, im Hinblick auf die Bemühungen der Organe, zu einem zufriedenstellenden Kompromiss zu kommen, gerechtfertigt gewesen.

45      Der Grundsatz, dass „nichts vereinbart ist, solange nicht alles vereinbart ist“ sei daher nur ein Mittel, für die innere und äußere Kohärenz des endgültigen Kompromisstextes zu sorgen. Die vorzeitige Verbreitung der ursprünglichen Vorschläge der Organe beeinträchtige die Ernsthaftigkeit und die Glaubwürdigkeit des Gesetzgebungsprozesses und der Mitgesetzgeber selbst, die einen Text verantworten müssten, der nicht zwingend ihren offiziellen Standpunkt in diesem Stadium widerspiegle.

46      Da die vierte Spalte der Tabellen der Triloge nur vorläufige Entwürfe der während der Arbeit dieser Triloge vorgeschlagenen Texte enthalte und für die Organe nicht verbindlich sei, könne sie nicht einmal als vorbereitendes Dokument eingestuft werden. Vollständige Transparenz im Gesetzgebungsprozess, insbesondere während der Triloge, würde nicht nur der Ausnahmeregelung gemäß Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001 ihre Grundlage entziehen, sondern auch die „Ziele der verantwortungsvollen Verwaltung und der Beteiligung der Zivilgesellschaft gemäß Art. 15 Abs. 1 AEUV“ beeinträchtigen.

47      Das Parlament weist ferner darauf hin, dass der ordnungsgemäße Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens gemäß Art. 294 AEUV unter dem Schutz des Vertrages stehe und nach Prüfung im Einzelfall „den Rückgriff auf die Ausnahme nach Art. 4 Abs. 3“ der Verordnung Nr. 1049/2001 rechtfertigen könne, der ebenfalls „auf das ordnungsgemäße Funktionieren und damit die Effizienz des Entscheidungsprozesses“ verweise.

48      Der Rat und die Kommission sind insbesondere der Auffassung, dass das Vorbringen des Klägers, wonach die Effizienz des Gesetzgebungsverfahrens als solche kein Ziel sei, das in Art. 294 AEUV angeführt oder aufgenommen sei, offensichtlich fehlerhaft sei.

49      Zweitens vertritt das Parlament, unterstützt durch den Rat und die Kommission und gestützt auf eine andere Auslegung desselben Rechtsrahmens und derselben Rechtsprechung, als sie vom Kläger vertreten wird, die Auffassung, dass die Begriffe „umfassenderer Zugang“ und insbesondere „größtmöglicher Zugang“ im Sinne von Art. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001, nicht als einem „vollständigen Zugang“ gleichwertig angesehen werden könnten. Hinsichtlich der Tabellen der Triloge verfüge es über einen gewissen Beurteilungsspielraum, der durch die Gefährdung des ordnungsgemäßen Funktionierens des Gesetzgebungsprozesses begrenzt werde, wie es in Art. 294 AEUV vorgesehen sei und durch die Organe präzisiert werde.

50      Darüber hinaus gebe es im vorliegenden Fall einen Unterschied zum Sachverhalt der Rechtssache, in der das Urteil vom 17. Oktober 2013, Rat/Access Info Europe (C‑280/11 P, EU:C:2013:671), ergangen sei, der insbesondere darin bestehe, dass die Verhandlungsmandate und die Zusammensetzung der Verhandlungsteams öffentlich abgestimmt würden, so dass das Organ seinen Standpunkt in voller Transparenz einnehme. Erst in einer späteren Phase des Verfahrens, wenn die Gesetzgebungsverhandlungen stattfänden und ein sensibles politisches Gleichgewicht erreicht werden solle, sei die vierte Spalte der Tabellen der Triloge zeitweise, für einen sehr begrenzten Zeitraum, gegen jede Verbreitung geschützt.

51      Drittens haben der Rat und die Kommission in ihren Streithilfeschriftsätzen dem Gericht vorgeschlagen, eine allgemeine Vermutung der Nichtverbreitung der vierten Spalte der Tabellen der Triloge aufzustellen, solange der Trilog noch im Gange sei. Diese Vermutung sei aufgrund der Notwendigkeit der Wahrung der Integrität des Ablaufs dieses Verfahrens erforderlich, indem sie die Einflussnahme Dritter begrenze und die Organe in die Lage versetze, eine der ihnen durch die Verträge verliehenen Befugnisse wirksam auszuüben. In seiner Antwort auf die oben in Rn. 21 erwähnten prozessleitenden Maßnahmen hat der Rat hinzugefügt, dass, ungeachtet des behandelten Themas und unabhängig von der Form dieser Tabellen, eine allgemeine Vermutung der Nichtverbreitung der vierten Spalte dieser Tabellen anzuwenden sei mit dem Ziel der Gewährleistung der Tragfähigkeit eines möglichen Kompromisses zwischen den Organen sowie eines Klimas des Vertrauens und des Willens dieser Organe, die Möglichkeit auszuloten, zu gegenseitigen Zugeständnissen zu kommen. Wie aus dem Urteil vom 1. Juli 2008, Schweden und Turco/Rat (C‑39/05 P und C‑52/05 P, EU:C:2008:374, Rn. 50) hervorgehe, habe der Gerichtshof das Bestehen einer Vermutung bereits anerkannt, auch wenn sie im angefochtenen Beschluss nicht erwähnt werde.

52      In seiner Antwort auf die oben in Rn. 21 erwähnten prozessleitenden Maßnahmen hat das Parlament erklärt, es teile die Meinung der Kommission und des Rates, dass eine allgemeine Vermutung der Nichtverbreitung der vierten Spalte der Tabellen der laufenden Triloge anerkannt werden müsse, um die Effizienz des Verfahrens in dieser sehr heiklen Phase der interinstitutionellen Verhandlungen zu gewährleisten.

 Würdigung durch das Gericht

53      Im angefochtenen Beschluss hat das Parlament den Zugang zur vierten Spalte der in Rede stehenden Dokumente auf der Grundlage von Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001 abgelehnt und geltend gemacht, dass ihre Verbreitung zu einer tatsächlichen, konkreten und ernstlichen Beeinträchtigung des betreffenden Entscheidungsprozesses führe.

54      Der Kläger beanstandet die Begründung des angefochtenen Beschlusses, da die zu seiner Rechtfertigung vorgebrachten Gründe im Wesentlichen allgemeiner und hypothetischer Natur und nicht geeignet seien, die Gefahr einer ernstlichen Beeinträchtigung der betreffenden Entscheidungsprozesse zu belegen.

55      Der Rat und die Kommission ihrerseits ersuchen das Gericht, das Bestehen einer allgemeinen Vermutung der Nichtverbreitung anzuerkennen, auf deren Grundlage das betreffende Organ den Zugang zur vierten Spalte der Tabellen der laufenden Triloge verweigern könne. Das Parlament hat sich diesem Vorschlag angeschlossen, ohne sich aber im angefochtenen Beschluss auf eine solche Vermutung berufen zu haben.

56      Unter diesen Umständen ist es nach Auffassung des Gerichts erforderlich, zunächst an die Rechtsprechung zur Auslegung der Verordnung Nr. 1049/2001 und sodann an die wesentlichen Merkmale der Triloge zu erinnern, bevor dann zu entscheiden ist, ob das Bestehen einer allgemeinen Vermutung, wonach das betreffende Organ den Zugang zur vierten Spalte der Tabellen der laufenden Triloge verweigern kann, anzunehmen ist. Sollte das Gericht zu dem Schluss gelangen, dass eine solche Vermutung nicht besteht, ist schließlich zu untersuchen, ob die vollständige Verbreitung der in Rede stehenden Dokumente den Entscheidungsprozess im Sinne von Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001 ernstlich beeinträchtigen würde.

–       Einleitende Erwägungen

57      Nach ihrem ersten Erwägungsgrund folgt die Verordnung Nr. 1049/2001 dem Willen zur Verwirklichung einer Union, in der die Entscheidungen möglichst offen und möglichst bürgernah getroffen werden. Wie im zweiten Erwägungsgrund dieser Verordnung ausgeführt, knüpft das Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu den Dokumenten der Organe an deren demokratischen Charakter an (Urteile vom 1. Juli 2008, Schweden und Turco/Rat, C‑39/05 P und C‑52/05 P, EU:C:2008:374, Rn. 34, sowie vom 17. Oktober 2013, Rat/Access Info Europe, C‑280/11 P, EU:C:2013:671, Rn. 27).

58      Deshalb soll die Verordnung Nr. 1049/2001, wie sich aus ihrem vierten Erwägungsgrund und ihrem Art. 1 ergibt, der Öffentlichkeit ein größtmögliches Zugangsrecht gewähren (Urteile vom 1. Februar 2007, Sison/Rat, C‑266/05 P, EU:C:2007:75, Rn. 61, vom 21. September 2010, Schweden u. a./API und Kommission, C‑514/07 P, C‑528/07 P und C‑532/07 P, EU:C:2010:541, Rn. 69, sowie vom 17. Oktober 2013, Rat/Access Info Europe, C‑280/11 P, EU:C:2013:671, Rn. 28).

59      Jedoch unterliegt dieses Recht gewissen Einschränkungen aufgrund öffentlicher oder privater Interessen (Urteil des Gerichtshofs vom 1. Februar 2007, Sison/Rat, C‑266/05 P, EU:C:2007:75, Rn. 62). Insbesondere sieht die Verordnung Nr. 1049/2001 im Einklang mit ihrem elften Erwägungsgrund in Art. 4 eine Regelung über Ausnahmen vor, wonach die Organe den Zugang zu einem Dokument verweigern können, falls durch dessen Verbreitung eines der durch diese Vorschrift geschützten Interessen beeinträchtigt würde (Urteile vom 21. September 2010, Schweden u. a./API und Kommission, C‑514/07 P, C‑528/07 P und C‑532/07 P, EU:C:2010:541, Rn. 70 und 71, vom 21. Juli 2011, Schweden/MyTravel und Kommission, C‑506/08 P, EU:C:2011:496, Rn. 74, sowie vom 17. Oktober 2013, Rat/Access Info Europe, C‑280/11 P, EU:C:2013:671, Rn. 29).

60      Eine der Ausnahmen vom diesem Zugang ist in Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001 enthalten, wonach „[d]er Zugang zu einem Dokument, das von einem Organ für den internen Gebrauch erstellt wurde oder bei ihm eingegangen ist und das sich auf eine Angelegenheit bezieht, in der das Organ noch keinen Beschluss gefasst hat, … verweigert [wird], wenn eine Verbreitung des Dokuments den Entscheidungsprozess des Organs ernstlich beeinträchtigen würde, es sei denn, es besteht ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung“.

61      Da solche Ausnahmen vom Grundsatz des größtmöglichen Zugangs der Öffentlichkeit zu Dokumenten abweichen, sind sie eng auszulegen und strikt anzuwenden (Urteile vom 1. Februar 2007, Sison/Rat, C‑266/05 P, EU:C:2007:75, Rn. 63, vom 1. Juli 2008, Schweden und Turco/Rat, C‑39/05 P und C‑52/05 P, EU:C:2008:374, Rn. 36, sowie vom 17. Oktober 2013, Rat/Access Info Europe, C‑280/11 P, EU:C:2013:671, Rn. 30).

62      Nach dem Grundsatz der engen Auslegung muss das betreffende Organ, wenn es beschließt, den Zugang zu einem Dokument zu verweigern, dessen Übermittlung bei ihm beantragt wurde, grundsätzlich erläutern, inwiefern der Zugang zu diesem Dokument das Interesse, das durch eine von ihm geltend gemachte Ausnahme nach Art. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 geschützt wird, konkret und tatsächlich beeinträchtigen könnte. Ferner muss die Gefahr einer solchen Beeinträchtigung bei verständiger Betrachtung absehbar sein und darf nicht rein hypothetisch sein (Urteile des Gerichtshofs vom 21. Juli 2011, Schweden/MyTravel und Kommission, C‑506/08 P, EU:C:2011:496, Rn. 76, vom 17. Oktober 2013, Rat/Access Info Europe, C‑280/11 P, EU:C:2013:671, Rn. 31, und vom 15. September 2016, Herbert Smith Freehills/Rat, T‑710/14, EU:T:2016:494, Rn. 33). Der bloße Umstand, dass ein Dokument ein durch eine Ausnahme geschütztes Interesse betrifft, kann nicht ausreichen, um die Anwendung der Ausnahme zu rechtfertigen (Urteile vom 13. April 2005, Verein für Konsumenteninformation/Kommission, T‑2/03, EU:T:2005:125, Rn. 69, vom 7. Juni 2011, Toland/Parlament, T‑471/08, EU:T:2011:252, Rn. 29, und vom 15. September 2016, Herbert Smith Freehills/Rat, T‑710/14, EU:T:2016:494, Rn. 32).

63      So setzt die Anwendung der Ausnahmeregelung des Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001 voraus, dass nachgewiesen wird, dass der Zugang zu den beantragten Dokumenten geeignet war, konkret und tatsächlich den Schutz des Entscheidungsprozesses des Organs zu beeinträchtigen und dass die Gefahr einer Beeinträchtigung bei verständiger Betrachtung absehbar und nicht rein hypothetisch war (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. Juni 2011, Toland/Parlament, T‑471/08, EU:T:2011:252, Rn. 70 und die dort angeführte Rechtsprechung).

64      Nach der Rechtsprechung ist die Beeinträchtigung des Entscheidungsprozesses im Sinne von Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001, „ernstlich“, wenn sich insbesondere die Verbreitung der betreffenden Dokumente wesentlich auf den Entscheidungsprozess auswirkt. Die Beurteilung, wie ernstlich die Beeinträchtigung ist, hängt jedoch von der Gesamtheit der Umstände des Falles ab, u. a. von den negativen Auswirkungen auf den Entscheidungsprozess, die vom Organ im Hinblick auf die Verbreitung der betreffenden Dokumente geltend gemacht werden (Urteile vom 18. Dezember 2008, Muñiz/Kommission, T‑144/05, nicht veröffentlicht, EU:T:2008:596, Rn. 75, Toland/Parlament, T‑471/08, EU:T:2011:252, Rn. 71, und vom 9. September 2014, MasterCard u. a./Kommission, T‑516/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:759, Rn. 62).

65      Diese Rechtsprechung darf nicht dahin ausgelegt werden, dass von den Organen verlangt würde, Beweise für das Vorliegen einer solchen Gefahr vorzulegen. Es reicht insoweit aus, dass der angefochtene Beschluss konkrete Angaben enthält, die den Schluss zulassen, dass die Gefahr einer Beeinträchtigung des Entscheidungsprozesses zum Zeitpunkt ihres Erlasses bei verständiger Betrachtung abzusehen und nicht rein hypothetisch war, und insbesondere auf zu jenem Zeitpunkt vorliegende objektive Gründe hinweist, aufgrund deren es bei verständiger Betrachtung absehbar war, dass solche Beeinträchtigungen im Fall einer Verbreitung der beantragten Dokumente auftreten würden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. Juni 2011, Toland/Parlament, T‑471/08, EU:T:2011:252, Rn. 78 und 79).

66      Allerdings steht es nach der Rechtsprechung dem betroffenen Organ frei, sich auf allgemeine Vermutungen zu stützen, die für bestimmte Kategorien von Dokumenten gelten, da für Anträge auf Verbreitung von Dokumenten gleicher Art vergleichbare allgemeine Erwägungen gelten können (Urteile vom 1. Juli 2008, Schweden und Turco/Rat, C‑39/05 P und C‑52/05 P, EU:C:2008:374, Rn. 50, vom 29. Juni 2010, Kommission/Technische Glaswerke Ilmenau, C‑139/07 P, EU:C:2010:376, Rn. 54, und vom 17. Oktober 2013, Rat/Access Info Europe, C‑280/11 P, EU:C:2013:671, Rn. 72).

67      In einem solchen Fall obliegt es aber dem betreffenden Organ, genauer darzulegen, auf welche allgemeinen Erwägungen es die Vermutung stützt, dass die Verbreitung dieser Dokumente eines der durch die in Rede stehende Ausnahme, im vorliegenden Fall die Ausnahme gemäß Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001, geschützten Interessen beeinträchtigen würde, und zwar ohne dass es verpflichtet wäre, eine konkrete Beurteilung des Inhalts der einzelnen Dokumente vorzunehmen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 21. September 2010, Schweden u. a./API und Kommission, C‑514/07 P, C‑528/07 P und C‑532/07 P, EU:C:2010:541, Rn. 76, sowie vom 17. Oktober 2013, Rat/Access Info Europe, C‑280/11 P, EU:C:2013:671, Rn. 73).

–       Zur Natur der Triloge

68      Da der vorliegende Rechtsstreit den Zugang zur vierten Spalte der im Rahmen der laufenden Triloge erstellten Tabellen betrifft, hält es das Gericht für notwendig, die wesentlichen Merkmale der Triloge in Erinnerung zu rufen. Ein Trilog ist ein informelles dreiseitiges Treffen, an dem Vertreter des Parlaments, des Rates und der Kommission teilnehmen. Ziel dieser Kontakte ist es, schnell eine Einigung über ein Paket von Abänderungen zu erzielen, die für das Parlament und den Rat annehmbar sind, wobei diese Einigung anschließend noch von den Organen gemäß ihren jeweiligen internen Verfahren genehmigt werden muss. Die Gesetzesberatungen im Rahmen eines Trilogs können sich sowohl auf politische als auch auf technische Rechtsfragen beziehen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. September 2016, Herbert Smith Freehills/Rat, T‑710/14, EU:T:2016:494, Rn. 56).

69      Das ordentliche Gesetzgebungsverfahren gemäß Art. 294 AEUV besteht aus drei Phasen (erste Lesung, zweite Lesung und dritte Lesung mit Vermittlung), doch kann es in jeder dieser Phasen beendet werden, wenn das Parlament und der Rat eine Einigung erzielen. Zwar können bis zu drei Lesungen erforderlich sein, doch die zunehmende Heranziehung der Triloge zeigt, dass oftmals im Rahmen der ersten Lesung eine Einigung erzielt wird (Urteil vom 15. September 2016, Herbert Smith Freehills/Rat, T‑710/14, EU:T:2016:494, Rn. 57).

70      Bei den Trilog-Sitzungen handelt es sich somit um eine „etablierte Praxis … die bei den meisten Rechtsvorschriften Anwendung findet“ und sie werden daher vom Parlament selbst für die „entscheidenden Phasen des Gesetzgebungsverfahrens“ gehalten (siehe Entschließung des Parlaments vom 28. April 2016 zum Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten, Nrn. 22 und 26). In der mündlichen Verhandlung hat das Parlament darauf hingewiesen, dass heute zwischen 70 % und 80 % der Gesetzgebungsakte der Union in der Folge eines Trilogs angenommen werden.

71      Daher ist anzuerkennen, dass der Rückgriff auf Triloge über die Jahre für ein kraftvolles und flexibles Handeln gesorgt hat, da er dazu beigetragen hat, die Möglichkeiten für eine Einigung in den verschiedenen Phasen des Gesetzgebungsverfahrens zu vervielfachen.

72      Es ist im Übrigen unstreitig, dass die Trilog-Sitzungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden und dass die dabei getroffenen Vereinbarungen, die in der Regel in der vierten Spalte der Tabellen in den Trilogen wiedergegeben werden, in der Folge, und zwar in den meisten Fällen ohne wesentliche Änderungen, durch die Mitgesetzgeber angenommen werden, wie das Parlament in seiner Klagebeantwortung und in der mündlichen Verhandlung bekräftigt hat.

73      Die Geschäftsordnung des Parlaments in ihrer zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses geltenden Fassung enthält insoweit bestimmte Vorschriften über die Mitwirkung des Parlaments bei den Trilogen. Diese Vorschriften finden sich in den Art. 73 und 74 des Kapitels 6 („Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens“) dieser Geschäftsordnung und den Anhängen XIX und XX, was deutlich zeigt, dass gemäß der Geschäftsordnung des Parlaments die Triloge tatsächlich Teil des Gesetzgebungsverfahrens sind.

74      Überdies ergibt sich aus Nr. 27 der Entschließung des Parlaments vom 28. April 2016 (vgl. oben, Rn. 70) eindeutig, dass die Trilog-Dokumente „einen Bezug zu Gesetzgebungsverfahren aufweisen und grundsätzlich nicht anders als sonstige legislative Dokumente behandelt werden dürfen“.

75      Daher ist entgegen dem Vorbringen des Rates in Rn. 43 seines Streithilfeschriftsatzes der Schluss zu ziehen, dass die Tabellen der Triloge Teil des Gesetzgebungsverfahrens sind.

–       Zum Bestehen einer allgemeinen Vermutung der Nichtverbreitung der vierten Spalte der Tabellen der laufenden Triloge

76      Es ist nunmehr zu prüfen, ob ungeachtet des Umstands, dass die in Rede stehenden Dokumente als Teil des Gesetzgebungsverfahrens anzusehen sind, das Bestehen einer allgemeinen Vermutung der Nichtverbreitung der vierten Spalte der Tabellen der laufenden Triloge anzuerkennen ist.

77      Insoweit ist erstens darauf hinzuweisen, dass das Primärrecht der Union eine enge Grundsatzbeziehung zwischen den Gesetzgebungsverfahren und den Grundsätzen der Offenheit und Transparenz vorsieht (vgl. in diesem Sinne Schlussanträge des Generalanwalts Cruz Villalón in der Rechtssache Rat/Access Info Europe, C‑280/11 P, EU:C:2013:325, Nrn. 39 und 40). Insbesondere bestimmt Art. 15 Abs. 2 AEUV, dass „[d]as Parlament … öffentlich [tagt]; dies gilt auch für den Rat, wenn er über Entwürfe zu Gesetzgebungsakten berät oder abstimmt“.

78      Im Übrigen trägt gerade die Transparenz im Bereich des Gesetzgebungsprozesses dazu bei, den Organen in den Augen der europäischen Bürger eine größere Legitimität zu verleihen und deren Vertrauen zu stärken, weil sie es ermöglicht, Unterschiede zwischen mehreren Standpunkten offen zu erörtern. Tatsächlich ist es eher das Fehlen von Information und Diskussion, das bei den Bürgern Zweifel hervorrufen kann, und zwar nicht nur an der Rechtmäßigkeit eines einzelnen Rechtsakts, sondern auch an der Rechtmäßigkeit des Entscheidungsprozesses insgesamt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 1. Juli 2008, Schweden und Turco/Rat, C‑39/05 P und C‑52/05 P, EU:C:2008:374, Rn. 59).

79      Der Gerichtshof hatte bereits Gelegenheit, darauf hinzuweisen, dass im Rahmen der Ausnahmeregelung des Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001 die Begriffe „Entscheidung“ und „Entscheidungsprozess“ des betreffenden Organs sich in einem bestimmten Licht darstellen, wenn dieses in seiner Eigenschaft als Gesetzgeber handelt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 1. Juli 2008, Schweden und Turco/Rat, C‑39/05 P und C‑52/05 P, EU:C:2008:374, Rn. 46, sowie vom 22. März 2011, Access Info Europe/Rat, T‑233/09, EU:T:2011:105, Rn. 57).

80      Wenn nämlich die oben in Rn. 58 dargelegte Anerkennung eines möglichst breiten Zugangs der Öffentlichkeit allgemein bedeutet, dass diese Öffentlichkeit Anspruch auf Verbreitung des gesamten Inhalts der angeforderten Dokumente hat – wobei dieses Recht nur durch eine strikte Anwendung der in der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehenen Ausnahmen eingeschränkt werden kann –, so sind diese Erwägungen ersichtlich von ganz besonderer Bedeutung, wenn diese Dokumente zur gesetzgeberischen Tätigkeit der Union gehören, wie sich aus dem sechsten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1049/2001 ergibt, wonach gerade in einem solchen Fall ein umfassenderer Zugang zu Dokumenten zu gewähren ist. Eine solche Transparenz trägt zur Stärkung der Demokratie bei, indem sie den Bürgern ermöglicht, alle Informationen zu überprüfen, auf deren Grundlage ein Rechtsakt ergangen ist. Die Möglichkeit für die Bürger, sich über die Grundlagen der Gesetzgebungstätigkeit zu informieren, ist nämlich eine Voraussetzung dafür, dass sie ihre demokratischen Rechte effektiv ausüben können (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 1. Juli 2008, Schweden und Turco/Rat, C‑39/05 P und C‑52/05 P, EU:C:2008:374, Rn. 46, vom 17. Oktober 2013, Rat/Access Info Europe, C‑280/11 P, EU:C:2013:671, Rn. 33, und vom 15. September 2016, Herbert Smith Freehills/Rat, T‑710/14, EU:T:2016:494, Rn. 35).

81      Die Grundsätze der Offenheit und der Transparenz sind somit den Gesetzgebungsverfahren der Union inhärent.

82      Zweitens ist festzustellen, dass in der Rechtsprechung des Gerichtshofs das Bestehen von allgemeinen Vermutungen der Nichtverbreitung nur in Bezug auf Dokumente anerkannt wurde, die durch ihre Zugehörigkeit zu einer Akte in einem noch anhängigen Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren klar umschrieben waren (Urteil vom 16. Juli 2015, ClientEarth/Kommission, C‑612/13 P, EU:C:2015:486, Rn. 77 und 78), nie aber bislang im Hinblick auf das Gesetzgebungsverfahren. Darüber hinaus betrafen selbst im Verwaltungsverfahren die vom Unionsrichter zugelassenen Vermutungen nur präzise umrissene Verfahren (vgl. in Bezug auf die Kontrolle staatlicher Beihilfen Urteil vom 29. Juni 2010, Kommission/Technische Glaswerke Ilmenau, C‑139/07 P, EU:C:2010:376, Rn. 54 und 55, hinsichtlich der Kontrolle von Zusammenschlüssen Urteil vom 28. Juni 2012, Kommission/Éditions Odile Jacob, C‑404/10 P, EU:C:2012:393, Rn. 123, und in Bezug auf die Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln [101 AEUV] und [102 AEUV] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) Urteil vom 27. Februar 2014, Kommission/EnBW, C‑365/12 P, EU:C:2014:112, Rn. 93), während die Arbeiten der Triloge definitionsgemäß die gesamte gesetzgeberische Tätigkeit umfassen.

83      Zwar machen der Rat und die Kommission schließlich geltend, dass die Effizienz und Integrität des Gesetzgebungsprozesses, wie er in Art. 13 Abs. 1 EUV und Art. 294 AEUV geregelt sei, es den Organen ermöglichten, sich auf eine allgemeine Vermutung der Nichtverbreitung der vierten Spalte der Tabellen der laufenden Triloge zu stützen, doch ist darauf hinzuweisen, dass in keinem dieser Artikel eine solche Vermutung verankert ist und dass ihr Wortlaut in keinerlei Hinsicht eine Auslegung zulässt, wie sie von den als Streithelfern beteiligten Organen vertreten wird, zumal die Effizienz und Integrität des Gesetzgebungsprozesses nicht die Bedeutung der diesem Prozess zugrunde liegenden Grundsätze der Offenheit und der Transparenz mindern kann.

84      Daher ist der Schluss zu ziehen, dass eine allgemeine Vermutung der Nichtverbreitung in Bezug auf die vierte Spalte der Tabellen der Triloge, die sich auf ein laufendes Gesetzgebungsverfahren beziehen, nicht anerkannt werden kann.

–       Zum Vorliegen einer ernstlichen Beeinträchtigung des Entscheidungsprozesses

85      Da das Parlament die streitige Verweigerung des Zugangs nicht auf eine allgemeine Vermutung der Nichtverbreitung stützen kann, ist zu prüfen, ob dieses Organ seiner Verpflichtung im Sinne der oben in den Rn. 62 und 63 angeführten Rechtsprechung nachgekommen ist, Erläuterungen zu der Frage zu geben, wie der vollständige Zugang zu den in Rede stehenden Dokumenten das durch die Ausnahmeregelung des Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001 geschützte Interesse konkret und tatsächlich beeinträchtigen könnte, wobei die Gefahr einer solchen Beeinträchtigung bei verständiger Betrachtung absehbar sein muss und nicht rein hypothetisch sein darf.

86      Vorab ist klarzustellen, dass es nicht Gegenstand der vorliegenden Klage ist, die Anerkennung eines unmittelbaren Zugangs zu den Arbeiten der laufenden Triloge im Sinne von Art. 12 der Verordnung Nr. 1049/2001 zu erreichen. Alleiniger Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist nämlich der Zugang zur vierten Spalte der in Rede stehenden Dokumente, wobei dieser Zugang nur auf einen präzisen, sich auf die genannte Verordnung stützenden Antrag hin gewährt werden kann.

87      Im angefochtenen Beschluss hat das Parlament u. a. darauf hingewiesen, dass die betreffenden Tabellen im Rahmen der laufenden Triloge erstellt worden seien und sich auf eine Angelegenheit bezögen, in der die endgültige Entscheidung weder von ihm noch von den Mitgesetzgebern getroffen worden sei, so dass davon auszugehen sei, dass es sich um einen laufenden Entscheidungsprozess handle. Dieser Prozess werde durch die Verbreitung der vierten Spalte der in Rede stehenden Tabellen „tatsächlich, konkret und ernsthaft“ beeinträchtigt, angesichts der Tatsache, dass der Bereich der polizeilichen Zusammenarbeit, auf den sich diese bezögen, insbesondere hinsichtlich des Schutzes der Daten und des Verwaltungsrats von Europol sehr sensibel sei. Das Parlament hat ebenfalls auf die absehbare Gefahr hingewiesen, dass die Verbreitung des Standpunkts des Ratsvorsitzes vor dem Ende der Verhandlungen die gute Zusammenarbeit zwischen den Organen schädigen und den Verhandlungsprozess beeinträchtigen könnte, mit der Aussicht, dass gegenseitiges Vertrauen verloren gehe und es zu einer Überprüfung der Arbeitsmethoden komme, wobei dieses Risiko erst dann nicht mehr bestehe, wenn eine Einigung über den gesamten Gesetzestext erzielt worden sei. Außerdem würde die Mitteilung der vierten Spalte der betreffenden Tabellen sehr wahrscheinlich zu einem stärkeren öffentlichen Druck auf die an den Verhandlungen Beteiligten führen, was die Annahme einer gemeinsamen Linie unmöglich oder zumindest wesentlich schwieriger machte. Das Parlament hat ferner den Grundsatz, dass „nichts vereinbart ist, solange nicht alles vereinbart ist“, geltend gemacht, um darzulegen, dass die Verbreitung eines einzigen Elements, selbst wenn es nicht sensibler Natur sei, negative Auswirkungen auf andere Teile der Akten haben könne. Es hat daraus geschlossen, dass der Zugang auf die gesamte vierte Spalte dieser Tabellen verweigert werden müsse, „solange der vereinbarte Text nicht von beiden Parteien genehmigt worden ist“.

88      Aus dem Vorstehenden folgt, dass sich das Parlament zum einen auf spezifische Überlegungen zu dem laufenden Gesetzgebungsverfahren mit Bezugnahme auf die sehr sensible Natur des Bereichs der polizeilichen Zusammenarbeit und insbesondere des Schutzes der Daten im Rahmen dieser Zusammenarbeit sowie auf die Zusammensetzung des Verwaltungsrats von Europol gestützt hat. Zum anderen hat es sich auch auf allgemeine Erwägungen im Wesentlichen zum vorläufigen Charakter der in der vierten Spalte der Tabellen der Triloge enthaltenen Informationen, zum Klima des Vertrauens bei den Debatten in den Trilogen, zum Risiko eines Drucks von außen, der den Ablauf der laufenden Erörterungen beinträchtigen könnte, zur Erhaltung eines Platzes für den Schutz der Vertraulichkeit sowie zum vorübergehenden Charakter der Zugangsverweigerung berufen.

89      Was als Erstes die im angefochtenen Beschluss vorgebrachten konkreten Erwägungen in Bezug auf das in Rede stehende Gesetzgebungsverfahren anbelangt, ist erstens darauf hinzuweisen, dass der dort angeführte Umstand, dass sich die in Rede stehenden Dokumente auf den Bereich der polizeilichen Zusammenarbeit bezögen, für sich allein nicht genügen kann, um die besondere Sensibilität dieser Dokumente zu belegen. Das gegenteilige Ergebnis hätte nämlich zur Folge, dass ein gesamter Bereich des Unionsrechts den Anforderungen an die Transparenz des entsprechenden Gesetzgebungsverfahrens entzogen würde.

90      Was zweitens die Feststellung betrifft, die Politik der Verwaltung und Speicherung der von Europol gehaltenen Daten habe einen besonders sensiblen Charakter, ist anzumerken, dass sich die in Rede stehenden Dokumente auf den Entwurf einer Verordnung beziehen, die allgemeine Geltung besitzt sowie in allen ihren Teilen zwingend und in allen Mitgliedstaaten unmittelbar anwendbar ist, die naturgemäß die Bürger betrifft, zumal es sich hier um einen Gesetzgebungsvorschlag mit direkten Auswirkungen auf die Rechte der Unionsbürger, darunter ihr Recht auf den Schutz personenbezogener Daten, handelt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. März 2011, Access Info Europe/Rat, T‑233/09, EU:T:2011:105, Rn. 77), was bedeutet, dass sie nach jeglichem Kriterium nicht als sensibel angesehen werden konnte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. Oktober 2013, Rat/Access Info Europe, C‑280/11 P, EU:C:2013:671, Rn. 63).

91      Was drittens die Feststellung anbelangt, wonach die Beratungen über die Zusammensetzung des Verwaltungsrats von Europol sehr sensibler Natur seien, ist darauf hinzuweisen, dass diese Frage wohl eher institutionelle oder organisatorische Aspekte hat. Zwar kann sich eine derartige Frage in Anbetracht der auf dem Spiel stehenden Interessen als sensibel oder gar als schwierig erweisen, doch lässt sie sich dann nicht als besonders sensibel ansehen, wenn es an konkreten Anhaltspunkten fehlt, die eine solche Feststellung stützen.

92      Viertens ergibt sich aus der vollständigen Fassung der in Rede stehenden Dokumente, die nunmehr vom Parlament veröffentlicht wurde (vgl. oben, Rn. 26), dass sich die in der vierten Spalte dieser Dokumente wiedergegebenen Vorschläge oder vorläufigen Einigungen auf allgemeine und abstrakte Fragen bezogen, ohne dass dabei irgendwelche sensiblen Informationen, z. B. mit Bezug auf die Bekämpfung von Terrorismus, die organisierte Kriminalität oder Angelegenheiten, die in irgendeiner Weise polizeiliche Daten über Personen, Operationen oder konkrete Projekte betroffen hätten, erwähnt worden wären.

93      Insbesondere ergibt sich aus dem Dokument LIBE-2013-0091-02, dass die Texte in seiner vierten Spalte eine klassische Gesetzgebungsarbeit betreffend die Organisation einer Agentur, im vorliegenden Fall Europol, die Definition ihrer Beziehungen zu den nationalen Behörden und ihrer Aufgaben, die Zusammensetzung ihres Verwaltungsrats usw. beschreiben. Diese Spalte enthält Vorschriften allgemeiner Art, die die vereinbarten redaktionellen Änderungen, Hinweise auf Punkte, hinsichtlich deren die Aussprache verschoben wurde oder die Gegenstand von weiteren Erörterungen sein sollten, was an verschiedenen Stellen durch den Hinweis „idem“ sowie einige leere Felder gekennzeichnet wurde, erkennen lassen.

94      Auch im Hinblick auf das Dokument LIBE-2013-0091-03 ergeben sich aus der Lektüre seiner vierten Spalte keine Hinweise auf einen sensiblen Gesichtspunkt; vielmehr lassen sich dabei eine begrenzte Zahl von Vorschriften allgemeiner Art sowie mehrere Formulierungen wie „das Parlament wird gebeten, diese Abänderung nochmals zu prüfen“, „diese Abänderungen des Parlaments können in Betracht gezogen werden“ oder auch „die Abänderung des Parlaments könnte möglicherweise in einem Erwägungsgrund wiedergegeben werden“ sowie mehrere leere Felder feststellen.

95      Darüber hinaus sind die Informationen in der vierten Spalte der in Rede stehenden Dokumente unter den Umständen des vorliegenden Falles offenkundig nicht inhärent „sensibler“ als diejenigen in den ersten drei Spalten, zu denen dem Kläger im angefochtenen Beschluss Zugang gewährt wurde.

96      Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die Verordnung Nr. 1049/2001 in ihrem Art. 9 ein besonderes Verfahren für den Fall vorsieht, dass sich das Dokument, zu dem der Zugang beantragt wird, als „sensibles Dokument“ bezeichnen lässt (Urteil vom 22. März 2011, Access Info Europe/Rat, T‑233/09, EU:T:2011:105, Rn. 78), wobei dieses Verfahren vom Parlament im vorliegenden Fall allerdings nicht angewendet wurde.

97      Obwohl der Inhalt der vierten Spalte der in Rede stehenden Dokumente Angelegenheiten von gewisser Bedeutung betrifft, die sicherlich durch sowohl politische als auch rechtliche Schwierigkeiten gekennzeichnet sind, erscheint dieser Inhalt doch nicht in dem Sinne als besonders sensibel, dass im Fall einer Verbreitung ein grundlegendes Interesse der Union oder der Mitgliedstaaten verletzt wäre (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. März 2011, Access Info Europe/Rat, T‑233/09, EU:T:2011:105, Rn. 78).

98      Was als Zweites die allgemeinen Erwägungen im angefochtenen Beschluss anbelangt, ist erstens in Bezug auf das Vorbringen, der Zugang zur vierten Spalte der in Rede stehenden Dokumente im Lauf der Triloge würde den öffentlichen Druck auf den Berichterstatter, die Schattenberichterstatter und die Fraktionen erhöhen, festzustellen, dass in einem System, das auf dem Grundsatz der demokratischen Legitimität beruht, die Mitgesetzgeber sich für ihre Handlungen gegenüber der Öffentlichkeit verantworten müssen. Die Ausübung der demokratischen Rechte durch die Bürger setzt nämlich die Möglichkeit voraus, den Entscheidungsprozess innerhalb der an den Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organe im Einzelnen zu verfolgen und Zugang zu sämtlichen einschlägigen Informationen zu erhalten (Urteil vom 22. März 2011, Access Info Europe/Rat, T‑233/09, EU:T:2011:105, Rn. 69). Im Übrigen bestimmt Art. 10 Abs. 3 EUV, dass alle Bürgerinnen und Bürger das Recht haben, am demokratischen Leben der Union teilzunehmen, und dass die Entscheidungen so offen und bürgernah wie möglich getroffen werden. Daher ist die Manifestation der öffentlichen Meinung zu diesem oder jenem Vorschlag oder einer vorläufigen legislativen Einigung, die im Rahmen eines Trilogs zustande gekommen ist und in der vierten Spalte der Tabellen der Triloge wiedergegeben wird, Bestandteil der Ausübung der demokratischen Rechte der Unionsbürger, zumal, wie oben in Rn. 72 ausgeführt worden ist, diese Einigungen im Allgemeinen anschließend ohne wesentliche Änderungen durch die Mitgesetzgeber angenommen werden.

99      Auch wenn die Rechtsprechung anerkennt, dass das Risiko eines Drucks von außen einen legitimen Grund für die Beschränkung des Zugangs zu Dokumenten im Zusammenhang mit dem Beschlussfassungsverfahren darstellen kann, ist es jedoch erforderlich, dass das Vorliegen solchen Drucks von außen eindeutig erwiesen ist und dass der Nachweis erbracht wird, dass das Risiko, dass die zu treffende Entscheidung erheblich beeinträchtigt wird, wegen dieses Drucks von außen bei verständiger Betrachtung absehbar ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Dezember 2008, Muñiz/Kommission, T‑144/05, nicht veröffentlicht, EU:T:2008:596, Rn. 86). Die Akte kann aber in keiner Hinsicht einen belastbaren Beweis liefern, dass es im Fall der Verbreitung der vierten Spalte der in Rede stehenden Dokumente zu solchem Druck von außen kommt. Daher lassen die dem Gericht zur Verfügung stehenden Akten nicht den Schluss zu, dass das Parlament, was das Gesetzgebungsverfahren anbelangt, bei verständiger Betrachtung eine Reaktion zu befürchten hätte, die über das hinausginge, was ein beliebiges Mitglied eines Gesetzgebungsorgans, das einen Abänderungsvorschlag zu einem Gesetzentwurf vorlegt, von der Öffentlichkeit erwarten kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. März 2011, Access Info Europe/Rat, T‑233/09, EU:T:2011:105, Rn. 74).

100    Zweitens ist, was den in dem Sinne vorläufigen Charakter der Informationen in der vierten Spalte der Tabellen der Triloge anbelangt, dass sich deren Inhalt je nach dem Fortgang ihrer Arbeiten weiterentwickeln sollte, festzustellen, dass der vorläufige Charakter dieser Informationen für sich genommen nicht die Anwendung der Ausnahme gemäß Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001 rechtfertigen kann, da diese Bestimmung nicht nach dem jeweiligen Stand der Beratungen unterscheidet. Sie erfasst nämlich allgemein Dokumente, die sich auf eine Angelegenheit beziehen, in der das betreffende Organ „noch keinen Beschluss gefasst hat“, anders als Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 2 dieser Verordnung, der sich auf die Fälle bezieht, in denen das betreffende Organ bereits entschieden hat. Im vorliegenden Fall lässt daher weder der Umstand, dass die laufenden Beratungen vorläufig waren, noch die Tatsache, dass Einigkeit oder ein Kompromiss über einige der Vorschläge bisher nicht erzielt worden war, die Annahme einer ernstlichen Beeinträchtigung des Entscheidungsprozesses zu (Urteil vom 22. März 2011, Access Info Europe/Rat, T‑233/09, EU:T:2011:105, Rn. 76).

101    Insoweit ist es unerheblich, ob die in Rede stehenden Dokumente in einem frühen, fortgeschrittenen oder im Endstadium des Entscheidungsprozesses erstellt oder übermittelt wurden. Ebenso wenig spielt es für die Auslegung der Ausnahmeregelung in Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001 eine Rolle, ob dies in einem formellen oder informellen Kontext geschah (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. September 2016, Herbert Smith Freehills/Rat, T‑710/14, EU:T:2016:494, Rn. 48).

102    Im Übrigen hatte das Gericht bereits Gelegenheit festzustellen, dass ein Vorschlag seinem Wesen nach dazu dient, diskutiert zu werden und dass nicht davon auszugehen ist, dass er nach dieser Diskussion unverändert fortbestehen soll. Die öffentliche Meinung ist durchaus imstande nachzuvollziehen, dass der Urheber eines Vorschlags dessen Inhalt in der Folge ändern kann (Urteil vom 22. März 2011, Access Info Europe/Rat, T‑233/09, EU:T:2011:105, Rn. 69). Gerade aus diesen Gründen ist sich eine Person, die einen Antrag auf Zugang zu Dokumenten eines laufenden Trilogs stellt, des vorläufigen Charakters dieser Informationen vollkommen bewusst. Ferner wird sie uneingeschränkt nachvollziehen können, dass entsprechend dem Grundsatz, dass „nichts vereinbart ist, solange nicht alles vereinbart ist“, die in der vierten Spalte enthaltenen Informationen im Laufe der Beratungen in den Trilogen einer Änderung unterliegen, bis eine Einigung über den gesamten Text erzielt worden ist.

103    Was drittens den Grund eines möglichen Verlusts des Vertrauens zwischen den Organen der Union und der möglichen Verschlechterung der Zusammenarbeit zwischen diesen Organen und insbesondere mit dem Vorsitz des Rates anbelangt, ist darauf hinzuweisen, dass die Unionsorgane Art. 13 Abs. 2 Satz 2 EUV zu beachten haben, wonach „[d]ie Organe … loyal zusammen[arbeiten]“ (Urteil vom 16. Juli 2015, Kommission/Rat, C‑425/13, EU:C:2015:483, Rn. 64). Dieser Zusammenarbeit kommt für das legislative Handeln der Union eine besondere Bedeutung zu, das einen Prozess der engen Zusammenarbeit zwischen den betreffenden Organen erfordert. Sind mehrere Organe mit der Durchführung des Gesetzgebungsverfahrens der Union betraut, sind diese gehalten, entsprechend der Verpflichtung zur loyalen Zusammenarbeit nach Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 1 EUV zu handeln und zusammenzuarbeiten, um sicherzustellen, dass dieses Verfahren effektiv angewendet werden kann, was bedeutet, dass jede Verschlechterung des Vertrauens, das sich die Organe schulden, einen Verstoß gegen diese Verpflichtung darstellen würde.

104    Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass zum einen gerade aufgrund des Grundsatzes der loyalen Zusammenarbeit das Parlament im vorliegenden Fall, wie es in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, den Rat und die Kommission vor dem Erlass des angefochtenen Beschlusses konsultiert hat, dass es zum anderen aber auch zur Stützung der Geltendmachung des oben in Rn. 103 angeführten Grundsatzes keinen greifbaren Beweis geliefert hat, was bedeutet, dass die behauptete Gefahr hypothetisch erscheint, da kein konkreter Anhaltspunkt vorliegt, der belegen könnte, dass hinsichtlich des betreffenden Gesetzgebungsverfahrens der Zugang zur vierten Spalte der in Rede stehenden Dokumente der loyalen Zusammenarbeit, zu der die beteiligten Organe verpflichtet sind, geschadet hätte. Da außerdem die Organe im Rahmen der Triloge ihre jeweilige Ansicht zu einem bestimmten Gesetzesvorschlag äußern und mit den Änderungen, die dieser erfahren kann, einverstanden sind, ist der Umstand, dass diese Gesichtspunkte anschließend auf einen Antrag hin offengelegt werden, für sich allein nicht geeignet, die loyale Zusammenarbeit zu behindern, zu der die Organe gemäß Art. 13 EUV gegenseitig verpflichtet sind.

105    Viertens ist hinsichtlich der vom Parlament, dem Rat und der Kommission im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits vorgebrachten Notwendigkeit, über einen Platz für den Schutz der Vertraulichkeit („space to think“) zu verfügen, darauf hinzuweisen, dass die Triloge, wie oben in Rn. 75 ausgeführt, Teil und – nach den Ausführungen des Parlaments selbst – „eine wichtige Phase des Gesetzgebungsverfahrens sind und kein gesonderter Platz für den ‚Schutz der Vertraulichkeit‘“ (Entschließung des Europäischen Parlaments vom 14. September 2011 zum Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten, Nr. 29).

106    Im Übrigen können, wie das Parlament in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, im Vorfeld der Aufnahme von Kompromisstexten in die vierte Spalte der Tabellen der Triloge bei den Zusammenkünften zur Vorbereitung dieser Rechtsakte insoweit Gespräche zwischen den verschiedenen Beteiligten geführt werden, so dass die Möglichkeit des freien Gedankenaustauschs nicht in Frage gestellt wird, zumal der vorliegende Rechtsstreit, wie oben in Rn. 86 ausgeführt, nicht den direkten Zugang zu den Arbeiten der Triloge betrifft, sondern lediglich den Zugang zu Dokumenten, die im Anschluss an einen Zugangsantrag im Rahmen dieser Triloge erstellt wurden.

107    Fünftens ist zu dem Grund des vorübergehenden Charakters der Weigerung im Hinblick auf den Umstand, dass, sobald die Arbeiten der Triloge abgeschlossen sind, ein vollständiger Zugang zu den Tabellen der Triloge gegebenenfalls erteilt werden könnte, zunächst darauf hinzuweisen, dass die Arbeiten der Triloge einen erheblichen Zeitraum beanspruchen könnten. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung unwidersprochen angegeben, dass ihre Dauer durchschnittlich sieben bis zwölf Monate betrage. Es könnte sich damit um einen erheblichen Zeitraum handeln, während dessen die Arbeiten der Triloge gegenüber der Öffentlichkeit geheim bleiben. Darüber hinaus ist die Dauer dieser Arbeiten nicht genau bestimmbar, da sie je nach Art des jeweiligen Gesetzgebungsverfahrens variiert.

108    Sodann ist anzumerken, dass die Berichte, die das Verhandlungsteam des Parlaments, das an den Trilogen beteiligt ist, gemäß Art. 73 Abs. 4 Unterabs. 2 der Geschäftsordnung des Parlaments in der folgenden Sitzung des zuständigen Parlamentsausschusses erstatten muss, nicht geeignet sind, den Mangel an Transparenz der Arbeiten der Triloge während dieses Zeitraums zu heilen. In seiner Antwort auf die prozessleitenden Maßnahmen hat das Parlament nämlich erklärt, dass diese Berichte durch „ein hohes Maß an Flexibilität in ihrer Form“ gekennzeichnet seien und dass „[es] hinsichtlich der Form und der Veröffentlichung der Protokolle zwischen den verschiedenen Ausschüssen des Parlaments keine einheitliche Praxis gibt“. Diese Berichte können daher in der Form einer Mitteilung des Vorsitzenden des betreffenden Ausschusses oder des Berichterstatters an alle seine Mitglieder oder allein in der Sitzung der Koordinatoren, die im allgemeinen unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet, oder einer mündlichen Mitteilung oder auch einer kurzen Information in den Newslettern dieses Ausschusses ergehen. Das Fehlen eingehender und einheitlicher Berichte und der unterschiedliche Grad der Bekanntmachung tragen daher nichts zum Ausgleich der mangelnden Transparenz der Arbeiten der laufenden Triloge bei.

109    Schließlich stellen die Arbeiten der Triloge, wie oben in Rn. 70 festgestellt worden ist, eine entscheidende Phase des Gesetzgebungsverfahrens dar, da die dort erzielte Einigung von den Mitgesetzgebern meist ohne wesentliche Änderungen angenommen wird (vgl. oben, Rn. 72). Aus diesen Gründen lässt sich eine ausnahmslose und undifferenzierte Verweigerung des streitigen Zugangs nicht wirksam mit seinem vorübergehenden Charakter rechtfertigen. Eine solche pauschale Begründung, die sich auf sämtliche Triloge beziehen kann, hätte nämlich de facto dieselbe Wirkung wie eine allgemeine Vermutung der Nichtverbreitung, deren Zulässigkeit aber verneint worden ist (vgl. oben, Rn. 76 bis 84).

110    Das Gericht weist im Übrigen darauf hin, dass das Parlament in seiner Entschließung vom 11. März 2014 zum Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten die Kommission, den Rat und sich selbst aufgefordert hat, „für mehr Transparenz bei den informellen Trilogen zu sorgen, indem die Sitzungen öffentlich abgehalten und dokumentiert werden, etwa durch Sitzungskalender, Tagesordnungen, Protokolle, erörterte Dokumente, Änderungsanträge, getroffene Entscheidungen, Angaben zu den Delegationen der Mitgliedstaaten sowie zu ihren Positionen und Protokollen, die standardmäßig und unbeschadet der in Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 aufgelisteten Ausnahmen in einer standardisierten und leicht zugänglichen Onlineumgebung veröffentlicht werden“.

111    Nach alledem kann keiner der vom Parlament geltend gemachten Gründe, einzeln oder in ihrer Gesamtheit, belegen, dass der vollständige Zugang zu den in Rede stehenden Dokumenten geeignet war, konkret und tatsächlich, bei verständiger Betrachtung absehbar und nicht rein hypothetisch den betreffenden Entscheidungsprozess im Sinne von Art. 4 Abs. 3 Unterabs.1 der Verordnung Nr. 1049/2001 zu beeinträchtigen.

112    Vor diesem Hintergrund ist darauf hinzuweisen, dass das Vorbringen des Klägers, wonach das Parlament über keinerlei Ermessen verfüge, um den Zugang zu im Rahmen der laufenden Triloge erstellten Dokumenten zu verweigern, nicht durchgreifen kann. Diese Auffassung läuft nämlich darauf hinaus, den Organen die Möglichkeit zu nehmen, die Verweigerung des Zugangs zu Gesetzgebungsdokumenten mit der Ausnahme nach Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001 zu rechtfertigen, obwohl darin das Gesetzgebungsverfahren nicht von seinem Anwendungsbereich ausgenommen wird. Folglich steht es den Organen nach wie vor frei, auf der Grundlage dieser Bestimmung den Zugang zu bestimmten Dokumenten legislativer Art in hinreichend begründeten Fällen zu verweigern.

113    Nach alledem hat das Parlament gegen Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001 verstoßen, indem es im angefochtenen Beschluss die Verbreitung der vierten Spalte der in Rede stehenden Dokumente im laufenden Verfahren mit der Begründung verweigert hat, dass sich daraus eine ernstliche Beeinträchtigung seines Entscheidungsprozesses ergebe.

114    Der angefochtene Beschluss ist daher für nichtig zu erklären, ohne dass die Frage, ob ein überwiegendes öffentliches Interesse besteht, das die Verbreitung dieser Informationen rechtfertigt, oder der zweite Klagegrund, mit dem ein Verstoß gegen die Begründungspflicht geltend gemacht wird, zu prüfen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. März 2011, Access Info Europe/Rat, T‑233/09, EU:T:2011:105, Rn. 85).

 Kosten

115    Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da das Parlament mit seinem Vorbringen unterlegen ist, sind ihm gemäß dem Antrag des Klägers neben seinen eigenen Kosten die Kosten des Klägers aufzuerlegen.

116    Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung tragen die Organe, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. Der Rat und die Kommission tragen deshalb ihre eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Siebte erweiterte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Der Beschluss A(2015) 4931 des Europäischen Parlaments vom 8. Juli 2015 wird für nichtig erklärt, soweit mit ihm Herrn Emilio De Capitani der vollständige Zugang zu den Dokumenten LIBE-2013-0091-02 und LIBE-2013-0091-03 verweigert wurde.

2.      Das Parlament trägt seine eigenen Kosten und die Herrn De Capitani entstandenen Kosten.

3.      Der Rat der Europäischen Union und die Europäische Kommission tragen ihre eigenen Kosten.

Van der Woude

Tomljenović

Bieliūnas

Marcoulli

 

      Kornezov

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 22. März 2018.

Unterschriften


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