T-54/17 – CLF / Parlament

T-54/17 – CLF / Parlament

URTEIL DES GERICHTS (Achte Kammer)

11. Juli 2018()

„Institutionelles Recht – Europäisches Parlament – Beschluss, mit dem einer politischen Partei eine Finanzhilfe gewährt wird – Vorfinanzierung in Höhe von 33 % des Höchstbetrags der gewährten Finanzhilfe – Obliegenheit, eine Bankbürgschaft für die Vorfinanzierung zu stellen – Haushaltsordnung – Anwendungsbestimmungen für die Haushaltsordnung – Verordnung (EG) Nr. 2004/2003 über die Regelungen für die politischen Parteien auf europäischer Ebene und ihre Finanzierung – Verhältnismäßigkeit – Gleichbehandlung“

In der Rechtssache T‑54/17

Coalition for Life and Family (CLF) mit Sitz in Brüssel (Belgien), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt P. Richter,

Klägerin,

gegen

Europäisches Parlament, vertreten durch N. Görlitz, S. Alves und C. Burgos als Bevollmächtigte,

Beklagter,

betreffend eine Klage nach Art. 263 AEUV auf teilweise Nichtigerklärung des Beschlusses FINS-2017-16 des Europäischen Parlaments vom 12. Dezember 2016 über die Gewährung einer Finanzhilfe an die Klägerin, soweit mit diesem Beschluss die Vorfinanzierung auf 33 % des Höchstbetrags der Finanzhilfe begrenzt wird und ihre Auszahlung von der Stellung einer Bankbürgschaft abhängig gemacht wird,

erlässt

DAS GERICHT (Achte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten A. M. Collins, der Richterin M. Kancheva und des Richters R. Barents (Berichterstatter),

Kanzler: E. Coulon,

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Die Klägerin, Coalition for Life and Family (CLF), ist eine politische Partei auf europäischer Ebene im Sinne des Art. 2 Nr. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2004/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über die Regelungen für die politischen Parteien auf europäischer Ebene und ihre Finanzierung (ABl. 2003, L 297, S. 1) (im Folgenden: politische Partei). Sie wurde im September 2016 gegründet.

2        Mit Schreiben vom 22. September 2016 stellte sie für das Haushaltsjahr 2017 beim Europäischen Parlament erstmals einen Antrag auf Finanzierung aus dem Gesamthaushaltsplan der Europäischen Union nach der Verordnung Nr. 2004/2003. Gemäß Nr. 4.6 Buchst. g der Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen IX‑2017/01 – „Finanzhilfen an die politischen Parteien auf europäischer Ebene“ (ABl. 2016, C 223, S. 10, im Folgenden: Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen für das Haushaltsjahr 2017) legte sie ihrem Antrag die Liste ihrer Mitglieder als Beleg dafür bei, dass sie das Repräsentationserfordernis des Art. 3 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 2004/2003 erfülle. Aus der aus diesem Anlass vorgelegten Aufstellung ist ersichtlich, dass die Klägerin acht Mitglieder in acht verschiedenen Mitgliedstaaten angab, nämlich sechs Mitglieder nationaler Parlamente, ein Mitglied eines regionalen Parlaments und ein Mitglied einer Regionalversammlung.

3        Mit E‑Mail vom 29. November 2016 teilte das Parlament der Klägerin mit, dass das ihr am 11. September 2016 beigetretene belgische Mitglied keine Berücksichtigung finden könne, da es auch Mitglied einer anderen politischen Partei sei und seine Mitgliedschaft in dieser anderen politischen Partei am 30. September 2016 bestätigt habe.

4        Am 5. Dezember 2016 unterrichtete der Generalsekretär des Parlaments das Präsidium des Parlaments in einem Vermerk über die Ergebnisse der Bewertung der Anträge auf Finanzhilfe, die für das Haushaltsjahr 2017 von Parteien und politischen Stiftungen auf europäischer Ebene im Sinne des Art. 2 Nr. 4 der Verordnung Nr. 2004/2003 eingegangen waren. Mit demselben Vermerk ersuchte er das Präsidium, die Liste der Finanzhilfeempfänger und der gewährten Beträge festzulegen und dabei dem Ergebnis der Beurteilung Rechnung zu tragen (im Folgenden: Vermerk des Generalsekretärs).

5        Aus den Rn. 27 und 28 des Vermerks des Generalsekretärs ergibt sich, dass nach dem Rechnungsabschluss über die für das Jahr 2015 gewährten Finanzhilfen eine politische Partei und zwei politische Stiftungen ein Konkursverfahren einleiten mussten, da sie die dem Parlament geschuldeten Beträge nicht vollständig zurückzahlen konnten. Der Vermerk enthält dazu den Hinweis, dass solche Fälle zu verhindern seien und die finanziellen Interessen des Parlaments künftig gewahrt werden müssten.

6        In Rn. 33 des Vermerks des Generalsekretärs wird zur Klägerin ausgeführt, dass sie eine neue Organisation und nur in sieben Mitgliedstaaten vertreten sei. Außerdem stellte der Generalsekretär fest, dass die Gefahr bestehe, dass das Vertretungskriterium nicht erfüllt sei, da in einem der Mitgliedstaaten im Dezember 2016 Wahlen anstünden. Einige Mitglieder der Klägerin seien zuvor Mitglieder anderer europäischer Parteien gewesen, die Gegenstand einer Untersuchung gewesen seien. Auch hätten einige Mitglieder des Ausschusses zur Bewertung der Finanzierungsanträge Bedenken geäußert, ob die Klägerin die Grundsätze beachte, auf denen die Union beruhe. In Anbetracht der mangelnden Stabilität der Klägerin und der Unmöglichkeit, die verwaltungsmäßige Durchführbarkeit und die wirtschaftliche Rentabilität dieser erst am 5. September 2016 gegründeten Organisation zu bestätigen, schlug der Generalsekretär vor, die Vorfinanzierung an Maßnahmen zur Verringerung der Risiken zu knüpfen. Dabei handelte es sich, wie sich aus den Rn. 35 und 36 des Vermerks ergibt, um eine Begrenzung des zu gewährenden Vorfinanzierungsanteils auf 40 % und um eine Verknüpfung seiner Auszahlung mit der Stellung einer Bankbürgschaft in entsprechender Höhe.

7        In seiner Sitzung vom 12. Dezember 2016 erließ das Präsidium des Parlaments den Beschluss FINS-2017-16, mit dem der Klägerin für das Haushaltsjahr 2017 eine Finanzhilfe mit einem Höchstbetrag von 299 109,38 Euro gewährt wurde (im Folgenden: angefochtener Beschluss). Nach dem Wortlaut der in Art. I.4.1 des angefochtenen Beschlusses festgelegten Maßnahmen belief sich der Vorfinanzierungsbetrag auf 33 % des Höchstbetrags der gewährten Finanzhilfe und damit auf 98 706,09 Euro, und seine Auszahlung stand unter dem Vorbehalt der Stellung einer Bankbürgschaft in entsprechender Höhe durch die Klägerin (im Folgenden zusammen: streitige Maßnahmen). Der angefochtene Beschluss trägt als Unterzeichnungsdatum den 15. Dezember 2016, und er wurde der Klägerin mit Schreiben vom 21. Dezember 2016 übermittelt.

8        Ausweislich des Schreibens vom 21. Dezember 2016, mit dem der angefochtene Beschluss übermittelt wurde, wurden die streitigen Maßnahmen auf der Grundlage von Art. 134 Abs. 1 der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union und zur Aufhebung der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates (ABl. 2012, L 298, S. 1, im Folgenden: Haushaltsordnung) und Art. 206 Abs. 1 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 1268/2012 der Kommission vom 29. Oktober 2012 über die Anwendungsbestimmungen für die Haushaltsordnung (ABl. 2012, L 362, S. 1, im Folgenden: Anwendungsbestimmungen zur Haushaltsordnung) erlassen. Gerechtfertigt wurden sie mit drei Erwägungen. Erstens sei die Klägerin erst im September 2016 gegründet worden. Deshalb könne das Parlament nicht mit hinreichender Sicherheit beurteilen, ob sie sich die zur Umsetzung ihres Arbeitsprogramms erforderliche administrative und finanzielle Stabilität den Finanzierungszeitraum über bewahren könne. Zweitens sei die Klägerin fast nur in der Mindestanzahl von Mitgliedstaaten vertreten. Nach den Parlamentswahlen, die am 11. Dezember 2016 in Rumänien stattgefunden hätten und deren Ergebnis zum Zeitpunkt der Beschlussfassung durch das Präsidium des Parlaments noch nicht vorgelegen habe, könnte die Klägerin aber noch einen Vertreter verlieren. Bei einem solchen Verlust liefe sie möglicherweise Gefahr, das Vertretungskriterium des Art. 3 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 2004/2003 nicht mehr zu erfüllen. Drittens könne das Präsidium des Parlaments keine Feststellung dazu treffen, ob die Klägerin, wie nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 2004/2003 erforderlich, in ihrer Tätigkeit die Grundsätze beachte, auf denen die Union beruhe.

9        Mit E‑Mails vom 14. und 22. Dezember 2016 übermittelte die Klägerin dem Parlament zwei neue Beitrittserklärungen. Dabei ging es um ein Mitglied eines italienischen Regionalparlaments und um ein Mitglied des nationalen litauischen Parlaments.

10      Mit E‑Mail vom 4. Januar 2017 beantragte die Klägerin beim Parlament die Überprüfung des angefochtenen Beschlusses.

11      Mit E‑Mail vom 5. Januar 2017 antwortete ihr der Generaldirektor Finanzen des Parlaments, dass weder die Verordnung Nr. 2004/2003 noch der Beschluss des Präsidiums des Europäischen Parlaments vom 29. März 2004 mit Durchführungsbestimmungen zu der Verordnung Nr. 2004/2003 in geänderter Fassung (ABl. 2014, C 63, S. 1, im Folgenden: Präsidiumsbeschluss vom 29. März 2004) eine solche Überprüfung vorsähen, und wies sie auf ihr Klagerecht beim Gerichtshof der Europäischen Union hin.

 Verfahren und Anträge der Parteien

12      Mit Klageschrift, die am 31. Januar 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben.

13      Mit gesondertem Schriftsatz, der am selben Tag bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin gemäß Art. 152 der Verfahrensordnung des Gerichts beantragt, über die vorliegende Klage im beschleunigten Verfahren zu entscheiden. Das Parlament hat seine Stellungnahme zu diesem Antrag am 10. Februar 2017 eingereicht. Mit Entscheidung vom 1. März 2017 hat das Gericht (Achte Kammer) den Antrag auf Entscheidung im beschleunigten Verfahren zurückgewiesen.

14      Die Klägerin beantragt,

–        den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären, soweit damit die Vorfinanzierung auf 33 % des Höchstbetrags der gewährten Finanzhilfe begrenzt und ihre Auszahlung von der Stellung einer Bankbürgschaft abhängig gemacht wird;

–        dem Parlament die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

15      Das Parlament beantragt,

–        die Klage als unbegründet abzuweisen;

–        die Klägerin zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

16      Da keine der Parteien innerhalb der in Art. 106 Abs. 2 der Verfahrensordnung vorgesehenen Frist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, hat das Gericht (Achte Kammer) nach Art. 106 Abs. 3 der Verfahrensordnung beschlossen, ohne mündliches Verfahren zu entscheiden.

17      Somit ist der vom Parlament in seiner Klagebeantwortung gestellte Antrag gegenstandslos geworden, die vorliegende Rechtssache mit der Rechtssache T‑57/17, Pegasus/Parlament, zu gemeinsamem mündlichen Verfahren zu verbinden, in der die der Klägerin angeschlossene politische Stiftung Pegasus gegen den Beschluss des Parlaments über die Gewährung einer Finanzhilfe klagt.

 Rechtliche Würdigung

18      Die Klägerin beantragt, den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären, soweit damit die Vorfinanzierung auf 33 % des Höchstbetrags der gewährten Finanzhilfe begrenzt und ihre Auszahlung von der Stellung einer Bankbürgschaft abhängig gemacht wird.

19      Sie bringt dafür im Wesentlichen drei Klagegründe vor. Mit dem ersten rügt sie einen Verstoß gegen die Haushaltsordnung, gegen die Anwendungsbestimmungen zur Haushaltsordnung und gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Mit dem zweiten beanstandet sie einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 20 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta). Mit dem dritten macht sie einen Verstoß gegen die in Art. 11 der Charta verankerte Meinungsfreiheit und gegen die in Art. 12 der Charta niedergelegte Vereinigungsfreiheit geltend.

 Zum Verstoß gegen die Haushaltsordnung, gegen die Anwendungsbestimmungen zur Haushaltsordnung und gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

20      Der erste Klagegrund gliedert sich in drei Teile. Mit dem ersten wird gerügt, es sei gegen das Verbot verstoßen worden, bei Finanzhilfen mit geringem Wert eine Sicherheitsleistung zu verlangen und den Vorfinanzierungsbetrag zu begrenzen. Mit dem zweiten wird das Fehlen eines berechtigten Interesses des Parlaments am Erlass der streitigen Maßnahmen bemängelt. Mit dem dritten wird ein Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beanstandet.

 Zum ersten Teil des ersten Klagegrundes: Finanzhilfen mit geringem Wert

21      Die Klägerin macht geltend, nach Art. 134 Abs. 2 der Haushaltsordnung und Art. 206 Abs. 1 der Anwendungsbestimmungen zur Haushaltsordnung dürfe bei Finanzhilfen mit geringem Wert keine Sicherheitsleistung verlangt und demzufolge auch keine Begrenzung des Vorfinanzierungsbetrags vorgenommen werden.

22      Um festzustellen, ob eine Finanzhilfe von geringem Wert sei, müsse ein Vergleich mit den Höchstbeträgen der den anderen politischen Parteien vom Parlament gewährten Finanzhilfen angestellt werden. Der Begriff der Finanzhilfe mit geringem Wert sei somit abhängig vom jeweiligen Einzelfall nach einer Vergleichsberechnung zu beurteilen. Hilfsweise bringt die Klägerin vor, aus Gründen der Verhältnismäßigkeit hätte ihr wenigstens ein Betrag von 60 000 Euro bedingungslos ausgezahlt werden müssen, und eine Sicherheitsleistung hätte nur für den darüber hinausgehenden Betrag verlangt werden dürfen.

23      Das Parlament tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

24      Gemäß Art. 134 Abs. 1 der Haushaltsordnung kann der zuständige Anweisungsbefugte, wenn dies zweckmäßig und verhältnismäßig ist, von Fall zu Fall und vorbehaltlich einer Risikoanalyse vorab vom Begünstigten eine Sicherheitsleistung verlangen, um die mit den Vorfinanzierungen verbundenen finanziellen Risiken zu begrenzen. Art. 134 Abs. 2 der Haushaltsordnung bestimmt, dass bei Finanzhilfen mit geringem Wert keine Sicherheitsleistung verlangt wird.

25      Nach Art. 206 Abs. 1 der Anwendungsbestimmungen zur Haushaltsordnung kann der zuständige Anweisungsbefugte außer im Fall von Finanzhilfen mit geringem Wert nach Maßgabe einer Risikobewertung vom Empfänger eine vorherige Sicherheitsleistung bis zur Höhe der Vorfinanzierung verlangen oder die Vorfinanzierung in mehreren Teilbeträgen auszahlen, um die mit der Auszahlung der Vorfinanzierungen verbundenen finanziellen Risiken zu begrenzen.

26      Für die Feststellung, ob eine Finanzhilfe von geringem Wert ist, ist Art. 185 der Anwendungsbestimmungen zur Haushaltsordnung heranzuziehen, nach dem als geringe Finanzhilfen solche gelten, die 60 000 Euro nicht übersteigen. Die von der Klägerin vertretene Auslegung findet mithin im Wortlaut dieser Bestimmung keine Grundlage. Darin ist nämlich von einer Einzelfallbeurteilung oder einer vergleichenden Analyse keine Rede. Vielmehr wird eine Schwelle festgelegt, oberhalb deren eine Finanzhilfe nicht als geringwertig angesehen werden kann.

27      Im vorliegenden Fall übersteigt der Betrag der der Klägerin vom Parlament gewährten Finanzhilfe 60 000 Euro. Somit handelt es sich nicht um eine Finanzhilfe mit geringem Wert.

28      Aus den oben in den Rn. 24 und 26 angeführten Bestimmungen ergibt sich auch, dass die Finanzhilfe als unteilbarer Betrag betrachtet wird, dessen Wert 60 000 Euro entweder übersteigt oder nicht. Diese Bestimmungen erlauben es nicht, die Finanzhilfe in einen ohne vorherige Sicherheitsleistung auszahlbaren Teil in Höhe von 60 000 Euro und einen anderen Teil in Höhe des Restbetrags aufzuspalten, dessen Auszahlung an die Stellung einer Bankbürgschaft gekoppelt werden könnte.

29      Daher können die von der Klägerin vorgebrachten Argumente hier weder die Rechtmäßigkeit der vom Parlament geforderten Bankbürgschaft noch dessen Möglichkeit, die Vorfinanzierung zu begrenzen, in Frage stellen.

30      Somit ist der erste Teil des ersten Klagegrundes als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum zweiten Teil des ersten Klagegrundes: Fehlen eines berechtigten Interesses des Parlaments am Erlass der streitigen Maßnahmen

31      Die Klägerin macht geltend, das Parlament habe kein berechtigtes Interesse am Erlass der streitigen Maßnahmen. Die drei Gründe, die es im Schreiben vom 21. Dezember 2016 angeführt habe, mit dem der angefochtene Beschluss übermittelt worden sei, seien nicht stichhaltig. Unter diesen Umständen bestehe die vom Parlament angeführte Gefahr etwaiger künftiger Rückforderungsansprüche gegen sie nicht, und die streitigen Maßnahmen, mit denen diese Gefahr gemindert werden solle, seien somit nicht gerechtfertigt. Die vom Parlament vorgenommene Risikobewertung stehe so weder mit Art. 134 Abs. 2 der Haushaltsordnung noch mit Art. 206 Abs. 1 der Anwendungsbestimmungen zur Haushaltsordnung in Einklang.

32      Insoweit trägt die Klägerin im Wesentlichen drei Rügen vor. Erstens habe sich das Parlament zu Unrecht darauf gestützt, dass sie erst kürzlich als politische Partei gegründet worden sei. Zweitens bestehe keine Gefahr, dass sie dem Repräsentationserfordernis des Art. 3 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 2004/2003 künftig nicht mehr genüge. Drittens erlaube nichts die Annahme, dass ihre künftige Tätigkeit nicht, wie nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 2004/2003 gefordert, mit den Grundwerten, auf denen die Union beruhe, in Einklang stehen werde. Darüber hinaus stellt die Klägerin einen Verstoß gegen Art. 47 der Charta in den Raum.

–       Einleitende Erwägungen

33      Nach Art. 134 Abs. 1 der Haushaltsordnung und Art. 206 Abs. 1 der Anwendungsbestimmungen zur Haushaltsordnung kann der zuständige Anweisungsbefugte nach einer Risikobewertung die Auszahlung einer Vorfinanzierung von einer vorherigen Sicherheitsleistung abhängig machen, um die mit der Auszahlung der Vorfinanzierungen verbundenen finanziellen Risiken zu begrenzen. Alternativ kann er die Vorfinanzierung in mehreren Teilbeträgen auszahlen. Somit bildet die Risikobewertung durch den zuständigen Anweisungsbefugten die Grundlage für seine etwaige Entscheidung. Der Risikobegriff ist dabei inhaltlich unbestimmt und lässt dem zuständigen Anweisungsbefugten damit einen Ermessensspielraum. Dieser Ermessensspielraum ist jedoch innerhalb der Grenzen auszuüben, die durch die Beachtung des Zwecks gezogen werden, dem die Maßnahme des Anweisungsbefugten nach dem Wortlaut der fraglichen Bestimmungen dienen muss, nämlich, „die mit der Auszahlung der Vorfinanzierungen verbundenen finanziellen Risiken zu begrenzen“.

34      Aus der vorstehenden Randnummer folgt, dass das Bestehen eines sich aus der Auszahlung der ins Auge gefassten Vorfinanzierungen ergebenden finanziellen Risikos für den Gesamthaushalt der Union und, weiter gefasst, für die finanziellen Interessen der Union die Grundlage dafür bildet, dass die Auszahlung in mehreren Teilbeträgen erfolgen und eine vorherige Sicherheitsleistung verlangt werden kann.

35      Somit ist zu prüfen, ob aufgrund der Überlegungen, die das Präsidium des Parlaments im vorliegenden Fall im Rahmen des Erlasses der streitigen Maßnahmen angestellt hat, ein solches Risiko angenommen werden kann.

36      Die Klägerin macht in diesem Zusammenhang geltend, dass ihr in Art. 47 Abs. 1 der Charta niedergelegtes Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf verletzt würde, wenn dem Parlament bei der Forderung einer Sicherheitsleistung und der Festsetzung des Vorfinanzierungsbetrags ein weites Ermessen eingeräumt würde, da nur eine umfassende gerichtliche Überprüfung die Gewährleistung dieses Rechts erlaube.

37      Nach ständiger Rechtsprechung ist für die Wirksamkeit der durch Art. 47 der Charta gewährleisteten gerichtlichen Kontrolle erforderlich, dass der Betroffene Kenntnis von den Gründen, auf denen die ihm gegenüber ergangene Entscheidung beruht, entweder durch die Lektüre der Entscheidung selbst oder durch eine auf seinen Antrag hin erfolgte Mitteilung dieser Gründe erhalten kann, um es ihm zu ermöglichen, seine Rechte unter den bestmöglichen Bedingungen zu verteidigen und in Kenntnis aller Umstände zu entscheiden, ob eine Anrufung des zuständigen Gerichts für ihn von Nutzen ist (Urteile vom 4. Juni 2013, ZZ, C‑300/11, EU:C:2013:363, Rn. 53, und vom 23. Oktober 2014, Unitrading, C‑437/13, EU:C:2014:2318, Rn. 20).

38      Hier hatte die Klägerin Zugang zum angefochtenen Beschluss und konnte ihn mit der vorliegenden, nach Art. 263 AEUV erhobenen Klage beim Gericht anfechten.

39      Außerdem hindert entgegen dem Vorbringen der Klägerin die Anerkennung eines Ermessensspielraums zugunsten des Parlaments nicht an der Ausübung einer gerichtlichen Kontrolle der streitigen Maßnahmen, sondern erlaubt es lediglich, diese Kontrolle im Rahmen des so zuerkannten Ermessensspielraums durchzuführen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. Juni 2017, Dextro Energy/Kommission, C‑296/16 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2017:437, Rn. 46).

40      Folglich ist das Vorbringen eines Verstoßes gegen Art. 47 der Charta zurückzuweisen.

–       Zur unlängst erfolgten Gründung der Klägerin als politische Partei

41      Die Klägerin bringt vor, es gebe keinen Erfahrungssatz dahin, dass bei unlängst gegründeten politischen Parteien mit mehr Rückzahlungsforderungen zu rechnen sei als bei schon länger existierenden. Außerdem sei die Gewährung finanzieller Unterstützung für die jungen politischen Parteien umso nötiger, als deren Verwaltungsstrukturen stabilisiert werden müssten. Daher trage das Parlament mit dem Erlass des angefochtenen Beschlusses zur Verwirklichung des Risikos eines frühen Scheiterns bei, das es verhindern wolle. Schließlich führe die Argumentation des Parlaments, dass neue politische Parteien an sich instabiler seien, dazu, sie unter den „Generalverdacht einer drohenden Insolvenz“ zu stellen, wo es doch einer Einzelfallprüfung bedurft hätte.

42      Das Parlament tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

43      Im vorliegenden Fall ist zwar richtig, dass in dem Schreiben vom 21. Dezember 2016, mit dem der angefochtene Beschluss übermittelt wurde, wie von der Klägerin geltend gemacht, darauf abgestellt wird, dass sie im September 2016, also in demselben Jahr, in dem die Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen für das Haushaltsjahr 2017 erging, gegründet worden war.

44      Allerdings war, anders als die Klägerin suggeriert, nicht dieser Gesichtspunkt allein der Grund für den Erlass der streitigen Maßnahmen. In dem Schreiben vom 21. Dezember 2016, mit dem der angefochtene Beschluss übermittelt wurde, werden nämlich auch die Folgen genannt, die sich daraus ergeben, nämlich die Unmöglichkeit für das Parlament, mit hinreichender Sicherheit die Fähigkeit der Klägerin zu beurteilen, die zur Umsetzung ihres Arbeitsprogramms erforderliche administrative und wirtschaftliche Stabilität den Finanzierungszeitraum über zu bewahren.

45      Das Präsidium des Parlaments berücksichtigte beim Erlass der streitigen Maßnahmen also auch, dass es der Klägerin möglicherweise an längerfristiger administrativer und wirtschaftlicher Stabilität fehlen werde, und nicht nur ihren Gründungszeitpunkt für sich genommen.

46      Hierzu ergibt sich aus Art. 202 Abs. 2 der Anwendungsbestimmungen zur Haushaltsordnung in Bezug auf die Auswahlkriterien, dass „[d]er Antragsteller … über stabile und ausreichende Finanzierungsquellen verfügen [muss], damit er seine Tätigkeit während der Dauer der Durchführung der geförderten Maßnahme bzw. während des Rechnungsjahres, für das eine Finanzhilfe gewährt wird, aufrechterhalten und sich an ihrer Finanzierung beteiligen kann“. Weiter ist Nr. 4.3 der Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen für das Haushaltsjahr 2017 hinsichtlich der Auswahlkriterien zu entnehmen, dass „[d]ie Antragsteller … den Nachweis erbringen [müssen], dass sie über die rechtlichen und finanziellen Voraussetzungen verfügen, die für die Umsetzung des im Antrag auf Finanzhilfe beschriebenen Arbeitsprogramms erforderlich sind“.

47      Politische Parteien, die in den Genuss einer Finanzhilfe kommen möchten, müssen somit grundsätzlich eine von einer externen Rechnungsprüfungsstelle beglaubigte Gesamtübersicht über die Finanzlage für das der Beantragung der Finanzhilfe vorangegangene Jahr gemäß Anlage 1 zum Präsidiumsbeschluss vom 29. März 2004 einreichen. Allerdings gilt diese Obliegenheit nach dem Wortlaut der besagten Anlage nicht für die politischen Parteien, die während des laufenden Jahres gegründet wurden, also im Laufe des Jahres, in dem die betreffende Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen erging. Diese Ausnahme erklärt sich damit, dass diese Unterlagen für die während des laufenden Jahres gegründeten politischen Parteien nicht vorliegen.

48      Hinsichtlich der politischen Parteien, die bereits eine Finanzierung erhalten haben, verfügt das Parlament über die in Art. 6 Abs. 3 Buchst. a, c und f des Präsidiumsbeschlusses vom 29. März 2004 genannten Dokumente, d. h. einen Bericht über die Durchführung des Arbeitsprogramms, eine vollständige zusammenfassende Übersicht der Einnahmen und Ausgaben und einen externen Auditbericht mit einer Überprüfung der Rechnungsführung des Empfängers. Diese Dokumente, die dem Parlament vom Empfänger im Rahmen der Abrechnung des Restbetrags der Finanzhilfe übergeben werden, enthalten fundierte Informationen über die Stabilität und im weiteren Sinne über die finanzielle Lebensfähigkeit der betreffenden politischen Partei.

49      Aus den vorstehenden Rn. 46 bis 48 ergibt sich, dass das Parlament anders als bei älteren politischen Parteien über keinen belastbaren Beweis für die Stabilität und, weiter gefasst, für die finanzielle Lebensfähigkeit von während des laufenden Jahres gegründeten politischen Parteien verfügt. Die Ungewissheit, die bezüglich der Finanzkraft der letztgenannten Parteien besteht, erscheint somit im Vergleich zu den älteren Parteien objektiv größer. Folglich erscheint das finanzielle Risiko, das für den Gesamthaushalt der Union und im weiteren Sinne für ihre finanziellen Interessen mit der Auszahlung einer Vorfinanzierung an politische Parteien verbunden ist, die während des laufenden Jahres gegründet wurden, höher als das Risiko, das bei älteren Parteien besteht.

50      Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass der Umstand, dass eine politische Partei während des laufenden Jahres gegründet wurde, im Rahmen der Bewertung des Risikos, das mit der Auszahlung der in Aussicht genommenen Vorfinanzierungen verbunden ist, berücksichtigt werden kann, da die bezüglich der Stabilität und der finanziellen Lebensfähigkeit der neu gegründeten Partei bestehende Ungewissheit ein Risiko für den Gesamthaushalt der Union und im weiteren Sinne für deren finanzielle Interessen darstellen könnte.

51      Außerdem darf nach Art. 10 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2004/2003 die Finanzierung aus dem Gesamthaushaltsplan der Union 85 % der förderfähigen Kosten nicht überschreiten. Daraus folgt, dass eine politische Partei mindestens 15 % Eigenmittel besitzen muss, um eine Finanzhilfe des Parlaments erhalten zu können.

52      Im vorliegenden Fall ergibt sich aus Art. I.3.2 des angefochtenen Beschlusses, dass sich der Gesamtbetrag der gewährten Finanzhilfe (299 109,38 Euro) auf 65,65 % des geschätzten Gesamtbetrags der förderfähigen Ausgaben (455 588 Euro) beläuft. Daraus folgt, dass die Klägerin in der Lage sein muss, die restlichen 34,35 % des geschätzten Gesamtbetrags der förderfähigen Kosten (also 156 478,62 Euro) zu finanzieren. Aus dem Betriebskostenvoranschlag der Klägerin, den sie ihrem Antrag auf Finanzierung für das Jahr 2017 beigefügt hat, ergibt sich aber, dass sich der Gesamtbetrag ihrer Eigenmittel auf 68 388 Euro beläuft (10 688 Euro Mitgliedsbeiträge, 6 000 Euro Spenden und 51 650 Euro sonstige Eigenmittel), was Zweifel daran nährt, ob sie über den fraglichen Finanzierungszeitraum hinweg administrative und finanzielle Stabilität bewahren und somit etwaige Rückzahlungsforderungen ihr gegenüber bedienen kann. Dieser Zweifel findet in den Schriftsätzen der Klägerin Bestätigung. So räumt sie in Rn. 48 der Klageschrift selbst ein, dass die Durchführung ihres Arbeitsprogramms in Ermangelung nennenswerter wirtschaftlicher Ressourcen mit der Gewährung der Finanzhilfe des Parlaments stehe und falle. In Rn. 50 der Klageschrift betont sie, dass sie über keinerlei Vermögenswerte verfüge, und in Rn. 55 der Klageschrift spricht sie schließlich von der Gefahr eines Zusammenbruchs ihrer Verwaltungsstrukturen bei einer nachträglichen Auszahlung der Finanzhilfe.

53      Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass das Präsidium des Parlaments bei der Bewertung des finanziellen Risikos keinen Fehler begangen hat, als es berücksichtigte, dass die Klägerin im September 2016, also während des laufenden Jahres, gegründet worden war und sich daraus im vorliegenden Fall die Schwierigkeit ergab, ihre Fähigkeit zur Bewahrung administrativer und finanzieller Stabilität mit hinreichender Sicherheit zu beurteilen, und als es deshalb beschloss, den Betrag der gewährten Vorfinanzierung zu begrenzen und seine Auszahlung an die Stellung einer Bankbürgschaft zu koppeln.

54      Diese Feststellung wird durch die übrigen Argumente der Klägerin nicht in Frage gestellt.

55      Erstens findet das Argument der Klägerin, dass neu gegründete politische Parteien zur raschen Stabilisierung ihrer Verwaltungsstrukturen besonders der finanziellen Förderung bedürften, keine Grundlage im Wortlaut der Verordnung Nr. 2004/2003, die nicht ein einziges Mal zwischen den neu gegründeten und den älteren politischen Parteien unterscheidet, wie die Klägerin im Übrigen in Rn. 62 der Klageschrift auch selbst einräumt. Dass Art. 3 Abs. 1 und Art. 10 der Verordnung Nr. 2004/2003 zu diesem Thema schweigen, ist besonders vielsagend. Die erste dieser Bestimmungen legt die Kriterien für die Förderfähigkeit fest, die die politischen Parteien erfüllen müssen, um eine Finanzhilfe beanspruchen zu können, und die zweite regelt, nach welchem Schlüssel die verfügbaren Mittel unter den verschiedenen politischen Parteien, die eine Finanzhilfe erhalten, aufgeteilt werden und bis zu welchem Schwellenwert die Kosten finanzierungsfähig sind. Aus einer Zusammenschau dieser beiden Bestimmungen ergibt sich im Gegenteil, dass die Verordnung Nr. 2004/2003 für alle politischen Parteien auf ein und derselben Grundlage gilt, wobei für die Zuteilung der Mittel aus dem Gesamthaushaltsplan der Union berücksichtigt wird, in welchem Umfang die Parteien tatsächlich im Parlament vertreten sind.

56      Außerdem besteht das Ziel der Verordnung Nr. 2004/2003 nicht darin, die Gründung neuer politischer Parteien zu fördern, sondern darin, das jährliche Arbeitsprogramm der bestehenden politischen Parteien zu unterstützen. Davon zeugt die Art der Ausgaben, für die Mittel, die aus dem Gesamthaushaltsplan der Union gewährt werden, gemäß Art. 8 der Verordnung Nr. 2004/2003 verwendet werden dürfen. Davon zeugt auch Art. 7 Abs. 3 des Präsidiumsbeschlusses vom 29. März 2004, nach dem „[sich d]ie [endgültige] Finanzhilfe auf den Betrag [beschränkt], der erforderlich ist, um die Eigenmittel und zuschussfähigen Ausgaben des Betriebskostenbudgets des Empfängers, der zur Durchführung des Arbeitsprogramms geführt hat, auszugleichen“.

57      Zweitens beruht das Argument, dass die neuen politischen Parteien unter den „Generalverdacht einer drohenden Insolvenz“ gestellt würden, auf einer falschen Prämisse. Wie sich nämlich aus den Rn. 43 und 45 des vorliegenden Urteils ergibt, hat das Parlament nicht angenommen, dass der Umstand, dass eine politische Partei unlängst gegründet wurde, an sich ein ausreichender Grund für den Erlass der streitigen Maßnahmen wäre, denn es hat sich auch mit den sich aus diesem Sachverhalt ergebenden Folgen befasst, d. h. der Ungewissheit bezüglich der administrativen und finanziellen Stabilität der Klägerin.

58      Außerdem wurde, wie sich aus Punkt 4.4 des der Klagebeantwortung beigefügten Berichts des Ausschusses zur Bewertung der Finanzierungsanträge vom 5. Dezember 2016 und aus der oben in Rn. 6 wiedergegebenen Rn. 33 des Vermerks des Generalsekretärs ergibt, eine Einzelfallprüfung durchgeführt, da sich in diesen beiden Dokumenten an den genannten Stellen Ausführungen finden, die speziell die Klägerin betreffen.

59      Nach alledem kann mit den Argumenten, die die Klägerin für ihre erste Rüge vorbringt, nicht in Frage gestellt werden, dass das Parlament die unlängst erfolgte Gründung der Klägerin im Rahmen der Risikobewertung gemäß Art. 134 Abs. 1 der Haushaltsordnung und Art. 206 Abs. 1 der Anwendungsbestimmungen zur Haushaltsordnung berücksichtigen konnte.

–       Zur Gefahr, dass die Klägerin dem Repräsentationserfordernis des Art. 3 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 2004/2003 künftig nicht mehr genügt

60      Die Klägerin macht erstens geltend, sie sei derzeit in acht Mitgliedstaaten durch acht Mitglieder verschiedener nationaler Parlamente, deren Mandate über das Jahr 2017 hinaus liefen, vertreten. Somit gebe es keine Veranlassung zu der Besorgnis, dass sie in absehbarer Zeit in weniger als sieben Mitgliedstaaten vertreten sein könnte und die Fördervoraussetzung des Art. 3 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 2004/2003 nicht mehr erfüllen werde, wodurch es zu Forderungen des Parlaments auf Rückzahlung der ausbezahlten Beträge ihr gegenüber kommen könnte. Das Parlament habe daher kein berechtigtes Interesse am Erlass der streitigen Maßnahmen. Zweitens habe sie stets mindestens sieben Mitglieder gehabt. Drittens laufe die Herangehensweise des Parlaments in der Sache darauf hinaus, ein neues Erfordernis von acht Mitgliedern zu schaffen, das Art. 3 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 2004/2003 zuwiderlaufe. Viertens sei ein Rechtsakt erst mit seiner Zustellung an den Adressaten erlassen. Im vorliegenden Fall hätte sich das Parlament deshalb nicht auf die Sach- und Rechtslage stützen dürfen, die zum Zeitpunkt der Annahme des angefochtenen Beschlusses, also am 12. Dezember 2016, bestanden habe, sondern es hätte auf den Zeitpunkt des Eingangs des angefochtenen Beschlusses bei der Klägerin abstellen müssen, den diese in Anbetracht der üblichen Postlaufzeiten um den 23. Dezember 2016 herum ansiedelt. Somit hätte das Parlament zumindest den weiteren Beitritt berücksichtigen müssen, der ihm von der Klägerin am 14. Dezember 2016 mitgeteilt worden sei.

61      Das Parlament tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

62      Eine politische Partei kommt nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. b Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 2004/2003 für eine Finanzhilfe in Betracht, wenn sie in mindestens einem Viertel der Mitgliedstaaten durch Mitglieder des Parlaments oder in den nationalen Parlamenten oder regionalen Parlamenten oder Regionalversammlungen vertreten ist. Die Repräsentationsschwelle für eine politische Partei liegt damit konkret bei sieben Mitgliedern aus sieben verschiedenen Mitgliedstaaten.

63      Nach Art. 3 Abs. 1 des Präsidiumsbeschlusses vom 29. März 2004 müssen die in Art. 3 der Verordnung Nr. 2004/2003 genannten Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Einreichung des Antrags auf Finanzhilfe erfüllt sein und während des gesamten Finanzierungszeitraums vorliegen. Gemäß Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 3 des Präsidiumsbeschlusses vom 29. März 2004 berücksichtigt der Beschluss des Präsidiums des Parlaments über den Antrag auf Finanzierung Änderungen der Situation, die sich gegebenenfalls seit Einreichung des Antrags ergeben haben, auf der Grundlage von Mitteilungen, die gemäß Art. 4 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2004/2003 eingegangen sind, und Änderungen, die allgemein bekannt sind.

64      Art. 5 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2004/2003 bestimmt, dass, wenn das Parlament feststellt, dass eine der in Art. 3 Abs. 1 Buchst. b dieser Verordnung genannten Voraussetzungen nicht mehr erfüllt ist, die betreffende politische Partei, die aus diesem Grund diese Eigenschaft verloren hat, von der Finanzierung nach dieser Verordnung ausgeschlossen wird.

65      Hier geht aus den Rn. 2 und 3 des vorliegenden Urteils hervor, dass die Klägerin zum Zeitpunkt der Einreichung ihres Antrags auf Finanzierung, also am 22. September 2016, durch sieben Mitglieder aus sieben Mitgliedstaaten vertreten war, da ihr belgisches Mitglied vom Parlament nicht berücksichtigt werden konnte. Die Repräsentationsschwelle des Art. 3 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 2004/2003 war also zu diesem Zeitpunkt erreicht.

66      Aus Rn. 8 des vorliegenden Urteils ergibt sich weiter, dass am 11. Dezember 2016 Parlamentswahlen in Rumänien stattgefunden hatten und deren Ergebnis am 12. Dezember 2016, als das Präsidium des Parlaments den angefochtenen Beschluss erließ, noch nicht bekannt war. Es bestand die Möglichkeit, dass das rumänische Mitglied der Klägerin nicht wiedergewählt worden war. Das hätte zur Folge gehabt, dass die Klägerin mit Ablauf des Mandats des betreffenden Abgeordneten unter die Repräsentationsschwelle des Art. 3 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 2004/2003 gerutscht wäre, weil sie dann nur noch durch sechs Mitglieder aus sechs Mitgliedstaaten vertreten gewesen wäre. Somit bestand die Gefahr, dass die Klägerin möglicherweise dem Parlament die eventuell für das Haushaltsjahr 2017 gezahlten Beträge hätte erstatten müssen. Im Übrigen realisierten sich die Bedenken des Parlaments, da das rumänische Mitglied bei den Parlamentswahlen vom 11. Dezember 2016 nicht wiedergewählt wurde.

67      Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass das Parlament bei der Bewertung des Risikos, das mit der Auszahlung der in Aussicht genommenen Vorfinanzierungen verbunden war, keinen Fehler begangen hat, als es im Rahmen des Erlasses der streitigen Maßnahmen dem Umstand Rechnung trug, dass die Klägerin dem Repräsentationserfordernis des Art. 3 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 2004/2003 möglicherweise nicht mehr genügen werde, denn in ihrem Ausschluss von der Finanzierung und dem Umstand, dass sie die ausgezahlten Beträge würde erstatten müssen, konnte, wie sich aus Rn. 52 des vorliegenden Urteils ergibt, ein Risiko für den Gesamthaushalt der Union und, weiter gefasst, für die finanziellen Interessen der Union liegen.

68      Diese Schlussfolgerung wird durch das Vorbringen der Klägerin nicht in Frage gestellt.

69      Erstens ist der von ihr geltend gemachte Umstand, dass sie bei Einreichung der Klageschrift durch acht Mitglieder in acht verschiedenen Mitgliedstaaten mit Mandaten über das Jahr 2017 hinaus vertreten gewesen sei, nicht ausschlaggebend. Nach ständiger Rechtsprechung ist nämlich die Rechtmäßigkeit eines Rechtsakts der Union anhand der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seines Erlasses zu beurteilen (vgl. Urteil vom 3. September 2015, Inuit Tapiriit Kanatami u. a./Kommission, C‑398/13 P, EU:C:2015:535, Rn. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung; Urteil vom 11. Mai 2017, Schweden/Kommission, C‑562/14 P, EU:C:2017:356, Rn. 63). Unter diesen Umständen konnte die Übermittlung zweier weiterer Beitrittserklärungen durch die Klägerin am 14. und 22. Dezember 2016, nach dem Erlass des angefochtenen Beschlusses, vom Präsidium des Parlaments nicht berücksichtigt werden.

70      Zweitens kommt es auch auf den von der Klägerin geltend gemachten Umstand, dass sie stets sieben oder mehr Mitglieder aus sieben Mitgliedstaaten gehabt habe, nicht an. Es steht nämlich fest, dass sie in der Zeit von der Einreichung ihres Antrags auf Finanzhilfe bis zum Erlass des angefochtenen Beschlusses nur sieben Mitglieder aus sieben Mitgliedstaaten hatte und nicht mehr. Somit hatte sie die Repräsentationsschwelle des Art. 3 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 2004/2003 nur gerade eben erreicht, was vom Parlament im Rahmen seiner Risikobewertung berechtigterweise berücksichtigt werden konnte (vgl. oben, Rn. 65 bis 67).

71      Drittens ist das Vorbringen zurückzuweisen, dass die Risikobewertung des Parlaments in der Sache darauf hinauslaufe, ein neues Erfordernis von acht Mitgliedern aufzustellen, das Art. 3 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 2004/2003 zuwiderlaufe. Die Klägerin vermengt mit diesem Vorbringen die Voraussetzungen, die nach der Verordnung Nr. 2004/2003 und dem Präsidiumsbeschluss vom 29. März 2004 gelten, um für eine Finanzhilfe in Betracht zu kommen, mit der Festlegung der Modalitäten für die Auszahlung der Finanzhilfe, wie sie sich aus der Haushaltsordnung und den Anwendungsbestimmungen zur Haushaltsordnung ergeben. Die Prüfung des Antrags auf Finanzierung und die Festlegung der Modalitäten für die Auszahlung der gewährten Finanzierung folgen nämlich unterschiedlichen Bedingungen.

72      Im ersten Fall geht es um die Frage, ob die Fördervoraussetzungen erfüllt sind, die sich aus der Verordnung Nr. 2004/2003 und dem Präsidiumsbeschluss vom 29. März 2004 ergeben. So hat das Parlament niemals behauptet, dass die Klägerin nicht für die Finanzierung in Betracht komme oder nicht dem Repräsentationserfordernis des Art. 3 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 2004/2003 von sieben Mitgliedern in sieben Mitgliedstaaten genüge. Ihr Antrag auf Finanzierung wurde mithin positiv beschieden. Ausweislich des angefochtenen Beschlusses wurde ihr eine Finanzhilfe bis zu einem Betrag von 299 109,38 Euro gewährt.

73      Zur Festlegung der Modalitäten für die Auszahlung kommt es dagegen überhaupt nur, wenn die Fördervoraussetzungen erfüllt sind. Dabei geht es dann um die Frage, ob nach einer Risikoanalyse Maßnahmen zum Schutz der finanziellen Interessen der Union gemäß Art. 134 Abs. 1 der Haushaltsordnung und Art. 206 Abs. 1 der Anwendungsbestimmungen zur Haushaltsordnung geboten sind. Die Fördervoraussetzungen sind ein Gesichtspunkt unter anderen, der berücksichtigt werden kann, wenn es um die Bewertung der Risiken geht, die mit der Auszahlung der ins Auge gefassten Vorfinanzierungen verbunden sind. Nur wenn es sein könnte, dass diese Voraussetzungen im Lauf des Finanzierungszeitraums nicht mehr vorliegen, könnte darin ein Risiko für den Unionshaushalt liegen. Wie sich aber aus den Rn. 65 bis 67 des vorliegenden Urteils ergibt, ist dies hier in Bezug auf die Fördervoraussetzung des Art. 3 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 2004/2003 der Fall.

74      Viertens ist das erstmals in der Erwiderung vorgebrachte Argument, mit dem das Datum des 12. Dezember 2016 als Datum des Erlasses des angefochtenen Beschlusses in Frage gestellt werden soll – seine Zulässigkeit unterstellt –, zurückzuweisen. Die Anwendbarkeit eines Rechtsakts, die an die Erfüllung aller erforderlichen Bekanntgabeförmlichkeiten gebunden ist und die Klagefrist in Lauf setzt, darf nämlich begrifflich nicht mit dem Erlass dieses Rechtsakts verwechselt werden. Fest steht, dass das Präsidium des Parlaments in der Sitzung vom 12. Dezember 2016 seine Entscheidung über den Antrag der Klägerin auf Finanzierung traf und den angefochtenen Beschluss erließ. Daher hat das Parlament die zwei weiteren Beitritte, die die Klägerin nach dem Erlass des angefochtenen Beschlusses mitteilte, zu Recht nicht berücksichtigt.

75      Nach alledem kann mit den Argumenten, die die Klägerin für ihre zweite Rüge vorbringt, nicht in Frage gestellt werden, dass das Parlament im Rahmen der Risikoanalyse gemäß Art. 134 Abs. 1 der Haushaltsordnung und Art. 206 Abs. 1 der Anwendungsbestimmungen zur Haushaltsordnung das Risiko berücksichtigen konnte, dass die Klägerin dem Repräsentationserfordernis des Art. 3 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 2004/2003 möglicherweise nicht mehr genügen werde.

–       Zur Unmöglichkeit, die Konformität der künftigen Tätigkeiten der Klägerin mit den Grundwerten zu beurteilen, auf denen die Union beruht

76      Die Klägerin macht geltend, das Parlament könne sich für den Erlass der streitigen Maßnahmen nicht darauf stützen, dass es aufgrund ihrer unlängst erfolgten Gründung nicht beurteilen könne, ob sie ihre künftigen Tätigkeiten, wie nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 2004/2003 gefordert, in Einklang mit den Grundwerten, auf denen die Union beruhe, ausüben werde. Für sie gelte die „Unschuldsvermutung“, und es obliege dem Parlament, den Beweis für gegen Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 2004/2003 verstoßende Handlungen zu erbringen. Das Parlament habe aber keinen konkreten Anhaltspunkt dafür vorgebracht, dass sie den Grundwerten, auf denen die Union beruhe, zuwiderhandle. Ihr Arbeitsprogramm sei nicht zu beanstanden, und es sei unwahrscheinlich, dass sie in ihren Tätigkeiten gegen diese Werte verstoßen werde. Die Spekulationen des Parlaments über ihr etwaiges zukünftiges Verhalten dürften somit nicht in die Risikoanalyse gemäß Art. 134 Abs. 1 der Haushaltsordnung und Art. 206 Abs. 1 der Anwendungsbestimmungen zur Haushaltsordnung einfließen.

77      Das Parlament tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

78      Nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 2004/2003 muss eine politische Partei insbesondere in ihrem Programm und in ihrer Tätigkeit die Grundsätze beachten, auf denen die Union beruht.

79      Stellt das Parlament fest, dass eine der in Art. 3 Abs. 1 Buchst. c dieser Verordnung genannten Voraussetzungen nicht mehr erfüllt ist, wird nach Art. 5 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2004/2003 die betreffende politische Partei, die aus diesem Grund diese Eigenschaft verloren hat, von der Finanzierung nach dieser Verordnung ausgeschlossen.

80      Im vorliegenden Fall wurde die Klägerin im September 2016 gegründet, also in demselben Jahr, in dem die Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen für das Haushaltsjahr 2017 erging.

81      Wie schon oben, in Rn. 48, festgestellt, verfügt das Parlament hinsichtlich der politischen Parteien, die bereits eine Finanzierung erhalten haben, über das in Art. 6 Abs. 3 Buchst. a des Präsidiumsbeschlusses vom 29. März 2004 genannte Dokument, d. h. einen Bericht über die Durchführung des Arbeitsprogramms. Dieses Dokument, das dem Parlament vom Empfänger im Rahmen der Abrechnung des Restbetrags der Finanzhilfe übergeben wird, enthält Informationen über die Tätigkeiten im abgelaufenen Jahr.

82      Anders als bei älteren politischen Parteien hat das Parlament für die Tätigkeiten von im laufenden Jahr gegründeten politischen Parteien keine Anhaltspunkte. Die Ungewissheit, die bezüglich der Konformität der Tätigkeiten dieser Parteien mit den Werten, auf denen die Union beruht, besteht, erscheint somit im Vergleich zu der Ungewissheit in Bezug auf die älteren Parteien objektiv größer. Folglich erscheint das finanzielle Risiko, das für den Gesamthaushalt der Union und im weiteren Sinne für ihre finanziellen Interessen mit der Auszahlung einer Vorfinanzierung an politische Parteien verbunden ist, die während des laufenden Jahres gegründet wurden, höher als das Risiko, das bei älteren Parteien besteht. Die Nichtbeachtung von Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 2004/2003 würde nämlich zum Ausschluss von der Finanzierung führen, und die ausgezahlten Beträge müssten zurückgezahlt werden.

83      Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass das Parlament bei der Bewertung des Risikos, das mit der Auszahlung der in Aussicht genommenen Vorfinanzierungen verbunden war, keinen Fehler begangen hat, als es im Rahmen des Erlasses der streitigen Maßnahmen dem Umstand Rechnung trug, dass die Klägerin die Voraussetzung des Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 2004/2003 möglicherweise nicht mehr erfüllen würde, denn in einem Ausschluss der Klägerin von der Finanzierung und der Erforderlichkeit einer Erstattung der ausgezahlten Beträge könnte, wie sich aus Rn. 52 des vorliegenden Urteils ergibt, ein Risiko für den Gesamthaushalt der Union und, weiter gefasst, für die finanziellen Interessen der Union liegen.

84      Diese Feststellung wird durch das Vorbringen der Klägerin nicht in Frage gestellt.

85      Was erstens das Argument betrifft, dass das Parlament die Beweislast für Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 2004/2003 zuwiderlaufende Handlungen trage, ist festzustellen, dass die Klägerin insoweit erneut die bei der Prüfung des Antrags auf Finanzierung geltenden Voraussetzungen mit der Festlegung der Modalitäten für die Auszahlung der gewährten Finanzierung vermengt.

86      Das Parlament hat nämlich zu keinem Zeitpunkt behauptet, dass die Tätigkeiten der Klägerin nicht mit den Werten, auf denen die Union beruht, in Einklang stünden oder dass die Klägerin nicht für eine Finanzierung in Betracht komme. Infolgedessen wurde ihr Antrag auf Finanzierung positiv beschieden, wurde ihr doch nach dem angefochtenen Beschluss eine Finanzhilfe bis zu einem Betrag von 299 109,38 Euro gewährt. Mit anderen Worten galt für sie das, was sie als „Unschuldsvermutung“ bezeichnet.

87      Die beanstandete Beurteilung des Parlaments steht in einem anderen Zusammenhang, nämlich demjenigen der Festlegung der Modalitäten für die Auszahlung der Finanzhilfe, wozu es, wie oben in Rn. 73 ausgeführt, überhaupt nur kommt, wenn die Fördervoraussetzungen erfüllt sind. Wie sich aus derselben Randnummer ebenfalls ergibt, sind die Fördervoraussetzungen ein Gesichtspunkt unter anderen, der berücksichtigt werden kann, wenn es um die in Art. 134 Abs. 1 der Haushaltsordnung und Art. 206 Abs. 1 der Anwendungsbestimmungen zur Haushaltsordnung vorgesehene Bewertung des Risikos geht, das mit der Auszahlung der ins Auge gefassten Vorfinanzierungen verbunden ist. Nur wenn es sein könnte, dass diese Voraussetzungen im Lauf des Finanzierungszeitraums nicht mehr vorliegen, könnte darin ein Risiko für den Unionshaushalt liegen. Wie sich aber aus den Rn. 80 bis 83 des vorliegenden Urteils ergibt, ist dies hier in Bezug auf die Fördervoraussetzung des Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 2004/2003 der Fall.

88      Was zweitens das Argument betrifft, dass das Arbeitsprogramm der Klägerin mit den Grundwerten, auf denen die Union beruhe, in Einklang stehe, so ist dies ein Aspekt, der zwar erforderlich, aber nicht hinreichend ist, um die Fördervoraussetzung des Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 2004/2003 zu erfüllen, wie sich aus der Verwendung des Wortes „insbesondere“ im Wortlaut dieser Bestimmung ergibt.

89      Nach alledem kann mit den Argumenten, die die Klägerin für ihre dritte Rüge vorbringt, nicht in Frage gestellt werden, dass das Parlament im Rahmen der Risikoanalyse gemäß Art. 134 Abs. 1 der Haushaltsordnung und Art. 206 Abs. 1 der Anwendungsbestimmungen zur Haushaltsordnung das Risiko berücksichtigen konnte, dass die Klägerin die Voraussetzungen des Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 2004/2003 möglicherweise nicht mehr erfüllen werde.

90      Somit kann mit keiner der von der Klägerin vorgetragenen Rügen dargetan werden, dass das Parlament kein berechtigtes Interesse am Erlass der streitigen Maßnahmen gehabt hätte. Der zweite Teil des ersten Klagegrundes ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum dritten Teil des ersten Klagegrundes: Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

91      Die Klägerin macht geltend, in der Begrenzung des Vorfinanzierungsbetrags auf 33 % des Höchstbetrags der gewährten Finanzhilfe und dem Erfordernis der Stellung einer Bankbürgschaft sowie in der Kombination beider Maßnahmen liege ein Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

–       Zur Begrenzung der Vorfinanzierung auf 33 % des Höchstbetrags der gewährten Finanzhilfe

92      Die Klägerin bringt vor, sie finanziere ihre Tätigkeiten nahezu ausschließlich über die Vorfinanzierung. Die Begrenzung des Vorfinanzierungsbetrags auf 33 % des Höchstbetrags der gewährten Finanzhilfe beeinträchtige ihre operative Handlungsfähigkeit erheblich. Dies stehe in keinem Verhältnis zum finanziellen Sicherungsinteresse des Parlaments.

93      Das Parlament tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

94      Eingangs ist darauf hinzuweisen, dass nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der zu den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts gehört, die Handlungen der Unionsorgane nicht die Grenzen dessen überschreiten dürfen, was zur Erreichung der mit der betreffenden Regelung zulässigerweise verfolgten Ziele geeignet und erforderlich ist, wobei zu beachten ist, dass dann, wenn mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stehen, die am wenigsten belastende zu wählen ist, und dass die verursachten Nachteile nicht gegenüber den angestrebten Zielen unangemessen sein dürfen (Urteil vom 11. Juni 2009, Agrana Zucker, C‑33/08, EU:C:2009:367, Rn. 31).

95      In Art. 6 Abs. 1 des Präsidiumsbeschlusses vom 29. März 2004 heißt es, dass die Finanzhilfe den Empfängern als Vorfinanzierung in einer einzigen Tranche in Höhe von 80 % ihres Höchstbetrags überwiesen wird, „es sei denn, das Präsidium [des Parlaments] fasst einen anders lautenden Beschluss“. Aus dem Wortlaut dieser Bestimmung ergibt sich somit, dass die politischen Parteien kein absolutes Recht auf Auszahlung einer Vorfinanzierung in Höhe von 80 % des Höchstbetrags der gewährten Finanzhilfe haben und dass das Präsidium des Parlaments mithin über einen Ermessensspielraum verfügt, wenn es festlegt, in welcher Höhe den Parteien eine Vorfinanzierung gewährt wird. Die Höhe der Vorfinanzierung muss jedoch im Verhältnis zu den finanziellen Risiken stehen, die der Auszahlung von Vorfinanzierungen innewohnen.

96      Was den vorliegenden Fall betrifft, erscheint die Festsetzung der Vorfinanzierung auf 33 % des Höchstbetrags der gewährten Finanzhilfe in Anbetracht des Risikos, dass die Klägerin bereits empfangene Beträge nicht zurückzahlen können sollte, als eine Maßnahme, die geeignet und erforderlich ist, um das zulässigerweise verfolgte Ziel zu erreichen, das darin besteht, die finanziellen Interessen der Union zu schützen.

97      Das Vorbringen der Klägerin, dass die Begrenzung der Vorfinanzierung auf 33 % des Höchstbetrags der gewährten Finanzhilfe ihre operative Handlungsfähigkeit erheblich beeinträchtige, bestätigt nur das Risiko für das Parlament, die bereits ausgezahlten Beträge nicht zurückerlangen zu können, falls sich die Klägerin als finanziell nicht lebensfähig erweisen sollte. Hätte das Präsidium des Parlaments die Auszahlung einer Vorfinanzierung in Höhe von 80 % des Höchstbetrags der gewährten Finanzhilfe an die Klägerin genehmigt, wäre der Schaden für den Gesamthaushalt der Union dann noch größer.

98      Schließlich ist zum Vorbringen der Klägerin, dass die ihr zugefügten Nachteile in keinem Verhältnis zu dem vom Parlament verfolgten Ziel, nämlich dem Schutz der finanziellen Interessen der Union, stünden, festzustellen, dass das Parlament eine Abwägung der verschiedenen beteiligten Interessen vorgenommen hat. Der gewährte Vorfinanzierungsbetrag (98 706,09 Euro), zu dem gegebenenfalls die im betreffenden Zeitraum verfügbaren Eigenmittel der Klägerin hinzuzurechnen sind, hätte es dieser nämlich wahrscheinlich erlaubt, die für die ersten Monate des Jahres 2017 geplanten politischen und sonstigen Veranstaltungen durchzuführen. Außerdem hätte die Klägerin etwaige finanzielle Schwierigkeiten immer noch überwinden können, indem sie selbst bestimmte Maßnahmen zur Eigenmittelerhöhung ergriffen hätte, um ihre Tätigkeiten weiterhin finanzieren zu können. So hätte sie z. B. Spenden einwerben oder die Höhe der Mitgliedsbeiträge vorübergehend anheben können.

99      Die erste Rüge der Klägerin ist deshalb als unbegründet zurückzuweisen.

–       Zum Erfordernis der Stellung einer Bankbürgschaft

100    Die Klägerin macht geltend, das Erfordernis der Stellung einer Bankbürgschaft sei unverhältnismäßig. Erstens sei es ihr objektiv unmöglich, eine solche Sicherheit zu stellen, da sie über keine Vermögenswerte verfüge. Die Obliegenheit, eine Sicherheit zu stellen, laufe somit in der Sache darauf hinaus, sie von der Finanzierung auszuschließen. Dies bedeute eine existenzielle Gefahr für sie und bringe ihre politische Arbeit zum Erliegen. Zweitens seien die durch das Erfordernis einer Sicherheitsleistung entstehenden Schäden nicht wiedergutzumachen und würden durch die nachträgliche Zahlung der zurückgehaltenen Beträge nicht abgefedert. Drittens beanstandet die Klägerin, das Parlament habe zwei Arten von Risikobegrenzungsmaßnahmen miteinander kombiniert, nämlich die Forderung einer Bankbürgschaft und – mit der Begrenzung des Vorfinanzierungsbetrags – die Auszahlung der Vorfinanzierung in mehreren Teilbeträgen. Schließlich habe das Parlament auch keine Risikoanalyse angestellt.

101    Das Parlament tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

102    Was erstens die objektive Unmöglichkeit betrifft, eine Bankbürgschaft zu erhalten, ist festzustellen, dass die Klägerin keinen Beleg dafür vorgelegt hat, dass ihr eine solche Bürgschaft seitens der etwa konsultierten Banken verweigert worden wäre. Sie begnügt sich damit, das Zeugnis einer über sie selbst zu ladenden Person anzubieten.

103    Eine Partei, die eine prozessleitende Maßnahme oder eine Beweisaufnahme beantragt, muss zumindest einen Anhaltspunkt dafür liefern, dass die Maßnahme für das Verfahren zweckdienlich ist (vgl. Urteil vom 23. Mai 2014, European Dynamics Luxembourg/EZB, T‑553/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:275, Rn. 318 und die dort angeführte Rechtsprechung).

104    Die Klägerin begnügt sich aber mit der Angabe des Namens einer Person, ohne in ihrer Klageschrift oder Erwiderung zu erläutern, in welcher Beziehung diese Person zu ihr oder zu den betreffenden Banken stehen mag. Außerdem geht aus diesen Schriftsätzen nicht hervor, dass die fragliche Person ein unmittelbarer Zeuge der geltend gemachten Umstände gewesen wäre. Schließlich legt die Klägerin nicht dar, weshalb es ihr unmöglich wäre, von sich aus eine Erklärung dieser Person vorzulegen.

105    Somit ist nicht sicher, dass anhand der fraglichen Zeugenaussage – und noch dazu allein anhand ihrer – festgestellt werden kann, ob die Behauptungen der Klägerin zutreffen.

106    Folglich ist der Antrag der Klägerin auf Beweiserhebung zurückzuweisen. Das Gleiche gilt für ihre sonst nicht weiter bewiesene Behauptung, dass es ihr objektiv unmöglich sei, eine Bankbürgschaft zu stellen.

107    Zweitens ist zur Gefährdung der Existenz der Klägerin und zur Unumkehrbarkeit der ihr entstehenden Schäden – unterstellt, beides wäre erwiesen – festzustellen, dass damit nicht die Rechtmäßigkeit der Begrenzung der Vorfinanzierung und der Forderung einer Bankbürgschaft in Frage gestellt werden kann. Das Interesse der Klägerin daran, dass ihr Fortbestand durch die Nichtigerklärung der streitigen Maßnahmen erleichtert wird, kann nämlich nicht dem Ziel des Schutzes der finanziellen Interessen der Union vorgehen.

108    Außerdem hätte, wie Rn. 98 des vorliegenden Urteils zu entnehmen ist, die Klägerin etwaige finanzielle Schwierigkeiten immer noch überwinden können, indem sie selbst bestimmte Maßnahmen zur Eigenmittelerhöhung ergriffen hätte, um ihre Tätigkeiten weiterhin finanzieren zu können.

109    Was drittens die Kombination der verschiedenen Garantieinstrumente anbelangt, beanstandet die Klägerin, dass die Begrenzung des Vorfinanzierungsbetrags auf 33 % des Höchstbetrags der gewährten Finanzhilfe mit dem Erfordernis der Stellung einer Bankbürgschaft verbunden worden sei. Stattdessen hätte das Präsidium des Parlaments ihrer Ansicht nach eine einzige, für sie weniger einschneidende Maßnahme treffen können, nämlich die Aufteilung des Vorfinanzierungsbetrags in mehrere Raten.

110    Hierzu ist festzustellen, dass das Präsidium des Parlaments entgegen dem Vorbringen der Klägerin nicht beschlossen hat, das Erfordernis einer Bankbürgschaft damit zu kumulieren, dass die Vorfinanzierung auf der Grundlage des Art. 206 Abs. 1 der Anwendungsbestimmungen zur Haushaltsordnung in mehreren Teilbeträgen ausgezahlt wird. Wie Rn. 7 des vorliegenden Urteils zu entnehmen ist, hat es im vorliegenden Fall lediglich die Auszahlung einer einzigen Vorfinanzierungstranche mit dem Erfordernis einer Bankbürgschaft verbunden.

111    Was hier die Verbindung eines gekürzten Vorfinanzierungsbetrags mit dem Erfordernis der Stellung einer Bankbürgschaft betrifft, ist festzustellen, dass der Gesamtbetrag der Eigenmittel der Klägerin, also 68 338 Euro (10 688 Euro Mitgliedsbeiträge, 6 000 Euro Spenden und 51 650 Euro sonstige Eigenmittel), ungefähr 69 % des Betrags der im Vorfeld zu leistenden Sicherheit entspricht. Daher stellt in Anbetracht des Risikos eines Ausschlusses der Klägerin von der Finanzierung und des Risikos, das sich daraus ergibt, dass sie dem Parlament nicht einmal die Vorfinanzierung von 33 % des Höchstbetrags der gewährten Finanzhilfe zurückzahlen könnte, die von der Klägerin als Alternative in den Raum gestellte Auszahlung einer Vorfinanzierung von 80 % des Höchstbetrags der gewährten Finanzhilfe in mehreren Teilbeträgen und ohne Bankbürgschaft keine Maßnahme dar, die einen hinreichenden Schutz der finanziellen Interessen der Union erlaubt hätte. Die begrenzte finanzielle Kapazität der Klägerin, die von ihr selbst in den Rn. 48 und 50 der Klageschrift herausgestellt wird, bestärkt nur in der Annahme, dass die ihr bereits zur Verfügung gestellte Vorfinanzierung im Fall einer an sie gerichteten Rückzahlungsforderung nicht mit Erfolg eingebracht werden könnte.

112    Was schließlich das angebliche Fehlen einer Abwägung der verschiedenen beteiligten Interessen im Rahmen der nach Art. 206 Abs. 1 der Anwendungsbestimmungen zur Haushaltsordnung erforderlichen Risikobewertung anbelangt, ergibt sich aus den Rn. 97 und 111 des vorliegenden Urteils, dass das Parlament eine solche Abwägung vorgenommen hat.

113    Mithin kann mit keinem der von der Klägerin vorgebrachten Argumente dargetan werden, dass das Parlament mit dem Erlass des angefochtenen Beschlusses gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen hätte.

114    Der dritte Teil des ersten Klagegrundes ist daher als unbegründet zurückzuweisen. Somit ist der erste Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

 Zum Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz

115    Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, die unlängst erfolgte Gründung einer politischen Partei stelle für sich genommen keinen Grund dar, das Entstehen von Rückzahlungsforderungen zu befürchten. Mit dieser Befürchtung habe das Parlament gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung von „neuen“ und „alten“ politischen Parteien sowie von „neuen“ politischen Parteien untereinander verstoßen.

116    Eingangs ist darauf hinzuweisen, dass der Grundsatz der Gleichbehandlung verlangt, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden, es sei denn, eine solche Behandlung ist objektiv gerechtfertigt (vgl. Urteil vom 1. März 2011, Association belge des Consommateurs Test-Achats u. a., C‑236/09, EU:C:2011:100, Rn. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung; Urteil vom 5. Juli 2017, Fries, C‑190/16, EU:C:2017:513, Rn. 30).

117    Dies ist der Prüfungsmaßstab für die beiden Teile des zweiten Klagegrundes.

 Zum ersten Teil des zweiten Klagegrundes: unterschiedliche Behandlung „neuer“ und „alter“ politischer Parteien

118    Die Klägerin macht geltend, dass weder die Verordnung Nr. 2004/2003 noch der Präsidiumsbeschluss vom 29. März 2004 eine unterschiedliche Behandlung von „neuen“ und von „alten“ politischen Parteien erlaubten. Außerdem gebe es keinen Erfahrungssatz, der die Annahme bestätigen würde, dass unlängst gegründete politische Parteien ein größeres finanzielles Risiko verkörperten als alte Parteien.

119    Das Parlament tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

120    Die Klägerin hat zwar recht damit, dass weder die Verordnung Nr. 2004/2003 noch der Präsidiumsbeschluss vom 29. März 2004 die politischen Parteien nach dem Zeitpunkt ihrer Gründung unterscheiden. Den Rn. 49, 50 und 82 des vorliegenden Urteils ist jedoch zu entnehmen, dass sich die während des laufenden Jahres gegründeten politischen Parteien in keiner vergleichbaren Situation mit den älteren politischen Parteien befinden, weil es für ihre langfristige wirtschaftliche Lebensfähigkeit und die Konformität ihrer Tätigkeiten mit den Grundwerten, auf denen die Union beruht, keinen belastbaren Beweis gibt. Die jeweiligen finanziellen Risiken, die sich daraus für den Gesamthaushalt der Union und allgemeiner für die finanziellen Interessen der Union ergeben, unterscheiden sich folglich objektiv voneinander.

121    Unter Berücksichtigung des größeren finanziellen Risikos, das von während des laufenden Jahres gegründeten politischen Parteien ausgeht, ist im vorliegenden Fall nicht ersichtlich, dass das Parlament mit dem Erlass von Risikominderungsmaßnahmen gegenüber der Klägerin gegen den Grundsatz der Gleichheit „neuer“ und „alter“ politischer Parteien verstoßen hätte. Der erste Teil des zweiten Klagegrundes ist daher zurückzuweisen.

 Zum zweiten Teil des zweiten Klagegrundes: unterschiedliche Behandlung von „neuen“ politischen Parteien untereinander

122    Die Klägerin beanstandet, das Parlament habe für das Jahr 2017 zum ersten Mal Risikominderungsmaßnahmen gegenüber „neuen“ politischen Parteien erlassen. Hierin liege eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung.

123    Das Parlament tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

124    Wie den Rn. 30, 90 und 114 des vorliegenden Urteils zu entnehmen ist, ist es der Klägerin nicht gelungen, eine Unionsrechtswidrigkeit der streitigen Maßnahmen darzutun. Sie begnügt sich mit allgemeinen Behauptungen, ohne irgendeinen konkreten Beweis dafür zu erbringen, dass sie sich in einer Situation befände, die mit der anderer „neuer“ politischer Parteien vergleichbar wäre. So bleibt sie den Beweis schuldig, dass gegenüber politischen Parteien, die in entsprechendem Umfang wie sie vertreten sind und deren Gründungsjahr mit dem der Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen zusammenfiel, keine vergleichbaren Risikominderungsmaßnahmen ergangen wären.Selbst wenn dies aber der Fall gewesen wäre, wäre die Klägerin immer noch den Beweis schuldig, dass die betreffenden politischen Parteien einen Liquiditäts- oder Solvabilitätskoeffizienten gehabt hätten, der dem ihren entspricht. Somit hat sie nicht dargetan, dass im vorliegenden Fall ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichheit „neuer“ politischer Parteien gegeben ist. Der zweite Teil des zweiten Klagegrundes ist deshalb zurückzuweisen.

125    Folglich ist der zweite Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum Verstoß gegen die Art. 11 und 12 der Charta

126    Mit ihrem dritten Klagegrund behauptet die Klägerin, ihre in den Art. 11 und 12 der Charta verankerten Rechte auf Meinungs- und Vereinigungsfreiheit seien verletzt worden. Der angefochtene Beschluss gefährde sie in ihrer Existenz und erzeuge die gleiche Wirkung wie ein Partei- oder Vereinsverbot. Damit schließe er sie faktisch aus dem politischen Wettbewerb auf europäischer Ebene aus. Zudem träfen die streitigen Maßnahmen neu gegründete politische Parteien besonders hart, weil diese noch mehr auf eine Anschubfinanzierung angewiesen seien als die älteren politischen Parteien, um sich effektiv im politischen Wettbewerb auf europäischer Ebene zu etablieren und auf Augenhöhe mit den übrigen politischen Parteien agieren zu können.

127    Das Parlament tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

128    Vorausgesetzt, die Klägerin wäre Inhaberin der Rechte aus den Art. 11 und 12 der Charta, ist festzustellen, dass ihr aus diesen Bestimmungen kein Anspruch auf Geldleistungen in ihrer Eigenschaft als politische Partei erwächst. Wenn einer politischen Partei oder einer Vereinigung ein Geldbetrag nicht gewährt wird, entspricht das nicht einem Verbot einer politischen Partei oder Vereinigung. Die streitigen Maßnahmen können folglich nicht als ungerechtfertigte Beschränkungen der in Art. 11 bzw. Art. 12 der Charta verbürgten Meinungs- oder Vereinigungsfreiheit angesehen werden.

129    Außerdem ist Rn. 56 des vorliegenden Urteils zu entnehmen, dass das Ziel der auf der Grundlage der Verordnung Nr. 2004/2003 gewährten Finanzhilfe darin besteht, die Durchführung des jährlichen Arbeitsprogramms der politischen Parteien zu unterstützen, und nicht – zumindest nicht unmittelbar – darin, die Gründung solcher Parteien zu fördern.

130    Nach alledem ist der dritte Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen und die Klage demzufolge insgesamt abzuweisen.

 Kosten

131    Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des Parlaments die Kosten des vorliegenden Verfahrens aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Achte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Coalition for Life and Family (CLF) trägt die Kosten.

Collins

Kancheva

Barents

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 11. Juli 2018.

Der Kanzler

 

Der Präsident

E. Coulon A. M. Collins


Leave a Comment

Schreibe einen Kommentar