T-435/12 – Bacardi/ EUIPO – Palírna U zeleného stromu (42 BELOW)
Language of document : ECLI:EU:T:2018:715
Vorläufige Fassung
URTEIL DES GERICHTS (Erste Kammer)
24. Oktober 2018()
„Unionsmarke – Widerspruchsverfahren – Anmeldung der Unionsbildmarke 42 BELOW – Nicht eingetragene ältere nationale Bildmarke VODKA 42 – Relatives Eintragungshindernis – Art. 8 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 (jetzt Art. 8 Abs. 4 der Verordnung [EU] 2017/1001) – Benutzung im geschäftlichen Verkehr – Anwendung des nationalen Rechts durch das EUIPO“
In der Rechtssache T‑435/12
Bacardi Co.Ltd mit Sitz in Vaduz (Liechtenstein), Prozessbevollmächtigte: zunächst Rechtsanwalt M. Reinisch, dann Rechtsanwälte A. Parassina, L. Rigas und L. Lorenc,
Klägerin,
gegen
Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten zunächst durch P. Geroulakos, dann durch D. Gája und D. Walicka als Bevollmächtigte,
Beklagter,
andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des EUIPO und Streithelferin vor dem Gericht
Palírna U zeleného stromu a.s., vormals Granette & Starorežná Distilleries a.s., mit Sitz in Ústí nad Labem (Tschechische Republik), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt T. Chleboun,
betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Zweiten Beschwerdekammer des EUIPO vom 9. Juli 2012 (Sache R 2100/2011-2) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen Granette & StarorežnáDistilleries und Bacardi
erlässt
DAS GERICHT (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten H. Kanninen (Berichterstatter) sowie der Richterin I. Pelikánová und des Richters E. Buttigieg,
Kanzler: X. Lopez Bancalari, Verwaltungsrätin,
aufgrund der am 24. September 2012 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,
aufgrund der am 5. Februar 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des EUIPO,
aufgrund der am 30. Januar 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung der Streithelferin,
aufgrund der am 12. März 2013 aufgrund der am 24. September 2012 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Erwiderung,
aufgrund der am 2. August 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Gegenerwiderung des EUIPO,
aufgrund der am 20. August 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Gegenerwiderung der Streithelferin,
aufgrund der schriftlichen Fragen des Gerichts an die Verfahrensbeteiligten und der am 13. bzw. 20. Mai 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Antworten der Klägerin und des EUIPO auf diese Fragen,
aufgrund des am 29. April 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Antrags der Klägerin auf Aussetzung des Verfahrens und der am 6. bzw. 13. Mai 2015 eingegangenen Stellungnahmen des EUIPO und der Streithelferin zu diesem Antrag,
aufgrund des Beschlusses des Präsidenten der Ersten Kammer (frühere Besetzung) vom 10. Juni 2015, mit dem das Verfahren ausgesetzt worden ist,
nach Wiederaufnahme des Verfahrens am 10. November 2015,
aufgrund des am 11. Dezember 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Antrags der Klägerin auf Aussetzung des Verfahrens und der am 7. Januar 2016 eingegangenen Stellungnahme des EUIPO zu diesem Antrag,
aufgrund des Beschlusses des Präsidenten der Ersten Kammer (frühere Besetzung) vom 20. Januar 2016, mit dem das Verfahren ausgesetzt worden ist,
nach Wiederaufnahme des Verfahrens am 20. Juni 2016,
aufgrund des am 22. August 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Antrags der Klägerin auf Aussetzung des Verfahrens und der am 26. August bzw. 8. September 2016 eingegangenen Stellungnahmen des EUIPO und der Streithelferin zu diesem Antrag,
aufgrund des Beschlusses des Präsidenten der Ersten Kammer (frühere Besetzung) vom 12. September 2016, mit dem das Verfahren ausgesetzt worden ist,
nach Wiederaufnahme des Verfahrens am 13. März 2017,
aufgrund der am 16. und 17. Mai 2017 eingegangenen Antworten der Verfahrensbeteiligten auf die vom Gericht im Rahmen prozessleitender Maßnahmen gestellten Fragen,
auf die mündliche Verhandlung vom 7. November 2017
folgendes
Urteil
Vorgeschichte des Rechtsstreits
1 Am 26. Juni 2009 meldete die Klägerin, die Bacardi Co. Ltd, nach der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke (ABl. 2009, L 78, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EU] 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke [ABl. 2017, L 154, S. 1]) beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) eine Unionsmarke an.
2 Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um folgendes Bildzeichen:
3 Die in der Anmeldung bezeichneten Waren gehören zu Klasse 33 im Sinne des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung und entsprechen folgender Beschreibung: „Alkoholische Getränke (ausgenommen Biere), einschließlich Wodka, Getränken auf Wodkabasis und aromatisierten wodkahaltigen Getränken“.
4 Die Anmeldung der Unionsmarke wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 59/2009 vom 14. Dezember 2009 veröffentlicht.
5 Am 11. März 2010 legte die Streithelferin, die Granette & Starorežná Distilleries a.s., jetzt Palírna U zeleného stromu a.s., gemäß Art. 41 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 46 der Verordnung 2017/1001) Widerspruch gegen die Eintragung der angemeldeten Marke für die oben in Rn. 3 genannten Waren ein.
6 Der Widerspruch wurde namentlich auf folgende in der Tschechischen Republik und der Slowakei für „alkoholische Getränke, nämlich Wodka“ benutzte nicht eingetragene Marke (im Folgenden: nicht eingetragene Marke) gestützt:
7 Als Widerspruchsgründe wurden Art. 8 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 8 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 4 der Verordnung 2017/1001) geltend gemacht.
8 Am 12. August 2011 wies die Widerspruchsabteilung den Widerspruch gemäß Art. 8 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 in vollem Umfang zurück und erlegte der Streithelferin die Kosten des Widerspruchsverfahrens auf.
9 Am 10. Oktober 2011 legte die Streithelferin nach den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 66 bis 71 der Verordnung 2017/1001) beim EUIPO Beschwerde gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung ein.
10 Mit Entscheidung vom 9. Juli 2012 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) gab die Zweite Beschwerdekammer des EUIPO der Beschwerde der Streithelferin statt.
11 Als Erstes wies die Beschwerdekammer auf die in Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 aufgestellten kumulativen Voraussetzungen hin.
12 Als Zweites legte die Beschwerdekammer dar, in der Tschechischen Republik verleihe § 7 Abs. 1 Buchst. g des Gesetzes Nr. 441/2003 Sb. vom 3. Dezember 2003 (im Folgenden: tschechisches Markengesetz) den Inhabern nicht eingetragener Marken von mehr als lediglich örtlicher Bedeutung, die vor dem Eingang einer Markenanmeldung im geschäftlichen Verkehr benutzt worden seien, das Recht, jüngere Marken zu untersagen, wenn die Zeichen identisch oder ähnlich seien und ähnliche Waren oder Dienstleistungen erfassten.
13 Als Drittes war die Beschwerdekammer der Ansicht, die Streithelferin habe im vorliegenden Fall hinreichend dargetan, dass die von der nicht eingetragenen Marke erfassten Waren an verschiedenen Orten zumindest des tschechischen Hoheitsgebiets vermarktet worden seien und dass diese Vermarktung zeitlich vor dem Tag der Anmeldung der beantragten Marke sowie im Zusammenhang mit einer auf einen wirtschaftlichen Vorteil gerichteten kommerziellen Tätigkeit erfolgt sei.
14 Die Beschwerdekammer kam zu dem Schluss, dass die Rechte an der nicht eingetragenen Marke dadurch erworben worden seien, dass die Streithelferin diese Marke für „alkoholische Getränke, nämlich Wodka“ benutzt habe, bevor die beantragte Marke angemeldet worden sei.
15 Als Viertes prüfte die Beschwerdekammer, ob die nicht eingetragene Marke ihrem Inhaber das Recht verlieh, die Verwendung der angemeldeten Marke zu untersagen, und kontrollierte in diesem Zusammenhang, ob die Voraussetzungen gemäß § 7 Abs. 1 Buchst. g des tschechischen Markengesetzes erfüllt waren.
16 Dazu erklärte die Beschwerdekammer zunächst, die in Rede stehenden Waren richteten sich an ein breites Publikum im tschechischen Hoheitsgebiet.
17 Sodann vertrat die Beschwerdekammer die Auffassung, dass die fraglichen Waren identisch oder sehr ähnlich seien und dass die einander gegenüberstehenden Zeichen in Bezug auf Bild, Klang und Bedeutung einander insgesamt ähnlich seien.
18 Im Übrigen meinte die Beschwerdekammer, die nicht eingetragene Marke weise eine durchschnittliche originäre Unterscheidungskraft auf.
19 In Anbetracht dessen kam die Beschwerdekammer zu dem Schluss, dass im vorliegenden Fall aus Sicht der maßgeblichen Verkehrskreise eine Verwechslungsgefahr bestehe.
20 Schließlich war die Beschwerdekammer im Wesentlichen der Ansicht, dass das EUIPO nicht befugt sei, sich zu dem Argument der Klägerin zu äußern, wonach die Benutzung der nicht eingetragenen Marke eine wettbewerbsrechtlich unlautere Handlung darstelle und ihr Urheberrecht verletze, da das EUIPO als solches die Existenz und die Gültigkeit dieser Marke nicht in Frage stellen könne.
21 Im Ergebnis gab die Beschwerdekammer aufgrund der nicht eingetragenen Marke der Beschwerde und folglich dem Widerspruch statt und erlegte der Klägerin gemäß Art. 85 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 109 Abs. 1 der Verordnung 2017/1001) die Kosten des Widerspruchs- und des Beschwerdeverfahrens auf.
Anträge der Verfahrensbeteiligten
22 In der Klageschrift beantragt die Klägerin,
– die angefochtene Entscheidung aufzuheben;
– den Widerspruch gegen die Eintragung der angemeldeten Marke zurückzuweisen;
– das zu erlassende Urteil an das EUIPO zu übermitteln;
– dem EUIPO und der Streithelferin die Kosten aufzuerlegen.
23 Nachdem sie in der Erwiderung den zweiten und den dritten Klageantrag zurückgenommen hat, beantragt die Klägerin,
– die angefochtene Entscheidung aufzuheben;
– dem EUIPO und der Streithelferin die Kosten aufzuerlegen.
24 Das EUIPO beantragt,
– die Klage abzuweisen;
– der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.
25 Die Streithelferin beantragt,
– die Klage abzuweisen;
– der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.
Entscheidungsgründe
Zur Zulässigkeit
26 Das EUIPO macht im Kern geltend, der auf die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung gerichtete Klageantrag sei unzulässig, weil die Klageschrift – außer der Behauptung, die Beschwerdekammer habe zu Unrecht angenommen, dass die Beweise für die Benutzung der nicht eingetragenen Marke ausreichend seien, um dem Widerspruch stattzugeben – keine Argumente oder hinreichend klaren Erklärungen für eine fehlerhafte Beurteilung seitens der Beschwerdekammer enthalte.
27 Die Klägerin meint, sie habe insoweit hinreichende Ausführungen in der Klageschrift gemacht und dargetan, dass die Beschwerdekammer nach tschechischem Recht von der Streithelferin die Vorlage zusätzlicher Beweise für eine kontinuierliche Benutzung der nicht eingetragenen Marke hätte verlangen müssen.
28 Eingangs ist festzustellen, dass das EUIPO mit seinem Unzulässigkeitseinwand beanstandet, ein vorgebrachtes Argument sei vage und allgemein und es fehle an anderen Argumenten, auf die die Rüge, wonach im Wesentlichen das in Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 aufgestellte Kriterium der Benutzung im geschäftlichen Verkehr vorliegend nicht erfüllt sei, gestützt werden könnte.
29 Nach ständiger Rechtsprechung muss jede Klageschrift gemäß Art. 76 Buchst. d der Verfahrensordnung des Gerichts den Streitgegenstand, die geltend gemachten Klagegründe und Argumente sowie eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten. Diese Darstellung muss hinreichend klar und deutlich sein, um dem Beklagten die Vorbereitung seiner Verteidigung und dem Gericht gegebenenfalls ohne weitere Informationen die Entscheidung über die Klage zu ermöglichen. Um die Rechtssicherheit und eine geordnete Rechtspflege zu gewährleisten, ist es für die Zulässigkeit einer Klage erforderlich, dass sich die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf die sie sich stützt, zumindest in gedrängter Form, aber zusammenhängend und verständlich, aus dem Text der Klageschrift selbst ergeben (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 25. Juli 2000, RJB Mining/Kommission, T‑110/98, EU:T:2000:199, Rn. 23 und die dort angeführte Rechtsprechung, und Urteil vom 10. April 2003, Travelex Global and Financial Services und Interpayment Services/Kommission, T‑195/00, EU:T:2003:111, Rn. 26).
30 Im vorliegenden Fall ergeben sich die tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf denen das Argument der Klägerin beruht, die Beschwerdekammer habe die Beweismittel für die Benutzung der nicht eingetragenen Marke zu Unrecht als ausreichend angesehen, um dem Widerspruch stattzugeben, klar aus der Klageschrift.
31 In Teil B. III der Klageschrift macht die Klägerin nämlich im Wesentlichen geltend, die in Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 vorgesehene Voraussetzung der Benutzung im geschäftlichen Verkehr sei bei der nicht eingetragenen Marke nicht erfüllt, da die Streithelferin nicht den Beweis einer kontinuierlichen, ununterbrochenen und wirklichen Benutzung dieses Zeichens bis zum Tag, an dem die Entscheidung der Widerspruchsabteilung ergangen sei, d. h. bis zum 12. August 2011, erbracht habe.
32 Ein solches Argument ist aber hinreichend klar und deutlich, um dem EUIPO die Vorbereitung seiner Verteidigung und dem Gericht die Wahrnehmung seiner Kontrollfunktion zu ermöglichen. Der vom EUIPO erhobene Unzulässigkeitseinwand ist daher zurückzuweisen.
Zur Begründetheit
33 Die Klägerin führt im Wesentlichen zwei Klagegründe an. Mit dem ersten macht sie einen Verstoß gegen Regel 50 Abs. 2 Buchst. g der Verordnung (EG) Nr. 2868/95 der Kommission vom 13. Dezember 1995 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1995, L 303, S. 1) geltend. Mit dem zweiten Klagegrund rügt sie einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009.
Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Regel 50 Abs. 2 Buchst. g der Verordnung Nr. 2868/95
34 Nach Ansicht der Klägerin ist die von der Beschwerdekammer vorgenommene kurze Darstellung des Sachverhalts unzutreffend. Die Beschwerdekammer habe die Argumente, die die Klägerin vor der Widerspruchsabteilung und vor dieser Kammer vorgebracht habe, unvollständig wiedergegeben. Zunächst seien die Argumente zum tschechischen Recht und insbesondere zum unlauteren Wettbewerb sowie zum Urheberrecht übergangen worden. Sodann enthalte die kurze Darstellung des Vorbringens in Rn. 14 der angefochtenen Entscheidung nur Argumente zu der am 10. September 2003 eingetragenen tschechischen Marke Nr. 263350, auf die der Widerspruch der Streithelferin gestützt worden sei, jedoch kein einziges der Argumente zu der nicht eingetragenen Marke. Schließlich habe die Beschwerdekammer von einer Prüfung der Argumente abgesehen, mit denen nachgewiesen werden solle, dass diese Marke nach tschechischem Recht keinen Schutz genieße, da sie eine wettbewerbsrechtlich unlautere Handlung darstelle und ihr Urheberrecht an dem Zeichen 42 BELOW verletze. Die Klägerin rügt deshalb einen Verstoß gegen Regel 50 Abs. 2 Buchst. g der Verordnung Nr. 2868/95 und eine unzureichende Prüfung ihres Vorbringens, das zum Teil außer Acht gelassen worden sei.
35 Das EUIPO und die Streithelferin halten diesen Klagegrund für nicht stichhaltig.
36 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Entscheidung der Beschwerdekammer nach Regel 50 Abs. 2 Buchst. g der Verordnung Nr. 2868/95 eine kurze Darstellung des Sachverhalts enthalten muss.
37 Daher ist der Inhalt der angefochtenen Entscheidung daraufhin zu überprüfen, ob diese eine kurze Darstellung des Sachverhalts und insbesondere der von der Klägerin im Verwaltungsverfahren vorgebrachten Argumente enthält.
38 Wie aus Rn. 7 der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, hat die Beschwerdekammer das Vorbringen der Klägerin vor der Widerspruchsabteilung besonders ausführlich wiedergegeben. Sie hat insbesondere in Rn. 7 siebter und achter Gedankenstrich der angefochtenen Entscheidung die Argumente der Klägerin zum tschechischen Recht gegen unlauteren Wettbewerb und zum tschechischen Urheberrecht angeführt. Außerdem hat sie in Rn. 69 der angefochtenen Entscheidung das Argument erwähnt, mit dem die Klägerin im Wesentlichen geltend macht, die Benutzung der nicht eingetragenen Marke durch die Streithelferin sei rechtswidrig, weil sie eine wettbewerbsrechtlich unlautere Handlung darstelle und ihr Urheberrecht verletze.
39 Wie aus Rn. 14 der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, hat die Beschwerdekammer das Vorbringen wiedergegeben, mit dem die Klägerin im Kern die Zurückweisung der Beschwerde der Streithelferin gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung begehrte. Vor allem hat sie das Argument der Klägerin erwähnt, wonach die Streithelferin, auch wenn sie die angemeldete Marke und die nicht eingetragene Marke als einander insgesamt ähnlich ansehe, sich nicht auf eine klangliche Ähnlichkeit berufen könne, da die Worte „below“ und „Wodka“ völlig unterschiedlich klängen.
40 Die Beschwerdekammer hat somit ordnungsgemäß sämtliche Argumente der Klägerin kurz dargestellt.
41 Daher ist der erste Klagegrund zurückzuweisen.
Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009
42 Die Klägerin macht im Kern geltend, die Beschwerdekammer habe insoweit gegen Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 verstoßen, als sie festgestellt habe, dass die nicht eingetragene Marke die Voraussetzungen dieses Artikels erfülle und somit einer Eintragung der angemeldeten Marke entgegenstehen könne.
43 Nach Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 kann der Inhaber einer nicht eingetragenen Marke oder eines anderen Zeichens als einer Marke der Eintragung einer Unionsmarke widersprechen, wenn diese nicht eingetragene Marke bzw. dieses Zeichen kumulativ vier Voraussetzungen erfüllt: Die Marke bzw. das Zeichen muss im geschäftlichen Verkehr benutzt werden; sie/es muss von mehr als lediglich örtlicher Bedeutung sein; das Marken- bzw. Kennzeichenrecht muss nach dem Recht des Mitgliedstaats erworben worden sein, in dem die Marke bzw. das Zeichen vor dem Tag der Anmeldung der Unionsmarke benutzt wurde; schließlich muss die Marke bzw. das Zeichen dem Inhaber die Befugnis verleihen, die Benutzung einer jüngeren Marke zu untersagen. Diese Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen, so dass, wenn eine nicht eingetragene Marke oder ein Zeichen eine dieser Voraussetzungen nicht erfüllt, einem Widerspruch, der auf eine nicht eingetragene Marke oder andere im geschäftlichen Verkehr benutzte Zeichen im Sinne von Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 gestützt wird, der Erfolg versagt bleibt (vgl. Urteil vom 12. Oktober 2017, Moravia Consulting/EUIPO – Citizen Systems Europe [SDC‑888TII RU], T‑317/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:718, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung).
44 Die ersten beiden Voraussetzungen, d. h. diejenigen der Benutzung und der – nicht lediglich örtlichen – Bedeutung des geltend gemachten Zeichens bzw. der geltend gemachten Marke, ergeben sich bereits aus dem Wortlaut von Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 und sind daher im Licht des Unionsrechts auszulegen. So stellt diese Verordnung einheitliche Maßstäbe für die Benutzung der Zeichen und ihre Bedeutung auf, die mit den Grundsätzen in Einklang stehen, die dem durch diese Verordnung aufgestellten System zugrunde liegen (Urteile vom 24. März 2009, Moreira da Fonseca/HABM – General Óptica [GENERAL OPTICA], T‑318/06 bis T‑321/06, EU:T:2009:77, Rn. 33, vom 4. Juli 2014, Construcción, Promociones e Instalaciones/HABM – Copisa Proyectos y Mantenimientos Industriales [CPI COPISA INDUSTRIAL], T‑345/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:614, Rn. 41, und vom 12. Oktober 2017, SDC‑888TII RU, T‑317/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:718, Rn. 39).
45 Demgegenüber ergibt sich aus der Wendung „wenn und soweit nach dem für den Schutz des Kennzeichens maßgeblichen Recht des Mitgliedstaats“, dass die beiden weiteren, in Art. 8 Abs. 4 Buchst. a und b der Verordnung Nr. 207/2009 genannten Voraussetzungen im Unterschied zu den vorangehenden gemäß dieser Verordnung nach Kriterien zu beurteilen sind, die das Recht festlegt, dem das geltend gemachte Kennzeichen unterliegt. Dieser Verweis auf das Recht, dem das geltend gemachte Kennzeichen unterliegt, ist deshalb völlig gerechtfertigt, weil die Verordnung Nr. 207/2009 für außerhalb des Systems der Unionsmarke stehende Zeichen die Möglichkeit einräumt, sie gegen eine Unionsmarke anzuführen. Somit lässt sich nur anhand des Rechts, dem das geltend gemachte Zeichen unterliegt, feststellen, ob dieses älter als die Unionsmarke ist und ob es ein Verbot der Benutzung einer jüngeren Marke rechtfertigen kann (Urteile vom 24. März 2009, GENERAL OPTICA, T‑318/06 bis T‑321/06, EU:T:2009:77, Rn. 34, und vom 12. Oktober 2017, SDC‑888TII RU, T‑317/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:718, Rn. 40).
46 Im vorliegenden Fall hat die nicht eingetragene Marke unbestritten eine mehr als lediglich örtliche Bedeutung. Die Klägerin meint jedoch, die Beschwerdekammer habe nicht ordnungsgemäß geprüft, ob die Voraussetzung einer Benutzung im geschäftlichen Verkehr erfüllt sei. Die Beschwerdekammer hätte nämlich feststellen müssen, dass diese Marke kontinuierlich bis zu dem Tag benutzt worden sei, an dem die Widerspruchsabteilung die Entscheidung vom 12. August 2011 erlassen habe. Sie wirft der Beschwerdekammer zudem vor, keine umfassende Prüfung des tschechischen Rechts vorgenommen und somit aufgrund von für den vorliegenden Fall irrelevanten Vorschriften dieses Rechts festgestellt zu haben, dass der Streithelferin Rechte an dieser Marke zuständen und dass diese ihr die Befugnis verleihe, die Benutzung der angemeldeten Marke zu untersagen. Sie beanstandet schließlich, dass die Beschwerdekammer sich für nicht befugt gehalten habe, die Gültigkeit dieser Marke zu beurteilen, und dass sie somit dem Widerspruch aufgrund eines ungültigen Zeichens stattgegeben habe.
47 Der zweite Klagegrund besteht im Wesentlichen aus drei Teilen. Mit dem ersten Teil wird gerügt, die Beschwerdekammer habe die in Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 vorgesehene Voraussetzung der Benutzung einer nicht eingetragenen Marke im geschäftlichen Verkehr unzutreffend beurteilt. Mit dem zweiten Teil wird der Beschwerdekammer vorgeworfen, bei der Anwendung dieser Bestimmung die für den vorliegenden Fall einschlägigen Vorschriften des tschechischen Rechts zu Unrecht nicht geprüft zu haben. Mit dem dritten Teil wird beanstandet, die Beschwerdekammer habe sich zu Unrecht für nicht befugt gehalten, die Gültigkeit der nicht eingetragenen Marke anhand des tschechischen Rechts gegen unlauteren Wettbewerb und des tschechischen Urheberrechts zu überprüfen.
– Zum ersten Teil des zweiten Klagegrundes
48 Die Klägerin macht geltend, die Beschwerdekammer habe zu Unrecht angenommen, dass im vorliegenden Fall die in Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 vorgesehene Voraussetzung einer Benutzung der nicht eingetragenen Marke im geschäftlichen Verkehr erfüllt sei. Zum einen hätte bei der Beurteilung dieser Voraussetzung auf den Zeitpunkt abgestellt werden müssen, zu dem die Entscheidung der Widerspruchsabteilung ergangen sei, d. h. auf den 12. August 2011; zum anderen hätte die Streithelferin eine kontinuierliche, ununterbrochene und wirkliche Benutzung der nicht eingetragenen Marke bis zu diesem Zeitpunkt dartun müssen. Da für die Frage nach dem Bestand dieser Marke das nationale Recht, hier das tschechische Recht, maßgeblich sei, müsse auch der dauerhafte Bestand der fraglichen Marke nachgewiesen werden. In diesem Zusammenhang weist die Klägerin darauf hin, dass die Streithelferin den Gebrauch der nicht eingetragenen Marke etwa im Januar 2011 eingestellt habe, wobei diese durch das Logo VODKA 42 BLENDED ersetzt worden sei.
49 Das EUIPO tritt diesem Vorbringen entgegen. Zum einen sei der nach dem Unionsrecht maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Benutzung einer nicht eingetragenen Marke der Tag der Anmeldung der beantragten Marke, hier der 26. Juni 2009. Zum anderen sei die im tschechischen Recht vorgesehene Voraussetzung der kontinuierlichen Benutzung eines nicht eingetragenen Zeichens für die Bestimmung des Zeitpunkts irrelevant, auf den bei der Beurteilung der Benutzung einer früheren nicht eingetragenen Marke abgestellt werde.
50 Die Streithelferin trägt vor, das Argument, dem zufolge die nicht eingetragene Marke seit 2011 nicht mehr benutzt werde, sei im Rahmen des Widerspruchsverfahrens nicht vorgebracht worden und habe folglich gemäß Art. 76 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 95 Abs. 2 der Verordnung 2017/1001) vom EUIPO nicht berücksichtigt werden dürfen. Im Übrigen komme es allein darauf an, ob sie diese Marke am Tag der Einlegung ihres Widerspruchs oder spätestens bei Ablauf der Frist für die Einreichung von Beweismitteln beim EUIPO benutzt habe.
51 Zunächst ist festzustellen, dass die Klägerin die Unzulässigkeit der von der Streithelferin in der Anlage zu ihrer Klagebeantwortung vorgelegten Beweise für die Benutzung der nicht eingetragenen Marke geltend gemacht hat. Die Klägerin hat erklärt, diese Beweise seien erstmals dem Gericht vorgelegt worden. Das EUIPO hat ebenso wie die Klägerin auf eine Frage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung die von der Streithelferin in ihrer Klagebeantwortung vorgelegten Beweise für unzulässig erachtet. Die Streithelferin war hingegen der Ansicht, die von ihr dem Gericht vorgelegten Beweise seien zulässig, und hat die Entscheidung darüber jedenfalls in das Ermessen des Gerichts gestellt.
52 Nach ständiger Rechtsprechung dient eine Klage vor dem Gericht zur Kontrolle der Rechtmäßigkeit der von den Beschwerdekammern des EUIPO erlassenen Entscheidungen im Sinne von Art. 65 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 72 der Verordnung 2017/1001). Aus dieser Bestimmung folgt, dass Tatsachen, die die Beteiligten nicht vor den Stellen des EUIPO vorgetragen haben, im Stadium der Klage beim Gericht nicht mehr vorgetragen werden können und dass das Gericht den Sachverhalt nicht im Licht erstmals ihm vorgelegter Beweise neu prüfen kann. Denn die Rechtmäßigkeit der Entscheidung einer Beschwerdekammer des EUIPO ist anhand der Informationen zu beurteilen, die für sie beim Erlass ihrer Entscheidung verfügbar waren (Urteile vom 18. Juli 2006, Rossi/HABM, C‑214/05 P, EU:C:2006:494, Rn. 50 bis 52, vom 18. Dezember 2008, Les Éditions Albert René/HABM, C‑16/06 P, EU:C:2008:739, Rn. 136 bis 138, und vom 16. Januar 2014, Optilingua/HABM – Esposito [ALPHATRAD], T‑538/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:9, Rn. 19).
53 Im vorliegenden Fall hat die Streithelferin in der Anlage zu ihrer Klagebeantwortung Rechnungen vorgelegt, um zu beweisen, dass ihre Marke im tschechischen Hoheitsgebiet seit 2007 bis zum Tag der Entscheidung der Widerspruchsabteilung und sogar darüber hinaus kontinuierlich benutzt wurde.
54 Es steht jedoch fest, dass diese Beweismittel erstmals dem Gericht vorgelegt wurden. In Anbetracht der oben in Rn. 52 angeführten Rechtsprechung sind sie daher für unzulässig zu erklären.
55 Sodann ist darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdekammer in Rn. 31 der angefochtenen Entscheidung angenommen hat, der maßgebliche Zeitraum, auf den sich die Beweise für die Benutzung der nicht eingetragenen Marke im Wesentlichen beziehen müssten, sei „der Tag der streitigen Anmeldung, d. h. der 26. Juni 2009, oder die Zeit davor“. Außerdem kam die Beschwerdekammer in Rn. 39 der angefochtenen Entscheidung zu dem Schluss, dass das Recht an dieser Marke von der Streithelferin „vor dem Tag der Anmeldung der [Unions]marke“ erworben worden sei.
56 Es ist festzustellen, dass die Klägerin im vorliegenden Fall nicht bestreitet, dass die nicht eingetragene Marke in der Tschechischen Republik zwischen 2008 und 2009, d. h. vor dem Tag der Anmeldung der beantragten Marke, im geschäftlichen Verkehr benutzt worden ist.
57 Die Klägerin macht jedoch geltend, die Beschwerdekammer hätte von der Streithelferin den Beweis dafür verlangen müssen, dass die nicht eingetragene Marke bis zum Tag der Entscheidung der Widerspruchsabteilung, d. h. bis zum 12. August 2011, kontinuierlich, ununterbrochen und wirklich benutzt worden sei. Dazu trägt sie vor, die Streithelferin habe keinen Beweis für eine Benutzung der nicht eingetragenen Marke in den Jahren 2010 und 2011 vorgelegt. Im Übrigen habe die Streithelferin die Benutzung dieser Marke etwa im Januar 2011 eingestellt.
58 Angesichts des Vorbringens der Klägerin ist zu prüfen, für welchen Zeitpunkt die Beschwerdekammer die in Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 vorgesehene Voraussetzung einer Benutzung im geschäftlichen Verkehr zu beurteilen hatte.
59 Aus der oben in den Rn. 43 und 44 zitierten Rechtsprechung ergibt sich, dass die erste in Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 vorgesehene Voraussetzung, nämlich die Voraussetzung einer Benutzung des nicht eingetragenen Zeichens im geschäftlichen Verkehr, im Licht des Unionsrechts auszulegen ist.
60 Außerdem ist auf die Voraussetzung einer Benutzung des für den Widerspruch geltend gemachten Zeichens im geschäftlichen Verkehr dasselbe zeitliche Kriterium wie das in Art. 8 Abs. 4 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 für den Erwerb des Rechts an diesem Kennzeichen ausdrücklich verlangte anzuwenden, also der Tag der Anmeldung der Unionsmarke zu berücksichtigen (Urteile vom 29. März 2011, Anheuser-Busch/Budějovický Budvar, C‑96/09 P, EU:C:2011:189, Rn. 166, und vom 4. Juli 2014, CPI COPISA INDUSTRIAL, T‑345/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:614, Rn. 47).
61 Der Beschwerdekammer ist daher kein Irrtum unterlaufen, als sie für die Prüfung der Voraussetzung einer Benutzung der nicht eingetragenen Marke auf den Tag der Anmeldung der beantragten Marke abgestellt hat.
62 Schließlich ist festzustellen, dass das Vorbringen der Klägerin diese Schlussfolgerung nicht zu entkräften vermag.
63 Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, die Beschwerdekammer hätte von der Streithelferin den Nachweis einer kontinuierlichen Benutzung der nicht eingetragenen Marke verlangen müssen, da es sich hierbei um ein Erfordernis des tschechischen Rechts handle, das insbesondere in einer Entscheidung des Nejvyšší soud (Oberstes Gericht, Tschechische Republik) vom 19. April 2012 (Nr. 23 Cdo 3412/2010) aufgestellt worden sei.
64 In diesem Zusammenhang ist zu unterscheiden zwischen der Voraussetzung einer Benutzung im geschäftlichen Verkehr, die – wie oben in Rn. 44 erwähnt – im Licht des Unionsrechts zu beurteilen ist, und der in Art. 8 Abs. 4 Bucht. a der Verordnung Nr. 207/2009 vorgesehenen Voraussetzung für den Erwerb des Rechts an dem nicht eingetragenen Zeichen, die – wie oben in Rn. 45 erwähnt – im Licht des Rechts des Mitgliedstaats zu beurteilen ist, in dem das Zeichen vor dem Tag der Anmeldung der Unionsmarke benutzt wurde.
65 Der Umstand, dass nach tschechischem Recht die Existenz eines nicht eingetragenen Zeichens vom Beweis seiner kontinuierlichen Benutzung abhängt, ist im vorliegenden Fall ohne Bedeutung für den Zeitpunkt, auf den bei der Beurteilung der Benutzung der nicht eingetragenen Marke abzustellen ist und bei dem es sich gemäß der oben in Rn. 60 zitierten Rechtsprechung um den Tag der Anmeldung der Unionsmarke handelt.
66 Das Vorbringen der Klägerin ist daher zurückzuweisen.
67 Nach alledem ist der erste Teil des zweiten Klagegrundes zurückzuweisen, ohne dass das weitere Vorbringen zu prüfen wäre, mit dem die Klägerin geltend macht, die nicht eingetragene Marke sei nicht kontinuierlich benutzt worden, da sie im Januar 2011 durch den Zusatz des Wortes „blended“ am Ende des Zeichens geändert worden sei. Es erübrigt sich auch, auf das Vorbringen einzugehen, mit dem die Streithelferin die Zulässigkeit der Rüge, wonach eine Benutzung dieser Marke ab dem Jahr 2011 nicht bewiesen sei, in Frage stellt.
– Zum zweiten Teil des zweiten Klagegrundes
68 Die Streithelferin hat im Rahmen des Widerspruchs im Wesentlichen vorgetragen, die nicht eingetragene Marke verleihe ihr das Recht, sich der Benutzung der angemeldeten Marke zu widersetzen, und zwar aufgrund von § 7 Abs. 1 Buchst. g des tschechischen Markengesetzes sowie der §§ 44, 46, 47 und 53 des tschechischen Handelsgesetzbuchs in der Fassung des tschechischen Gesetzes Nr. 513/1991 Sb.
69 § 7 Abs. 1 Buchst. g des tschechischen Markengesetzes bestimmt:
„Das angemeldete Zeichen wird nicht in das Register eingetragen, wenn ein Widerspruch gegen die Eintragung des Zeichens in das Register (im Folgenden: Widerspruch) beim Amt eingelegt wurde durch
…
g) den Inhaber eines nicht eingetragenen Zeichens oder eines sonstigen im geschäftlichen Verkehr benutzten Zeichens von mehr als lediglich örtlicher Bedeutung, das für identische oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen benutzt wird und das mit dem angemeldeten Zeichen identisch oder ihm ähnlich ist, wenn das Recht an diesem Zeichen vor dem Tag der Anmeldung entstanden ist.“
70 § 44 des tschechischen Handelsgesetzbuchs lautete:
„Unlauterer Wettbewerb ist ein Verhalten im wirtschaftlichen Wettbewerb oder im Rahmen von Geschäftsbeziehungen, das gegen die guten Sitten im Wettbewerb verstößt und geeignet ist, andere Mitbewerber, die Verbraucher oder andere Kunden zu schädigen. Unlauterer Wettbewerb ist verboten.“
71 § 46 des tschechischen Handelsgesetzbuchs bestimmte:
„Irreführende Kennzeichnung von Waren und Dienstleistungen
(1) Die irreführende Kennzeichnung von Waren und Dienstleistungen besteht darin, Waren und Dienstleistungen dergestalt zu kennzeichnen, dass auf dem Markt ein falscher Eindruck hinsichtlich des Landes, der Region oder des Ortes, woher die so gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen stammen, oder der falsche Eindruck erweckt wird, dass sie von einem bestimmten Hersteller stammen oder bestimmte Merkmale oder Eigenschaften besitzen. …
…“
72 In § 47 des tschechischen Handelsgesetzbuchs waren die Fälle der Verwechslungsgefahr u. a. wegen der Verwendung eines besonderen Zeichens geregelt.
73 § 53 des tschechischen Handelsgesetzbuchs sah vor:
„Wer durch unlauteren Wettbewerb in seinen Rechten verletzt worden ist oder verletzt zu werden droht, kann von dem Rechtsverletzer verlangen, dieses Verhalten zu unterlassen und den Zustand der Rechtsverletzung zu beenden. …“
74 Die Klägerin macht geltend, die Beschwerdekammer habe insoweit fehlerhaft gehandelt, als sie bei der Untersuchung, ob die Voraussetzungen von Art. 8 Abs. 4 Buchst. a und b der Verordnung Nr. 207/2009 erfüllt seien, entgegen ihrer Verpflichtung die für den vorliegenden Fall einschlägigen Bestimmungen des tschechischen Rechts nicht umfassend analysiert habe. Die Beschwerdekammer habe allein aufgrund von § 7 Abs. 1 Buchst. g des tschechischen Markengesetzes geprüft, ob die nicht eingetragene Marke ihrem Inhaber das Recht verleihe, die Benutzung einer jüngeren Marke zu untersagen, obwohl sie diese Prüfung im Hinblick auf die Voraussetzungen der den unlauteren Wettbewerb betreffenden §§ 44 ff. des tschechischen Handelsgesetzbuchs hätte durchführen müssen.
75 Das EUIPO und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.
76 Dazu ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer im vorliegenden Fall nicht geprüft hat, ob die nicht eingetragene Marke in den Schutzbereich der §§ 44 ff. des tschechischen Handelsgesetzbuchs fiel, obwohl die Streithelferin ihren Widerspruch u. a. auf diese Bestimmungen gestützt und die Klägerin ausdrücklich angeführt hatte, das tschechische Markengesetz nicht anwendbar sei.
77 Die Klägerin ist der Ansicht, die angefochtene Entscheidung sei wegen dieser unterbliebenen Prüfung rechtswidrig, da das EUIPO im Kern das tschechische Recht unter einem breiten Blickwinkel hätte prüfen müssen, um festzustellen, ob die nicht eingetragene Marke der Streithelferin das Recht verleihe, eine jüngere Marke zu untersagen, und ob somit im vorliegenden Fall die Voraussetzungen von Art. 8 Abs. 4 Buchst. a und b der Verordnung Nr. 207/2009 erfüllt seien. Diese Verpflichtung ergebe sich eindeutig aus Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009, aus den Richtlinien für die Verfahren vor dem EUIPO in ihrer für die angefochtene Entscheidung maßgeblichen Fassung (im Folgenden: Richtlinien des EUIPO) und aus dem Urteil vom 29. März 2011, Anheuser-Busch/Budějovický Budvar (C‑96/09 P, EU:C:2011:189).
78 Was erstens die Anträge auf Nichtigerklärung betrifft, die auf ein kraft einer nationalen Regelung erworbenes älteres Recht gestützt werden, so ist zur Verteilung der Rollen zwischen dem Antragsteller des Nichtigkeitsverfahrens, den zuständigen Stellen des EUIPO und dem Gericht bereits entschieden worden, dass es nach Regel 37 der Verordnung Nr. 2868/95 Sache des Antragstellers ist, Angaben vorzubringen, die beweisen, dass er nach den anwendbaren nationalen Rechtsvorschriften zur Geltendmachung eines im nationalen Rechtsrahmen geschützten älteren Rechts befugt ist. Nach dieser Regel obliegt es dem Antragsteller nicht nur, vor dem EUIPO die Angaben vorzubringen, die beweisen, dass er die nach den nationalen Rechtsvorschriften, deren Anwendung er begehrt, erforderlichen Voraussetzungen erfüllt, um die Benutzung einer Unionsmarke aufgrund eines älteren Rechts untersagen lassen zu können, sondern auch, die Angaben vorzubringen, aus denen sich der Inhalt dieser Rechtsvorschriften ergibt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 5. Juli 2011, Edwin/HABM, C‑263/09 P, EU:C:2011:452, Rn. 49 und 50, vom 27. März 2014, HABM/National Lottery Commission, C‑530/12 P, EU:C:2014:186, Rn. 34, und vom 5. April 2017, EUIPO/Szajner, C‑598/14 P, EU:C:2017:265, Rn. 35).
79 Was zweitens insbesondere die Verpflichtungen des EUIPO anbelangt, so hat der Gerichtshof festgestellt, dass, wenn ein Antrag auf Nichtigerklärung einer Unionsmarke auf ein durch eine nationale Rechtsvorschrift geschütztes älteres Recht gestützt wird, es zunächst Sache der zuständigen Stellen des EUIPO ist, die Aussagekraft und die Tragweite der vom Antragsteller vorgebrachten Angaben zu beurteilen, mit denen der Inhalt der nationalen Rechtsvorschrift dargetan werden soll. Da zudem die Entscheidungen der zuständigen Stellen des EUIPO bewirken können, dass dem Markeninhaber ein ihm gewährtes Recht entzogen wird, setzt die Tragweite einer solchen Entscheidung zwangsläufig voraus, dass die Stelle, die sie erlässt, nicht auf die Rolle beschränkt ist, das nationale Recht, wie es vom Antragsteller des Nichtigkeitsverfahrens dargestellt wird, lediglich zu bestätigen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 5. Juli 2011, Edwin/HABM, C‑263/09 P, EU:C:2011:452, Rn. 51, vom 27. März 2014, HABM/National Lottery Commission, C‑530/12 P, EU:C:2014:186, Rn. 35 und 43, sowie vom 5. April 2017, EUIPO/Szajner, C‑598/14 P, EU:C:2017:265, Rn. 36).
80 Drittens ist nach Art. 65 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 207/2009 das Gericht dafür zuständig, die vom EUIPO vorgenommene Beurteilung der vom Antragsteller vorgebrachten Angaben, mit denen der Inhalt der nationalen Rechtsvorschriften, deren Schutz er geltend macht, dargetan werden soll, einer vollen Rechtmäßigkeitsprüfung zu unterziehen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 5. Juli 2011, Edwin/HABM, C‑263/09 P, EU:C:2011:452, Rn. 52, vom 27. März 2014, HABM/National Lottery Commission, C‑530/12 P, EU:C:2014:186, Rn. 36, und vom 5. April 2017, EUIPO/Szajner, C‑598/14 P, EU:C:2017:265, Rn. 37).
81 Da außerdem die Anwendung des nationalen Rechts im fraglichen verfahrensrechtlichen Kontext bewirken kann, dass dem Inhaber einer Unionsmarke sein Recht entzogen wird, ist es zwingend erforderlich, dass das Gericht trotz einer etwaigen Lückenhaftigkeit der zum Beweis des anwendbaren nationalen Rechts vorgelegten Dokumente eine effektive Kontrolle tatsächlich durchführen kann. Dafür muss das Gericht demnach über die vorgelegten Dokumente hinaus den Inhalt, die Tatbestandsvoraussetzungen und die Tragweite der vom Antragsteller des Nichtigkeitsverfahrens geltend gemachten Rechtsvorschriften prüfen dürfen. Daher muss die vom Gericht durchgeführte gerichtliche Kontrolle den Anforderungen des Grundsatzes des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes entsprechen (Urteile vom 27. März 2014, HABM/National Lottery Commission, C‑530/12 P, EU:C:2014:186, Rn. 44, und vom 5. April 2017, EUIPO/Szajner, C‑598/14 P, EU:C:2017:265, Rn. 38).
82 Die Kontrolle durch das EUIPO und das Gericht hat unter Berücksichtigung des Erfordernisses zu erfolgen, wonach die praktische Wirksamkeit der Verordnung Nr. 207/2009 sicherzustellen ist, die in der Gewährleistung des Schutzes der Unionsmarke liegt (Urteile vom 27. März 2014, HABM/National Lottery Commission, C‑530/12 P, EU:C:2014:186, Rn. 40, und vom 5. April 2017, EUIPO/Szajner, C‑598/14 P, EU:C:2017:265, Rn. 39).
83 Was die Widersprüche betrifft, die auf ein aus einer nationalen Regelung hergeleitetes älteres Recht gestützt werden, so ist festzustellen, dass ähnliche Erwägungen, wie sie oben in den Rn. 78 bis 82 dargelegt wurden, zur Beweislast und zur Verteilung der Rollen zwischen den Verfahrensbeteiligten, den zuständigen Stellen des EUIPO und dem Gericht angestellt werden können.
84 Nach der Rechtsprechung muss nämlich der Widersprechende belegen, dass die fragliche nicht eingetragene Marke bzw. das fragliche Kennzeichen in den Anwendungsbereich des geltend gemachten Rechts des Mitgliedstaats fällt und es erlauben würde, die Benutzung einer jüngeren Marke zu untersagen (Urteil vom 29. März 2011, Anheuser-Busch/Budějovický Budvar, C‑96/09 P, EU:C:2011:189, Rn. 190; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 20. April 2005, Atomic Austria/HABM – Fabricas Agrupadas de Muñecas de Onil [ATOMIC BLITZ], T‑318/03, EU:T:2005:136, Rn. 33).
85 Im Übrigen hat das EUIPO zu prüfen, ob in einem Widerspruchsverfahren die Voraussetzungen für das Vorliegen eines geltend gemachten Eintragungshindernisses erfüllt sind. In diesem Rahmen muss es die angeführten Tatsachen und die Beweiskraft der von den Beteiligten vorgelegten Beweisstücke würdigen. Das EUIPO kann veranlasst sein, insbesondere das nationale Recht des Mitgliedstaats zu berücksichtigen, in dem das ältere Zeichen geschützt ist, auf das der Widerspruch gestützt wird. In diesem Fall muss es sich von Amts wegen mit den ihm hierzu zweckdienlich erscheinenden Mitteln über das nationale Recht des betreffenden Mitgliedstaats informieren, soweit entsprechende Kenntnisse für die Beurteilung der Tatbestandsvoraussetzungen des fraglichen Eintragungshindernisses und vor allem für die Würdigung der vorgetragenen Tatsachen oder der Beweiskraft der vorgelegten Unterlagen erforderlich sind (Urteil vom du 20. April 2005, ATOMIC BLITZ, T‑318/03, EU:T:2005:136, Rn. 34 und 35).
86 Es erscheint erwähnenswert, dass aus Teil C („Widerspruchsverfahren“), Kapitel 4 („Rechte gemäß Artikel 8 Absatz 4 [der Verordnung Nr. 207/2009]“), Nr. 5.3.6 der von der Klägerin angeführten Richtlinien des EUIPO Folgendes hervorgeht:
„Dies erfordert die Feststellung, dass nach dem anzuwendenden nationalen Recht [die nicht eingetragenen Zeichen] abstrakt betrachtet Ausschlussrechte darstellen, die Unterlassungsansprüche gegen die Benutzung einer jüngeren Marke gewähren, sowie die Feststellung, dass im konkreten Fall die Voraussetzungen eines solchen Unterlassungsanspruchs erfüllt wären, wenn die Marke, die Gegenstand der angefochtenen [Unions]markenanmeldung ist, in dem in Frage stehenden Gebiet benutzt würde (Schutzumfang).
Der erste Aspekt – abstrakter Schutzumfang – wird allgemein unter Verwendung der Liste im Anhang zu beantworten sein, in der die anwendbaren älteren Rechte aufgeführt sind.
Die zweite Frage wird ebenfalls gemäß dem anzuwendenden nationalen Recht zu beantworten sein. …“
87 Nach Nr. 5.3.6 der Richtlinien des EUIPO hängt die Anwendung von Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 somit von dem Nachweis, dass das Recht des betreffenden Mitgliedstaats nicht eingetragene Zeichen schützt, sowie davon ab, dass die im nationalen Recht dafür vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt sind.
88 In Teil C Kapitel 4 Nr. 5.4 der Richtlinien des EUIPO heißt es:
„… [E]s … obliegt … den Beteiligten, die sich auf einen bestimmten Antrag oder eine bestimmte Rechtsfolge stützen, dem Amt die zur Untermauerung der angestrebten Schlussfolgerungen notwendigen Behauptungen, Tatsachen und Argumente vorzulegen.
…
Was die Tatsachen angeht, die erforderlich sind, um die rechtlichen Folgen festzulegen, zum Beispiel die tatsächliche Benutzung oder Bekanntheit, so ist der allgemeine Grundsatz in Artikel 74 Absatz 1 [der Verordnung Nr. 207/2009] von Anfang an anwendbar.
Diese Tatsachen beziehen sich auf:
– …
– den Schutzumfang (Ähnlichkeit der Zeichen und der Waren oder Dienstleistungen, Verwechslungsgefahr – nationaler Standard).
– Was das gemäß Artikel 8 Absatz 4 … anwendbare Recht der Mitgliedstaaten betrifft, so behandelt das Amt dieses ebenfalls als Tatfrage. Das Amt ist nicht in der Lage, von Amts wegen mit hinreichender Genauigkeit das für Artikel 8 Absatz 4 relevante Recht der Mitgliedstaaten festzustellen. Letzteres als Tatfrage zu behandeln, das der angebliche Rechtsinhaber nachweisen muss, entspricht der internationalprivatrechtlichen Praxis der Gerichte der Mitgliedstaaten zur Feststellung ausländischen Rechts.
– Was rechtliche Fragen angeht, d. h. die Regeln und Normen des maßgeblichen nationalen Rechts, das im betreffenden Fall anzuwenden ist, so fordert somit in der Regel das Amt den Widersprechenden auf, die erforderlichen Beweismittel vorzulegen, damit das Amt eine Entscheidung fällen kann.
– Nur wenn diese Umstände zuvor bereits vom Amt festgestellt worden sind, etwa durch Aufnahme in die Liste im Anhang, ist ein solcher Nachweis nicht erforderlich. Den am Verfahren Beteiligten steht es jedoch frei, Beweismittel zum Nachweis dessen einzureichen, dass die in der Liste enthaltenen Angaben nicht mehr zutreffen oder nicht mehr auf dem neuesten Stand sind.
– …“
89 Im vorliegenden Fall ist daher zu prüfen, ob die Beschwerdekammer in Anbetracht dessen, was die Verfahrensbeteiligten dem Gericht vorgelegt haben, die einschlägigen nationalen Rechtsvorschriften berücksichtigt und anhand dieser Vorschriften die Tatbestandsvoraussetzungen von Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 ordnungsgemäß geprüft hat.
90 Was die Beweislast für das ältere Recht und dessen Tragweite betrifft, so geht aus der Klageschrift hervor, dass die Klägerin der Beschwerdekammer vorwirft, sich bei der nicht eingetragenen Marke auf die Prüfung von § 7 Abs. 1 Buchst. g des tschechischen Markengesetzes beschränkt und somit nicht geprüft zu haben, ob diese Marke die Voraussetzungen erfülle, um in den Schutzbereich der §§ 44 ff. des tschechischen Handelsgesetzbuchs zu fallen. Die Beschwerdekammer habe nicht untersucht, ob die Streithelferin nach diesen Bestimmungen wirklich die Inhaberin eines nicht eingetragenen Rechts sei, das ihr die Befugnis verleihe, die Benutzung einer jüngeren Marke zu untersagen.
91 Dazu ist in erster Linie festzustellen, dass in der Liste im Anhang zu Teil C Kapitel 4 der Richtlinien des EUIPO unter den nationalen Rechten, die ältere Rechte im Sinne von Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 darstellen, § 7 Abs. 1 Buchst. g des tschechischen Markengesetzes genannt ist. Die §§ 44 ff. des tschechischen Handelsgesetzbuchs sind in diesem Anhang dagegen nicht erwähnt.
92 Da die Klägerin bestreiten wollte, dass § 7 Abs. 1 Buchst. g des tschechischen Markengesetzes ein Recht an nicht eingetragenen Marken begründen kann, trug sie hierfür die Beweislast. Da sie sich darauf berufen wollte, dass das Recht an nicht eingetragenen Marken im tschechischen Recht in anderen Bestimmungen als in § 7 Abs. 1 Buchst. g des tschechischen Markengesetzes geregelt ist, und zwar insbesondere in den §§ 44 ff. des tschechischen Handelsgesetzbuchs betreffend den unlauteren Wettbewerb und die Verletzung des Urheberrechts, hatte sie auch den Beweis für dieses Vorbringen zu führen.
93 Außerdem hat das Gericht – da es sich auch von Amts wegen mit den ihm hierzu zweckdienlich erscheinenden Mitteln über das nationale Recht des betreffenden Mitgliedstaats informieren musste, um herauszufinden, ob entsprechende Kenntnisse für die Beurteilung der Tatbestandsvoraussetzungen des fraglichen Eintragungshindernisses und vor allem für die Würdigung der vorgetragenen Tatsachen oder der Beweiskraft der vorgelegten Unterlagen erforderlich waren – im Wege prozessleitender Maßnahmen insbesondere die Klägerin aufgefordert, Auskünfte über die von ihr geltend gemachten Bestimmungen des tschechischen Rechts zu erteilen und namentlich den gesamten Kommentar zu § 7 Abs. 1 Buchst. g des tschechischen Markengesetzes (Horáček, R. a kol. Práva na označení [zákon o ochranných známkách a zákon o ochraně označení původu a zeměpisnych označení] Komentář – Prag, C. H. Beck, 2004), den sie in ihrer Klageschrift auszugsweise zitiert hatte, sowie die vollständige Fassung mehrerer ebenfalls in der Klageschrift angeführter nationaler Gerichtsentscheidungen vorzulegen.
94 Aus den Akten und den Antworten der Verfahrensbeteiligten ergibt sich jedoch nicht, dass die Beschwerdekammer insoweit irgendeinen Fehler begangen hätte, als sie bei der Anwendung von Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 feststellte, dass die Inhaber im geschäftlichen Verkehr benutzter nicht eingetragener Marken von mehr als lediglich örtlicher Bedeutung nach § 7 Abs. 1 Buchst. g des tschechischen Markengesetzes das Recht hätten, der Eintragung neuer Marken zu widersprechen, wenn die Zeichen miteinander identisch oder einander ähnlich seien und identische oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen erfassten, und dass die im vorliegenden Fall geltend gemachten Bestimmungen des tschechischen Handelsgesetzbuchs irrelevant seien, da die in diesen Bestimmungen geregelten Fragen des unlauteren Wettbewerbs und der Verletzung des Urheberrechts nicht in die Zuständigkeit des EUIPO fielen.
95 Es kann nämlich erstens gemäß § 7 Abs. 1 Buchst. g des tschechischen Markengesetzes Widerspruch gegen die Eintragung einer tschechischen Marke vom „Inhaber eines nicht eingetragenen Zeichens oder eines sonstigen im geschäftlichen Verkehr benutzten Zeichens von mehr als lediglich örtlicher Bedeutung [eingelegt werden], das für identische oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen benutzt wird und das mit dem angemeldeten Zeichen identisch oder ihm ähnlich ist, wenn das Recht an diesem Zeichen vor dem Tag der Anmeldung entstanden ist“.
96 § 7 Abs. 1 Buchst. g des tschechischen Markengesetzes legt daher eindeutig die Voraussetzungen fest, unter denen eine nicht eingetragene Marke der Eintragung einer jüngeren Marke entgegenstehen kann.
97 Zu der Frage, ob die Beschwerdekammer in den Rn. 25 und 30 der angefochtenen Entscheidung zu Recht davon ausgehen konnte, dass nicht eingetragene Marken durch eine vor dem Tag der Anmeldung erfolgte Benutzung im geschäftlichen Verkehr erworben worden sein müssen, und ob sie in Rn. 39 dieser Entscheidung die Beweise prüfen konnte, um festzustellen, ob das Recht an der nicht eingetragenen Marke infolge der Benutzung durch die Streithelferin erworben worden war, ist darauf hinzuweisen, dass ausweislich des Anhangs zu Teil C Kapitel 4 der Richtlinien des EUIPO der Schutz einer nicht eingetragenen Marke nach dem Recht der Tschechischen Republik auf § 7 Abs. 1 Buchst. g des tschechischen Markengesetzes beruht.
98 Soweit die Klägerin in der Klageschrift geltend gemacht hat, die Richtlinien des EUIPO hätten keine rechtsverbindliche Wirkung, kann dieses Vorbringen nichts daran ändern, dass § 7 Abs. 1 Buchst. g des tschechischen Markengesetzes nicht eingetragene Zeichen schützt, indem er ihren Inhabern ausdrücklich das Recht verleiht, der Eintragung einer späteren Marke zu widersprechen, und dass in der Tschechischen Republik die Benutzung im geschäftlichen Verkehr eine nach dieser Bestimmung notwendige Voraussetzung für den Erwerb der Rechte an einem nicht eingetragenen Zeichen ist.
99 In Anbetracht der Unterlagen sowie der Antworten der Verfahrensbeteiligten ist nicht ersichtlich, dass der Beschwerdekammer ein Fehler unterlaufen wäre, als sie annahm, dass § 7 Abs. 1 Buchst. g des tschechischen Markengesetzes nicht eingetragenen Zeichen einen Schutz verleihe und dass das Recht an einem nicht eingetragenen Zeichen von mehr als lediglich örtlicher Bedeutung nach dieser Bestimmung durch dessen Benutzung im geschäftlichen Verkehr vor dem Tag der Anmeldung einer jüngeren Marke erworben werde.
100 Weiter ist darauf hinzuweisen, dass die Inhaber der Rechte an nicht eingetragenen älteren Zeichen durch ihren Widerspruch gegen die Eintragung einer jüngeren Marke vor jeder künftigen Benutzung dieser Marke wirksam geschützt werden wollen.
101 Wie die Klägerin in der Klageschrift zu Recht bemerkt hat, kann der Inhaber eines gültigen älteren Rechts gemäß § 7 Abs. 1 Buchst. g des tschechischen Markengesetzes der Anmeldung einer Marke vor deren Eintragung widersprechen, anstatt nach § 31 Abs. 2 dieses Gesetzes von einem Gericht die Benutzung der Marke für rechtswidrig und die Marke für nichtig erklären zu lassen.
102 Aus diesem Grund umfasst das Recht, gegen die Eintragung einer jüngeren Marke Widerspruch nach § 7 Abs. 1 Buchst. g des tschechischen Markengesetzes einzulegen, stillschweigend, aber notwendigerweise auch das Recht, der Benutzung dieser Marke zu widersprechen.
103 Was zweitens die Frage anbelangt, ob es andere Bestimmungen als § 7 Abs. 1 Buchst. g des tschechischen Markengesetzes gibt, wie etwa die §§ 44 ff. des tschechischen Handelsgesetzbuchs, aufgrund deren die Inhaber eines nicht eingetragenen Zeichens die Benutzung einer jüngeren Marke nach deren Eintragung gegebenenfalls untersagen lassen können, und ob die Beschwerdekammer zu Unrecht nicht geprüft hat, ob die in diesen Artikeln möglicherweise aufgestellten Voraussetzungen für den Erwerb eines Rechts an der nicht eingetragenen Marke im vorliegenden Fall erfüllt waren, so ist festzustellen, dass anhand der von den Verfahrensbeteiligten vorgelegten Beweismittel nicht dargetan werden kann, dass die Auffassung der Beschwerdekammer, wonach diese Artikel Fragen betreffen, für die das EUIPO nicht zuständig ist, fehlerhaft wäre.
104 Die §§ 44 ff. des tschechischen Handelsgesetzbuchs haben nämlich unlauteren Wettbewerb, irreführende Marken sowie die Verletzung des Urheberrechts zum Gegenstand, und aus den zu § 7 Abs. 1 Buchst. g des tschechischen Markengesetzes übermittelten Unterlagen ergibt sich nicht, dass diese Bestimmung in Verbindung mit diesen Artikeln verstanden werden müsste, obwohl § 47 dieses Handelsgesetzbuchs die Fälle der Entstehung einer Verwechslungsgefahr regelt.
105 Nach alledem hat die Beschwerdekammer bei der Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen von Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 im Hinblick auf das tschechische Recht keinen Fehler gemacht.
– Zum dritten Teil des zweiten Klagegrundes
106 Die Klägerin trägt vor, das Zeichen, das den Gegenstand der angemeldeten Marke bilde, sei in der Tschechischen Republik zeitlich vor der nicht eingetragenen Marke der Streithelferin benutzt worden; diese stelle deshalb eine sie beeinträchtigende wettbewerbsrechtlich unlautere Handlung sowie eine Verletzung ihres Urheberrechts dar und sei folglich nach tschechischem Recht ungültig. In diesem Zusammenhang rügt sie im Wesentlichen, dass die Beschwerdekammer dem Widerspruch stattgegeben und ihre Befugnis zu der von ihr verlangten Prüfung der Gültigkeit dieser nicht eingetragenen Marke nach tschechischem Recht verneint habe. Die Klägerin wirft der Beschwerdekammer insoweit vor, von ihr den Nachweis verlangt zu haben, dass das Recht der Streithelferin ungültig sei oder ihr gegenüber nicht geltend gemacht werden könne. Es sei jedoch Sache der Streithelferin, nachzuweisen, dass sie über auf dem nationalen Recht beruhende Rechte verfüge, während das EUIPO deren Gültigkeit zu prüfen habe.
107 Das EUIPO und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.
108 Damit ein Widersprechender auf der Grundlage von Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 die Eintragung einer Unionsmarke verhindern kann, ist es nach der Rechtsprechung erforderlich und ausreichend, dass zu dem Zeitpunkt, zu dem das EUIPO prüft, ob alle Voraussetzungen für den Widerspruch erfüllt sind, das Bestehen eines älteren Rechts geltend gemacht werden kann, das nicht durch eine unanfechtbar gewordene gerichtliche Entscheidung für ungültig erklärt wurde (Urteil vom 29. März 2011, Anheuser-Busch/Budějovický Budvar, C‑96/09 P, EU:C:2011:189, Rn. 94).
109 Unter diesen Umständen muss das EUIPO zwar, wenn es über einen auf Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 gestützten Widerspruch entscheidet, die Entscheidungen der Gerichte der betreffenden Mitgliedstaaten über die Gültigkeit oder die Qualifizierung der geltend gemachten älteren Rechte berücksichtigen, um sich zu vergewissern, dass diese immer noch die von dieser Bestimmung geforderte Wirkung haben, doch darf es nicht seine eigene Beurteilung an die Stelle derjenigen der zuständigen nationalen Gerichte setzen, zumal ihm diese Befugnis von der Verordnung Nr. 207/2009 nicht verliehen wird (Urteil vom 29. März 2011, Anheuser-Busch/Budějovický Budvar, C‑96/09 P, EU:C:2011:189, Rn. 95).
110 Im Übrigen kann die Gültigkeit einer nationalen Marke nicht im Rahmen des Verfahrens der Eintragung einer Unionsmarke, sondern nur in einem im betreffenden Mitgliedstaat angestrengten Nichtigkeitsverfahren in Frage gestellt werden (vgl. Urteil vom 13. Dezember 2007, Xentral/HABM – Pages jaunes [PAGESJAUNES.COM], T‑134/06, EU:T:2007:387, Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung). Überdies hat das EUIPO zwar auf der Grundlage von Beweisen, die der Widersprechende vorlegen muss, das Bestehen der für den Widerspruch angeführten nationalen Marke zu überprüfen, nicht aber über einen Konflikt zwischen dieser Marke und einer anderen Marke auf nationaler Ebene zu entscheiden; die Entscheidung darüber fällt in die Zuständigkeit der nationalen Stellen (Urteile vom 21. April 2005, PepsiCo/HABM – Intersnack Knabber-Gebäck [RUFFLES], T‑269/02, EU:T:2005:138, Rn. 26, und vom 13. Dezember 2007, PAGESJAUNES.COM, T‑134/06, EU:T:2007:387, Rn. 36).
111 Solange daher die ältere nationale Marke tatsächlich geschützt ist, ist die Existenz einer noch älteren nationalen eingetragenen Marke oder eines noch älteren anderen Rechts im Rahmen eines Widerspruchs gegen die Anmeldung einer Unionsmarke irrelevant, selbst wenn die angemeldete Marke mit einer nationalen Marke des die Anmeldung betreibenden Unternehmens oder einem anderen Recht identisch ist, die oder das älter ist als die nationale Widerspruchsmarke (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Dezember 2007, PAGESJAUNES.COM, T‑134/06, EU:T:2007:387, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).
112 Es ist nicht ersichtlich, dass diese Erwägungen in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem der Widerspruch auf eine ältere nicht eingetragene nationale Marke gestützt wird, keine Anwendung finden sollten.
113 In diesem Zusammenhang hat die Beschwerdekammer in Rn. 69 der angefochtenen Entscheidung fehlerfrei die Ansicht geäußert, sie sei nicht befugt, die Gültigkeit der nicht eingetragenen Marke zu prüfen und somit festzustellen, ob die Streithelferin das Urheberrecht der Klägerin verletzt oder eine sie beeinträchtigende wettbewerbsrechtlich unlautere Handlung begangen habe.
114 Folglich hat die Beschwerdekammer keinen Fehler begangen, als sie im Kern die Auffassung vertrat, es sei Sache der Klägerin gewesen, die Ungültigkeit der nicht eingetragenen Marke gegebenenfalls durch die Vorlage entsprechender unanfechtbar gewordener Gerichts- oder Verwaltungsentscheidungen nachzuweisen.
115 Nach alledem ist die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Kosten
116 Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.
117 Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr, wie vom EUIPO und von der Streithelferin beantragt, die Kosten aufzuerlegen.
Aus diesen Gründen hat
DAS GERICHT (Erste Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Bacardi Co. Ltd trägt die Kosten.
Kanninen |
Pelikánová |
Buttigieg |
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 24. Oktober 2018.
Unterschriften
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